Funktion von Banken
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Funktion von Banken
Vorlesung – Proseminar Spezialfragen des öffentlichen Wirtschaftsrechts (Banken- und Kapitalmarktrecht) MMag. Dr. Martin Oppitz Funktion von Banken z z z Losgrößentransformation (Abstimmung unterschiedlicher Finanzbeträge von Sparern und Kreditnehmern) Fristentransformation (Abstimmung divergierender zeitlicher Präferenzen bezüglich Anlage- und Kreditdauer von Sparern und Kreditnehmern) Risikotransformation (Verminderung des Insolvenzrisikos durch Streuung der Einlagenherkunft und Finanzmittelanlage) 1 Öffentliches Interesse z Kreditwirtschaft als Transmissionsmechanismus für staatliche Geld- und Fiskalpolitik z Daher: Einsatz des Instrumentariums der Wirtschaftsaufsicht Motive für die Einrichtung einer Bankenaufsicht z Liquiditäts- und Solvabilitätsrisiken als Potenzial für „Bankruns“ (Schalterstürme) z Möglichkeit von „Dominoeffekten“ z Gefahr, dass das volkswirtschaftliche Zahlungssystem in Mitleidenschaft gezogen werden kann z Asymmetrische Information im Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen z Beschränkte Diversifizierbarkeit gewisser Kategorien von Bankrisiken (makroökonomische Schocks wie z. B. Zins- oder Wechselkursrisiken) z Beschränkte Wirksamkeit des Marktes für Unternehmenskontrolle (tendenziell geringerer Eigenkapitalanteil von Banken im Vergleich zu anderen Industrien) 2 Funktions- und Individualschutz z Funktionsschutz: Vermeidung von Bankenkrisen ganz allgemein z Individualschutz: Schutz des Anlegers/Einlegers vor übermäßigem Risiko z Klare Trennung der beiden Prinzipien problematisch („Kehrseiten einer Medaille“)! Einordnung und Charakter bankrechtlicher Aufsichtsvorschriften z z z z z Verwaltungspolizeiliche Ziele (Gebote und Verbote zur Gefahrenprävention) Wirtschaftsaufsichtsrechtliche Ziele (Erhaltung der Funktionsfähigkeit eines Unternehmens) Präventiv/repressiv wirkende Aufsichtsmittel „Mindeststandards“ der Aufsichtsbehörde Schadenersatzansprüche bei unterlassenen Bankaufsichtsmaßnahmen (Amtshaftung: Einschränkung nach § 3 Abs 1 FMABG) 3 Kompetenzrechtliche Einordnung z „Geld-, Kredit-, Börse- und Bankwesen“ (Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG) z Ergänzend: Zivilrechtswesen, Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, Strafrechtswesen (Art 10 Abs 1 Z 6 und 8 B-VG). Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen z Niederlassungsfreiheit z Dienstleistungsfreiheit z Kapitalverkehrsfreiheit 4 Gemeinschaftsrechtliche Grundsätze des Bankwesens z z z z Prinzip der gegenseitigen Anerkennung aufsichtsrechtlicher Normen Prinzip der europaweit einheitlichen Zulassung („Europapass“) Prinzip der Kontrolle der laufenden Geschäftstätigkeit einer Bank durch das Herkunftsland (Herkunfts- oder Heimatlandkontrolle) Prinzip der Mindestharmonisierung Wichtige EG-Richtlinien z z z z z Richtlinie 2006/48/EG über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute Richtlinie 2006/49/EG über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten Einlagensicherungsrichtlinie (94/19/EG) Richtlinie über Systeme für die Entschädigung der Anleger (97/9/EG) Finanzkonglomeraterichtlinie (2002/87/EG) 5 Aufsichtsbehörde: Finanzmarktaufsicht FMA Bankenaufsicht Versicherungsaufsicht Pensionskassenaufsicht Wertpapieraufsicht Aufsicht über Mitarbeitervorsorgekassen Organisationsrecht der FMA z Anstalt öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit (§ 1 Abs 1 FMABG) z Weisungsfrei (Verfassungsbestimmung des § 1 FMABG) z Aufsichtsführung durch den BMF (§ 16 FMABG) 6 Binnenstruktur der FMA z z z z z Organe: Vorstand und Aufsichtsrat (§ 4 FMABG) Zweiköpfiger Vorstand wird auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten bestellt; Vorschlagsrecht vom BMF und OeNB aufgrund des Ergebnisses des verpflichteten Ausschreibungsverfahrens BMF kann aus wichtigem Grund abberufen (§ 7 Abs 3 FMABG) Bestellungskompetenz des BMF für die insgesamt sechs Aufsichtsratsmitglieder; zwei kooptierte Mitglieder (von WKÖ namhaft gemacht) Kostentragung nach dem Verursacherprinzip (Rechnungskreise für jeden Aufsichtsbereich) „Arbeitsteilung“ zwischen FMA und OeNB z Gemeinsame Festlegung eines „Prüfungsprogramms“ für das folgende Kalenderjahr (§ 70 Abs 1b BWG) z FMA: Bleibt Aufsichtsbehörde z OeNB: – – – – Vor-Ort-Prüfungskompetenz Aus makroökonomischen Gründen auch ohne Prüfungsauftrag der FMA „Einzelbankanalyse“ auf Basis der bankaufsichtlichen Meldedaten, welche von den Instituten direkt zur OeNB gelangen sowie der durch die FMA eingemeldeten qualitativen Inputs Mikro- und Makroanalysen (Verantwortlichkeit der OeNB unter Stabilitätsaspekten: „Lender of last resort“) 7 Aufgabenverteilung in der Bankenaufsicht Prüfung Analyse Meldewesen Behörde OeNB OeNB OeNB FMA Arbeitsteilung FMA - OeNB Gesamtbankprüfung/ Vor Ort-Prüfungen Analyse Off Site – Ergebnis OeNB On Site – Ergebnis OeNB Abstimmung Analyseergebnisse Behördliche Maßnahmen: FMA 8 Staatshilfe für Banken z z z Interbankmarktstärkungsgesetz – IBSG (Art 1 in BGBl I 2008/136); Finanzmarktstabilitätsgesetz – FinStaG (Art 2 in BGBl I 2008/136); Änderungen des ÖIAG-Gesetzes 2000, des BWG, des BörseG, des FMABG sowie des Bundesfinanzgesetzes 2008 Interbankmarktstärkungsgesetz I z z z Errichtung einer „Österreichische Clearing Bank AG“ Zweck: Aus- und Weiterverleihung von Mitteln im Wege des Interbankmarktes Ermächtigung des BMF, gegenüber dieser Gesellschaft eine befristete Haftung für Forderungsausfälle aus derartigen Geschäften sowie Haftungen (insbesondere Garantien oder Bürgschaften) für konkrete Verbindlichkeiten zu übernehmen 9 Interbankmarktstärkungsgesetz II z z z Ermächtigung des BMF, namens des Bundes die Haftung als Bürge oder als Bürge und Zahler oder in Form von Garantien für von anderen Kreditinstituten ausgegebene Wertpapieremissionen (§ 1 Abs 1 Z 10 BWG) zu übernehmen Das Finanzierungsvolumen darf € 75 Mrd nicht übersteigen Befristung des Gesetzes bis 31.12.2009 Finanzmarktstabilitätsgesetz I z z - Ermächtigung des BMF zur Ergreifung von Maßnahmen zur Rekapitalisierung von Kreditinstituten/Versicherungsunternehmen Instrumente: Übernahme von Haftungen für Verbindlichkeiten des Rechtsträgers Übernahme von Haftungen für Verbindlichkeiten gegenüber dem Rechtsträger Gewährung von Darlehen sowie Zuführung von Eigenmitteln Erwerb von Gesellschaftsanteilen oder Wandelanleihen im Zusammenhang mit Kapitalerhöhungen Erwerb von bestehenden Gesellschaftsanteilen durch Rechtsgeschäft Übernahme des Gesellschaftsvermögens im Weg der Verschmelzung (§ 235 AktG. 10 Finanzmarktstabilitätsgesetz II z z z Enteignung: Übernahme von Eigentumsrechten des betroffenen Rechtsträgers durch Verordnung des BMF; angemessene Entschädigung für Anteilseigner Maßnahmen nach dem FinStaG dürfen den jeweils ausstehenden Gesamtbetrag von € 15 Mrd grundsätzlich nicht übersteigen FIMBAG Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft des Bundes als Tochtergesellschaft der ÖIAG: Bevollmächtigte des Bundes zur Durchführung Begriff des Kreditinstituts z Berechtigung, Bankgeschäfte zu betreiben (z.B. gemäß BWG) z Gewerbliche Durchführung (im Sinne des UStG) 11 „Bankgeschäftskatalog“ I (§ 1 Abs 1 BWG) z z z z z z z z z z z Einlagengeschäft Girogeschäft Kreditgeschäft Diskontgeschäft Depotgeschäft Ausgabe und Verwaltung von Zahlungsmittel wie Kreditkarten und Reiseschecks Handel auf eigene Rechnung oder