rückblick - Tageblatt
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RÜCKBLICK Seite 2 Der Aufreger in der Hansestadt Buxtehude Selfie-Vergewaltiger schlug zu Zwei schockierende Taten hielten Buxtehude im Februar in Atem – 22æjähriger Täter muss sieben Jahre in Haft VON WOLFGANG STEPHAN BUXTEHUDE. Seine Taten hielten im Februar die Stadt in Atem. Inç nerhalb von drei Wochen wurç den ein 14çjähriges Mädchen und eine junge Frau jeweils am Sonntagmorgen brutal in Buxteç hude vergewaltigt. Anfang März ermittelte die Sonderkommissiç on der Polizei unter anderem mit Spürhunden den mutmaßlichen Täter: ein 22çjähriger Tischlergeç selle, der bis dahin nie polizeiç lich in Erscheinung getreten war. Im November wurde er zu sieben Jahren Haft verurteilt. Den Blick stoisch auf den Boden gerichtet, ohne jede Regung – so nahm Pascal D. Ende November das Urteil des Landgerichts Stade zur Kenntnis – so wie er während des gesamten Prozesses dem Geschehen im Gerichtssaal beigewohnt hatte. Sieben Jahre muss der 22-Jährige ins Gefängnis. Für die Prozess-Beobachter und die Nebenklage war das ein zu mildes Urteil, denn schließlich hatte der junge Täter eine 14-Jährige und eine 20-Jährige brutal über mehrere Stunden vergewaltigt. Insgesamt war es ein verhältnismäßig kurzer Prozess, um den Buxtehuder Vergewaltiger zu verurteilen. Dass Pascal D. die Taten begangen hat, stand außer Frage. Sein Geständnis legte er am zweiten Verhandlungstag ab: „Ich gestehe die Tat, es gibt nichts zu entschuldigen, ich bereue, Pascal D. können ohne Gesichtsbalken veröffentlicht werden. Das gehöre zu seinem Schuldeingeständnis, sagte der Anwalt zu Beginn des Prozesses im September – es gehörte aber auch zu seiner Verteidigungsstrategie: Gesicht und Reue zeigen, Verhandlung nicht torpedieren, das Opfer im Gerichtssaal nicht anblicken. Fest stand nach Aussagen des Gerichtes, dass der junge Tischler alle Facetten der sexuellen Erniedrigung angewendet, stundenlang seine Opfer sexuell missbraucht und gleichzeitig alles mit dem Handy gefilmt hatte, was ihm in den Medien den zweifelhaften Ruf als „SelfieVergewaltiger von Buxtehude“ einbrachte. Dass er bei beiden Taten unter Alkoholund Drogeneinfluss stand, ist unstrittig, nach Auffassung des Gerichts sei seine Steuerungsfähigkeit dadurch aber nicht beeinträchtigt gewesen. Für beide Taten sah das Gericht eine Strafe von jeweils fünf Jahren als angemessen an, in der Addition des Strafmaßes bedeutete das sieben Jahre. „Fünf und fünf ist vor Gericht nie zehn“, stellte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Kai Thomas Breas, später auf TAGEBLATT-Nachfrage fest. Das Gericht folgte mit dem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Eine Revision gab es nicht, das Urteil ist damit rechtskräftig. Gleichwohl stellte die Richterin Gudrun Pudimat am Ende des Prozesses fest: „Den beiden Opfern ist ein unermessliches Leid zugefügt worden, Leid, das sie ihr ganzes leben lang begleiten wird.“ Sieben Jahre Haft für zwei grausame Taten: Der Buxtehuder Pascal D. vor Gericht. der Nebenklage und dem Gericht zeigten. Alle Tatvorwürfe wurden auch im Detail zugegeben, auf die Vernehmung der 14-Jährigen wurde verzichtet, und selbst gegenüber den Medien zeigte sich Verteidiger Heiko Granzin kooperativ, die Bilder von was ich getan habe, und ich würde alles tun, um alles rückgängig zu machen.“ Diese Aussage war die Grundlage für den Prozess und gleichzeitig ein wichtiges Bauteil in der Strategie der Verteidiger, die sich von Anfang an kooperativ mit HÖHEPUNKTE DES JAHRES IN BUXTEHUDE 7. Februar 9. April 25. Mai 28. Juli Die Amadiyya-Gemeinde plant eine Moschee im Alten Postweg. Rechte machen sich Bürgerproteste zu Nutze. Im August werden die Pläne ausgebremst, Synthopol meldet Bedenken wegen der Nähe zu Gefahrstoffen an. Ein Jugendgericht verurteilt einen 15-jährigen Intensivtäter aus dem Bollweg zu einer Jugendstrafe. Nach seiner Einlieferung in einer Therapieeinrichtung beruhigt sich die Situation in der Straße, die Straftaten nehmen ab. Die Buxtehuder haben entschieden: Mit 59,6 Prozent setzt sich die 1. Stadträtin Katja Oldenburg-Schmidt (parteilos) als neue Bürgermeisterin gegen ihren Konkurrenten, Michael Lemke von den Grünen, durch. Der Buxtehuder Rat beschließt die Aufnahme einer Alternativtrasse für den Autobahnzubringer in den Flächennutzungsplan. Im Dezember bietet der Kreis an, Buxtehude könne die Planung übernehmen. 21. Oktober 13. November 2. Dezember 16. Dezember Buxtehude hat ein Klimakonzept. Nach vielen Sitzungen von Arbeitsgruppen und in großer Übereinstimmung will die Stadt den Ausstoß von Kohlendioxid bis 2020 um 20 Prozent reduzieren. Gegen den Willen der Grünen setzen die anderen Parteien im Bauausschuss die Sanierung des Buxtehuder Museums in einem Rutsch durch: Kosten des Projektes: 2,3 Millionen Euro. Im sechsten Jahr der Schifffahrtskrise zieht die Buxtehuder Reederei NSB die Notbremse. Sie wird alle 38 Schiffe unter deutscher Flagge ausflaggen. Fast 500 Seeleute werden ihren Job verlieren. Mechatronik-Professor Dr. Thorsten Uelzen wird der neue Präsident der Buxtehuder Hochschule 21. Damit enden die Querelen, die zum Rücktritt von Dr. Martin Betzler geführt hatten. RÜCKBLICK Seite 3 Die Aufreger in Stade Wir bedanken uns für das entgegengebrachte Vertrauen und freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit im kommenden Jahr. Geschäftsstelle Die Baustelle der Hudebrücke am Fischmarkt in Stade zog im Sommer viele Neugierige an den alten Hansehafen ohne Wasser. HÖHEPUNKTE DES JAHRES IN STADE Verzögerungen bei Neubau für Hertie Juli Bürgermeisterin Silvia Nieber weiht das sanierte Jugendzentrum im Alten Schlachthof ein. Jugendliche haben ihren Treffpunkt wieder und zudem einen Saal für Konzerte und andere Großveranstaltungen. Fischmarkt: Baustelle der HudeæBrücke wurde zu Zuschauermagnet VON PETER VON ALLWÖRDEN STADE. In der Hansestadt Stade waren ganz sicher zwei Themen dominant in der öffentlichen Wahrnehmung: Die stockenden Planungen des neuen Einkaufsç zentrums, das das ehemalige HertieçHaus ersetzen soll, und die Erneuerung der HudeçBrücke am Fischmarkt. Wenn es nach den ursprünglichen Planungen gegangen wäre, dann wäre das neue Geschäftshaus in Stades City schon längst im Bau. Doch die detaillierte Bebauungsplanung und die Verhandlungen über die Betreiberschaft des neuen Parkhauses haben zu Verzögerungen von über einem Jahr geführt. Bei der Bauleitplanung gab es zunächst zwei Knackpunkte. Zum einen hatte die Wohnstätte, die in der Stockhausstraße ein Mietshaus besitzt, eine Verschattung der Terrassen ihrer Mieter befürchtet. Gutachten wurde erstellt und das Parkhaus so umgeplant, dass nur noch eine Rampe das eigentliche Parkhaus mit dem Parkdeck auf dem Dach des neuen Einkaufscenters verbindet. Außerdem wurden Änderungen an der Fassade vorgenommen. Am Ende jedenfalls segnete der Rat im Sommer den geänderten Bebauungsplan ab. Doch damit war noch längst nicht klar, wie das mit dem Parkhaus laufen soll. Das alte, marode Parkhaus gehört zu einem Drittel der Stadt und zu zwei Dritteln dem Hamburger Investor Matrix. Zunächst war von Pacht die Rede, dann ging es um den Kauf. Dafür, dass die Stadt das neue Parkhaus von Matrix bauen lässt und mit allen Nebenkosten für rund 9,1 Millionen Euro kauft, gab der Rat erst kurz vor Weihnachten grünes Licht. Details sollen jetzt ausverhandelt werden. Anfang des Jahres will Matrix mit den Abrissarbeiten beginnen. Ob die neue Hertie-Baustelle soviel Aufsehen erregen wird wie die im Herbst 2014 abgeschlossene Sanierung der alten Hude-Brücke am Fischmarkt, bleibt abzuwarten. Diese technisch ausfeilte Erneuerung der über 600 Jahre alten Brücke jedenfalls erwies sich als Zuschauermagnet. Einheimische und Touristen versammelten sich am alten Hansehafen und sahen dem Treiben in der trockengelegten Baustelle zu. Eine Holzbrücke wurde zum provisorischen Übergang, ein Damm aus Sandsäcken hielt das Wasser vom historischen Hafen zurück und Spezialisten erneuerten vom Grund des Hafens aus die Konstruktion der Brücke. Höhepunkt der Arbeiten war der Moment, als die drei Häuser, die auf der Brücke stehen, an einer berechneten Sollbruchstelle getrennt wurden, um sie auf von der Brücke unabhängige Stützen zu stellen. Februar August Die Planungen an der neuen Heidesiedlung in Stade-Riensförde laufen auf Hochtouren. Schon zum Jahresende soll der Kreisel fertig sein und die ersten Grundstücke verkauft sein, was beides gelingt. Stade Aktuell gibt eine neue Innenstadtbeleuchtung in Auftrag, die im Winter die Altstadt neu erstrahlen lässt. Zuvor hatte der Stader Rat eine Beteiligung an den Kosten von 100 000 Euro beschlossen. Mai Oktober Die beiden Regierungschefs aus Hamburg, Olaf Scholz, und Niedersachsen, Stephan Weil, weihen das neue Staatsarchiv in Stade ein. Es gilt als eines der modernsten Europas und wurde von beiden Ländern gemeinsam gebaut. Stades Bürgermeisterin Silvia Nieber stößt eine Diskussion in der Region und in Hannover an, was den Status der Hansestadt angeht: Sie möchte, dass Stade Oberzentrum wird. Stade sei Zentrum im Elbe-Weser-Dreieck. Juni November Eine Jury des Rates entscheidet über die Vergabe des Grundstücks des ehemaligen Technik- und Verkehrsmuseums. Eine hiesige Investorengemeinschaft verhandelt aber bis heute einen Kaufvertrag mit der Stadt. Bei Abrissarbeiten in der Hökerstraße mitten in der Fußgängerzone ist ein Nachbarhaus einsturzgefährdet. Die Stadt lässt das Haus räumen und veranlasst Sicherungsmaßnahmen durch die Eigentümerin des Hauses. RÜCKBLICK Seite 4 Schlimme Unfälle in der Region – Eine nicht vollständige Bilanz Kein Jahr ohne tödliche Unfälle Radfahrerin von Lkw überrollt – Autofahrer ertrinken in Fahrzeug LANDKREIS. Polizei, Freiwillige Feuerwehren und Rettungsdiensç te hatten auch in diesem Jahr wieder viel zu tun. Ein paar Unç fälle waren besonders schwer und endeten tödlich. Eine Ausç wahl der Schreckensmeldungen. März 2014, Drama auf der Elbinsel Krautsand: Ein Ehepaar aus Lamstedt ertrinkt in seinem Auto im Ruthenstrom. Trotz sofortigen Einsatzes der Hilfskräfte kann das Paar nicht mehr lebend geborgen werden. Juli 2014, 26 000 Kilogramm Milch auf der Fahrbahn: Bei einem Verkehrsunfall auf der Landesstraße 123 in Brest-Lehnhorst stürzt ein Tanklastzug mit Anhänger quer über die Fahrbahn. Die Bergungsarbeiten dauern bis in die Nachtstunden hinein. Der 59-jährige Lastwagenfahrer aus Itzehoe hat großes Glück. Er kommt bei der Karambolage mit dem Schrecken davon. August 2014, Motorradfahrer tödlich verletzt: Eine Pkw-Fahrerin übersieht beim Abbiegen in Schölisch den Zweiradfahrer. Der 45-jährige Motorradfahrer prallt frontal in die Fahrerseite des Skoda. Seine Yamaha wird über die Straße geschleudert, und der Fahrer landet im Seitenraum der Straße. Er erleidet dabei lebensgefährliche Verletzungen und wird nach der Erstversorgung durch den Stader Notarzt vom Rettungsdienst ins nahegelegene Elbe Klinikum eingeliefert. Dort erliegt er kurze Zeit später seinen Verletzungen. 30. September 2014, Junge Fahrradfahrerin von Lkw überrollt: Eine 30 Jahre alte Fahrradfahrerin gerät am Alten Postweg auf der Zufahrt zum Bacardi-Werk mit ihrem Rad unter die Zugmaschine eines Lkw. Notarzt und Rettungsassistenten der DRKWache am Elbe Klinikum können nicht mehr helfen, sie war „vermutlich sofort tot“, sagt die Polizei. Die junge Frau war mit ihrem Fahrrad auf dem Rad- und Fußweg am Alten Postweg vermutlich auf dem Weg zur Arbeit, als ein Lkw-Fahrer aus Ungarn (58) auf das Werksgelände von Bacardi abbog. Der Fahrer hatte die Radlerin offenbar übersehen 20. November 2014, Frontalzusammenstoß zweier Autos: Bei einem Verkehrsunfall auf der Bundesstraße 73 im Bereich Himmelpforten Bei dem Unfall starb eine junge Radfahrerin unter einem Lkw. kommt eine 54-jährige Frau aus Estorf ums Leben. Hinter der Ortsausfahrt in Richtung Burweg waren zwei Autos frontal zusammengestoßen. Dezember 2014, Schrecklicher Unfall in Kehdingen: Zwei Männer sterben im Graben. Ein aus Richtung Ritschermoor kommender Fahrer eines Opel Corsa bemerkt einen anfahrenden Pkw zu spät. Er versucht auszuweichen, erfasst dabei den dort stehenden Fußgänger und schleudert mit diesem zusammen in den wasserführenden Graben. Der Fußgänger wird so schwer verletzt, dass er sofort stirbt; der Corsa-Fahrer wird in seinem auf dem Kopf im Graben liegenden Fahrzeug eingeschlossen. Feuerwehrleute aus Assel und Drochtersen können ihn nur noch leblos aus dem Auto befreien, er verstirbt noch an der Unfallstelle. (kw) RÜCKBLICK Seite 5 Der Aufreger im Landkreis Stade Tennet vermasselt den Start Planer der Riesenstromtrasse beginnen transparent und verlieren dann schnell den Überblick VON KARSTEN WISSER LANDKREIS. Der Landkreis Staç de und seine Infrastrukturproç jekte. Das ist nicht unbedingt eine Erfolgsgeschichte. Auf die Fertigstellung der Autobahn A 26 warten vielen Menschen schon seit 40 Jahren, auch die A 20 plus Elbquerung bei Drochç tersen kommt nicht wirklich voç ran. Jetzt ist SuedLink, die Rieç senstromtrasse, die Windenerç gieçStrom vom Norden in den Süden bringen soll, dazugekomç men und auch hier gibt es gleich wieder Ärger. SuedLink, ein Gemeinschaftsprojekt der beiden Übertragungsnetzbetreiber TenneT und TransnetBW, ist mit insgesamt rund 800 Kilometern Länge das größte Infrastrukturprojekt der Energiewende. Innerhalb des Vorhabens SuedLink sind aktuell zwei Verbindungen – zwischen Wilster bei Hamburg und Grafenrheinfeld in Bayern sowie zwischen Brunsbüttel in Schleswig-Holstein und Großgartach in BadenWürttemberg – in den Bundesbedarfsplan aufgenommen worden. Das offizielle Verfahren, die erstmals genutzte neue Bundesfachplanung für bundesländerübergreifende Großprojekte läuft seit ein paar Wochen. Der erste Ärger begann sofort bei der Verkündigung der Pläne. Der bayerischen Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) erklärte die HochspannungsGleichstrom-Übertragungstrasse für überflüssig. Die Bayern wollten keine Windenergie aus dem Norden. Inzwischen hat der Ärger auch die lokale Politik erreicht. Dabei hatte Tennet beim Start des Projektes Anfang des Jahres eigentlich vieles richtig gemacht. Es gab sofort jede Menge Informationen über den Streckenverlauf, und die Mitarbeiter des niederländischen Staatsunternehmens standen auf vielen regionalen Veranstaltungen den Interessierten Rede und Antwort. Transparent war das Verfahren in dieser Phase und schnell fanden sich dementsprechend auch Menschen, die mit dem Trassenverlauf nicht glücklich waren. Viele Bürgerinitiativen wurden gegründet. Unübersichtlich wurde es, als Tennet als Ergebnis einer freiwilligen Bürgerbeteiligung mehrere Alternativen zur ersten angedachten Stromtrasse präsentierte, darunter auch zwei neue Elbquerungen, die voll den Stader Nordkreis treffen. Eigentlich sollte die Elbe per Tunnel bei Lühesand gequert werden. Dass die Bürgermeister, die Räte und die Menschen in Drochtersen, Nordkehdingen und Oldendorf-Himmelpforten von dem möglichen Bau von SuedLink in diesem Bereich erst aus dem TAGEBLATT erfuhren und dann auch in der Folgezeit von Tennet keine Informationen bekamen, verärgerte die Betroffenen und wurde Tennet dann entsprechend deutlich mitgeteilt. Ob und wann das Milliardenprojekt – die Rede ist von einem einstelligen Milliardenbetrag – gebaut wird, dürfte nach jetzigem Stand ergebnisoffen sein. Geplant ist die Fertigstellung für das Jahr 2022. Sind diese Vorhersagen ähnlich zuverlässig wie die bei den Autobahnplanungen, die die Region betreffen, ist alles und auch gar nichts möglich. DIE HÖHEPUNKTE DES JAHRES IN JORK 23. Januar 28. Februar 29. Mai 12. Juni Das Jahr beginnt mit Hiobsbotschaften: Bei ohnehin knapper Kasse fließen eine halbe Million Euro weniger Gewerbesteuern als erwartet. Alles wird vorerst auf Eis gelegt, intensive interfraktionelle Beratungen folgen. In Reaktion auf den Streit um Deichbau- und Hochwasserschutzmaßnahmen an Este und Lühe bittet Landrat Roesberg zu einer länder- und landkreisübergreifenden Hochwasserrunde mit allen 19 beteiligten Behörden. Der alljährliche Wikingermarkt am Yachthafen Neuenschleuse hat eine neue Attraktion: Die Wikingergesellschaft hat eine Ringburg nach historischem Vorbild wie vor 1000 Jahren errichtet und auch das Gelände drainiert. Welterbetitel in Gefahr: Die Kultusministerkonferenz hat das Alte Land nicht für die bundesweite Vorschlagsliste nominiert. Es bleibt viel zu tun – und die Hoffnung auf die nächste Runde ab 2017. 18. August September 28. November Dezember Für den ASC und die Grundschule „An der Este“ ist es ein Quantensprung: Der neue Kunstrasenplatz ist fertig. Rund 500 000 Euro hat er gekostet, die Gemeinde Jork schoss 260 000 Euro zu. Mehr als 350 000 Tonnen Äpfel ernten die Obstbauern an der Niederelbe: Die Qualität ist super, doch RusslandEmbargo und Rekordernte machen die Preise kaputt, die Altländer hoffen auf 2015. Die A26-Anschlussstelle wird eröffnet. Die Bürgerinitiative Obstmarschenweg hat es zuvor geschafft, zur Entschärfung der Verkehrsbelastung Tempolimits und den Bau eines Kreisels zu erwirken. Lichtblick am Horizont: Die Gemeinde Jork kann 400 000 Euro mehr Gewerbesteuern verbuchen als ursprünglich veranschlagt. Ein 2017 wieder ausgeglichener Haushalt erscheint doch erreichbar. RÜCKBLICK Seite 6 Der Aufreger in der Samtgemeinde Apensen Die Drohung mit der Sporthalle Außer in Beckdorf funktioniert die Aufnahme der Asylbewerber gut VON KARSTEN WISSER LANDKREIS. Der dramatische Anç stieg der Asylbewerberzahlen ist auch im Landkreis Stade angeç kommen. Die Zahlen haben sich seit 2011 fast vervierfacht. So war die öffentliche Diskussion vielerorten davon geprägt, wie die zu uns kommenden Menç schen untergebracht und inteç griert werden können. HÖHEPUNKTE DES JAHRES IN HORNEBURG September Das Gewerbegebiet „Veerenkamp II“ in Dollern ist erschlossen. Die Erweiterungsfläche zwischen dem Heuweg und dem Issendorfer Weg bietet 2,5 Hektar Bauland für ansiedlungswillige Unternehmen. Die Fakten: Im Jahr 2011 gab es noch 86 Menschen, die sich in einem Asylverfahren befanden. Bis zum 30. September dieses Jahres waren es bereits 416. Dazu kommen Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nur geduldet werden, und diejenigen, deren Asylantrag erfolgreich war oder die als niveau von Anfang der 1990er Jahren ist noch nicht erreicht, das könnte sich 2015 aber ändern. Auf Bundesebene erwarten die Verantwortlichen einen weiteren Anstieg von 30 Prozent. Der Umgang mit den Aslybewerbern und Flüchtlingen ist dabei für die Region weitgehend eine Erfolgsgeschichte. Es gibt viele örtliche Initiativen, die sich um die Menschen kümmern, sie beraten und mit ihnen Deutsch lernen. In den meisten Orten fanden die Verwaltungen auch mehr oder weniger problemlos Möglichkeiten, die Neuankömmlinge unterzubringen. Die Ausnahme von der Regel war die Samtgemeinde eigneten oder zumindest nicht so schnell zu realisierenden Vorschläge aus Beckdorf konterte die Samtgemeinde mit dem Vorschlag der Sporthalle, wohl wissend, welche Bedeutung der Handball-Drittligist für die örtliche Gemeinschaft besitzt. Beide Seiten ließen den Streit so weit hochkochen, dass sich die Sportler genötigt sahen, auf die Straße zu gehen – ohne sich fremdenfeindlicher Töne zu bedienen. Jetzt wird die Sporthalle des Ortes nicht als Flüchtlingsunterkunft genutzt. Die Flüchtlinge werden auf dem Platz zwischen der Sporthalle und der Kinderkrippe in Containern untergebracht. September Die 800 Jahre alte, denkmalgeschützte Feldsteinkirche in Bliedersdorf ist saniert. Mit einem Festgottesdienst in der Katharinenkirche wird der Abschluss der Renovierung gefeiert. April September Eines der größten Bauernhäuser in Nottensdorf wird abgerissen. Anstelle des ortsbildprägenden Fachwerkhauses in der Dorfmitte werden Doppelhäuser gebaut. Ein Gedenkstein für Martin Brunkhorst wird auf dem AgaFoto Berlin thenburger Friedhof einge- Die Sportler des SV Beckdorf demonstrierten vor der entscheidenden Ratssitzung. weiht. Mit dem Ehrengrab wird der Volksschullehrer von Flüchtlinge anerkannt sind. Apensen und im Speziellen Die