das schmuckstück - Kino macht Schule

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das schmuckstück - Kino macht Schule
FILMLADEN Filmverleih
präsentiert
DAS SCHMUCKSTÜCK
Ein Film von Francois Ozon
Frankreich, 1:1,85, Farbe, 104 Minuten
Verleih:
Filmladen GmbH.
Mariahilfer Straße 58/7, A-1070 Wien
Tel: 01/523 43 62-0
[email protected] www.filmladen.at
DAS SCHMUCKSTÜCK
Besetzung
Suzanne Pujol
Maurice Babin
Robert Pujol
Nadège
Joëlle Pujol
Laurent Pujol
Spanischer Fernfahrer
Geneviève Michonneau
André
Suzanne (jung)
Maurice Babin (jung)
Robert Pujol (jung)
Flavien
Stanislas
Catherine Deneuve
Gérard Depardieu
Fabrice Luchini
Karin Viard
Judith Godrèche
Jérémie Renier
Sergi Lopez
Evelyne Dandry
Bruno Lochet
Elodie Frégé
Gautier About
Jean-Baptiste Shelmerdine
Noam Charlier
Martin de Myttenaere
Stab
Regie, Drehbuch, Adaption
Freie Adaption des Stückes von
Produktion
Aufnahmeleitung
Kamera
Ton
Szenenbild
Kostüm
Regieassistent
Casting Frankreich
Casting Belgien
Skript
Schnitt
Tonschnitt
Mischung
Standfotograf
François Ozon
Barillet & Grédy
Eric et Nicolas Altmayer
Pierre Wallon
Yorick Le Saux
Pascal Jasmes
Katia Wyszkop
Pascaline Chavanne
Hubert Barbin
Sarah Teper, Leila Fournier
Mickael de Nijs
Joëlle Hersant
Laure Gardette
Benoît Gargonne
Jean-Paul Hurier
Jean-Claude Moireau
Nicolas Schul
Patrick Swirc
KURZINHALT
1977: Madame Suzanne (CATHERINE DENEUVE), Gattin des Regenschirmfabrikanten Pujol (FABRICE LUCHINI), fühlt sich vernachlässigt. Sie vergleicht sich
mit einer „Potiche“, einer Porzellanvase, die keinerlei Funktion hat und nur hübsch
anzuschauen ist. Auch Pujol sieht in Suzanne lediglich ein dekoratives
Schmuckstück. Viel lieber vergnügt er sich mit seiner Geliebten oder im Nachtclub,
beutet die Arbeiter in seiner Fabrik nach Kräften aus und fühlt sich ganz wie ein
Grandseigneur. Doch das Spiel hat ein jähes Ende, als Pujol einen Herzanfall
erleidet. Suzanne übernimmt kurzerhand die Leitung der Fabrik, verordnet
Wohlstand für alle und verbündet sich mit dem örtlichen Abgeordneten der
kommunistischen Partei, Monsieur Babin (GÉRARD DEPARDIEU). Und schon bricht
die künstlich errichtete, wunderschöne Fassade zusammen. Zwar entpuppt sich
Suzanne als die bessere Chefin, doch was Suzanne und ihr Sohn aus der Firma
machen, darf nicht sein…
Pressenotiz
Spätestens nach dem triumphalen Start in Frankreich und dem Publikumserfolg auf
den Filmfestivals in Venedig und Toronto ist klar: Mit DAS SCHMUCKSTÜCK,
seinem 13. Film, wird François Ozon an den internationalen Erfolg seiner „8 Frauen“
anknüpfen. Bei ihrer Verwandlung vom dekorativen Heimchen in die politisch aktive
Powerfrau läuft Catherine Deneuve zu komödiantischer Hochform auf. Als
Gegenspieler sorgen Fabrice Luchini als cholerischer Kapitalist und Gérard
Depardieu als sentimentaler kommunistischer Bürgermeister für überraschende
Tiefschläge, Tanzeinlagen und Schicksalswendungen. Ozon belebt die patriarchalische Gesellschaft der Siebziger Jahre liebevoll ironisch mit Kostümen, Farben,
Ausstattung und französischen Chansons. In den spritzigen Dialogen nimmt die
Komödie auch den heutigen französischen Politzirkus und den Präsidenten aufs
Korn und gibt der Farce von der Revanche einer Frau eine bissige Aktualität.
INHALT
Im kleinen nordfranzösischen Städtchen Saint-Gudule ist der Frühling des Jahres
1977 angebrochen. Madame Suzanne Pujol (CATHERINE DENEUVE), die Gattin
des lokalen Firmenchefs, hat die häuslichen Pflichten ruhen lassen, um sich die
Beine zu vertreten. Sie joggt im roten Trainingsanzug und mit Lockenwicklern im
blondierten Haar durch den Wald, grüßt unterwegs Rehe, Hasen oder Eichhörnchen
und notiert ihre Eindrücke in einem Notizbuch.