auf fremde Rechnung in bestimmten Instrumenten Garantiegeschäft Ausgabe von Pfandbriefen, Kommunalschuldverschreibungen und fundierten Bankschuldverschreibungen und die Veranlagung des Erlöses nach den hiefür geltenden besonderen Rechtsvorschriften (Wertapieremissionsgeschäft) Ausgabe anderer fest verzinslicher Wertpapiere zur Veranlagung des Erlöses in anderen Bankgeschäften (sonstiges Wertpapieremissionsgeschäft) Teilnahme an der Emission Dritter (Loroemissionsgeschäft) „Bankgeschäftskatalog“ II (§ 1 Abs 1 BWG) z z z z z z z z z z z z Bauspargeschäft Verwaltung von Kapitalanlagefonds nach dem InvFG (Investmentgeschäft) Immobilienfondsgeschäft Beteiligungsfondsgeschäft Finanzierungsgeschäft durch Erwerb von Anteilsrechten und deren Weiterveräußerung (Kapitalfinanzierungsgeschäft) Factoring-Geschäft Betrieb von Geldmaklergeschäften im Interbankenmarkt Vermittlung bestimmter Geschäfte Ausgabe von elektronischem Geld (e-Geldgeschäft) Hereinnahme und Veranlagung von Abfertigungsbeträgen (Mitarbeitervorsorgekassengeschäft) Wechselstubengeschäft Finanztransfergeschäft 12 Legalkonzession (§ 1 Abs 3 BWG) Berechtigung zur Durchführung von z Tätigkeiten in unmittelbarem Zusammenhang mit der Banktätigkeit entsprechend dem jeweiligen Konzessionsumfang und z Hilfstätigkeiten Begriff des Finanzinstituts (§ 1 Abs 2 BWG) z z z z Leasing-Geschäft Bestimmte Aspekte der Unternehmensberatung (Kapitalstruktur, industrielle Strategie, Zusammenschlüsse und Übernahme von Unternehmen Erteilung von Handelsauskünften Erbringung von Schließfachverwaltungsdiensten Wer Kreditinstitut ist, kann nicht gleichzeitig auch Finanzinstitut sein! Kein Bankkonzessionserfordernis, sondern Gewerbeberechtigung. 13 Universalbankprinzip z Vorteil: Krisenfestigkeit des Bankwesens auch in schwierigen Konjunkturverläufen z Nachteil: Machtakkumulation der Banken durch Verbindung der Funktion des Unternehmensfinanzierers und Unternehmenskontrolleurs; Interessenkonflikte („Kumulationsthese“) Konzessionsvoraussetzungen für Kreditinstitute z z Konzessionsbehörde: FMA Voraussetzungen: – – – – – – Rechtsform (Kapitalgesellschaft, Genossenschaft, Sparkasse) Satzung Keine Gefährdung der Aufsichtsziele durch qualifizierte Beteiligte bzw. gesellschaftsrechtliche Verflechtungen Anfangskapital mindestens € 5 Mio Fachliche und charakterliche Eignung der Geschäftsleiter Sitz und Hauptverwaltung im Inland 14 „Binnenstruktur“ von Kreditinstituten z z z z z z z Mindestens zwei Geschäftleiter; Vier-Augen-Prinzip (§ 5 Abs 1 Z 12 BWG) Einrichtung von Verwaltungs-, Rechnungs- und Kontrollverfahren zur Erfassung und Beurteilung der bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken (§ 39 Abs 2 BWG) Spezielle Organkompetenzen: Großveranlagungen bedürfen ausdrücklicher vorheriger Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 27 Abs 6 BWG) Organgeschäftsregeln (§ 28 BWG): Sonderregeln für Geschäfte des KI mit seinen Geschäftsleitern, Aufsichtsratsmitgliedern und sonstigen qualifizierten Personen, bei denen die Gefahr von Interessenkollisionen besteht Geschäftsleiter dürfen frühestens zwei Jahre nach Beendigung dieser Position Aufsichtsratsvorsitzende werden (§ 28a Abs 1 BWG) Interne Revision zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Zweckmäßigkeit (§ 42 BWG) Prüfungsausschuss: Bei qualifizierten KI (Bilanzsumme > € 1 Mrd oder Ausgabe von auf einem geregelten Markt zugelassenen Wertpapieren) Eigentümerbestimmungen z Anzeigepflicht bei Erwerb einer qualifizierten Beteiligung an einem KI (10% oder potenziell maßgeblicher Einfluss; § 2 Z 3 BWG) z Anzeigepflicht bei Erhöhungsabsicht (Schwellenwerte 20%, 33% oder 50% oder Tochterunternehmen; § 20 Abs 2 BWG) Untersagungsmöglichkeit der