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Schallabstrahlung
Die Prognose des aus Tunnelmündungen
abgestrahlten Schalls
Wolfgang Probst, Greifenberg
Zusammenfassung Münden eine oder mehrere Straßen (oder auch Schienenwege) in einen Tunnel, so wird dies bei der Berechnung mit Schallausbreitungsprogrammen berücksichtigt, indem der Verkehrsweg an der
Tunnelmündung endet. Um den aus der Tunnelmündung austretenden
Schall bei der Modellierung zu berücksichtigen, ist diese Mündung durch
eine zusätzliche Schallquelle – i. d. R. eine vertikale Flächenquelle mit der
Form des Tunnelquerschnitts oder vereinfacht eine Punktquelle in der Mitte
des Austrittsquerschnitts – zu modellieren. Mit diesem Beitrag wird die
Emission der Tunnelöffnung aus den kennzeichnenden Parametern des
Tunnels und den Emissionswerten der in ihm verlaufenden Fahrwege
ermittelt und zur praktischen Anwendung für immissionsschutztechnische
Berechnungen dargestellt. Das Verfahren ist im Unterschied zu bisherigen
Arbeiten zu diesem Thema so aufgebaut, dass es bei Anwendung von verfügbaren Rechenprogrammen zur Schallausbreitung auch auf beliebige
Sonderfälle angewendet werden kann.
Prediction of sound radiated from tunnel-openings
Summary Road or railway tunnels are taking into account in noise prediction programs with the traffic flow ending at the tunnel mouth. The
sound radiated from inside the tunnel through the tunnel mouth into the
environment is calculated using an additional point or area source. Some
investigations have been published where the source strength of the radiating tunnel mouth has been calculated from analytically derived propagation relations inside the tunnel. In the meantime sound propagation
inside rooms can be modelled more precisely even for complex environments, where the basic algorithms have been selected and improved
based on measurements in more than 150 rooms and halls. These techniques have been standardized and in the meantime after about 8 years of
experience with the application of these strategies they form an experimentally well and computer based method that can be used to solve many of
these special problems. In the following the procedure is used as a part of
an integral approach to calculate the noise radiated from tunnel openings.
It can be used for different and even complex configurations and may help
to integrate this very special noise source in environmental modelling for
noise calculation.
D
ie Abstrahlung von Tunnelmündungen ist schon mehrfach
behandelt und sowohl theoretisch wie auch praktisch untersucht worden [1 bis 9]. Diese Untersuchungen basieren allerdings
auf der zumeist analytischen Lösung des Problems, wie sich der
von einer Schallquelle im Tunnel erzeugte Schall ausbreitet. Mit
den inzwischen verfügbaren Berechnungsverfahren für Schall in
geschlossenen Räumen, die auf der Grundlage von Messungen in
ca. 150 Räumen und Hallen entwickelt [10 bis 12] und auch normativ festgelegt worden sind, ergibt sich eine völlig andere und experimentell besser gesicherte Ausgangsposition. Insbesondere ist es
erforderlich, die Ergebnisse so auf die praktisch vorliegenden und
130
stets unter Anwendung von Rechenprogrammen bearbeiteten Aufgabenstellungen zuzuschneiden, dass sie direkt zur Festlegung der
Eingabeparameter bei der Modellierung von Tunnelportalen verwendet werden können.
Im Folgenden wird ein vom Verfasser entwickeltes Verfahren,
das zur direkten Einbindung in Lärmprognoseprogramme geeignet ist, in dieser Weise beschrieben. Um die Anwendung zu vereinfachen, wird im ersten Abschnitt gleich das Ergebnis – quasi als Verfahrensanweisung – zusammenhängend dargestellt und erst in den
nachfolgenden Abschnitten werden die entsprechenden Herleitungen und Modellrechnungen behandelt.
Zielstellung des beschriebenen Verfahrens ist es, die in der Umgebung von Tunnelportalen außerhalb des Tunnels zu erwartenden
und auf beliebige Zeitspannen – z. B. tags und nachts – bezogenen
A-bewerteten Mittelungspegel zu beschreiben. Diese Einschränkung
ist wesentlich, weil der Verkehrsstrom innerhalb des Tunnels nur bei
zeitlicher Mittelung eine oder mehrere Linienschallquellen darstellt.
Wie unten gezeigt wird, liegen auch nur unter diesen Voraussetzungen innerhalb des Tunnels analytisch beschreibbare Diffusfeldbedingungen vor – eine Voraussetzung, die in Bezug auf den von einem einzelnen Fahrzeug erzeugten Schallpegel nicht zutrifft. Es wird aber
auch gezeigt, dass strahlengeometrische Ansätze mit einer Summation der von einzelnen Fahrzeugen erzeugten Beiträge zum selben Ergebnis führen. Diese letztere Vorgehensweise hat den Vorteil, dass sie
auch bei komplizierteren Tunnelausbildungen mit teilweise absorbierender Ausgestaltung der Tunnelmündung angewendet werden
kann. Schließlich erlaubt die strahlengeometrische Berechnung, bei
der Richtwirkung der Portalabstrahlung auch den über die Tunnelkanten gebeugten Schall in die Berechnung einzubeziehen.
