Online Marketing für Unternehmer
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Online Marketing für Unternehmer
ONLINE-MARKETING FÜR UNTERNEHMER EIN WIRTSCHAFTLICHER BLICK AUF DEN EINSTIEG INS ONLINE-MARKETING von Anna Abraham & Jochen Maaß 35% 65% 7,690 57% 47% 23% Jan HANSE VENTURES BUILDING GREAT COMPANIES Feb Mrz Apr Mai INHALTSVERZEICHNIS 1. Einleitung 5 2. Online-Marketing - Warum überhaupt? 6 3. Die online-Marketingkanäle 12 4. Key-Performance-Indicators (KPIs) 16 5. Abrechnungsmodelle 26 6. Online-Marketingkanäle – Kosten & Skalierbarkeit 30 7. Margen & Umsatzpotenziale 42 8. Werbemittel 47 9. Die Rolle von Bestandskundenmarketing 50 10. Online-Marketing als Prozess 53 11. Ausblick 55 13. Appendix 58 1.EINLEITUNG Online-Marketing wird seit über 15 Jahren in Deutschland betrieben und ist häufig fester Bestandteil einer ganzheitlichen Marketingstrategie. Trotzdem stellt dieser Marketingkanal insbesondere für Manager aus dem klassischen Marketing oder Unternehmen ohne die nötige InhouseKompetenz eine Herausforderung dar. Welche Möglichkeiten bietet das Online-Marketing, wie bewertet man die verschiedenen Online-Marketingkanäle und wie leitet man daraus die richtigen Entscheidungen ab? Als Unternehmer ist es wichtig, die wirtschaftlichen Vorteile einzelner Marketingmaßnahmen oder Kanäle im OnlineMarketing zu verstehen. Das vorliegende Buch zeigt auf, welche Überlegungen vor einem Einstieg in das OnlineMarketing notwendig sind. Ziel ist dabei immer die wirtschaftliche Betrachtung der einzelnen Maßnahmen, um Kosten und Risiken abzuwägen. Es gibt Entscheidern die nötigen Handlungsempfehlungen, um ganzheitliche Online-Marketing-Kampagnen zu planen und aufzusetzen. 5 2. ONLINE-MARKETING WARUM ÜBERHAUPT? Die Erfolgsgeschichte des Internets ist ungebrochen und hat zu gesellschaftlichen Veränderungen geführt, die sich vor allem im geänderten Nutzungsverhalten der Konsumenten bemerkbar machen. Durch die Evolution des Internets ist eine neue Marketingdisziplin in Form des OnlineMarketings entstanden. Was vor wenigen Jahren noch Neuland für viele Unternehmen war, ist heute einer der wichtigsten Werbekanäle: Mit einem Anteil von rund 22 Prozent im Media Mix ist das Internet mittlerweile das zweitstärkste Werbemedium.* Aus ökonomischer Sicht bietet Online-Marketing aufgrund der Möglichkeit, schnell zu messen und auszuwerten, viele Einsparpotentiale. Es eignet sich daher auch als Testkanal, bevor ein Unternehmen in klassische Marketingkanäle investiert. *Quelle: Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW): Pressemitteilung vom 12.09.2012, 6 DIE UNTERSCHIEDE ZWISCHEN ONLINEMARKETING UND KLASSISCHEM MARKETING Erfolgskontrolle durch Messbarkeit Das Thema Messbarkeit zeichnet Online-Marketing im Kern aus und macht es auch aus unternehmerischen Gesichtspunkten so interessant. Jeder ausgegebene Euro kann nachverfolgt und einer Online-Maßnahme zugeordnet werden. Daher ist ein extrem effizientes Arbeiten möglich. Alle Tätigkeiten können ausgewertet, analysiert und optimiert werden. Auch für die Mitarbeiterführung ist dies in Form von genauen Zieldefinitionen ein zusätzlicher Pluspunkt. Realisierung mit geringem Einstiegsbudget Im Gegensatz zu Print-Anzeigen in Zeitschriften oder TV-Spots sind Online-Marketing-Kampagnen mit relativ wenig Budget realisierbar. Ein kleiner Test bei Google Adwords, Facebook oder einigen Display-Netzwerken kann bereits für weniger als 100 Euro umgesetzt werden. Das geringe Budget und die Flexibilität erleichtern insbesondere kleineren Unternehmen den Einstieg ins OnlineMarketing. Auch für größere Unternehmen, die bisher noch keine Gehversuche im Online-Marketing unternommen haben, ergeben sich spannende Testfelder. 7 Auswertung und Steuerung in Echtzeit Neben den geringen Einstiegskosten bietet Online-Marketing zusätzlich die Möglichkeit, Kampagnen in Echtzeit abzubilden und bei Bedarf zu pausieren. Dies birgt großes Potenzial, insbesondere, wenn man diese Kampagnen mit den klassischen Marketingkanälen vergleicht: Schaltet man eine Print-Anzeige in einem Publikumsmedium, liegen die Schaltungskosten dafür im fünfbis sechsstelligen Bereich. Neben dem Investment ist man abhängig von der Qualität und Beratung der Werbeagentur hinsichtlich Zielgruppe und Werbeumfeld. Ist die Anzeige erst mal gedruckt, kann man nichts mehr daran ändern. In manchen Fällen ist die Kampagne erfolgreich, in vielen anderen nicht. Anders beim Online-Marketing: Hier können Unternehmen eine Kampagne, ein Produkt oder auch nur eine Formulierung direkt online testen und mit wenig Budget und ständiger Optimierung sehen, was bei der gewünschten Zielgruppe ankommt. Funktioniert eine Kampagne nicht erfolgreich, ist dies je nach OnlineMarketingkanal binnen weniger Stunden sichtbar. In dem Fall pausiert man die Kampagne, passt sie neu an 8 und stellt sie wieder online. Diese Effizienz gab es vorher in keinem anderen Marketingkanal. Technisches Verständnis notwendig Im Gegensatz zum klassischen Marketing erfordert Online-Marketing eine Auseinandersetzung mit technischen Grundlagen. Die wirklich erfolgreichen OnlineMarketing-Manager sind in den meisten Fällen Menschen, die sich auch auf technischer Ebene mit Themen wie dem Erfassen und Auswerten von Daten (Tracking) auskennen. Dies ist auch notwendig, denn nur wer die Möglichkeiten versteht und die Grenzen kennt, kann alle Potenziale nutzen und durch erfolgreiche Kampagnen den Unternehmenserfolg vorantreiben. Wiederansprache von Interessenten Ein weiterer Unterschied zwischen Online-Marketing und klassischem Marketing ist das Re-Targeting: Interessenten können im Internet erneut angesprochen werden, ohne dass man über deren Kontaktdaten verfügen muss. Beim Re-Targeting wird ein Webseitenbesucher mittels eines Cookies markiert. Besucht er danach andere Webseiten, wird er mit gezielter Werbung wieder angesprochen. 