FMA innerhalb von drei Monaten 15 Eingriffsrechte der FMA bei negativem Einfluss der Eigentümer (§ 20 Abs 6 BWG) z Aufsichtsmaßnahmen nach § 70 Abs 2 BWG z Sanktionen gegen die Geschäftsleiter (§ 70 Abs 4 Z 2 BWG) z Erwirkung der gerichtlichen Anordnung des Ruhens der Stimmrechte (§ 20 Abs 6 Z 3 BWG) Bewilligungstatbestände (§ 21 BWG) z z z z z Verschmelzung oder Vereinigung von KI Erreichen, Überschreiten bzw. Unterschreiten der Schwellenwerte (10%, 20%, 33%, 50%) Änderung der Rechtsform Errichtung von Zweigstellen in einem Drittland Spaltung von KI 16 Sanktionen z Verwaltungsstrafrecht: Betrieb von Bankgeschäften ohne die hiefür erforderliche Berechtigung ist strafbar (Geldstrafe bis zu € 50.000,00) (§ 98 Abs 1 BWG) z Zivilrecht: Teilunwirksamkeitssanktion (§ 100 Abs 1 BWG) Sektor- und institutsspezifische Sondervorschriften z z z z z Sparkassen (Gemeinde- bzw. Vereinssparkassen): SpG Kapitalanlagegesellschaften: InvFG Beteiligungsfonds: BetFG Bausparkassen: BausparkassenG Hypothekenbanken: HypothekenbankG, PfandbriefG, PfBrStG 17 „Institutionenlehre“ der Sektoren z z Kammerrechtliche Organisation: Fachverbandszugehörigkeit „Freie Verbände“: – – – – – z Bankenverband Verband der österreichischen Landeshypothekenbanken Sparkassenverband Raiffeisenverband Genossenschaftsverband Praxisbeispiel: Austritt der BA-CA aus dem Sparkassenverband mit Wirkung vom 12.10.2004 bei gleichzeitigem Eintritt in den Bankenverband (Kollektivvertragswechsel!) Allgemeine Aufsichtsbestimmungen z FMA ist Aufsichtsbehörde z § 69 Abs 1 BWG: Bedachtnahme auf – – das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Bankwesen und Finanzmarktstabilität 18 „Stufenbau“ der Aufsicht z z z - Interne Kontrolle Geschäftsleiter Interne Revision Aufsichtsrat Externe Kontrolle I Bankprüfer Externe Kontrolle II: Aufsicht FMA/OeNB Staatskommissär Befristete (maximal 18 Monate) Aufsichtsmaßnahmen (§ 70 Abs 2 BWG) z z Gläubigerschutz maßgeblich Einzelmaßnahmen („Eskalationsstufen“): – – – – Untersagung von Kapital- und Gewinnentnahmen bzw. – ausschüttungen Bestellung eines Regierungskommissärs mit geschäftsbezogenen Untersagungs- und Erlaubniskompetenzen Untersagung der Führung des Kreditinstituts Gänzliche oder teilweise Untersagung der Fortführung des Geschäftsbetriebes 19 „Klassische“ Aufsichtsmittel (§ 70 Abs 4 BWG) Bei nachträglichem Wegfall von Konzessionsvoraussetzungen sowie Verletzung einschlägiger Aufsichtsgesetze: z Zwangstrafbewehrter Berichtigungsauftrag z (gänzliche oder teilweise) Untersagung der Geschäftsführung durch die Geschäftsleiter z Konzessionsrücknahme Staatskommissär z z z z Bei Kreditinstituten mit Bilanzsumme > € 1 Mrd BMF ist Bestellungsbehörde Staatskommissäre und Stellvertreter handeln als Organe der FMA und sind in dieser Funktion ausschließlich deren Weisungen unterworfen Staatskommissär ist daher keine eigene Behörde 20 Aufgaben des Staatskommissärs z z z Teilnahme an Organsitzungen (§ 76 Abs 4 BWG): Hauptversammlungen, Generalversammlungen, Aufsichtsratssitzungen (entscheidungsbefugte Aufsichtsratsausschüsse) Einsprucherhebung gegen rechtswidrige Organbeschlüsse (§ 76 Abs 5 und 6 BWG): Aufschiebende Wirkung (Kreditinstitut kann binnen einer Woche Entscheidung der FMA beantragen) Unverzügliche Mitteilung von Tatsachen, die aufsichtsbehördliche Maßnahmen erfordern Eigenmittel und Solvabilität Eigenkapital ist das z z z einem Unternehmen von den Eigentümern zugeführte oder von dem Unternehmen erwirtschaftete und ihm belassene Kapital abzüglich der Verluste und Entnahmen 21 Auf dem Weg zur „Risikoschichtenbilanz“ z z z Basel I (1988) Basel II (1999) Richtlinie 2006/49/EG über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstitute Beispiel: Kreditrisiko-Standardansatz z z z 8%-ige Unterlegungspflicht Errechnung des Gewichts zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach der jeweiligen Klasse, der eine Forderung zugewiesen wird (z.B. Forderungen an Zentralstaaten und Zentralbanken, an Institute, an Unternehmen, Retail-Forderungen und durch Immobilien besicherte Forderungen) Innerhalb der Forderungsklasse Differenzierung nach der durch externe Ratings bestimmten Kreditqualität (Abbildung der unterschiedlichen „Qualität“ von Kreditnehmern in den Eigenmittelerfordernissen) 22 Bestandteile der Eigenmittel z z z „Kernkapital“ (z.B. eingezahltes Kapital offene Rücklagen) Ergänzende Eigenmittel (maximal bis zur Höhe des Kernkapitals anrechenbar): z.B. stille Reserven, Neubewertungsreserve, Ergänzungskapital Drittrangmittel: Kurzfristiges nachrangiges Kapital Liquidität Kreditinstitute sollen ihren Zahlungsverpflichtungen jederzeit nachkommen können: z z z z z Finanz- und Liquiditätsplanung Vorsorge für den Ausgleich künftiger Ungleichgewichte der Zahlungseingänge und Zahlungsausgänge durch die dauernde Haltung ausreichender flüssiger Mittel Regelungen zur Überwachung und Kontrolle des Zinsrisikos sämtlicher Geschäfte Gestaltung der Zinsanpassungs- und Kündigungsmöglichkeiten im Hinblick auf mögliche Veränderungen der Marktverhältnisse Dokumentationserfordernisse 23 Großveranlagungen z z z z Gebot der angemessenen Begrenzung des besonderen bankgeschäftlichen Risikos einer Großveranlagung (§ 27 BWG) Aufsichtsziel: Mindestrisikostreuung (Vermeidung eines Klumpenrisikos) Schwellenwerte: 10% der anrechenbaren Eigenmittel des Kreditinstitutes sowie Mindestbetrag von € 500.000,00 Vorherige Aufsichtsratszustimmung! Rechnungslegung der Kreditinstitute z z z Nebeneinander von handelsrechtlichen und bankaufsichtsrechtlichen Vorgaben Primäre Bedeutung der Bilanz (Risikosteuerung, Liquiditätssteuerung), Erfolgsrechnung eher von untergeordneter Bedeutung Jahresabschluss/Konzernabschluss ist durch „Bankprüfer“ zu prüfen (§ 60 BWG); diese sind keine Organe der Aufsicht (§ 3 Abs 5 FMABG) 24 Anleger- und kundenbezogene Pflichten von Kreditinstituten z z z z Bankgeheimnis (§ 38 BWG) Besondere Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung (§§ 40 f BWG) Wohlverhaltensregeln des WAG: Anlegerund anlagegerechte Beratung Verbraucherbestimmungen (§§ 33 ff BWG) Einlagensicherung und Anlegerentschädigung z z Sicherungseinrichtungen im Rahmen der Fachverbände Einlagensicherung – – z „Einlagen“; Gelder „am Hinweg“ zum Kreditinstitut Anlegerentschädigung – – „Wertpapierdienstleistungen“ Gelder „am Rückweg“ vom Kreditinstitut Im Sicherungsfall (zB Konkurs): Einlagen von natürlichen Personen unlimitiert, ab 1.1.2010 mit € 100.000,00 beschränkt 25 Geschäftsaufsicht über Kreditinstitute z z z z z z Sonderinsolvenzrechtliche Vorschriften im BWG Beantragung der Geschäftsaufsicht bei Überschuldung/Zahlungsunfähigkeit und positiver Prognose Bestellung einer Aufsichtsperson Ex lege Stundung der „alten“ Forderungen gegen das Kreditinstitut Klärung, ob ein Konkursverfahren eröffnet werden muss Geschäftsaufsicht erlischt durch Aufhebungsbeschluss des Gerichtes bzw Eröffnung des Gerichtsverfahrens Kapitalmarkt z z Definition: Gesamtheit der Institutionen und Transaktionen, durch die längerfristige Finanzierungsmittel von bestimmten Rechträgern und Wirtschaftseinheiten an andere zur Bildung von Sachkapital direkt zugeführt oder vermittelt werden. Neuere Entwicklungen: – – – Institutionalisierung Mediatisierung Internationalisierung 26 Systematisierung des Kapitalmarkts und Kapitalmarktrechts z z z z Nationaler und internationaler Kapitalmarkt Organisierter und nicht geregelter (grauer) Kapitalmarkt