Problembeschreibung
Straßen und Eisenbahnstrecken werden in Tunneln geführt, um
umliegende sensible Nutzungen, wie dicht bewohnte Gebiete, vor
Lärm zu schützen oder um mit dem Fahrweg Bodenerhebungen
unterfahren und so teure Bergstrecken vermeiden zu können. Will
man den von einem teilweise übertunnelten Verkehrsweg verursachten Lärm bzw. den kennzeichnenden Schalldruckpegel für
die benachbarte Umgebung mit einem Prognoseprogramm berechnen, so kann man die im Tunnel verlaufende Teilstrecke i. d. R.
einfach vernachlässigen. Praktisch wird das mit modernen grafikorientierten Programmen erledigt, indem dieses Teilstück aus der
ursprünglichen Fahrwegstrecke herausgeschnitten und gelöscht
wird. Dies gilt zumindest dann, wenn die Abstrahlung durch die
Tunnelröhrenwand vernachlässigt werden kann bzw. wenn der
Tunnel unter einer Bodenerhebung verläuft.
Dabei ist allerdings zusätzlich der Lärm zu berücksichtigen, der
aus dem Tunnelinneren über die Tunnelmündung ins Freie abgestrahlt wird. Bezogen auf einen bestimmten Beobachtungspunkt
in der Umgebung der Tunnelmündung ergeben sich drei aus dem
Tunnelinneren herrührende Schallanteile.
Lärmbekämpfung Bd. 3 (2008) Nr. 3 - Mai
Schallabstrahlung
Bild 1 Der frei zum Beobachtungspunkt frei einstrahlende
Abschnitt ds.
Bild 2 Der zum Beobachtungspunkt aus dem Inneren gebeugte
Direktschall.
Der erste Anteil ist jener, der von dem frei einsehbaren, aber innerhalb des Tunnels verlaufenden Teil des Verkehrswegs als unabgeschirmter Direktschall eingestrahlt wird. Er könnte berücksichtigt werden, indem zur Berechnung an diesem Punkt das Verkehrswegestück nicht genau an der Tunnelmündung endet, sondern
noch um dieses Teilstück ds verlängert wird (Bild 1).
Leider ist diese Länge ds aber von der Lage des Beobachtungsorts
abhängig, wodurch diese Verfahrensweise bei den üblichen Lärmkartenberechnungen ausscheidet.
Der zweite Schallanteil ist der vom restlichen im Tunnel verlaufenden Fahrweg auf dem kürzesten Weg über eine Kante der Tunnelmündung zum Immissionsort gebeugte Schall. Er kann berechnet werden, indem dieser Fahrweganteil in üblicher Weise in
kleine Abschnitte unterteilt und für jeden Anteil die Abschirmungsdämpfung durch den Umweg über die Kante einbezogen
wird (Bild 2).
Der dritte Anteil wird durch den Schall verursacht, der durch Reflexion an den inneren Tunnelbegrenzungsflächen verursacht
und schließlich von der Mündungsöffnung abgestrahlt wird (Bild
3).
sonstigen Berechnungsvorschrift aus den kennzeichnenden technischen Parametern, wie Verkehrsmengen, Geschwindigkeiten
und Fahrbahneigenschaften, berechnet und auch als Zwischenergebnis dargestellt werden.
Eine Tunnelröhre ist durch ihren Querschnitt a x b bzw. durch
den Umfang U ihrer freien Querschnittfläche und durch die energetische Summe der Emissionswerte aller Fahrwege gekennzeichnet. Bei rechteckigem Querschnitt gilt
Berücksichtigung der Tunnelmündung bei der Lärmprognose
Verkehrswege, wie Straßen oder Eisenbahnstrecken, sind im
Hinblick auf ihre Geräuschemission durch einen Emissionswert –
ggf. getrennt für Tag und Nacht – gekennzeichnet. Dieser Emissionswert kann von der zur Lärmberechnung verwendeten Software (z. B. [14]) entsprechend der angewendeten nationalen oder
gebildet.
In dem in Bild 4 dargestellten Beispiel werden die Emissionswerte der beiden Schienenwege nach Gl. (3) addiert, während für
den Straßentunnel der Emissionswert jeder Straße der entsprechenden Tunnelröhre zugeordnet wird.
Diese Emissionswerte LEmission sind je nach Land bzw. nach verwendetem Berechnungsverfahren unterschiedlich. Unter Verwen-
Bild 3 Der aus dem Inneren zum Beobachtungspunkt abgestrahlte
Reflexionsschall.
Bild 4 Eisenbahntunnel mit einer und Straßentunnel mit zwei
Röhren.
Lärmbekämpfung Bd. 3 (2008) Nr. 3 - Mai
U = 2·(a + b)
(1)
bei halbkreisförmigem Querschnitt mit Radius r
U = (2 + p) r
(2)
und bei anderen Querschnittformen entsprechendes.
