Klartext aus Israel

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Klartext aus Israel
jungeWelt
Die Tageszeitung
Heimatfront
Das Militär gibt bürgerlichen Medien die Stichworte vor, Journalisten und Verlage werden gezielt beeinflußt: Wie Kriege möglich gemacht
werden, diskutierte eine Podiumsrunde auf
der Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin
Seiten 10/11
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Gegründet 1 947 · Mittwoch, 15. Januar 2014 · Nr. 12 · 1,30 Euro · PVSt A11002 · Entgelt bezahlt
Keine Beweise
Enge Verknüpfung
Mehr Kontrolle
Ohne Versorgung
Manipulierte Aussagen: Der Mordfall
»Peggy« wird nach zwölf Jahren
wieder aufgerollt. Interview
Angriff auf Arbeitsrechte: Werner Rügemer über das »Freihandelsabkommen« zwischen EU und USA
Streit ums Öl: Kurdische Regionalregierung im Norden Iraks treibt
­Loslösung von Bagdad voran
Sparen, bis der Arzt nicht mehr kommt:
Spaniens Gesundheitsversorgung
liegt nach Kürzungen am Boden
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Klartext aus Israel
UN: Kinderrechte
besser schützen
Genf. Kinder, deren Rechte verletzt werden, können sich künftig
direkt an die Vereinten Nationen
wenden und damit Schutzmaßnahmen von Staaten erwirken.
Durch die Unterschrift von Costa
Rica als zehntem Land werde
ein entsprechendes Protokoll
der UN-Kinderrechtskonvention
im April in Kraft treten können,
teilte die UNO am Dienstag
mit. Als Anlaufstelle wird ein
Sonderausschuß aus 18 Experten
eingerichtet. Einzelne Kinder oder
Gruppen von Kindern können nun
Beschwerden einreichen und sich
dabei auch auf UN-Dokumente
zum Schutz von Kindern berufen.
Unterschrieben haben das Protokoll bisher nur Deutschland, Albanien, Bolivien, Spanien, Gabun,
Montenegro, Portugal, Slowakei,
Thailand und Costa Rica.
(AFP/jW)
Verteidigungsminister Mosche Jaalon: Wir führen keine Friedensverhandlungen mit den
Palästinensern. US-Vorschläge das Papier nicht wert. Von Rüdiger Göbel
B
Weiter viele Klagen
wegen Grundsicherung
Verteidigungsminister Jaalon in einem Tunnel zwischen dem abgeriegelten Gazastreifen und Israel (1. November 2013)
Jaalon, wie Regierungschef Benjamin Netanjahu Mitglied der rechten Likud-Partei, kritisierte demnach
insbesondere die US-Vorschläge zu
Sicherheitsfragen im Jordantal, das
die Ostgrenze eines unabhängigen
Staates Palästina bilden würde. Die
von Kerry und US-General John Allen präsentierten Pläne »sind das Papier nicht wert. Sie garantieren weder
Sicherheit noch Frieden«, soll Jaalon
laut Jediot Achronot geurteilt haben.
Nur die fortgesetzte israelische Militärpräsenz im Westjordanland und
am Jordanfluß könnten sicherstellen,
»daß der Flughafen Ben Gurion und
Netanja nicht zum Ziel von Raketen
aus allen Richtungen werden«, so Minister Jaalon. Sein Sprecher Ofer Harel dementierte den Bericht auf Anfrage nicht, sagte laut dpa nur: »Wir
haben keinen Kommentar.«
Der als »Falke« bezeichnete Politiker bekam von anderen Kabinettsmitgliedern in der Sache Rückendeckung. Juval Steinitz, für internationale
Beziehungen zuständig und enger
Vertrauter von Ministerpräsident Netanjahu, erklärte am Dienstag in einem Radiointerview, auch wenn er
inhaltlich mit Jaalon übereinstimme,
»sollten wir eines unbedingt unterlassen: persönliche Beleidigungen«.
Justizministerin Zipi Livni, Chefun-
terhändlerin mit den Palästinensern,
kritisierte lediglich: »Man kann auf
verantwortliche Art gegen die Verhandlungen argumentieren, ohne die
Verbindungen mit unserem besten
Freund zu beschädigen.« Die Beziehungen zu den USA seien »unser ausschlaggebender strategischer
Trumpf«, so Livni.
Den Palästinensern demonstrierten Jaalons Soldaten derweil, wer im
Westjordanland das Sagen hat: Die
Besatzungstruppen setzten am Dienstag die offizielle Wagenkolonne des
palästinensischen Regierungschefs
Rami Hamdallah kurz vor Ramallah
für längere Zeit fest.
Kein Antispionageabkommen mit den USA
Washingtons Dienste wollen sich nicht binden lassen. Kontrollgremium im Bundestag mit neuem Vorsitzenden
D
as »No-Spy-Akommen«, das
die Schnüffelei deutscher und
US-amerikanischer Geheimdienste kontrollieren soll, droht zu
scheitern. Das meldete die Süddeutsche
Zeitung (SZ) am Montag abend. »Die
Amerikaner haben uns belogen«, wird
ein »hochrangiger Beamter« zitiert.
