Operative Techniken zur chirurgischen Therapie der akuten Typ
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Operative Techniken zur chirurgischen Therapie der akuten Typ
Operative Techniken Z Herz- Thorax- Gefäßchir 2009 DOI 10.1007/s00398-009-0750-9 Eingegangen: 6. Juni 2009 Akzeptiert: 6. Oktober 2009 © Springer-Verlag 2009 K. Tsagakis · P. Massoudy · H. Jakob Klinik für Thorax und Kardiovaskuläre Chirurgie, Westdeutsches Herzzentrum, Universität Duisburg-Essen, Essen Operative Techniken zur chirurgischen Therapie der akuten Typ-A-Dissektion Die akute Typ-A-Dissektion ist eine lebensbedrohliche Erkrankung der Aorta gekennzeichnet durch Einriss („entry“) der inneren Aortenwand und Bildung eines zweiten Lumens entlang der Tunica media, das so genannte falsche Lumen. Die Inzidenz der Aortendissektion beträgt drei auf 100.000 Einwohner; 21% der betroffenen Patienten sterben vor einer Hospitalisierung [1]. Der lebensbedrohliche Charakter der Aortendissektion basiert auf den dynamischen Eigenschaften der Erkrankung. Das Einströmen von pulsierendem Blut in die Aortenwand führt zu einer progressiven ballonartigen transversalen und longitudinalen Ausbreitung des falschen Lumens. Die einhergehende Dilatation und die wachsenden Spannungskräfte im falschen Lumen führen zur Ruptur der Aorta mit Einblutung in Perikard (Herzbeuteltamponade) oder Brusthöhlen (Hämatothorax) sowie zu einer Kompression (Kollaps) des eigentlichen Aortenlumens (wahres Lumen) mit einer Minderperfusion der peripheren Organe (. Abb. 1). Die longitudinale Ausbreitung des falschen Lumens kann zu einer Abscherung oder Abschnürung der aortalen Gefäßabgänge führen und dadurch eine symptomatische Minderperfusion der zugehörigen Organe verursachen (Malperfusion). Die Ausbreitung der Dissektion in die Aortenwurzel führt ggf. zu einer Änderung der Geometrie des Aortenanulus und zu einer Aortenklappeninsuffizienz. Diese schweren Komplikationen treten am häufigsten im Frühstadium der Erkrankung auf und verantworten eine Mortalitätsrate von 1–3% pro Stunde nach Beginn der Hospitalisierung [2]. Um den zeitlichen Verlauf der Dissektion zu definieren, unterscheidet man eine akute Phase, innerhalb der ersten 14 Tage nach Symptombeginn, von einer chronischen Phase. Bei der akuten Typ-A-Dissektion ist das typische initiale Symptom ein heftiges thorakales Schmerzereignis, das aber in 6% der Patienten fehlt. Die weiteren klinischen Zeichen sowie die Prognose der akuten Typ-A-Dissektion sind mit der Ausbreitung des faschen Lumens und der Malperfusion assoziiert. Das therapeutische Verfahren der Wahl bei der akuten Typ-A-Dissektion ist die sofortige Operation der thorakalen Aorta [3]. Klassifikation der Aortendissektion Die Typisierung der Aortendissektion erfolgt durch die Lokalisation des Entry sowie die Ausdehnung des falschen Lumens. Die am häufigsten verwendete Klassifikation nach Stanford unterscheidet zwischen einer Typ-A- und einer Typ-B-Aortendissektion. Typ A definiert die Aortendissektion mit Beteiligung der Aorta ascendens und/oder des Aortenbogens. Typ-BDissektion beschränkt sich auf die absteigende Aorta distal des Abgangs der linken A. subclavia. Die Klassifikation nach DeBakey (Typ I, II, IIIa, IIIb) berücksichtigt eine detaillierte Beschreibung der Ausbreitung des falschen Lumens und ent- Abb. 1 8 Einriss der Aortenwand mit Bildung eines falschen Lumens entlang der gesamten Aorta im Rahmen einer akuten Typ-A-Dissektion. a Entry in der Aorta ascendens distal der Aortenklappe (AV) und des sinotubulären Übergangs mit Ruptur des falschen Lumens (FL) (73 Jahre, ƃ). b Reentry mit zirkumferenzieller Ausbreitung des falschen und Kollaps des wahren Lumens (WL) sowie Malperfusion (41 Jahre, ƃ). (Bilder Pathologie) Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie 2009 | 1 Operative Techniken Abb. 2 9 Subtypen der Aortendissektion: intramurales Hämatom (a und b), penetrierendes atherosklerotisches Ulkus (c und d) hält mehr Informationen für die operative Strategie. Obwohl neuere Klassifikationen eine bessere Beschreibung der Aortendissektion, sowohl hinsichtlich der operativen Strategie als auch der postoperativen Prognose erlauben, finden sie noch keine breite klinische Anwendung [4]. Weitere Klassifikationen unterscheiden zwischen der klassischen Aortendissektion mit dem typischen perfundierten falschen Lumen und anderen Subtypen einer Dissektion. Zu dieser Kategorie gehören Erkrankungen der Aortenwand mit einer Einblutung der Tunica media ohne ein perfundiertes falsches Lumen, wie das intramurale Hämatom (IMH) und das penetrierende atherosklerotische Ulkus (PAU) (. Abb. 2). Ein weiterer Subtyp der Aortendissektion ist die iatrogene oder traumatische Dissektion [5]. Diagnostik and präoperatives Management Der Erfolg der operativen Therapie ist eng mit der Qualität der Diagnostik ver- 2 | bunden. In der akuten Typ-A-Dissektion wird die genaue Evaluierung der Erkrankung mit Hilfe aufwendiger diagnostischer Maßnahmen durch den Faktor Zeit und den klinischen Zustand des Patienten limitiert. Meistens wird eine akute Dissektion durch die Durchführung