Verlaufen N Fahrwege mit den Emissionswerten LE,n innerhalb
des Tunnels, so wird ein gesamter Emissionswert nach
0,1⋅ LE,1
0,1⋅ LE,2
0,1⋅ LE,N 
LEmission = 10 lg 10
+ 10
+ ...10
 dB
(3)
131
Schallabstrahlung
Land/Herkunft
Richtlinie
Emissionsgröße
international
ISO 9613-2
LW‘
Cemission
0,0
Deutschland
RLS-90
Lm,e
19,1
England
CRTN
L 10,18 h
15,1
Frankreich
NMPB
LAW‘
0,9
Österreich
RVS04
L1A, eq
4,0
Schweiz
STL86
Lr, e
3,2
Schweiz
SonRoad
LwA‘
-0,4
Skandinavien
Nordic Pred. Meth.
Laeq*, 10 m
14,2
Tschechien
Liberko
Laeq, 7,5 m
12,7
dung der Korrekturwerte Cemission nach Tabelle 1 wird der gesamte
Emissionswert Lemission in längenbezogene Schallleistungspegel
L'WA umgewandelt.
Tabelle 1 Korrekturwerte C zur Umrechnung der richtlinienspezifischen
Emissionswerte in
längenbezogene
Schallleistungspegel.
Nun wird die Schallabstrahlung der Tunnelöffnung als Emissionswert einer vertikalen Flächenquelle bestimmt, deren Form
genau dem offenen Querschnitt des Tunnels entspricht. Diese Flächenquelle schließt die Tunnelöffnung im Modell quasi wie ein
Deckel ab.
Bei gleicher Absorption in Tunnellängsrichtung – wenn also innerhalb der Tunnelröhre vor der Öffnung keine zusätzliche Absorptionsverkleidung angebracht ist – ergibt sich der flächenbezogene Schallleistungspegel der die Mündung simulierenden vertikalen Flächenschallquelle zu
L’’W Pegel der flächenbezogenen Schallleistung im Austrittsquerschnitt der homogenen Tunnelröhre,
X0 Bezugslänge 1 in m
U
Umfangslänge der Tunnelröhre innen in m
a
mittlerer Absorptionsgrad der Tunnelröhre innen (einschließlich Fahrweg) – Standardwert 0,1
Sind die seitlichen Begrenzungsflächen und die Deckenunterseite des Tunnels innerhalb der Tunnelmündung in einem begrenzten Bereich zur Minderung der Schallabstrahlung absorbierend verkleidet, so reduziert sich die Emission je nach Auskleidungslänge um einen weiteren Betrag C2, der sich aus dem Diagramm in Bild 6 ergibt.
Die beiden Kurven im Diagramm in Bild 6 beziehen sich wiederum auf die beiden betrachteten Tunnelquerschnitte.
Bei absorbierend verkleidetem Tunnelendstück ist statt Gl. (5a)
die Gl. (5b) zu verwenden.
L''W = L'W - C1
L''W = L'W - C1 - C2
L'WA = Lemission + Cemission
(4)
(5a)
(5b)
wobei L'W der längenbezogene Schallleistungspegel aller Verkehrswege im Tunnel nach Gl. (4) und C1 der mit dem Diagramm in Bild
5 oder mit Gl. (6) bestimmte Korrekturwert ist.
Der Korrekturwert C1 kann – auch bei beliebigen Querschnitten
– mit Gl. (6) bestimmt werden.
Schließlich ist noch zu berücksichtigen, dass die Abstrahlung
aus dem Tunnel eine Richtwirkung aufweist. Diese beträgt bei keiner zusätzlichen absorbierenden Auskleidung
C1 = L'W - L''w = 10 lg (U/X0) + 10 lg (a) - 3 dB
und bei absorbierend verkleidetem Tunnelendstück hinter der
Tunnelmündung
(6)
D = - 0,115 · y + 3,08 dB
(7a)
mit den Größen
L’W Pegel der längenbezogenen Schallleistung aller Fahrwege in
der Tunnelröhre nach Gl. (4),
D = - 0,165 · y + 6,95 dB
Bild 5 Bestimmung des Korrekturwerts C1.
Bild 6 Korrekturwert C2 in Abhängigkeit von der Länge des
absorbierend verkleideten Tunnelstücks.
132
(7b)
Lärmbekämpfung Bd. 3 (2008) Nr. 3 - Mai
Schallabstrahlung
Bild 8 Modellierung
der Tunnelöffnung als
vertikale Flächenquelle.
Bild 7 Richtwirkungsindex D der Tunnelabstrahlung.
y ist der Winkel zwischen der Tunnelachse und der Strecke von der
Mitte der Tunnelmündung zum Immissionsort (0 8 y 8 90 °). Gleichung (7b) wurde mit 100 m Auskleidungslänge und einem C2 von
9 dB berechnet.