9 Hierdurch erhöht sich die Werberelevanz sowie die Klickund Konversionsrate und aus dem Interessenten wird womöglich ein Kunde. Beim Re-Targeting können Budgets sehr gezielt eingesetzt werden und individuelle Angebote wie Rabatte für zuvor angeschaute Produkte erstellt werden. Cookies: Cookies sind kleine Textdateien, die auf der Festplatte des Nutzers hinterlegt werden und dem Werbetreibenden die Möglichkeit bieten, ihn beim wiederholten Besuch der Seite identifizieren zu können. 10 User sucht nach Schuhen Klickt auf Anzeige und gelangt zum Shop Schuh 159,95€ Bricht Kaufprozess ab (Produkt zu teuer) JETZT KAUFEN Besucher wird vom Shop als „Interessent“ markiert ION AKT Schuh 119,95€ JETZT KAUFEN Wiederansprache durch Re-Targeting Banner auf Produktebene Besucher lässt sich von Angebot überzeugen und kauft Abb. 1: Die Funktionsweise von Re-Targeting 11 3. DIE ONLINE-MARKETINGKANÄLE Kurz erklärt: 1. SEARCH ENGINE ADVERTISING (SEA) Als SEA bezeichnet man die bezahlte Suchmaschinenwerbung. Es handelt sich hierbei um ein Bietverfahren, bei dem der Advertiser einen Betrag x auf selbstgewählte Suchworte (Keywords) bietet. Die Textanzeige des Advertisers erscheint jeweils dann, wenn ein potenzieller Kunde nach einem der gewählten Keywords sucht. Kosten fallen lediglich pro Klick auf den Anzeigentext an. Vorteile dieses Online-Marketingkanals sind u.a. die vielseitigen Buchungsoptionen, die einfache Steuerung nach Budget, Tageszeit oder Region, sowie die Flexibilität hinsichtlich Pausierung der Kampagne. Durch eine natürliche Begrenzung des Suchvolumens einzelner Keywords ist dieser Kanal allerdings nicht endlos skalierbar. 2. SEARCH ENGINE OPTIMIZATION (SEO) Suchmaschinenoptimierung verfolgt das Ziel einer Verbesserung der Platzierung der eigenen Webseite auf den Suchergebnisseiten der organischen Suche. Suchmaschinenop- 12 timierung kann „on-page“, also durch die Optimierung der eigenen Webseitenstruktur und deren Inhalte betrieben werden, sowie „off-page“ durch z.B. Linkbuilding. Natürliche Suchergebnisse genießen aufgrund ihrer nicht-werblichen Herkunft immer noch eine hohe Glaubwürdigkeit bei den Nutzern von Suchmaschinen. Im Vergleich zu anderen Marketingmaßnahmen benötigt gutes SEO relativ wenig (Einstiegs-)Budget, liefert aber - dauerhaft betrieben - qualitativ hochwertigen Traffic zur eigenen Webseite. Aus den gleichen Gründen wie SEA ist SEO nicht unendlich skalierbar. Zudem benötigt es eine ressourcenintensive und dauerhafte Betreuung. 3. AFFILIATE-MARKETING Affiliate-Marketing kann generell als (Produkt-)Vertrieb durch Dritte kategorisiert werden. Ein Affiliate-Netzwerk bündelt hunderte kleinerer und mittlerer Webseiten, die dort Zugang zu verschiedenen Werbekampagnen (großer) Marken erhalten und diese auf Erfolgsbasis bewerben können. Für die Marke bzw. den Werbetreibenden ist dieses Modell ein guter Weg, auch Vermarktungspotenziale in Nischen zu nutzen. Vorteile dieses Kanals sind seine Effizienz - einmal eingestellte Werbemittel können von hunderten Partner verwendet werden - sowie die risikolose Abrechnung auf Erfolgsbasis. 13 4. E-MAIL-MARKETING E-Mail-Marketing kann einerseits zur Neukundenakquise und Lead-Generierung dienen. Dabei bucht man externe Verteiler, über welche die eigene Kampagne versendet wird. Als Direktmarketingkanal ist E-Mail-Marketing sehr abschlussorientiert und bietet gerade erklärungsbedürftigen Produkten Platz für Informationen. Da Reichweitenkampagnen tendenziell höhere Streuverluste mit sich bringen, ist E-Mail-Marketing eher für Massen- als für Nischenprodukte geeignet. Andererseits stellt E-Mail-Marketing ein großartiges Werkzeug zum Bestandskunden-Management dar. 5. DISPLAY-ADVERTISING Display-Advertising ist besser bekannt als typische Bannerwerbung. Hierbei bucht ein Werbekunde eine (oder mehrere) Werbefläche(n) auf einer Partnerwebseite oder in einem Netzwerk. Die Vergütung erfolgt meist auf TKP- oder CpC-Basis (siehe Kapitel 5) und das Werbemittel verlinkt direkt zur Webseite des Werbekunden. Bannerwerbung ist ein Relikt des klassischen Print-Anzeigenformats und diente ursprünglich zu Brandingzwecken. Heutzutage wird dieser Kanal auch vermehrt für Performance-Kampagnen genutzt. Mit seiner nahezu nicht enden wollenden Reichweite bietet der Display-Kanal viel Raum für Skalierung 14 einer Kampagne. Allerdings sollte ein ausreichendes Einstiegsbudget zur Verfügung stehen, um die nötigen Tests zu fahren und genug Daten zu sammeln. 6. SOCIAL-MEDIA-MARKETING Ein weiterer Weg, die eigene Marke oder das Produkt beim User bekannt zu machen, ist Social-Media-Marketing. Social-Media sollte aber nicht als eigenständiger OnlineMarketingkanal betrachtet werden. Vielmehr bündelt es verschiedene Aspekte aus diesem Bereich. So kann man Display-Marketing in Social-Media betreiben, indem man z.B. auf Facebook Anzeigen schaltet. Den Kundendialog kann man über Twitter fördern. Viele der Social-Media Aktivitäten abseits der Display-Werbung gehorchen eher den Spielregeln der (Online-) PR oder des Bestandskundenmarketings (siehe Kapitel 9). Social-Media wird daher im Weiteren nicht als separater Kanal aufgeführt. 15 4. KENNZAHLEN: KEY-PERFORMANCEINDICATORS (KPIS) Online-Marketing bietet die Möglichkeit, sämtliche Aktivitäten zu messen, zu optimieren und somit Budgets besonders zielführend einzusetzen. Vor dem Start einer OnlineMarketing-Kampagne sollten folgende Fragen beantwortet werden, da sich daraus die sogenannten kritischen Erfolgsfaktoren (Key-Performance-Indicators) ableiten lassen, anhand derer man den Erfolg einer Kampagne messen kann: 1. 2. 3. 4. 