Die Zukunft wird gedruckt − Aber wie wird sie verkauft?
Transcription
Die Zukunft wird gedruckt − Aber wie wird sie verkauft?
SCHWERPUNKT | Thema SCHWERPUNKT | Business Model Innovation Radikale Innovationen sind in der Frühphase ges Schattendasein für spezielle Industrieprodukte und im Prototyping. Im Boeing 787 Dreamliner sind nun aber bereits 32 gedruckte Teile verbaut, die den traditionell gefertigten Komponenten überlegen sind. Ingenieure bei EADS haben einen Fahrradprototyp aus ultraleichtem aber stabilem Nylonpulver an einem Stück, inklusive aller beweglichen Teile, „gedruckt“. Im medizinischen Umfeld werden unter dem Begriff Bio-Printing unterschiedliche Gewebe, Knochenstücke und ganze Organe gedruckt. Bis in drei Jahren soll die erste gedruckte Ohrprothese implantiert werden und die schweizerische Biotech-Firma regenHU plant, Anfang 2014 den ersten gedruckten, künstlichen Knochen auf den Markt zu bringen. oft zu teuer und den etablierten Methoden technisch unterlegen. Diese Entwicklungen sind typisch für radikale Innovationen: in der Frühphase zu teuer und technisch den etablierten Methoden in den meisten Anwendungen unterlegen. Dann wird die Technologie verbessert, kostengünstiger sowie vielfältiger in der Anwendung und verdrängt mittel- bis langfristig bestehende Verfahren. Viele Entwicklungen der letzten Jahre begünstigen das Umfeld für 3D-Printing so stark, dass der Ansatz nun einem potenziellen Durchbruch nahe steht. Die Zukunft wird gedruckt − Aber wie wird sie verkauft? Der technologische Fortschritt und Preisrückgang von 3D-Druckern in den letzten zwei Jahren führt bei sinkenden Preisen zu besserer Qualität. Darüber hinaus erweitern die Erforschungen der 3D-Printtechnologien deren Einsatzbereiche. Außerdem machen Informations- und Kommunikationstechnologien elektronische Daten überall und jederzeit verfügbar. Ein wesentliches Element ist schließlich das Auslaufen wichtiger Patente. Dies ist zentral für die Kostenreduktion und damit für die Verbreitung. Geschäftsmodelle für die nächste industrielle Revolution STEPHAN WINTERHALTER, UNIVERSITÄT ST.GALLEN, CHRISTOPH H. WECHT, BGW AG, OLIVER GASSMANN, UNIVERSITÄT ST.GALLEN 50 IM+io Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management und etablierte Geschäftsmodelle auf den Kopf zu stellen. Kreativität ist gefragt. Einbettung in die Trends der Gesellschaft 1. 3D-Printing – Mehr als nur ein Hype 3D-Printing ist keine neue Technologie. Seit der ersten Präsentation 1983 wurde sie stetig weiterentwickelt. Das Grundprinzip ist einfach: Statt Gegenstände aus einzelnen Elementen zusammenzubauen, wird die Form eines Objektes schichtweise und am Stück erstellt. Die Technologie führte ein jahrelan- 01 | 2014 Bildnachweis: Fotolia „Gedruckte Zahnprothesen reduzieren die Kosten der Krankenkassen um mehrere Millionen Euro pro Jahr.“ „Fielmann eröffnet Online-Shop für Brillengestelldatensätze – zweistelliges Umsatzwachstum erwartet.“ So könnten in wenigen Jahren Medienmitteilungen von Unternehmen aussehen. Die Grundsteine dafür wurden vor 20 Jahren gelegt. Heute werden die Weichen gestellt und erste Unternehmen beginnen, Geld mit einem Ansatz zu verdienen, der als 3D-Printing oder Additive Manufacturing bezeichnet wird. Dieser hat das Potenzial, ganze Industrien zu revolutionieren Neben wirtschaftlichen Treibern wie dem verstärkten globalen Wettbewerb sowie sich verkürzenden Lebenszyklen neuer Technologien und Produkte sind vor allem soziale Treiber für 3D-Printing relevant. Die Polarisierung zwischen sehr billig oder sehr teuer und der damit einhergehende Eklektizismus führen dazu, dass Kunden immer schwieriger einzuschätzen sind. Kunden geben nur für die Produkte mehr Geld aus, die einen hohen Wert stiften. Weiter findet eine Abkehr vom