ersten Asylbewerber Geduldet werden im Kreis die Gemeinde Beckdorf. Da werden dort wohl 2015 ein1919 bis 1958 geehrt. aktuell 408 Menschen. Einen gingen plötzlich einige hun- ziehen können. akzeptierten Status haben 85 dert Sportler des SV BeckDass der Streit ausgerechdorf auf die Straße, um net in der Samtgemeinde Personen. Die große Mehrheit der durch den Protest zu verhin- Apensen so weit eskaliert ist, Die Ortskernsanierung im Flecken Horneburg im Zuge der Menschen, die aus Asylgrün- dern, dass die Sporthalle ist ein weiteres trauriges Städtebauförderung hat nach den in den Landkreis Stade „Auf dem Delm“ geschlossen Zeugnis für die mangelhafte langer Planung begonnen. Im kommen, hat keine Chance wird, weil dort Asylbewerber Fähigkeit vor Ort Konflikte ersten Bauabschnitt wird die auf Anerkennung. Das bele- untergebracht werden soll- zu lösen. Der seit sechs JahKreuzung in der Ortsmitte er- gen die Zahlen des Bundes- ten. Das hätte den Bestand ren tobende Streit um neue neuert. amts eindeutig. Zum Stichtag des traditionsreichen örtli- Feuerwehrhäuser für die 31. Oktober gab es im Kreis chen Vereins gefährdet. Freiwilligen Brandbekämpfer Schuld an dieser Eskalati- und Unfallhelfer konnte erst 411 Menschen mit abgeschlossenen Asylverfahren. on hatten im Wesentlichen in diesem Jahr etwas entDer Neubau eines Kindergar- Nur 29 davon wurden als die handelnden Personen in schärft werden – nachdem Politik und Verwaltung und jede Menge Geld, Zeit und tens mit Krippe im Flecken Asylanten anerkannt. Insgesamt dürften sich bis damit auch maßgeblich der Vertrauen verlorengegangen Horneburg wird fristgerecht fertiggestellt. Bei der offiziellen Jahresende rund 2000 Men- hauptamtliche Samtgemein- sind. Mit den FeuerwehrhäuEinweihung erhält die Awo- schen, die in irgendeiner debürgermeister Peter Som- sern hatte es Apensen 2014 Kindertagesstätte den Namen Form mit dem Asylrecht im mer und der ehrenamtliche sogar ins Schwarzbuch des „Spatzennest“. Bürgermeister Bundes deutscher SteuerzahZusammenhang stehen, im Beckdorfer Kreis aufhalten. Das Rekord- Siegfried Stresow. Die unge- ler geschafft. Mai Im Museumsdorf Bliedersdorf wird das historische Hallenhaus eingeweiht. Die Gemeinde und der Verein „Bäuerliches Hauswesen“ feiern den Wiederaufbau des translozierten Kleinbauernhauses. August Der Sportbootanleger im Horneburger Hafen ist fertig. Freizeitskipper und Kanuten können hier seit August festmachen. Beim Hafenfest Im Oktober wird der Lühe-Steg offiziell eingeweiht. Oktober November RÜCKBLICK Einseitige Öffnung bringt Schlagzeilen Autobahn nähert sich Hamburg – Streit um Buxtehuder Anschluss VON KARSTEN WISSER ALTES LAND/BUXTEHUDE. Für viele Menschen in der Region ist es erst einmal eine gute Nachç richt. Langsam, sehr langsam, geht der Bau der Autobahn A 26 voran. Dass das fertige Teilstück zwischen Horneburg und Jork nur einseitig geöffnet wurde, sorgte dabei bundesweit für Schlagzeilen. Im schlimmsten Fall kann der gerade fertiggeç stellte Teilabschnitt fünf Jahre lang nur aus Richtung Hamburg befahren werden, während der Asphalt auf der anderen Seite unbenutzt bleibt. Die Fakten: Der 4,4 Kilometer lange Teilabschnitt des zweiten Bauabschnittes hat 61 Millionen Euro gekostet. Die Strecke bis zur Anschlussstelle Neu Wulmstorf ist im Bau, 2020 soll der Verkehr in beide Richtungen fließen. Schuld an der einseitigen Öffnung ist der Planfeststellungsbeschluss, der eine Teilöffnung des jetzt fertiggestellten Autobahn-Abschnitts nicht vorsieht. Eigentlich sollte die Autobahn erst freigegeben werden, wenn sie Buxtehude erreicht. Die rechtlichen Konsequenzen daraus sind umstritten und haben 2014 die öffentliche Diskussion zeitweise geprägt. Auf der einen Seite gibt es die Position, dass die zuständige niedersächsische Landesregierung überhaupt nicht hätte öffnen dürfen, auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die gern beide Richtungen für den Pkw-Verkehr freigegeben hätten. Die Landesregierung entschied sich für einen Mittelweg, außerdem läuft in der Region eine großangelegte Verkehrszählung, die klären soll, ob es nicht doch möglich ist, beide Fahrtrichtungen freizugeben, ohne dass die Anwoh- Die Freigabe der Autobahn im November 2014. ner stärken durch mehr Autos belästigt werden. Eine Entscheidung in dieser Sache könnte bis Mitte 2015 fallen. Wer den Überblick übrigens verloren hat, welche Bürgerinitiative entlang der A 26 gegen was ist, hier eine kleine Orientierungshilfe: Je weiter der Sitz der Initiative von der Ende November einseitig geöffneten Autobahnanschlussstelle weg ist, desto eher sind die Initiativen für die sofortige komplette Freigabe des Teilabschnitts der Autobahn zwischen Horneburg und Jork. Offen ist auch nach wie vor, wie und ob die Stadt Buxtehude an die Autobahn angeschlossen werden soll. Der Landkreis will das über die in den vergangenen Jahren ziemlich zugesiedelte Rübker Straße (Kreisstraße 40) tun, eine denkbar knappe Mehrheit im Rat der Stadt will eine kleine Ostumgehung, die allerdings teurer als der K-40-Ausbau sein dürfte und das EU-Vogelschutzgebiet beeinträchtigen könnte. Und auch dort gibt es Anwohner, die sich gegen den Bau wehren würden. Die richtige Einschätzung zu diesem Thema kommt wohl vom CDULandtagsabgeordneten und Kreistagsfraktionschef Helmut Dammann-Tamke: „Wo der Zubringer gebaut wird, werden die Gerichte und nicht Politik entscheiden.“ Seite 7 Wir bedanken uns bei all unseren Kunden und Geschäftspartnern für das entgegengebrachte Vertrauen und wünschen für das Jahr 2015 alles Gute! Zimmerei Tischlerei Einblasdämmung Dachumdeckung Holzrahmenbau Trockenbau Dachstühle Hallenbau Holz-Alu-Fenster Wärmeschutzverglasung Treppen Fenster Türen Blaue Str. 16 • 21709 Burweg • Tel. 0 41 44 / 21 02 81 • www.bauaufholz.de Schön war die Feierzeit Das Landkreis feiert: Schützenfeste und die großen Stadtfeste in Stade, Buxtehude, Harsefeld und Neu Wulmstorf gibt es schon lange. In den vergangenen Jahren hat sich die Partyszene in der Region aber noch um zwei zusätzliche Spielarten des gemeinsamen Fröhlichseins erweitert. Der bayerische Trend des Oktoberfests ist voll im Norden angekommen. Auch hier geht es jetzt rund in WeißçBlau – mit Lederhose und Dirndl. Am bekanntesten im Kreis ist wohl das Oktoberfest in Revenahe. Dort feierten 2014 rund 2000 Menschen. Alle zwei Jahre eine feste Größe sind inzwischen auch die Veranstaltungen, bei denen gemeinsam die entscheidenden Fußballspiele der deutschen Nationalmannschaft bei Weltmeisterç und Europameisterschaftsturnieren auf großen Leinwänden angesehen werden. Während der WM in Brasilien im Sommer wurde im Kreis wieder zusammen Fußball geschaut und gefeiert. Die größten sogenannten PublicçViewingçVeranstaltungen gab es in Stade bei der Firma Hasselbring (Foto), in Buxtehude auf dem Schafmarkt und in der Eissporthalle in Harsefeld – mit dem bekannt erfreulichen Ausgang bis zum letzten Spiel. HÖHEPUNKTE DES JAHRES IN DER SAMTGEMEINDE LÜHE Januar 3. März 16. Mai 8. Juli Familie Stumpenhorst muss ihren Traditionsbetrieb aufgeben. Der Hollerner Hof ist insolvent. Im Sommer kauft Autohaus Vollmers aus Hollern die Gastwirtschaft. Im September wird Robert Seir neuer Geschäftsführer. Steinkirchens neue Kita „Schatzinsel“ im ehemaligen SAL-Gebäude wird eröffnet. Zunächst ist nur der erste Bauabschnitt fertig gestellt. Zwölf Kinder bis drei Jahren sind die ersten Gäste in der neuen Kita. Die Steinkirchener Feuerwehr zieht in ihr nagelneues Gerätehaus hinter dem ReweMarkt 9im Neubaugebiet. 800 000 Euro hat das Gerätehaus gekostet. Mit 470 Quadratmetern ist es fast doppelt so groß wie das alte. 2000 Menschen jubeln gemeinsam während des WMHalbfinales in Hollern-Twielenfleth. Wegen Starkregen musste das Public Viewing nur wenige Stunden vor Beginn verlegt werden. August September 27. November 6. Dezember Die Hauptstraßen in HollernTwielenfleth und Mittelnkirchen werden saniert. Straßensperrungen bedeuten Ärger für Autofahrer und Freude für die verkehrsgeplagten Anwohner. Der Geschäftsführer der „Schönen Fernsicht“ Karsten von Borstel hört aus persönlichen Gründen auf. Grünendeichs Bürgermeister Johann Frese wird vorübergehend neuer Geschäftsführer. Sonja Zinke (parteilos und Kandidatin der CDU) wird mit einer Stimme Mehrheit und reichlich Gegenwind von Seiten der SPD als erste Frau zur Bürgermeisterin von Steinkirchen gewählt. Die neue Hogendiekbrücke wird eingeweiht. Über Jahre wurde über die Restaurierung der alten Brücke diskutiert. Am Ende wurde die alte Brücke abgerissen und ihr Ebenbild daneben errichtet. RÜCKBLICK Seite 8 HÖHEPUNKTE IN DER SG HARSEFELD 25. Juli Haftstrafen für grausame Taten Das Aue-Geest-Gymnasium feiert sein zehnjähriges Bestehen mit einem großen Schulfest. Tausende Besucher kommen in die Schule am Brakenweg. Eine Festschrift zeichnet die junge Geschichte der Bil- LANDKREIS. Zwei Urteile zu zwei dungsstätte nach. brutalen Todesfällen in der Regiç on gab es 2014. Im August ging der Prozess gegen zwei Männer zu Ende, die bereits 2010 mit Die Gemeinde Brest siegt vor zwei weiteren Tätern bei einem dem Verwaltungsgericht gegen Raubüberfall in Oldendorf einen den Landkreis Stade. Dieser Mann gefesselt und geknebelt hatte den Kindergarten „He- hatten. In der Folge war das Opç xenwald“ aufgefordert, zusätz- fer erstickt. Im Dezember endete liche Wasserhähne einzubau- der Totschlagsprozess gegen eiç en. nen 19çJährigen, der im März seine kleine Schwester in Neu Wulmstorf erwürgt und in einem Müllsack im Gartenhaus der Faç Gute Nachrichten für das milie abgelegt hatte. In beiden Dorf Hollenbeck: Der sanierte Fällen gab es zum Teil hohe Dorfplatz wurde fertiggestellt. Haftstrafen für die Täter, aber Die Förderung im Rahmen auch Unbefriedigendes. der Dorferneuerung wird verlängert und gilt jetzt bis 2016. Nach 121 Verhandlungstagen im Oldendorfer Prozess wurde der Hauptangeklagte Sergej L. (43) für den Mord an Zaunbauunternehmer Gerd Hennig zu einer leSamtgemeindebürgermeister benslänglichen Haftstrafe Rainer Schlichtmann gibt be- verurteilt. Für Alexander V. kannt, im nächsten Jahr erneut (39) geht es für Beihilfe vier zu kandidieren. Im Januar Jahre und drei Monate ins wurde ihm bereits die erste Gefängnis. Zwei weitere Harsefelder Verdienstmedaille Räuber, die brutal zuschluverliehen. gen, sind noch auf freiem Fuß, vor der deutschen Justiz sicher, solange sie Weißrussland nicht verlassen. Das ist das Unbefriedigende an dieDer Gebäudekomplex in der Schulstraße in Harsefeld, in sem Prozess: Weißrussland dem die Pfadfinder und der liefert die Täter nicht aus. 13 Verhandlungstage verSpielmannszug untergebracht gingen, bis Ahmed T. aus waren, wird abgebrochen. Die Rotenburger Werke bauen dort Neu Wulmstorf für den Tod ein Wohnheim für Menschen seiner elf Jahre alten Schwester zu sieben Jahren Jugendmit Behinderung. haft verurteilt wurde. Die Fa- Urteile vor Gericht: Opfer aus Oldendorf und Neu Wulmstorf 4. September 13. April Die Protestanten der Harsefelder St. Marien- und Bartholomäi-Kirchengemeinde konnten am Palmsonntag den ersten Gottesdienst in ihrem renovierten Gotteshaus feiern. Es wirkt nun deutlich heller und freundlicher. 2. Mai Die ersten elf Bewohner sind in die neue Ahlerstedter Seniorenresidenz eingezogen. In dem Haus gibt es insgesamt 77 Pflegeplätze in Einzelzimmern und Pflegeappartements. Die Bremer Residenz-Gruppe betreibt die Einrichtung. 9. Juni Mit einer Radtour und einem ökumenischen Gottesdienst ist am Pfingstmontag der 190 Kilometer lange MönchswegAbschnitt zwischen Bremen und Wischhafen eingeweiht worden. Hunderte Radwanderer trafen im Klosterpark ein. 24. September 27. Oktober 30. Oktober Bilder aus dem OldendorfçProzess am Landgericht Stade. milie und der Sohn hatten den ganzen Prozess über geschwiegen und nicht zur Aufklärung des Falls beigetragen. So ging es um die Indizien, und die waren in ihrer Masse aus Sicht des Gerichts eindeutig. Dass es sich nicht um einen Unfall handeln konnte, machte die Verhandlung deutlich. Das kleine Mädchen muss mehr als eineinhalb Minuten am Stück gewürgt worden sein. Zudem muss der Täter auf dem Brustkorb des Kindes gekniet haben. Dabei war das Opfer in der Wahrneh- mung beeinträchtigt, weil der Bruder Medikamente geordert und laut Blutprobe der Schwester verabreicht hatte. Die Familie bezweifelte nach der Urteilsverkündung öffentlich, dass ihr Sohn der Täter ist. Er wolle von der deutschen Justiz den wahren Täter genannt bekommen, sagte der Vater. Die Familie hat zwei Kinder in einem Jahr verloren. Ein kleines Mädchen durch eine brutale Tat und den einzigen Sohn für die lange Zeit von sieben Jahren, die er im Gefängnis verbringen wird. (mf) HÖHEPUNKTE DES JAHRES IN DER SAMTGEMEINDE FREDENBECK 19. Januar 8. Februar 16. April 13. Juni „Die Energiewende wird eine grundlegende Herausforderung der Menschen für die Zukunft sein“, stellt Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel während des Neujahrsempfangs, dem „Runden Tisch“ in Kutenholz heraus. In einem Gutachten der EWEGeschäftsregion Bremervörde wird betont, dass viele Straßenlaternen in der Samtgemeinde nicht den Sicherheitsbestimmungen entsprechen. Der Samtgemeinderat beschließt ein Energiekonzept. Mit Unterschriften unter einem Vertrag haben der Fredenbecker Heimatverein, der Verein „De oolen Hüüs“ und die Gemeinde Fredenbeck die Zusammenarbeit auf dem ehemaligen Hof der Familie Holst an der Hauptstraße besiegelt. In Essel läuft nichts mehr, und das eine ganze Zeit lang. Die Landesstraße 123 wird wegen umfangreicher Sanierungsarbeiten auf 1,2 Kilometer komplett gesperrt. Autofahrer, die sich auskennen, benutzen Schleichwege. 13. August 6. September 2. November 13. Dezember In dem Rechtsstreit um Pfusch am Bau hat die Samtgemeinde einen weiteren Etappensieg errungen. Eine Revision des Urteils im Berufungsverfahren in Celle ließen die drei Richter nicht zu. Nach monatelangen Bauarbeiten ist die Sanierung der Geestlandhalle abgeschlossen. Über eine Million Euro hat die Kommune investiert. Dach und Giebel wurden komplett erneuert. In einer Feierstunde im Forum der Grundschule am Raakamp ist Hans-Adolf Seba der Ehrenpreis der Gemeinde verliehen worden. Seba hat sich in vielen Bereichen ehrenamtlich engagiert. Die Fredenbecker Samtgemeinde ist auf der Suche nach neuen Gewerbeflächen. Der Rat hat zwar Grundstücke im Visier, doch die Eigentümer wollen nicht verkaufen, hieß es im Wirtschafts-Ausschuss. RÜCKBLICK Seite 9 Der Aufreger in der regionalen Wirtschaft NSB-Entlassungen trüben die Lage Die Wirtschaft im Rückblick: Turbulenzen bei Airbus und CFKæJubel LANDKREIS. 500 Seeleute der NSBçReederei verlieren ihren Job – das war die Hiobsbotschaft Anç fang Dezember und die bitterste Nachricht aus der Wirtschaft. Daç gegen verblassten die Schlagzeiç len um Airbus und die guten Nachrichten rund um das CFKç Valley in Stade. Die Einführung des Mindestlohns wird erst im nächsten Jahr zum Thema vor Ort werden. In Buxtehude war es kein gutes Jahr für die Großreedeç rei NSB. Zunächst tauchte im Januar auf dem Containerschiff „Monterey“ ein großer Riss auf, das Schiff musste vor Neufundland vor Anker gehen. Die ausgebrannte Flaminia braucht mehrere Anläufe, um in Rumänien endlich repariert zu werden. Doch wirklich dramatisch wurde es im Mai. Da muss NSB erstmals ankündigen, dass 50 Mitarbeiter aus dem Landbetrieb gehen müssen. Die Schifffahrtskrise im sechsten Jahr fordert ihren Tribut. In der Folge gibt es juristische Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit den Kündigungen, doch letztlich einigen sich die Beteiligten auf Abfindungen. Im Juni dann die nächste schlechte Nachricht: Als eine der letzten Reedereien flaggt NSB sämtliche Schiffe unter deutschen Fahne aus. 42 Schiffe sind betroffen. Die Folge: Knapp 500 Seeleute verlieren ihren Job. Währenddessen ist die Reederei mit Hochdruck dabei, sich neue Geschäftsfelder vor allem in Asien zu erschließen. Ganz am Ende des Jahres gab es bei Airbus etwas zu feiern: Die Auslieferung des neuen Airbus A350 XWB an Qatar Airways und den ersten Militärflieger A400M für die Bundeswehr, der ohne Brimborium übergeben wurde. Dagegen gab es um die A350 einige Aufregung, weil der Großkunde aus Qatar in letzter Minute den ursprünglichen Auslieferungstermin platzen ließ – wie zuvor mehrfach die geplante Übergabe der ersten A380, die schließlich im September nach Qatar geflogen wurde. Die A380 ist derzeit das Sorgenkind von Airbus, denn der Verkauf stockt, deshalb soll der Flieger überarbeitet werden – zu einem ähnlich spritsparenden Modell wie der A320neo, die im nächsten Jahr erstmals ausgeliefert wird. Dass der bisherige Airbus-Vize Günther Butschek zum Jahresende von Bord geht, ist auch eine weniger gute Nachricht für die Flugzeugbauer. Das Kompetenzzentrum für Leichtbau im CFK Valley in Stade-Ottenbeck wird zunehmend internationaler. Nachdem die Geschäftsstelle neu aufgestellt und vor Ort durch Dr. Gunnar Merz als hauptamtlichen Geschäftsführer geleitet wird, ist der Verein bestens aufgestellt und kann kurzfristig agieren. Für die Technologie sitzen Professor Axel Herrmann, Chef der Airbus-Tochter CTC in Stade und Professor an der Uni Bremen, und für die Finanzen Stades Wirtschaftsförderer Thomas Friedrichs mit im geschäftsführenden Vorstand. Merz war mit Ministerpräsident Stephan Weil in Brasilien und der Türkei unterwegs, um für das CFK Valley in Stade zu werben. In Japan wird sogar ein weiteres CFKNetzwerk nach dem Muster des Stader Vereins aufgebaut. In Belgien soll ebenfalls nach Stader Vorbild eine CFK-Forschung installiert werden. Diese Erfolge durfte der Verein im November mit vielen internationalen GäsGleich zwei Mal stand QatarçAirways im Mittelpunkt von Airbus: Im September wurde der erste ten aus Anlass seines zehnAirbus A380 an die Araber ausgeliefert und im Dezember die nagelneue A350 XWB. jährigen Bestehens feiern. HÖHEPUNKTE DES JAHRES IN DER REGIONALEN WIRTSCHAFT Januar Februar März Mai Das Entsorgungs- und Logistikunternehmen Karl Meyer AG aus Wischhafen baut sein Reedereigeschäft deutlich aus. Es werden eine Reederei aus Leer und ein Schiffsmakler aus Husum übernommen. Meyer setzt auf kleine Schiffe. Der ostfriesische Unternehmer Günter Eisenhauer, der mit Windparks groß geworden ist, baut die Eisengießerei von ehemals Prokon Nord wieder auf. Im Herbst holt er sich einen dänischen Partner ins Unternehmen. Am letzten Märzwochenende richtet Stade Aktuell wieder die große Messe im und rund um das Stadeum aus. Mehr als 200 Aussteller zeigen dort ihre Waren und Dienstleistungen. Zeitgleich findet ein verkaufsoffener Sonntag statt. Die Fusion von Kehdinger Volksbank und der Ostfriesischen Volksbank wird nun konkret umgesetzt. Die kleine Kehdinger Genossenschaftsbank hatte sich mit Schiffsfinanzierungen übernommen und suchte einen Partner. Juli September Oktober Dezember Die Stader Mittelständler Lindemann und NDB gründen gemeinsam ein Sanierungsunternehmen mit der Norddeutschen Bausanierung. Die Firmen arbeiteten seit langem zusammen. In Buxtehude werden vier regionale Unternehmen, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagten, mit dem Gründerstar ausgezeichnet. Wirtschaftsförderer und IHK vergeben den Preis jährlich In Stade wird die Wirtschaftsförderung neu aufgestellt. Unter der Leitung von Thomas Friedrichs kümmert sich ein vierköpfiges Team um die Belange von Mittelstand und Industrie. Der Buxtehuder Software-Unternehmer Andre Borngräber segelt mit seiner Firma „WeSustain“ mit einem Programm für Nachhaltigkeitsberichte auf Erfolgskurs. Investoren glauben an ihn. RÜCKBLICK Seite 10 Das waren die Höhepunkte in der regionalen Kulturszene Highlights in Buxtehude BUXTEHUDE. Eine Auswahl: Z Im November wurde Christine Fehér auf der Halepaghen-Bühne gefeiert. Die in Berlin lebende Autorin nahm den mit 5000 Euro dotierten „Buxtehuder Bullen“ für ihren preisgekrönten Roman „Dann mach ich eben Schluss“ in Empfang. Z Zu den Veranstaltungen des Kulturbüros, die für ausverkaufte Häuser sorgten, gehörten „Die Verwandlung“ von Kafka, die mit dem 1. Inthega-Preis ausgezeichnete „Päpstin“, das „Britpop-Konzert“, „Motown“ und „Der kleine Horrorladen“ in Koop mit dem Stadeum, 30 Jahre Artothek mit Herausgabe eines Katalogs und der Abend mit Ben Becker & Giora Feidman. Z Beim Buxtehuder Kleinkunst-Igel hielt unter anderem Wortakrobat Wilfried Schmickler mit „Ich weiß es doch auch nicht“ sein Publikum in Atem. Z Für Furore sorgte im Sommer das fünfte internationale Musikfestival Buxtehude rund um den gefeierten Pianisten Haiou Zhang und seine Musiker. Z Stehende Ovationen gab es im Oktober in der St. Petri-Kirche nach der Aufführung von Joseph Haydns „Schöpfung“ unter der Leitung von Kreiskantorin Sybille Groß. (hag) Highlights in Stade I Projekt in der Kirche n der vielfältigen Ausstellungsszene des Landkreises sorgte in diesem Jahr ein ungewöhnliches Kunstprojekt für Aufmerksamkeit: Mit „Petrus in St. Petri“ hatte die Buxtehuder Kirchengemeinde einen von der Hanns-Lilje-Stiftung der Landeskirche finanzierten Wettbewerb ausgeschrieben, bei dem zehn Künstler und Künstlerinnen aus der Region an den Start gingen und sich in ihren Gemälden, Skulpturen und Installationen mit dem Apostelfürsten Petrus auseinandersetzten. Die ganz und gar unterschiedlichen Werke zum Thema, die Einzug in die gotische Backsteinbasilika hielten, stellten die ausgesuchte Jury vor die Qual der Wahl. Im August trafen die Buxtehuder Malerin Ruth Albrecht, der Kunstreferent der Landeskirche Hannover, Professor Thorsten Albrecht, die Leiterin des Buxtehude·Museums, Dr. Susanne Keller, Buxtehudes Superin- Symbolisch: Zwischen kippendem Bischofsstuhl und rappelvollem Schlüsselkasten nimmt Barbara LorenzçHöfer (links) von Buxtehudes Museumschefin Dr. Susanne Keller einen goldenen Schlüssel in Empfang. Fotos Felsch tendent Dr. Martin Krarup und die Vorsitzende der Kulturstiftung Schloss Agathenburg, Bettina Roggmann, ihre Entscheidung. Sie fiel auf die zweiteilige Installation „Schlüsselgewalten“ aus der Werkstatt der in Buxtehude lebenden Bildhauerin Barba- ra Lorenz-Höfer, die sich über ein Preisgeld von 2500 Euro freuen konnte. Eingebettet war die spannende Präsentation in ein abwechslungsreiches Begleitprogramm aus Gottesdiensten und musikalischen und kulinarischen Veranstaltungen. Tausende feiern 100 Jahre Freilichtmuseum STADE. Eingebettet in einen informativen und bunten Veranstaltungsreigen feierte das Freilichtmuseum auf der Insel in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag. Mit einem einwöchigen Fest hießen der Museumsverein als Betreiber und der Geschichts- und Heimatverein als Eigentümer im Juli auf der Insel willkommen. Zum Geburtstag versetzte ein historischer Jahrmarkt tausende von Besuchern und Besucherinnen in Ein Riesenrad von 1902 eine andere Welt. Auf der In- gehörte zu den Attraktionen. sel drehte sich ein Riesenrad von anno 1902, ein Bodenkarussell mit hölzernen Tieren aus dem Jahr 1886 lud zum Mitfahren ein und bannig viel Kultur zum Genießen. Bis heute bildet das 1733 errichtete Altländer Bauernhaus das Kernstück der gepflegten und weitläufigen Anlage. Ganz in seiner Nähe behauptet der neu angelegte „Altländer Garten“ seinen Platz – als zauberhaftes kleines Mekka für Blumen, Gemüse und Kräuter. STADE. Eine Auswahl der Veranstaltungen: Z In der ersten Hälfte der 25-jährigen Jubiläumsspielzeit des Stadeums sorgten bekannte Comedians, charismatische Konzertkünstler und ausgewählte Volksmusikstars für ein volles Haus. Zu Jürgen von der Lippe kamen 1800 Besucher, beim Alexander Klaws-Open Air in Grauerort waren es über 1000, gefolgt von Reinhard Mey. 3000 waren beim Jubiläums-Tag der offenen Tür mit von der Partie, 800 besuchten das Konzert der Preisträger des Klavierwettbewerbs Géza Anda, rund 1200 kamen zu den „Kastelruther Spatzen“, Baumann & Clausen versammelten 1900 Fans, bei „Revolverheld“ waren es 3000. Z Ende September war in der St.-Wilhadi-Kirche die Jazz-Messe für Chor und Jazzorchester, die der in Stade zur Schule gegangene David Grottschreiber komponiert hat. Die Leitung hatte Kirchenmusikdirektor Hauke Ramm. Z „Maria Aurora. Ein adeliges Frauenleben im Europa der Barockzeit“ heißt das spannende Werk, das die drei Historikerinnen Rieke Buning, Bettina Roggmann und Beate Fiedler vor kurzem herausgegeben haben. (hag) HÖHEPUNKTE DES JAHRES IN DER SAMTGEMEINDE APENSEN 9. Januar 16. Januar 25. Februar 9. Mai Zum Jahresbeginn droht Apensen das totale Debakel beim Feuerwehrhaus-Neubau: Das Rechnungsprüfungsamt moniert, dass die Gemeinde den Planungsauftrag nicht europaweit ausgeschrieben hat. Alles wird auf Null gestellt. Unter den Augen vieler Bürger wird ein Stück Apensen Geschichte: Bagger beginnen mit dem endgültigen Abriss der alten Gaststätte „Delmer Hof“. Von dem einst stolzen Traditionsgasthaus bleiben 500 Tonnen Schutt. Frohe Botschaft aus der Kirchengemeinde: Die 300 000 Euro teure Restaurierung der kostbaren Furtwängler-Orgel kann früher beginnen, als von der Gemeinde erhofft. Bereits im Frühsommer legen die Orgelbauer los. Der Rat beschließt, vor einer Entscheidung über die Einführung eines kostenpflichtigen Winterdienstes die Bürger zu befragen. Die Befragung gerät zum teuren Unterfangen mit vorhersehbarem Ergebnis. 25. Mai 15. September 28. November 4. Dezember Amtsinhaber Peter Sommer gewinnt mit 53,5 Prozent die Bürgermeisterwahl knapp vor seinem Herausforderer André Bunkowsky, den SPD, Grüne und FWG erst kurz zuvor ins Rennen geschickt hatten. Nachdem zuletzt ganz Apensen an die Vernunft der Politik appelliert hatte, gelingt endlich die Planungsvergabe für die drei Feuerwehrhäuser. Am Ende war nur ein Bewerber übrig geblieben. Nach sieben Monaten Bauzeit weihen Gemeinde, Kinder und Eltern „die schönsten Räume von Apensen“ ein: Die neue Mensa mit Betreuungsräumen für 1,25 Millionen Euro ist fertig. Die Asyl-Frage wird zum Debakel: Fast 400 Menschen demonstrieren gegen die Nutzung der Sporthalle Beckdorf als Asylunterkunft. Beckdorf reagiert und gibt den Platz neben der Krippe im Ort frei. RÜCKBLICK Seite 11 Böse Jungs auf dem Rückzug Die Rocker von Gremium MC räumen die Symphonie in Hollern und die Originals Gangster lösen sich auf VON KARSTEN WISSER LANDKREIS. Es sind erst einmal aus Sicht von Polizei und Justiz gute Nachrichten. Offenbar haç ben sich zwei Gruppierungen, deç nen die Experten eine gewisse Nähe zur organisierten Kriminaliç tät nachsagen, die Region verlasç sen, beziehungsweise sich aufgeç löst. Die Rockergruppe Gremium MC hat offenbar die Symphonie in Hollern an der Schwinge verç lassen, nach viereinhalb Jahren soll das Haus verkauft werden. Die Original Gangster (O.G.) haç ben sich nach ihrem vorüberç gehenden Umzug von Horneburg nach Buxtehude aufgelöst. Gremium MC und die Rockerszene lieferten aber auch unabhängig von den Auflösungserscheinungen in der Region Schlagzeilen in diesem Jahr. Vor dem Landgericht in Stade wird gegen sechs Angeklagte verhandelt. Die jungen Männer im Alter von 26 bis 30 Jahren aus dem Umfeld des Mongols MC sollen im September 2013 die Konkurrenten von Gremium MC auf einem Biker-Fest in Freiburg überfallen und dabei drei Führungsmitglieder des Stader Gremium-Ablegers und einen Unbeteiligten zum Teil lebensgefährlich verletzt haben. Die Staatsanwaltschaft wollte die Männer eigentlich wegen versuchten Mordes anklagen, was das Gericht noch vor dem ersten Verhandlungstag einkassierte. Es geht um versuchten Totschlag in dem Mammutprozess. Das Verfahren ist dabei davon geprägt, die Taten individuell zuzuordnen. In Freiburg gab es wohl zwischen 20 und 30 Angreifer. Ob die zugeschlagen haben, die in Stade vor Gericht sitzen, ist nach allem, was bisher vor Gericht zu hören war, nicht einfach zu sagen. Die Begleitumstände des Prozesses zeigen, wie schwer es ist, in die geschlossenen Männerwelten der Rocker und Streetgangs einzudringen. Kurz vor dem Start des Verfahrens sprang eine Schöffin aus Angst vor dem Rockerniveau ab. Eine konkrete Bedrohung gegen sie soll es aber nicht gegeben haben. Sehr konkret waren dagegen die Drohungen, die es gegen eine der Hauptzeuginnen der Anklage im Verfahren gab. Sie will einen der Angreifer erkannt haben. Aufgrund ihrer Aussage-Bereitschaft wurde ihr eine Gruppenvergewaltigung angedroht. Das Ende des Stader Gremium-Chapters dürfte am Ende mehrere Gründe haben. Der hohe Druck von Polizei und Behörden und der Überfall der Mongols, der Gremium weitgehend isoliert hat, gaben wohl den Ausschlag. Der Überfall der Mongols war insofern aus Sicht der Täter ein Erfolg und das ist dann sicher keine gute Nachricht. Aus Sicht der Outlaw Motorcycle Gangs ist Stade jetzt Mongols-Land. Bei den Original Gangster handelte es sich laut Definition eher um eine Streetgang, die im Südkreis für einige Unruhe gesorgt hatte. Die Gruppe bestätigte TAGEBLATT-Informationen, nach denen sie sich aufgelöst hat. Nach eigenen Angaben wurde Original Gangster 1994 von Häftlingen in einem Hamburger Gefängnis gegründet. Ihr angebliches Ziel laut ihrer Internetseite: Sich „während der Haft gegenseitig gegen andere Gruppierungen im Gefängnis zu unterstützen“ sowie sich nach der Haftentlassung gegenseitig zu helfen, wieder „in einem geordneten und rechtschaffenden Leben Fuß zu fassen“. Die Gruppe hatte Clubräume in Jork und dann in Postmoor an der B73. Inzwischen galt das Ende 2013 in Buxtehude eröffnete Lokal „Gangsters Paradise“ als Treff. Der frühere Anführer der Gruppe begründete deren Ende quasi mit einem Rückzug ins Private. Tatsächlich scheiterte die Gruppe wohl an inneren Schwierigkeiten. Bereits vor der Auflösung soll sich ein Teil in Richtung Hells Angels abgesetzt haben. HÖHEPUNKTE DES JAHRES IN NEU WULMSTORF 22. Februar 7. März 24. März 25. Mai Die A 26 rückt von Osten langsam auf Buxtehude zu: Bei Rübke beginnen die Vorarbeiten für den dritten Bauabschnitt. Von Neu Wulmstorf aus frisst sich die 4,6 Kilometer lange Baustraße für die Autobahn durchs tiefe Moor. Der Startschuss für das letzte größere Neubaugebiet in Neu Wulmstorf fällt: Der Baukonzern NCC beginnt mit der Erschließung des Wohnquartiers „Familienhof“. An der Schifferstraße entstehen 53 neue Doppel- und Reihenhäuser. Neu Wulmstorf unter Schock: Im Schuppen eines Reihenhauses im Ortskern findet die Polizei die Leiche der elfjährigen Aaya. Der Bruder soll das Mädchen getötet haben. Im Dezember wird er zu sieben Jahren Jugendhaft verurteilt. Bei der Bürgermeisterwahl fährt Amtsinhaber Wolf Rosenzweig einen klaren Wahlsieg ein. Mit 65,2 Prozent setzt sich der SPD-Mann gegen Herausforderer Matthias Weigmann (CDU) durch und bleibt Rathauschef. 16. Juni 11. August 15. September 3. Dezember Beim Wurstwarenhersteller Schwarz-Cranz gehen die Leiharbeiter aus Protest gegen ihre Arbeitsbedingungen auf die Straße. Die Leihfirma geht in Konkurs, SchwarzCranz übernimmt 137 Leute. Am Bahnhof Neu Wulmstorf bricht das große Park-Chaos aus. Nachdem Hamburg im Juli Parkgebühren an seinen Bahnhöfen eingeführt hat, parkt das Umland Neu Wulmstorfs Norden zu. Die Dauer-Baustelle auf der B 73 wird zur Plage für Anwohner, Pendler und Geschäftsleute. Statt bis Ferienende bleibt die Piste bis Ende Oktober ein Nadelöhr, der Ort eine einzige Stau-Falle. Die letzte große Baulücke in Neu Wulmstorfs Zentrum schließt sich: Das Unternehmen HBI beginnt mit den Vorarbeiten für den Bau des neuen Wohn- und Geschäftshauses „Schimmelreiter“. RÜCKBLICK Seite 12 Mit dem Rolli auf Achse. Wir bringen Sie problemlos, schnell und zuverlässig von A nach B … … oder wohin Sie wollen! Ein Sportereignis mit Weltgeltung 2014 gibt es auf dem Estering die erste RallycrossæWM Wir wünschen all unseren Kunden ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr! 04141 61331 / 777111 VON KARSTEN WISSER LANDKREIS. Mit insgesamt 15 000 Zuschauern an zwei Renntagen und einer nahezu perfekten Organisation mit 400 Helfern hat sich das Rennevent zur wichtigsten Sportveranstaltung in der Region entwickelt – in diesem Jahr mit der ersten RallycrossçWeltmeisterç schaft auf dem Estering. Die Veranstaltung ist überregionale Werbung für Buxtehude und die Region. Rund 40 Prozent der 15 000 Besucher kamen aus dem Ausland. Viele Skandinavier, Niederländer, Engländer und Schotten, Fans aus Tschechien und dem Baltikum waren nach Buxtehude gekommen. Alle Hotels waren ausgebucht. Die meisten Fans störte das nicht. Sie verwandelten das Gelände zwischen dem Estering an der Moisburger Landstraße und dem Ort Pippensen in einen gigantischen, temporären Campingplatz. Ein Dutzend Offizieller der Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) kontrollierte den Ablauf des neunten Laufs der neu ins Leben gerufenen Weltmeisterschaft. Das Motto des veranstaltenden Automobilclubs Niederelbe (ACN) – „Wir holen die Welt nach Buxtehude“ – ging voll auf. Rolf Lützow, Zweiter Vorsitzender: „Wir können stolz auf unsere Leistung sein, und wir haben dies auch von allen Seiten bestätigt bekommen.“ Am Ende eines erfolgreichen Jahres stand dann noch ein zusätzlicher Ritterschlag: Auf dem Estering präsentierte der japanische Autokonzern Toyota seinen neuen Rallye-Wagen: Journalisten aus ganz Europa waren zu dem Event auf dem Estering geladen. Damit erfuhr die Rennstrecke noch einmal eine Aufwertung – ein weiterer WM-Lauf im Juni nächsten Jahres ist garantiert, was aber auch erhebliche Investitionen notwendig macht. Im Oktober folgte dann noch ein Rennen um die Deutsche Meisterschaft. Der Zuschlag für Buxtehude sei kein Selbstgänger gewesen, sagt Andreas Steffen, denn die Bedingungen vor Ort seien nicht unbedingt weltmeisterlich. Die FIA-Rennmanager in England hatten aber das Engagement und die Stimmung in Buxtehude höher eingestuft als den Zustand der Rennstrecke, die dringend saniert werden muss, was auch Andreas Steffen so einschätzt. 500 000 Euro sollen in den nächsten drei Jahren investiert werden, als erstes stehen ein neues Fahrerlager mit einer Tribüne und die Erneuerung der Streckenpostenkabinen an. Im Jahr 2016 folgt ein Tunnel, um die Zuschauer und Offiziellen samt Fahrer nicht über die Strecke in den Innenraum zu führen und für 2017 ist dann ein neuer Rennturm für die Offiziellen und die Medienvertreter geplant. HÖHEPUNKTE DES JAHRES IN DER SAMTGEMEINDE OLDENDORF-HIMMELPFORTEN 1. Januar 23. Januar 16. Februar 13. März Die neue Samtgemeinde Oldendorf-Himmelpforten existiert. Ein Feuerwerk auf der Homepage stimmt die Bürger und Bürgerinnen auf die neue Ära der fusionierten, nun 17 500 Einwohner zählenden Samtgemeinde ein. Das Unternehmen Aluminium Oxid Stade verkündet vor 150 Zuhörern im Landhaus Hammah, dass es auf den Sandabbau auf der Südfläche nahe der Wohnbebauung verzichten und auf die Nordfläche ausweichen wird. Zum zehnten Mal verleiht die AG Osteland den Kulturpreis Goldener Hecht. Eine Trophäe geht an den Freiburger Filmproduzenten Claus List. Es ist der Auftakt einer Reihe von Jubiläumsveranstaltungen der Oste-Freunde. Das Einzelhandelsgutachten für die Gemeinde Himmelpforten wird vorgestellt. Es rät zu einer Stärkung des Standortes Bahnhofstraße, wo unter anderem Supermarkt und Discounter neue Perspektiven suchen. 2. Juni 23. Juni 29. Juni 13. September Mit 33 Ja-Stimmen und vier Enthaltungen wird Ute Kück zur Ersten Samtgemeinderätin gewählt. Thomas Scharbatke, Motor des Fusionsprozesses, hatte keine Mehrheit, zog seine Bewerbung zurück. Ein Abrissbagger macht den Pavillon am Himmelpfortener Bahnhof platt. Die Samtgemeinde gestaltet das Umfeld neu, die Bahn beginnt mit ihrem Millionenprojekt Umstellung auf Elektronik. Pastorin Susanne Franz spricht einen Segen, dann geht das große Ausräumen in der Oldendorfer Kirche los. 100 Menschen packen mit an. Fast ein Jahr wird die Kirche von Grund auf saniert. 73 Pflegeplätze, zwölf barrierefreie Zwei-Zimmer-Wohnungen – die Seniorenresidenz Oldendorf ist ein Meilenstein für den Ort. Bei der Einweihung des 10-Millionen-Objektes gibt es nur Lob. RÜCKBLICK Seite 13 Trainerwechsel und Verletzte Buxtehuder Handballerinnen vom Pech verfolgt – Fredenbeck hat Glück – Maaßen übernimmt Drochtersen/Assel LANDKREIS. Das Jahr 2014 beç scherte dem HandballçBundesliç gisten Buxtehuder SV viele Verç letzungen, den Handballern des VfL Fredenbeck einen Krimi um den Klassenerhalt, den Fußbalç lern von Güldenstern und Drochç tersen neue Trainer, den Basketç ballern des VfL Stade nach nur eiç nem Jahr den Abstieg aus der zweiten Bundesliga und den Fußç ballern aus Buxtehude den Aufç stieg in die Oberliga Hamburg. „Die befürchtet schwere Verletzung bei der BundesligaHandballerin Josephine Techert hat sich bestätigt“, titelte das TAGEBLATT am 29. April. Techert hatte sich im Halbfinale um den DHB-Pokal gegen den HC Leipzig das Kreuzband des linken Knies gerissen und sich einen Meniskusschaden zuge- zogen. Für die Rückraumspielerin war es der dritte Kreuzbandriss. Viele namhafte Spielerinnen des BSV erwischte es in diesem Handballjahr. Isabell Klein, Randy Bülau, Jana Podpolinski, Ulrika Ågren – dennoch erreichte die Mannschaft in der vergangenen Saison Rang drei und mischt aktuell oben ordentlich mit. Mit der erst 16-Jährigen Emily Bölk stellt der BSV derzeit eines der hoffnungsvollsten deutschen Handball-Talente der vergangenen Jahre. Fredenbeck machte es spannend. Weil zwei Vereine Insolvenz anmeldeten, bekam der Drittligist in der Relegation die Chance auf den Klassenerhalt. In einem denkwürdigen Spiel rang der VfL am 24. Mai die Aschers- Josephine Techert Lars Jagemann leben Alligators mit 23:18 nieder und hielt die Klasse. Die Saison danach begann verheißungsvoll und mit drei Spielen ohne Niederlage. Mittlerweile ist Fredenbeck bis ins Mittelfeld der Liga abgerutscht. Kreis-Rivale SV Beckdorf steht ähnlich da. Vier Punkte beträgt der Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz. Das Trainer-Karussell drehte sich im Fußball. Enrico Maaßen übernahm von Lars Jagemann den Oberligisten SV Drochtersen/Assel. Jagemann übergab das Team immerhin auf Platz sechs – dem besten OberligaErgebnis der Kehdinger überhaupt. Maaßen scheint nach personellen Verstärkungen und mit Offensivfußball noch einen draufsetzen zu wollen und führte das Team bis zur Winterpause an die Tabellenspitze. Mehr Probleme hat der Buxtehuder SV nach dem Aufstieg in die Oberliga. Die Mannschaft von Trainer René Klawon steckt im Abstiegskampf. Eine Trainer-Ära endete nach 13 Jahren auf der Camper Höhe in Stade. Martin König verließ die TuS Gül- denstern, nachdem er mit dem Team in die Landesliga aufgestiegen war. Sein Nachfolger Thomas Brokelmann steckt aktuell mitten im Abstiegskampf – mit wenig Aussicht auf Erfolg. König kümmert sich derzeit um die Jugend beim JFV Ahlerstedt/ Ottendorf/Heeslingen. Und die Korbjäger des VfL Stade? Die sind nach dem Abenteuer zweite Bundesliga Pro B wieder in der Regionalliga angekommen. Das Stader Publikum sieht wieder Siege und den VfL in der Spitzengruppe. Trainer Benka Barloschky hat eine gute Mischung gefunden aus erfahrenen und jungen Spielern, hat Talente geformt und Ausnahmespieler Davey Hopkins in die Mannschaft integriert. (db) RÜCKBLICK Seite 14 Das Wichtigste aus Hamburg Von der Neuerfindung des HSV über Ikea in Altona bis zum Tod auf den Gleisen des Sprayers Oz Dietmar Beiersdorfer. E s war eine Zäsur mit fadem Beigeschmack. 