16 Was ist das Ziel der Kampagne? Welche Ressourcen stehen mir zur Verfügung? Wie definiere ich Erfolg? Was ist der Zeitplan? Die Frage nach dem Ziel der Kampagne ist elementar, trotzdem wird sie oft nicht konsequent beantwortet, wie folgendes Beispiel zeigt: der Marketingleiter eines Autohauses möchte Bannerwerbung betreiben, da er gehört hat, dass man darüber viele Menschen erreichen kann. Er bucht für die Dauer von vier Wochen Werbung auf ver- schiedenen externen Webseiten und seine Webseite erhält in der Zeit einen Zuwachs an Besucherzahlen. Dennoch ist er am Ende nicht mit dem Ergebnis zufrieden. Was ist passiert? Das Problem liegt darin, dass im Vorfeld die konkrete Zielstellung der Kampagne nicht festgelegt wurde. Sollten mehr Autos verkauft, Probefahrten generiert oder die Automarke an sich bekannter gemacht werden? Jede Zielstellung benötigt eine eigene Herangehensweise, die sich in der Auswahl der Werbeumfelder, der Werbemittel und Landing Pages unterscheidet. Das Ziel diktiert damit auch maßgeblich die Wahl der richtigen KPIs: Wenn der Traffic einer Webseite steigen soll, sind die Anzahl der (eindeutigen) Besucher (Unique Visitors) die relevante Kennzahl. Landing Page: Eine Landing Page ist eine speziell für eine Werbekampagne entwickelte Einstigsseite, die genau auf das dazugehörige Werbemittel abgestimmt ist. 17 Sollen Adressen von Interessenten (Leads) oder Verkäufe (Sales) generiert werden, ist die absolute Anzahl der Besucher auf der Webseite erst einmal zweitrangig. Viel wichtiger ist die sogenannte Conversion, also das „Veredeln“ der Webseitenbesucher in Interessenten bzw. Käufer. Ein häufiger Fehler in diesem Zusammenhang ist die Wahl von zu vielen KPIs. Durch die Möglichkeit, alles messen und analysieren zu können, steigt auch die Gefahr zu viele Zahlen anzuhäufen und/oder die falschen Kennzahlen zu priorisieren. Unternehmerisch betrachtet soll das investierte Budget den maximalen Erfolg bringen – also einen möglichst hohen Return on Investment (ROI). Ziel ist es, mittelfristig sehr lukrative Kunden – man spricht in diesem Zusammenhang von einem hohen Customer Lifetime Value (CLV) – für möglichst geringe Kosten pro Gewinnung eines Kunden, den sogenannten Customer Acquisition Costs (CAC), zu generieren. 18 BERECHNUNG DES CUSTOMER LIFETIME VALUES (CLV) Die Basis, um das Marketing-Budget pro Neukunde zu errechnen, ist der CLV. Nur wer weiß, wie viel an einem Kunden verdient wird, weiß auch, was er ausgeben kann. Der CLV, auch Kundenwert genannt, ist die Summe der Deckungsbeiträge der einzelnen Transaktionen, die ein Kunde im Laufe der Zeit für den Anbieter generiert. Der CLV sollte realistisch geplant werden. Dabei entscheidet das Geschäftsmodell über die Transaktionsmenge zur Berechnung des CLV. Grundlage ist die Annahme, wie oft ein Kunde ein Produkt bei einem Shop kauft. Bei manchen Geschäftsmodellen liegt nur ein einziger Kauf oder eine einzige Transaktion dieser Berechnung zugrunde, da der Bedarf des Kunden nur in sehr langen zeitlichen Intervallen auftritt und ein zweiter Folgekauf beinahe ausgeschlossen werden kann. Ein Beispiel hierfür ist der Bereich Datenrettung für Privatkunden. Andere Geschäftsmodelle berechnen ihren CLV anhand der durchschnittlichen Rate der Folgekäufe eines Kunden. Ein Online-Shop, der beispielsweise Bücher verkauft, hat Abb. 2: Beispielhafte Darstellung einer Conversion- und Customer Lifetime Value (CLV) Berechnung 19 in der Regel geringere Warenkorbwerte als der Wert einer einzelnen Datenrettungs-Transaktion. Die Wahrscheinlichkeit, dass Besucher ein zweites und drittes Mal bei diesem Shop einkaufen ist jedoch höher und steigert somit den statistisch relevanten CLV. In Abbildung 2 wird exemplarisch ein CLV für einen Online-Shop berechnet. Um auf die genannten Werte zu kommen, wird ein durchschnittlicher Warenkorbwert von ca. 300,00 € zu Grunde gelegt. Der daraus resultierende Deckungsbeitrag beträgt bei einer Bestellung 100,00 € und es wird angenommen, dass jeder zweite Kunde zu einem späteren Zeitpunkt noch ein weiteres Mal in dem Shop bestellt. Es ergibt sich so ein Wert von 150,00 €. Zusätzlich muss man von einer gewissen Anzahl von Retouren ausgehen, so dass sich der Wert um diesen Faktor verringert. Im Beispiel reduzieren 25% Retouren den CLV um 37,50 € Der endgültige CLV beträgt somit 112,50 € und liegt damit selbst nach dem Einbeziehen von Retouren noch immer 12,5% über dem Deckungsbeitrag einer durchschnittlichen Erstbestellung. 20 CONVERSION & CUSTOMER LIFETIME VALUE CLV Website Besucher 100% Besucher Unterseite 69% Kauf 1 4% 100 Kauf 2 2% 25% Retour 50 -37,5 CLV 112,5 21 Das Beispiel (Abb. 2) ist eine stark vereinfachte Darstellung. Man geht davon aus, dass der Warenkorb bei Initialkäufern und Wiederkäufern im Durchschnitt gleich groß und mit vergleichbar margenstarken Produkten gefüllt ist. Die Praxis sieht in der Regel anders aus. Zusätzlich müsste aus unternehmerischer Sicht der Wert von späteren Käufen abgezinst werden, da ein Verkauf jetzt betriebswirtschaftlich wertvoller ist als derselbe Kauf in z.B. zwei Jahren. Zahlungsausfälle sind in dem Beispiel ebenfalls nicht berücksichtigt und sofern man es mit physischen Waren zu tun hat, fallen bei den Retouren auch Handling- und ggf. Versandkosten an. 22 BERECHNUNG DER CUSTOMER ACQUISITION COSTS Bei den Customer Acquisition Costs (CACs) handelt es sich um die Kosten pro akquiriertem Neukunden. Sie setzen sich aus den Kampagnenkosten und der Conversion der Webseite zusammen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, die CACs zu beeinflussen. Zum Einen kann man die Kampagnenkosten preislich steuern, d.h. durch gut verhandelten Mediaeinkauf, zum Anderen trägt eine gute Optimierung der Website hinsichtlich der Conversion-Rate maßgeblich zur Senkung der CACs bei. Grundsätzlich gilt: Die Kampagnenkosten (CACs) dürfen langfristig nicht höher sein als der Customer Lifetime Value (CLV), da sonst das Geschäftsmodell nicht überleben kann. Deutlich wird dies an folgendem Beispiel: Der Online-Shop aus dem vorherigen Beispiel kauft 100 Klicks für jeweils einen Euro bei Google Adwords ein. Durch eine einfache Bedienbarkeit und gute Produkte erlangt der Shop eine Conversion-Rate von vier Prozent. Das heißt, vier der 100 Besucher kaufen ein Produkt und daraus ergibt sich ein Wert von 25 Euro pro akquiriertem Neukunden. In dem Beispiel steht den Kosten ein CLV von 112,50 Euro pro Kunde gegenüber. 