Multidimensionales Vertriebscoaching

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Multidimensionales Vertriebscoaching
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Vertrieb
Multidimensionales
Vertriebscoaching
Messbare Erfolgsfaktoren einer Vertriebsbank
Im Zeitraum Frühjahr bis Ende Sommer 2006 führte die VR-Bank WerraMeißner eG eine Verkaufs trainingsund Coaching-Maßnahme durch. Eingebunden waren Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter der Serviceberatung,
der Kundenberatung, der Spezialberatung (Baufinanzierung und Wertpapiere) sowie Führungskräfte der dritten und zweiten Führungsebene. Das
Ziel war die Weiterentwicklung des
verkäuferischen Potenzials von operativ tätigen Mitarbeitern und Führungskräften im Sinne der nachhaltigen weiteren Erhöhung der Kunden zufriedenheit und der noch besseren
Kundenbindung, was sich letztlich in
steigenden Deckungsbeiträgen bemerkbar machen sollte.
Die VR-Bank Werra-Meißner eG weist
eine Bilanzsumme von ca. 670 Millionen Euro aus und betreut in 16 Filialen und weiteren neun Selbstbedienungs-Stellen mit insgesamt 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ihrem Marktgebiet rund 45.000 Kunden.
Über den Verlauf der Verkaufstrainings- und Coaching-Maßnahme berichtet der Vorstandsvorsitzende der
VR-Bank Werra-Meißner eG, Stefan
Fross. Sein Interviewpartner von GenoConsult GmbH ist Axel Zimmermann.
Aus welchem Grund dachten Sie
über ein Verkaufstrainings- und
Coaching-Projekt zur Vertriebsoptimierung in der VR-Bank
Werra-Meißner nach?
Fross: Eigene Erkenntnisse sowie diverse Marktuntersuchungen haben
ergeben, dass wir unser Potenzial bei
unseren Kunden bei weitem nicht
ausschöpfen. Es geht also nicht um
das Thema „Neukundengewinnung“,
sondern um die intensivere Zusammenarbeit mit den bestehenden
Kunden.
Obwohl wir seit geraumer Zeit steigende Provisionserlöse verzeichnen,
können wir mit der Vertriebsleistung
insgesamt noch nicht zufrieden sein.
Während unsere Marktanteile im Versicherungs- und Bauspargeschäft
über den Durchschnittswerten vergleichbarer Geno-Banken liegen, haben wir im Wertpapier- und Fondsgeschäft noch deutlichen Nachholbedarf. Auch bei den Kundeneinlagen
besteht Handlungsbedarf.
Wir müssen feststellen, dass wir die
bei uns bereits angelegten Gelder
zum wiederholten Male umschichten,
uns jedoch die Generierung von
neuen Volumina schwer fällt.
Ein weiterer Grund liegt in der unterschiedlichen Qualifizierung unserer
Mitarbeiter. Insbesondere im Servicebereich unseres Hauses haben wir Entwicklungspotenzial. Dabei geht es
nicht um die fachliche Weiterbildung
unserer Mitarbeiter. Diese nehmen wir
– über unseren internen Schulungskatalog – selbst vor. Für die Entwicklung
der persönlichen Kompetenz benötigen wir jedoch externe Unterstützung. Hinzu kam, dass es unseren Mitarbeitern teilweise an Selbstvertrauen
mangelte. Ein gesundes Selbstverständnis aufzubauen, um mit dem
Kunden „auf Augenhöhe“ zu verhandeln, zählte ebenso zu den Zielsetzungen dieses Projekts.
Wie war die Reaktion Ihrer Führungskräfte auf das von Ihnen
geplante Projekt? Gab es Wi derstände?
Fross: Die Reaktion unserer Führungskräfte war positiv. Es gab keinerlei Widerstände, da den Führungskräften aus ihrer täglichen
Führungsarbeit die Schwachstellen
bekannt sind. Widerstand gab es zu
Beginn des Projekts bei den Mitarbeitern. Generelle Angst vor Neuem und
vor Veränderungen, aber auch die
Sorge, dass die Trainer Informationen
aus dem Coaching an die Führungskräfte weitertragen, wurden in der
Auftaktveranstaltung geäußert.