Kassa- und Terminmarkt Primärmarkt (Emissionsmarkt) und Sekundärmarkt (Zirkulationsmarkt) Marktteilnehmer z z z z z z „Marktorganisatoren“ (Börsen und börsenähnliche Einrichtungen) Emittenten Kreditinstitute (Institutionelle und sonstige) Anleger Wertpapierfirmen Prüfer, Kontrolleure, Rating-Agenturen etc 27 Die Börse z z z z z Marktbeschreibung – Unternehmen Wertpapierbörsen – allgemeine Warenbörsen (§ 1 BörseG) Handels- und Bewertungsfunktion Betrieb nur durch konzessionierte Börseunternehmen Alternative Handelssysteme Börsestruktur Notierungsverhältnis zu Emittenten Börseunternehmen Börsemitglieder 28 Wertpapierfirmen z z Juristische Personen mit Sitz und Hauptverwaltung in Österreich Erbringt Dienstleistungen der – – – – Anlageberatung Portfolioverwaltung Annahme und Übermittlung von Aufträgen (Vermittlung) Betrieb eines multilateralen Handelssystems (MTF) Wertpapierfirmen: Konzessionsvoraussetzungen z z z z z Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft Anfangskapital zumindest € 50.000,00; für große Konzessionen (Vermögensverwaltung) € 125.000,00; für Betreiber eines MTF € 730.000,00 Fachliche Eignung der Geschäftsleiter Kein Halten von Geld, Wertpapieren, oder sonstigen Instrumenten von Kunden: Das Unternehmen kann zu keiner Zeit Schuldner seiner Kunden werden Sonstige Voraussetzungen nach BWG; zB zwei Geschäftsleiter 29 Wertpapierdienstleistungsunternehmen z z z z Nur Anlageberatung/Annahme und Übermittlung von Aufträgen möglich (keine Portfolioverwaltung!) Verschiedene Konzessionserleichterungen (zB kein Vier-Augen-Prinzip) Summe der jährlichen Umsatzerlöse darf € 730.000,00 nicht übersteigen Möglichkeit, die Eigenmittelanforderungen (€ 50.000,00) durch eine Berufshaftpflichtversicherung zu substituieren Wohlverhaltensregeln nach WAG Erbringung von Dienstleistungen z z z z mit der erforderlichen Sachkenntnis Sorgfalt Gewissenhaftigkeit im Interesse der Kunden 30 Kundensegmentierung Drei Kundenkategorien z Geeignete Gegenparteien (§ 60 Abs 2 WAG) z Professionelle Kunden (§ 58 Abs 1 WAG) z Privatkunden (Kunden, die keine professionellen Kunden sind: § 1 Z 14 WAG) Geeignete Gegenparteien „Geborene“: Kreditinstitute, Wertpapierfirmen etc. (§ 60 Abs 2 WAG) „Gekorene“: z z Die Erfordernisse für eine Einstufung als professioneller Kunde (§ 59 WAG) müssen erfüllt sein und das Unternehmen muss eine Einstufung als geeignete Gegenpartei bei dem Rechtsträger beantragen (§ 60 Abs 4 WAG) → Keine Anwendung der §§ 36 bis 57 WAG („Wohlverhaltensregeln“, Best Exekution, Regeln zur Bearbeitung von Kundenaufträgen) Downgrading (professioneller Kunde, Privatkunde) möglich (§ 60 Abs 3 WAG) 31 Professionelle Kunden „Kunde, der über ausreichende Erfahrungen, Kenntnisse und Sachverstand verfügt, um seine Anlageentscheidungen Selbst treffen und die damit verbundenen Risiken angemessen beurteilen zu können“ (§ 58 Abs 1 WAG) z „Geborene“: Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Versicherungen, sonstige institutionelle Anleger, „große“ Unternehmen (2 der Kriterien: Bilanzsumme mind. € 20 Mio, Nettoumsatz mind. 40 Mio, Eigenmittel mind. € 2 Mio etc. (§ 58 Abs 2 WAG) z „Gekorene“: Andere Kunden (einschließlich Körperschaften öffentlichen Rechts und Privatkunden) können die Einstufung und Behandlung als professionelle Kunden beantragen (besondere Formerfordernisse: § 59 WAG) Downgrading als Privatkunde möglich (§ 58 Abs 4 WAG) Privatkunden z Kunde, der kein professioneller Kunde ist z Volle Anwendung der Wohlverhaltensregeln, Best execution, Regeln zur Bearbeitung von Kundenaufträgen. Upgrading zu professionellen Kunden möglich (§ 59 Abs 1 WAG); mind. 2 der Kriterien: (§ 1 Z 14 WAG) z – – – Innerhalb der letzten 4 Quartale