KandidatenportraitsBTW2013

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KandidatenportraitsBTW2013
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Mindener Tageblatt
Lokales
Nummer 212 · Donnerstag, 12. September 2013
MT-THEMA: Bundestagskandidaten im Porträt
Die Redaktion des Mindener
Tageblatts stellt in ihren nächsten
Ausgaben die heimischen
Direktkandidaten für die
Bundestagswahl vor. Dazu wurden
die Politiker bei Terminen vor
Ort begleitet, es gibt einen
persönlichen Steckbrief und jeweils
drei gleiche Fragen.
BUNDESTAGSWAHL
2 13
STECKBRIEF
Name: Nadja Bühren
Alter: 36
Wohnort: Bad Oeynhausen
Höchste Ausbildung: im
Studium an der FH Bielefeld (Wirtschaftsrecht)
Berufliche Tätigkeit: häusliche Pflege Angehöriger
Bezahlte Nebentätigkeiten: Fraktionsgeschäftsführerin Die Linke, im Rat der
Stadt Bad Oeynhausen
Wesentliche ehrenamtliche Tätigkeiten und Funktionen derzeit: Kreissprecherin seit 2010; Stadträtin;
stellv. Fraktionsvorsitzende
seit 2009; Schatzmeisterin
im Sozialverband Bad
Oeynhausen.
Bisherige politische Entwicklung/wichtige Funktionen: seit 2008 Mitglied,
Landes- und Bundesparteitagsdelegierte, Kreisvorstandsbeisitzerin, Stadträtin.
Machen gemeinsam Wahlkampf beim Petershäger Altstadtfest: Nadja Bühren und Manfred Zaloudek aus Bierde.
Fotos: Ulrich Westermann
Schon Oma sagte: Du musst in die Politik
Bundestagswahl 2013: Nadja Bühren will Ideen der Linken transportieren / „Keine Chance für Einzug in Bundestag“
terial aus, schleppen einen
Sonnenschirm und eine Kühlbox heran. Doch nur wenige
Passanten werfen einen interessierten Blick auf den „roten“ Tisch zwischen all den
Flohmarktständen, so manchem steht die Skepsis ins Gesicht geschrieben.
„Es gibt bei solchen Veranstaltungen nur selten Diskussionen und Gespräche, aber
unsere kleinen Geschenke wie
Von Gisela Burmester
Minden/Petershagen (mt).
Schon ihre Oma sagte: „Kind,
Du musst in die Politik!“ Und
das tat Nadja Bühren dann
auch, wenn auch relativ spät.
Mit gut 30 Jahren trat sie in
die Partei Die Linke ein.
Sie komme aus einem politisch
interessierten, sozial engagierten Elternhaus, das sie geprägt
habe, sagt sie. „Schon mein
Vater hat in jungen Jahren Zivilcourage gezeigt und dagegen
protestiert, dass Meister ihre
Gesellen schlagen dürfen.“
Nadja Bühren und ihre Helfer haben am vergangenen
Samstag einen Informationsstand beim Petershäger Altstadtfest aufgebaut. Zahlreiche
Broschüren liegen aus, auch
die Parteizeitung, dazwischen
einige Äpfel, die Manfred Zaloudek in seinem Garten aufgesammelt hat und das parteipolitische Stillleben auflockern.
Dass die Linken-Früchte
dem in frisches Grün gekleideten CDU-Mann mit seinem
blank polierten, perfekten Apfel, den er auf einem Riesenplakat in die Kamera hielt,
Konkurrenz machen wollen,
gehört aber ins Reich der Märchen.
Denn Nadja Bühren weiß,
dass sie im Gegensatz zu anderen Kandidaten keine Chance
hat, in den Bundestag einzuziehen. „Da rechne ich mir
nichts aus, trotzdem ist Wahlkampf wichtig.“ Die Partei
wolle Flagge zeigen – „Es gibt
Kugelschreiber und Brillenputztuch werden gern genommen“, erzählt die Kandidatin.
Auch am vergangenen Samstag bleibt die Gruppe meist unter sich. Aber das kennt Nadja
Bühren ja schon, und es ärgert
sie nicht. Ihr ist jene Botschaft
wichtig, die hinten auf ihrer
signalroten Weste zu lesen ist:
„Hier ist die Linke.“
Persönliches Vorbild/Leitspruch/Maxime: Solange
du dich bemühst, andere zu
beeindrucken, bist du von
dir selbst nicht überzeugt.
Solange du danach strebst,
besser als andere zu sein,
zweifelst du an deinem eigenen Wert. Solange du
versuchst, dich größer zu
machen, indem du andere
kleiner machst, hegst du
Zweifel an deiner Größe.
Wer in sich ruht, braucht
niemandem etwas zu beweisen. Wer um seinen
Wert weiß, braucht keine
Bestätigung. Wer seine
Größe kennt, lässt den anderen ihre.
@ Video ab heute Nachmittag
Drei Fragen an ...
Nadja Bühren, Die Linke
Für das Foto mischt sich Nadja Bühren unters Volk. Normalerweise bleibt die zurückhaltende Politikerin am Infostand.
die Linke.“ – und Vorurteile in
der Bevölkerung abbauen.
„Man nimmt uns nur als Nachfolgepartei der SED wahr, unser Ruf ist schlecht.“
Drei bis vier Stunden des Tages verbringt Nadja Bühren
mit Wahlkampf, seitdem die
heiße Phase Mitte August angelaufen ist. Doch Klinkenputzen gehört nicht dazu. „Das ist
mir zu aufdringlich.“ Es sei
nicht ihre Art, auf Menschen
einzureden und ihnen das Gefühl zu geben, sie zu bedrängen. „Das täte ich auch nicht,
wenn ich bessere Aussichten
hätte.“
Der anstrengende Wahlkampf, der ständige Präsenz
und Profilierung verlangt, gehört noch längst nicht zum Alltag der Kandidatin. „Mein
Adrenalinspiegel ist hoch. Un-
gewohnt waren anfangs Podiumsdiskussionen, da war ich
ziemlich nervös. Aber mittlerweile klappt es gut.“
Unterstützung
durch Parteifreunde
Nadja Bühren selbst sieht
sich als engagierte Macherin
und gute Organisatorin, die
sich auch für Basisarbeit nicht
zu schade ist. Demokratie sei
ihr wichtig, sagt sie, und ein
Mitspracherecht aller Mitglieder bei wichtigen Entscheidungen. Auch weiß sie die Unterstützung der Basisgruppe im
Wahlkampf zu schätzen.
Und so wird sie auch beim
Petershäger Altstadtfest von
mehreren Parteifreunden unterstützt: Sie bauen den Stand
auf, legen das Informationsma-
Warum soll man Sie
wählen?
Jeder der mich wählen
möchte, wählt eine Alternative zu den Kandidaten der
etablierten Parteien. Mir geht
es darum, eine Chance zu eröffnen, dass jeder nach seinen Interessen und Fähigkeiten leben kann und sich
nicht neoliberalem Gedankengut unterwirft. Das beinhaltet neben den sozialpolitischen Punkten meiner Partei
auch eine persönliche Haltung anderen gegenüber. Alles kann, aber nichts muss.
Welche Biografie
würden Sie einem Schulabgänger schenken?
Die spannendste Biografie
ist die eigene, sich sein Leben aufzubauen und seine
Wünsche und Hoffnungen
umzusetzen. Jeder Mensch
ist ein Individuum, das in sei-
ner Persönlichkeit einzigartig und unersetzbar ist. Vorbildern nachzueifern, ist
praktisch unmöglich und
frustriert einen jungen Menschen nur, da er dies oft nur
schwer erreicht.