Wir haben von Beginn an deutlich
gemacht, dass die Maßnahme dazu
dient, jeden Einzelnen individuell vertrieblich stärker zu machen und den
Mitarbeitern zugesagt, dass die Erkenntnisse aus dem Coaching durch
den Trainer und den Mitarbeitern zu
erörtern sind und bei Bedarf gemeinsam weiterer Schulungsbedarf zu planen ist. Diese Vertrautheit zwischen
Trainer und Mitarbeiter ist unseres Erachtens einer der Schlüssel zum Erfolg der Vertriebsintensivierungsmaßnahme. Denn nur wenn der Mitarbeiter sicher ist, dass sein Verhalten –
insbesondere seine Fehler – nicht
durch den Trainer weitergegeben
wird, wird er sich in den Kunden gesprächen authentisch zeigen.
Bedenken gab es zunächst angesichts
der vermeintlich wenigen CoachingTage im Verhältnis zur Anzahl der
Mitarbeiter. Die Akzeptanz, die die
Trainer bei den Mitarbeitern aufgebaut haben, hat diese Bedenken
allerdings zerstreut.
Wie viele Gesellschaften nahmen am sogenannten „Beauty
Contest“, der vergleichbaren
Leistungspräsentation, in Ihrem
Haus teil?
Fross: Wir sind nicht der Meinung,
ein Dutzend Gesellschaften einzubinden, um dann das scheinbar beste
auszuwählen. Denn je mehr Gesellschaften sich präsentieren, je schwerer wird es, Unterschiede herauszuarbeiten. Wir binden die Partner ein,
mit denen wir bereits in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht
haben und beschränken diese in der
Anzahl auf maximal drei.
Aus welchen Gründen haben Sie
sich letztendlich für die Beratung durch GenoConsult GmbH
entschieden?
Fross: Letztendlich ausschlaggebend
für uns war der geschilderte Pragmatismus der Coaching-Maßnahme. Uns
wurden keine theoretischen Abhandlungen präsentiert, sondern bereits
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während der Vorstellung waren die
beiden Trainer anwesend, sodass wir
uns ein Urteil über die handelnden
Personen bilden konnten. Die versprochene Umsetzungsbegleitung am
Point-of-Sale sowie die Individualität
im Vorgehen haben uns überzeugt.
Dass die GenoConsult von ihrer eigenen Arbeit überzeugt war, zeigt sich
konnte ein neutraler Dritter über unsere bisherige Vorgehensweise ein
Urteil abgeben und Verbesserungspotenzial aufdecken.
Im Nachhinein müssen wir festhalten,
dass dies vor dem Hintergrund der erwarteten Nachhaltigkeit dieses Vertriebsprojekts ein wichtiger und richtiger Baustein gewesen ist.
auch in der Risikobeteiligung durch
ein erfolgsabhängiges Beratungshonorar.
Außerdem haben wir das Angebot, in
diese Maßnahme von Beginn an unseren Vertriebsservice zu integrieren,
sehr gern aufgenommen. Dadurch
wurde eine Vertriebskampagne von
der Idee bis zum Verkauf am Kunden
begleitet. Diese ganzheitliche Betrachtung hat nur die GenoConsult
angeboten. Durch die Einbindung unseres Vertriebsservice in das Projekt
Wie wurde der Projektverlauf
von Ihnen, Ihren Führungskräften und vor allem Ihren operativ tätigen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern aufgenommen?
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Fross: Zu Beginn völlig unterschiedlich. Wie schon geschildert herrschten anfängliche Widerstände, die jedoch insbesondere bei Mitarbeitern
im Service- und Privat-Kundenbereich
schnell abgelegt wurden. Der in die-
sen Bereichen tätige Trainer wurde
quasi adoptiert und als eigener Mitarbeiter akzeptiert. Das mitarbeiterorientierte Training mit praktischen,
sofort umsetzbaren Verkaufshilfen
wurde sehr positiv beurteilt. Ein
Grund hierfür ist sicherlich auch in
der Vorbildfunktion des Trainers zu
sehen. Hier wurden nicht nur Erläuterungen und Verbesserungsvorschläge
gegen, sondern der Trainer hat selbst
– im Beisein des Mitarbeiters – Kundengespräche geführt oder telefonisch Termine vereinbart. Unsere Mitarbeiterumfragen, die den Trainern
durchweg ein gutes Zeugnis ausstellen, belegen die positive Resonanz
dieses Vorgehens.