23 Der Shop arbeitet somit - zumindest in diesem Kanal höchst profitabel. Um eine Verbesserung des CLVs oder eine Verringerung der CACs zu messen, benötigt man eigene KPIs. Man sollte stets darauf achten, dass man nicht zu viele verschiedene Kennzahlen sammelt und dass diese nicht im Gegensatz zu dem Gesamtziel stehen. KPIs einzelner Kampagnen sind immer eine Ableitung bzw. Vertiefung des übergeordneten Unternehmensziels und definieren lediglich die Sub-Ziele der einzelnen Arbeitsbereiche. Beispiel-KPIs für verschiedene Kampagnen können z.B. die Kosten pro Interessent sein, Klickraten je Kanal oder eindeutige Besucherzahlen. Man kann und sollte somit verschiedene KPIs pro Ziel wählen, jedoch immer unter der Prämisse, dass sie im Einklang mit dem Gesamtziel stehen. 24 CUSTO MER ISITIO N COSTS (CACS ) ACQU CUSTO MER IME LIFET VALUE (CLV) Abb. 3: Die Customer Acquisition Costs (CACs) dürfen langfristig nicht höher liegen als der CLV, da ein Unternehmen sonst unrentabel arbeitet. 25 5. ABRECHNUNGSMODELLE Vor dem Einstieg ins Online-Marketing sollte man sich mit den verschiedenen Abrechnungsmodellen vertraut machen. Sie beinhalten unterschiedliches Risikopotential für Werbetreibende und sind wichtig, um Angebote von Dienstleistern besser beurteilen zu können. Tausender-Kontaktpreis (TKP): Ein Abrechnungsmodell auf TKP-Basis bedeutet, dass der Werbetreibende eine Summe X für 1.000 Werbeeinblendungen an das Medium bezahlt. Medium meint in diesem Fall eine Webseite, die seine Werbebanner anzeigt. TKP Abrechnungsmodelle sind häufig im Display-Marketing oder E-Mail-Marketing zu finden und sind ein Relikt des klassischen Offline-Marketings, bei dem ein Print-Medium seine Anzeigenpreise anhand der Auflage berechnet. Der TKP variiert stark mit dem Umfeld der Werbebuchung, da sogenannte Premium-Umfelder wie die Startseiten großer Webseiten wesentlich teurer verkauft werden als beispielsweise viele schwach frequentierte Unterseiten. Bucht man lediglich eine rotierende Aussteuerung auf den 26 weniger teuren Unterseiten, so spricht man in diesem Zusammenhang von Run-On-Site (ROS) Platzierungen. Wichtig für den Werbetreibenden ist eine vorherige Auseinandersetzung mit den gesetzten Zielen und der Wahrscheinlichkeit auf deren Erreichung im Zusammenhang mit der Höhe des zu zahlenden TKPs. Eine Abrechnung auf TKP-Basis bedeutet immer, dass das Risiko auf Seiten des Werbetreibenden liegt. Ist die Medialeistung vollbracht, es konnten aber keine relevanten Leads oder Sales generiert werden, so ist das Ziel verfehlt. Vielleicht war das Ziel aber auch die generelle Steigerung der Reichweite durch spezielle Sonderwerbeformen, dann ist dieses Abrechnungsmodell das Richtige. Typische TKPs liegen in der Regel zwischen ein bis fünf Euro für Run-On-Site oder Restplätze und 20-50 Euro für sogenannte Premium-Umfelder. Cost-per-Click (CPC) Der CPC wird insbesondere im Bereich Suchmaschinenwerbung (SEA) und zunehmend im Display-Marketing eingesetzt. Bei einer CPC-Vergütung zahlt der Werbetreibende nur für den Klick auf das Werbemittel (Banner oder Anzeige) und nicht für jede seiner Werbeeinblendungen. 27 Damit birgt dieses Abrechnungsmodell weniger Risiko für den Werbetreibenden. Im SEA-Bereich variiert der CPC je nach Branche und Konkurrenzsituation. In den meisten Fällen erlangt man eine ausreichende Skalierung mit CPCs in Höhe von 0,50 Cent bis zwei Euro. Jedoch gibt es je nach Branche auch einzelne, umkämpfte Keywords, die nicht unter fünf Euro und mehr eingebucht bzw. ausgesteuert werden können. Cost-per-Lead (CPL) Der CPL ist ein sehr performance-orientiertes Abrechnungsmodell, da Werbetreibende nur für einen entstandenen Lead (Anfrage, Registrierung, Newsletter-Anmeldung, etc) zahlen. Gerade für Geschäftsmodelle mit starker Ausrichtung auf Lead-Generierung ist dieses Modell sehr zu empfehlen. Man findet CPL-Abrechnungsformen heute bereits in fast allen Online-Marketingkanälen und es empfiehlt sich immer eine gezielte Nachfrage beim gewünschten Medium, ob es diese Möglichkeit der Buchung gibt. CPL-Kampagnen bewegen sich in der Regel zwischen zwei bis sechs Euro für eine Newsletter-Registrierung oder eine andere Art des unqualifizierten Leads. Anfragen für Finanzdienstleistungen oder Versicherungen können auch bei 50 Euro und mehr liegen. 28 Cost-per-Order (CPO) Der CPO ist das Urgestein des Performance-Marketings und ist eine rein erfolgsabhängige Vergütung an den Partner. Der CPO wird meistens im Affiliate-Marketing eingesetzt. Der Werbetreibende zahlt einen Prozentsatz seines Warenkorbwertes oder eine fest definierte Summe pro Sale an den Partner. Dieses Abrechnungsmodell ist für einen Einstieg ins Online-Marketing sehr geeignet, da das Risiko allein beim Medium liegt. Aus diesem Grund bieten viele Medien diese Abrechnungsform auch nicht an. 29 6. ONLINE-MARKETINGKANÄLE – KOSTEN & SKALIERBARKEIT Wenn Unternehmen den Einstieg ins Online-Marketing erwägen, haben sie im Idealfall bereits vor Augen, wie viel Budget sie einsetzen wollen bzw. was ein Neukunde kosten darf. Dabei sind für Neueinsteiger das Potenzial, die Kosten und die Risiken, die jeder einzelne Online-Marketingkanal mit sich bringt, schwer zu beurteilen. Zwischen den verschiedenen Online-Kanälen gibt es Interdependenzen, von denen man lernen kann. Dabei ist es sinnvoll mit den Kanälen zu beginnen, die weniger Reichweite haben, dafür aber auch deutlich weniger kosten. Mit diesen Tests lassen sich