Haben Sie schon einmal
an einer Demonstration
teilgenommen – an welcher bzw. warum nicht?
Für mich ist es wichtig an
Demonstrationen gegen Sozialabbau und Rechtsextremismus teilzunehmen, da es
wichtig ist, sich für Demokratie und ein solidarisches
Miteinander aktiv einzusetzen. Denn die Grenzen verlaufen nicht zwischen den
Völkern, sondern zwischen
Arm und Reich. Besonders
wichtig in diesem Zusammenhang ist die Demonstration UmFairteilen am 14.
September in Bochum.
Nadja Bühren im Alter von
zwei Jahren.
Foto: pr
Persönliche Motivation für
Übernahme der Kandidatur: Neugierde und die
Hoffnung, etwas zu verändern. Ich möchte den Umgang und das Handeln der
Menschen miteinander neu
inspirieren. Dazu sind die
sozialpolitischen Themen
meiner Partei gemacht, und
ich möchte sie mit den Bürgerinnen und Bürgern auch
nach der Wahl leben.
Hobbys, Lieblingsessen:
Ich fotografiere gerne und
am liebsten esse ich Indisch.
Eine an Mitmenschen geschätzte bzw. störende Eigenschaft: Ehrlichkeit, Gewalt in jeder Form
Selbsteinschätzung: sozial
engagiert, selbstkritisch
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Mindener Tageblatt
Lokales
Nummer 213 · Freitag, 13. September 2013
MT-THEMA: Bundestagskandidaten im Portrait
Die Redaktion des Mindener
Tageblatts stellt die heimischen
Direktkandidaten für die
Bundestagswahl in einer
kleinen Serie vor. Dazu wurden die
Politiker bei Terminen vor Ort
begleitet, es gibt einen persönlichen
Steckbrief und jeweils drei gleiche
Fragen.
BUNDESTAGSWAHL
2 13
STECKBRIEF
Name: Andreas Eickmeier
Alter: 59
Wohnort: Hüllhorst
Familienstand/Kinder:
verheiratet/2 Töchter
Derzeitige berufliche
Tätigkeit:
Groß-AußenhandelsKfm /
Mittelst. Unternehmer
Bezahlte Nebentätigkeiten, wesentliche
ehrenamtliche Tätigkeiten
und Funktionen derzeit
(ggf. seit wann):
Ehrenvorsitzender
Reiterverein Herzog
Wittekind, Oberbauerschaft; Prüfungsmitglied
IHK Fachkaufmann für
Außenwirtschaft
Bisherige politische
Entwicklung/wichtige
Funktionen:
Fraktionsvorsitzender
FDP Kreistagsfraktion
Mi-LK; Ortsvorsitzender
FDP Hüllhorst;
stellv. Kreisvorsitzender
FDP Minden-Lübbecke;
Mitglied Vorstand FDP
Bezirksverband OWL
Andreas Eickmeier macht es im Wahlkampf besonders viel Spaß, die grundlegenden Unterschiede zwischen Grünen und FDP zu servieren.
„Mittelstandspolitik ist auch Sozialpolitik“
Kandidaten im Porträt: Andreas Eickmeier tritt zum zweiten Mal für die Liberalen an / Kein vorderer Platz auf der Liste
Von Hartmut Nolte
Minden (mt). Der Bundesaußenminister nickt beifällig,
als Andreas Eickmeier von
der Bedeutung guter Ausbildung und Förderung des
Leistungswillens junger Leute spricht. Beide stehen nebeneinander auf der kleinen
FDP-Bühne auf dem Mindener Marktplatz.
Andreas Eickmeier ist zum
zweiten Mal Kandidat der Liberalen im Wahlkreis 134. Anders als sein Vorgänger Günther Nolting, der über die Liste
den Einzug ins Parlament
schaffte, hat der 58-jährige
Eickmeier keine Chance darauf, diesmal nicht und nicht
vor vier Jahren. Bei der FDP
braucht man einen vorderen
Platz auf der Landesliste.
Den haben die beiden
Hauptmatadore von SPD und
CDU bei ihren Parteien. Frustrierende Ausgangsposition?
Nicht für Eickmeier. Einer
muss es machen und für eine
Idee muss man auch bereit sein
zu kämpfen, sagt er. Für die
Kandidatur hat er schon erfolgreich gekämpft, 43 von 60
Mitgliedern gaben ihm bei der
Aufstellung ihre Stimme, ein
überzeugender Sieg für den
Hüllhorster gegen seinen Herausforderer, den Stadtverbandsvorsitzenden der Kreisstadt Minden.
Kämpfen kann Eickmeier
gut. „Ich muss um jeden Auftrag kämpfen, in meinem Metier ist Leistung jeden Tag gefordert“, sagt der Unternehmer. Erfolgreich um Aufträge
Andreas Eickmeier auf dem Podium mit Außenminister Guido
Westerwelle (r.) und Kai Abruszat (MdL).
Fotos: Alex Lehn
kämpfen, heißt für ihn, für Arbeit sorgen und damit Arbeitsplätze schaffen. „Die kommen
nicht von allein“, sagt er. Sein
Unternehmen Objekt Design
Gmbh (ODS), Spezialist im
Ladenbau aus Lübbecke, das
er seit 1988 führt, hat er ausgebaut und international aufgestellt, ODS-Servicecenter gibt
es inzwischen in Kanada, Spanien und Südafrika.
Der 58-Jährige ist zwar
schon seit seiner Jugend ein Liberaler, hat aber erst später zur
Politik gefunden, trat 1989 in
die Partei ein. „Es war Genschers Rede auf dem Balkon
der deutschen Botschaft in
Prag, da war für mich klar, dass
man für die Freiheit auch was
tun muss. Seitdem bin ich politisch aktiv.“
23 Jahre ist das her, und sein
kommunalpolitisches Engagement ist seine Basis, erst im
Gemeinderat Hüllhorst, seit
2009 auch im Kreistag, wo er
die kleine FDP-Fraktion führt,
„Politische Arbeit vor Ort ist
mir wichtig,“ sagt Eickmeier.
Ein Parteimensch ist er nicht,
es gehe ihm um die Sache.
Welches Feld der Bundespolitik in besonders interessiert?
„Mittelstands- und Bildungspolitik“, kommt die Antwort
ohne Zögern. Beides hängt für
ihn zusammen. „Der Mittelstand ist der Motor der Wirtschaft, er schafft Arbeits- und
Ausbildungsplätze, mittelständische Betriebe haben das
stärkste Eigeninteresse an guter allgemeiner und beruflicher
Bildung.“ Im Grunde sei das
auch gute Sozialpolitik.
Und dann macht er den
grundlegenden Unterschied in
den Auffassungen der politischen Grundströmungen deutlich. Nicht sozial, sondern so-
zialistisch ist für ihn ein „Gouvernanten-Staat“, der alles regeln wolle und damit die Freude an und den Willen zur Leistung lähme. Als Hauptvertreter
dieser Gegenrichtung hat er
die Grünen ausgemacht. Die
haben den Liberalen den Gefallen getan, mit der Forderung
nach einem „staatlich verordneten vegetarischen Tag“ die
Unterschiede zwischen Grün
und Gelb plastisch servieren
zu können. Hier spürt man bei
dem an sich ruhig, gelassen
und sachlich wirkenden Kandidaten, dass ihm in solchen
Momenten der Wahlkampf
richtig Spaß macht. Andersherum will er die FDP nicht ins
Klischee „Partei der Großkonzerne“ stellen lassen, deren
Macht dürfe den Mittelstand
nicht gefährden.