Ist der Tunnel weniger als 100 m hinter der Tunnelmündung absorbierend ausgekleidet und wird somit C2 aus Bild 6 in Verbindung mit
Gl. (5b) verwendet, so ergibt sich als Interpolation aus den Gln. (7a)
und (7b) folgende von C2 abhängende Richtcharakteristik:
D = -0,115 · y - 5,55 · 10 -3 · C2 · y + 0,43 · C2 + 3,08
(7c)
Im Diagramm in Bild 7 ist der Richtwirkungsindex nach (7a)
und (7b) dargestellt. Es sei angemerkt dass sich diese Richtwirkung
als Mittelwert für die beiden Tunnelquerschnitte 10 m x 6 m und
20 m x 6 m sowie – im Fall der absorbierenden Auskleidung – bei
einer Auskleidungslänge von 100 m und unter Berücksichtigung
eines Absorptionsgrads dieser an Wänden und Decke angebrachten Verkleidung von 0,8 ergeben hat. Die Abhängigkeit von diesen
Parametern ist aber so schwach, dass diese Richtwirkung generell
angewendet werden kann.
Zur Modellierung ist noch Folgendes festzustellen:
– Die Flächenquelle „Tunnelmündung“ muss die gesamte Schallleistung in den vor der Öffnung gelegenen Halbraum – bzw. bei Berücksichtigung des Bodens Viertelraum – abstrahlen. Hierzu wird
ihr ein zusätzliches Raumwinkelmaß von 3 dB zugeordnet.
– Die in Bild 7 dargestellte Richtwirkung ergibt sich als Differenz der
mit genauer Strahlrechnung ermittelten und der mit einer mit Raumwinkelmaß 3 dB, aber sonst ungerichtet abstrahlenden Flächenquelle
ermittelten Pegel. Sie ist somit direkt zum Pegel am Empfangsort je
nach Winkellage zu addieren. Diese Werte nach Bild 7 sollten also vor
der arithmetischen Addition nicht auf einen Gesamtwert von 0 dB für
die gesamte Halb- bzw. Viertelkugel normiert werden.
Bild 9 Pegelerhöhung durch die Abstrahlung der Tunnelöffnung.
Lärmbekämpfung Bd. 3 (2008) Nr. 3 - Mai
Beispiel: Eine Straße mit folgenden Daten führt geradlinig in einen Tunnel: DTV: 10 000 Kfz/24h, Lkw-Anteil: 20 %, Vmax :80 km/h.
Der Tunnel mit unverputzten Betoninnenflächen hat einen Querschnitt von 10 m x 6 m und ist nicht absorbierend ausgekleidet. Die
Pegelerhöhung vor der Tunnelmündung durch die Abstrahlung
derselben ist zu berechnen.
Lösung:
– Aus den o.g. Daten ergibt sich ein Emissionswert der Straße von
Lm,E = 69,2 dB,
– mit Gl. (4) und Tabelle 1 beträgt der längenbezogene Schallleistungspegel L'WA = 88,4 dB,
– für den unausgekleideten Tunnel wird ein Absorptionsgrad von
0,1 vorausgesetzt, der Umfang des Tunnelquerschnitts beträgt
32 m,
– aus Bild 5 ergibt sich ein Korrekturwert von C1 = 2 dB und somit
ein flächenbezogener Schallleistungspegel der TunnelöffnungsFlächenquelle von L''WA = (88,4 - 2) dB = 86,4 dB.
– Die vertikale Flächenquelle wird vor der durch Höhenlinien oder
durch ein Gebäude gebildeten Wand entsprechend Bild 8 angeordnet. Es wird ihr der genannte Emissionswert von 86,4 dB, ein
Raumwinkelmaß K0 – zusätzlich zu dem vom Boden verursachten
Wert – von 3 dB sowie ein Richtwirkungsindex gemäß Bild 7
(Funktion für den unausgekleideten Tunnel) zugeordnet.
Nach Berechnung eines Pegelrasters für Straße und Tunnelmündung, dann für die Straße alleine und arithmetische Subtraktion beider Raster ergibt sich folgende Verteilung der durch die Abstrahlung
aus der Tunnelmündung verursachten Pegelerhöhung (Bild 9). Im
angenommenen Fall ist also bis zu einem Abstand von ca. 50 m mit
einer relevanten Pegelerhöhung zu rechnen. Dies gilt allerdings nur,
wenn die Straße nicht abschwenkt. Bild 10 zeigt die Berechnung für
diesen Fall – auch für sehr große Abstände ergibt sich senkrecht vor der
Tunnelmündung eine Pegelerhöhung von 1 bis 2 dB.
Bild 10 Pegelerhöhung durch die Tunnelabstrahlung bei
abschwenkender Straße.
133
Schallabstrahlung
Bild 11 Ersatzmodell zur akustischen Simulation des unendlich
ausgedehnten Tunnels.
Bild 12 Schallausbreitung nach [13] in einem 500 m langen
Tunnel mit Querschnitt 10 m x 6 m mit einem Absorptionsgrad von
0,1.
Mit den vorgenannten Angaben ist es auch für beliebige Spezialfälle und auch bei Anwendung anderer nationaler Berechnungsrichtlinien problemlos möglich, die Abstrahlung durch Tunnelöffnungen praxisgerecht in die schalltechnischen Berechnungen
einzubeziehen.
überschaubare Fragestellung, den Schalldruckpegel im Ersatzmodell des begrenzten Tunnelabschnitts zu berechnen.