durchschnittlich 10 Geschäfte/Quartal von erheblichem Umfang Kundenportfolio > € 500.000,00 Kunde ist oder war mind. 1 Jahr in einschlägiger Position im Finanzsektor tätig 32 Informationseinholungspflichten und „Tests“ z Anlageberatung und Vermögensverwaltung: Eignungstest (§ 44 WAG): Empfehlungssperre bei KYC-Defiziten! (Abs 5) – Anlageziele – Risikotragungsfähigkeit – Kenntnisse und Erfahrungen (Kleinanleger!) z Beratungsfreies Geschäft: Angemessenheitstest (§ 45 WAG) bei Wertpapierdienstleistungen außer Anlageberatung/Portfoliomanagement – Nur Kenntnisse/Erfahrungen in Bezug auf bestimmtes Produkt/Dienstleistungen relevant – Ggf. (Nichterteilung oder unzureichende Information) Warnpflicht (auch in standardisierter Form) – Bei professionellen Kunden ist von erforderlichen Kenntnissen/Erfahrungen auszugehen z Ausführungsgeschäft: Execution only (§ 46 WAG) bei nicht komplexen Finanzinstrumenten (insbesondere keine Derivate!) und Erbringung der Dienstleistung auf Veranlassung des Kunden (Warnpflicht!) Best execution z z z z z Kurs, Kosten, Schnelligkeit, Wahrscheinlichkeit der Ausführung und Abwicklung, des Umfangs und der Art des Auftrages: bestmögliches Ergebnis für den Kunden (§ 52 Abs 2 WAG) Ausdrückliche Kundenweisungen sind zu befolgen Privatkunden sind klar und deutlich zu warnen, dass es durch Weisungen zu einer Ausführung in Abweichung von der „Durchführungspolitik“ kommen kann (§ 54 Abs 2 Z 3 WAG) Festlegung einer Durchführungspolitik: Vorherige Zustimmung der Kunden sowie Informationspflicht (§ 53 Abs 1 WAG) Gewichtung der zur Erzielung des bestmöglichen Ergebnisses relevanten Aspekte unter Berücksichtigung von: – – – – Kundenart respektive Kundenmerkmale Auftragsmerkmale (unlimitierte, limitierte Order, ...) Merkmale der Finanzinstrumente Merkmale der Ausführungsplätze 33 Beispiel für Kriteriengewichtung Kundenart Anleihen Kleinanleger Professionelle Ausführungsaspekte Preis 55% 65% Kosten 10% 5% Wahrscheinlichkeit/ Schnelligkeit/Umfang 25% 25% Anlegerschutz 10% 5% Quelle: Best Execution-Leitfaden der Börse Stuttgart Besondere Verhaltensregeln z z Verbot von Empfehlungen zum An- oder Verkauf von Finanzinstrumenten oder Veranlagungen, wenn und soweit die Empfehlung nicht mit den Interessen der Kunden übereinstimmt (z.B churning); Verbot der Empfehlung zum An- oder Verkauf zu dem Zweck, für Eigengeschäfte oder Geschäfte eines verbundenen Unternehmens Preise in eine bestimmte Richtung zu lenken (pushing, scalping); 34 Organisationspflichten (§ 17 WAG) I z z z z z z z Einrichtung und laufende Anwendung von Entscheidungsprozessen und einer Organisationsstruktur, durch die Berichtspflichten und zugewiesene Funktionen und Aufgaben klar dokumentiert sind Alle relevanten Personen müssen die Verfahren, die für eine ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben einzuhalten sind, kennen. Angemessene interne Kontrollmechanismen Mitarbeiter müssen über die notwendigen Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen verfügen Reibungslos funktionierende interne Berichterstattung und Weitergabe von Informationen Angemessene und systematische Aufzeichnungen über die Geschäftstätigkeit und interne Organisation Ordentliche, redliche und professionelle Erfüllung der einzelnen Funktionen auch dann, wenn relevante Personen auch mehrere Funktionen ausüben Organisationspflichten (§ 17 WAG) II z z z z Verpflichtung zur Einrichtung und laufenden Anwendung angemessener Systeme und Verfahren zum Schutz von Sicherheit, Integrität und Vertraulichkeit von Informationen Angemessene Vorkehrungen, um die Kontinuität und Regelmäßigkeit der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zu gewährleisten Überwachung und regelmäßige Bewertung der Angemessenheit und Wirksamkeit der geschaffenen Systeme, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen; Ergreifung der erforderlichen Maßnahmen zur Behebung etwaiger Mängel Einrichtung und laufende Anwendung wirksamer und transparenter Verfahren für die angemessene und unverzügliche Bearbeitung von Beschwerden von Privatkunden; jede Beschwerde sowie die Aufzeichnung der zu ihrer Erledigung getroffenen Maßnahmen sind aufzubewahren! 