Bei der Mindener Wahlkampfveranstaltung muss er
den Polit-Promis Außenminister Guido Westerwelle und
FDP-Landeschef
Christian
Linder das Hauptinteresse der
Zuhörerschaft überlassen. Ihm
bleibt ein knappes persönliches und regionalpolitisches
Statement. Aber eigentlich
kämpfen die Spitzenleute aus
Berlin und Düsseldorf weniger
um Erststimmen für ihn, als er
für Zweitstimmen für sie.
Persönliches Vorbild:
H.D. Genscher
Persönlicher Leitspruch:
Wenn die Menschen
die Regierung fürchten,
ist das Tyrannei /
Wenn die Regierung die
Menschen fürchtet,
ist das Freiheit.
John Basil Barnhill
Persönliche Motivation
für Übernahme der
Kandidatur:
Wer keine Politik macht,
mit dem wird Politik
gemacht.
@ Video auf MT-Online
Drei Fragen an . . .
Andreas Eickmeier, FDP
Warum soll man
Sie wählen?
Die FDP zieht mit einem klaren Gegenentwurf zu SPD,
Grünen und Linken in den
Bundestagswahlkampf 2013.
Vollbeschäftigung,
Schuldenabbau, mehr Wohlstand
für alle, diese Ziele sind zum
Greifen nahe. Aber wenn wir
diese Ziele erreichen wollen,
dann muss der eingeschlagene Weg stringent weiter verfolgt werden. Als mittelständischer Unternehmer weiß
ich, dass ideologisch motivierte
Steuererhöhungen
zwar den linken Wahlkampf
befeuern, aber mehr Schaden
anrichten als Nutzen bringen. Ein konsequentes EU-
weites Vorgehen gegen die
Steuervermeidungstaktiken
der von Managern geführten
Großunternehmen
wird
mehr bringen als naive Steuererhöhungspläne per Gießkanne.
Welche Biografie würden
Sie einem Schulabgänger
schenken?
Der lange Weg zur Freiheit,
Nelson Mandela.
Haben Sie schon mal
bei einer Demonstration
teilgenommen?
Ja, letztens in Detmold – gegen die Errichtung eines Nationalparks
Teutoburger
Wald.
Gewünschtes Arbeitsfeld
im Falle des Mandatsgewinns:
Mittelstandspolitik
Hobbys: Reisen, Tauchen
Lieblingsessen:
alles mit Fisch
Je eine an Mitmenschen
hauptsächlich geschätzte
bzw. störende
Eigenschaften:
störend – Verlogenheit; geschätzt – Offenheit
Selbsteinschätzung. Zwei
(je eine „positiv“ und „negativ“) Eigenschaften:
störend – Ungeduld;
geschätzt – Verläßlichkeit
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Mindener Tageblatt
Lokales
Nummer 211 · Mittwoch, 11. September 2013
MT-THEMA: Bundestagskandidaten im Portrait
Die Redaktion des Mindener
Tageblatts stellt die heimischen
Direktkandidaten für die
Bundestagswahl in einer
kleinen Serie vor. Dazu wurden die
Politiker bei Terminen vor Ort
begleitet, es gibt einen persönlichen
Steckbrief und jeweils drei gleiche
Fragen.
Über Gott und die Welt mit Burghard Grote
Kandidat der Grünen kommt aus Lübbecke / Wahlkampf in den Fußgängerzonen der Städte des Kreises
Von Stefan Koch
Minden (mt). Auf seinem Plakat trägt er einen Schlips –
doch leibhaftig daneben gibt
er sich mit offenem Hemd
und Jeans leger: Burghard
Grote wartet für die Grünen
am Mindener Wahlkampfstand auf das Gespräch. Am
22. September steht er als
Direktbewerber für ein Bundestagsmandat zur Verfügung.
Hinter ihm haben an diesem
Samstag noch drei andere Parteien ihre Stände aufgebaut –
man besucht den politischen
Gegner und plaudert. Fast
freundschaftlich. Doch der 67Jährige gibt sich gern auch mal
sperrig: „Der hat mich angeguckt wie‘n Reh beim Kacken“, beklagt er sich über einen Bekannten einer anderen
Partei, der ihn bei einem früheren Wahlkampftag offenbar
wie Luft behandelt hatte. Jetzt
aber soll Frieden sein mit
Burghard Grote und freundlich plaudern die anderen mit
ihm weiter.
Weil Wahlkampf ist, muss
Grote jetzt jeden zweiten Tag
in die Öffentlichkeit hinaus.
Am diesem Samstag folgt auf
seinen Vormittagstermin in
Minden sogar ein weiterer in
Petershagen. Begleitet wird er
dabei von Rainer Priggen, dem
Fraktionsvorsitzenden
der
Grünen im nordrhein-westfälischen Landtag. Unter den
Schirmen am Markt mit dabei
sind auch der Kandidat der
letzten Bundestagswahl Uwe
Lämmel nebst Sohn, Horst
Idelberger und Bettina Fugh,
Mitinitiatorin der „Essbaren
Stadt“ – jener bürgerschaflichen Begrünungsaktion, die
im Frühjahr in Minden für
Schlagzeilen sorgte.
Kein Geld für die
Erziehung der Kinder
Und die sich offenbar noch
nicht bis zu Grotes Wirkungskreis herumgesprochen hat.
Auf die Grünkübel der Martinitreppe in Gartenschlauchspritzweite angesprochen erzählt er von seiner Begegnung
mit einem urbanen Pflanzprojekt in Andernach: „Da hatte
ich mir eine Tomate abgepflückt, die schmeckte lecker.“
Wie in Minden solle man das
auch in Lübbecke einführen.
Politik muss etwas zu bieten
haben. Grüne Becher, grüne
Tüten mit Gummibärchen,
eine grüne Pepperoni-Schote
mit dem Zettel „Scharf auf den
Wechsel“ und natürlich gelbe
Sonnenblumen gibt’s deshalb
am Stand. Nur wenige Passanten bleiben stehen, und Grote
nutzt den Leerlauf, um mit
Wahlkampfhelferin
Katja
Sonntag die weiteren Veranstaltungen durchzusprechen:
Was ist zum Thema Rente und
Frauen zu sagen? Ist es gerecht, dass Frauen weniger als
Männer verdienen? Soll es
sein, dass Frauen nach ihrer
Familienphase Einbußen bei
der Altersvorsorge erleiden?
Grote zündet sich bereits den
zweiten Zigarillo an. Wahlkampf ist Stress.
„Meine Frau war selbststän-
BUNDESTAGSWAHL
2 13
STECKBRIEF
Name, Alter, Wohnort, Familienstand/Kinder, höchste Ausbildung, derzeitige
berufliche Tätigkeit: Burghard Grote, 67 Jahre,
wohnhaft in Lübbecke, geschieden und liiert in neuer
Partnerschaft, sechs Kinder, Maschinenbau-Studium mit Examen, Konstrukteur, jetzt Rentner.
Bezahlte Nebentätigkeiten, wesentliche ehrenamtliche Tätigkeiten und
Funktionen derzeit (ggf.
seit wann): Grünes Ratsmitglied in Lübbecke und
stellvertretender Bürgermeister seit neun Jahren sowie im Ausschuss für Schule, Bildung und Kultur seit
1994.
Bisherige politische Entwicklung/wichtige Funktionen: Grüne Parteimitgliedschaft seit 1979, sachkundiger Bürger in Ausschüssen der Stadt Lübbecke seit 1994, Stadtratsmitglied in Lübbecke und stellvertretender Bürgermeister
seit 2004. Delegierter der
Grünen Landeskonferenzen NRW und der Grünen
Bundeskonferenzen seit
2005.
