Das Hammond-Zugriegelsystem – Ein Meilenstein für Orgelklänge
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Das Hammond-Zugriegelsystem – Ein Meilenstein für Orgelklänge
Das Hammond-Zugriegelsystem – Ein Meilenstein für Orgelklänge von Bernd Wurzenrainer Als Laurens Hammond als Erfinder im Jahre 1934 in Chicago/Illinois-USA die erste elektrische Orgel erfand, ahnte noch niemand, dass das von ihm geschaffene Zugriegel-System einst von so einer großen Bedeutung zur Klangformung in der Welt der elektronischen Orgel und heutzutage sogar in der Keyboard-Welt erfahren würde. Das „Harmonische Zugriegel-System“ beruht auf dem System der kombinierbaren und regelbaren Klangmischung, welches in der Fachsprache als „Additive Klangformung“ bezeichnet wird. Das Klangbild des Zugriegel-Systems macht sich bei der Hammond-Orgel als Sinus-Schwingung hörbar, deshalb fällt auch oft der Name „Sinus-Zugriegel-System“. Laurens Hammond’s geschaffener Tonrad-Generator erzeugt durch die Induktion bzw. durch das Rotieren von Metallscheiben vor Elektromagneten (Erzeugung einer Induktionsspannung) eine SinusSpannung, welche durch diverse Spulen-Kondensator-Filterungen (Hochpass/Tiefpass-Filterung) über Verstärkung als Sinus-Schwingung durch Verstärkung über den Lautsprecher hörbar wird. Andere Orgelhersteller mit einer elektronischen Tonerzeugung, meist aus dem europäischen Raum, nutzten in den Siebziger Jahren das Zugriegel-System hauptsächlich für die Klangformung von Rechteck- bzw. für Sägezahn-Schwingungen, welche dann meistens noch zusätzlich durch eine aktive Sinus-Filterung elektronisch in Sinus-Schwingungen umgewandelt wurden. Die Sinus-Schwingung bzw. der Sinus-Ton drückt sich klanglich als warm klingender Flötenklang aus. Das Zugriegelsystem hierzu besteht aus zwei Sub- bzw. Untertönen, aus mehreren Grundtönen (bis zu vier verschiedene Grundtöne) und aus den dazugehörigen Obertönen (bis zu drei verschiedene Obertöne). Somit besteht das Zugriegel-System aus neun mischbaren Tönen, welche sich in acht Regelstufen oder Lautstärke-Stufen regulieren und mischen lassen. Diese neun Töne bezeichnet man als „Harmonische“ (Harmonisches Zugriegel-System). Die erste (1.) Harmonische wird als Basis bezeichnet und ist somit der vom Tongenerator erzeugte Grundton. Dieser Grundton hat die Bezeichnung 8‘ (8-Fuß bzw. Fußlage). Der Ton, der sich eine Oktave unterhalb des Grundtons 8' befindet, bezeichnet sich als 16‘ und resultiert daraus als „SubHarmonische“. Die 9 Zugriegel bestehen insgesamt aus fünf geraden Fußlagen (16‘, 8‘, 4‘, 2‘, 1‘) und aus vier zwischen liegenden, ungeraden Fußlagen, welche in Bruchzahlen auftreten (5 1/3‘, 2 2/3‘, 1 3/5‘; 1 1/3‘) und dadurch auch als „Aliquoten“ bzw. als Aliquot-Register bezeichnet werden. Hierdurch sprach man in früheren Zeiten, bei insgesamt neun Fußlagen von „9-Chören“, da der Grundton 8‘ in dieser Tonlage bestimmend und bewegend für die Singstimme ist. Die Fußlagen-Bezeichnungen stammen aus dem Pfeifenorgelbau, da der klangliche Aufbau einer Orgel oder eines Keyboards mit Zugriegeln für den Orgelklang eine nähere Bezeichnung der Pfeifenreihe in Bezug auf ihre Tonhöhe erforderlich macht. Hierzu dient die jedem Register beigegebene Fußzahl, welche die Länge seiner tiefsten Pfeife angibt. Der 16‘-Zugriegel bzw. das 16‘-Register würde theoretisch für den