Standard statt. Gerade Kunden aus dem Mittelstand sind bereit, für Individualität mehr zu zahlen. Das selbst designte T-Shirt, angepasste Sportschuhe oder das individuell gemixte Müsli sind Beispiele. Die aufstrebende Makers-Bewegung gibt sich nicht mit dem Designen von Produkten zufrieden, sondern druckt sich die Eigenkreationen mit 3D-Printern selber aus. Zudem wird der Faktor Zeit zur kritischen Größe: Produkte werden dort gekauft, wo sie am schnellsten verfügbar sind. Ein wachsendes Umweltbewusstsein mit der Grundhaltung „Teilen statt Besitzen“ beeinflusst die Industrie. Längerfristig wird dies von einer Kauforientierung zu einer Nutzenorientierung führen. Airbnb, eine Bed & Breakfast Kette, bei der Privatpersonen ihre Zimmer zur Verfügung stellen, hat nach drei Jahren mehr Zimmer unter Vertrag als die Hilton Gruppe in hundert Jahren aufbaute. KURZ UND BÜNDIG Obwohl seit mehr als 20 Jahren bekannt, steht 3D-Printing so nahe vor dem Durchbruch wie noch nie. Nicht nur sind die Drucker billiger und die Verfahren verbessert, auch die Gesellschaft mit ihren Ansprüchen nach individualisierten Produkten macht die Zeit reif für dieses Verfahren, das Einzelstücke günstig und ohne Transportkosten produzieren kann. Da dies aber die industrialisierte Produktion teilweise auf den Kopf stellt, sind von den Unternehmen kreative Ideen für neue Geschäftsideen gefordert. Stichworte: 3D-Printing, Additive Manufacturing, 3D-Blueprint, Individualisierung, Logistik, neue Geschäftsmodelle, Copy-Shops IM+io Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management 01 | 2014 51 SCHWERPUNKT | Business Model Innovation Die sieben Elemente, die die 3D-Print-Revolution begünstigen, sind: 1. Verkürzte Technologiezyklen, neue Werkstoffe und Materialien SCHWERPUNKT | Business Model Innovation Gerade Kunden aus dem Mittelstand sind bereit, für Individualität mehr zu bezahlen. 2. Verändertes Konsumverhalten in Richtung Eklektizismus, Teilen statt besitzen, Individualisierungstendenzen in einem globalen Umfeld 3.Geographische Verteilung und Erreichbarkeit der potenziellen Käufer 4. Streben nach Unabhängigkeit verbunden mit ökologischen Zielen 5. Wegfall des Patentschutzes für Grundlagentechnologien und kostengünstige Verfügbarkeit (Brillengestell, Spielzeug); und drittens Produkte, die sich mit 3D-Printing günstiger oder besser herstellen lassen als mit traditionellen Verfahren. Aus technischer Sicht gilt es, zwei Punkte zu beachten. Erstens fallen mit 3D-Printing Beschränkungen aus traditionellen Herstellverfahren weg. Zweitens sind die Stückkosten fast konstant und lediglich von der Produktionszeit und dem verwendetem Material abhängig. Dies macht Skaleneffekte obsolet. Wie Abbildung 1 zeigt, wird im industriellen Bereich 3D-Printing die bisherigen Herstellverfahren ergänzen und teilweise ablösen (blau). Zudem lässt sich in geringeren Stückzahlen produzieren und Geschäfte, die zuvor unattraktiv schienen, beginnen sich zu rechnen. 6. E rleichterung von Unternehmensgründungen 7.Konkrete, funktionierende Frühanwendungen 3D-Printing als Integrator Einschneidender werden die Auswirkungen dort sein, wo der Kunde (Maker) einen Teil der phy sischen Wertschöpfung übernimmt (grün). Unternehmen müssen der fortschreitenden Individualisierung Rechnung tragen und Kunden Unikate anbieten. 