In ihrer feudalen Villa kommt Robert Pujol (FABRICE LUCHINI), der Chef der
Regenschirmfabrik, missmutig zum Frühstück und herrscht seine Frau an. Dass sie
die Firma ihres Vater vor vielen Jahren als Mitgift in die Ehe gebracht hat, scheint ihn
nicht weiter zu beeindrucken. Robert Pujol fährt in seine Firma, wo ihm seine
eifersüchtige Sekretärin und Mätresse Nadège (KARIN VIARD) im knapp sitzenden
Kostüm eine Szene macht. Zuhause räumt Suzanne derweil singend die
Spülmaschine aus und erfährt von ihrer blond gelockten Tochter Joëlle (JUDITH
GODRECHE), dass sie sich von ihrem Mann Jean-Charles scheiden lassen und in
der Firma ihres Vaters arbeiten will, denn das Schlimmste wäre für sie, wie ihre
Mutter zu werden - ein nutzloses Schmuckstück! Als Robert aus der Firma
zurückkehrt, erinnert Suzanne ihn an ihren heutigen Geburtstag, aber Robert ärgert
sich über seinen Sohn Laurent (JEREMIE RENIER), der die Tochter der Bäckerin
heiraten will und macht sich überstürzt wieder auf den Weg, um den in seiner Fabrik
ausgebrochenen Streik zu beenden.
Abends bereitet Suzanne ihr Geburtstagsessen umgeben von ihren Kindern vor.
Laurent, der in Paris Politik studiert und anders als seine konservative Schwester
liberale Ideen vertritt, zeigt kein Interesse daran, an der Seite seines kapitalistischen
Vaters in der Regenschirmfabrik zu arbeiten. Als Suzanne auf die Rückkehr des
Hausherren wartet, platzt die Sekretärin Nadège mit der Nachricht ins Haus: Die
streikenden Arbeiter haben Pujol als Geisel genommen, nachdem er einen
Vorarbeiter geschlagen hat. Hart bleiben oder verhandeln? Die Familie ist sich nicht
einig, bis Laurent sich als Austauschgeisel für seinen herzkranken Vater anbietet.
Aber Laurent gelingt es nicht, seinen unnachgiebigen Vater zu einem Kompromiss zu
überreden. Also will sich Suzanne als Unterhändlerin auf den Weg machen, um die
Lage zu entschärfen.
Anstatt die Fabrik anzusteuern, fährt sie in ihrem roten Kleinwagen zur
Neubauwohnung des örtlichen kommunistischen Abgeordneten und ehemaligen
Gewerkschaftsführers Maurice Babin (GÉRARD DEPARDIEU). Babin empfängt
Suzanne im Morgenmantel und versteht schnell, dass sie ihren Mann mit seiner Hilfe
befreien will. Der allein lebende Volkstribun gibt sich hart und abweisend, aber wird
weich, als Suzanne an ihre gemeinsame, weit zurückliegende Romanze erinnert.
Damals waren sich der Arbeitersohn und die Fabrikantentochter nähergekommen,
als die frisch verheiratete Suzanne auf einer einsamen Landstrasse eine
Reifenpanne hatte und der junge Babin am Steuer seines Lastwagens des Weges
kam. Damals hatte ihre nicht standesgemäße Romanze keine Zukunft, aber beide
erinnern sich mit einer gewissen Sehnsucht an sie.
Babin verspricht, Suzannes Gatten zu befreien, aber stellt Bedingungen. Als der
herzschwache Pujol nach Hause zurückkommt, ist er von der Aufregung
gesundheitlich so angeschlagen, dass er das Bett hüten und auf die Firmengeschäfte
vorerst verzichten muss. Dabei erfährt Suzanne auch, warum er so vehement gegen
die geplanten Hochzeit seines Sohnes mit Floriane Marquiset, der Tochter der
Bäckerin, ist: Er habe gute Gründe zu glauben, sie sei seine eigene Tochter, da ihre
Mutter damals seine Geliebte war. Von diesem Tiefschlag verletzt, kündigt Suzanne
ihrem Mann Rache an.
Babin trifft im Hause der Pujols ein und verlangt, auf die Forderungen der
Gewerkschaften einzugehen. Aber Robert Pujol regt sich über den Auftritt seines
Erzfeindes so auf, dass er eine Herzattacke erleidet und ins Krankenhaus muss. Wer
soll die Firma bei den schwierigen Verhandlungen mit den Gewerkschaften
vertreten? Babin schlägt Suzanne vor, und nach kurzem Zögern akzeptiert sie die
neue Aufgabe. Ihr Sohn ermutigt sie, die Zeichen der Zeit zu erkennen: überall
würden die Frauen an die Macht kommen.
Anders als ihr verstockter Gatte und seine konservative Tochter Joëlle ist Suzanne
bereit, mit den Arbeitern zu verhandeln. Zusammen mit dem äußerst kooperativen
Babin bereitet sie ihre versöhnliche Rede vor und fährt in großer Abendgarderobe
und mit Perlenketten um den Hals zum Treffen mit den Gewerkschaftlern. Zum
Erstaunen aller beweist sie viel Geschick beim Verhandeln, kündigt Reformen an und
geht auf einige Forderungen der Arbeiter ein, so dass diese ihren Streik abbrechen.