Bei erster Betrachtung mag es überraschen, dass der Pegel im Ersatzmodell mit einer recht willkürlich angenommenen Länge X
nicht von dieser Länge abhängen soll. Der Grund liegt aber darin,
dass auch die Schallquelle bzw. der Verkehrsstrom in Tunnellängsrichtung ausgedehnt ist. Würde man die Länge des Ersatzraums
verdoppeln, so würde dies zu einer Verdoppelung des Raumvolumens wie auch der im Raum befindlichen Schallleistung führen –
der Pegel bliebe unverändert. Das von einer einzelnen Punktschallquelle im Tunnel verursachte Schallfeld ist dagegen keineswegs diffus, wie das Ausbreitungsdiagramm in Bild 12 zeigt. Wenn dagegen über einen Zeitraum integriert wird, der lang gegen die zum
Durchfahren des Tunnels benötigte Zeit ist, so kann der dabei
messbare zeitlich gemittelte Schalldruckpegel mit den Methoden
der statistischen Schallfeldtheorie beschrieben werden.
Diese Modellvorstellung beweist, dass sich im unendlich langen
Tunnel ein ideal diffuses Schallfeld einstellt, wenn die inneren
Tunnelbegrenzungsflächen keine zu hohe Absorption aufweisen.
Die schallabsorbierende Auskleidung eines begrenzten Teilstücks
vor der Tunnelmündung kann mit dem unten beschriebenen Verfahren als Pegelminderungskorrektur (siehe auch Bild 6) beschrieben werden.
An den beiden Tunnelöffnungen fallen die Schallstrahlen jeweils nur von einer Seite ein – der Schallpegel ist somit um 3 dB
niedriger als jener, der sich in der Mitte des Tunnels bei beidseitigem Schalldurchgang ergibt.
Mit diesem Gedankenmodell kann der im Tunnel durch Mehrfachreflexion entstehende Schallpegel sowie der Schallpegel in
den Tunnelöffnungen berechnet werden.
Mit den Größen
L'W Pegel der längenbezogenen Schalleistung des Fahrwegs,
X Länge des „herausgeschnittenen“ Teilraums,
X0 Bezugslänge 1 in m,
S0 Bezugsfläche 1 in m²,
U Umfangslänge im offenen Tunnelquerschnitt in m,
a
mittlerer Absorptionsgrad der inneren Tunneloberflächen
(einschließlich Fahrweg),
berechnet sich der Schallleistungspegel in dem genannten Tunnelstück der Länge X zu
Berechnung des Schallpegels im Tunnel und in der
Tunnelöffnung sowie der richtungsabhängigen
Abstrahlung
Methodik
Im Folgenden wird Gl. (6) aus grundlegenden akustischen Prinzipien abgeleitet. Im Weiteren erfolgt dann eine Überprüfung und die
Erweiterung auf das absorbierend ausgekleidete Tunnelende durch
Anwendung eines Rechenprogramms, das zur Berechnung der Innenpegel in beliebigen Räumen mit beliebiger Absorptionsverteilung geeignet ist [13]. Damit wird die auf das offene Tunnelende von
innen auftreffende Schallleistung berechnet. Schließlich wird mit
einem weiteren Rechenprogramm [14] die aus dem Tunnelende austretende und durch die Reflexionen bis zu hoher Ordnung im Tunnel verursachte Schallintensität richtungsabhängig bestimmt und
somit die Richtwirkung der Abstrahlung hergeleitet.
Einstrahlung aus dem Tunnelinneren auf die Tunnelöffnungsfläche – analytische Lösung
In Bild 11 oben ist ein Straßen- oder Eisenbahntunnel mit seinen für die Berechnung wesentlichen Elementen im Längsschnitt
dargestellt. In der relativ zu den Querschnittabmessungen langen
Tunnelröhre befindet sich der Fahrweg. Im ersten Schritt wird der
an den im Mittelquerschnitt befindlichen Immissionsorten sich
einstellende Schalldruckpegel ermittelt.
Hierzu wird – als Gedankenexperiment – ein mittiges Tunnelstück der Länge X quasi herausgeschnitten und durch zwei ideal
reflektierende Seitenwände geschlossen. Die Länge X liegt in der
Größenordnung der Querabmessungen.
Wird der Schallpegel in dem so geschaffenen Raum berechnet,
ergibt sich nach dem Spiegelquellenverfahren durch die beiden
ideal reflektierenden parallelen Wände eine Fortsetzung sowohl
des Schallquellenstücks wie auch des gesamten Tunnels ins Unendliche. Der an den Immissionsorten berechnete Schallpegel ist
derselbe wie jener, der sich bei Berechnung mit dem langen Tunnel
ergäbe. Damit reduziert sich das Problem der Berechnung des
Schalldruckpegels in der Mitte eines langen Tunnels auf die besser
134
LW = L'w + 10 lg (X/X0)
(8)
Lärmbekämpfung Bd. 3 (2008) Nr. 3 - Mai
Schallabstrahlung
Bild 13 Links Austrittsfläche und rechts
Seitenansicht des
Tunnelmodells.
