Digitale Bilder: Übers Internet ins Fotolabors
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Digitale Bilder: Übers Internet ins Fotolabors
ITMAGAZINE Digitale Bilder: Übers Internet ins Fotolabors 11. Juni 2001 - Viele Fotolobors entwickeln auch digitales Material, das via Internet zugestellt oder auf Datenträger geliefert wird. Die Resultate können sich sehen lassen. Es ist noch nicht lange her, da galten Digitalkameras als Spielzeuge für Computer-Fans. Ihrer geringen Auflösung wegen waren digitale Bilder für kaum mehr als für eine Publikation im Internet zu gebrauchen. Das hat sich radikal geändert: Eine digitale Kamera kostet zwar auch heute noch einiges mehr als ein analoges Modell. Bereits eine Kamera im mittleren Preissegment liefert aber gestochen scharfe Bilder - die Qualität ist so gross, dass nun auch traditionelle Farblabors sich für diesen Trend zu interessieren beginnen. Wer sich fürs Labor entscheidet, hat wiederum die Auswahl: Entweder er bringt das Speichermedium selber vorbei oder er schickt die Dateien über das Internet. Eine Reihe von Firmen bieten diese Dienstleistungen heute an. Problemlose Datenübertragung Photocolor Kreuzlingen - einer der grössten in der traditionellen Branche - offeriert den Service seit einem Jahr und baut diese Dienstleistung zur Zeit aus. Marketing-Leiter Carsten K. Peters will zwar keine Zahlen nennen, spricht aber insgesamt von einer "positiven Entwicklung". Vor allem in den letzten Monaten sind die Zuwachsraten nach oben geschnellt. Ganz ähnlich tönt es übrigens bei Colormailer. Nico Lugt, Direktor und Mitgründer, verweist auf ein Wachstum von 25 Prozent pro Monat. Eine stolze Zahl - allerdings dürften die effektiven Volumen noch sehr klein sein. Photocolor Kreuzlingen arbeitet mit einer proprietären Software von Fotowire, die zuerst heruntergeladen und danach auf dem Computer installiert werden muss. Das Programm erlaubt die Auswahl der Dateien auf der Harddisk und integriert in jedem Stadium eine Vorschau-Funktion. Dies ist unerlässlich für eine komfortable Selektion vor dem Übertragen der Bilddateien. Auch die Beschneidung der weissen Ränder, die unter Umständen entstehen können, ist problemlos möglich. Unsere 600 KB grossen Probefotos waren per ISDN in je einer Minute übermittelt. Wer 20 und mehr Bilder aufs Mal übertragen will, muss die Verbindung schon mal eine halbe Stunde offen halten und wählt aus Rücksicht auf den Geldbeutel mit Vorteil die günstigen Nacht- oder Wochenendstunden für den Upload der Dateien. Die Fotowire-Software reagiert auf einen allfälligen Unterbruch gutmütig und erlaubt einen Wiedereinstieg, ohne dass man nochmals von vorne anfangen muss. Der Kunde erhält die Bilder - genau gleich wie bei einer traditionellen Entwicklung - in einem dekorativen Umschlag nach zwei Werktagen. Keine Unterschiede zu traditionellen Aufnahmen Und wie sieht es mit den Resultaten aus? Wir haben unsere Versuche mit Bilddateien einer 1-Megapixel-Kamera (Sony PC 100), einer 2,4- und 3,3-Megapixel-Kamera gemacht (Olympus C 2000 und 3040). Die Papierbilder der Grösse 10x15 respektive 11x15 cm aus der 1-Megapixel-Kamera verrieten gelegentlich ihre digitale Herkunft, indem sie runde Begrenzungen leicht treppenartig wiedergaben. Oft wirkten sie zudem eigentümlich flach und farblos, zumal bei der kleinsten möglichen Auflösung von 640x480 Pixel. Etwas besser wirkten Bilder in der nächst höheren Auflösung von 768x1024 Punkten. Vorläufiges