Persönliches Vorbild/Leitspruch/Maxime: Mahatma
Gandhi; Gleiche Chancen
für alle.
Burghard Grote geht mit seiner Wahlkampfhelferin Katja Sonntag noch einmal die Positionen zur Rentenproblematik von Frauen
durch.
MT-Foto: Stefan Koch
dig. Ich habe die Kinder großgezogen. Dafür bekomme ich
keinen Cent“, hatte er zuvor einer älteren Dame zum Rententhema erklärt. Seine ungewöhnliche Biografie, darunter
auch die Rolle als Hausmann,
erlaubt ihm die notwendige
Perspektive auf die Dinge jetzt
im Wahlkampf. Nach der
Flucht seiner Familie aus dem
Osten wuchs er in Holsen im
Mühlenkreis auf, lernte Konstrukteur, arbeitete als selbstständiger Gastronom in Bielefeld, ging dann in die USA
(„ich habe auch heute noch ein
Dauervisum“), lebte einige
Jahre in Minden, engagierte
sich in Lübbecke im Stadtrat
und ist dort stellvertretender
Bürgermeister. Wichtig sind in
der Lebensbilanz seine sechs
Kinder, und er erwähnt sie oft.
Überhaupt ist Grote jemand,
der viel zu erzählen hat. Der
beste Ort ihm zuzuhören wäre
wohl eine Raucherkneipe –
denn er zündet sich nun schon
den dritten Zigarillo an. Doch
gerade das hat seine Partei ausdrücklich per Koalitionsvertrag in Nordrhein-Westfalen
unterbunden. „Ich bin gegen
dieses generelle Rauchverbot
und habe auch auf dem Bundesparteitag
dagegen
gestimmt“, bekundet Grote.
Als Sohn eines Fleischers
gegen Massentierhaltung
Ihn wurmt, dass seine Partei
nun ausgerechnet mit Themen
ins Umfragetief gerät, die seiner Auffassung von Freiheit
widersprechen. Und dazu gehört auch der sogenannte Veg-
Drei Fragen an ...
Burghard Grote, Die Grünen
Warum soll man
Sie wählen?
Statt sozialer Spaltung brauchen wir ein neues Miteinander und eine soziale, nachhaltige Wirtschaft. Dafür setze ich mich ein, wenn ich gewählt werde.
Welche Biografie würden
Sie einem Schulabgänger
schenken?
Jeder Schulabgängerin und
jedem Schulabgänger würde
ich die Möglichkeit bieten,
einen Beruf zu ergreifen oder
ein Studium anzutreten.
Haben Sie schon mal
bei einer Demonstration
teilgenommen?
Ich habe an diversen Demonstrationen
teilgenommen: Gegen den Vietnamkrieg in den 60er und 70er
Jahren, für die Abschaffung
des § 218 1975, gegen die Raketenstationierung der Pershing II 1983, gegen Atomkraft seit 1973 – zuletzt am
09.03.2013 gegen das AKW
Grohnde.
gie-Day (dt. „Gemüsetag“), jenes Vorhaben der Grünen, den
Deutschen einen vegetarischen Wochentag zu verordnen. „Mein Vater war Fleischer, was soll ich dazu sagen?“, ärgert sich Grote, fügt
anschließend aber hinzu, dass
er ein Gegner der industriellen
Massentierhaltung sei.
Als Gegner war Grote übrigens schon früh aktiv (siehe
Fragen unten). Und er widersetzt sich Barrieren. Ständig.
Der 67-Jährige braucht nämlich freie Fahrt für seinen Rollstuhl – eine Folge der Kinderlähmung, an der er mit zwei
Jahren erkrankt war. Grote
nennt es das „Handicap“.
Er blickt sich um: „Ich bin
kein Behinderter, ich werde
behindert.“ Überall im öffentlichen Raum werde Rollstuhlfahrern das Leben schwer gemacht. Selbst die Rampen
stellten noch eine Einschränkung dar. Auch dagegen einzuschreiten sei sein politisches
Anliegen. „Die Gesetze werden nämlich von Leuten gemacht, die nicht auf einen
Rollstuhl angewiesen sind.“
Aber kaum jemand interessiert sich jetzt neben der Burkino-Faso-Tombola auf dem
Markt für die Botschaften der
Grünen. Die haben sie in neun
Punkten zusammengefasst auf
Kärtchen gedruckt. Aber die
Kärtchen bleiben liegen. So
klärt Grote derweil mit dem
Wahlkampfveteranen Lämmel
die Relevanz der Steuerpläne
seiner Partei und die Frage,
wer denn ein Reicher sei: Ein
arbeitendes Akademikerpaar
käme zwar locker über
100 000 Euro Jahresverdienst,
aber die diskutierte Mehrbelastung mache nicht bange – so
der Konsens. Grote berichtet
Priggen von den Erfahrungen
seines Sohnes im Polizeidienst
– ein harter Weg in den Beruf
mit Einsätzen bei Demonstrationen und Fußballspielen.
Auch die Lebensläufe und Perspektiven der anderen Kinder,
einige studieren noch, sind
Thema. Und dann wendet sich
ein Bürger in Form eines Vertreters einer Christengemeinde
an Grote. Man unterhält sich
über Gott, der für Christen,
Moslems und Juden doch der
gleiche sei. Der Kandidat stellt
fest, dass kein Geistlicher Waffen segnen dürfe.
„Mein Dienstrollstuhl
braucht kein Öl“
Fast schon ist der Termin in
Minden vorbei, als jemand
kommt, der den Grünen einmal die Meinung sagen will.
Ungeliebtes Thema ist jetzt der
jüngste Skandal um den geschassten Staatssekretär Udo
Paschedag im niedersächsischen Landwirtschaftsministerium, der entgegen der Richtlinien eine Luxuslimousine
brauchte. „Die Grünen wollen
weg vom Öl und deshalb verbrennen sie es“, zitiert der Passant genüsslich einen Satiriker.
„Mein Dienstrollstuhl braucht
kein Öl“, kontert Grote. Dann
macht er sich auf den Weg
nach Petershagen. Der zweite
Teil des Wahlkampfsamstags
wartet dort auf ihn.
@ Video auf MT-Online
Persönliche Motivation für
Übernahme der Kandidatur: Ich möchte dazu beitragen, die Gesellschaft
menschlicher und lebenswerter zu gestalten.
Burghard Grote hat sich
schon vor der Zeit der Grünen engagiert.
Foto: pr
Gewünschtes Arbeitsfeld
im Falle des Mandatsgewinns: Sozialpolitik, Jugendpolitik, Verbesserungen für Menschen mit Handicap, Gestaltung des demographischen Wandels.
Hobbys, Lieblingsessen:
Angeln, Skat, Handball, Literatur, Musik; Rouladen
vom Biohof und Schwarzsauer.
Je eine an Mitmenschen
hauptsächlich geschätzte
bzw. störende Eigenschaften: Ehrlichkeit und Offenheit; Heuchelei und Hinterhältigkeit.
Selbsteinschätzung. Zwei
(je eine „positiv“ und „negativ“) Eigenschaften: ehrlicher Querdenker; ungeduldig.
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Mindener Tageblatt
Lokales
Nummer 205 · Mittwoch, 4. September 2013
MT-THEMA: Bundestagskandidaten im Portrait
Die Redaktion des Mindener
Tageblatts stellt in ihren nächsten
Ausgaben die heimischen
Direktkandidaten für die
Bundestagswahl vor. Dazu wurden
die Politiker bei Terminen vor
Ort begleitet, es gibt einen
persönlichen Steckbrief und jeweils
drei gleiche Fragen.