einer mit Kontrastmittel unterstützten Computertomographie (CT) diagnostiziert. Idealerweise sollte die Abbildung der gesamten Aorta erfolgen, um die genaue Ausdehnung der Dissektionsmembran im thorakalen und abdominellen Bereich zu evaluieren. Durch eine Kontrastmittelanreicherung des falschen Lumens erfolgt die Differenzierung von Dissektionslamelle, IMH oder PAU. Das CT gibt auch Hinweise auf begleitende Komplikationen der Dissektion, wie Aortenruptur, Perikarderguss und Hämatothorax. Die Diagnose der akuten Aortendissektion soll mit einem sofortigen Transport des Patienten in eine spezialisierte Klinik kombiniert werden. Auch im Fall einer fehlenden bildgebenden Diagnostik legitimiert der Verdacht auf eine akute Dissektion den Transport des Patienten in eine herz- Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie 2009 chirurgische Klinik. Vorteilhaft ist hier die Vermeidung wiederholter diagnostischer Prozeduren mit einhergehendem Zeitverlust [6]. Idealerweise sollte die Aufnahme des Patienten direkt in einen Operationssaal stattfinden. Während der anästhesiologischen präoperativen Vorbereitung des Patienten kann die Begutachtung der mitgebrachten bildgebenden Diagnostik und anderer Befunde erfolgen. Besondere Aufmerksamkeit sollte auf der genauen Evaluierung der Ausbreitung des falschen Lumens und der Organperfusion liegen. Eine Kompromittierung der peripheren Durchblutung und die Erkennung einer Dissektionslamelle in den abgehenden Arterien ergeben, in Zusammenhang mit den klinischen Symptomen, Hinweise für eine bestehende Malperfusion. Das Wissen um die genaue Ausdehnung der Dissektion ist wesentlich für die Planung der Operation. Es beeinflusst die Entscheidungen über die Art der arteriellen Kanülierung, die Vorbereitungen für einen Kreislaufstillstand, die zerebrale Protektion und schließlich die Komplementierung der Therapie durch endovasku- Zusammenfassung · Abstract läre Techniken und Stents. Die anästhesiologische Vorbereitung des Patienten schließt die invasive Überwachung des arteriellen Drucks an den oberen und unteren Extremitäten und die Sicherstellung von venösen Zugängen für eine adäquate Transfusion ein. Die Einbringung von drei arteriellen Linien, zwei an den Armen und eine am Bein, gewährleistet die Überwachung der peripheren Durchblutung während der gesamten Operation und schließt eine gravierende Durchblutungsstörung aus. Die Durchführung einer transösophagealen Echokardiographie (TEE) auf dem Operationstisch ist obligat. Durch die TEE können Dissektion, Perfusion des falschen Lumens und Lokalisation der Entries in Aorta ascendens und descendens evaluiert werden. Besonders im Fall eines unklaren Röntgen-Befunds kann die TEE wichtige Hinweise für die Differenzierung eines akuten Aortensyndroms von einem isolierten akuten Koronarsyndrom liefern. Deshalb sollte eine Thorakotomie erst nach der echokardiographischen Bestätigung der Diagnose erfolgen. Des Weiteren ist die TEE wichtig für die Evaluierung der Aortenklappenfunktion und den Ausschluss von Perikarderguss oder -tamponade. Somit ist die TEE unser wichtigstes diagnostisches Tool für die perioperative Evaluierung einer akuten Typ-A-Dissektion. Insbesondere bei hämodynamisch instabilen Patienten ist eine Einschränkung der Diagnostik lediglich auf die TEE ein legitimes Vorgehen. Der Nachteil der TEE liegt in der mangelhaften Beurteilung des Aortenbogens mit den supraaortalen Ästen sowie der abdominellen Aorta. Die Durchführung einer Angiographie mit Darstellung der abgehenden Arterien einschließlich der Koronararterien kann detaillierte Hinweise über das Ausmaß der Dissektion und das Vorliegen einer Malperfusion geben. Durch die Ergänzung der invasiven Diagnostik um einen intravaskulären Ultraschall (IVUS) können Entry und Reentries entlang der Aorta lokalisiert werden. Die Durchführung einer invasiven Diagnostik setzt das Vorhandensein eines C-Bogens im Operationssaal voraus. Heutzutage kombinieren moderne Hybridräume den OP-Tisch mit einer angiographischen und computerto- mographischen diagnostischen Einheit, wodurch die Transportwege des lebensbedrohlich erkrankten Patienten deutlich reduziert werden (. Tab. 1). Z Herz- Thorax- Gefäßchir 2009 DOI 10.1007/s00398-009-0750-9 © Springer-Verlag 2009 Chirurgische Therapie Operative Techniken zur chirurgischen Therapie der akuten Typ-A-Dissektion Bei einer akuten Typ-A-Dissektion orientiert sich das primäre Ziel der chirurgischen Therapie an der Wiederherstellung des Kreislaufs und an der Aufhebung der lebensbedrohlichen Komplikationen, wie Aortenruptur, Herzbeuteltamponade, Myokardischämie und Aortenklappeninsuffizienz. Das weitere Ziel der chirurgischen Therapie ist die Resektion der Entries in der proximalen Aorta, um die Perfusion des wahren Lumens und der Organe wiederherzustellen. Der typische operative Zugang ist die mediane Sternotomie, wodurch das Herz, die Aorta ascendens und der Aortenbogen mit den supraaortalen Ästen versorgt werden können. Die Erweiterung der Operation in die Aorta descendens könnte mit Hilfe einer bilateralen transversalen Thorakotomie (Clamshell-Inzision) durchgeführt werden. Dieser Zugang wird aber in der Behandlung der akuten Typ-A-Dissektion angesichts des großen operativen Traumas nicht bevorzugt [7]. Die Entwicklung endovaskulärer Techniken erlaubt uns heute die antegrade Einführung von Stentgrafts in die Aorta descendens und somit die Erweiterung der Therapie in den Bereich der distalen Aorta. Die Komplexität der akuten Typ-ADissektion fordert sowohl die Fähigkeiten des chirurgischen als auch des anästhesiologischen, kardiotechnischen und instrumentierenden Teams heraus. Das behandelnde Team soll mit komplexen operativen Strategien, wie der Durchführung eines hypothermen Kreislaufstillstands und Techniken der zerebralen Protektion, vertraut sein. Arterielle Kanülierung für den extrakorporalen Kreislauf K. Tsagakis · P. Massoudy · H. Jakob Zusammenfassung Die Behandlung der akuten Typ-A-Dissektion ist eine chirurgische Domäne, stellt aber auch eine interdisziplinäre und logistische Herausforderung dar. Dieser Artikel gibt eine Übersicht über die aktuellen chirurgischen Techniken zur Behandlung der akuten Typ-A-Dissektion. Er beinhaltet die Techniken der Kanülierung für die extrakorporale Zirkulation, die Grundsätze des hypothermen Kreislaufstillstands und der selektiven Kopfperfusion sowie eine Beschreibung der verschiedenen chirurgischen Konzepte. Darüber hinaus werden die pathophysiologischen Mechanismen der Dissektion sowie das diagnostische Vorgehen diskutiert. Schwerpunkt der Darstellung ist eine differenzierte Beurteilung der akuten Typ-A-Dissektion im Hinblick auf das falsche Lumen, die Malperfusion und die Kombination neuer endovaskulärer Techniken mit dem klassischen Ersatz der proximalen Aorta. Schlüsselwörter Herzchirurgie · Aortendissektion Surgical techniques in acute type A dissection Abstract The treatment of acute type A dissection requires immediate surgical intervention and represents an interdisciplinary challenge. This review covers the cannulation techniques for arterial access, the fundamental techniques for hypothermic circulatory arrest and cerebral protection as well as the various surgical strategies. Basics of the pathophysiology of acute aortic dissection and diagnostic management are also reported. The authors give an overview of the disease with regard to extension of the false lumen, malperfusion, and the use of newer endovascular techniques in combination with classic aortic replacement. Keywords Cardiovascular surgery · Aortic dissection Die Auswahl des Zugangs für die HerzLungen-Maschine (HLM) richtet sich nach zwei Kriterien: schneller arterieller Anschluss und sichere Perfusion des wahren Lumens. Die verschiedenen MöglichZeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie 2009 | 3 Operative Techniken Tab. 1 Diagnostische Sicherung der Aortendissektion - Sicherung der Diagnose - Klassifizierung der Aortendissektion - Differenzierung des wahren und falschen Lumens - Lokalisierung der Entries - Differenzierung zwischen kommunizierender und nichtkommunizierender Dissektion - Evaluierung der Dissektionsausdehnung in die peripheren Gefäße einschließlich der Koronararterien - Evaluierung der Aortenklappeninsuffizienz - Evaluierung von intrathorakalem Hämatom bzw. Erguss Tab. 2 Techniken der arteriellen Kanülierung Kanülierung Periphere Kanülierung A. subclavia dextra A. femoralis A. carotis/Truncus brachiocephalicus Zentrale Kanülierung Aorta ascendens direkt Aorta ascendens offen LinkerVentrikel (transapikal) Vorteile Nachteile antegrade Perfusion des wahren Lumens kein Kreislaufstillstand keine Manipulation der proximalen Aorta schnell und einfach aufwendig bei Dissektion des Gefäßes nicht möglich Plexus-brachialis-Verletzung antegrade Perfusion des wahren Lumens kein Kreislaufstillstand keine Manipulation der proximalen Aorta antegrade Perfusion des wahren Lumens direkt durch mediane Sternotomie schnelle Entlastung einer Herztamponade sichere antegrade Perfusion des wahren Lumens direkt durch mediane Sternotomie schnelle Entlastung einer Herztamponade antegrade Perfusion des wahren Lumens direkt durch mediane Sternotomie Entlastung einer Herztamponade keiten für den arteriellen Zugang sind in . Tab. 2 aufgelistet. Man unterscheidet zwischen peripheren und zentralen Techniken der Kanülierung. Die A. femoralis bietet sich für eine einfache und schnelle Kanülierung an. Nach Freilegung von A. und V. femorales erfolgt die Kanülierung durch gerade Kanülen. Trotz der langjährigen Erfahrung mit dieser Technik wird deren Anwendung heutzutage 4 | retrograde Perfusion mit Embolisations- und Malperfusiongefahr bei Dissektion der Becken-Bein-Arterien Atherosklerose aufwendig problematisch bei Dissektion des Gefäßes Manipulation des falschen Lumens mit Embolisationsgefahr kurzer normothermer Kreislaufstillstand Zeitverlust während EKZ-Kühlphase, keine Aortenwurzelrekonstruktion möglich nicht mehr bevorzugt, hauptsächlich wegen der Nachteile einer retrograden Perfusion und der Gefahr einer Embolisierung, begünstigt durch Mobilisierung von thrombotischem Material aus dem falschen Lumen [8, 9]. Die Kanülierung