Im Teilraum befindet sich die äquivalente Absorptionsfläche
A=a ·U·X
(9)
wodurch sich ein Schalldruckpegel von
Linnen = LW - 10 lg(A/S0) + 6 dB
(10)
ergibt. Durch Einsetzen der Gln. (8) und (9) in (10) wird die Länge
des Teilraums X erwartungsgemäß eliminiert und der Pegel im
Tunnel ergibt sich zu
Linnen = L'W - 10 lg(U/X0) - 10 lg (a) + 6 dB
(11)
Im Endquerschnitt ist der Schalldruckpegel aufgrund der diesen
Querschnitt nur von einer Seite durchsetzenden Schallstrahlen
und damit der flächenbezogene Schallleistungspegel der Austrittsfläche um 3 dB niedriger als der Innenpegel:
L''W = L'W - 10 lg(U/X0) - 10 lg (a) + 3 dB
(12)
Dabei ist L'W der längenbezogene Schallleistungspegel aller im
Tunnel verlaufender Fahrwege zusammen.
Bei der Berechnung des mittleren Absorptionsgrads a wird der
kennzeichnende Querschnitt betrachtet. Ist der Anteil k (k =
Uabsorbierend/U) absorbierend ausgekleidet mit aref als Absorptionsgrad der reflektierenden und aabs als Absorptionsgrad der absorbierenden Verkleidung, so ist der in Gl. (11) oder (12) einzusetzende mittlere Absorptionsgrad
a = k · aabs + (1 - k) · aref
(13)
sem Anwendungsbereich unabhängig und beschreiben allgemein
die Schallausbreitung in umgrenzten Räumen.
In die Untersuchung sind die beiden Tunnelquerschnitte 10 m x 6 m
sowie 20 m x 6 m einbezogen worden. Im Rechenprogramm CadnaR
wurden hierzu die beiden quaderförmigen Räume 500 m x 10 m x 6 m
sowie 500 m x 20 m x 6 m definiert. In jeweils einer Hälfte der Tunnelaustrittsfläche sind sechs Immissionsorte gemäß Bild 13 angeordnet.
Diese Endflächen sind total absorbierend mit einem Absorptionsgrad 1
festgelegt, wodurch keine Rückwirkung auf den Raum erfolgt und somit hinsichtlich des Innenraums eine offene Fläche simuliert wird.
Wie im Querschnitt in Bild 13 links dargestellt, verläuft die den
Verkehrsweg simulierende Linienquelle in der Mitte des Tunnels in
einer Höhe von 0,5 m über dem Boden.
Im ersten Schritt wurde der mittlere Schalldruckpegel im Austrittsquerschnitt berechnet, wobei die Länge des Tunnels von 50
bis 500 m variiert wurde. Der mittlere Absorptionsgrad aller Tunnelbegrenzungsflächen beträgt 0,1 – es handelt sich somit um
schallharte bzw. reflektierende Oberflächen.
Bei der Berechnung wird der Schalldruckpegel im Tunnelaustrittsquerschnitt berechnet, indem
– die 500 m lange Linienquelle in relativ zum Abstand ausreichend
kleine Abschnitte unterteilt wird,
– für jeden dieser Abschnitte der Direktschall und der von allen
Reflexionen bis zur 20. Ordnung erzeugte Schall an jedem der
sechs Immissionsorte im Austrittsquerschnitt summiert wird und
– diese sechs Schalldruckpegel energetisch gemittelt werden.
Das Ergebnis für einen gesamten längenbezogenen Schallleistungspegel der Verkehrswege im Tunnel L’W ist in Bild 14 dargestellt. Der – hier nicht dargestellte – normierte Pegel verursacht
vom Direktschall der Linienquelle beträgt -15 dB. Er spielt somit
keine Rolle und der Schallpegel im Endquerschnitt ist ausschließlich vom Reflexionsschall bestimmt.
Dies betrifft aber nur eine absorbierende Auskleidung, die sich
über die gesamte Tunnellänge erstreckt. Auskleidungen des
Tunnelendstücks werden gemäß Bild 6 berücksichtigt.
Einstrahlung aus dem Tunnelinneren auf die Tunnelöffnungsfläche – numerische Lösung
Im Weiteren wurde ein Rechenprogramm verwendet, mit dem
die Schallausbreitung in Räumen nach der Richtlinie VDI 3760
[12] bzw. DIN EN ISO 11690-3 [15] berechnet werden kann und das
entsprechend [11] auf die Berücksichtigung lokaler Absorptionsverteilungen erweitert worden ist.
Das grundsätzliche Verfahren basiert auf der Berechnung der
Schallausbreitung nach Kuttruff und Jovicic und bezieht die Vielfachreflexion an den Begrenzungsflächen des als quaderförmig
angenommenen Raums sowie die Schallstreuung durch im Raum
befindliche Objekte mit ein. Diese Verfahren sind zwar im Hinblick auf die Anwendung für Arbeitsräume entwickelt worden – die
angewendeten Algorithmen und Verfahren sind jedoch von die-
Lärmbekämpfung Bd. 3 (2008) Nr. 3 - Mai
Bild 14 Der mittlere Pegel im Austrittsquerschnitt in Abhängigkeit
von der Tunnellänge, normiert mit dem längenbezogenen Schallleistungspegel der Quelle.