3D-Printing ermöglicht echte Mass Customization. Zudem wird mit 3D-Printing die Logistik revolutioniert, da Produkte direkt dort ausgedruckt werden, wo sie nachgefragt werden, beziehungsweise, wo ein Drucker steht (rot). Setzen sich diese Trends durch (gelb), ist in vielen k Industrien mit ähnlichen ti Industr. MassenMassengis o Umwälzungen zu rechrL produktion anfertigung de t nen, wie bei der Digitaitä zif e lisierung des MediensekSp Vorindustr. Handwerk tors durch Smartphones Fertigung und Tablets. Die Herausforderung für die UnterSpezifität des Produktes nehmen wird sein, die Abbildung 1: Der Weg zur Revolution durch 3D-Printing Kontrolle über ihre Pro- # produzierter Produkte 3D-Printing bildet eine mögliche technologische Basis, um diese Trends zu integrieren. Grundsätzlich sind alle Produkte für 3D-Printing geeignet, die einer oder allen der folgenden drei Charakterisierungen entsprechen: erstens ein hoher Individualisierungsgrad bis hin zum Einzelstück (Zahnersatz, Schmuck); zweitens eine zeitnahe 52 Software Ebene Inferface IM+io Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management 01 | 2014 Crowd Etablierte Industrie 3D Design Agenturen Design Business Model Patterns Crowdsourcing Digitalisierung der Realität User designed Freelancer Open Source Copy Shop Mass customization Intermediäre Ebene Funds, IPR Märkte Affiliation Handel Online-Händler Digitalization Licensing Long tail Crowdsourcing Plattformen Hardware Ebene Realisierung der Digitalisierung Etablierte Lieferanten von Rohmaterial Neue Lieferanten von Rohmaterial Razor and Blade Franchising Lieferanten von Desktop-Printern Lieferanten von Industriedruckern Ingredient Branding Druck/Produktion Direct selling Abbildung 2: Das 3D-Printing Ecosystem dukte zu behalten und an der Kommerzialisierung zu partizipieren. 2. Das 3D-Print Ecosystem Die Digitalisierung der Produktion durch 3D-Printing eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklung und Fertigung von Produkten und Services, wie in Abbildung 2 zu sehen ist. Das Zusammenspiel von Design – das softwaregeprägt ist – und dem Druck/ Aufbau des physischen, hardwaredeterminierten Produktes sowie den daraus resultierenden Möglichkeiten gilt es für Unternehmer zu verstehen und zu nutzen. Softwareebene – die Welt digitalisieren Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, ein digitales Bild der Realität zu erstellen: Neu designen, kopieren oder wiedererstellen mit 3D-Scanner. Bei neuen Designs erstellen Spezialisten Produkte digital mit 3D-Software. Erste Start-Ups wie Thingiverse oder Shapeways haben Geschäftsmodelle hierfür entwickelt. Beide Firmen besitzen eine Plattform, auf denen die Internet-Crowd selbstdesignte Objekte zum freien Download mittels Open Source Lizenz oder gegen Gebühr zur Verfügung stellt. In solchen Online-Shops findet sich bereits eine beachtliche Anzahl von digitalisierten Gegenständen, die größtenteils user-designed sind. Auch etablierte Firmen, die von der ausgeprägten Mass Customization ihrer Produkte profitieren, unternehmen Gehversuche in diesem Umfeld. Nike entwirft Schuhe, die auf die physiologischen Eigenschaften des Kunden zugeschnitten und mit 3D-Printing produziert sind. Beim Kopieren und Komplementieren kommen entweder frei verfügbare Blueprints (3D-Designs) oder 3D-Scanner zum Einsatz. Die abgebrochene Türklinke aus dem 18. Jahrhundert kann so neu hergestellt werden. Die einzelnen Bruchstücke werden gescannt und digitalisiert, mit Software fehlende Teile errechnet und die Einzelteile am Bildschirm virtuell zusammengesetzt, bevor eine neue Türklinke nach altem Vorbild ausgedruckt wird. Bei der Restauration des Schweizer Parlamentsgebäudes in Bern wurden so antike Fensterheber kopiert und ersetzt. Das ist nicht IM+io Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management 01 | 2014 53 SCHWERPUNKT | Business Model Innovation SCHWERPUNKT | Business Model Innovation nur günstiger, als diese Fensterheber auf traditionelle Weise anfertigen zu lassen, sondern diese können nun immer wieder gedruckt werden. Radikalere Entwicklungen sind für den Heimgebrauch zu erwarten, sobald mit dem Smartphone 3D-Modelle einfach erstellt werden können und dadurch jedermann digitale