der rechten A. subclavia wird inzwischen als Methode der Wahl in der Chirurgie der Erkrankungen des Aortenbogens angesehen. Diese Art der Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie 2009 Kanülierung erfolgt ohne Manipulation der proximalen Aorta, gewährleistet eine antegrade Perfusion der zerebralen Arterien und des Aortenbogens und reduziert die Dauer des hypothermen Kreislaufstillstands [10, 11]. Eine ca. 5 cm lange Inzision erfolgt am Sulcus deltoideopectoralis. Die Muskelfasern des M. pectoralis major werden separiert und der M. pectoralis minor nach lateral retrahiert. Die Auswahl der Präparationsrichtung wird durch die Palpation der A. subclavia erleichtert. Bei der Mobilisierung der Arterie soll besonders auf Schonung des Plexus brachialis geachtet werden. Die A. subclavia wird proximal und distal mit elastischen Bänder umfahren und distal okkludiert. Es folgt eine quere Inzision um die halbe Zirkumferenz nach proximaler Abklemmung des Gefäßes. Eine gerade 20–22F-Kanüle wird nach Entfernung der Klemme unter Sicht ca. 3 cm in das Lumen der Arterie eingeführt und die Kanüle durch das vorgelegte Band fixiert (direkte Technik) (. Abb. 3). Eine zusätzliche Fixierung der Kanüle am lateralen Ende der Hautinzision mit einer Naht sorgt für weitere Stabilisierung. Essenziell ist die Überprüfung des Rückflusses vor dem Anschluss der Kanüle an den arteriellen Schenkel der HLM. Bei der indirekten Technik erfolgt die Kanülierung über eine Gefäßprothese. Dabei erfolgen eine Längsinzision der Arterie und eine End-zu-Seit-Anastomose mit einer 8–10 mm langen Gefäßprothese. Die Kanüle wird an das distale freie Ende der Prothese angeschlossen und mit einer Ligatur fixiert. Bei dieser Technik muss ein „Kinking“ der Prothese vermieden werden. Die Kanülierung der rechten A. subclavia findet heutzutage allgemeine Anerkennung und wird bevorzugt. Der Nachteil dieser Kanülierungstechnik liegt in der etwas aufwendigeren Präparation und in einer nicht sicheren systemischen Perfusion im Fall der Ausbreitung des falschen Lumens in den Truncus brachiocephalicus oder in die A. subclavia. Linke oder rechte A. carotis sowie der Truncus brachiocephalicus sind als weitere periphere Gefäße geeignet für Kanülierung und sichere Perfusion [12, 13]. Die Kanülierung erfolgt indirekt über eine Gefäßprothese. Diese alternativen Techniken werden erfolgreich angewendet, haben aber im Fall des Vorliegens einer Dis- Abb. 3 7 a Direkte Kanülierung der rechten A. subclavia mit einer geraden Kanüle. b offene Kanülierung (Essen-Modifikation) mit Einführung einer geraden Kanüle in das wahre Lumen unter Sicht nach Exsanguination sektion ähnliche Nachteile wie die Kanülierung der rechten A. subclavia. Die Kanülierung der Aorta ascendens wurde bei der akuten Typ-A-Dissektion aufgrund des vorhandenen falschen Lumens und der unsicheren, praktisch blinden Kanülierung des wahren Lumens nicht propagiert. Heutzutage erlaubt die intraoperative TEE die kontrollierte Platzierung einer geraden arteriellen Kanüle in das wahre Lumen der Aorta ascendens mittels Seldinger-Technik, wodurch eine antegrade Perfusion des wahren Lumens gewährleistet wird [14, 15]. Der Vorteil dieser Technik liegt im schnellen Anschluss der HLM nach medianer Sternotomie sowie in der simultanen Stabilisierung der Kreislaufsituation durch Entlastung des Herzens, z. B. im Fall einer Perikardtamponade. Der Nachteil dieser Methode liegt in der Manipulation des thrombotischen Materials des falschen Lumens durch die Kanüle, weshalb eine periphere Embolie, beispielsweise bei zarter Intima des wahren Lumens, nicht ausgeschlossen werden kann. Die offene Kanülierung der Aorta ascendens erlaubt die Platzierung einer geraden arteriellen Kanüle direkt in das wahre Lumen unter Sicht. Diese Technik setzt eine kurze Phase von normothermen Kreislaufstillstand nach Exsanguination des Patienten über die venösen Kanülen voraus und wurde initial von Borst et al. als eine alternative Methode im Fall eines komplizierten peripheren arteriellen Anschlusses beschrieben. Diese Technik wird heute vereinzelt primär angewendet, insbesondere bei Vorliegen einer schweren hämodynamischen Depression oder einer Dissektion von Truncus brachiocephalicus und rechter A. subclavia. Nach medianer Sternotomie erfolgen die konventionelle Kanülierung des rechten Vorhofs und die Einführung eines linksventrikulären Vents über die rechte obere Pulmonalvene. Es schließt sich die rasche Ausblutung des Patienten in das venöse Reservoir der HLM an. In Kopftieflage, um eine zerebrale Luftembolie zu vermeiden, und bei beginnender Kollabierung der Aorta ascendens erfolgt eine quere Inzision des falschen und wahren Lumens distal des sinotubulären Übergangs. Dadurch kann das wahre Lumen eindeutig identifiziert werden. Eine gerade arterielle Kanüle wird durch eine zweite distale Inzision in das wahre Lumen unter Sicht eingeführt. Mit Beginn der extrakorporalen Zirkulation erfolgt das Entlüftungsmanöver und die Klemmung der Aorta ascendens proximal der Kanüle. Durch die kurze Dauer des normothermen Kreislaufstillstands von