86,9 Prozent der 9702 anwesenden Vereinsmitglieder stimmten am 25. Mai für die Ausgliederung der ProfiAbteilung aus dem Gesamtverein Hamburger SV. Zuvor war mit mächtigem Getöse vom ehemaligen Aufsichtsrat Otto Rieckhoff und seinen Mitstreitern die Initiative HSV Plus ins Leben gerufen worden. Kern der Ausgliederung war die Öffnung gegenüber fremden Investoren, die zuvor noch von einem vermeintlich strukturstarren Klub abgeschreckt worden war. Neuer Aufsichtsratsboss wurde Karl Gernandt, Generalbevollmächtigter von Michael Kühne, Chef vom Transportunternehmen Kühne+Nagel, ein Hamburger Milliardär, der in der Schweiz lebt. Kühne hatte schon diverse Millionen in den klammen Verein gepumpt. Nun knüpfte er weite- 54çWeltmeister Horst Eckel. Der Fall Yagmur. res Mäzenatentum an die Bedingung der Ausgliederung. Kurz vor Weihnachten hat der launische Milliardär trotzdem seinen Ausstieg beim HSV angekündigt. Neuer Hoffnungsträger ist Dietmar Beiersdorfer, der als Vorstandschef nun die operativen Geschicke leitet. Er war bereits bis 2009 Sportchef gewesen, seitdem ging alles den Bach runter. als Dach, eingeweiht. Mit der Fähre geht es rüber, dann können die Helden der Fußball-Weltmeisterschaft 1954, auf der Bühne singend, bestaunt werden. Regisseur Gil Mehmert sprach im Vorfeld von einem „operettenhaften, emotionalen Stoff“. Es wurden, um das Stück stilecht rüberzubringen, 638 Kostüme genäht, 215 handgemachte Schuhe produziert amburg ist nach sowie 200 Hüte gefertigt und New York und über 100 Perücken geknüpft. London die drittbeurz vor Weihnachdeutendste Musicalmetropoten starb 2013 das le weltweit. Nun haben die dreijährige Mäderfolgreichen Stücke König der Löwen und Phantom der chen Yagmur aus Billstedt an Oper mit dem Wunder von einem Leberriss. Sie war inBern ein rühriges Fußball- nerlich verblutet, Folge jahMisshandlungen stück an ihre Seite bekom- relanger men. So wurde mit der Musi- durch ihre eigene Mutter. cal-Premiere Ende Novem- Am 25. November 2014, fast ber in bester Elblage auch ein Jahr nach Yagmurs Tod, das Theater an der Elbe, wurde die Mutter wegen zu lebenslanger gleich neben dem König der Mordes Löwen, ein Musicalhaus mit Haft, der Vater wegen Köreiner pompösen Stahlkappe perverletzung mit Todesfolge H K Der Abriss der EssoçHäuser. Die Rote Flora. durch Unterlassen zu vier Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Der Fall schockierte weit über die Grenzen der Stadt hinaus, weil auch die Behörden im kurzen Leben des Mädchens versagten. Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss wurde eingesetzt, der nun schonungslos auch das Versagen der Kontrollinstanzen, wie Jugendamt, durchleuchten. Wände würden wackeln. Als Erstes musste die Tankstelle gegenüber, der die Häuser ihre Namen zu verdanken hatte, weichen. Es hatte sich zuvor ein Kulturkampf entwickelt, schließlich gehörte zu dem 1960er-Bau zwischen Spielbudenplatz, Taubenstraße und Kastanienallee auch ein Gewerberiegel mit Hotel, Einzelhandel und Clubs, der ebenfalls abgerissen wurde. Es ging um den Erhalt alter Werte auf dem zunehmend kommerzialisierten Kiez. Nun darf eine Planbude, in der Künstler, Architekten und Anwohner involviert sind, bei der Neugestaltung mitreden. Der Neubau solle zu St. Pauli passen, lautet die Maxime. D ie beiden achtstöckigen Wohnhäuser mit ihren 110 Wohnungen versprühten den Charme der Früh-BRD. Plattes Dach, rostrote Balkone, vergilbte Fassade, die im Volksmund nur „Esso-Häuser“ genannten Gebäude in Vierteljahrhundert sind 2014 dem Erdboden der dauern nun schon die Reeperbahn gleichgemacht Auseinandersetzunworden. Schon Mitte Dezember 2013 mussten die gen um das linksautonome Mieter Hals über Kopf die Kulturzentrum Rote Flora am Wohnungen räumen, die Schulterblatt im Schanzen- E HÖHEPUNKTE DES JAHRES IN DER SAMTGEMEINDE NORDKEHDINGEN 26. Januar 27. Februar 15. April 25. Mai In Freiburg gibt es die erste Gesundheitsmesse des Kehdinger Gesundheitsnetzwerk, dem 36 Therapeuten und Organisationen angehören. Initiatorin Birte Riel gewann im Jahr zuvor für ihre Idee den „Gründerstar“. Der Samtgemeinderat Nordkehdingen beschließt als zweite Kommune im Landkreis Stade eine Kastrationspflicht für Katzen. Im Oktober organisiert eine Oederquarterin die Kastration von 100 Katzen. Erster Spatenstich beim Freiburger Ringdeich. Gut 50 Jahre nach den ersten Planungen wird mit dem Bau des 1, 3 Kilometer langen Schutzwalls begonnen, der die zweite Deichlinie in Kehdingen schließt. Edgar Goedecke wird erneut zum Samtgemeindebürgermeister gewählt. Der alleinige Kandidat erhielt 83 Prozent der Stimmen. Im April feierte er sein 25-jähriges Jubiläum als Verwaltungschef. 30. Juni 25. Juli 11. September 3. Dezember Der Wischhafener Rat macht den Weg frei für einen NettoMarkt. Zuvor hatten Bürger 1440 Unterschriften gegen die Ansiedelung gesammelt. In der Folge schließt der MarkantMarkt zum 1. November. Abschied von der Oederquarter Grundschule. Schon zwei Jahre zuvor hatte der Samtgemeinderat die Schließung wegen zu geringer Schülerzahlen beschlossen. Beim Tag der offenen Tür sagten alle Tschüs. Nach elf Jahren und mehrmonatiger Umbauphase wird der Historische Kornspeicher in Freiburg als neue Kulturstätte eröffnet. Es flossen 540 000 Euro an EU-Mitteln in das Projekt. Freiburgs Bürgermeister Detlef Hammann gibt seine Rücktritt zum Jahresende bekannt. Vorausgegangen war ein Streit mit dem Kirchenvorstand. Den Ratsvorsitz übernimmt vorerst Herwart von der Decken. RÜCKBLICK Seite 15 Ikea in Altona. Demonstrationen gegen Polizei. Holger Stanislawski. Das Zeichen von Oz. viertel. Die Stadt wollte die regelmäßigen Krawalle endlich beenden und kaufte Ende Oktober das Gebäude, einstmals ein Theater und Konzerthaus, für 820.000 Euro vom bisherigen Eigentümer Klausmartin Kretschmer zurück. Man wolle verhindern, dass dieser die Immobilie für renditeorientierte Interessen nutze, sagte der SPD-Finanzsenator Peter Tschentscher. 2001 hatte Kretschmer die Flora von der Stadt für umgerechnet 190.000 Euro gekauft und mit einer jahrelangen Duldung linkskultureller Nutzung einen Eklat vermieden. Seit 1989 dient dieser Ort der linken Szene als Treffpunkt und Schmelztiegel subkultureller Veranstaltungen. Er dient dem selbsternannten Widerstand gegen das Kapital als Treffpunkt und ist auch dem Verfassungsschutz immer wieder ein Dorn im Auge. Doch auch Kreatives findet statt. Zur 25-Jahr-Feier im Herbst kamen Tausende, die Bands Beginner und Tocotronic gaben Gratiskonzerte. durch. Am Montagmorgen, 30. Juni, 9:37 Uhr, war es soweit und der erste City-Ikea weltweit eröffnete in der Großen Bergstraße seine Pforten. Es ist ein achtstöckiges Kaufhaus, mit viel Glas, das innen und außen ein wenig billig wirkt, trotz futuristischer weißer Fassade. Man wolle hier, in dieser einstigen Schmuddelecke, nur zwei Minuten vom Bahnhof entfernt, auch ein Zeichen setzen, jubelte der Bürgermeister. Es ginge im Vergleich zu den beiden riesigen zweistöckigen Flächen-Ikeas außerhalb der Stadt, in Moorfleet und Schnelsen, um „einen großen Trend zur Urbanisierung“, dem man Rechnung tragen wolle. Der neue Ikea ist nun ein Einrichtungshaus mit Kaufhauscharakter. Viele Gegenstände sind kleine Gebrauchswaren rund ums Wohnen, die auch mit Bussen und Bahnen wegtransportiert werden können. wechselte er die Seiten und eröffnete zusammen mit dem ehemaligen HSV-Aufsichtsrat Bernd Enge und Ex-HSVKicker Alexander Laas einen Supermarkt in einem alten Straßenbahndepot in Winterhude. Seit dem 30. Oktober ist „Stani“ Boss und Filialleiter eine 6.300 Quadratmeter großen Rewe-Supermarktes und führt nun 120 Mitarbeiter. Es gebe Parallelen zum Fußball, „wir sind Dienstleister am Kunden“, sagte der 45-Jährige. Doch Stanislawski, der 2010 mit den Braun-Weißen in die Fußball-Bundesliga aufgestiegen war und den Klub ein Jahr später verließ, ließ ebenfalls verlauten: „Wenn es bei St. Pauli brennt, bin ich da.“ N der atürlich schnitt der Bürgermeister Olaf Scholz, bekennenAltonaer, das Band A stadt und große Teile von Altona-Nord zu Gefahrengebieten erklärt. Im Zusammenhang mit Räumungsdrohungen gegen die Rote Flora, eine über Monate ungeklärte Situation der über die Mittelmeerinsel Lampedusa gekommenen afrikanischen Flüchtlinge und dem absehbaren Ende der Esso-Häuser war es bereits im Vorwege zu regelmäßigen Protesten und Kundgebungen gekommen. Schließlich wurden auch jeweils die beiden Polizeikommissariate in der Lerchenstraße und der Davidwache angegriffen. Durch Polizeirecht erhielt die Polizei in einem 80.000 Menschen umfassenden Gebiet die Befugnis, zunächst einmal auf unbestimmte Zeit und ohne Vorliegen von besonderen Gründen, Personen kurzfristig anzuhalten, sie zu befragen, ihre Identitäten festzustellen und ihre mitgeführten Sachen in Augenschein zu nehmen. E ls Konsequenz einer gewalttätigen r ist das Urgestein Großdemonstratides FC St. Pauli: on vom Dezember 2013, Holger Stanislawski wurden vom 4. bis 13. Januar war Spieler, Trainer und Pu2014 die Stadtteile St. Pauli, blikumsliebling bei den KiezSternschanze, Altona-Alt- kickern am Millerntor. Nun O z ist tot. Der Graffiti-Sprayer prägte mit seinem Namenskürzel, Smileys und anderen bunten Malereien seit 20 Jahren das Stadtbild wie kein anderer. Am 25. September wurde der 64-Jährige, der wegen seines umtriebigen Hobbys mehrere Jahre im Knast verbrachte, beim Sprayen auf den Gleisen zwischen Hauptbahnhof und Berliner Tor von einer S-Bahn erfasst und getötet. Bürgerlich als uneheliches Kind in einem katholischen Waisenheim in Heidelberg aufgewachsen, wurde ihm von Experten eine drastische Persönlichkeitsstörung attestiert. Doch Oz spaltete die Gemüter und hatte gerade in der Hamburger Künstler- und Intellektuellenszene viele Unterstützer. Sie sahen in ihm einen unerschütterlichen Kreativen, der mit Tags und Bildern seiner Unrast und seinem gesellschaftlichen Protest Ausdruck verleihen wollte. Nun liegt eine Petition vor, die fordert, dass einige Werke durch die Stadt Hamburg als Kunstwerke anerkannt und erhalten werden. Dieses Anliegen trifft auch bei der Hamburger Kulturbehörde auf Unterstützung. Impressum Diese 32-seitige Beilage Jahresrückblick 2014 erscheint mit dem TAGEBLATT am 31. Dezember 2014, herausgegeben vom Zeitungsverlag Krause GmbH & Co. KG. Redaktion: Wolfgang Stephan (verantw.) Produktion: Karsten Wisser. Anzeigen: Georg Lempke (verantw.) Verleger: Dr. Christoph Gillen (Stade), Klemens Karl Krause, Philipp Krause (Goslar) Geschäftsführer: Dr. Christoph Gillen, Philipp Krause, Georg Lempke Auflage: 37 000 Exemplare Druck: Pressehaus Stade Zeitungsdruck-GmbH, Glückstädter Straße 10, 21682 Stade HÖHEPUNKTE DES JAHRES IN DROCHTERSEN 7. Mai 29. Juni 18. Juli 18. September Spannend wie ein Kehdinger Krimi verläuft die Vertreterversammlung zur Fusion der Kehdinger und der Ostfriesischen Volksbank. Erst in der zweiten Abstimmung sagen die meisten Kritiker „ja“ zur Fusion. Der Historiker Dieter Knötzsch hat eine Chronik über die Elbinsel Krautsand der Öffentlichkeit präsentiert. Ein überaus interessantes Werk, das die Zeit vom frühen 15. Jahrhundert bis heute beleuchtet. Der Fährverein Krautsand hat seine Arbeit aufgenommen. Die Mitglieder wollen ab der Saison 2015 eine Verbindung zwischen Krautsand und Wischhafen über die Wischhafener Süderelbe sicherstellen. Kosten: Etwa 200 000 Euro. Die FWG wollte ihn nie haben, die übrigen Fraktionen im Drochterser Gemeinderat schon: Der Radweg zwischen Krautsand und Dornbusch ist fertiggeworden. Kosten: Fast 600 000 Euro. 30. September 10. Oktober 5. November 17. November Der Gemeinderat einigt sich auf den 8. März 2015 als Wahltermin. Als Bürgermeisterkandidaten stehen bereit: Mike Eckhoff, unterstützt von CDU, SPD, Grüne, und Matthias Schwed (FWG). Ein Streitthema löst sich in Luft auf. Die Kommune wollte das „Elbidyll“ als Ferienhaussiedlung entwickeln. Der Besitzer hat das Gebiet an einen Landwirten verkauft – zu unwirtschaftlich. Die Investoren auf Krautsand legen los und beginnen mit dem Bau eines Hotels neben der Kirche. Eine Appartement-Anlage ist so gut wie fertig, weitere Ferienwohnungen werden 2015 fertig. Die Gemeinde Drochtersen stellt sich in Sachen Flüchtlingshilfe auf. Viele Ehrenamtliche sind im Boot, erste Ideen werden umgesetzt. Vor allem der Sprachunterricht erfährt großen Zulauf. RÜCKBLICK Seite 16 Historisch: In Thüringen regiert nun die Linke Bodo Ramelow, der Linke aus dem Westen, und die erste rot-rot-grüne Landesregierung in Deutschland schreiben in Thüringen Geschichte. Nach dem erwarteten Wahlkrimi – erst im zweiten Anlauf steht die hauchdünne Mehrheit von einer Stimme – gibt sich der 58 Jahre alte Ramelow (Foto) betont staatsFoto Schutt/dpa männisch. „Versöhnen statt spalten“ wolle er. Trotzdem: Das Regierungsexperiment sorgt bundesweit für heftige Kontroversen. Ramelow weiß um das Misstrauen, das viele Menschen seiner Partei an der Spitze einer Landesregierung entgegenbringen. Als Blaupause für andere Bundesländer oder gar den Bund sieht Ramelow das Thüringer Modell nicht – im Gegensatz zu einigen seiner Parteifreunde. Wowereit nimmt nach 13 Jahren seinen Hut Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) kündigt im August überraschend seinen Rücktritt zum Jahresende an. Seine Entscheidung kommt nicht ganz von ungefähr. Denn nach mehr als 13 Jahren im Amt als Berlins Regierender Bürgermeister ist seine Beliebtheit in der Bevölkerung Foto Kalaene/dpa stark gesunken – nicht nur wegen des Fiaskos um den noch immer nicht eröffneten Berliner Flughafen. „Wowi“ bleibt aber auch positiv in Erinnerung: für einem Aufschwung Berlins während seiner Regierungszeit und für Sprüche wie diese: „Berlin ist arm, aber sexy.“ Und: „Ich bin schwul – und das ist auch gut so.“ Wowereits (Foto) Nachfolger wird der Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD). Das Kalifat des Terrors Der Islamische Staat ist auf dem Vormarsch Im Juni erstürmen IS-Kämpfer den Nordirak: Es ist der Beginn eines Vormarsches, der die Welt erschreckt. Die Gewalt der Miliz kennt keine Grenzen. Zum Gesicht des Grauens ist Anführer Abu Bakr al-Bagdadi geworden. Mit Al-Bagdadi an der Spitze errichtet die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) im Irak und in Syrien in diesem Jahr ein Regime des Schreckens. Anfang Juni stürmen ISKämpfer Mossul, eine friedliche Millionenstadt. Mittlerweile kontrollieren die Extremisten rund ein Drittel der Fläche beider Staaten. Sie rufen ein „Islamisches Kalifat“ aus. Abu Bakr al-Bagdadi nennt sich nun „Kalif Ibrahim“. Der Siegeszug und die Propaganda des IS zieht Tausende junge Männer aus dem Ausland an, sie schließen sich den Extremisten an. Auch mehr als 500 Deutsche sollen in ihren Reihen kämpfen. Wer in die Hände der Extremisten gerät, muss mit brutaler Vergeltung rechnen. IS-Anhänger sind für mehrere Massaker in Syrien und im Irak verantwortlich. Mehreren Geiseln, wie dem USJournalisten James Foley, schneiden die Terroristen vor laufender Kamera die Kehle durch. Rund 3,5 Millionen Menschen flüchten vor dem IS und den Kämpfen. Mittlerweile bombardieren die US-Luftwaffe und ihre Verbündeten den IS im Irak und in Syrien täglich. Zum Symbol des Widerstands ist die syrische Stadt Kobane geworden, wo es Kurden Mit Luftangriffen versucht die US-Luftwaffe in Kobane (Syrien) teilweise gelingt, die IS- gegen die Terrormiliz IS vorzugehen, die ein Drittel der Fläche Syriens und des Iraks unter ihrer Kontrolle hat. Foto Bozoglu/dpa Kämpfer zurückzudrängen. Gegen alle Widerstände Verkehrsminister Dobrindt will die „Ausländermaut“ durchboxen „Die Maut kommt zu über 100 Prozent“, ist Verkehrsminister Alexander Dobrindt überzeugt. Aus dem Wahlkampfhit seiner CSU macht er trotz aller Unkenrufe einen Gesetzesentwurf, der im Dezember den Bundestag passiert. Im Laufe des Jahres 2016 soll kassiert werden. Dass es Ärger gibt, war dem 44-Jährigen von vornhe- rein klar – hatte doch schon Bundeskanzlerin Merkel (CDU) vor der Bundestagswahl gesagt, dass es mit ihr „keine Maut geben“ werde. Im Koalitionsvertrag blieb die Maut bekanntlich trotzdem. Sie soll die „Gerechtigkeitslücke“ schließen, dass Pkw-Fahrer aus Nachbarländern hier gratis fahren, während Deutsche anderswo für Autobahnen zahlen müssen. Das soll sich ändern, ohne den deutschen Steuerzahler weiter zu belasten. Ein schwieriges Unterfangen. Auch die neue EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc äußert Bedenken am aktuellen Entwurf. Aber CSU-Chef Horst Seehofer ist sich sicher: „Ein Alexander Dobrindt scheitert nicht.“ Freispruch für Wulff Gericht entscheidet: Keine Vorteilsnahme des Ex-Bundespräsidenten Dreieinhalb Monate muss sich der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff nach dem Urteil im Februar noch gedulden, dann kann er endlich aufatmen: Sein Freispruch vom Vorwurf der Vorteilsnahme ist rechtskräftig. Dieser Triumph zum Ende des Prozesses verschafft vielleicht persönliche Genugtuung. Doch die Verbitterung ist dem ehemaligen CDU-Politiker anzumerken, wenn er sagt: „Hätte die Staatsanwalt korrekt gehan- delt und die Aufhebung der Immunität nicht beantragt, wäre ich noch im Amt.“ Im Prozess in Hannover ging es seit November 2013 um die Frage, ob Wulff einen unrechtmäßigen Vorteil annahm, als der Filmfinanzier David Groenewold 2008 einen Oktoberfestbesuch Wulffs mitfinanzierte – rund 720 Euro für Hotel, Essen und Babysitterin. Mit dem rechtskräftigen Freispruch hat sich der Vorwurf erledigt. Foto Kumm/dpa Der politische Sinkflug der FDP geht weiter Nach dem Rauswurf aus dem Bundestag kommt die FDP aus dem Tal der Tränen nicht mehr raus. Immerhin: Bei der Europawahl gibt es keine Prozenthürde. Dank 3,4 Prozent dürfen drei Abgeordnete ins Parlament. Bei den Landtagswahlen in Sachsen und später auch in Thüringen setzt es wieder vernichtende Niederlagen. Mit Selbstironie wollen die Liberalen im August in Brandenburg ihren politischen Absturz bremsen. „Keine Sau braucht Foto Schmidt/dpa die FDP!“, steht auf einem halben Dutzend gelber Großplakate für die Landtagswahl. „Stimmt“, denken sich die Wähler: Die FDP holt lediglich 1,5 Prozent. In keinem der drei Bundesländer schafft die FDP den Einzug ins Parlament. Liberalen-Chef Christian Lindner (Foto) hofft jetzt auf eine Trendwende bei den Wahlen in Hamburg im kommenden Februar und im Mai im Land Bremen. RÜCKBLICK 25 Jahre Seite 17 Mauerfall Foto Nietfeld/dpa emotionale Darbietung. VieAm 9. November 1989 wird den Bürgern der le Menschen liegen sich in Deutschen Demokratischen Republik die Ausreise den Armen. Einige weinen, manche aus Freude, andere erlaubt. Die Mauer zwischen West- und mit den Gedanken bei den Gräueltaten vergangener TaOstberlin ist geöffnet. 25 Jahre später feiert die ge. Bundesrepublik diesen historischen Tag mit Grenzen überwunden einem beeindruckenden Fest. Die Mauer, die einst Ost- D ie Bundesrepublik ist mittlerweile das geeinte Vaterland aller Deutschen. Das zeigt sich am 9. November 2014, als Millionen Menschen aus dem ganzen Land nach Berlin strömen, um 25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer ein großes Fest zwischen Ostalgie und deutschem Stolz auf ihre Nation zu feiern. „Wenderocker“ Udo Lindenberg singt, politische Größen der damaligen Zeit sind vor Ort oder haben es sich zumindest nicht nehmen lassen, Pate zu stehen für einen der 8000 Ballons, die als „Lichtgrenze“ an diesem Tag den ehemaligen Verlauf der Mauer nachzeichnen. Als diese dann symbolträchtig gen Himmel steigen, jubeln nicht nur internationale Beobachter über diese DDR zu einem Staat zusammengewachsen sind, zeigt sich auch auf politischer Ebene: Angela Merkel (CDU) hat sich als Bundeskanzlerin aus Ostdeutschland einen Platz in den Geschichtsbüchern gesichert – direkt neben den westdeutschen Granden Helmut Kohl und Konrad Adenauer (beide CDU) sowie Willy Brandt und Helmut Schmidt (beide SPD). Mit Joachim Gauck repräsentiert ein Ostdeutscher die Bundesrepublik als Präsident. Und als perfekte Symbiose übernimmt der Niedersachse Bodo Ramelow als erster Ministerpräsident der aus der DDR-Volkspartei SED hervorgegangenen Linken in diesem Jahr das Zepter in Thüringen. und Westberlin spaltete, existiert nur noch bruchstückhaft. In Beton und Stacheldraht, aber auch in den Köpfen sind die Grenzen zwischen den beiden deutschen Staaten mittlerweile fast vollständig zerbröselt. Stück für Stück sind die Vorurteile im Westen wie im Osten gegen die Nachbarn auf der anderen Seite abgebaut worden. Wie offensichtlich die Bundesrepublik und die Jahr gegen das Vergessen DAS WAR 2014 JANUAR 10. China steigt zur größten Handelsnation auf. Mit dem Zuwachs seines Außenhandels um 7,6 Prozent im vergangenen Jahr überholt das Land erstmals die USA. Deutschland liegt auf dem dritten Rang. 21. Mehrere Millionen Zugangsdaten für OnlineDienste sind gekapert worden. Betroffen sind über 16 Millionen Benutzerkonten. FEBRUAR 2. Alice Schwarzer hat Steuern hinterzogen. „Der Spiegel“ berichtet von einer Selbstanzeige Schwarzers. 3. Die Volkswirtin Janet Yellen tritt als erste Frau an die Spitze der US-Notenbank Fed. Sie folgt auf Ben Bernanke. 