Kopien bestehender Objekte und neue Designs produzieren kann. Diese Schnittstelle und ihre Nutzerfreundlichkeit sind entscheidend. Sobald es intuitiv möglich ist, Blueprints zu erstellen, wird ein massiver Anstieg an Designs ausgelöst, allerdings nicht nur eigener, sondern auch fremder Designs: Mit dem integrierten 3D-Scanner im Smartphone ist das digitale Design des exklusiven Bestecks genauso schnell erfasst wie Die technischen Möglichkeiten öffnen auch Türen zum Missbrauch durch private Raubkopierer. der Schnappschuss im Urlaub. Die Firma Autodesk hat eine App für das iPhone entwickelt, mit der Fotos eines Objekts aus verschiedenen Blickwinkeln in ein dreidimensionales Objekt umgewandelt werden. Diese technischen Möglichkeiten öffnen auch Türen zum Missbrauch durch private Raubkopierer. Intermediärebene – der digitale Handel mit der physischen Welt Ein Gegenstand in digitaler Form kann mit Informations- und Kommunikationstechnologie weltweit praktisch kostenlos verschickt werden. Das Design einer Tasse, eines Ohres oder Fahrrads wird per Email versandt – von New York nach Tokio, von Zürich nach Johannesburg, wo immer der Gegenstand gewünscht und ein entsprechender Drucker verfügbar ist. Es wird ein Handel institutionalisiert, den OnlinePlattformen und Retailer koordinieren. Verschiedene Geschäftsmodelle sind denkbar. Einerseits sind Modelle möglich, die das Bindeglied zwischen Designern und Produzenten herstellen und diese zusammenbringen. Diese Affiliatoren verfügen über eine 54 IM+io Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management Plattform, auf der zum einen Designer ihre Werke (Blueprints) anbieten und die zum anderen Zugriff zu einem 3D-Drucker-Netzwerk besitzt. Verdient wird mit einer Gebühr für den Designverkauf und die Vermittlungen zum Druck. Auch Unternehmen, die auf konventionelle Herstellungsverfahren setzen, bietet der Handel mit Blueprints eine Chance. Blueprints können beispielsweise an zertifizierte Print-Shops geschickt werden, die Produkte in Lizenz drucken oder reparieren. Ersatzteile von Turbinen müssten nicht mehr über weite Strecken transportiert werden, sondern könnten bei einem spezialisierten, geprüften und vertraglich gebundenen Print-Terminal ausgedruckt werden. Dieses Vorgehen wird die Logistik revolutionieren. Es kommt bereits für die Ersatzteilversorgung der US-Armee zum Einsatz. Auch Amazon positioniert sich. Vor kurzem wurde ein neuer Bereich für 3D-Drucker und Zubehör eingerichtet. Der Verkauf von Blueprints passt ebenfalls in das bisherige Geschäftsmodell des Internetriesen. Auch wenn zu Beginn nur geringe Stückzahlen verkauft werden – durch die nicht vorhandenen Lagerkosten und die bestehenden Rechenzentren kann Amazon eine nahezu endlose Anzahl von Designs anbieten und mit dem sogenannten Long-Tail Geld verdienen. Auch die anderen Tech-Riesen werden auf diesem Gebiet aktiver werden. Hardwareebene – die Welt drucken Die Produktion der digitalisierten Güter ist nicht mehr an Fabrikanlagen gebunden, Skaleneffekte verschwinden. Up-Front-Investitionskosten in Fertigungsanlagen werden genauso wie Lagerhallen nahezu überflüssig. Alltagsgegenstände werden zu Hause am Desktopdrucker erstellt, womit der Direktvertrieb eine komplett neue Dimension erfährt. Komplexere Objekte werden in Copy-Shops oder Spezialdruckereien zum Beispiel im Franchise-Modell produziert. Beim Anlagen- und Gebäudebau werden Drucker entweder zentral zur Elemente-Herstellung oder direkt auf den Baustellen eingesetzt. Eine teilweise Neuordnung der Fertigungsindustrie und neue Geschäftszweige sind zu erwarten. Dabei bieten flankierende Geschäftsmodelle, zum Beispiel die Lieferung von Rohmaterial in Form von Ingre- 01 | 2014 dient Branding, etwas Sicherheit. Für Unternehmen aus der chemischen Industrie ist dies genauso interessant wie für Glas-, Zement- und Keramikhersteller. Kooperationen mit Druckerherstellern können sich etablieren und – analog zum „Razor and Blade“-Geschäftsmodell bei den 2D-Desktopdruckern – Gewinne hauptsächlich über den Verkauf von Druckmaterial einer etablierten Marke erzielt werden. 