weniger als 120 s sind keine zerebralen ischämischen Schäden zu erwarten [16, 17]. Eine weitere elegante Methode, die eine antegrade Perfusion des wahren ohne Manipulation des falschen Lumens gewährleistet, ist die transapikale Kanülierung des linken Ventrikels [18]. Nach venöser Kanülierung des rechten Vorhofs erfolgt die Einführung einer 7 mm geraden Kanüle in den linken Ventrikel durch eine 1-cm-Inzision am Apex cordis. Unter TEE-Kontrolle erfolgt die Einführung der Kanüle in die Aorta ascendens. Nachteil dieser Methode ist zweifellos die erzwungene Untätigkeit des Chirurgen während der EKZ-Kühlphase, so dass z. B. die proximale Sanierung der Aortenwurzel bis zum Erreichen der hypothermen Zieltemperatur nicht simultan durchgeführt werden kann. Klassische chirurgische Technik Die klassische chirurgische Therapie der akuten Typ-A-Dissektion sieht den Ersatz der Aorta ascendens durch eine Rohrprothese vor, wobei die distale Anastomose in „offener“ Technik und im hypothermen Kreislaufstillstand durchgeführt wird. Nach medianer Sternotomie, Anschluss des kardiopulmonalen Bypasses sowie eines linksventrikulären Vents erfolgt die Kühlung des Patienten für die Vorbereitung des Kreislaufstillstands. Während der Kühlung des Patienten beispielsweise auf 25°C Kerntemperatur birgt die sich nun anschließende blinde Abklemmung der Aorta ascendens die Gefahr einer Überblähung des falschen Lumens in sich und damit die Schaffung zusätzlicher Reentries. Der Verzicht auf die Aortenklemmung sowie Eröffnung und Beginn der Aortenoperation nach Initiierung des hypothermen Kreislaufstillstands sollte das Risiko einer Überblähung des falschen Lumens vermeiden [19]. Bei der Anwendung dieser Technik erfolgt zuerst die Operation im Aortenbogen. Die proximale Operation folgt nach Kanülierung und Abklemmung der distalen Prothese und Beginn der distalen Reperfusion. Wenn aber die operative Strategie die Abklemmung der Aorta ascendens vorsieht, muss bei der Überwachung der arteriellen Linien besondere Vorsicht walten, um eine Minderperfusion durch die eventuelle Überblähung des falschen Lumens rasch zu erkennen. In unserer Klinik erfolgen vor der Aortenklemmung die Eröffnung und Inspektion der Aorta ascendens unter Sicht im Rahmen eines kurzen normothermen Kreislaufstillstands. Dadurch kann das proximale Entry identifiziert und durch Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie 2009 | 5 Operative Techniken Abb. 4 8 a Rekonstruktion der Aortenwurzel durch Klebung der Aortenwand; die Koronarostien sind durch ein Tampon geschützt. b und c Reimplantation der Aortenklappe nach David, Rekonstruktion der Aortenklappe und Ersatz der Aortenwurzel. Subanuläre Teflon-armierte Nähte fixieren den Anulus mit einer Gefäßprothese, darauf hin Fixierung der Sinus mit fortlaufender Naht und Reimplantation der Koronararterien die Aortenklemmung ausgeschaltet werden. Besondere Aufmerksamkeit wird der Entlüftung des Aortenlumens vor der Abklemmung gewidmet. Während der Kühlung erfolgen die Anfertigung der proximalen Anastomose sowie Rekonstruktion oder Ersatz der insuffizienten Aortenklappe. Im Fall einer kombinierten koronaren Gefäßerkrankung oder einer Dissektion der Koronarostien wird gleichzeitig der Anschluss der peripheren Bypassanastomosen unternommen, um den kardioplegischen Schutz des Myokards ggf. zu optimieren. Ein wichtiger Teil der Operation sind Rekonstruktion oder Ersatz der dissezierten Aortenwurzel. Die Wand der Aortenwurzel wird meistens durch eine retrograde Ausbreitung der Dissektion in den akoronaren Sinus mitbetroffen. Die Dissektion kann sich zirkumferenziell in den rechten und linken Sinus ausbreiten und eine myokardiale Malperfusion hervorrufen. Ziel der Operation an der Aortenwurzel sind Rekonstruktion der Aortenwand und Korrektur der begleitenden Aortenklappeninsuffizienz unter Erhalt der nativen Aortenklappe. Eine einfache und schnelle Rekonstruktion der Aortenwurzel kann durch die Entfernung des thrombotischen Materials und die Klebung der Aortenwand z. B. mit GelatineResorcinol-Formaldehyde (GRF) oder anderen Gewebeklebern erzielt werden. Die Klebung der Lamellen setzt die Entfernung der thrombotischen Masse aus dem falschen Lumen voraus. Vor der Applikation des flüssigen Klebers schützt die Platzierung eines Tampons in der Aortenwurzel vor Eintritt von Klebematerial in die Koronarostien. Die Klebung der Aorten- 6 | wand kann durch die Platzierung von sichelförmigen speziellen Klemmen entlang der Sinus unterstützt werden. Die Kommissuren können mit einer Teflon-armierten Naht zusätzlich refixiert werden. Durch die Wiederherstellung der Aortenwurzel wird die Aortenklappe resuspendiert und deren Insuffizienz aufgehoben. Der Nachteil dieser Technik liegt in der gelegentlich beobachteten aneurysmatischen Ausweitung der rekonstruierten Aortenwurzel im Langzeitverlauf durch eine Nekrose der Tunica media, die zu einer erneuten Insuffizienz der Aortenklappe führen kann [20]. Wegen des Risikos einer Reoperation wäre ein klappenerhaltender Ersatz der Aortenwurzel mit Reimplantation der Koronarostien zu bevorzugen [21]. Insbesondere