Erkenntnisse gewinnen, die auf reichweitenstärkere und kostenintensivere Kanäle ausgeweitet werden können. Das folgende Diagramm verdeutlicht exemplarisch, wo die einzelnen Online-Marketingkanäle in Bezug auf Kosten und Skalierungspotenzial einzuordnen sind. 30 TV OUT-OF-HOME RADIO PRINT DISPLAY E-MAIL AFFILIATE SEA SEO KOSTEN REICHWEITE Abb. 4: Skalierungspotenziale der (Online-) Marketingkanäle – schematische Darstellung 31 SUCHMASCHINENOPTIMIERUNG (SEO) UND –WERBUNG (SEA) Suchmaschinenoptimerung (SEO) ist als Online-Marketingkanal nicht unendlich skalierbar, da die Anzahl der von Nutzern auch angeklickten Treffer pro Suchanfrage stark begrenzt ist. Jedoch sind die Kosten für grundlegendes SEO im Vergleich zu anderen Kanälen überschaubar, daher sollte von Anfang an eine SEO-Strategie erstellt werden. Diese lässt sich ableiten aus dem Geschäftsmodell oder den Kampagnenergebnissen von Suchmaschinenwerbung (SEA). Suchmaschinenwerbung sollte bei einem Einstieg ins Online-Marketing die erste Wahl sein. Da SEA ein Pull-Kanal ist, holt es den potenziellen Kunden dort ab, wo bereits grundlegendes Interesse an einem bestimmten Produkt oder einer Dienstleistung vorliegt. Durch die Eingabe eines konkreten Suchbegriffs hat der Kunde bereits Interesse an dem Produkt geäußert. In der Regel sind die Conversion-Rates dieser Kanäle besser als die der Push-Kanäle. SEA bietet die optimale Möglichkeit, mit kleinen Tests durch verschiedene Keywords und Anzeigengruppen schnell das eigene Geschäftsmodell zu testen und Ergebnisse darüber zu erhalten, auf welche Keywords man seine Pull-Kanal, Push-Kanal: Ein Pull-Kanal bedient eine bereits existierende Nachfrage beim potentiellen Kunden wo hingegen der Push-Kanal diese Nachfrage erst selbst schafft. 32 SEO-Strategie auslegen sollte. Durch ein Cost-per-Click Vergütungsmodell und jegliche Art von Steuerungsmöglichkeiten erlaubt dieser Kanal auch ganz kleinen Unternehmen mit geringem Budget einen Einstieg ins OnlineMarketing. Bei kleinen Budgets sollte das Wissen im Unternehmen aufgebaut werden, da sich die Zusammenarbeit mit einer Agentur für beide Seiten nicht lohnen würde. Auch wenn erfahrenen Suchmaschinennutzern der Unterschied zwischen natürlichen Suchergebnissen (Organic Search) und Anzeigen (Paid Search) bekannt ist, gilt dies für große Teile der Bevölkerung bis heute nicht. 33 Paid Search (Bezahlte Anzeigen) Organic Search (Natürliche Suchergebnisse) Abb. 5: Aufteilung bezahlter und nicht-bezahlter Suchergebnisse bei Google (Stand August 2013) 34 Affiliate Marketing Affiliate-Marketing ist durch sein Performance-abhängiges Vergütungsmodell interessant für alle Unternehmen, da es einen (fast) risikolosen Weg der Long-Tail-Erschließung erlaubt. Mit Long-Tail sind kleine und mittlere AffiliatePartner gemeint, die einzeln keinen merklichen Beitrag zum Gesamtumsatz ausmachen, die in der Summe allerdings ein wichtiges Standbein im Marketingmix sind. Bei der Wahl des richtigen Affiliate-Partnerprogramms ist eine gute Vorarbeit wichtig, da es eine Vielzahl an thematischen Netzwerken mit unterschiedlichen Partnern gibt. Einen guten Überblick, wie sich die verschiedenen AffiliateNetzwerke positionieren und wie lukrativ die Zusammenarbeit mit ihnen ist, erhält man über die gängigen AffiliateBlogs. Die größten Affiliate-Netzwerke in Deutschland sind momentan Zanox und Affilinet, gefolgt von Netzwerken wie Belboon, Tradedoubler oder Commission Junction. Es gibt allerdings auch Geschäftsmodelle, gerade im B2B (Business-to-Business) Bereich, für die ein Affiliate-Programm mehr Aufwand als Nutzen bedeuten würde, da es zu wenig Partner in diesem Bereich gibt. Gezielte Kooperationen mit einzelnen Partnern einzugehen ist in so einem Fall empfehlenswerter. Für die allgemeine 35 Planung ist es wichtig zu berücksichtigen, dass aufgrund der Abhängigkeit von Partnern dieser Kanal nicht unendlich skalierbar ist. Streng genommen handelt es sich beim Affiliate-Marketing eigentlich gar nicht um einen echten Kanal; vielmehr ist es in der Praxis oft eher ein Auslagern der verschiedenen Online-Marketingkanäle an Dritte. Diese gehen dabei z.T. nicht zimperlich mit der eigenen Marke um. Tipp: Achten Sie beim Affiliate-Marketing auf ein gutes BrandMonitoring und stellen Sie sicher, dass Sie über die verschiedenen Aktivitäten der Partner gut informiert sind. Neben dem Pull-Marketing, das eine vorhandene Nachfrage bedient, gibt es das Push-Marketing, welches eine Nachfrage schafft. Hierzu zählen folgende Kanäle: E-Mail-Marketing E-Mail-Marketing via Standalone Newsletter bietet eine gute Möglichkeit, den Weg von Pull zu Push zu gehen, denn man kann mit wenig Einstiegsbudget und oftmals mit 36 Performance-abhängigen Vergütungsmodellen erste Tests zur Neukundengewinnung durchführen. Auch das Skalierungspotenzial ist bei Erfolg größer als im Pull-Bereich, da aktiv weitere, neue Kampagnen erstellt und die Nachfrage selbst generiert werden kann. Gerade für erklärungsbedürftige Produkte wie z.B. Finanzdienstleistungen bietet E-Mail-Marketing den Raum, viele Informationen ohne Ablenkung durch andere Angebote an den User zu senden. Auch klassische Lead-Generierungs-Kampagnen wie z.B. Gewinnspiele zur NewsletterRegistrierung, Probefahrten oder Zeitschriften-Abos funktionieren in diesem Kanal sehr gut. Wie bei jeder anderen Marketingaktivität ist allerdings auch beim E-Mail-Marketing wichtig, vorab den Markt genau zu prüfen und sich hinsichtlich der Adressherkunft und Rechtssicherheit zu informieren. Display-Marketing Sind nach und nach die ersten Kanäle erfolgreich etabliert und Kunden- sowie Conversion-Daten gesammelt, wird es für viele Geschäftsmodelle spannend, Reichweitenkampagnen zu testen. Diese sind in den meisten Fällen mit größeren Budgets verknüpft, liefern aber auch Skalierungs- 37 potenzial für das Unternehmenswachstum. Gerade