BUNDESTAGSWAHL
2 13
STECKBRIEF
Name: Alexander Jäger
Alter: 27
Wohnort: Minden
Familienstand/Kinder: ledig/keine Kinder
Höchste Ausbildung: Staatlich geprüfter informationstechnischer Assistent mit
Fachhochschulreife
Derzeitige berufliche Tätigkeit: Student und selbstständig
Bezahlte Nebentätigkeiten, wesentliche ehrenamtliche Tätigkeiten und
Funktionen: ErstsemesterTutor bei der FH Bielefeld
im Bereich Wirtschaft
Bisherige politische Entwicklung/wichtige Funktionen: im Vorstand der Piratenpartei Minden-Lübbecke als Schatzmeister seit
August 2010 (ohne Verdienst), Direktkandidat
Landtagswahl 2012 im
Wahlkreis Minde-Lübbecke II
Persönliches Vorbild/Leitspruch/Maxime: Mut zum
Ändern
Selber machen heißt die Devise beim Wahlkampf der Piraten. Sowohl an der Ringstraße als auch an der Königstraße hat Kandidat Alexander Jäger (27) selbst Plakate
mit seinem Foto und dem Slogan „Mut zum Ändern“ aufgehängt.
Fotos (2): Alex Lehn
Selbst ist der Pirat – auch im Wahlkampf
Bundestagswahl 2013: Alexander Jäger (27), Student der Wirtschaftsinformatik, kandidiert für die Piratenpartei
Von Anja Peper
Minden (mt). Der NSA-Skandal, sollte man meinen, sei
Wasser auf die Mühlen der
Piraten. Briefgeheimnis fürs
Internet, Wahrung der Privatsphäre, Netzneutralität –
ihre ureigensten Ziele. Ob die
Welle der Entrüstung letztlich hoch genug schlägt, um
die Piraten in den Bundestag
zu spülen, muss sich am 22.
September zeigen.
Während andere Kandidaten
von diversen Helfern plus
Bundesprominenz unterstützt
werden, heißt die Devise hier:
Selbst ist der Pirat. Alexander
Jäger (27), Student der Wirtschaftsinformatik, hat die Plakate mit seinem eigenen Gesicht auch selbst aufgehängt.
Königstraße, Ringstraße, einige andere stark befahrene Strecken. Er kandidiert für die Piratenpartei. Die Plakate haben
ihren zweiten großen Auftritt,
sie waren auch schon bei der
Landtagswahl 2012 im Einsatz. Dass überhaupt Personen
zur Wahlwerbung genutzt werden, finden nicht alle Piraten
gut: Einige würden sich lieber
auf die Slogans wie „Mut zum
Ändern“ beschränken.
Zumindest in OWL ist Alexander Jäger ein Pirat der ersten Stunde: Beim ersten
Stammtisch (2009) war der
Student schon dabei und ist
auch bei der Stange geblieben,
als die Anfangseuphorie ver-
ebbte. „Ich bin dort nicht das
einzige Urgestein.“ Bei den
jüngsten Umfragen der Meinungsforschungsinstitute
konnte die Piratenpartei nicht
immer
die
Fünf-ProzentSchwelle knacken, die Parteien für den Einzug in den Bundestag überwinden müssen.
Demnach sind vielen Wählern
Themen wie Wohlstand im Alter näher als Netzpolitik. Ob
die Piraten bei der Wahl von
der NSA-Affäre profitieren
werden oder nicht – für Alexander Jäger ist Prism-Enthüller Edward Snowden ein Held,
der Asyl in Deutschland verdient hätte. Der freie, anonyme
und unzensierte Informationsaustausch im Internet ist von
Anfang an eines ihrer zentralen Ziele.
Kenner vieler
Programmiersprachen
Dass Alexander Jäger sein
politisches Zuhause ausgerechnet bei den Piraten gefunden hat, ist anhand seiner Biografie leicht nachzuvollziehen.
Schon als Kind las er „Computerbild“. In der achten Klasse
erstellte er für die Hauptschule
Lahde die offizielle Schulhomepage. Heute beherrscht er
diverse Programmiersprachen,
repariert
Rechner
selbst,
macht als Wirtschaftsinformatiker sein Hobby zum Beruf.
Geboren 1986, mit dem Internet aufgewachsen: „Digital Natives“ nennt man diese Generation, für die ein Leben ohne
Internet und Handy kaum vorstellbar wäre. Das Netz beeinflusst sein Leben weit mehr als
die Tatsache, dass er seine familiären Wurzeln in Kirgisien
hat. Mit fünf Jahren kam er
nach Deutschland, seit 2007
lebt er in Minden.
Als Nerd sieht der
Kandidat sich nicht
Nachtleben: Seine Vielseitigkeit stellt der 27-jährige Student als
DJ unter Beweis.
Drei Fragen an ...
Alexander Jäger, Die Piraten
Warum soll man Sie wählen?
Es ist Zeit für einen Generationswechsel und besseren
Umgang mit den neuen Medien und deren Möglichkeiten.
Welche Biografie würden
Sie einem Schulabgänger
schenken?
Keine, ich würde mir die Zeit
nehmen und mich mit ihm
unterhalten.
Haben Sie schon mal bei
einer Demonstration teilgenommen?
Ja, und ich war Organisator
der beiden Anti-ACTA-Demonstrationen in Minden.
Diese waren am 11. Februar
2012 und am 25. Februar
2012.
„Aufstehen, Rechner starten, Mails abrufen“: So beginnt sein Tag. Als Nerd sieht
er sich nicht: Es gibt durchaus
ein Leben neben dem Internet. Wenn der 27-Jährige
nicht gerade an der Fachhochschule Bielefeld studiert, beschäftigt er sich mit EventManagement, IT-Consulting,
arbeitet als DJ, liest Science
Fiction oder schaltet ab beim
Angeln am Kanal. Vielseitigkeit findet er wichtig, darum
hält er auch viel von der Unternehmenskultur bei Google:
„Dort ist es üblich, dass sich
die Mitarbeiter an einem Tag
pro Woche mit einem fremden
Projekt beschäftigen.“ Das
fördere die Kreativität und sei
daher ein guter Ansatz, um
starre Strukturen zu durchbrechen. Deutschland, meint er,
müsse beim Web 2.0 nicht
zwingend
hinterherhängen,
aber der Mangel an IT-Fachkräften sei Realität: „Warum
sonst sind Google, What’s
App oder Facebook nicht aus
Deutschland gekommen?“
@ Video auf MT-Online.
Geboren 1986: Ein typischer Vertreter der Generation Internet.
Foto: pr
Persönliche Motivation für
Übernahme der Kandidatur: Wenn man es nicht selber macht, dann macht es
keiner!
Gewünschtes Arbeitsfeld
im Falle des Mandatsgewinns: Urheberrecht, Soziales und Bildung
Hobbys: Angeln
Lieblingsessen: Nudelgerichte
Eine an Mitmenschen
hauptsächlich geschätzte
bzw. störende Eigenschaft:
Ehrlichkeit, Unpünktlichkeit
Selbsteinschätzung: Nennen Sie uns bitte je eine Ihrer „positiven“ und Ihrer
„negativen“ Eigenschaften: + Gelassenheit,
– Unordentlichkeit
8
Mindener Tageblatt
Lokales
Nummer 207 · Freitag, 6. September 2013
MT-THEMA: Bundestagskandidaten im Portrait
Die Redaktion des Mindener
Tageblatts stellt die heimischen
Direktkandidaten für die
Bundestagswahl in einer
kleinen Serie vor. Dazu wurden die
Politiker bei Terminen vor Ort
begleitet, es gibt einen persönlichen
Steckbrief und jeweils drei gleiche
Fragen.