35 Compliance z z z z z Festlegung und laufende Einhaltung von Grundsätzen und Verfahren zur Aufdeckung jedes Risikos einer etwaigen Missachtung der im WAG festgelegten Pflichten sowie der damit verbundenen Risiken Beschränkung der Risiken auf ein Mindestmaß Der FMA müssen alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, sodass sie ihre Befugnisse wirksam ausüben kann Dauerhafte Einrichtung einer unabhängigen Compliance Funktion Emittenten z z Privates Anbieten (private placement): Keine besonderen marktrechtlichen Regelungen Öffentliches Anbieten: Erstellung, Prüfung und Veröffentlichung eines Prospekts; FMA als „Billigungsbehörde“ 36 Börsennotierung z z z z Zulassungsverfahren und Mindestvoraussetzungen Börseunternehmen wird im Weg der Beleihung tätig: Zulassungsbescheid Berufungssenat beim BMF (§ 64 BörseG): Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag Marktsegmente: – – Amtlicher Handel Geregelter Freiverkehr Folgepflichten börsenotierter Emittenten z z z z Regelpublizität (unverzügliche Zurverfügungstellung von Jahresabschluss und Lagebericht); Zwischenberichte („Halbjahresfinanzbericht“) Ad hoc-Publizität (§ 48d BörseG): Bekanntgabe von InsiderInformationen, sofern diese den Emittenten unmittelbar betreffen Beteiligungspublizität (Stimmrechtsschwellen in 5%-Schritten gemäß § 91 BörseG) Directors‘ dealings (§ 48d Abs 4 BörseG): Offenlegungspflicht für Personen mit Führungsaufgaben bei einem Emittenten (Bagatellgrenze von zusammen € 5.000,00 pro Kalenderjahr) 37 Verhaltenspflichten z Insiderrecht (§ 48b BörseG): Unter Ausnützung von Insider-Informationen nicht – – – z kaufen, verkaufen anbieten oder empfehlen einem Dritten zugänglich machen (Weitergabe) Compliance-Einrichtungen (§ 48s BörseG) – – – Unterrichtung der Dienstnehmer Interne Richtlinien zur Informationsweitergabe Organisatorische Maßnahmen Notierungsbeendigung z z Widerruf: Nichteinhaltung der börsenrechtlichen Vorschriften (äußerstes Mittel) Delisting: Freiwillig (§§ 83 Abs 4, 84 Abs 5 BörseG beim geregelten Freiverkehr: Einmonatsfrist) 38 Übernahmerecht: Regelungsgrundsätze z z z Ziel: Sicherung der Gleichbehandlung aller durch eine Unternehmensübernahme (börsenotierte Gesellschaften) betroffenen Anleger Nach Erlangung einer kontrollierenden Beteiligung (mehr als 30%) muss der Bieter ein Pflichtangebot stellen („mandatory bid“), die Art der Kontrollerlangung oder des –wechsels ist irrelevant (auch durch Syndikatsvertrag möglich) Übernahmekommission: Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag Marktmanipulationsverbote (§ 48a Abs 1 Z 2 BörseG) z z z z Geschäfte, die falsche oder irreführende Signale (Angebot, Nachfrage, Kurs) geben oder geben könnten oder den Kurs in der Weise beeinflussen, dass ein anormales oder künstliches Niveau erzielt wird Geschäfte unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder unter Verwendung sonstiger Täuschungshandlungen Verbreitung von Informationen über die Medien einschließlich Internet oder auf anderem Wege, die falsche oder irreführende Signale in Bezug auf Finanzinstrumente geben oder geben könnten (Verbreitung von Gerüchten, falsche oder irreführende Nachrichten) „Safe Harbour“ für Kursstabilisierungsmaßnahmen (Verordnung (EG) Nr 2273/2003) 39