5. Das türkische Parlament beschließt die Sperrung von Internetseiten ohne Gerichtsbeschluss. Im März wird unter anderem Twitter wegen brisanter Mitschnitte von Regierungsgesprächen blockiert. 9. Im Kopenhagener Zoo wird der gesunde Giraffenbulle „Marius“ getötet, zerteilt und vor den Zuschauern an Löwen verfüttert. International protestieren viele Menschen gegen diese Aktion. 14. Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) tritt wegen angeblichen Verrats von Dienstgeheimnissen zurück. Er hatte die SPDSpitze über den Pornografie-Verdacht gegen Sebastian Edathy (SPD) informiert. Sein Nachfolger wird Christian Schmidt (CSU). Beginn der beiden Weltkriege jährt sich zum 100. und 75. Mal Am 3. August 1914 hat Deutschland Frankreich den Krieg erklärt und ist kurz danach in Belgien einmarschiert. 100 Jahre später reist Bundespräsident Gauck zu den Gegnern von damals. Gemeinsam mit dem französischen Präsidenten François Hollande legt er zunächst im Elsass den Grundstein für eine deutsch-französische Erinnerungsstätte. Angesichts der aktuellen Konflikte in Europa mahnen Gauck und Hollande an, Konsequenzen aus der Katastrophe des Ersten Weltkriegs zu ziehen. In weiten Teilen Europas wird das Jahr gegen das Vergessen mit Gedenktagen begangen, denn nicht nur der Beginn des ersten Weltkrieges jährt sich 2014 zum 100. Mal. Vor 75 Jahren, am 1. September 1939, beschoss ein deutsches Kriegsschiff einen polnischen Militärposten. Es sollten die ersten Schüsse eines Krieges sein, der am Ende 50 bis 60 Millionen Menschen das Leben kostete. Auf einem Symposium zum Weltkrieg erklärt Gauck, dass sich – betrachtet man die aktuelle Lage im Nahen Osten, in Syrien, in der Ukraine – nicht viel geändert habe: „Was wir erleben, ist altes Denken in Macht- und Einflusssphären – bis hin zur Destabilisierung fremder Staaten und zur Annexion fremder Territorien.“ Die Lehren aus den beiden großen Weltkriegen scheinen noch nicht überall gezogen worden zu sein. Geplatzter Traum von Unabhängigkeit Alex Salmond lebt 2014 seinen Traum der schottischen Unabhängigkeit von England. Er fädelt ein Referendum ein, gewinnt während seiner Kampagne immer mehr Unterstützer und geht Kopf an Kopf mit den Unabhängigkeitsgegnern in die Abstimmung. Am Ende fehlen fünf Prozentpunkte. Schottland bleibt ein Teil Großbritanniens. Foto Rain/dpa RÜCKBLICK Seite 18 DAS WAR 2014 MÄRZ 2. Das Drama „12 Years a Slave“ des Briten Steve McQueen wird bei der Oscar-Verleihung in Los Angeles als bester Film ausgezeichnet. 20. Der EU-Gipfel in Brüssel einigt sich auf einen Austausch von Steuerdaten und damit auf den Wegfall des Bankgeheimnisses für Ausländer innerhalb Europas ab 2015. APRIL 3. Das Desaster bei der Hamburger Elbphilharmonie beruht auf unfertigen Plänen, überforderten Politikern und Chaos auf der Baustelle, stellt der Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft fest. Die Kosten stiegen bisher von 77 Millionen auf 789 Millionen. Eröffnung: 2017 statt 2010. 16. Bei einem Schiffsunglück vor der südkoreanischen Küste sterben mindestens 295 Menschen. An Bord der Fähre „Sewol“ waren auch viele Schüler. 16. Die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd und CSAV aus Chile wollen ihr Containergeschäft zusammenlegen. Damit entsteht das weltweit viertgrößte Unternehmen der Branche mit einem Gesamtumsatz von rund 8,7 Mrd. Euro. 18. Beim schwersten Unglück am Mount Everest sterben 16 nepalesische Bergsteiger. Eine Lawine erfasst die Sherpas auf 5800 Metern Höhe. 27. Papst Franziskus spricht am Tag der Barmherzigkeit zwei seiner Vorgänger heilig – Johannes XXIII. (1958–1963) und Johannes Paul II. (1978–2005). Szenen einer Ehe Das erste Jahr der schwarz-roten Bundeskoalition ist konfliktreich „Deutschlands Zukunft gestalten“ – so ist der Koalitionsvertrag der Großen Koalition überschrieben. Ein Unterfangen, das im Laufe des ersten Regierungsjahres immer schwieriger umzusetzen ist – SPD und Union trauen sich nicht über den Weg. Ein Jahr in Ehe-Phasen. Kuschelkurs: Forsch geht es 2014 ans Werk. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) lässt schon über Weihnachten 2013 den Entwurf für ein Rentenpaket erarbeiten, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) prescht mit Kürzungen für Ökostrom voran. Angela Merkel (CDU) will Teamgeist: Alle Projekte seien Projekte der Regierung. Donnerwetter: Am Rande der Koalitionsgespräche 2013 hat der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) Gabriel über mögliche Ermittlungen gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy informiert. Später wird bekannt, es geht um Angela Merkel (CDU) weist den Weg: Sie will zusammen mit Sigmar Gabriel (SPD, rechts) und Horst Seehofer (CSU) „DeutschFoto von Jutrczenka/dpa lands Zukunft gestalten“. Kinderporno-Ermittlungen. Friedrich, inzwischen Agrarminister, muss zurücktreten. Alltag: Es wird eingelöst, was man sich versprochen hat. Da eine Mütterrente für die Union, hier eine Rente mit 63 bei 45 Beitragsjahren für die SPD. Die CSU-Maut für Ausländer wird auf den Weg gebracht, der SPD-Mindestlohn von 8,50 Euro be- schlossen. Entfremdung: Spätestens im Herbst ist Schluss mit heiler Welt: CSU-Politiker Peter Ramsauer fordert ein Aussetzen des Mindestlohns. SPDVize Ralf Stegner meint, Ramsauer habe nicht „alle Latten am Zaun“. Die neue rot-rot-grüne Koalition in Thüringen empört wiederum die Union. AfD im Höhenflug Konservative Partei triumphiert bei Wahlen Die Alternative für Deutschland (AfD) sammelt 2014 ordentlich Wählerstimmen: 9,7 Prozent bei der Landtagswahl in Sachsen, 10,6 Prozent in Thüringen und 12,2 Prozent in Brandenburg. Ins Europaparlament Hat im Moment gut lachen: zieht die rechtskonservative Der AfD-Bundesvorsitzende Partei ebenfalls ein. „Man Bernd Lucke. Foto Naupold/dpa kann es nicht mehr abstrei- ten, die Bürger dürsten nach politischer Erneuerung“, sagt Parteichef Bernd Lucke. Die etablierten Parteien ringen in der Frage, wie man mit der AfD umgehen sollte, um Antworten. Ob diese gefunden werden, wird sich bei den Wahlen am 15. Februar in Hamburg und am 10. Mai im Land Bremen zeigen. P L E I TE N , P E C H UND PANNEN #Hanfgate: Im August schüttet sich Cem Özdemir, Chef der Grünen, auf seinem Balkon einen roten Kübel Eiswasser über den Kopf. Während er sich für die „Ice Bucket Challenge“ duscht, weht hinter ihm eine illegale Hanfpflanze munter im Wind. Özdemir spricht danach von einem „beFoto von Erichsen/dpa wusst gesetzten“ politischen Statement für die Legalisierung von Marihuana. Ach so! Becher-Salut: Nach dem Ausstieg aus seinem Hubschrauber in New York salutiert US-Präsident Barack Obama im September zwei Marines mit einem Kaffeebecher in der Hand. Unter dem Hashtag #LatteSalute hagelt es daraufhin KriFoto Warnand/dpa tik. Bereits sein Vorgänger George W. Bush salutierte 2001 mit seinem Hund auf dem Arm. Alles Latte, oder was? Drogen im Bundestag: Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann nimmt im Herbst 2013 das Rauschgift Crystal Meth. Nachdem die Vorwürfe bekannt werden, legt er sein Amt als innenpolitiFoto Stache/dpa scher Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag nieder. Das Ermittlungsverfahren wird gegen Geldauflage eingestellt. Drogen? Nein danke. Strahlender Sieger gerät in Erklärungsnot Konservative gewinnen Europawahl – Rechtspopulisten im Aufwind – Juncker wird gewählt und steht in der Kritik Die Europawahl im Mai gewinnt in Deutschland die Union (35,3 Prozent) – allerdings mit einem kräftigen Dämpfer für die CSU (nur 40 Prozent in Bayern). Insgesamt liegt die konservative Europäische Volkspartei (EPP) mit 29,43 Prozent vorn, gefolgt von der Sozialdemokratischen Partei Europas (25,43). Die Wahlbeteiligung sinkt auf 42,54 Prozent. Kurz darauf beginnt das Feilschen um den Posten des EU-Kommissionspräsiden- ten. Sigmar Gabriel (SPD) setzt auf seinen Parteigenossen, den bisherigen EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz. Die EPP, zu der CDU und CSU gehören, hat sich schon früh auf den ehemaligen Ministerpräsidenten Luxemburgs und EU-Fuchs Jean-Claude Juncker festgelegt. Trotz des Wahlsiegs der EPP ist Junckers Ernennung lange Zeit nicht sicher: Die Gewählt: EU-KommissionspräsiKoalitionsbildung ist ange- dent Jean-Claude Juncker aus Foto Hoslet/dpa sichts eines deutlichen Luxemburg. Rechtsrucks innerhalb der EU gar nicht so einfach. Zahlreiche europakritische rechtspopulistische oder rechtsextreme Parteien können bei den Europawahlen wichtige Siege verbuchen, allen voran der Front National (FN), der in Frankreich siegt. Im September wird Juncker gewählt, schon vorher stand fest: Für Martin Schulz bleibt nur der Posten des EU-Parlamentspräsidenten. Juncker (59) wird Chef der 33 000 Beamte zählen- den, höchst wichtigen EUBehörde. Im November enthüllen Medien, dass es in Luxemburg ein ausgeklügeltes Steuervermeidungssystem für internationale Großkonzerne gibt – aufgebaut zu Zeiten, als Juncker noch Premierminister war. Firmen wie Disney oder Skype sollen ihre Milliardengewinne nur mit einem Prozent versteuern müssen. Juncker lehnt einen Rücktritt ab, steht aber gleich zu Beginn seiner Amtszeit in der Kritik. RÜCKBLICK KURZ ERINNERT Der israelische Ministerpräsident der Jahre 2001 bis 2006, Ariel Scharon, lässt sein Land einzäunen und befiehlt den Rückzug aus dem GazaStreifen, ehe er 2006 ins Koma fällt. Am 11. Januar stirbt ShaFoto Medichini/dpa ron im Alter von 85 Jahren. Als polnischer Staatschef verhängt Wojciech Jaruzelski 1981 das Kriegsrecht und stoppt zunächst die antikommunistische Gewerkschaft Solidarnosc. Im Wendejahr 1989 stimmt er Gesprächen am Foto Zborowski/dpa Runden Tisch zu. Am 25. Mai stirbt der 90-jährige ehemalige General. Eduard Schewardnadse, der letzte sowjetische Außenminister, gilt als Wegbereiter der deutschen Wiedervereinigung. Als Präsident Georgiens Foto Gabbert/dpa wird er 2003 gestürzt. Schewardnadse stirbt 86-jährig am 7. Juli. Karl Albrecht stirbt am 16. Juli. Als Mitbegründer der Discount-Kette Aldi schreibt er Wirtschaftsgeschichte. Wie Foto Aldi Süd/dpa sein Bruder Theo zählt der Milliardär bis zu seinem Tod mit 94 Jahren zu den reichsten Deutschen. Seite 19 Das Auslaufmodell Barack Obama ist ein Präsident auf Abruf – Keine Mehrheit mehr Er trat an, um Amerika und die Welt zu verändern. Jetzt muss Barack Obama noch zwei Jahre im Weißen Haus aussitzen – ohne Mehrheit, ohne großen Einfluss auf die Weltpolitik. Wladimir Putin führt ihn in der Ukraine-Krise vor. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) erwischt Barack Obama auf dem falschen Fuß. Und dann die Ohrfeige der Amerikaner bei den Kongresswahlen – 2014 war das schwärzeste Jahr für den US-Präsidenten. Die Liste der Pleiten lässt sich fortsetzen: Debakel beim Start der Gesundheitsreform, die gescheiterten Nahost-Verhandlungen, die Unruhen in Ferguson. Viele Republikaner werfen Obama Schwäche vor. Vor allem durch sein Zögern und Zaudern im Syrien-Konflikt trage er Mitschuld am Aufstieg der Terrormilizen. In der Ukraine-Krise muss Obama hilflos erleben, wie Russland sich die Krim einverleibt. Skeptischer Blick: Die Macht des einst international als Hoffnungsträger gefeierten Obamas schwindet. Foto Douliery/dpa Noch hat Obama zwei Jahre Zeit. Bis Januar 2017 ist er im Amt. Wenn der neu gewählte Kongress im Januar zusammentritt, beherrschen die Republikaner beide Kammern – eine weitere massive Schwächung für den Präsidenten. Für das Auslaufmodell Obama sieht es nicht gerade so aus, als würde das Jahr 2015 wesentlich einfacher werden als 2014. Blutiger Kampf um Gaza Nahost-Konflikt mutiert zum Krieg – 50 Tage voller Zerstörung Der bisher längste und verlustreichste Krieg im Gazastreifen hinterlässt eine Schneise der Zerstörung. Sieben Wochen lang attackiert Israel Ziele im Palästinensergebiet, gleichzeitig leiden Israels Bürger unter ständigen Raketenangriffen militanter Palästinenser. Der Konflikt im Sommer 2014 bildet den Höhepunkt einer Eskalation, die mit dem Scheitern der Friedensgespräche im April beginnt. Die Bilanz der 50-tägigen Kämpfe ist verheerend: Mehr als 5200 Ziele bombardiert das israelische Militär; militante Palästinenser feuern mehr als 4500 Raketen auf Israel ab. 2155 Palästinenser werden getötet. Auf israelischer Seite sterben mehr als 70 Menschen. Unter ägyptischer Vermittlung einigen sich die Seiten im August auf eine Waffenruhe. Das vorläufig Ende der militärischen Auseinandersetzungen. DAS WAR 2014 MAI 1. Für Verkehrsverstöße tritt ein neuer Bußgeldkatalog in Kraft. Der Führerschein ist weg, wenn sich die Punkte auf acht summiert haben, bisher waren es 18. 6. Deutschland und neun weitere EU-Staaten wollen 2016 gemeinsam eine Steuer auf Finanztransaktionen erheben. 13. Bei einem Brand in einem Kohlebergwerk der westtürkischen Stadt Soma sterben 301 Kumpel. Es ist das schwerste Grubenunglück in der Türkei. 17. Portugal verlässt nach Irland und Spanien als drittes Land den EU-Rettungsschirm. Der Internationale Währungsfonds hatte den Staat 2011 mit 78 Milliarden Euro vor dem Bankrott bewahrt. JUNI 2. Spaniens König Juan Carlos (76) kündigt seine Abdankung an. Am 19. Juni wird Kronprinz Felipe als König Felipe VI. vereidigt. 10. Bundespräsident Joachim Gauck darf Rechtsextremisten und NPD-Anhänger „Spinner“ nennen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe weist eine Klage der NPD ab. 11. Das Bundeskabinett beruft Bettina Limperg zur Präsidentin des Bundesgerichtshofs. Damit leitet erstmals eine Frau das Karlsruher Gericht. 12. Deutschland will weitere 10 000 Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien aufnehmen. Die Innenminister von Bund und Ländern beschließen, das Kontingent auf 20 000 Syrer zu verdoppeln. Trauriger Flüchtlingsrekord So viele Menschen wie nie zuvor fliehen 2014 in die EU – 3500 Tote Terror, Kriege und die Hoffnung auf ein besseres Leben treiben jedes Jahr Hunderttausende Flüchtlinge in marode Boote – 2014 so viele wie nie zuvor (rund 210 000). Etwa 3500 Menschen kommen in diesem Jahr bei ihrem Weg über das Mittelmeer ums Leben. Europa und vor allem die Mittelmeerländer wie Italien stehen der hohen Anzahl der Flüchtlinge oft überfordert gegenüber. Diplomaten sprechen mittlerweile offen von der größten Flüchtlingskatastrophe für Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Italiens Regierungschef Matteo Renzi fordert mehrmals: „Europa muss mehr investieren.“ Denn in Italien sind Aufnahmezentren überfüllt. Die EU-Länder diskutieren aktuell über neue Maßnahmen. Mehr Schutz für die Grenzen? „Wir wollen nicht, dass die Menschen unterwegs sterben. Das geschieht aber zur Zeit“, sagt Bundesinnenminister Tho- mas de Maizière (CDU). Doch die Menschen wird es weiter nach Europa ziehen. Deshalb sei es „wohl richtig, auch legale Wege nach Europa zu schaffen und nicht nur illegale zu verhindern“, sagt de Maizière. Aufnahmelager in Nordafrika, in denen Asylanträge gestellt werden können, könnten ein Teil des Lösungspuzzles sein. Fakt ist aber auch: Von einer einheitlichen Linie sind die 28 EUMitgliedstaaten weit entfernt. Päpstlicher Weckruf im EU-Parlament Papst Franziskus ermahnt die Europäer bei seinem Besuch im EU-Parlament (rechts: Parlamentspräsident Martin Schulz, SPD) in Straßburg und spricht vielen Bürger aus dem Herzen: Foto Weissbrod/dpa Ein Aufruf für mehr Solidarität. RÜCKBLICK Seite 20 DAS WAR 2014 JUNI 19. Nach elf Tagen wird der Forscher Johann Westhauser aus der RiesendingSchachthöhle in den Berchtesgadener Alpen geborgen. 27. Der Bundestag verabschiedet die umstrittene Ökostromreform, die Kürzungen bei Fördersätzen und Ausbaubeschränkungen bei Windkraft und Biogasanlagen vorsieht. 29. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ruft in Syrien und im Irak ein islamisches Kalifat aus. Erster Kalif: Anführer Abu Bakr al-Bagdadi. JULI 2. Der Bundestag setzt einen Ausschuss zur Untersuchung der KinderpornoAffäre um den Ex-SPDAbgeordneten Sebastian Edathy ein. Am 17. Juli erhebt die Staatsanwaltschaft Hannover Anklage. 15. Das Europaparlament wählt den Christsozialen Jean-Claude Juncker mit 422 von 751 Stimmen zum neuen EU-Kommissionspräsidenten. 18. Im „Ruby“-Prozess wegen Sex mit Minderjährigen spricht ein Berufungsgericht in Mailand Italiens früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi frei. 27. Das Wrack des 2012 verunglückten Luxusliners „Costa Concordia“ erreicht den Hafen von Genua, wo es verschrottet werden soll. 29. Das Erkundungsbergwerk Gorleben wird bis zur endgültigen Entscheidung über ein Atommüllendlager zum Teil geschlossen. Darauf einigen sich der Bund und das Land Niedersachsen. Putin ärgert den Westen Russland baut Machtstellung weiter aus Gegenstück zur EU. Im Ukraine-Konflikt hält er den Westen und die NATO auf Trab, obwohl die Sanktionen des Westens im Zuge von Putins Ukraine-Politik zunehmend auf die russische Wirtschaftskraft drücken. Es sieht so aus, als gefalle sich Putin in der Rolle eines globalen Rebellen, der nicht kuscht vor den USA. Offen stellt er den weltweiten USFührungsanspruch infrage. Von dieser Politik profitiert nicht nur der von den USA verfolgte Geheimdienstenthüller Edward Snowden, der ein dreijähriges Aufenthaltsrecht in Russland genießt. Foto Nikolsky/dpa Wladimir Putin kann aus seiner Sicht auf ein triumphales Jahr 2014 zurückblicken. Doch der Preis ist hoch. Die Wirtschaft Russlands spürt die westlichen Sanktionen. Der Rubel ist am Boden, auch politisch ist Putin weitestgehend isoliert. Hinter Kremlchef Wladimir Putin liegt das bewegteste Jahr seines politischen Lebens: der Sieg Russlands in der Nationenwertung bei den ersten russischen Olympischen Winterspielen und der völkerrechtswidrige Anschluss der Krim an das Riesenreich sowie die Gründung der Eurasischen Wirtschaftsunion als Die „Eiserne Lady“ im Bendlerblock In ihrem ersten Jahr als Verteidigungsministerin schlägt Ursula von der Leyen (CDU) einen Radikalkurs ein. Sie will die Bundeswehr mit Kita-Plätzen und flexiblen Arbeitszeitmodellen zum attraktivsten Arbeitgeber Deutschlands machen. Doch der Alltag sieht anders aus: flugunfähige Hubschrauber, defekte Sturmgewehre, kaputte Minenjagdboote. Und die heiklen Entscheidungen stehen für von der Leyen noch aus: Was wird aus der Drohne „Euro Hawk“, wie geht es mit dem sanierungsbedürftigen Materialbestand weiter? Solche Entscheidungen werden im kommenden Jhr ihre eigentlichen BeFoto Heimken/dpa währungsproben sein. Realer Albtraum Ebola Tödliche Virus-Epidemie versetzt die Welt in Angst – 7000 Tote Ebola: Ein lautloses, unsichtbares und tödliches Virus, gegen das es bisher noch kein zugelassenes Gegenmittel gibt. In Westafrika wütet es wahrscheinlich seit Dezember 2013. Bekannt wird der Ausbruch aber erst im März. Als die Weltgemeinschaft aufwacht, ist es schon zu spät, um den unsichtba- ren Gegner unter Kontrolle zu bringen. Tausende Menschen sterben qualvoll. Schätzungen gehen von mindestens 7000 Toten aus. „Ein früheres Eingreifen wäre nötig und möglich gewesen“, sagt Frank Dörner, medizinischer Koordinator von „Ärzte ohne Grenzen“ in Sierra Leone: „Die Situation bleibt besorgniserregend, auch wenn es in Liberia einen Rückgang bei den Neuansteckungen gibt.“ Anerkennung gebührt den Helfern, die sich aus allen Teilen der Welt in die EbolaGebiete aufmachen und ihr eigenes Leben riskieren. Ein Ein Helfer hält ein möglicherwichtiger Akt der Nächsten- weise mit Ebola infiziertes Baby im Arm. Foto Palitza/dpa liebe. Stimmen, Euro und Jahre Die wichtigsten Zahlen des Jahres 2014 auf einen Blick Erfolglose „Regenschirm-Revolte“ Bunte Regenschirme sind das Markenzeichen der „Regenschirm-Bewegung“, die sich in Hongkong friedlich gegen die politische Führung auflehnt. Nach der Räumung des Protestlagers im Dezember gibt es keine richtigen Gewinner. Die Bewegung scheitert mit ihrer Forderung nach echter Demokratie, aber die Regierung steht vor den Scherben ihrer scheindemokratischen Politik. Foto Hofford/dpa 0 ist die Devise in der Haushaltspolitik. Das Bundesbudget soll von 2015 an wieder ausgeglichen sein – zum ersten Mal seit 1969. 