Polit-Tour von Imbissbude bis Kirchturm
BUNDESTAGSWAHL
2 13
STECKBRIEF
Name: Steffen Kampeter
Von Untiefen und Höhen im Bundestagswahlkampf / Unterwegs mit Steffen Kampeter / Knalleffekt bei den Landfrauen
Alter: 50
Von Dirk Haunhorst
Wohnort: Minden
Minden (mt). Bisweilen erscheint politisches Leben als
eine einzige Talkshow, moderiert von all den Plasbergs,
Wills und Illners, bei denen
geschminkte und gut ausgeleuchtete Gäste einander ins
Wort fallen. Steffen Kampeter hat zuletzt häufiger in
solchen Runden gesessen,
dort lustvoll gerauft und sich
oft schlagfertig verkauft.
Familienstand: verheiratet,
3 Kinder
Doch als an diesem Freitagnachmittag vorm WEZ an der
Lübbecker Straße eine alte
Frau auf ihn zuläuft, ist weder
der
Bundestagsabgeordnete
noch der Staatssekretär gefragt. Die Frau schmeißt ihm
ganz ungeschminkt ihr Leben
vor die Füße. Oder besser den
Scherbenhaufen, der von diesem Leben übrig ist.
Kampeter steht seit einer
Stunde am Supermarkt, zwischen Eingang und Imbissbude, die in großen Lettern ein
„halbes Maxi-Hähnchen mit
40 Prozent mehr Genuss“ für
4,45 Euro anbietet. Der CDUMann erwartet keine Wunder,
in dieser Gegend wählten die
Leute eher SPD, meint er, als
ein Passant das Prospektangebot kopfschüttelnd ablehnt. Es
gehe hier nicht um knallharten
Stimmenfang, solch eine Aktion betrachte er vielmehr als
Barometer, das ihm anzeige,
wie die Stimmung so sei.
Nun, die Stimmung am
WEZ ist neutral, keineswegs
unfreundlich. Kampeter, der
bereits als Endzwanziger im
Bundestag saß, hat früher oft
erlebt, wie ihn Leute beschimpften. Dieser Wahlkampf
ist anders. „Die Menschen haben nicht gerade den Eindruck, dass das Haus rockt“,
umschreibt er die allenthalben
beklagte Langeweile. Wenn
Kampeters WEZ-Aktion tatsächlich als Barometer dient,
dann wirkt die Frage eines Jugendlichen, der den Kandidaten im Vorbeigehen mustert,
wie ein Stimmungsaufheller.
„Ist das der Echte?“, fragt er
staunend. Ja, er ist es, das Original sitzt heute weder im Bundestag noch bei Plasberg.
Merkels Flugzeug und
ein kaputtes Leben
Dann erscheint die ältere,
gehbehinderte Frau. Kaum in
Kampeters Hörweite schimpft
sie schon auf „die Merkel“, die
sich doch ihr Flugzeug so teuer
ausstatten lasse, während andere den Strom nicht bezahlen
könnten. Dann erzählt sie im
Zeitraffer ihre Geschichte vom
kaputten Leben, gestorbenen
Kindern, finanziellen Nöten.
Kampeter erfährt das Sternzeichen der Frau, bekommt
Lebensweisheiten mit auf den
Weg („Tue recht und scheue
niemand“) und schaut ob des
Wortschwalls, der sich vor ihm
ergießt, einigermaßen verdattert. Zwischendurch versucht
er, ein Gespräch zu führen
(„Was kann ich denn für Sie
tun?“), gibt Tipps zur Briefwahl und wünscht schließlich
eher ratlos einen „schönen
Einkauf“. Der Kandidat blickt
der alten Frau hinterher. „Vom
Höchste Ausbildung: Diplom-Volkswirt
Berufliche Tätigkeit: Mitglied des Bundestages, Parl.
Staatssekretär
Bezahlte Nebentätigkeiten, wesentliche ehrenamtliche Tätigkeiten und
Funktionen derzeit: Nach
dem Gesetz gilt der Parl.
Staatssekretär als Nebentätigkeit. Darüber hinaus engagiere ich mich ehrenamtlich im Sport als Vorsitzender des TuS Eintracht Minden und für die Kultur.
Gestenreiche Überzeugungsarbeit: Steffen Kampeter war im August Gast der Petershäger Landfrauen. MT-Fotos: Dirk Haunhorst
Leben gebeutelt“, sagt er und
vermutet, dass sie anscheinend
niemanden hat, mit dem sie reden kann.
Eine Stunde später fühlt
Kampeter sich deutlich wohler. Gesprächsrunde in Sankt
Martini. Die Gemeinde hat
Geld aus dem Denkmalschutzprogramm des Bundes erhalten, Kampeter lässt sich von
Pfarrer, Architekt und Stiftungsrat über den Fortgang der
Arbeiten informieren, vergisst
auch nicht, seinen eigenen
Beitrag zu erwähnen. Hier ist
er nicht nur Gast, sondern
gleichsam Moderator. Wenn es
ihm passt, fällt er anderen
schon mal ins Wort, bietet
Kostproben seiner denkmalpflegerischen
Kenntnisse
(„Noch schlechter als keine
Restaurierung ist eine schlechte Restaurierung“), kontrolliert
zwischendurch die Uhr (der
nächste Termin in Rahden
wartet), will aber vorher noch
die Baustelle auf dem Kirchturm besichtigen.
Knackige Zitate vom
verbalen Raufbold
Bevor sich Kampeter langweilt, fängt er lieber an zu raufen. Verbal, versteht sich. In
Talkshows schaut er zuweilen
scheinbar unbeteiligt vor sich
hin, oft schmunzelnd. Vermutlich legt er sich dann einen
Spruch zurecht. Knackige Zitate kann er. „Preußen ist
wichtiger als Griechenland“,
sagte er neulich am Kaiser-Wilhelm-Denkmal.
Manchmal, sozusagen als
kommunikative
Aufwärmübung, bekommen Journalisten ihr Fett weg. Dem Berichterstatter hält er am WEZMarkt zur Begrüßung einige
Fehler im MT-Artikel über
Merkels Minden-Besuch vor.
Und auf dem Martini-Kirchturm fragt er den Schreiber, ob
das Gewölbe dessen Gewicht
aushalte. „Ich bin kilomäßig
im zweistelligen Bereich“, lautet die Antwort. Kampeter (105
Kilo) mag solche Konter. Sein
Körpergewicht macht er oft
selbst zum Thema.
Zum Beispiel bei den Petershäger Landfrauen in Meßlingen. Das Sommergespräch mit
Drei Fragen an ... Steffen Kampeter, CDU
Warum soll man Sie wählen?
Der Mühlenkreis braucht Erfahrung für Berlin. Ich vertrete unsere Region seit vielen Jahren in Berlin. Dabei
ist uns gemeinsam viel für
unsere Heimat gelungen:
mehr Wahlfreiheit für Familien, sichere Arbeit und Ausbildung, Schutz unserer Heimat und Denkmäler. Vieles
liegt noch vor uns: weiterhin
faire
Rahmenbedingungen
für die Arbeitsplätze ermöglichen, den demografischen
Wandel gestalten, die Bildungsmöglichkeiten
im
Mühlenkreis
verbessern.