Fazit für die 1-Megapixel-Cam: Solange die Bilder nächst höheren Auflösung von 768x1024 Punkten. Vorläufiges Fazit für die 1-Megapixel-Cam: Solange die Bilder bei unproblematischen Lichtverhältnissen aufgenommen wurden, sind die Resultate zufriedenstellend, wenn auch nicht gerade berauschend. Fairerweise muss hier allerdings angemerkt werden, dass auch in der analogen Welt nicht alle Kameras tolle Ergebnisse liefern. Die Resultate von den beiden leistungsfähigeren Kameras zeigen derartige Einschränkungen nicht mehr: Auch aussenstehende Beobachter können den Papierbildern ihre digitale Herkunft nicht mehr ansehen. Die Auflösung beträgt hier allerdings auch 1200x1600 bzw. 2048x1536 Pixel. Die besten Resultate lieferten übrigens nicht Bilder, die im grellen Sonnenschein fotografiert wurden, sondern Aufnahmen, die bei relativ flachen Lichtverhältnissen entstanden. Dies hat allerdings nicht primär etwas mit der Entwicklung im Labor zu tun, sondern ist eine Eigenheit der heutigen CCD-Sensoren: Digitalkameras verarbeiten harte Kontraste eher schlecht. Digitalcam-Bilder enthalten etwa 10 bis 20 Mal weniger Bildinformationen als Fotos aus Kleinbildkameras. Darum lassen sie sich auch nicht beliebig vergrössern. Die Obergrenze für ein optimales Ergebnis liegt bei 3,3-Megapixel-Bildern heute bei 13x18 cm, unter sehr guten Bedingungen lassen sich sogar Vergrösserungen von 20x30 cm anfertigen. Diese Faustformel, so der Photocolor-Mann Peters, ist jedoch recht theoretisch, ein Versuch lohnt sich darum allemal. Proprietäre Software und browserbasierte Lösungen Ganz ähnlich wie der Service von Photocolor Kreuzlingen funktioniert auch der Digitalfoto-Service der Anbieter Fotolabo und Colormailer, die mit einer Reihe von Fotofachgeschäften zusammenarbeiten. Das Tool, das diese Firmen verwenden, stammt übrigens ebenfalls von der in Genf domizilierten Firma Fotowire. "Weltweit arbeiten bereits 100 Labor in 20 Ländern mit unserer Software", erklärt uns Verwaltungsrats-Präsident Alain Tawil-Kummermann. Es mag überraschten, dass die proprietäre Lösung bei einigen Anbietern beliebt ist. Dahinter stecken, so Peters von Photocolor, primär Marketing-Überlegungen: "Wir haben damit die Möglichkeit, unsere Marke eindeutiger zu profilieren und beim Kunden zu verankern". Oder im Klartext: Wer diese Software einmal auf seinem Computer installiert hat, wird nicht so schnell zu einem anderen Anbieter wechseln. Kundenbindung ist das Ziel. Die Kunden scheinen es nur bedingt zu schätzen - der Branchenpionier Colormailer erlaubt seit kurzem alternativ auch den Upload von Bilddatein via Browser. Auch die EPA arbeitet mit einer browserbasierten Lösung, die allerdings noch einige Schönheitsfehler aufweist: Wer mehr als ein Bild abschicken will - und das dürfte wohl die Mehrheit der Kunden sein - muss sich ein kleines Applet laden. Ein gravierender Nachteil hat diese Anwendung: Sie erlaubt keine Grössenanpassung und die ärgerlichen weissen Rändern lassen sich damit nicht immer vermeiden. Zudem waren die Fotos, die wir dort bestellt hatten, erst nach drei Werktagen in unserem Briefkasten. Ebenfalls mit einer browserbasierten Lösung arbeitet Kodak Schweiz. Auch hier muss zuerst ein Applet geladen werden. Diese Lösung ist nicht nur elegant, sondern integriert bei jedem Schritt auch die Thumbnail-Ansicht der Bilder. Kodak verrechnet die Kosten per Kreditkarte, währenddem Photocolor Kreuzlingen, Colormailer und EPA dem