1,5 Prozent erreicht die FDP gerade einmal bei der Landtagswahl in Brandenburg. Die Liberalen setzen 2014 ihren Sturzflug in die politische Bedeutungslosigkeit fort. 8,50 Euro pro Stunde: Der Bundestag beschließt im Juli den gesetzlichen Mindestlohn ab 2015. 17 Jahre alt ist Malala Yousafzai gerade einmal – und damit die jüngste Friedensnobelpreisträgerin der Geschichte. 55,3 Prozent der Schotten sagen im September „No“ zur Unabhängigkeit. Die mehr als 300 Jahre alte Union mit England bleibt erhalten. 63 Jahre lang arbeiten und dann – bei 45 Beitragsjahren – die volle Rente kassieren: So sieht es das schwarz-rote Rentenpaket vor. 109 Eurofighter hat die Bundeswehr, aber Ende September sind nur 42 einsatzbereit. Die Materialprobleme der Bundeswehr sind gravierend. 26 000 Quadratkilometer Krim verleibt sich Russland ein. Die Schwarzmeer-Halbinsel ist in etwa so groß wie das Land Brandenburg. 158 080 Mal wird in Deutschland bis Ende Oktober Asyl beantragt – ein Zuwachs von 56,6 Prozent gegenüber 2013. RÜCKBLICK Seite 21 DAS WAR 2014 Mann missbraucht Kind bei Freigang Ein in der Justizvollzugsanstalt Lingen unter Sicherungsverwahrung stehender 52-jähriger Mann kehrt von einem Freigang nicht zurück, ist mehrere Tage auf der Flucht und soll dabei ein 13-jähriges Mädchen missbraucht haben. Während seines eigenmächtig verlängerten Freigangs soll der verurteilte Sextäter, der aus der Gemeinde Loxstedt stammt, zu einer Party in die Wohnung eines Bekannten eingeladen haben, der 2010 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Im Anschluss soll er die 13-Jährige missbraucht haben. Nach tagelanger Suche – auch im Cuxland – wird er an der deutsch-niederländischen Grenze gefasst. Er steht nun vor Gericht. Flussvertiefungen im Wartestand Bremen und Niedersachsen müssen sich gedulden. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) über die Rechtmäßigkeit einer Vertiefung der Weser steht noch aus. Wird die Weser ausgebaggert, könnten zukünftig Schiffe mit 13,8 Meter Tiefgang Bremerhaven tideunabhängig erreichen. Ebenfalls im Wartestand ist die geplante Vertiefung der Elbe, für die sich Sigmar Gabriel (SPD) öffentlich stark macht. Gabriel meint, dass die Elbvertiefung für die Entwicklung Hamburgs von hoher Bedeutung sei. Aber auch über dieses Projekt hat der EuGH noch kein Urteil gefällt. Neun Monate Haft auf Bewährung: So lautet das Urteil gegen einen 81-jährigen Sittenser (verdeckt), der einen 16-Jährigen erschossen hat, der ihn zuvor überfallen hatte. Foto Jaspersen/dpa Keine Notwehr Gericht verurteilt 81-jährigen Sittenser zu einer Beweährungsstrafe Ein Rentner wird überfallen, er schießt auf die flüchtenden Räuber, ein 16-Jähriger stirbt. Im Oktober wird der 81-Jährige Schütze zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Sie haben viel gelitten und stehen sich unversöhnlich gegenüber: Der 81 Jahre alte Rentner aus Sittensen, der einen 16-Jährigen bei einem Überfall erschossen hat, und die Familie des Opfers. Beide sehen sich im Prozess vor dem Landgericht Stade sowohl in der Rolle der Täter wie der Opfer. Die lange Verfahrensdauer von vier Jahren hat an ihren Nerven gezerrt. Im Zentrum des Rechtsstreits steht die Frage, ob der Rentner aus Notwehr handelte, als er den Räubern hinterher geschossen hatte, oder nicht. Staatsanwalt und Verteidiger plädieren auf Freispruch. Doch das Gericht sieht es anders. Keine Notwehr, aber mildernde Umstände. Staatsanwalt und Verteidiger gehen in Berufung. „Wir halten das Urteil für nicht richtig“, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Der große Knall Eine Farbfabrik explodiert – Ein Mann stirbt Eine Explosion erschüttert im September eine Chemiefabrik in Ritterhude. Der Knall ist kilometerweit zu hören, die Druckwelle beschädigt das Wohngebiet, in dem die Fabrik steht. 350 Feuerwehrleute und Helfer können nicht verhindern, dass die Fabrikhalle nieder- brennt. Ein Arbeiter, der schwer verletzt in den Trümmern gefunden wird, stirbt einige Tage nach dem Unfall. Auch im Dezember gibt es noch keine Erkenntnisse über die Ursache. Die Geschäftsführung erklärt, dass Nach der Explosion brennt die die Fabrik dort nicht wieder Fabrik nieder. Ein Mann stirbt in den Flammen. Foto Wagner/dpa aufgebaut wird. Rocker im Abseits Niedersachsen verbietet Hells-Angels-Club Bei der Bekämpfung der Rockerkriminalität in Niedersachsen ist erstmals ein Club der Hells Angels in Göttingen verboten worden. Hintergrund ist ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der versuchten Erpressung, unter anderem gegen den Anführer des Clubs. Bei Hausdurchsuchungen werden Messer, Schlagringe, Mit dem Verbot des Göttinger Hells-Angels-Clubs geht Nie- Waffen und Drogen sichergedersachsen erstmals gegen einen Motorradclub vor. Anscheistellt. Laut Polizei sei es erstnend mit Erfolg: Binnen eines Monats nach dem Verbot lösen mals gelungen, Straftaten sich offenbar vier weitere niedersächsische Clubs der Rocker auf nicht nur einzelnen Mitglie– vermutlich, um ihr Vermögen zu sichern. Foto von Erichsen/dpa dern, sondern konkret einem Verein der Hells Angels nachzuweisen. Bisher hatte es in Niedersachsen noch kein Verbot eines Rockerclubs gegeben. Nach dem Verbot lösen sich in Niedersachen binnen eines Monats vier weitere Clubs der Hells Angels auf. Aber auch andere Motorradclubs machen 2014 von sich reden: Am Landgericht Stade stehen aktuell sechs Mitglieder der „Mongols“ vor Gericht. Ihnen wird vorgeworfen, Mitglieder des „Gremium MC“ angegriffen zu haben. AUGUST 1. In der sogenannten Modellauto-Affäre leitet die Münchner Staatsanwaltschaft ein Betrugsverfahren gegen die CSU-Politikerin Christine Haderthauer ein. Am 1. September tritt sie als Chefin der bayerischen Staatskanzlei zurück. 2. Massive Erdrutsche verschütten in Nepal mehr als hundert Menschen. Auch Indien und Pakistan sind betroffen. Dort sterben jeweils mehr als 150 Menschen. 3. Bei einem Erdbeben der Stärke 6,5 in der Provinz Yunnan im Südwesten Chinas sterben mindestens 617 Menschen. 7. Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden erhält eine befristete Aufenthaltsgenehmigung in Russland für drei Jahre. 22. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ärzte des Berliner Herzzentrums. Die Rangfolge auf Wartelisten für Herztransplantationen soll manipuliert worden sein. SEPTEMBER 4. Die Europäische Zentralbank senkt den Leitzins im Euroraum auf 0,05 Prozent. 5. In Stuttgart beginnen die Tiefbauarbeiten für den umstrittenen Bahnhof Stuttgart 21. Das Milliardenprojekt soll 2021 fertig sein. 12. Der südafrikanische beinamputierte Sportler Oscar Pistorius wird wegen fahrlässiger Tötung seiner Freundin schuldig gesprochen. Am 21. Oktober wird er zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Bremen verhängt Haushaltssperre Obwohl die Steuereinnahmen knapp über den Erwartungen liegen, läuft der Haushalt des Landes Bremen aus dem Ruder. Der rotgrüne Senat verhängt im Juli eine Haushaltssperre. Einsparungen und Umschichtungen stopfen schließlich das 102,7-Millionen-Euro-Haushaltsloch: Bereits verbuchte Investitionen in noch nicht angegangene Projekte – die Bädersanierung oder der Bau des Bremerhavener OffshoreTerminals – werden so wieder freigegeben. RÜCKBLICK Seite 22 DAS WAR 2014 SEPTEMBER 24. Für die Enthüllung weltweiter Ausspähaktivitäten der USA erhalten Edward Snowden und „Guardian“-Chefredakteur Alan Rusbridger den Alternativen Nobelpreis. 27. Der Ausbruch des japanischen Vulkans Ontakesan kostet mindestens 56 Menschen das Leben. 28. In einem Flüchtlingsheim in Nordrhein-Westfalen misshandeln Wachleute Asylbewerber. Die Übergriffe sind auf Video und Foto zu sehen. OKTOBER 3. Der Bundesnachrichtendienst hat von 2004 bis 2008 auch Daten deutscher Bürger an den USGeheimdienst NSA übermittelt. 10. Den Friedensnobelpreis bekommen zwei Kinderrechtsaktivisten aus Indien und Pakistan, Kailash Satyarthi und Malala Yousafzai. Die 17-jährige Malala ist die bisher jüngste Preisträgerin. 24. Google-Manager Alan Eustace gelingt ein Fallschirmsprung aus 41,42 Kilometern Höhe. Er bricht damit den Höhenrekord des Österreichers Felix Baumgartner aus dem Jahr 2012. 26. In Köln mündet eine Anti-Salafisten-Demonstration von rund 4800 teilweise gewaltbereiten Hooligans und Rechtsextremisten in Straßenschlachten mit der Polizei: 49 verletzte Polizisten. 31. Das private Raumflugzeug „SpaceShipTwo“ stürzt bei einem Testflug in der Mojave-Wüste im USBundesstaat Kalifornien ab. Der Copilot stirbt. Der sanfte Absturz Bayern-Präsident Hoeneß geht wegen Steuerbetrugs ins Gefängnis hung verurteilt – Freigänger werden. Er könnte die Justizvollzugsanstalt im bayerischen Landsberg am Lech von da an jeden Die härteste Zeit hat Uli Hoeneß wohl überstanden. Nach einem halben Jahr hinter Gittern kann Deutschlands Promi-Häftling auf baldige Freilassung hoffen. Überhaupt: Hoeneß ist sanft gefallen. Wenn alles reibungslos läuft, arbeitet er bald wieder für den FC Bayern – in der Nachwuchsabteilung. Zu Beginn des neuen Jahres dürfte Hoeneß – im März 2014 zu drei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe wegen Steuerhinterzie- Foto Gentsch/dpa Morgen verlassen und zur Arbeit in die Säbener Straße nach München fahren. Der FC Bayern wartet schon auf ihn. Er soll zunächst in der Nachwuchsabteilung arbeiten. Gibt er sich weiter reumütig, wird die Hälfte seiner Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Hoeneß könnte im Frühjahr 2016 ein freier Mann sein. Rückblende: Hoeneß zeigt sich Anfang 2013 selbst an. Er hofft, auf diese Weise einer Verurteilung zu entgehen. Doch im Sommer 2013 erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Bayern-Präsidenten. Nach vier Prozesstagen wird der ehemalige Nationalspieler am 13. März 2014 zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Er hat 28,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen. Hoeneß legt alle Ämter beim FC Bayern nieder und geht am 2. Juni ins Gefängnis. Wo ist Flug MH370? DAS JAHR 2014 I N W O R TE N » Als ich 50 war, hätte ich gesagt: Präsident ist nichts für mich. Ich kenne meine Grenzen. « BUNDESPRÄSIDENT JOACHIM GAUCK AM 18. FEBRUAR ZU JUNGEN LEUTEN ÜBER SEINE DAMALIGEN ANSICHTEN » In Deutschland ist der Steuerspartrieb ausgeprägter als der Sexualtrieb. « SPD-BUNDESWIRTSCHAFTSMINISTER SIGMAR GABRIEL AM 4. NOVEMBER AUF DEM ARBEITGEBERTAG IN BERLIN » Ich bin selbst bereit (...), dem Dreckskerl in den Kopf zu schießen. « DIE UKRAINISCHE EX-MINISTERPRÄSIDENTIN JULIA TIMOSCHENKO ÜBER RUSSLANDS PRÄSIDENT WLADIMIR PUTIN IN EINEM MITGESCHNITTENEN TELEFONAT AM 18. MÄRZ Boeing verschwindet spurlos mit 239 Menschen an Bord Am 8. März verschwindet Flug MH370 von Malaysian Airlines mit 239 Menschen an Bord. War es eine Entführung, Sabotage, Terrorismus? Ohne Wrack, ohne Flugdatenschreiber sei nichts zu machen, sagen die malaysischen Ermittler. Es wird mit Flugzeugen und Schiffen im Indischen Ozean nach Wrackteilen gesucht. Niemand findet auch nur den winzigsten Hinweis. Fluggesellschaft und Behörden machen keine gute Figur, verstricken sich in Widersprüche. Dann sickern Sensationen via Presse durch: etwa die Tatsache, dass das Mili- » Nur weil wir den besten Hammer haben, ist nicht jedes Problem ein Nagel. tär die Maschine fernab der Flugroute auf dem Radar gehabt hat und nichts unternahm. Verschwörungstheorien schießen ins Kraut. Hartnäckig hält sich das GeUS-PRÄSIDENT BARACK OBAMA AM rücht, die Boeing sei vom 28. MAI IN WEST Militär abgeschossen worZUM VIELSEITIGEN FÜHRUNGSANden. Bewiesen ist auch das POINT SPRUCH SEINES LANDES nicht. « Die Bartträgerin des Jahres Travestiekünstlerin Conchita Wurst gewinnt Eurovision Song Contest „Philae“ erkundet Komet „Tschuri“ Im November landet das Mini-Labor „Philae“ nach zehnjähriger Reise mit der Sonde „Rosetta“ auf dem Kometen (Illustration). Das solarbetriebene Labor beginnt – im Schatten gelandet – zu forschen, bis die Batterien leer sind. Wenn „Tschuri“ der Sonne näher kommt, könnte „Philae“ wieder aufwachen – und weitere Erkenntnisse liefern. Illustration ATG medialab/dpa Als bärtige Lady erlebt Conchita Wurst 2014 einen kometenhaften Aufstieg. Mit der stark nach James-BondSong klingenden Nummer „Rise Like A Phoenix“ gewinnt sie im Mai den Eurovision Song Contest (ESC) in Kopenhagen. Es ist nicht nur der Triumph der besten Performance, sondern auch ein Signal für Toleranz, was auch ihr Ausruf „We are unstoppable“ („Wir sind unaufhaltbar“) zeigt. Die Dragqueen (26) aus Österreich, die mit bürgerlichem Namen eigentlich Tom Neuwirth heißt, lässt vorher und nachher keine Gelegenheit aus, für die Liebe zu werben – egal, ob homo- oder heFoto Punz/dpa terosexuell. Ihre Botschaft und ihr Ruhm öffnen ihr viele Türen. Für den Modedesigner Jean Paul Gaultier läuft sie in Pa- ris über den Laufsteg, für Karl Lagerfeld steht sie im Foto-Shooting mit Strapsen Model. Sie singt für UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und tritt im Pariser Nachtclub „Crazy Horse“ auf. Da kommt die Arbeit an einem neuen Hit fast zu kurz. „Heroes“ stellt sie schließlich bei „Wetten, dass..?“ vor. Beim kommenden ESC will Conchita die Künstler interviewen. Gerne würde sie auch für den kommenden BondFilm das Titellied singen. RÜCKBLICK Seite 23 GEWINNER… DAS WAR 2014 In den ersten Monaten als italienischer Regierungschef bewegt Matteo Renzi (39) viel, stößt aber auch auf Widerstände. Für seine Arbeitsmarktreform bekommt Renzi Lob von der Bundeskanzlerin. AngeFoto Ferrari/dpa treten ist Renzi als „Verschrotter“ der alten Garde. 25 Jahre nach dem Rekord-Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher (das Bild stammt aus dem Jahr 2011) kämpft sich aktuell nach einem schweren Ski-Unfall zurück ins Leben. Foto Ebener/dpa Mauerfall schreibt Bodo Ramelow (58) in Thüringen Geschichte: In Foto Schutt/dpa einer rot-rotgrünen Regierung wird er der erste linke Ministerpräsident. Einer der größten Sportler der Leben enden wird. „Einen ge. Dass er kämpfen kann, Geschichte kämpft sich zurück seriösen Ausblick könnte ich hat Schumacher hinlänglich nie geben“, betont Schuma- bewiesen, aber die Monate U N D V E R L I E R E R ins Leben. Was für ein Leben das sein wird, das weiß nur sei- chers Managerin Sabine im künstlichen Koma dürfDer irakische Ministerpräsi- ne Familie. Einem tragischen Kehm Ende November: Bei ten bei dem einstigen Modent Nuri Al-Maliki (64) be- Skiunfall folgte die schwerste dem Sturz war Schumacher dellathleten auch körperlich reitet der Terrormiliz IS den Zeit des siebenmaligen Formit dem Kopf auf einen Fel- starke Spuren hinterlassen mel-1-Weltmeisters. Boden. Seine sen geprallt. Er schwebte ta- haben. Details zu seinem schiitisch dogelang in Lebensgefahr, lag Zustand werden nicht beSelbst ein Jahr nach seinem monatelang im künstlichen kanntgegeben. Seit Septemminierte Regierung treibt Unfall am 29. Dezember Koma. ber ist „Schumi“ zu Hause 2013 ist ungewiss, wie Schuviele SunniIn seiner Karriere holte er und setzt dort seine Genemachers Weg zurück in sein sieben WM-Titel und 91 Sie- sung fort. ten in die Arme des IS. Al-Maliki Foto dpa tritt zurück, ist nun Vize-Präsident. Sebastian Edathy (45) genießt als Vorsitzender des NSU-UntersuchungsausManche sind froh, viele an- her saßen. Unter Moderator schusses hodere traurig: Der Abend- Markus Lanz hatte die hes Ansehen. Vorwürfe, er show-Dinosaurier „Wetten, Show zuvor einen dramatidass..?“ stirbt im Dezember schen Sinkflug bei den Zuhabe im Innach 33 Jahren. Mit schauerzahlen hingelegt. Er ternet Kinderpornos Deutschlands berühmtester verabschiedet sich mit den Foto Jensen/dpa Fernsehshow geht eine Ära Worten „Machen Sie’s gut, Das Ende: Markus Lanz bei der heruntergeladen, kosten ihn alle Ämter zu Ende, in der noch Famili- das Leben geht weiter. Wet- letzten „Wetten, dass..?“-Show in Nürnberg. Foto Ebener/dpa en gemeinsam vorm Fernse- ten, dass..?“ und Reputation. NOVEMBER 15. Die Studentin Tugce wird bei dem Versuch, einen Streit zu schlichten, in Offenbach von einem 18Jährigen niedergeschlagen und fällt ins Koma. Die 23-Jährige stirbt am 28. November. 24. US-Geschworene entscheiden, dass der Todesschütze eines schwarzen Teenagers von Ferguson (Missouri) nicht angeklagt wird. In gut 170 Städten demonstrieren Menschen daraufhin – teilweise mit Gewalt – gegen Rassismus. 28. Erstmals seit 1969 soll es 2015 wieder eine „schwarze Null“ im Bundeshaushalt geben. Kampf ums Leben Michael Schumacher liegt nach Skiunfall lange im künstlichen Koma Tod eines Dinos „Wetten, dass..?“ endet nach 33 Jahren DEZEMBER 5. Nach 52-jähriger Fahrzeugproduktion läuft in Bochum der letzte Opel vom Band. Das Werk mit 3000 Beschäftigten soll geschlossen werden. 8. In Dresden demonstrieren rund 10 000 Menschen mit einer „Pegida“ genannten Bewegung gegen die angeblich fortschreitende Islamisierung Deutschlands. Eine Woche später sind es schon 15 000. 10. Fürstin Charlène von Monaco bringt Zwillinge zur Welt. Die Babys sollen Gabriella und Jacques heißen. Der Junge ist Thronfolger seines Vaters, Fürst Albert II. 15. Ein islamistischer Terrorist nimmt in einem Café in Sydney 16 Geiseln. Bei der Befreiung werden er und zwei Geiseln getötet. 16. In Pakistan stürmen Taliban-Kämpfer eine Schule, schießen auf die Schüler und nehmen Geiseln. 141 Menschen sterben, darunter 132 Kinder. „Überflieger“ des Jahres Astronaut Alexander Gerst lebt sechs Monate auf der ISS ADAC biegt Umfrageergebnisse zurecht Das Jahr 2014 beginnt skandalös. Die „ADAC Motorwelt“-Leser haben angeblich den VW Golf zum „Lieblingsauto der Deutschen“ gewählt. Tags darauf berichten Medien von Manipulationen. Externe Prüfer ermitteln, dass die Wahl beim Preis „Gelber Engel“ auch in den Vorjahren manipuliert wurde. Der Club kündigt Reformen an. Foto Weihrauch/dpa Alexander Gerst arbeitet sechs Monate lang auf der Internationalen Raumstation ISS und umrundet dabei die Erde mehr als 2500 Mal. Mit seinen Fotos von Städten und Landschaften aus dem Weltall begeistert er im Internet Zehntausende. Mit einem spektakulären Nachtstart fliegt der Mann mit dem kahlgeschorenen Kopf am 28. Mai an Bord einer russischen Rakete vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan aus zur ISS. Dort betreut er rund 166 Tage lang wissenschaftliche Experimente und steigt als Höhepunkt zu Montagearbeiten in den freien Kosmos aus. „Wenn man weiß, dass zwischen sich und der Erde nichts ist als das Visier des Raumanzugs, ist das eine tolle Sache“, schwärmt der Geophysiker noch Wochen nach seiner Landung in Kasachstan am 10. November. Gerst (Foto) ist der elfte Deutsche im All – diese Zahl übertreffen nur die Raum- fahrtgroßmächte USA und Russland. Doch nicht jeder Blick aus rund 400 Kilometer Höhe ist angenehm. Abgeholzte Wälder im Amazonas zum Beispiel. Seine Botschaften aus Foto Berg/dpa dem All sollten auch beitragen, „uns Menschen klarzumachen, dass wir nur diese eine, zerbrechliche Erde haben“. RÜCKBLICK Seite 24 DAS WAR 2014 1. JANUAR: Die lettische Hauptstadt Riga und die nordschwedische Universitätsstadt Umeå sind Kulturhauptstädte Europas. 21. FEBRUAR: Eva WagnerPasquier zieht sich 2015 aus der künstlerischen Leitung der Bayreuther Festspiele zurück. 27. MÄRZ: Bei der Verleihung des Musikpreises Echo in Berlin räumt die Sängerin Helene Fischer zwei Trophäen ab. 30. MAI: Der Lyriker Jürgen Becker erhält den mit 50 000 Euro dotierten Georg-Büchner-Preis. 5. JUNI: Der US-amerikanische Internetkritiker und Autor Jaron Lanier erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. 21. JUNI: Das Kloster Corvey in Höxter wird als deutsche Nummer 39 in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. 17. JULI: Das Land Sachsen und sein früheres Herrscherhaus einigen sich auf Ansprüche über enteignete Kunstschätze der Wettiner. 6. OKTOBER: Lutz Seiler erhält für seinen DDR-Aussteigerroman „Kruso“ den Deutschen Buchpreis. 9. OKTOBER: Der Literaturnobelpreis geht an den französischen Romanautor Patrick Modiano. 