Auch wenn mich meine Arbeit als Staatssekretär fordert, habe ich in den letzten
Jahren nie vergessen, woher
ich komme und für wen ich
arbeite.
Jahrhunderts, das mit der
Wiedervereinigung Deutschlands und Europas eine gute
Wende genommen hat. Ist
zwar dick – kann aber in Portionen gut verdaut werden.
Welche Biografie würden
Sie einem Schulabgänger
schenken?
Hans-Peter Schwarz (Helmut
Kohl: Eine politische Biografie) hat ein tolles Buch über
Helmut Kohl geschrieben. Es
ist nicht nur Biografie, sondern eine Geschichte des 20.
Haben Sie schon einmal an
einer Demonstration teilgenommen - an welcher
bzw. warum nicht?
Na klar. Als Mitglied der Jungen Union haben wir in den
Achtzigern oft für Demokratie
in der DDR demonstriert. Als
Abgeordneter habe ich auch
Ganz oben: Kampeter auf dem Dach von St. Martini.
schon auf Demonstrationen
geredet, wie bei den Protesten
gegen Giftmüllablagerungen
im Nordkreis. Eher überraschend bin ich 1991 in Moskau in eine Pro-GorbatschowDemonstration geraten. Gorbatschow war von Demokratiegegnern auf der Krim interniert worden und die Menschen zogen zu Tausenden vor
das Parlament. Da bin ich natürlich mitgegangen.
Aktuell versuche ich politische Ziele aber eher im Parlament durchzusetzen.
Steffen Kampeter als politische
Gartenparty mit Grillwürstchen, Saft und Sekt. Wohlfühlfragen zum Auftakt. Kampeter
berichtet über seinen Urlaub an
der See und kleine Probleme
der Kinder („Diesmal hatten
wir Sonnenbrand, früher war es
Mittelohrentzündung“), redet
über sein gutes Verhältnis zu
Finanzminister Schäuble und
dessen „riesiges Programm“
(„Ich glaub, ich würde schlappmachen“) und seine eigenen
Versuche in Sachen Work-LifeBalance („Ich bin übergewichtig und habe Bluthochdruck“),
die ihn dreimal pro Woche
auf den Cardiotrainer steigen lassen.
Kampeter ist im Garten
der Familie Lührmann
Gast, hat aber ein
Heimspiel.
Seine
Botschaft: „Uns geht
es nicht schlecht, wir
müssen uns aber
mehr anstrengen als
in den vergangenen
drei, vier Jahren, damit der
Wohlstand gehalten wird.“
Die Frauen sorgen sich um
die Landwirtschaft, die Versorgung mit Hausärzten, um sinkende Einwohnerzahlen in
den Dörfern, weil Kinder fehlen. Kampeter antwortet, er
teile die Sorgen. In der Landwirtschaft müssten lebensfähige Betriebsgrößen geschaffen
werden, die Hausärzte brauchten ein besseres Honorar, und
das Kindergeld müsse weiter
erhöht werden. Für den Nachwuchs könne die Politik aber
nicht selber sorgen. „Die Lufthoheit über den Ehebetten sollen die Eltern behalten.“ Solche Sprüche kommen an.
Für den einzigen Knaller an
diesem beschaulichen Abend
sorgt eine Sektflasche, von der
plötzlich der Korken emporschießt. Manchmal ist Zufall
der beste Stichwortgeber.
Kampeter spricht soeben über
die solide deutsche Finanzpolitik; ihretwegen gehe es dem
Land gut. Der Korken ist kaum
gelandet, da nimmt Kampeter
die Steilvorlage bereits auf.
„Wir haben halt nicht die Sektkorken knallen lassen.“
@ Video auf MT-Online
Bisherige politische Entwicklung/wichtige Funktionen:
Seit 1990 Mitglied des Bundestages, 2005-2009 Haushaltspolitischer Sprecher
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, seit 2009 Parl.
Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen,
1999-2011 Kreisvorsitzender der CDU, seit Juni 2012
Bezirksvorsitzender der
CDU OWL und stellv.
CDU-Landesvorsitzender
Persönliches Vorbild/Leitspruch/Maxime: Ich schätze Menschen wie Wilhelm
Krömer, die Politik immer
aus dem Blickwinkel der
Menschen gemacht haben.
Persönliche Motivation
für Übernahme der
Kandidatur: Nur wer
mitgestaltet, kann etwas verbessern.
Mein Mandat ist
für mich kein Beruf, sondern Auftrag, das Leben
für die Menschen besser zu
machen.
Gewünschtes Arbeitsfeld
im Falle des Mandatsgewinns: Ich trete weiter für
eine solide Haushaltsführung, einen stabilen Euro
und den Abbau unserer
Schuldenlast ein. Mein Arbeitsschwerpunkt bleibt
aber der Mühlenkreis.
Hobbys: Der Garten hat einen großen Stellenwert.
Musik und ein gutes Buch
sind auch eine besondere
Leidenschaft von mir.
Lieblingsessen: Ein Lieblingsgericht habe ich nicht.
Ich esse aber gerne, was ich
selber koche.
Je eine an Mitmenschen
hauptsächlich geschätzte
bzw. störende Eigenschaft:
Ich bin Ostwestfale und
schätze bodenständige und
zuverlässige Menschen.
Unpünktlichkeit ist mir ein
Graus.
Selbsteinschätzung: Zwei
(je eine positive und „negative“) Eigenschaften:
positiv: Tatendrang
negativ: Ungeduld
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Mindener Tageblatt
Lokales
Nummer 206 · Donnerstag, 5. September 2013
MT-THEMA: Bundestagskandidaten im Portrait
Die Redaktion des Mindener
Tageblatts stellt in ihren nächsten
Ausgaben die heimischen
Direktkandidaten für die
Bundestagswahl vor. Dazu wurden
die Politiker bei Terminen vor
Ort begleitet, es gibt einen
persönlichen Steckbrief und jeweils
drei gleiche Fragen.
BUNDESTAGSWAHL
2 13
STECKBRIEF
Verteilt seine Prospekte
selbst: Achim Post sucht den
direkten Kontakt zum Wähler.
Ob das ausreicht, um die
SPD-Stammwähler an die
Urnen zu treiben, muss sich
noch herausstellen.
Fotos: Alex Lehn
Name: Achim Post
Alter: 54 Jahre
Wohnort: z. Zt. Berlin
Familienstand/Kinder:
verheiratet, zwei Kinder
Höchste Ausbildung:
Dipl. Soziologe
Derzeitige berufliche Tätigkeit: Leiter der Abteilung
Internationales der SPD
Bezahlte Nebentätigkeiten, wesentliche ehrenamtliche Tätigkeiten und
Funktionen: Generalsekretär der Sozialdemokratischen Partei Europas
Bisherige politische Entwicklung/wichtige Funktionen: Diverse Funktionen
bei den Jusos und in der
SPD
Persönliches Vorbild/Leitspruch/Maxime: Mein Vater und Willy Brandt / „Es
gibt nichts Gutes, außer
man tut es“ (Erich Kästner)
Wenn der Post gleich zweimal klingelt
Bundestagswahl 2013: Achim Post (54) aus Rahden kämpft für die SPD um den Wahlkreis / Viele Hausbesuche
Von Nadine Conti
Minden (mt). Als Nachfolger
des langjährigen Lokalmatadoren Lothar Ibrügger hatte
Achim Post einen schweren
Stand: Zu unbekannt, zu
blass, befanden viele.
Prompt verlor der Rahdener
den Wahlkreis an Steffen
Kampeter von der CDU. Doch
der 54-Jährige gibt nicht auf.