bei Marfan-Patienten sind der Ersatz der Aortenwurzel und die Fixierung des Aortenanulus durch die Reimplantationstechnik nach David die Methode der ersten Wahl. Für den Ersatz der Aortenwurzel kann außer einer Rohr- die so genannte Valsalva-Prothese mit integrierten NeoSinus angewendet werden. Ein klappentragendes Conduit ist im Falle einer degenerativ veränderten Aortenklappe indiziert (. Abb. 4). Hypothermer Kreislaufstillstand und zerebrale Protektion Die Anfertigung der distalen Anastomose zwischen einer Rohrprothese und distaler Aorta ascendens/proximalem Aortenbogen setzt einen hypothermen Kreislaufstillstand voraus. Unter dem Schutz der Hypothermie wird die Aortenklemme entfernt und die distale Aorta ascen- Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie 2009 dens sowie der Aortenbogen auf weitere Einrisse der Intima inspiziert. Ziel dieser Technik ist die Identifikation der Grenzen der intakten Aorta, an welchen die distale Anastomose angelegt werden kann, sowie die Inspektion der supraaortalen Äste, um eine sichere Perfusion des Gehirns zu garantieren. Die anschließende End-zuEnd-Anastomose in „offener“ Technik erlaubt die sichere Rekonstruktion des wahren Lumens und die hämostatische Dichtigkeit der Anastomose [22]. Der hypotherme Kreislaufstillstand wird bei einer Kernkörpertemperatur zwischen 10–25°C und simultaner externer Eiskühlung des Kopfs durchgeführt. Mit zunehmender Länge des Kreislaufstillstands steigt das Risiko einer zerebralen Ischämie, weshalb die Dauer 30 min nicht übersteigen sollte [23]. Bei einer Erweiterung der Operation in den Aortenbogen ist mit einem prolongierten hypothermen Kreislaufstillstand zu rechnen, so dass ergänzende Techniken für eine adäquate zerebrale Protektion erforderlich sind. Die selektive Perfusion des Gehirns repräsentiert heutzutage den Standard für eine adäquate Perfusion des Gehirns während der Kreislaufstillstandsphase. Über die beste Technik der selektiven Kopfperfusion gibt es heute weitgehende Einigkeit. Die retrograde Perfusion über die V. cava superior erfolgt mit oxygeniertem Blut über die gesamte Dauer des hypothermen Kreislaufstillstands oder auch intermittierend bei einem Zentralvenendruck von 20 mmHg. Der Vorteil dieser Technik liegt in der Auswaschung vom embolischen Material aus den Karotiden sowie an der Prävention einer Luftembolie, hat aber die in sie gesetzten Hoffnungen auf ein homogenes Substratangebot an das Gehirn nicht erfüllt und wurde weitgehend wieder verlassen. Vorgehen der Wahl ist die antegrade Kopfperfusion über die Karotiden [24, 25]. Im Hinblick auf die antegrade Kopfperfusion unterscheidet man zwischen der unilateralen und der bilateralen Technik (. Abb. 5). Im Rahmen einer kurzen hypothermen Kreislaufstillstandsphase erfolgt die separate Einführung z. B. eines Retroplegie-Ballonkatheters in den Truncus brachiocephalicus und die linke A. carotis communis. Die Fixierung der Katheter erfolgt durch Füllung des Ballons mit NaCl. Eine Dislokation der Katheter kann durch eine zarte Umschlingung der Arterien mit einem Band verhindert werden. Beide Katheter werden als Y in den arteriellen Schenkel der HLM angeschlossen. Die integrierte Drucklinie der Katheter erlaubt eine kontinuierliche Messung des Drucks an der Spitze der Kanüle (40–60 mmHg). In der Regel ist eine hypotherme Perfusion (15–18°C) von 10 ml/kg/min ausreichend. Um ein StealPhänomen zu vermeiden, sollte die rechte A. brachialis durch eine Blutdruckmanschette komprimiert und die linke A. subclavia durch die antegrade Einführung eines Fogarty-Katheters okkludiert werden. Im Falle einer Kanülierung über die rechte A. subclavia bleibt die antegrade Intubation des Truncus brachiocephalicus erspart. Der adaptierte Blutfluss wird nach Abklemmung des Truncus brachiocephalicus ausschließlich in die rechte A. carotis communis umgeleitet. In den meisten Kliniken wird die hypotherme selektive bilaterale antegrade Perfusion als die Methode der Wahl für eine adäquate zerebrale Protektion bis zu 80 min angesehen [26]. Die Qualität der zerebralen Perfusion kann und sollte intraoperativ durch Untersuchung der Gehirnaktivität (EEG), des intrakraniellen Blutflusses (transkranieller Doppler) und der Oxygenierung des Gewebes (InfrarotSpektroskopie) überwacht werden. Erweiterung der Operation in den Aortenbogen Unter intraoperativer zerebraler Protektion und Überwachung kann eine Erweiterung der Operation in den Aortenbogen sicher durchgeführt werden. Die Indika- tionen hierfür sind: Resektion der dissezierten aneurysmatischen Aorta, Resektion aller Entries und Wiederherstellung der zerebralen Perfusion bei Vorliegen eines Intimarisses im Bereich der supraaortalen Gefäße. Man unterscheidet zwischen einem subtotalen und einen totalen Bogenersatz mit Reimplantation aller Kopfhalsgefäße [27]. Im Bereich des distalen Aortenbogens ist eine Sicherung der End-zu-End-Anastomose durch einen Teflonstreifen empfehlenswert. Die Reimplantation der supraaortalen Gefäße kann als Manschette („Insel“) oder separat erfolgen. Im Falle einer intakten Intima wird der Ansatz der