Kunden eine Rechnung schicken. Das mag etwas altertümlich anmuten, hat aber unzweifelhaft einen grossen Vorteil: Ohne gelieferte Ware fliesst auch kein Geld. Attraktive Dienstleistung Ganz klar: Diese Dienstleistung hat ein grosses Potential, denn egal ob analog oder digital erzeugt, als Kunde möchte man in vielen Fällen ein Papierbild nicht missen. Attraktiv ist die neue Dienstleistung auch finanziell: Die Preise für Fotoprints, deren Daten digital übermittelt wurden, liegen bei 55 Rappen pro Bild. Die Bearbeitungsgebühr übersteigt vier Franken nicht. Die anfallenden Telefonkosten dürften sich im Rahmen halten, wenn die Dateien abends oder nachts übertragen werden. Die Vorteile der Methode liegen ebenfalls auf der Hand: Der Kunde bezahlt nur für jene Bilder, die er wirklich will. Folgende Rechnung mag dies verdeutlichen: Ein Farbfilm kostet heute rund fünf Franken - die Entwicklung zwischen 20 und 25 Franken, total also 30 Franken. Damit erhält der Kunde 36 Bilder. Kaum einer klebt sich aber alle 36 Bilder ins Album, in der Regel begnügt man sich mit einer Auswahl. Wer mit einer Digitalkamera knipst, kann sich aus einem Pool von 100 oder mehr Bildern die 10 besten aussuchen und lediglich diese als Papierbilder drucken lassen. Kostenpunkt mit Bearbeitungs- und Versandspesen: knapp 15 Franken! Auch Kleinlabors, wie sie sich in der Regel in Einkaufszentren befinden, verarbeiten Digitalbilder. Sie sind aber deutlich teurer als ihre grossen Konkurrenten. Zudem erlauben sie meist keine Eingriffe in die Dateien: Der Kunde liefert die Bilder auf einem Speichermedium an und holt die Papierbilder einen Tag später wieder ab. Damit sind solche Labor allenfalls eine Alternative, wenn's einmal wirklich eilt. Eine weitere Alternative ist schliesslich das Profi-Labor wie zum Beispiel das Studio 13 in Zürich: "Wir verarbeiten schon seit Jahren digitale Daten", erklärt Geschäftsleiter Andreas Neef. Vergrösserungen dieses Fachlabors werden unter anderem für Leuchtkästen, für Messen und Ausstellungen oder für die Kinowerbung benötigt. Und die Dateien für solche Vergrösserungen werden schnell einmal unhandlich: 20 MB schickt niemand per Internet. "Der Transfer über einen Kurier ist hier meistens das schnellste", sagt Studio-13-Chef Neef. Dafür hat der Kunde Einfluss auf alle Kenngrössen. Neef: "Jedes Foto ist ein Massanzug". Tintenstrahl-Drucker als Alternative Papierbilder lassen sich natürlich auch weiterhin mit einem Drucker zuhause erzeugen. Wer etwa aus beruflichen Gründen auf hohes Tempo angewiesen ist und seinen Drucker ausschliesslich für Fotos einsetzt, wählt einen spezialisierten Foto-Drucker wie etwa den Sony DPP-SV55. Eine solche Lösunge, die mit dem Thermosublimations-Verfahren arbeitet, kostet rund 1000 Franken. Günstiger fährt man mit einem Tintenstrahler, der sich auch als Korrespondenz-Printer einsetzen lässt. Tintenstrahler, der sich auch als Korrespondenz-Printer einsetzen lässt. Wir machen mit einem brandneuen Epson Stylus Photo 890 die Probe aufs Exempel (Richtpreis: knapp 500 Franken). Unsere Probebilder drucken wir auf Epsons Hochglanz-Fotopapier. Dank der mitgelieferten Konfektionierungs-Software Epson Photo Quicker 2.0 geht das im Nu: Man braucht lediglich das Format zu wählen und das Papier einzulegen: Der Printer druckt auf Wunsch auch randlos, zudem verarbeitet er auch Fotopapier auf Rollen. Im Gegensatz zu den Bildern aus dem traditionellen Labor muss der Benutzer hier am