im Display-Bereich wird es für Unternehmen immer interessanter, eigene Kampagnen umzusetzen. Durch Technologien wie Re-Targeting oder RTB (Real-TimeBidding) werden die bei Reichweitenkampagnen gefürchteten Streuverluste minimiert bzw. Kampagnen effizienter gesteuert. Dies mindert das unternehmerische Risiko eines solchen Reichweitenkanals enorm. Aber auch kleinere Unternehmen ohne große Budgets können z.B. durch das GoogleDisplay-Netzwerk (GDN) erste Display-Erfahrungen sammeln und diese später für weitere Kampagnen nutzen. Das Thema Re-Targeting (via Google) ist bereits für Start-Ups und kleinere Unternehmen interessant. Grundsätzlich lohnt es sich fast immer potenzielle Kunden des eigenen Unternehmens nochmals mit einer gezielten Botschaft im Netz anzusprechen, wenn sich die Möglichkeit zu überschaubaren Kosten bietet. Tipp: Externes Re-Targeting über einen Dienstleister, dessen Inventar sich auch außerhalb des GDNs bewegt, lohnt sich aufgrund des Implementierungsaufwands und der Höhe der Wiedererkennungswahrscheinlichkeit meist erst ab 150.000 Besuchern pro Monat. 38 Offline-Marketing Neben den Online-Marketingkanälen bieten klassische Kanäle wie Print, Radio oder TV weitere Möglichkeiten zur Skalierung bzw. Neukundengewinnung. Da diese Maßnahmen aber häufig mit großen Budgets verbunden sind, sollten sie von jungen Unternehmen erst dann durchgeführt werden, wenn die Basis stimmt. Man sollte bereits genug Daten gesammelt haben, um auch weniger leicht messbare Kampagnen wie TV-Werbung bewerten zu können. Ausnahmen bieten Geschäftsmodelle, die von Anfang an eine kritische Masse an Nutzern benötigen um zu funktionieren. In diesem Fall müssen häufig Werbemaßnahmen in verschiedenen Kanälen parallel umgesetzt werden. 39 100% 90% 80% 70% VERTEILUNG DES BUDGETS 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% niedrig hoch BUDGETHÖHE TV RADIO PRINT DISPLAY E-MAIL AFFILIATE SEA SEO ORGANIC* Abb. 6: Kanal-Mix-Veränderung bei steigenden Budgets *Organic: Direkteingabe der Marke 40 Kanal-Mix-Veränderung bei steigenden Budgets Das Beispiel (Abb. 6) zeigt eine schematische Darstellung des veränderten Marketing-Mixes bei verschieden hohen Budgets. Unternehmen mit sehr kleinen Budgets starten in der Regel mit SEA- und SEO-Maßnahmen und erweitern ihren Marketing-Mix zunehmend mit steigenden Budgets und gesammelten Erfahrungswerten. Jeder hinzugefügte Kanal erhöht die Komplexität und die Interdependenzen zwischen den Kanälen, womit ein detailliertes Multi-Channel-Tracking erforderlich wird. Multi-Channel-Tracking: Die Nachverfolgung eines Users und einer Aktion über mehrere Kanäle hinweg 41 7. MARGEN & UMSATZPOTENZIALE Neben dem Zusammenhang von Kosten und Skalierbarkeit der einzelnen Online-Marketingkanäle gibt es noch die Komponente Marge. Als Marge bezeichnet man den Deckungsbeitrag (DB1), den man nach Abzug der Kampagnenkosten erhält. Je reichweitenstärker ein Kanal ist, desto höher sind nicht nur die Gesamtkosten der Kampagne, sondern in vielen Fällen auch die Customer-AcquisitionCosts. Somit ist dann die daraus resultierende Marge pro Kunde/Verkauf geringer. Das Diagramm in dem Beispiel (Abb. 7) stellt exemplarisch für einige ausgewählte (Online-)Marketingaktivitäten das Reichweitenpotenzial sowie die mögliche Höhe der Marge dar. Eine SEA-Kampagne auf den eigenen Unternehmensnamen bei Google hat z.B. minimale Kosten und damit eine hohe Marge pro Kunde, ist aber nicht skalierbar. Der absolute Umsatz über diesen Kanal bleibt damit gering. Anders verhält es sich beim Display-Marketing. Hier sind die Kampagnenkosten durch andere Vergütungs- modelle und aufwendige Werbemittel höher, die Reichweite aber auch. 42 HOCH SEA (BRAND) SEA MARGE DISPLAY (TARGETED) DISPLAY TV REICHWEITE HOCH NEGATIV Somit ist zwar die Marge pro Neukunde geringer als im SEA-Bereich, durch die Masse ergibt sich aber ein wesentlich höheres Potenzial in diesem Kanal. Beispielhaft verweist das Diagramm für den Kanal TV darauf, dass sich durch hohe Fixkosten und eine schlechte Performance unter Umständen auch eine negative Marge ergeben kann. In kompetitiven Umfeldern oder im Fall von schlecht aufgesetzten Kampagnen wird es sicher eine ganze Reihe von Kanälen geben, die keinen positiven Deckungsbeitrag aufweisen. Gerade frisch aufgesetzten Kanälen sollte aber durch Nachjustieren eine Chance gegeben werden, in einen DB1-positiven Bereich zu gelangen. 43 Um das Unternehmenswachstum voran zu treiben, sind Kampagnen über reichweitenstarke Kanäle häufig unerlässlich, denn nur diese bieten das notwendige Skalierungspotenzial. Gerade beim Kampf um Marktanteile gilt es daher, früh auf die skalierbaren Kanäle zu setzen. Push-Kanäle haben zudem den Vorteil der Skalierbarkeit bei gleichzeitiger Preisreduktion durch Mengeneinkauf. Es lohnt sich daher, Kampagnen langfristiger anzulegen und mit großen Partnern Rahmenverträge und Mengenrabatte auszuhandeln. Hierdurch kann man die Kampagnenkosten zusätzlich senken. Im Display-Bereich gewinnt man an dieser Stelle in zweierlei Hinsicht: zum einen kann man durch größere Budgets Mengenrabatte verhandeln, zum anderen erreicht man dadurch die kritische Masse, um Re-Targeting im großen Stil zu betreiben. Dieses Zusammenspiel ermöglicht eine enorme Effizienzsteigerung. 