Rupert Scholz - Stiftung Zukunft Berlin

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Rupert Scholz - Stiftung Zukunft Berlin
20 Jahre Berlin-Bonn-Gesetz: Schluss mit dem Provisorium! - Kultur -...
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26.04.2014 09:48 Uhr
20 Jahre Berlin-Bonn-Gesetz
Schluss mit dem Provisorium!
Von Rupert Scholz
Vor 20 Jahren wurde das Berlin-Bonn-Gesetz verabschiedet. Aber wo bleibt
das Hauptstadtgesetz? Der Staatsrechtler Rupert Scholz eröffnet unsere
Artikelserie zum Jubiläum.
Damals: 1997 thronte die Quadriga auf dem Brandenburger Tor vor der noch unfertigen Reichstagskuppel. - FOTO: DPA
Im Einigungsvertrag von 1990 wurde Berlin zur Hauptstadt des wiedervereinigten
Deutschlands erklärt. Am 20. Juni 1991 entschied der Deutsche Bundestag – nach heftiger
und äußerst kontroverser Debatte – dann zugunsten Berlins als künftigem Sitz. Am 25.
August 1992 folgte der Hauptstadtvertrag zwischen dem Bund und Berlin, und am 26.
April 1994 wurde das Berlin-Bonn-Gesetz verabschiedet, das die Einzelheiten des Umzugs
festlegte.
In Wahrheit stellte es weniger ein Berlin-Bonn-Gesetz als ein Bonn-Berlin-Gesetz dar, weil
es sich vor allem um die Zukunft Bonns bemühte.
Selbst die Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und SPD spricht jetzt von einem „BonnBerlin-Gesetz“ – eine verräterische oder gar Freud’sche Fehlleistung? Am 30. Juni 1994
folgte schließlich der Hauptstadt-Finanzierungsvertrag, der allerdings bereits im Jahr
2017 ausläuft.
Das damals anvisierte Bundesgesetz gibt es bis heute nicht
Auf Grundlage der Beschlüsse der Föderalismus-Kommission wurde mit Wirkung ab
September 2006 der neue Artikel 22 Absatz 1 des Grundgesetzes geschaffen, demzufolge
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Berlin Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist und „die Repräsentation des
Gesamtstaates in der Hauptstadt Aufgabe des Bundes ist“. Weiter heißt es: „Das Nähere
wird durch Bundesgesetz geregelt.“
Heute steht außer Frage, dass Berlin Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschlands ist.
Was jedoch fehlt, ist eine langfristig tragfähige Rechtsgrundlage, ein Hauptstadtgesetz im
Sinne von Artikel 22 Absatz 1. Ebenso fehlt eine klare gesetzliche Aussage zur
„gesamtstaatlichen Repräsentation“, die der Bund in Berlin wahrzunehmen hat. Beides,
der an den Bund adressierte Gesetzgebungsauftrag und der Auftrag zur „gesamtstaatlichen
Repräsentation“ des Bundes in Berlin, stellt einen verbindlichen Verfassungsauftrag dar,
dem durch klare gesetzliche Regelungen Rechnung getragen werden muss, bis hin zu
Finanzierungsfragen.
Der Bund hat sich bisher in Berlin in vielfältiger
Weise engagiert – aber stets nur im
Zusammenhang mit bestimmten, vor allem
kulturellen Projekten, und meist auch nur auf
vertraglicher Grundlage. An die Stelle dieses
politischen „Fleckenteppichs“ muss endlich ein
Gesetz von der Art treten, das ebenso
konzeptionell klar wie nachhaltig wirksam ist.
In diesem Gesetz müssen nicht nur
Finanzierungsfragen, sondern vor allem die
Fragen der Kooperation von Berlin und Bund
geregelt werden sowie alles, was der Bund unter
dem Aspekt der „gesamtstaatlichen
Repräsentation“ in Berlin zu tun hat.
Der Staatsrechtler Rupert Scholz war von 1990 bis 2002 für
die CDU im Bundestag. - FOTO: P-A/DPA
In Berlin repräsentiert sich der Staat: Eine Frage der Identifikation
Hauptstadt bedeutet nicht nur, Sitz der Verfassungsorgane zu sein, sondern sehr viel
mehr, wie Artikel 22 sehr klar zum Ausdruck bringt. Auch die Frage der nach dem BerlinBonn-Gesetz in Bonn verbliebenen Bundesministerien muss endlich im Sinne einer klaren
Entscheidung zugunsten Berlins geregelt werden. Das heutige Provisorium sollte beendet
werden – auch allen nordrhein-westfälischen Egoismen zum Trotz.
"Gesamtstaatliche Repräsentation"
- was ist das?
Und heute: Berlin ist Regierungssitz. Das entschied der
Bundestag am 20. Juni 1991. - FOTO: IMAGO
Die „gesamtstaatliche Repräsentation“
umfasst alle Tatbestände und
Erscheinungsformen, in denen sich die
Bundesrepublik Deutschland nach innen
wie nach außen darstellt. Das beginnt mit
Staatszeremonien und setzt sich fort über
Kultur, Wissenschaft, Sport, Darstellungen
und Dokumentationen der deutschen
Geschichte, die Schaffung historischer
Stätten, von Bauwerken und Denkmälern,
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die Präsentation des kulturellen Erbes und der Gegenwartskunst in Museen, die
Ausrichtung von Festspielen und Gedenkfeiern.
„Gesamtstaatliche Repräsentation“ ist also vor allem kulturstaatlich bestimmt und meint
auch die Pflege des stets aufs Neue zu aktualisierenden wie zu dokumentierenden
Selbstverständnisses des Staates. Oder anders gesagt: Sie soll vor allem der
Identifikationsfähigkeit der Bürger mit ihrem Gemeinwesen dienen und diese Identität als
Teil einer auch international wirksamen Wertegemeinschaft auch nach außen vermitteln.
Bei alledem steht dem Gesetzgeber naturgemäß ein hohes Maß an politischem
Gestaltungs- und Bewertungsspielraum offen. Aber im Kern bedarf es eines klaren
Bekenntnisses zu solcher „gesamtstaatlichen Repräsentation“, vermittelt durch den
Bundesgesetzgeber. Daran fehlt es, 20 Jahre nach dem Berlin-Bonn-Gesetz. Es ist
wahrhaft an der Zeit, dass der Bund sich auch in diesem Sinne zu seiner Hauptstadt Berlin
bekennt und das verwirklicht, was als verbindlicher Verfassungsauftrag im Grundgesetz
vorgegeben ist.
Der Staatsrechtler Rupert Scholz, Jahrgang 1937, war von 1990 bis 2002 für die CDU
Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 1988 bis 1989 war er Bundesminister der
Verteidigung. Heute arbeitet er als Anwalt in Berlin in der Sozietät Gleiss Lutz. Scholz ist
Autor und Mitherausgeber des Grundgesetzkommentars Maunz/Dürig/Herzog/Scholz,
für den er gerade eine Analyse des Artikels 22 fertiggestellt hat.
– Nächste Folge: Wolfgang Schäuble
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