Die Widerstände waren dort größer,
wo die Trainer Hinweise bezüglich
der Aufbau- und Ablauforganisation
gaben. Dies war zwar nicht ursächlicher Projektauftrag, wurde aber
vom
Projektlenkungsteam
gewünscht. Letztendlich wurden alle
Vorschläge von unserem Haus aufgegriffen, was zum Teil sogar mit einschneidenden Maßnahmen verbunden war. Auch liebgewonnene Gewohnheiten aller Führungskräfte
wurden infrage gestellt. Hier ist jedoch zu beachten, dass der eigentliche Fokus, nämlich die Vertriebsorientierung zu forcieren, nicht von
organisatorischen
Analysen
verdrängt wird.
Insgesamt waren die Widerstände jedoch geringer als erwartet. Wir führen das auch auf das kollegiale Miteinander zwischen Mitarbeitern und
Trainern sowie den regelmäßigen,
sehr intensiven Erfahrungsaustausch
im Projektlenkungsteam zurück.
Welches sind die für Sie und Ihr
Haus wichtigsten Projektergebnisse? Was hat Ihnen das Projekt ganz konkret gebracht?
Fross: Man könnte es allein monetär
sehen: Aus aktueller Sicht zeichnet
sich ab, dass sich der Projektaufwand
durch Provisionserträge aufgrund der
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Vertriebserfolge
der
Mitarbeiter
selbst tragen wird. Das bedeutet,
dass sich unser Investitionsaufwand
durch
drei
Vertriebskampagnen
innerhalb eines Zeitraums von rd.
neun Monaten aus den dadurch erzielten Provisionsergebnissen egalisieren wird.
Die monetäre Sichtweise greift jedoch zu kurz. Das wichtigste Ergebnis ist, dass der Mitarbeiter konkret
und in hoher Zahl Vertriebserfolge
verspürt. Dies mag banal klingen und
ist sicherlich beim Berater nicht die
Ausnahme. Im Servicebereich – der
nach wie vor von Laufkundschaft geprägt ist – sind telefonische Terminvereinbarungen mit anschließenden –
erfolgreichen – Kundengesprächen
nicht die Regel.
Durch ein Kampagnenmanagement
und die unmittelbare Umsetzungsbegleitung wurden die Mitarbeiter in
ihrer Akquisitionstätigkeit erfolgreicher. Dies wird belegt durch statistische Daten, die in der Spitze bis zu
gut 50 Prozent Terminquote bestätigen. Das Kampagnenmanagement
war – trotz Definition von Produkten
– bewusst nicht ausschließlich auf
den Verkauf des definierten Produkts
ausgerichtet, sondern hatte stets –
auch im Service – den ganzheitlichen
Beratungsansatz zum Ziel. Die Kampagne als solche war also in vielen
Kundenkontakten
„Mittel
zum
Zweck“. Im Laufe des Zeitverlaufs der
Kampagnen konnte beobachtet werden, dass nicht nur die Terminquote
deutlich stieg, sondern auch die
Cross-Selling-Quote (Abb. 1).
Die Quoten der Terminvereinbarungen und des Cross-Sellings (besser:
Cross-Buying aus Kundensicht) sind
von „Kampagne 1“ zu „Kampagne 2“ erheblich gestiegen, was
zum einen an der zielorientierteren
und stringenteren Gesprächsführung
und zum anderen am stärkeren Fokus
auf den Kundennutzen festgemacht
werden kann.