44 KOSTEN (CPC) BEDINGT DURCH KONKURRENZUMFELD UND STEIGENDE KOSTEN CLV DB1 POSITIV GEWINNZONE WIRD DURCH OPTIMIERUNG ERREICHT ZEIT Abb. 8: Typische Kostenentwicklung durch Optimierung am Beispiel SEA 45 KRITISCHE MASSE FÜR BESSERE KONDITIONEN VON WERBEFLÄCHEN ERREICHT KEINE WEITEREN MENGENRABATTE MÖGLICH HOCH HOCH TKP Abb. 9: Typische Kostenentwicklung bei Skalierung einer Display-Kampagne 46 BUDGET 8. WERBEMITTEL Nachdem definiert wurde, welche Kampagnen über welche Kanäle ausgesteuert werden, wird im Idealfall ein Marketingplan erstellt. Dieser sollte einen Zeitstrahl beinhalten, auf dem die geplanten Aktionen mit dem dazugehörigen Budget angeordnet werden und aus dem ersichtlich wird, wann welche Werbemittel benötigt werden. Werbemittel haben einen elementaren Einfluss auf den Erfolg jeder Online-Marketing-Kampagne und sollten daher gut durchdacht und getestet sein. Je nachdem welche Kanäle bedient werden, sollte im ersten Schritt ein Bannerset in den Standardgrößen 468 x 60 px, 728 x 90 px, 160 x 600 px, 300 x 250 px sowie eine passende Kampagnen-Landingpage erstellt werden. Banner und Landingpage müssen aufeinander abgestimmt sein und die gängigen Best Practices wie große, einfache Handlungsaufforderungen (Call-to-Actions), ein klares, aufgeräumtes Design und eine eindeutige Aussage verfolgen. Fast immer führen ungeklärte Zuständigkeiten bei erstmals anzulegenden Werbemitteln zu massiven Verzögerungen. Best Practices: Die Arbeit mit bewährten und kostengünstigen Methoden 47 Daher sollten vor Beginn der Werbemittelproduktion die Verantwortlichkeiten für Inhalte und Markenwahrung klar definiert werden. Zudem ist es bei der Erstellung der Werbemittel notwendig etwaige Vermarktervorgaben zur Größe (in kB) der Werbemittel sowie Click-Tag-Schreibweisen und Looping-Vorgaben zu beachten. Dies verhindert unnötige Änderungsschleifen. Tipp: Erstellen Sie Ihr Bannerset nach den gebuchten Abrechnungsmodellen: Bei CPC sollten die Banner alle wichtigen Informationen bereits im Banner darstellen, damit der Klick qualifizierter ist. Bei TKP Modellen kann auch schon mal mit Gratis-Geschenken zum Klicken incentiviert werden, um möglichst viele Klicks auf das Werbemittel zu generieren. Sobald regelmäßige Display-Kampagnen ein Teil des Online-Marketingmixes werden, sollte über die Anschaffung eines eigenen Adservers nachgedacht werden. Dieser erleichtert die Erstellung und Verwaltung neuer Kampagnen-Links, steuert nach Zielvorgaben und Umfeldern bestimmte Werbemittel aus und liefert wichtige Erkenntnisse über die Customer-Journey. Allerdings können die Kosten hierfür bei großen Kampag- Clicktag: Ein Parameter in einem Flash-Banner, der die URL der Zielseite definiert und ohne die Hilfe eines Flash-Programmierers ausgetauscht werden kann. 48 Looping-Vorgaben: Vermarktervorgaben bei der Bannererstellung hinsichtlich der erlaubten Wiederholungsrate der Animation. nen auch schon mal fünfstellig werden. Kosten und Nutzen sollten hier also im Vorfeld je nach Größe und Dauer der Kampagne abgewogen werden. Häufig tritt in den Hintergrund, dass auch jede Google Adwords-Anzeige ein eigenes Werbemittel darstellt und somit behutsam selektiert und getestet werden sollte. Da Google den Inhalt von Anzeigentext und Landingpage analysiert und diese Informationen wiederum Einfluss auf die Position und den CPC haben, sollte gerade bei SEA viel Zeit und Energie in die richtige Wahl der Landingpages und Anzeigentexte fließen. Cross-Selling: Das Anbieten mehrerer Angebote eines Dienstleisters an einen Kunden, um die Produktanzahl und damit den CLV zu erhöhen. 49 9. DIE ROLLE VON BESTANDSKUNDENMARKETING Ziel des Bestandskundenmarketings ist die langfristige Erhöhung des CLVs durch eine verstärkte Kundenbindung. Diese realisiert man am besten, indem man den Kunden über neue Angebote informiert oder über Cross-Selling Aktivitäten erreicht. Facebook-Fanpages oder der hauseigene Bestandskunden-Newsletter erlauben es einem Unternehmen, mit dem Kunden in einen langfristigen Dialog zu treten. Gerade der Bestandskunden-Newsletter wird von Unternehmen oftmals als notwendiges Übel angesehen. Dabei kann er - richtig angewandt und umgesetzt - einen wichtigen Einfluss auf den CLV haben. Gerade für Unternehmen und Geschäftsmodelle, deren CLV-Berechnung auf einen langen Zeitraum ausgelegt ist, spielt der Newsletter eine zentrale Rolle. Jeder über den Newsletter erzielte Folgekauf erhöht den CLV eines einzelnen Kunden. Je mehr Folgekäufe der CLV-Berechnung zugrunde liegen, desto wichtiger ist eine ausgefeilte Newsletter-Strategie. Aus diesem Grund sollten gerade Betreiber von Geschäftsmodellen, die auf ein regelmäßiges Geschäft mit ihren Kun- Cross-Selling: Das Anbieten mehrerer Angebote eines Dienstleisters an einen Kunden, um die Produktanzahl und damit den CLV zu erhöhen. 50 den abzielen, ihren Fokus viel stärker auf BestandskundenNewsletter ausrichten. Personalisierung ist das Zauberwort im Newsletter-Marketing. Nachhaltig erfolgreiche Newsletter-Kampagnen sind komplex aufgebaut und basieren auf den Daten des eigenen CRM-Systems. So lassen sich kundenspezifische Daten evaluieren und in individualisierte Newsletter und Angebote übersetzen. Durch eine persönliche Ansprache können Newsletter um ein Vielfaches erfolgreicher sein, da (wie auch im ReTargeting bei Display-Kampagnen) der Kunde nur Informationen und Angebote erhält, die für ihn relevant sind. Streuverluste und Newsletter-Abmeldungen lassen sich so minimieren und der Kunde wird zu Folgekäufen animiert. Ein weiteres Argument für eine durchdachte Bestandskunden-Strategie ist die Tatsache, dass jede Erhöhung des CLVs auch mehr Spielraum bzw. Budget für Neukundenkampagnen darstellt. Verdient man aufgrund der gesteigerten Wiederkaufsrate 25 Euro anstatt 15 Euro an jedem Kunden, erlaubt dies wiederum, die Akquisitionskosten pro Neukunde deutlich zu erhöhen. Das wiederum kann zu einer Skalierung der bestehenden Online-Marketing-Maßnahmen führen oder auch dazu, dass bisher nicht lohnende Kanäle auf einmal bezahlbar werden. CRM: Customer-Relationship-Management: Bestandskundenmanagement samt aller Prozesse und Systeme 51 Für Geschäftsmodelle mit längerfristig kalkuliertem CLV ist es demnach enorm wichtig, sich mit der eigenen Bestandskunden-Strategie auseinanderzusetzen, da diese ein enormes Potenzial für zusätzlichen Umsatz birgt. 