supraaortalen Gefäße am Aortenbogen zirkumferenziell reseziert und an der Rohrprothese Seit zu Seit anastomosiert. Dabei kann eine Abhebung der Intima durch Applikation beispielsweise von GRF-Kleber rekonstruiert werden. Im Fall eines Einrisses der Intima erfolgen Resektion und Teilersatz der Gefäße, um eine Perfusion des wahren Lumens zu sichern. Der Teilersatz der supraaortalen Gefäße kann durch Rohrprothesen erfolgen, die an der Bogenprothese End zu Seit anastomosiert werden. Die Anwendung einer Prothese mit Seitenarmen (Plexus-Prothese) erlaubt eine leichtere Rekonstruktion aller drei Bogengefäße. Die Prothese trägt drei separate Abgänge für die Reimplantation der Gefäße und einen vierten Seitenarm für die Einführung einer geraden arteriellen Kanüle, über die die Aufnahme der extrakorporalen Zirkulation bereits nach Anastomosierung der linken A. subclavia möglich wird (. Abb. 6). Bei Präparation und Resektion des distalen Aortenbogens ist auf die Schonung des N. laryngeus reccurrens zu achten. Erweiterung der Operation in die Aorta descendens Bei der Behandlung der akuten Typ-ADissektion ist die Erweiterung der Operation in die Aorta descendens möglich, jedoch umstritten [28]. Die Elephanttrunk-Technik von Borst erlaubt die Einführung einer Gefäßprothese in die Aorta descendens, die eine zu erwartende sekundäre Operation im Bereich der Aorta descendens entsprechend erleichtern würde [29]. Neuere Entwicklungen ermöglich- Abb. 5 8 Selektive bilaterale antegrade Kopfperfusion während subtotalen Aortenbogenersatzes bei akuter DeBakey-Typ-II-Dissektion: separate Perfusion von Truncus brachiocephalicus und linker A. carotis communis über flexible Kanülen (A), Blockade des Blutabflusses über die linke A. subclavia durch einen Fogarty-Katheter (B) Abb. 6 8 Ersatz von Aortenbogen und Aorta ascendens mit einer Plexus-Prothese bei akuter Typ-A-Dissektion; arterielle Blutzufuhr über Einführung der arteriellen Kanüle in den vierten Seitenarm (A), Entlüftung während Reperfusion (B) über ein Aortenvent, Revaskularisation der rechten Koronararterie durch ein venöses Graft (C) bei Dissektion des Koronarostium und myokardialer Malperfusion ten die Modifikation dieser Technik mittels des Ersatzes der Gefäßprothese durch ein Stentgraft [30, 31, 32]. Das selbstexpandierende Stentgraft sorgt für die komplette Entfaltung des komprimierten wahren Lumens und dichtet distale Entries ab (. Abb. 7). Spezielle Einführungssysteme machen die schnelle und präzise Einführung des Stentgrafts in die Aorta descendens in Seldinger-Technik möglich. Ein steifer Draht wird präoperativ über die A. femoralis in das wahre Lumen ein- Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie 2009 | 7 Operative Techniken Abb. 7 8 a Antegrade Einführung eines Stentgrafts in die Aorta descendens mittels Hybridtechnik [Essen-I-Prothese (E-vita open®, Jotec GmbH, Hechingen, Deutschland)] in Seldinger-Technik. b Fixierung des selbstexpandierenden Stentgrafts an der proximalen Aorta descendens durch fortlaufende Naht. c Mobilisierung der im Stentgraft eingefalteten Gefäßprothese für den Aortenbogenersatz. d Zustand drei Jahre nach akuter DeBakey-Typ-I-Dissektion: Thrombosierung und Obliterierung des falschen Lumens durch den Stentgraft geführt und mit Hilfe der TEE im distalen Aortenbogen positioniert. Nach Resektion des kompletten Aortenbogens erfolgt die antegrade Implantation der Prothese über den Draht in das wahre Lumen der distalen Aorta. Eine fortlaufende Naht zwischen der Prothese und dem proximalen Stumpf der Aorta descendens sorgt für die Stabilisierung des Stentgrafts. Im Hinblick auf das fragile dissezierte Gewebe der Aorta ist dabei die Anwendung eines Teflonstreifens zu empfehlen. Eine im Lumen des Stentgrafts eingefaltete Gefäßprothese wird anschließend in die Position des Aortenbogens zurückgezogen. Dieses Vorgehen garantiert die Kontinuität zwischen Aortenbogenprothese und Stentgraft und birgt kein Risiko für ein proximales Endoleak oder ein Pseudoaneurysma. Obwohl diese neue Hybridtechnik des „frozen elephant trunk“ zu keiner signifikanten Verlängerung der Operationszeiten im Vergleich zur konventionellen Aortenbogenchirurgie führt, wird sie bisher nur in ausgewählten Kliniken 8 | angewendet [33, 34]. In unserer Klinik erfolgt die Anwendung einer Stentgraft-Prothese bei der Behandlung der akuten TypA-Dissektion bei Nachweis von Entries in der Aorta descendens oder bei Vorliegen einer schweren Destruktion der Aortenwand der proximalen Aorta descendens durch die Dissektion. Welche chirurgische Technik für welchen Patienten? Die jeweilige chirurgische Therapie der akuten Typ-A-Dissektion sollte dem klinischen Zustand des Patienten und der Ausdehnung der Aortendissektion angepasst werden. Für die Auswahl des Verfahrens sind auch die Erfahrung des Chirurgen bzw. des behandelnden Teams sowie die apparative Voraussetzung der Klinik maßgeblich. Die akute Behandlung von Aortenruptur, Perikardtamponade, schwerer Aortenklappeninsuffizienz und myokardialer Malperfusion sind die erforderlichen Maßnahmen, um das Leben des Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie 2009 Patienten zu erhalten. Dafür genügt meistens die Durchführung der klassischen Operation in Kombination mit einem subtotalen Ersatz des Aortenbogens. Mit Hilfe dieser Strategie kann eine perioperative Mortalitätsrate von 10–15% erreicht werden, wenngleich auch höhere Mortalitätsraten berichtet werden [35]. Eine Inspektion des Aortenbogens zu Identifikation und Resektion von weiteren Entries dort ist essenziell, zumal ein perfundiertes falsches Lumen distal der Anastomose mit einer erhöhten Reoperations- und Mortalitätsrate im Langzeitverlauf assoziiert ist [36]. In diesem Fall ist eine Erweiterung der Operation in den Aortenbogen und ggf. in die Aorta descendens anzustreben. Wesentlich ist eine differenzierte diagnostische und chirurgische Strategie, um auch bei Vorliegen einer Malperfusion eine radikale Operation der thorakalen Aorta mit einer endovaskulären Rekonstruktion der abdominellen Aorta zu kombinieren (. Tab. 3). Fazit für die Praxis Die akute Typ-A-Dissektion bleibt trotz der Fortschritte in Diagnostik und chirurgischer Therapie eine lebensbedrohliche Erkrankung. Die hohe präoperative Mortalitätsrate indiziert die Notwendigkeit einer schnellen Erkennung und Einweisung der Patienten in eine spezialisierte Institution. Die Darstellung des Ausmaßes der Dissektion kann durch eine mit Kontrastmittel unterstützte Computertomographie der thorakalen und abdominellen Aorta erfolgen und gibt wichtige Hinweise für die sichere Durchführung der Operation. Im Fall einer Kompromittierung des Kreislaufzustands ist die Bestätigung der Diagnose durch TEE für die operative Indikationsstellung ausreichend. Wegen der akuten Todesgefahr sollten zeitaufwendige Transporte vermieden werden. Die Anwesenheit herzchirurgischer, anästhesiologischer und kardiologischer Teams erlaubt eine schnelle interdisziplinäre Handlung und Therapie, optimalerweise in einem Hybrid-Operationssaal mit der Möglichkeit der simultanen endovaskulären Intervention, z. B. bei Vorliegen abdomineller oder peripherer Malperfusion. Basierend auf dem Befund wird Tab. 3 Essen-Konzept für die Behandlung der akuten Typ-A-Dissektion - 24 h Hotline für das akute Aortensyndrom - Direkte Aufnahme in einem Hybrid-Operationssaal - Überwachung und Regulierung der Hämodynamik durch anästhesiologisches Team - Sicherung der Diagnose und Evaluierung einer Malperfusion durch kardiologisches Team (TEE, Angiographie) - Endovaskuläre Intervention in der abdominellen Aorta bei schwerer viszeraler Malperfusion - Kanülierung der rechten Arteria subclavia oder offene Kanülierung der Aorta ascendens in Abhängigkeit von Hämodynamik und Ausbreitung der Dissektion - Hypothermer Kreislaufstillstand 24°C - Bilaterale antegrade selektive Kopfperfusion (18°C, 50–60 mmHg, 10–15 ml/kg/min) - Radikale Operation der thorakalen Aorta mit Resektion aller Entries - DeBakey Typ II: Ascendens- ± Bogenersatz - DeBakey Typ I: Ascendens- + Bogenersatz (und antegrades Stentgrafting der Aorta descendens bei Reentries) - Engmaschiges Follow-up (3 Monate/6 Monate/12 Monate/weiter jährlich) über den arteriellen Zugang und somit die Kanülierung entschieden, um eine sichere Durchblutung des wahren Aortenlumens zu gewährleisten. Arterielle Linien an den oberen und unteren Extremitäten erlauben die intraoperative Überwachung der peripheren Durchblutung. Ziel der Operation sollte die Resektion der Entries in der proximalen Aorta und die operative Sanierung der Aortenklappen- und Koronargefäßpathologie sein. Die Anfertigung der distalen Anastomose in offener Technik erfordert einen hypothermen Kreislaufstillstand, die zerebrale Protektion ist durch die Initiierung der selektiven Kopfperfusion gewährleistet. Dadurch kann die Erweiterung der Operation in den Aortenbogen sicher durchgeführt werden. Heutzutage erlauben endovaskuläre Techniken die Erweiterung der Operation in die absteigende Aorta mit dem Ziel, weitere distal liegende Läsionen der Intima von der Zirkulation auszuschalten. Die endovaskulären Techniken eröffnen neue Perspektiven in der Behandlung der Dissektion nicht nur im Hinblick auf das akute, sondern auch auf das Langzeitergebnis. Um dies zu gewährleisten, ist im Anschluss an die Operation eine lückenlose, lebenslange Kontrolle beispielsweise im Ein-Jahres-Turnus und idealerweise durch die operierende Institution erforderlich. Korrespondenzadresse Dr. K. Tsagakis Klinik für Thorax und Kardiovaskuläre Chirurgie, Westdeutsches Herzzentrum, Universität Duisburg-Essen Hufelandstr. 55, 45122 Essen [email protected] Konstantinos Tsagakis, Jahrgang 1972, studierte in Wien und absolvierte seine herzchirurgische Ausbildung im Herz- und Diabeteszentrum NRW und im Westdeutschen Herzzentrum der Universität DuisburgEssen. Im Jahr 2009 erlangte er seinen Facharzt für Herzchirurgie. Er ist Oberarzt der Abteilung für Thorax- und Kardiovaskuläre Chirurgie des Westdeutschen Herzzentrums in Essen. Sein Arbeitsschwerpunkt ist die thorakale Aortenerkrankung. Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Literatur 1. 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