Schluss noch einmal zur Schere greifen, um die Bilder, die in der Regel auf A4 Papier gedruckt werden, zu trennen. Die Resultate in verschiedenen Formaten dürften auch Tintenstrahl-Skeptiker überzeugen. Erst wenn man die Prints aus dem Labor neben die Prints aus dem Drucker legt, fallen kleine Unterschiede auf: Die Tintenstrahl-Prints sind vielleicht eine Spur weniger brillant. Das darf nicht erstaunen, werden die Bilder doch mit zwei völlig verschiedenen Technologien produziert. Unsere Begeisterung für diese Art der Bildproduktion erhält allerdings einen Dämpfer, als der Tintenstand-Melder unseres Epson Deskjets nach knapp 20 A4-Ausdrucken Ebbe im Farbtank anzeigt. Papierbilder aus dem Tintenstrahl Drucker sind teurer als jene aus dem Farblabor. Allein schon das Spezialpapier schlägt mir rund einem Franken pro A4 Bogen zu Buche. Ingesamt errechnen wir einen Preis von 80 Rappen bis einem Franken für ein Papierbild in der Grösse 9x13. Dem stehen 55 Rappen beim Grosslabor gegenüber. Was weit schwerer wiegt, ist allerdings die fehlende Haltbarkeit: Papierbilder aus dem Tintenstrahldrucker sind nicht resistent gegen ultraviolette Strahlen und lassen sich (noch) nicht sehr lange aufbewahren. Trotzdem hat auch das Papierbild aus dem Heimdrucker einen nicht zu vernachlässigenden Vorteil: Nur dieses Vorgehen erlaubt es, schon nach wenigen Minuten, ein fixfertiges Papierbild in den Händen zu halten. Dieses Argument überzeugt offenbar eine wachsende Zahl von Kundinnen und Kunden, denn die Modellvielfalt im Bereich der günstigen Tintenstrahl Drucker ist schon heute fast unüberblickbar. Und auch hier gibt es vielversprechende Entwicklungen: Drucker der neusten Generation wie beispielsweise der Epson Stylus Foto 895 machen den Computer überflüssig: Der Drucker holt sich die Daten via Adapter direkt aus dem Speichermedium der Kamera. Option für Profis? Sind umgekehrt solche Papierbilder aus den Labors von Photocolor, EPA oder Colormailer auch eine Option für Profis? Es gibt keine eindeutige Antwort auf diese Frage und zwar aus mehreren Gründen. Profis arbeiten generell selten mit Papierbildern: Im Bereich der Printmedien braucht es den Umweg über die Papiervorlage längst nicht mehr - hier werden digitale Dateien direkt weiterverarbeitet. Sie stammen entweder aus einem Farbdia, das von einem Hochleistungs-Scanner erfasst wurde, oder kommen direkt aus einer professionellen Digitalkamera. Ein Beispiel dafür ist die Nikon D-1, die sich in der schnellen Reportage-Fotografie bereits zum Standard entwickelt hat. Dasselbe gilt auch für andere Sparten, beispielsweise in der Werbung. Für den Geschäftsführer des Zürcher Profi-Labors Studio 13 ist klar, dass der Service von solchen Labors "für Profis nicht brauchbar sind". Ein Grund liegt in der automatischen Farbkorrektur, welche die meisten Labors machen. "Profi-Kunden wünschen genau definierte Farben", sagt der Geschäftsführer von Studio 13. Wird hingegen private Klientel bedient, liegen die Dinge anders, erklärt uns Nico Lugt von Colormailer: "Wir haben bisher bewusst auf solche automatischen Korrekturen verzichtet." Unsere Kunden erhalten somit eine konstante Qualität und können damit Farbanpassungen und Farbkorrekturen selber vornehmen". Genau dies hat in der Vergangenheit oft zu Resultaten geführt, welche nicht befriedigten. Darum will man bei Colormailer in Zukunft die automatische Farbkorrektur als Option anbieten. Copyright by Swiss IT Media 2017