Immer dann, wenn dem Kunden der
Nutzen für ein Gespräch deutlich
wurde, wurde der Termin wahrgenommen und die Abschlusswahrscheinlichkeit war sehr hoch. Als Ergebnis werden wir in der Zukunft den
Kundennutzen noch mehr als bisher
in den Vordergrund stellen. Die in
den
einzelnen
Regionalmärkten
unterschiedlichen Termin- und CrossSelling-Quoten geben Anlass zu weiteren Analysen, um zu einem BestPractice zu gelangen.
Zudem lieferte das Projekt Anstöße
zur Entwicklung der Führungsqualität
in der zweiten und dritten Führungsebene. Die Nachhaltigkeit derartiger
Vertriebsintensivierungs-Maßnahmen
ist eben von der Qualität der Führungskräfte abhängig. Hier arbeiteten die Trainer der GenoConsult sehr
intensiv mit den Führungskräften.
Abgerundet wurde die Arbeit der GenoConsult durch die beschriebene Integration unseres Vertriebsservice. Es
wurden Anstöße für das Vertriebssystem durch Einsatz der Marktpotenzialanalyse zur Unterstützung des Vertriebsmanagements und dessen Effizienzverbesserung in der Vertriebssteuerung gegeben.
Sind Sie mit dem Projektverlauf
und den Projektergebnissen
zufrieden? Wurden die prog nostizierten Ziele, nämlich im
Wesentlichen eine messbare Intensivierung und Aktivierung
des operativen Vertriebs, erreicht?
Fross: Wir sind mit dem Projektverlauf zufrieden. Insbesondere unsere
im Vertrieb tätigen Mitarbeiter, die an
der Coaching-Maßnahme teilnahmen, äußern sich sehr positiv über
das Gelernte. Hier wird immer wieder
der Einsatz einer strukturierten Verkaufshilfe hervorgehoben. Wir sind
sicher, dass durch das intensive Training der Einsatz des VR-Finanzplans
in Zukunft als Selbstverständlichkeit
angesehen wird. Denn der ganzheitliche Beratungsansatz beginnt zuerst
bei der Einstellung des Mitarbeiters.
Erst wenn dieser akzeptiert hat, dass
der VR-Finanzplan nicht ein zusätzliches Ziel für ihn darstellt, sondern ihn
bei Erfüllung seiner Ziele unterstützt,
werden wir über die strukturierte Beratung mehr Erfolg beim Kunden haben.
Die prognostizierten Ziele werden aus
aktueller Sicht alle erreicht und können mit konkret messbaren Erfolgen
aus den Vertriebskampagnen belegt
werden. Wichtig in der Umsetzung ist
eine klare Linie in der Terminsteuerung aller Beteiligten. In der Anfangsphase haben sich hier organisatorische Probleme ergeben, die nur mit
erheblichem Zeit- und Kommunikationsaufwand zu lösen waren.
Die Herausforderung liegt jetzt bei
uns, respektive den Führungskräften,
den Erfolg der Coachings und Vertriebsmaßnahmen nachhaltig zu sichern. Denn die Gefahr ist groß, dass
im Tagesgeschäft die Euphorie der
Mitarbeiter schnell wieder abnimmt.
Bei allem Optimismus und Freude
am Erfolg der Maßnahme: Sehr lange haben wir unsere Servicemitarbeiter als reine Bediener eingesetzt.
Erst in den letzten Jahren hat bei uns
ein Umdenken stattgefunden. Gerade im Servicebereich liegt der
größte Hebel für unser Privatkundengeschäft – und sind die meisten
Vertriebsmitarbeiter am Kunden. Nur
wenn es uns gelingt, aus allen Mitarbeitern Verkäufer zu machen,
werden wir uns dauerhaft im
Markt durchsetzen können. Eine einzige
Vertriebs-Intensivierungsmaßnahme reicht hierfür jedoch nicht
aus. Wir werden daher in der Zukunft
die Coaching-Maßnahme durch Review-Termine in 2007 und 2008 weiter festigen, in unserem Personalentwicklungskonzept die persönliche und vertriebliche Weiterbildung noch intensiver aufnehmen
und das Kampagnenmanagement
noch detaillierter als bisher umsetzen.
Vielen Dank für das Gespräch.
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