In diesem Wahlkampf setzt
er aufs Klinkenputzen.
Es soll ja Politiker geben, die
lieben Wahlkampf. Händeschütteln, Schultern klopfen,
Marktplatz-Reden. Die beherrschen den Clinton-Griff: Rechte Hand geben, mit der Linken
nachfassen, tief in die Augen
blicken.
Achim Post steht vor dem Supermarkt in Lahde und hat beide Hände voll mit Postkarten
und Flugblättern. „Guten Morgen. Darf ich Ihnen das mitgeben?“, fragt er, als wäre er ein
x-beliebiger Prospekte-Verteiler. Wenn die Leute nicht
schnell genug weitergehen,
schiebt er den zweiten Standardsatz hinterher: „Achim
Post mein Name. Ich kandidiere hier für den Bundestag“. Die meisten gönnen ihm einen Seitenblick, greifen zu, nicken
und gehen weiter.
Als „Direktkontakt“ zählen
die Wahlkampfstrategen sie
trotzdem. Müssen sie auch.
60 000 davon hat die SPD sich
für den Wahlkampf im Mühlenkreis
vorgenommen.
Bei
300 000 Einwohner bedeutet
das: Jeder Fünfte soll einmal
persönlich angesprochen worden sein, vom Kandidaten
selbst oder einem seiner zahlreichen Helfer.
Als Mittel der Wahl gelten in
diesem aufregungsarmen Wahlkampf Hausbesuche. Heute ist
Wietersheim dran. Auch die
Hausbesuche verlaufen nach
dem gleichen Schema. Post federt im Zickzackkurs durch die
Siedlung, klingelt an jeder Tür,
sagt sein Sprüchlein auf, drückt
den überrumpelten Bürgern ein
paar Prospekte in die Hand –
und wünscht noch einen schönen Tag, bevor denen eine Reaktion eingefallen ist.
„Erinnert mich an meine Semesterferienjobs als Postbote“,
sagt er fröhlich. Ein wirkliches
Gespräch entsteht allerdings
selten. „Doch, ein paar Mal bin
ich auch zum Kaffee eingeladen
worden“, erzählt Post.
Da
müsse
wechselt hat, bevor man den
wählt.“ Allerdings, räumt sie
auf Nachfragen ein, die Merkeltruppe hätte sie nun ohnehin
nicht gewollt. Damit gehört sie
allerdings durchaus in die Zielgruppe dieser Hausbesuche.
Denn bei denen geht es weit
eher darum, die Stammwählerschaft zu mobilisieren, als darum, grundlegende Überzeugungsarbeit zu leisten.
Ob es allerdings ausreicht,
wenn die Leute einmal in
Achim Posts freundliches Harry-Potter-Gesicht geschaut und
Kein politisches
Leichtgewicht
„Achim Post mein Name. Ich kandidiere für den Bundestag.“
Drei Fragen an ...
Achim Post, SPD
man dann
allerdings aufpassen,
sonst schaffe man nur drei
Hausbesuche pro Stunde.
„Das ist doch eine nette Geste“, behauptet Renate Hagemeier, die den Kandidaten gutgelaunt im Vorgarten empfängt.
„Das ist doch was anderes,
wenn man das Gesicht mal gesehen und ein paar Worte ge-
seine angenehme Stimme gehört haben, wird sich am 22.
September herausstellen.
Für Post geht es dabei mehr
um die Ehre als die Existenz:
Sein Einzug in den Bundestag
ist über die Landesliste abgesichert. Aber natürlich möchte er
nicht unbedingt in die Geschichte eingehen als der Kandidat, der es geschafft hat, einen
Wahlkreis, der seit 1949 fest in
SPD-Hand war, an das CDUSchwergewicht Steffen Kampeter zu verlieren. Wer wird sich
am Ende schon noch daran erinnern, dass es 2009 zu wesentlichen Teilen eben auch der
Bundestrend war, der ihm den
Rest gegeben hat.
Warum soll man Sie wählen?
Weil ich mich für Soziale Gerechtigkeit und die Interessen der Menschen im Mühlenkreis engagiert und verlässlich einsetze.
Welche Biographie würden Sie einem Schulabgänger schenken?
„Links und Frei“ von Willy
Brandt
Haben Sie schon einmal
an einer Demonstration
teilgenommen – an
welcher bzw. warum
nicht?
Da sind im Lauf der Jahre
schon etliche zusammengekommen … Die erste Großdemonstration, an der ich
teilgenommen habe, war im
Jahr 1976, damals für „Bessere Bildung“.
Und zuletzt habe ich die
Beschäftigten der Wasserund Schifffahrtsverwaltung
bei ihrer Demo auf der
Schlagde in Minden unterstützt.
Womit im Übrigen nicht gesagt werden soll, dass Post ein
politisches Leichtgewicht wäre,
auch wenn er erheblich schlanker ist als sein wichtigster Konkurrent.
Der 54-jährige Rahdener hat
vielmehr eine ziemlich klassische Parteikarriere hinter sich:
Engagierte sich schon als Student bei den Jusos, wurde
gleich nach dem Studium der
Soziologie an der Uni Bielefeld
Mitarbeiter verschiedener Bundestagsabgeordneter, darunter
Hans-Jürgen Wischnewski.
Seit 1999 ist er Mitglied des
SPD-Parteivorstandes,
zehn
Jahre lang fungierte er als stellvertretender Bundesgeschäftsführer, seit 2012 ist er Generalsekretär der europäischen Sozialdemokraten und Sozialisten.
Klar, er verstehe Leute, die
ihm genau das zum Vorwurf
machen, sagt Post. „Niemand
von uns findet es gut, wenn sich
die Biografien immer mehr angleichen und bestimmte Berufs-
Persönliche Motivation für
Übernahme der Kandidatur: Ich habe auf vielen politischen Ebenen wertvolle
Erfahrungen sammeln und
Verbindungen knüpfen
können: Diese möchte ich
jetzt als Abgeordneter für
die Menschen im Mühlenkreis nutzen.
Gewünschtes Arbeitsfeld
im Falle des Mandatsgewinns: Arbeit und Soziales;
Verkehr, Wirtschaft und Infrastruktur
Hobbys: Fussball, Handball, Tischtennis, Lesen
Lieblingsessen: Die Linsensuppe meiner Mutter
Je eine an Mitmenschen
hauptsächlich geschätzte
bzw. störende Eigenschaften: Geschätzt: Verlässlichkeit / Störend: Wichtigtuerei
Selbsteinschätzung: Zwei
(je eine positiv und „negativ“) Eigenschaften: Positiv: Zuverlässigkeit; negativ: Ich kann mit Wichtigtuern nicht immer souverän
genug umgehen …
gruppen oder soziale Schichten
im Bundestag gar nicht mehr
vertreten sind.“
Andererseits könne er dazu
nur sagen: Es ist eben auch kein
einfaches Geschäft. „Ein Neuling braucht vier Jahre, um sich
im Bundestag zu orientieren,
und dann noch einmal vier, um
vielleicht etwas zu bewirken.“
Er hingegen hat sein Lehrgeld
schon vor langer Zeit bezahlt:
„Ich kenne den Laden, ich
weiß, was ich tue.“
Und – das betont er gern – er
ist einer von hier: In Rahden geboren, in Espelkamp zur Schule gegangen, in Minden Zivildienst gemacht, in Bielefeld studiert. „Ich wäre niemals in irgendeinem anderen Wahlkreis
angetreten, nur weil dort gerade
etwas frei geworden ist“, sagt er.
@ Video auf MT-Online