52 Abb. 12: Kanäle sind selten einmal aufgesetzt und dann fortwährend gleich erfolgreich. Durch „Abnutzung“ von Werbemitteln, saisonale Effekte und veränderte Wettbewerbsbedingungen verschlechtern sich CACs im Zeitverlauf deutlich, sofern sie nicht kontinuierlich optimiert werden. 10. ONLINE-MARKETING ALS PROZESS Online-Marketing ist ein komplexes Thema. Wichtig für den dauerhaften Erfolg ist ein kontinuierliches Testen & Messen der Kampagnen und Maßnahmen. Alle aufgesetzten Kampagnen und Kanäle sollten unter ständiger Überwachung stehen, so dass Tests zur richtigen Zeit beendet sowie Ergebnisse ausgewertet und angewandt werden können. OP M E SS E N TIMIEREN TE S T E N RT SWE EN AU Abb. 11: Der Optimierungszyklus des Online-Marketings 53 Daher sollte man sich die Zeit nehmen, gezielt Tests aufzusetzen und diese auszuwerten bevor eine Kampagne ausgeweitet wird. Allgemein sollte das Thema Optimierung ein unternehmensweiter, institutionalisierter Prozess sein, der sich durch alle Abteilungen erstreckt. Tipp: Stellen Sie sicher, dass es im Unternehmen von Beginn an genug personelle Ressourcen gibt, um das Thema Online-Marketing zu steuern und um Daten und Erfahrungswerte zu dokumentieren. CACs DEUTLICH SINKENDE CACS IN DEN OPTIMIERUNGSPHASEN SICH VERSCHLECHTERNDE PERFORMANCE MANGELS KONTINUIERLICHER OPTIMIERUNG ZEIT 54 11. AUSBLICK Online-Marketing entwickelt sich ständig weiter. Wer gestern noch informiert war, ist heute bereits nicht mehr up-to-date. Wer alle in diesem Buch genannten Schritte durchdacht und alle genannten Kanäle etabliert hat, wird sich als nächstes mit Themen wie „CustomerJourney-Tracking“ auseinandersetzen wollen, um das Zusammenspiel dieser Kanäle besser bewerten zu können. Außerdem werden Automatisierungen hilfreicher werden, z.B. durch Bild-Management Systeme, Adserver oder RealTime-Bidding-Anbieter. Auch das Thema „Multi-DeviceTracking“, also das „Wiedererkennen“ eines Besuchers über mehrere Geräte (Laptop, Mobiltelefon, Tablet) hinweg, wird rasant an Bedeutung gewinnen. Jedoch sollte man sich nicht von diesen Entwicklungen einschüchtern lassen, sondern überlegt den Einstieg ins Online-Marketing planen. Hierzu zählen - wie eingangs beschrieben - vorab definierte Ziele, die richtigen KPIs und eine gezielte Risikobegrenzung. So erreichen Sie Schritt für Schritt eine sinnvolle Skalierung. 55 12. DIE AUTOREN ANNA ABRAHAM Anna Abraham ist seit 2012 als Head of Online-Marketing beim Hamburger Company Builder Hanse Ventures. Dort verantwortet sie für die Portfolio Unternehmen sämtliche Online-Marketingmaßnahmen und berät u.a. zu Neu- und Bestandskundenkampgnen, Usability, Conversion-Optimierung, Tracking und Testing. Zuletzt arbeitete sie als Senior Online Marketing Manager bei Barclaycard in Hamburg. Bevor sie 2009 nach Hamburg kam, war sie E-MailMarketing Manager bei VistaPrint in Barcelona und davor Marketing Specialist im selben Unternehmen in den USA. Studiert hat Anna Abraham Communications an der Clark University in Worcester, MA, USA. 56 JOCHEN MAASS Jochen Maaß ist geschäftsführender Gesellschafter und CEO von Hanse Ventures. Anfang 2010 gründete er den Company Builder gemeinsam mit dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von Gruner + Jahr, Dr. Bernd Kundrun, und dem CEO von Sony Music, Rolf Schmidt-Holtz. Jochen Maaß ist Internet-Unternehmer seitdem er 15 ist. Er gehört zu den Pionieren des Online-Marketings in Deutschland. Im Jahr 2000 gründete er die artaxo AG, die heute zu den führenden Agenturen für Suchmaschinenoptimierung in Deutschland zählt. Als Business Angel unterstützte er bisher außerdem über 30 Internet-Unternehmen. Jochen Maaß ist studierter Wirtschaftsinformatiker. 57 13. APPENDIX DIE EINZELNEN ONLINEMARKETINGKANÄLE 1. SEA - WAS IST DAS? • Suchmaschinenwerbung durch Bietverfahren • Kunde bietet auf selbstgewählte(s) Keyword(s) • Erstellt eigene Textanzeigen • Einblendung an User die nach dem jeweiligen Keyword suchen Was ist der Vorteil/Nachteil? • Kosten fallen nur bei Klick auf Anzeige an • Kampagne kann jederzeit pausiert/geändert werden • Kein Mindestbuchungsvolumen erforderlich • Nicht unendlich skalierbar • Keine individuellen Vereinbarungen möglich 2. SEO - WAS IST DAS? • Suchmaschinenoptimierung On-Page und Off-Page • Verbesserung der Platzierung der eigenen Website auf den Suchergebnisseiten 58 Was ist der Vorteil/Nachteil? • Eine gute Platzierung in den Suchmaschinen garantiert kostenlosen Traffic zur eigenen Webseite • Hohe Glaubwürdigkeit beim User • Relativ wenig Budget zur Optimierung erforderlich • Gut für Nischen-Keywords • Sehr langwierig und ressourcenintensiv 3. AFFILIATE-MARKETING – WAS IST DAS? • Produktvertrieb durch Dritte • Kunde stellt auf einer Plattform Werbemittel ein, die von Dritten zur Vermarktung des Produktes verwendet werden • Vergütung erfolgt meistens erfolgsbasiert (CPO, CPL) Was ist der Vorteil/Nachteil? • Kein Investmentrisiko auf Kundenseite • Effizienz: einmal Werbemittel einstellen, Verwaltung hunderter Partner • Gut zur Long-Tail-Optimierung • Intransparent hinsichtlich der Aktivitäten der Partner 4. Email-Marketing - Was ist das? • Kunde „mietet“ E-Mail-Verteiler 59 (für Neukundengewin nung) • Bietet sein Produkt/Dienstleistung in E-Mail an • Verlinkung direkt auf seine Webseite • Im Kontext von Bestandskundenmarketing sehr relevant (dann jedoch anderes Vorgehen) Was ist der Vorteil/Nachteil? • Hohe Reichweite • Abschlussorientiert • Viel Platz für Erklärung/Informationen • Hohe Streuverluste, nicht für Nischenthemen geeignet 5. DISPLAY-ADVERTISING - WAS IST DAS? • Neukundengewinnung durch Bannerwerbung • Kunde kauft Werbefläche auf Partnerwebseite • Vergütung auf TKP-, CPC-Basis • Verlinkung direkt auf seine Webseite Was ist der Vorteil/Nachteil? • Hohe Reichweite • Große Markenwahrnehmung • Möglichkeit des Re-Targetings • Mindestbudgets erforderlich 60