1. DEZEMBER: Der Film „Die Schlacht der Fünf Heere“ beendet Peter Jacksons „Hobbit“-Reihe. Die blonde Muse Bremer Ausstellung um Picassos „Sylvette“ lockt 100 000 Besucher Die Ausstellung „Sylvette, Sylvette, Sylvette – Picasso und das Modell“ zieht im Frühjahr 100 000 Besucher in die Kunsthalle Bremen. Im Mittelpunkt stehen 30 der gut 50 Porträts, die der 73-jährige Maler im Sommer 1954 an der Côte d‘Azur von der 19-jährigen Sylvette David malte. Die heute 79-Jährige reist zur Eröffnung am 22. Februar an. Den Pferdeschwanz, der sie berühmt machte, trägt das einstige Modell seit 1962 nicht mehr. Auch nennt sie sich heute – seit ihrer Taufe und ihrer zweiten Heirat in England – Lydia Corbett. Doch in Bremen scheint sie sich wieder in die alte Sylvette zu verwandeln, zeigt dieses besondere Lächeln, das erahnen lässt, was den malenden Macho damals so faszinierte. Picasso, dessen Françoise Gilot ihn gerade mit den geliebten Kindern Claude und Paloma verlassen hatte, entzündete sich an der schüchternen 19-Jährigen, die nur im Rollkragenpullover und Picassos Sylvette faszinierte sofort: Auch Brigitte Bardot trug plötzlich einen Pferdeschwanz. Foto Lohrisch/Succession Picasso in Begleitung ihres Verlobten im Atelier erschien. Der Maler schien zwei Monate lang an ihrer Gestalt all seine Techniken auszuprobieren, malte sie sogar einmal unbekleidet, obwohl sie weigerte, ihm nackt Modell zu stehen. 60 Jahre später bezeichnet sie dieses Werk keck als ihr Lieblingsbild. Die Muse von einst hat geholfen, möglichst viele Bilder des Zyklus nach Bremen zu holen, die nun 110 weiteren Picasso-Arbeiten, Fotos und Dokumenten präsentiert werden. Die Kunsthalle hat bereits 1955 ein Porträt angekauft, das am 3. Mai 1954 entstanden ist und Sylvette als schöne Kindfrau zeigt. Preise für Filme Erstmals geht Oscar an schwarzen Regisseur Erstmals gewinnt ein schwarzer Regisseur den Oscar für den besten Film: Der Brite Steve McQueen wird für das Sklavendrama „12 Years a Slave“ ausgezeichnet. Die Schauspiel-Oscars gehen an Cate Blanchett Regisseur Steve McQueen er- und Matthew McConaughält den Oscar. Foto Buck/dpa hey. Bei der Berlinale holt Viel Streit um gute Bilder der chinesische Krimi „Bai Ri Yan Huo“ (Schwarze Kohle, dünnes Eis) von Yinan Diao den Goldenen Bären. Der Deutsche Filmpreis („Goldene Lola“) wird dem 82-jährigen Autorenfilmer Edgar Reitz für sein Auswanderer-Epos „Die andere Heimat“ zugesprochen. KURZ ERINNERT 87 Jahre alt ist Joachim „Blacky“ Fuchsberger geworden. Am 11. September stirbt er nach zwei Schlaganfällen. Als Schauspieler in EdgarWallace-FilFoto Kneffel/dpa men und Showmoderator („Auf Los geht’s los“) hat er Fernsehgeschichte geschrieben. Mit dem Roman „Deutschstunde“ hat der am 7. Oktober verstorbene Siegfried 1968 Lenz den Nerv der Foto Gambarini/dpa Nachkriegsgeneration getroffen. Der Hamburger Schriftsteller ist 88 Jahre alt geworden. Als moralische Instanz hat der einst von den Nazis verfolgte Dokumentarfilmer und Publizist („Die Bertinis“) Ralph Giordano den Deutschen ins Gewissen Foto Warmuth/dpa geredet. Am 10. Dezember stirbt er im Alter von 91 Jahren. Kluge Texten zu wunderbaren Melodien waren das Markenzeichen von Udo Jürgens. Er spielte mehr als 50 Alben ein und verkaufte mehr als 100 Millionen Tonträger, ehe der Sänger am 21. DezemFoto Ossinger/dpa ber im Alter von 80 Jahren bei einem Spaziergang zusammenbrach und starb. Kunstmuseum Bern nimmt Gurlitt-Erbe an – Kunstberater verhaftet Zwei Jahre nach der Entdeckung des Kunstschatzes von München werden am 11. Februar auch im Salzburger Haus des Münchner Kunstsammlers Cornelius Gurlitt wertvolle Bilder gefunden. Vor seinem Tod am 6. Mai setzt Gurlitt das Kunstmuseum Bern als Alleinerben ein. Es nimmt das Erbe nach monatelangen Verhandlungen am 24. November an. Alle 500 unter NS-Raubkunstverdacht stehenden Bilder bleiben indes zur weiteren Abklärung in haftet wird. Er soll betuchte Deutschland. Die Klage ei- Sammler durch überhöhte ner betagten Cousine gegen Preise um Millionen betroGurlitts Tes- gen haben. Die Familie des tament 2012 gestorbenen Aldi-Erben könnte die Berthold Albrecht fordert in Vereinbaeinem Zivilverfahren fast 20 rung bis weit Millionen Euro Schadenerins nächste satz. Ärger verursacht auch Jahr blockie- die Versteigerung zweier ren. Warhol-Werke durch einen Foto Kusch/dpa Ein zweiter NRW-eigenen Casino-BetreiKunstkrimi entspinnt sich, ber. Jetzt beginne der Ausals im Juni Helge Achenbach verkauf öffentlicher Kunst (Foto), Deutschlands be- zur Sanierung der Haushalte, kanntester Kunstberater, ver- fürchten Experten. Shakespeare und Strauss gefeiert Die Welt feiert den 450. Geburtstag des Dramatikers William Shakespeare, in Mainz präsentiert man ein neues Porträtbild (links). In Oper und Konzert wird an den 150. Geburtstag des Fotos Reinhardt/dpa Komponisten Richard Strauss erinnert. RÜCKBLICK Seite 25 Streiken im Schichtdienst Piloten und Lokführer wechseln sich 2014 mit ihren Arbeitsniederlegungen ab Alibaba mischt die Börse auf Dem chinesischen OnlineRiesen Alibaba gelingt der größte Börsengang der Finanzgeschichte: Der mit Internetriesen wie eBay oder Amazon vergleichbare Konzern nimmt bei der Aktienplatzierung in New York über 25 Milliarden Dollar ein. Seitdem steigt der Kurs – zeitweise ist Alibaba 280 Milliarden Dollar wert. Mit ihren Arbeitskämpfen bei Bahn und Lufthansa strapazieren zwei Kleingewerkschaften die Nerven von Millionen Menschen. Ausfälle, Verspätungen, Ungewissheit. Bei einem anderen großen Aufreger-Thema ist hingegen alles klar: Der Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde gilt ab 1. Januar 2015 für nahezu alle Arbeitnehmer. Nach dem Streik ist vor dem Streik. Selten hat dieser Satz so gut gepasst wie 2014. Im steten Wechsel halten Lokführer der Deutschen Bahn und Piloten der Deutschen Lufthansa Kunden und Öffentlichkeit in Atem – mit immer neuen und gelegentlich auch wieder abgesagten Streiks. Rund 170 Millionen Euro hat der Arbeitskampf den Luftverkehrskonzern bereits gekostet. Auch die Bahn brütet nach GDL-Streikdrohungen sofort über Sonderfahrplänen. Nicht allzu große Hoffnungen sollten die vom Streik genervten Bürger auf 2014 GEKÜRT Nobelpreis geht nach Deutschland Nichts geht mehr: Die Pilotenvereinigung Cockpit und die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) sorgen 2014 mit vielen Streiks für reichlich Frust bei den Reisenden. Fotos Roessler/Hase(dpa die Tarifeinheits-Initiative der Bundesregierung setzen: Sowohl bei den Piloten wie auch bei den Lokführern haben die Vereinigung Cockpit und die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) so starke Mehrheiten, dass sie auch in Zukunft Verträge abschließen werden. Fakten werden 2014 bei einem anderen Thema geschaffen: Der Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde kommt zum 1. Januar 2015. Er gilt deutschlandweit und branchenübergreifend und schließt nur wenige Arbeitnehmer aus – junge Menschen in der Ausbildung zum Beispiel oder Menschen mit sehr kurzen Arbeitsverträgen. Gegen das Prestige-Projekt der schwarz-roten Bundesregierung gibt es 2014 viele kritische Stimmen aus der Wirtschaft. Aber die Politik setzt das von der SPD forcierte Thema trotzdem um. Rekordjagd an der Börse Geldschwemme sorgt für Minizinsen – Anleger gehen ins Risiko Die großen Notenbanken haben die Geldschleusen weit geöffnet. Der Preis ist hoch: Minizinsen nagen an den Ersparnissen der Anleger. An den Börsen herrscht dafür Kauflaune. Nach einem schwachen Sommer Über 10 000 Punkte: Der DAX kommen DAX und Co. zum erreicht im Dezember ein AllJahresende zurück. Denn zeithoch. Foto Rumpenhorst/dpa durch die sich an der Nullli- nie bewegenden Zinsen werfen auch Unternehmensoder Staatsanleihen kaum noch etwas ab. Das treibt viele in die als riskanter geltende Investition in Aktien. Erstmals in seiner Geschichte knackt der deutsche Leitindex DAX in diesem Jahr die Marke von 10 000 Punkten. Im Verlauf des kommen- den Jahres trauen Experten dem wichtigsten deutschen Börsenbarometer die Marke von 11 000 Punkten zu. Auch der schrittweise Ausstieg der US-Notenbank Fed aus der Billiggeldpolitik scheint die Anleger bisher nicht zu schrecken. In den USA erklimmen Dow Jones und Co. immer neue Höhen. Für exakte Blicke in lebende Zellen erhalten der Deutsche Stefan Hell (Foto) sowie die USForscher Eric Betzig und William Moerner den ChemieFoto Kugler/dpa Nobelpreis. Ihre Spezialmikroskope machen Abläufe bei Krankheiten wie Alzheimer sichtbar. Lichtgrenze ist Wort des Jahres „Bahnsinnig“ oder „Götzseidank“: Was ist das Wort des Jahres 2014? In einem Jahr mit vielen Krisen und Kriegen entscheidet sich die Jury für ein Kunstwerk: die „Lichtgrenze“. Das Kunstwerk in Berlin stehe für die Emotionen, die mit dem Mauerfall verbunden sind, erklärt die Gesellschaft für deutsche Sprache. Geld und Schoki: Wirtschaft vor Gericht Vier große Prozesse im Jahr 2014 – Urteile und Vergleiche bei Middelhoff, Ecclestone, Ritter Sport und Leo Kirch Schnelle Autos, Schokolade und die Finanzwelt – gleich in mehreren Prozessen beschäftigten sich deutsche Gerichte in diesem Jahr mit der Wirtschaft: Der Absturz: Es ist ein tiefer Sturz für den einstigen TopManager Thomas Middelhoff: Wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Haft verurteilt, Verhaftung noch im Gerichtssaal. Grund für das Urteil waren eine Festschrift und privat veranlasste Flüge, die Middelhoff dem Arcandor- werden. Er soll dem ehemaliKonzern in Rechnung gegen BayernLBstellt hat. Middelhoffs AnVorstand wälte legen Revision beim BGH ein. Der wird 2015 darüber entscheiden. Der Rekord: 100 Millionen Euro. Formel1-Boss Bernie Ecclestone zahlt diese Summe im Sommer dafür, dass die Bestechungsvorwürfe gegen ihn fallen gelassen Foto Weißbrod/dpa Gerhard Gribkowsky 44 Millionen Dollar Bestechungsgeld zugesteckt haben. Der Banker sollte dafür die Rechte der Landesbank an der Rennserie verkaufen. Die Schokolade: „Voll-Nuss“ von Ritter Sport bekommt von der Stiftung Warentest die Note fünf. Begründung: Die Schokolade enthalte ein künstliches Vanillearoma. Aber Rittersport wirbt mit „natürlichem Aroma“. Die Sache geht vor Gericht, der Schoko-Hersteller gewinnt. Der Vergleich: Jahrelang streiten sich Leo Kirch und die Deutsche Bank. 2002 hatte der damalige DeutscheBank-Chef Rolf Breuer die Kreditwürdigkeit des KirchKonzerns (ProSieben, Sat1, N24) infrage gestellt, Kirchs Medienimperium ging kurz darauf unter. Kirch klagt. Am Ende einigen sich die Erben des 2011 verstorbenen Medienunternehmers mit dem Kreditinstitut auf stolze 925 Millionen Euro Ausgleichszahlungen. RÜCKBLICK Seite 26 Im Kinosaal zurück nach Brasilien Die Weltmeister als Kinostars: Vier Monate nach dem WM-Triumph bringt der Deutsche FußballBund seinen Film über » Irgend- wann werden wir aufhören zu feiern, aber wir werden immer wieder mit einem Grin- sen aufstehen. « NATIONALTORWART MANUEL NEUER den Titelgewinn in die Kinos. Der 90-MinutenStreifen mit dem Titel „Die Mannschaft“ wurde vom DFB gedreht und zeigt überwiegend interne Aufnahmen vom Trainingslager bis zum Empfang der Weltmeister in Berlin. » Den Po- kal in Brasilien haben wir auch für ihn gewonnen. Wir sind Weltmeister! Die deutsche Nationalelf holt als erste europäische Mannschaft in Südamerika den Titel Der 13. Juli ist seit 2014 ein Fußball-Feiertag. Das WM-Konzept von Joachim Löw ist in Brasilien voll aufgegangen. Ein toller Teamgeist und der Finaltreffer von Mario Götze sorgen in Deutschland für einen unvergessenen WM-Sommer. Als der Siegerflieger mit den Helden von Rio am 15. Juli über die Berliner Fanmeile schwebt, ist das ganze Land längst außer Rand und Band. Zwei Tage zuvor hatte Joker Mario Götze vor 74 738 Zuschauern im brasilianischen Fußball-Tempel Maracanã und Millionen vor den Bildschirmen in der 113. Final-Minute gegen Argentinien den Triumph perfekt gemacht. „Es ist es ein besonderes Glücksgefühl“, erklärt Weltmeistermacher Joachim Löw nach dem ersten WM-Sieg eines europäischen Teams in Südamerika. „Das macht uns alle besonders stolz. Das kann uns niemand mehr nehmen.“ Der vierte WM-Sieg der « deutschen Nationalmannschaft nach 1954, 1974 und 1990 geht in die Fußballhistorie ein. Löws WM-Konzept, durchaus mit einigen Risiken behaftet, geht voll auf. „Wir haben dem Bundestrainer vom ersten Tag an vertraut. Wir wissen, dass er ein sehr gutes Auge hat, ein sehr gutes Gespür hat für die Mannschaft, wie er wann spielen muss“, sagt Toni Kroos. „Er hat es wirklich geschafft, die Mannschaft total hinter sich zu bekommen. Er ist vorweggegangen und hat unglaubliche Worte gefunden“, ergänzt Bastian Schweinsteiger. Höher, schneller, Neuer LUKAS PODOLSKI WIDMET DEN WELTMEISTERTITEL DEM VERLETZTEN MICHAEL SCHUMACHER Am Tag der Premierenfeier werden Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und ihre Teamkameraden von Bundespräsident Joachim Gauck mit dem Silbernen Lorbeerblatt und von der FIFA mit dem offiziellen Weltmeister-Abzeichen geehrt. Endlich ist das Sommermärchen perfekt: In einem packenden WM-Finale schießt Mario Götze die deutsche Nationalelf und damit die ganze Nation ins Glück. Foto Gebert/dpa Auf den Goldenen Handschuh folgt Nominierung zum Weltfußballer Weltmeister Manuel Neuer ist bester Torwart der Fußball-WM. Der Keeper der deutschen Nationalmannschaft erhält nach dem 1:0Sieg nach Verlängerung im Finale gegen Argentinien Manuel Neuers Hände haben den Goldenen Handschuh. maßgeblich zum Weltmeisterti- Mit dem Goldenen Ball als tel beigetragen. Foto Ghement/dpa bester Spieler der Weltmeis- terschaft in Brasilien wird trotz der Endspiel-Niederlage Lionel Messi ausgezeichnet. Er setzt sich gegen die ebenfalls Nominierten Mats Hummels, Toni Kroos, Philipp Lahm und Thomas Müller durch. Neuer bleibt auch nach der WM Spitzenreiter: Ne- ben Cristiano Ronaldo und Lionel Messi ist er für den Titel des Weltfußballers nominiert. Für die Deutschen ist er längst der mit Abstand beste deutsche Spieler bei der Fußball-WM. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov. Das Turnier der Emotionen Nach vielen Enttäuschungen ist der Traum endlich wahr geworden „Die Mannschaft“ – wie später auch der Kinofilm über den Titelgewinn in Brasilien benannt werden sollte – „hat in diesen Wochen einen unglaublichen Teamgeist entwickelt mit einem großartigen Können und einer unglaublichen Willenskraft. Deswegen haben wir es auch geschafft“, resümiert Bundestrainer Löw. Deshalb sprach Bundespräsident Joachim Gauck von dem vierten Titel-Stern, der besonders leuchtet: „Die ganze Wahrheit ist doch, in Südafrika, erneut an Italien gescheitert im EM-Halbfinale 2012. Was Jürgen Klinsmann mit seinem damaligen Assistenten Löw vor und beim WMSommermärchen ausgelöst hatte, wird acht Jahre später mit einem 4:0 gegen Portugal, dem legendären 7:1 gegen Brasilien und letztlich mit dem Finalsieg gegen ArDer ewige Zweite gentinien gekrönt. „Für unPlatz drei bei der Heim-WM sere Generation ist das etwas 2006, EM-Zweiter 2008, wie- ganz Besonderes“, resümiert Große Gefühle: Lange haben Bastian Schweinsteiger und Joachim Löw gewartet – 2014 ist der Titel endlich da. Foto Gebert/dpa der Dritter bei der WM 2010 Philipp Lahm. dass wir uns in Deutschland gefühlt haben, als wären wir alle Weltmeister geworden.“ Vielleicht auch deshalb, weil sich die Skepsis bei den Fußball-Fans und den anderen Deutschen, die sich nur alle zwei Jahre für das Nationalteam begeistern, durch die Turniere zuvor etwas vergrößert hatte. RÜCKBLICK Seite 27 Fans im Glück über Stern Nr. 4 Freudentaumel in Schwarz-RotGold: Nicht nur bei den deutschen Fans an der Copacabana, auch auf den heimischen Fanmeilen und in den Wohnzimmern kocht die Freude über den vierten Stern auf dem deutschen Nationaltrikot am 13. Juli über. 35 Millionen verfolgen das Finalspiel im Fernsehen – und bescheren der ARD einen Marktanteil von mehr als 86 Prozent. Foto Hoppe/dpa „Dass er es hinbekommen hat, dass alle Spieler zufrieden sind, das ist unglaublich, das ist eine große Leistung“, sagt Vizekapitän Bastian Schweinsteiger über Löw, der 24 Jahre deutsche WM-Titelabstinenz beendet hat. Löw steht nun auf einer » Ich habe es schon öfter betont, dass ich meinen Kadaver noch ein bisschen rumschleppe. « MIROSLAV KLOSE ÜBER SEINE KARRIEREPLANUNG IN DER DEUTSCHEN NATIONALELF Stufe mit Sepp Herberger, Helmut Schön und Franz Beckenbauer. Für Verbandspräsident Wolfgang Niersbach ist der Triumph eine Bestätigung dafür, dass „es nicht stimmt“, dass für Deutschland mit Löw „der Sprung auf das oberste Podest nicht möglich“ sei. Gerade nach dem schwierigen Achtelfinale habe Löw auf alle Kritik professionell, entspannt und souverän reagiert. Dementsprechend ist die Bedenkzeit, ob er weiterSeiner Beharrlichkeit ist es zu verdanken, dass Deutschland machen wolle, nur kurz 2014 den Pokal mit nach Hause nehmen kann. Foto Seeger/dpa beim Bundestrainer. « PER MERTESACKER NACH DEM ACHTELFINALSIEG Die Mannschaft überwindet auch im Endspiel alle Widerstände, mit denen sie vom Beginn der Vorbereitung an zu kämpfen hatte: Viele Verletzungen und harte Ausfälle wie der von Marco Reus am Tag vor der Abreise nach Brasilien haben den WM-Beginn überschattet. mich jetzt erst mal für drei Tage in die Eistonne. Trotz Startschwierigkeiten schafft es der Bundestrainer, sein Team auf Kurs zu bringen » Ich lege Löws Plan geht voll auf DIE WM 2014 I N W O R TE N » Ich habe Mario Götze gesagt: Zeig‘ der Welt, dass du besser bist als Messi. « JOACHIM LÖW NACH DEM FINALSIEG » Es ist keine Zeit für Freundschaftsanrufe, jetzt geht es ums Geschäft. « JÜRGEN KLINSMANN VOR DEM WIEDERSEHEN MIT JOACHIM LÖW BEI DER WM 2014 » Ich habe erst einmal aufs Datum geschaut. Ich habe gedacht, das ist ein Aprilscherz. « FRANZ BECKENBAUER ÜBER SEINE 90-TAGE-SPERRE DER FIFA Abschied der Weltmeister Lahm, Klose und Mertesacker verlassen die Nationalmannschaft Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel verneigt sich vor Philipp Lahm. Der WeltmeisterKapitän hat der Nationalelf nach dem glorreichen WM-Coup von Rio völlig überraschend Lebewohl gesagt. Besser geht’s nicht – nach dem größtmöglichen Tri- umph war für Lahm Schluss. „Herzlichen Dank für eine wunderbare Zeit!“, sagt Herzlichen der 30-JähriDank für eine ge. Einer der wunderbare besten und Zeit! erfolgreichsten VerteidiPHILIPP LAHM ÜBER SEINEN ger in der RÜCKZUG AUS DER Geschichte DEUTSCHEN NAdes DeutTIONALELF schen Fußball-Bundes tritt am Zenit seiner internationalen Karriere ab. » « Bundestrainer Joachim Löw lobt Lahm als „großartigen Spieler mit Herz, Leidenschaft und Charakter“. Auch Miroslav Klose und Per Mertesacker verkünden nach dem Titelgewinn in Brasilien ihren Rückzug aus der Nationalmannschaft. „Mir war immer wichtig, dass ich zu einer erfolgreichen Zeit aufhöre, und das ist mit dem Gewinn des WM-Titels gegeben“, sagt Leichte Abzüge in der Salto-B-Note: Miroslav Klose hat sich in Mertesacker. „Wir haben als Brasilien mit seinem 16. Tor auf Platz eins der Rangliste der erFoto Brandt/dpa Mannschaft Großes bewegt.“ folgreichsten WM-Torschützen katapultiert. RÜCKBLICK Seite 28 DAS WAR 2014 JANUAR 8. Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger bekennt sich zu seiner Homosexualität. 11. Felix Neureuther gewinnt in Adelboden den Weltcup-Riesenslalom. 13. Cristiano Ronaldo wird Weltfußballer des Jahres, Franck Ribèry hinter Lionel Messi Dritter. Auch die Deutschen Jupp Heynckes, Silvia Neid und Nadine Angerer werden ausgezeichnet. FEBRUAR 19. Ole Einar Björndalen gewinnt mit der norwegischen MixedStaffel der Biathleten sein achtes OlympiaGold und krönt sich Foto Schlager/dpa in Sotschi zum erfolgreichsten Winter-Olympioniken der Geschichte. MÄRZ 12. Nach einem schweren Sturz bei der Abfahrt in Lenzerheide muss Skirennläuferin Maria HöflRiesch den Traum vom Gewinn des alpinen Gesamt-Weltcups begraben. Rund eine Woche später beendet sie ihre Karriere. 15. Severin Freund wird in Harrachov als fünfter Deutscher Skiflug-Weltmeister. Eric Frenzel ist zum zweiten Mal Weltcupsieger der Nordischen Kombination. 