135
Schallabstrahlung
Bild 15 Differenz von längenbezogenem Schallleistungspegel der
Quelle und dem Pegel im Endquerschnitt 10 m x 6 m.
Bild 16 Differenz von längenbezogenem Schallleistungspegel der
Quelle und dem Pegel im Endquerschnitt 20 m x 6 m.
Wie das Diagramm zeigt, hat der Pegel im Endquerschnitt bei
einer Tunnellänge von 250 m praktisch seinen Endwert erreicht.
Berechnungen für den unendlich langen Tunnel gelten somit für
alle Tunnellängen über 250 m in gleicher Weise. Sollte der Absorptionsgrad des Tunnels größer als 0,1 sein – etwa bei einer teilweise
porösen Oberfläche, bei Ziegelbauweise mit der gelochten Seite
raumzugewandt oder bei Verkleidung mit zementgebundenen
Holzfaserplatten – so liegt schon bei Längen ab 100 m in akustischer Hinsicht der Fall des unendlich langen Tunnel vor.
Im nächsten Schritt wurden nun die beiden Tunnelwände sowie
die Tunneldecke als absorbierend angenommen, wobei der Absorptionsgrad zwischen 0,1 und 0,3 und die Auskleidungslänge
zwischen 0 und 150 m variiert wurde. Die Ergebnisse sind in den
Diagrammen in Bild 15 (Tunnelquerschnitt 10 m x 6 m) und Bild
16 (Tunnelquerschnitt 20 m x 6 m) dargestellt.
In der Ordinatenbeschriftung der beiden Diagramme ist der
Pegel im Querschnitt der Tunnelöffnung Lp durch den flächenbezogenen Schallleistungspegel L''W (Öffnung) ersetzt. Dies entspricht der
Betrachtungsweise vom Außenbereich des Tunnels aus gesehen, wenn
man den Winkelfehler vernachlässigt, der aus dem teilweise schrägen
Durchtritt der Schallstrahlen und der daraus resultierenden Abweichung von Schallintensität und Schalldruckquadrat führt.
In Tabelle 2 ist für beide Tunnelquerschnitte die Differenz des
Quellen-Schallleistungspegels L'W und des Schalldruckpegels in
der Tunnelöffnung aufgelistet, wobei die mit der Strahlberechnung ermittelten den nach Gl. (6) berechneten Pegeln gegenübergestellt sind. Wie dieser Vergleich zeigt, stimmen die Ergebnisse
unter Berücksichtigung der völlig unterschiedlichen Methodik erstaunlich gut überein. Letztlich zeigt auch dieses Ergebnis, dass die
Anwendung der statistischen Schallfeldtheorie in diesem Fall
keine Näherung ist, sondern dass das von einer in Tunnellängsrichtung sich erstreckenden Linienschallquelle verursachte
Schallfeld tatsächlich ein ideales Diffusfeld ist.
Damit kann Gl. (6) grundsätzlich verwendet werden, um den
Pegel des langen Tunnels zu berechnen.
der senkrechten Richtungen angeordnet. Die Vertikalstellung ist
erforderlich, um trotz Anwendung einer Berechnung nach
DIN ISO 9613-2 [16] die Reflexion am Boden nach dem Spiegelquellenverfahren in die Reflexionsberechnung einbeziehen zu
können. Nach dieser Norm wird der Bodeneinfluss nur als Ausbreitungskorrektur und somit für diese Zwecke unzureichend beschrieben. Bei senkrecht aufgerichtetem Tunnel können dagegen
alle genannten und hier wesentlichen Effekte – Abstrahlung von
Tabelle 2 Werte von LW'(Quelle) – Lp (Öffnung) berechnet mit
Strahlenmodell (12, 13) und mit Gl. (6) – (Diffus).
Absorptionsgrad
0,10
0,15
0,20
0,25
0,30
Tunnelquerschnitt
10 m x 6 m
20 m x 6 m
Strahlen
diffus
Strahlen
diffus
2,1
2,1
4,0
4,2
3,9
3,8
5,8
5,9
5,3
5,1
7,1
7,2
6,4
6,0
8,2
8,1
7,7
6,8
9,6
8,9
Die Richtwirkung der Tunnelabstrahlung
Um die Abstrahlung in den Außenbereich unter Einbeziehung
der Strahlverläufe richtungsabhängig zu ermitteln, wurde der zu
untersuchende Tunnel – quasi als Kamin – vertikal zur Bodenebene
modelliert. Das Tunnelmodell (Bild 17) hat eine Höhe von 500 m,
die Immissionsorte sind in 10°-Winkelschritten in zwei zueinan-
136
Bild 17 Der „vertikal“
modellierte Tunnel mit
Berechnungspunkten
in 100 m Abstand von
der Mündung.
Lärmbekämpfung Bd. 3 (2008) Nr. 3 - Mai
Schallabstrahlung
Bild 18 Richtwirkung vertikal für den Tunnel 10 m x 6 m ohne
zusätzliche Absorption (Absorptionsgrad 0,1).