3. Showstopper – oder die große Chance Die dritte industrielle Revolution ist möglich, aber sie wird nur unter bestimmten Voraussetzungen realisiert: 1) Robustes Produktdesign: Das Design für den zu druckenden Gegenstand ist eine kritische Komponente. Hier entscheidet sich die Qualität des Endproduktes. Es ist immer noch die Kompetenz des Designers entscheidend, um Gegenstände stabil und ressourcensparend zu konstruieren. 2) Intuitive, auch für Nicht-Experten anwendbare Software und Schnittstellen sind die Voraussetzung, um 3D-Printing zur Massentechnologie zu machen. 3) Schutz des geistigen Eigentums: 3D-Printing ist für die produzierende Industrie das, was das Kopieren von Musik für die Musikindustrie war. Umdenken und neue Geschäftsmodelle sind gefragt. Firmen müssen sich auf das spezialisieren, was nicht kopiert werden kann. Das ist zum Beispiel der innere Aufbau, der von 3D-Scannern (noch) nicht erfasst werden kann. 4) Produktqualität: Bislang werden noch kaum qualitätskritische Teile gedruckt. Die Fertigungstechnologie muss hier eine hohe Qualität erreichen. sicherstellt, dass in der definierten Art und Weise und mit den richtigen Materialien gedruckt wird. 6) Verfügbarkeit und Standards bei Materialien: Neben dem Aufbau und Design entscheidet das Material über die Qualität des Endproduktes. Viele verschiedene Stoffe kommen je nach gewünschten Produkteigenschaften zum Einsatz. Am häufigsten werden Kunststoffe und Kunstharze, aber auch Metalle (Titan, Stahl, Gold, Silber) verwendet. Was beim Design gilt, gilt auch für Rohstoffe: 3D-Printing muss einfach sein und sich für den Massenmarkt auf so wenige Rohstoffalternativen wie möglich beschränken. 7) Wirtschaftlichkeit: Hauptargument des 3D- Prints ist die flexible dezentrale Produktion verbunden mit großen technologischen, produkttechnischen sowie unternehmerischen Möglichkeiten. Lange Transportwege von Fertigprodukten und Lagerkosten fallen weg. Was bleibt, sind Drucker und Rohmaterialen. Die Wirtschaftlichkeit ist nur gewährleistet, wenn die Just-in-Time Philosophie der Fertigung konsequent durchgezogen wird. 8) Ökologische Verträglichkeit: Durch die intelligente Vernetzung des Druckernetzwerks und die Materialwahl wird die neue Produktion nicht nur flexibler, sondern auch grüner. Die Nebeneffekte der 3D-Printtechnologie in Form von mehr Verpackungen für Rohmaterial aufgrund der Kleinstgrößen sowie Mehrverbrauch aufgrund minderwertiger Qualität dürfen in der Ökobilanz die Transportgewinne nicht übersteigen. Eine Neuordnung der Fertigungsindustrie und neue Geschäftszweige sind zu erwarten. 5) Sicherheit und Produkthaftung: Nur wenn sich Kunden auf die Qualität der gedruckten Produkte verlassen können, werden sie diese nachfragen. Anbieter von 3D-Druckern und -Services schließen heute jegliche Produkthaftung aus. Es gibt Bestrebungen, diese Lücken zusammen mit einem Copyright zu schließen, das neben dem eigentlichen Kopierschutz auch Sind diese Punkte erfüllt, so steigen die Chancen, dass die 3D-Technologie eine weitere industrielle Revolution auslösen wird. Wichtig ist jedoch die Erkenntnis, dass es das Geschäftsmodell und deren Ausgestaltung ist, die erfolgskritisch sind. Die 3D-Technologie ist nur eine Determinante für den Erfolg. IM+io Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management 01 | 2014 55 SCHWERPUNKT | Business Model Innovation SCHWERPUNKT | Business Model Innovation LITERATUR Gassmann, O., Frankenberger, K., Csik, M.: Geschäftsmodelle entwickeln. München. Hanser. 