25. Der FC Bayern München ist zum 24. Mal deutscher Fußball-Meister. Die Münchner holen den Titel schon am 27. Spieltag – so früh wie kein Club zuvor. In Sotschi fehlt das Quäntchen Glück 19 deutsche Medaillen – Dopingskandal überschattet Winterspiele Am zweiten Wettkampftag der Winterspiele von Sotschi rast Rodler Felix Loch zu seiner zweiten Goldmedaille nach Vancouver 2010. Nach insgesamt 16 Tagen am Schwarzen Meer ist die Ausbeute der deutschen Mannschaft allerdings weniger glanzvoll als erhofft. „Die Bilanz ist in der Tat enttäuschend“, bekennt der Chef de Mission Michael Vesper nach dem schlechtesten Olympia-Abschneiden seit der Wiedervereinigung und den Spielen 1992 in Albertville. Acht Mal Gold – für Alpin-Star Maria Höfl-Riesch, Kombinierer Eric Frenzel, die Rodel-Asse um Felix Loch, das Skispringer-Team und für Carina Vogt als erste Skisprung-Olympiasiegerin der Geschichte – sechs Mal Silber und fünf Mal Bronze: Nur 19 statt der avisierten 30 Medaillen konnten die deutschen Wintersportler holen, In farbenfrohen Outfits setzten die deutschen Sportler in SotFoto Young/dpa schi ungeplant ein Zeichen gegen Homophobie. das ist gerade mal Platz sechs in der Länderwertung. Und dann der Skandal um Biathletin Evi SachenbacherStehle. Bei einem Dopingtest wurde bei ihr ein Stimulanzmittel entdeckt. Die Folge: Ausschluss aus dem deutschen Olympia-Team. Mitte November wurde die zweijährige Sperre durch eine Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofes auf sechs Monate verkürzt. Fünfmal Gold Anna Schaffelhuber dominiert Paralympics Deutschlands neue Paralympics-Generation hat es allen gezeigt: Angeführt von Fünffach-Siegerin Anna Schaffelhuber stürmt das Team bei den Spielen in Sotschi mit jugendlichem Elan, FrauenPower und 15 Medaillen auf Platz zwei der Nationenwer- tung. Neunmal Gold, fünfmal Silber, einmal Bronze – die Ausbeute verblüfft selbst die Verbandsführung. „Das ist für mich eine Überraschung wie Sensation zugleich“, so Friedhelm J. Beu- Die querschnittsgelähmte Ancher, Präsident des Behin- na Schaffelhuber siegt auch im Monoski. Foto Stratenschulte/dpa dertensportverbandes. Neureuther und Dopfer im Pech Slalomfahrer vergeben historische Chance KURZ ERINNERT Portugals Fußball-Legende Eusébio ist tot. Er stirbt am 5. Januar an Herzund Atemstillstand in seinem Haus in Lissabon. Eusébio wäre am 25. JanuFoto Lacerda/dpa ar 72 Jahre alt geworden. Der deutsche Sport verliert Manfred von Richthofen. Der Spitzenfunktionär und ehemalige Chef des Deutschen Sportbundes (DSB) stirbt am 1. Mai im mit 80 Jahren. RichthoFoto Wolf/dpa fen führte von 1994 bis 2006 den DSB. Mit nur 25 Jahren stirbt der Vielseitigkeitsreiter Benjamin Winter am 14. Juni in Luhmühlen nach einem Sturz auf der Geländestrecke. Während sein Wallach ohne größere Blessuren wieder aufsteht, bleibt Winter Foto Lübke/dpa schwer verletzt liegen. Ihm kann nicht mehr geholfen werden. Der 7. Juli ist ein schwarzer Tag für die Fußball-Welt: Alfredo Di Stéfano stirbt drei Tage nach seinem 88. Geburtstag an einem Herzinfarkt. Der gebürtige Argentinier spielte in den 1950er und 60er Foto Espinosa/dpa Jahren erfolgreich im „weißen Ballett“ von Real Madrid. Felix Neureuther und Fritz Dopfer ließen enttäuscht die Köpfe hängen. Auch die Schulterklopfer im Ziel können über die vergebene Chance nicht hinwegtrösten. Neureuther fährt auf Medaillenkurs und fädelt ein, Fritz Dopfer verfehlt Bronze um fünf Hundertstelsekunden. Unzufrieden: Felix Neureuther Die deutschen Slalomfahrer scheitert im Slalom kurz vorm haben bei der letzten AlpinFoto Kappeler/dpa Entscheidung der WinterZiel. spiele von Sotschi Pech. Österreichs Skiteam feiert den nächsten Olympiasieg. „Es hätte eine coole Geschichte werden können. Im Endeffekt ist es mit die unglücklichste Woche, die ich in meiner Karriere erlebt habe“, so Neureuther. Eine Woche nach seinem Autounfall scheitert der 29-Jährige bei guten Zwischenzeiten kurz vor dem Ziel. Panne beim russischen Wintermärchen Eine der künstlichen Schneeflocken geht während der pompösen Eröffnungsfeier nicht wie geplant zu einem der Olympischen Ringe auf. Das russische Staatsfernsehen, das zeitverzöFoto Young/dpa gert sendet, schneidet die Szene einfach raus. RÜCKBLICK DAS JAHR 2014 I N W O R TE N » Es ist wie Seite 29 Das Seuchenjahr des Hamburger SV so oft im Leben. Geht die Waschmaschine kaputt, ist am nächsten Tag auch der Trockner am Saison 2013/14: Der Hamburger Arsch. SV taumelt der Zweiten Liga TRAINER JÜRGEN entgegen. Doch trotz der fünf KLOPP ZUR VERLETZUNGSSERIE BEI BONiederlagen in den letzten fünf RUSSIA DORTMUND Spielen rettet sich der Bundesliga-Dino auf Platz 16, weil die Ich bin Konkurrenz im Abstiegskampf auch Präsiebenfalls alles verliert. dent der Pechvögel Im Relegations-Hinspiel ist und VerlieGreuther Fürth besser, aber rer. es geht 0:0 aus, im Rückspiel reicht ein erzittertes 1:1 für BUNDESPRÄSIDENT JOACHIM den Klassenerhalt (Tor: PierGAUCK ZUR MA- re-Michel Lasogga). Danach GEREN AUSBEUTE soll alles besser werden, der DER DEUTSCHEN HSV gliedert seine ProfiabATHLETEN BEI DEN OLYMPISCHEN WINteilung in eine AktiengesellTERSPIELEN IN SOTSCHI schaft aus, Dietmar Beiersdorfer wird VorstandsvorsitEs wäre zender. Im Vertrauen auf schön, wenn neue Investoren werden man wieder acht Spieler geholt. Aber die mehr den Mannschaft spielt trotzdem Motor hört nur gegen den Abstieg. Traiund nicht das ner Mirko Slomka wird nach Reifenquiet- nur drei Spielen gefeuert, schen. Wir Nachfolger wird Joe Zinnsind doch nicht auf dem ADAC-Übungsplatz. Der Bundesliga-Dino entgeht nur mit viel Glück dem Abstieg « » « Im Mai sorgte Pierre-Michel Lasogga für den Klassenerhalt, aber rund läuft es immer noch nicht beim HSV. Foto Charisius/dpa » « SEBASTIAN VETTEL ÜBER DIE NEUEN, LEISEREN TURBO-MOTOREN » 200 Ball- bauer, der sportlich auch nicht vorankommt. Zwar punktet der HSV in wichtigen Spielen gegen Bayern, Dortmund und Werder, kommt aber unten nicht recht raus. Wirtschaftlich gibt’s schlechte Nachrichten: Milliardär Klaus-Michael Kühne steigt nicht beim HSV ein und fordert seine 25 Millionen Euro zurück. Trainer mit Werder-Gen Viktor Skripnik löst in Bremen den glücklosen Robin Dutt ab kontakte! Dafür brauche ich eine ganze Saison. In seiner ersten Saison schafft es Robin Dutt als Nachfolger der Trainerlegende Thomas Schaaf, die BiTHOMAS MÜLLER lanz wenigstens ein bisschen ÜBER DIE 206 aufzubessern. Mit fünf PunkBALLKONTAKTE ten mehr steht Werder in der SEINES BAYERNAbschlusstabelle zwei Plätze MANNSCHAFTSKAMERADEN XABI ALONSO IM SPIEL GE- besser da als im Jahr zuvor. GEN DEN 1. FC KÖLN Die Herzen der Fans wärmt er damit aber nicht. Und der Start in die neue Saison ist katastrophal. Nach neun Spieltagen ist Werder Letzter, und Dutt Foto Jaspersen/dpa wird entlassen. Nachfolger wird Viktor Skripnik, neuer Co-Trainer « ist Torsten Frings. Die beiden Bremer Urgesteine pflanzen dem Team das Werder-Gen ein und setzen auf die Jugend. Davie Selke ist die Entdeckung des Jahres. Doch trotz Aufbruchstimmung und Kampfesmut: Der Erfolg kehrt nur langsam zurück. Als Drittletzter geht Werder in die Winterpause. DAS WAR 2014 27. Aljona Savchenko und Robin Szolkowy beenden ihre gemeinsame Karriere mit dem fünften Weltmeistertitel im Paarlauf. MAI 5. Deutschlands Tischtennis-Herren verlieren das WM-Finale in Tokio. Es ist die fünfte Niederlage im fünften Endspiel. 10. Eintracht Braunschweig und der 1. FC Nürnberg steigen aus der Fußball-Bundesliga ab. 11. Der SC Paderborn und der 1. FC Köln steigen in die erste Bundesliga auf. 14. Der FC Sevilla gewinnt die Europa League. 17. Der FC Bayern gewinnt zum 17. Mal den DFB-Pokal und schafft das Double. 22. Die Fußball-Frauen des VfL Wolfsburg verteidigen ihren Titel in der Champions League. 24. Real Madrid gewinnt erstmals seit 2002 die Champions League. Die Handballer des THW Kiel sind zum 19. Mal deutscher Meister. JUNI 1. Die SG Flensburg-Handewitt holt erstmals den Titel in der HandballChampions-League. 15. Golfprofi Martin Kaymer gewinnt als erster Deutscher die US-Open. 27. Die FIFA hebt die Suspendierung von Franz Beckenbauer wegen mangelnder Kooperation nach 13 Tagen wieder auf. JULI 25. Der DFB entzieht Bremen das Länderspiel gegen Gibraltar wegen der angedrohten Kostenbeteiligung an Polizeieinsätzen. Hitzlsperger bricht Tabu Der einstige Nationalspieler bekennt sich zu seiner Homosexualität Und über allem thront der FC Bayern Auch 2014 ist Bayern München wieder das Maß aller Dinge. Bereits am 27. Spieltag gewinnt der Club unter Pep Guardiola so früh wie keine andere Mannschaft die deutsche Meisterschaft. Am 17. Mai sichert sich das Team im Finale des DFBPokals das zehnte Double der Vereinsgeschichte. Foto Hase/dpa Mit seinem Coming-out rüttelt Thomas Hitzlsperger 2014 an einem der letzten Tabus im Sport – der frühere Nationalspieler fand mit seinem sorgfältig geplanten Interview Anfang Januar enormen Widerhall. „Ich äußere mich zu meiner Homosexualität“, sagt Hitzlsperger, „weil ich die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern voranbringen möchte“. Vier Monate nach Karriereende thematisiert er als Thomas Hitzlspergers Coming-out sorgte im Januar für Foto Murat/dpa Medienecho. erster prominenter deutscher Fußballer sein Schwulsein. Dafür bekommt der heute 32-Jährige viel Beifall und Anerkennung. Doch die Debatte verebbt wieder. Viel geändert habe sich nicht, befinden schwule Fußballfans. Hitzlsperger selbst will nicht als Galionsfigur für die Gay-Community gelten. Allerdings lässt er sich beim alternativen Christopher Street Day in Berlin blicken und tritt bei einer Charity-Gala der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld auf, die sich gegen Homophobie im Sport einsetzt. RÜCKBLICK Seite 30 DAS WAR 2014 AUGUST 10. Manuel Neuer wird von den deutschen Sportjournalisten zum Fußballer des Jahres gewählt. Bei den Trainern setzt sich Joachim Löw durch. 17. Vier Mal Gold für Christina Schwanitz und David Storl, Robert Harting und Antje MöldnerSchmidt bei der Leichtathletik-EM in Zürich. 21. Patrick Hausding holt bei der EM in Berlin Gold im Wasserspringen. 23. Die 4-x-200-MeterFreistil-Staffel holt EMGold in Berlin, Marco Koch über 200 m Freistil. 26. Die deutsche DressurEquipe holt im französischen Caen zum elften Mal WM-Team-Gold. 28. Cristiano Ronaldo ist Europas Fußballer des Jahres. Er setzt sich gegen Nationaltorwart Manuel Neuer durch. Bei den Frauen siegt Nadine Keßler vom VfL Wolfsburg. SEPTEMBER 21. Deutschlands Volleyballer holen erstmals seit 44 Jahren wieder eine WM-Medaille – Bronze. 29. Europas Golfer mit Martin Kaymer gewinnen den Ryder-Cup. Rosberg kommt nicht ran Auch im letzten Rennen hat Lewis Hamilton die Nase vorn und wird überlegen Weltmeister Mit Tränen in den Augen hört Lewis Hamilton die Nationalhymne. Der 29 Jahre alte Mercedes-Pilot hat beim AlptraumFinale für seinen Stallrivalen Nico Rosberg seinen zweiten WM-Triumph in der Formel 1 perfekt gemacht. In der Stunde seines Erfolgs vergisst er aber auch nicht den bemitleidenswerten Rosberg. „Nico hat das ganze Jahr über unglaublich gekämpft. Das war phänomenal.“ Dieser wurde nach einem schlechten Start auch noch von seinem kaputten Silberpfeil gebremst. „Der ganz große Traum hat jetzt nicht geklappt. Das ist sehr enttäuschend“, so Rosberg, der dennoch sportliche Größe zeigt: „Über die Saison gesehen, war er der bisschen bessere Fahrer.“ Der gebürtige Wiesbadener landet auf dem 14. Platz, in der vorletz- Während der gesamten Saison war es ein Kopf-an-Kopf-Rennen – am Ende muss sich Nico Rosberg seinem Stallrivalen Lewis Hamilton dann aber endgültig geschlagen geben. Foto Zennaro/dpa ten Runde hatte ihn Hamilton auch noch überrundet. Der entthronte VierfachWeltmeister Sebastian Vettel macht indes den Wechsel zu Ferrari perfekt. Dort will er ab der nächsten Saison wieder auf Titelkurs fahren. Überschattet wird die Saison von dem schweren Un- fall des Franzosen Jules Bianchi, der beim großen Preis von Japan mit seinem Marussia in einen Bergekran rast und ins Koma fällt. GEWINNER DES JAHRES 2014 VERLIERER DES JAHRES 2014 Antje Möldner Sebastian Kienle Evi Sachenbacher-Stehle Tim Wiese NOVEMBER 12. Bundesinnenminister Thomas de Maizière stellt den Entwurf für ein AntiDoping-Gesetz vor. Es sieht Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren Haft für Dopingsünder vor. Vor vier Jahren noch litt die Leichtathletin aus Cottbus an einer Krebserkrankung und musste sich einer Chemotherapie unterziehen. Bei der EM in Zürich aber rennt sie Foto Bott/dpa über 3000 Meter Hindernis allen davon – ein großer Triumph nach tiefen Tälern. Strahlemann und Ironman: Der Triathlet aus Mühlacker liegt beim legendären Wettkampf auf Hawaii nach 3,86 Kilometern Schwimmen, 180,2 Kilometern Radfahren und dem Foto Wittek/dpa Lauf über fünf Minuten vorn. Als erster Dreikämpfer gewinnt er in einem Jahr EM und WM. Der Doping-Fall der Biathletin kostet Reputation in der olympischen Welt, in der sich die Deutschen gern als Vorkämpfer geben. Ihre zweijährige Sperre wird im NovemFoto Nietfeld/dpa ber um eineinhalb Jahre verkürzt. Dennoch erklärt sie nach kurzer Bedenkzeit ihren Rücktritt. Um- und Absteiger des Jahres: Der frühere Nationaltorwart von Werder Bremen, zuletzt gescheitert bei 1899 Hoffenheim, macht sich mit viel PR-Gedöns zum aufgeblasenen Foto Jaspersen/dpa Muskelmann und will jetzt die WrestlingSzene aufmischen. Den Fußball hat er abgeschrieben. Harting ist der Unbezwingbare FIFA verliert an Glaubwürdigkeit OKTOBER 11. Die deutsche FußballNationalelf verliert in Warschau erstmals seit 16 Jahren ein Auswärtsspiel in der EM-Qualifikation Robert Harting erweist sich Der deutsche Richter Hanseinmal mehr als unbezwing- Joachim Eckert stellt in seibarer Diskus-Riese. Mit nem Untersuchungsbericht 66,07 Metern keine gravierenden Verstöße gewinnt der bei der Vergabe der Fußball29-jährige Weltmeisterschaften an Berliner bei Russland 2018 und Katar der Leicht- 2022 fest. Sonderermittler athletik-EM Michael Garcia kritisiert unin Zürich wie vollständige und fehlerhafte vor zwei Jah- Darstellungen und legt BeruFoto Thissen/dpa ren Gold. Es fung gegen den Bericht ein – ist der fünfte Triumph in Se- diese weist die FIFA zurück. rie für ihn bei großen Titel- Die Vorwürfe und der zweikämpfen nach den WM-Sie- felhafte Umgang mit Garcias gen 2011 und 2013, dem Kritik stürzen den WeltverEM-Erfolg und dem Olym- band in eine tiefe Glaubwürpiasieg 2012. digkeitskrise. Draisaitl ist neuer Hoffnungsträger Eishockey-Talent mit 19 bei Kanadas Profis Leon Draisaitl gilt nach einem für ihn besonderen Jahr mehr denn je als Hoffnungsträger des deutschen Eishockeys. Schon als Teenager ist der Stürmer in der besten Liga der Welt angekommen. Im Sommer wählten ihn die Edmonton Oilers beim Talente-Draft aus. An dritter Stelle fällt der Name Leon Draisaitl – früher als bei jedem deutschen Profi zuvor. Der Sohn des früheren Nationalspielers Peter Draisaitl lebt den Traum eines jeden Eishockey-Kids – und seinen eigenen. „Tag für Tag hart arbeiten, um besser zu werden“, lautet sein Motto. Doch professionell ist bei dem 19-Jährigen, der im Mai seine erste WM bei den Erwachsenen spielte, alles auf Mit 19 schon ganz oben: Leon die Karriere eines Superstars Draisaitl spielt beim Profi-Club Edmonton Oilers. Foto Franson/dpa ausgerichtet. RÜCKBLICK Seite 31 Kartenlegerin Sylvia Lenah (links) und die Landtagsabgeordnete Petra Tiemann. Fotos Stephan Kartenlegerin trifft SPD-Frau Petra Tiemann lässt sich auf TAGEBLATTæEinladung in die Karten schauen – die Zukunft wird spannend VON WOLFGANG STEPHAN LANDKREIS. Normalerweise geç hört sie zu den Zeitgenossen, die sich schnell für ungewöhnliche Ideen begeistern lassen. Aber die Idee, der SPDçPolitikerin nicht die Leviten, sondern auf TAGEç BLATTçEinladung die Karten lesen zu lassen, das war auch für Petra Tiemann erst einmal befremdlich. Nach eineinhalbstündiger Sitzung mit der Kartenleserin Sylvia Leç nah in Stade waren die Bedenken längst nicht zerstreut. Eher die Politikerin selbst, da die Prognoç sen noch wenig greifbar sind – jedenfalls aus heutiger Sicht. Wer spektakuläre Prophezeiungen erwartet, ist bei Sylvia Lenah fehl am Platze. Ihre „Kartomantie“, die Kunst des Kartenlesens, betrachtet sie unter dem Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung. Der größte Vorteil einer Kartenlegung sei das Erkennen der eigenen Persönlichkeit. Durch die Karten könne das Unterbewusstsein und damit auch die Problemlage deutlich gemacht werden. „Die Karten geben schonungslos einen Blick hinter die Fassade – für Schönfärber ist das Kartenlegen deshalb weniger geeignet“, sagt die Staderin. Sie habe sich seit frühester Jugend mit der Metaphysik befasst und dabei festgestellt, dass es im Leben mehr als das Sichtbare geben müsste. Die Weisheit der Karten zu nutzen, sei allerdings kein Hokuspokus sondern für jeden erlernbar, ein Studium, so wie vieles im Leben, das dann auch in eigener Sache genutzt werden könne. Selbstverständlich könne sich jeder mit diesem Wissen dann auch selbst die Karten legen: „Wer kann, der kann.“ Das Ziel ist klar: Das Kartenbild zeigt die Zukunftsentwicklung nach dem Status quo. Sylvia Lenah ist davon überzeugt, dass sich daraus auch Handlungsempfehlungen ergeben. Aufgrund der Wissenserweiterung könne der Klient dann viel besonnener oder zielorientierter handeln. Sylvia Lenah sagt aber auch: „Es macht keinen Sinn, die Karten nach dem Tod oder Unfällen zu befragen, da dieses Wissen in den meisten Fällen mehr schadet als nutzt.“ Mehr als 90 Prozent ihrer Klienten kommen ohnehin wegen Partnerschaftsproblemen. Ihre Schlussfolgerung in eigener Sache, die sie ausführlich in einem gerade erschienen Buch erläutert: „Bei der oft zitierten Meinung, dass die Kartomantie etwas für Dummköpfe sei, verhält es sich genau umgekehrt: Kartenlegen ist eine Frage der Bildung und des Intellekts.“ Und damit sind wir mittendrin in der Sitzung mit Petra Tiemann: „Mischen bitte, damit sich die Karten mit ihrer Energie verbinden“, lautet die Anweisung. Danach muss Petra Tiemann aus den insgesamt 52 Karten 36 ziehen und sie anordnen. Sehr schnell kommt die Analyse von Sylvia Lenah, die sich aber – so die Abmachung – nur auf das Berufli- Kartenlegerin Sylvia Lenah. che beschränken darf und auf den ersten Blick in drei Bereiche gegliedert ist: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Drei Themenfelder sieht die Kartenleserin im Berufsleben der Petra Tiemann: Ein junger Mann in der Vergangenheit, der auch in der Zukunft eine Rolle spiele, Disziplin und Stress in der Gegenwart, „irgendwie ein neues Amt oder einen Umbruch in der Zukunft“ sowie ein Negativ-Erlebnis, das mit einem älteren Mann zu tun habe. Die erste Analyse in Worten: „Eigentlich sehr erfüllend und positiv, die Sorgenkarten würde ich nicht überbewerten.“ Weil die Umgebungskarten durchweg positiver Natur seien und sich dadurch die negativen Kartenaussagen weniger problematisch darstellten. Die einzelnen Themenfelder könnten durch neue Karten ergänzt werden, so dass sich später ein detailliertes Bild ergebe, welches die Personen und Ereigniskarten näher erläutern. Petra Tiemann hat als starke Frau der Bezirks-SPD den jungen Stader Verwaltungsrichter Oliver Kellmer als Bundestagskandidaten aus dem Hut gezaubert und auch das Negativ-Erlebnis mit dem älteren Kollegen könnte als der Tod eines nahen Kollegen in der SPD-Landtagsfraktion gedeutet werden. Zur Beerdigung fuhr Petra Tiemann am Tag nach der Sitzung mit Sylvia Lenah. Zwei bis drei weitere Vermutungen, sollen erst am Jahresende überprüft werden, darauf einigen wir uns im Trio. Aber was ist mit dem neuen Job oder einem neuen Amt? „Bei mir stehen im nächsten Jahr keine Veränderungen an“, sagt die SPDPolitikerin. Doch die Kartenleserin ist sicher: „Da ist etwas zu sehen, irgendetwas im Zusammenhang mit Kindern.“ Und: Schon in naher Zukunft gelte es eine wichtige berufliche Entscheidung zu treffen, sagt Lenah. Petra Tiemann bleibt dabei: „Sorry, aber da steht nichts an.“ Wir verabreden uns zur Überprüfung neu, und zwar für den Dezember 2015. Z Sylvia Lenah beschäftigt sich seit 25 Jahren mit Zahlenmystik und der Deutung von Karten als sichtbares Bild des seelischen Bewusstseins. In diesem Jahr ist ihr Praxis-Buch erschienen: „Original Lenah Orakel“, es kostet 14,90 Euro im „estilodevida-Verlag“ und ist zu beziehen über ihre Homepage: www. estilodevida.de.