Bild 19 Richtwirkung horizontal für den Tunnel 10 m x 6 m ohne
zusätzliche Absorption (Absorptionsgrad 0,1).
Bild 20 Richtwirkung vertikal für den Tunnel 10 m x 6 m wie vor,
aber mit 100 m Auskleidung (Absorptionsgrad 0,8).
Bild 21 Richtwirkung horizontal für den Tunnel 10 m x 6 m wie vor,
aber mit 100 m Auskleidung (Absorptionsgrad 0,8).
Bild 22 Richtwirkung vertikal für den Tunnel 20 m x 6 m ohne
zusätzliche Absorption (Absorptionsgrad 0,1).
Bild 23 Richtwirkung horizontal für den Tunnel 20 m x 6 m ohne
zusätzliche Absorption (Absorptionsgrad 0,1).
Bild 24 Richtwirkung vertikal für den Tunnel 20 m x 6 m wie vor,
aber mit 100 m Auskleidung (Absorptionsgrad 0,8).
Bild 25 Richtwirkung horizontal für den Tunnel 20 m x 6 m wie vor,
aber mit 100 m Auskleidung (Absorptionsgrad 0,8).
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Schallabstrahlung
Bild 26 Frequenzabhängige Richtwirkung ohne (a) und mit (b) schallabsorbierender Auskleidung.
Punkt- und Linienschallquellen, Beugung um Tunnelaustrittskanten und Mehrfachreflexion innerhalb des Tunnelkanals unter Einbeziehung beliebiger Absorptionsgrade – berücksichtigt werden.
Im Inneren des Tunnels ist eine „Perlenschnur“ von Punktschallquellen im 1-m-Raster in einem Abstand von 0,5 m über der den
Boden simulierenden Seitenwand angeordnet. Der Schallleistungspegel jeder Punktquelle entspricht somit dem längenbezogenen Schallleistungspegel des in Tunnellängsrichtung verlaufenden Fahrwegs. Im ersten Schritt wird der in der Austrittsfläche entstehende flächenbezogene Schallleistungspegel als Mittelwert der
dort berechneten Schalldruckpegel bestimmt. Im zweiten Schritt
erfolgt ebenfalls mit den im Tunnel befindlichen 500 Punktschallquellen die Berechnung an den in Bild 17 dargestellten Immissionspunkten. Im dritten Schritt wird der Pegel an denselben Immissionspunkten berechnet, wobei die Abstrahlung jedoch durch
die Tunnelöffnungsflächenquelle mit dem im ersten Schritt ermittelten flächenbezogenen Schallleistungspegel erfolgt. Der Richtwirkungsindex ist dann schließlich die Differenz der in Schritt 2
und in Schritt 3 ermittelten Schalldruckpegel.
Unter Anwendung dieses Verfahrens ergeben sich die in den
Bildern 18 bis 21 dargestellten Richtwirkungen.
Dasselbe Verfahren angewandt auf den Tunnel mit dem Querschnitt 20 m x 6 m ergibt die in den Bildern 22 bis 25 dargestellten Diagramme.
Diese Diagramme zeigen erwartungsgemäß, dass Tunnel mit absorbierender Auskleidung im Mündungsbereich wesentlich gerichteter abstrahlen als dies bei reflektierenden Innenflächen der
Fall ist. Bei absorbierender Auskleidung werden die Schallstrahlen
umso mehr geschwächt, je schräger sie zur Tunnelachse verlaufen
und je häufiger sie somit vor dem Verlassen des Tunnelinneren reflektiert werden.
Diese Untersuchung zeigt aber auch, dass der Tunnelquerschnitt
einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Richtwirkung hat. Es ist
deshalb durchaus angemessen, entsprechend Bild 7 bzw. den Gln.
(6a) und (6b) nur die beiden Fälle ohne und mit Absorptionsauskleidung zu unterscheiden.
Diese Berechnung der Richtwirkung wurde auch für unterschiedliche Frequenzbänder durchgeführt – die Bilder 26a und b
zeigen die Ergebnisse für den Tunnel mit Querschnitt 10 m x 6 m,
wobei bei der Berechnung für Bild 26b eine schallabsorbierende
Auskleidung von Wänden und Decke mit Absorptionsgrad 0,8
über eine Länge von 100 m vorausgesetzt ist. Deutlich zeigt sich die
frequenzabhängige Beugung bei tiefen Frequenzen über die Tunnelöffnungskanten.
Insgesamt ist die vorgestellte Methodik geeignet, die Mündungsabstrahlung eines Tunnels beliebiger Geometrie und Ausstattung
bei der Immissionsprognose einzubeziehen. In Spezialfällen – z. B.
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bei der Bewertung unterschiedlicher Produkte und Geometrien
der Innenverkleidung hinter der Mündung – kann das hier skizzierte Verfahren mit den im Einzelfall vorliegenden Systemparametern direkt angewendet werden.
Dr. Wolfgang Probst,
ACCON GmbH,
Greifenberg.
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Schallausbreitung und -vorausberechnung in Arbeitsräumen.
Berlin: Beuth-Verlag 1999.
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