2013 Thomas, G.: Materials Used In 3D Printing and Additive Manufacturing. http://www.azom.com/article.aspx?ArticleID=8132. Zugriff: 12.6.2013 Karapatis, N.P., Van Griethuysen, J.P.S., Glardon, R.: Direct rapid tooling: a review of current research. Rapid Prototyping Journal, Vol. 4, No. 2/1998. S. 77-88 Lipson, H., Kurman, M.: Fabricated: the new world of 3D printing. Indianapolis, Indiana. 2013 Mijuk, G.: Die Welt aus dem Drucker. http://www.vzls.ch/news_data/3-DDrucker_19.Seite.pdf. Zugriff: 27.06.2013 SUMMARY The Next Industrial Revolution Pluta, W.: Rapid Prototyping: Nathan Myhrvold patentiert DRM-Verfahren für 3D-Druck. http://www.golem.de/news/rapid-prototyping-nathan-myhrvoldpatentiert-drm-verfahren-fuer-3d-druck-1210-95102.html. Zugriff: 12.06.2013 „Less costs for health care with printed dental plates“, this could be the headline of a press release in a few years. Start-ups as well as established companies like Amazon start making money with a twenty-year-old technology which stands on the verge of a breakthrough today: 3D-printing also known as additive manufacturing. 3D-Printing will not only revolutionize industrial production processes and distribution, it will change the game fundamentally in many industries. Only with the right business models in place, firms and entrepreneurs will be able to flourish in this new area. Preidt, R.: Hear This: 3-D Printing Creates Lifelike Artificial Ears. http://www. medicinenet.com/script/main/art.asp?articlekey=167978. Zugriff: 27.06.2013 Keywords: 3D-printing, Additive Manufacturing, 3D-Blueprint, Mass Customization, Distribution, New Business Models Myers, A.: Experts Build 3D Printed Jaw Bone for 83-Year-Old Implant Patient. http://www.ibtimes.com/experts-build-3d-printed-jaw-bone-83-year-oldimplant-patient-405446. Zugriff: 27.06.2013 SERVICE AUTOREN Stephan Winterhalter, M.A. HSG Forschungsassistent und Doktorand am Institut für Technologiemana gement an der Universität St. Gallen. Neben seiner Tätigkeit im Bereich 3D Printing erforscht er Innovation in Emerging Markets und deren Auswirkungen auf Geschäftsmodelle. Dr. Christoph H. Wecht, Dipl. Ing., MBA Managing Partner der BGW Management Advisory Group, St. Gallen – Wien, sowie Verwaltungsrat der BMI Lab AG. Außerdem leitet er das Kompetenzzentrum für Open Innovation am Institut für Technologiemanagement an der Universität St.Gallen (ITEM-HSG) und hält dort einen Lehrauftrag für Technologiemanagement. Nach dem Maschinenbaustudium in Wien arbeitete er in Österreich, Deutschland und den USA, wo er ein ergänzendes MBA-Studium absolvierte. Vor der Gründung der BGW promovierte er am ITEM-HSG zur Kundenintegration in den Innovationsprozess. KONTAKT [email protected] [email protected] BGW AG Büro St. Gallen Varnbüelstrasse 13 9000 St. Gallen Schweiz Tel.: +41 71 8400 831 Fax: +41 71 8400 832 www.bgw-sg.com 56 IM+io Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management 01 | 2014 Prof. Dr. Oliver Gassmann Professor für Innovationsmanagement an der Universität St.Gallen und Direktionsvorsitzender am dortigen Institut für Technologiemanagement. Er ist tätig in diversen Verwaltungsräten und internationalen wissenschaftlichen und politischen Beiräten. Zuvor war er für die Leitung der Forschung und Vorentwicklung im Schindler-Konzern verantwortlich. In seiner Forschung beschäftigt er sich damit, wie Unternehmen über Innovation ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. [email protected] Institut für Technologiemanagement (ITEM-HSG) Dufourstrasse 40a 9000 St. Gallen Schweiz Tel: +41 71 2247 220 Fax: +41 71 2247 301 www.item.unisg.ch IM+io Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management 01 | 2014 57