Ton „C“ (großes, tiefes „C“ der Basslage) eine 16‘ lange Pfeife besitzen und erklingt dadurch eine Oktave tiefer, als das 8‘-Register mit dem Ton „c1“ der Diskantlage (c1 = eingestrichene „c“; wird oft auch als „Mittleres C“ bezeichnet). Das 4‘-Register klingt zum 8’-Register eine Oktave höher (c2 = zweigestrichene „c“ in der Diskantlage), das 2‘-Register erklingt zum 8’-Register zwei Oktaven höher (c3 = dreigestrichene „c“ in der Diskantlage) und das 1‘-Register erklingt drei Oktaven höher zum 8‘-Register (c4). Im Pfeifen-Orgelbau würde 16‘-Zugriegel (Sub-Harmonische) die Register-Bezeichnung „Bass“ bzw. „Bordun“ (engl.) erhalten. Die Basis bzw. das Grundtonregister 8‘ würde sich hingegen „Prinzipal“ nennen. Die Aliquot-Stimme nach dem 16‘-Zugriegel besitzt die Fußlage 5 1/3‘ und bildet die Quinte über dem Grundton oder dem Zugriegel 8‘. Dies bedeutet, dass das Register als Ton „g1“ (eingestrichene Quinte) über den Grundton „c1“ erklingt. Das Zugriegel-Register 5 1/3‘ befindet sich aber dennoch zwischen dem Basis-Zugriegel 8‘ und dem 16‘-Zugriegel-Register (Sub-Harmonische) und wird deshalb als „3. Sub-Harmonische“ bezeichnet. Der Vorteil liegt darin, dass bei Zugriegel-Registrierungen und Kombinationen mit den beiden Fußlagen 16‘ und 5 1/3‘ sehr warme, tief klingende und eindrucksvolle Klangfarben entstehen und sich somit sehr gut zusammen mischen lassen. Des weiteren existieren bei Hammond’s Harmonischen Zugriegel-System noch weitere AliquotStimmen bzw. Aliquot-Register, welche als Obertöne bezeichnet werden. Die nächste Aliquote, nach dem 5 1/3‘-Zugriegel, ist das 2 2/3‘-Zugriegel-Register, welches genau um eine Oktave höher liegt (g2), als die Quinte 5 1/3‘ (g1). Der 2 2/3‘-Zugriegel befindet sich zwischen der „2.Harmonischen“, dem 4‘-Zugriegel, und zwischen der 4.Harmonischen“, dem 2‘-Zugriegel. Dadurch wird der 2 2/3‘-Zugriegel als „3.Harmonische“ bezeichnet (engl. „Third Harmonic“). Die Aliquote nach dem 2‘-Zugriegel, der „4.Harmonischen“, ist die Oberton-Fußlage 1 3/5‘. Sie nennt sich demnach die „5.Harmonische“ und erklingt als Terz (engl. „Tierce“), als Ton „e4“ über der „4.Harmonischen“. Als Nächstes folgt die „6.Harmonische“ als 1 1/3‘-Zugriegel-Aliquote. Sie bildet die Quinte zur „4.Harmonischen“, dem 2‘-Zugriegel. Dadurch erklingt sie wieder als Ton „g4“ in der 19.Tonlage. Als letzteres folgt eine gerade Fußlage als „8.Harmonische“. Es ist der 1‘-Zugriegel, welcher wieder als Ton „c4“ in der 22.Tonlage erklingt. Die Quinte und die Terz gehören schon seit Jahrhunderten zum Klangbestand einer Orgel. Diese Obertöne , als Aliquot-Stimmen, dienen dazu, den Klang einer Registrierung verschiedenartig oder charakteristisch zu färben. Es handelt sich daher um die Synthese von Klangfarben aus Grundstimmen mit Obertönen. Durch den Gebrauch von Grundtönen und Obertönen mit dem Zugriegel-System lassen sich dadurch Registrierungen oder Kombinationen der 4 Tonfamilien erzeugen. Diese Tonfamilien bezeichnen sich als „Flöten-Familie“ (Flutes), „Rohrflöten-Familie“ (Reeds), „Grundton-Familie“ (Diapason) und „Streicher-Familie“ (Strings). Die „Flöten-Familie“ beinhaltet hauptsächlich den Grundton (8‘-Zugriegel) und den 2.harmonischen Zugriegel (4‘-Zugriegel = „Second Harmonic“). Ferner wird die „Rohrflöten-Familie durch die Mitte der gesamten Zugriegel betont, wo oft meistens