»Wir kriegen nichts«, soll ein Experte
des Bundesnachrichtendienstes (BND)
gesagt haben. Die USA verweigerten
sogar die Zusage, keine deutschen Regierungsmitglieder und politischen
Amtsträger mehr abzuhören. BND-
Präsident Gerhard Schindler wolle bei
diesem Stand lieber auf ein Abkommen
verzichten, als es zu unterzeichnen.
Noch im Sommer hatte der Chef des
Geheimdienstes NSA, Keith Alexander,
das Abkommen in Aussicht gestellt.
Daß es kein »No-Spy-Abkommen«
zwischen den USA und BRD geben
wird, hatte sich bereits angedeutet. Offiziell wurde das Scheitern bisher nicht
bestätigt. Es würden auch künftig »eingehende, enge Beratungen« geführt, so
Caitlin Hayden, eine Sprecherin des
Weißen Hauses. SPD-Fraktionschef
Thomas Oppermann hofft weiter auf
einen geplanten Besuch Merkels bei
Obama, um den Vertrag doch noch
zustande zu bringen. Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der LinkeFraktion, sieht die Kanzlerin in der
Verantwortung für ein Scheitern des
Abkommens. Sie sei uninteressiert und
zahnlos, wenn es um den Schutz der
Bevölkerung vor Überwachung gehe,
teilte er am Dienstag mit. »Sie hat weder wirklichen Druck ausgeübt noch
Willen zur Aufklärung des Skandals
gezeigt«, so Korte. Die Geheimdienste
an die Kette zu legen sei eine Aufgabe
der Bundesregierung.
Derweil soll der CDU-Abgeordnete
Clemens Binninger neuer Vorsitzender
des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) zur Überwachung der
Geheimdienste werden, wie ein Fraktionssprecher am Dienstag in Berlin
sagte. Der PKG-Vorsitz wird jeweils für
ein Jahr gewählt und wechselt zwischen
Regierung und Opposition. Demnach
dürfte der Vorsitz im kommenden Jahr
an die Linke gehen. (dpa/jW)
u Siehe Kommentar auf Seite 8
stephanie pilick / dpa
Oak B esson / dpa
undesaußenminister FrankWalter Steinmeier (SPD) ist
im Nahen Osten und zündet
verbale Nebelkerzen. Der Friedensprozeß sei »in eine ganz entscheidende Phase« eingetreten, behauptete Berlins oberster Diplomat nach
einem Treffen mit dem amtierenden
palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas in Ramallah. Zuvor hatte
Steinmeier sich schon über die von
US-Außenminister John Kerry moderierten Gespräche zwischen Israelis
und Palästinensern geäußert: »Die
Chancen scheinen diesmal besser, als
es in früheren Zeiten war.« Und: »Wir
sind guter Hoffnung, daß es diesmal
gelingt, die Grundlagen für eine Zweistaatenlösung zu legen.«
Israels Verteidigungsminister Mosche Jaalon spricht dagegen Klartext.
Die israelische Tageszeitung Jediot
Achronot zitierte den rechten Hard­
liner am Dienstag mit den Worten:
»In Wirklichkeit gibt es gar keine Verhandlungen zwischen uns und den
Palästinensern, sondern die Amerikaner sprechen mit uns und parallel mit
den Palästinensern.« Mit Verve zieht
Jaalon über Washingtons »Friedensvermittler« her: »US-Außenminister
John Kerry, der hier mit Entschlossenheit auftaucht und dann getrieben von
unangebrachter Besessenheit und mit
messianischem Eifer vorgeht, hat mir
gar keine Lehren über den Konflikt
mit den Palästinensern zu erteilen.«
Der US-Minister könne ihm »nichts
erzählen vom Konflikt mit den Palästinensern«, wetterte der israelische
Wehrminister dem Blatt zufolge in
privaten Gesprächen fort. »Retten
kann uns nur, daß John Kerry den
Friedensnobelpreis gewinnt und uns
in Ruhe läßt.«
Berlin. Am größten Sozialgericht
Deutschlands in Berlin (Foto)
wurden im vergangenen Jahr
41 975 neue Verfahren registriert.
Statistisch wird alle zwölf Minuten
eine neue Klage eingereicht. Das
Hauptproblem heiße weiterhin
Hartz IV, sagte Gerichtspräsidentin
Sabine Schudoma am Dienstag.
Die Grundsicherung für Arbeitsuchende mache 62 Prozent (26 594)
aller Streitigkeiten aus. Bei 54
Prozent aller Fälle erreichten die
Kläger zumindest einen Teilerfolg.
Wer in Deutschland arbeitet und
nicht genug verdient, habe als
Aufstocker Anspruch auf Grundsicherung, sagte die Präsidentin
zur Debatte um Sozialleistungen
für EU-Bürger. »Das ist keine Leistungserschleichung, sondern geltendes Recht.« Das Gericht habe
den Eindruck, daß manche Unternehmen bewußt die Unerfahrenheit
von Einwanderern ausnutzten.
(dpa/jW)
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