der 3.harmonischen Zugriegel (2 2/3‘-Zugriegel = „Third Harmonic“) genutzt wird, im Gegensatz zum Grundton (8‘-Zugriegel) selbst. Bei der „Grundton-Familie“ ist hauptsächlich der Grundton (8‘-Zugriegel) und der 2.harmonische Zugriegel (4‘-Zugriegel) in Gebrauch, wobei die anderen Fußlagen bzw. Obertöne eher immer schwächer abfallen. Die „Streicher-Familie“ besitzt im Gegensatz zu der „Grundton-Familie“ eher einen schwachen Anteil des Grundtons (8‘-Zugriegel) und des 2.harmonischen Zugriegels (4‘-Zugriegel). Dafür besitzt die „Streicher-Familie“ wiederum einen stärkeren Anteil an Obertönen. Für Zugriegel-Systeme gibt es spezielle Zahlenkombinationen für bestimmte Klangfarben oder Registrierungen. Man findet diese Registrierungskombinationen oft bei älterem amerikanischem Noten-Material für elektronische Orgel, speziell für Hammond-Orgeln. Hier nun einige folgende Zugriegel-Registrierungen für bestimmte Klangfarben der Ton-Familien: Zugriegel-Fußlagen: Flöten-Ton-Klangfarbe: Rohrflöten-Ton-Klangfarbe: Grundton-Klangfarbe: Streicher-Ton-Klangfarbe: 16‘ 0 0 0 0 5 1/3‘ 0 0 0 0 8‘ 8 4 8 4 4‘ 4 6 7 5 2 2/3‘ 0 7 7 5 2‘ 0 6 6 5 1 3/5‘ 0 5 5 5 1 1/3‘ 0 4 4 5 1‘ 0 3 3 4 Weiterhin gibt es für die Zugriegel bzw. für den Orgelklang eine Belebung, auch „Animation“ (engl.) genannt. Diese Belebungseffekte gibt es als Frequenz-Vibrato, Amplituden-Tremulant oder als LeslieEffekt mit rotierenden Lautsprechern. Aus diesem Grund ist ein guter Animationseffekt für Zugriegel-Orgelsounds von besonderer Wichtigkeit. In den vierziger Jahren schuf der Erfinder und Akustik-Experte Donald Leslie erstmalig das System rotierender Lautsprecher, welche durch ihren Rotations-Wirkungsgrad von 360Grad einen RundumEffekt erzeugen und somit den berühmten „Doppler-Effekt“ erzielen. („Doppler-Effekt“ = schnell vorbeifahrendes Fahrzeug mit ertönender Sirene – Die Frequenz der Sirene ruft beim Vorbeifahren des Fahrzeugs einen Tonabfall um ca. einen halben Ton hervor.) Der nach Donald Leslie benannte „Leslie-Effekt“ verfügt über zwei Rotor-Geschwindigkeiten. Diese Geschwindigkeiten bezeichnen sich einmal als „Chorus“ oder „Chorale“ für die langsame Rotation bzw. für den typischen Kathedral-Effekt. Zur Steigerung gibt es hierzu noch ein „Tremolo“ für die schnelle Geschwindigkeit (Theater-Organ-Sound). Heutzutage wird der Leslie-Effekt elektronisch bzw. digital erzeugt. Das Frequenz-Vibrato und der Tremulant besitzt nur eine „An/Aus“-Funktion, welche sich in Betriebsposition in ein schnelles Modulieren (Amplituden-Schwankung) bzw. Tremulieren auswirkt. In früheren Zeiten wurde das Frequenz-Vibrato durch ein mechanisches „Scanner-Vibrato“ (Vibrato durch Abtastung von Frequenzen) erzeugt, welches ebenfalls von Hammond entwickelt wurde Von zusätzlicher Wichtigkeit als Klangeffekt zum Zugriegel-System ist die Perkussion, welche ein perkussives Akzentuieren bzw. Abklingen bestimmter Zugriegel-Fußlagen (meistens 4‘ = Second Harmonic & 2 2/3‘ = Third Harmonic) erzeugt. Die Perkussion wird meistens in Kombination mit einer Zugriegel-Registrierung bei der Gospel, Jazz-, Soul, Pop und Rock-Musik eingesetzt. Abbildung bzw. Schema des Zugriegelsystems der Hammond-Orgel, siehe nachfolgende Seite: Hammond-Orgel – Harmonisches Zugriegelsystem: Copyright: HAMMOND und LESLIE sind heute Markenzeichen der HAMMOND-SUZUKI Cooperation