Von ihrem ersten Etappensieg ermutigt, lädt die neue Chefin ihre Kinder ein, sie bei
der Arbeit in der Firma zu unterstützen.
Zusammen mit Babin verbringt sie einen romantischen Abend in der örtlichen Disco
„Badaboum“, wo beim Tanzen alte Gefühle wach werden. Der verliebte Babin will mit
ihr ein neues Leben anfangen, aber die ebenso aufgewühlte Suzanne findet es
vernünftiger, nicht von einer gemeinsamen Zukunft zu träumen. Es bleibt bei einem
letzten Kuss.
Das früher rein dekorative „Schmuckstück“ ist jetzt als Chefin im Aufwind: In der
Firma herrscht ein freundliches Arbeitsklima, ihr kunstbegeisterter Sohn entwirft
moderne Regenschirmmodelle und die Produktion floriert. Auch die Sekretärin
Nadège hat sich vom unterwürfigen Püppchen ihres Chefs an der Seite Suzannes in
eine engagierte Vertreterin der Arbeiterklasse verwandelt. Nichts ist wie früher, denn
Suzanne macht alles besser. Das muss auch Robert Pujol erkennen, als er,
tatendurstig und genesen, zurück auf seinen Chefsessel will. Aber Suzanne hat die
Firma fest im Griff und ihm die Aktienmehrheit entzogen. Soll er nun selber ein
Dasein als Heimchen und Schmuckstück fristen? Zu allem Überdruss gesteht
Suzanne ihm auch noch, dass Laurent nicht sein Sohn ist, sondern aus einer Affäre
stammt. Als Joëlle ihrem Vater ein Medaillon mit dem Foto des jungen Babin zeigt,
dass sie bei ihrer Mutter gefunden hat, zieht Pujol seine Schlüsse und schwört auf
Rache.
Er sucht seinen Rivalen und Erzfeind Babin in seinem Büro auf, um ihn unter Druck
zu setzen und sich selbst wieder an die Macht zu bringen. Aber als Babin von Pujol
erfährt, dass er wahrscheinlich der Vater Laurents ist, lebt der einsame Kämpfer auf
und hofft auf ein spätes Familien-Wunder. Überglücklich fährt er mit Suzanne zur
Stelle, an der sie sich vor 25 Jahre kennengelernt hatten. Er will die Wahrheit
erfahren, aber sie muss ihn enttäuschen: Laurent ist nicht sein Sohn. Sie glaubt,
dass er aus ihrer Affäre mit dem Notar stammt. Oder war es etwa der Tennislehrer?
Sie ist sich da nicht ganz sicher. Die romantischen Träume Babins sind am Boden
zerstört. Da er Suzanne nur noch als Vertreterin einer verlogenen Bourgeoisie sieht,
kündigt er ihr klassenüberschreitendes Bündnis auf und lässt sie mitten auf der
Landstrasse stehen.
Die Manipulationen Robert Pujols tragen erste Früchte. Denn in der Fabrik sorgt ein
neoliberales Konzeptpapier aus der Feder von Joëlles Mann, das Stellenabbau und
Delokalisierung vorschlägt, für Unruhe. Suzanne wird vorgeworfen, die Arbeiter zu
hintergehen. Bei der Sitzung der Anteilseigner verliert sie die Aktienmehrheit, weil
sich Joëlle überraschend auf die Seite ihres Vaters schlägt.
Pujol hat sein Ziel erreicht: seine Frau muss ihr Chefbüro wieder räumen. Aber eine
Rückkehr ins Leben als Hausfrau kommt für sie nicht in Frage. Denn ihr
Freiheitsdrang scheint unaufhaltsam. Sie will sich scheiden lassen.
Einige Monate später. Suzanne joggt wieder. Diesmal in Blau. Sie hat sich noch nicht
scheiden lassen, und eröffnet ihrer verdutzten Familie beim Abendessen, dass sie
bei den kommenden Parlamentswahlen gegen den amtierenden Abgeordneten
Babin antreten will.
Im Wahlkampf sucht die selbstbewusste Powerfrau den direkten Kontakt zur
Bevölkerung. Er führt sie zu den Milchbauern der Region, vor das Fabriktor der
Pujol’schen Firma und an die Ausgänge der Kirche. Auf dem Wochenmarkt wirft sich
Babin als Wahlkämpfer händeschüttelnd ins Zeug, aber seine resolute
Herausforderin scheint mehr Begeisterung bei den Menschen auszulösen. Dass die
Ära der Patriarchats vom alten Schlag abläuft, und künftig auch Frauen wie Suzanne
den Ton angeben werden, dämmert selbst Pujol. Obwohl sie längst getrennt
schlafen, will er eines Abends auf der Suche nach Zuneigung wie ein kleiner Junge
unter ihre Decke kriechen. Er beschwört die Erinnerung an ihre Flitterwochen, und
bittet Suzanne, sich nicht scheiden zu lassen. Sie fragt bloß, ob er auch für sie
stimmen wird. Neue Machtverhältnisse liegen in der Luft.
Am Wahltag sieht alles nach einer Überraschung aus. Als am Abend die Stimmen
ausgezählt werden steht Suzanne als Gewinnerin fest. Sie ruft ihren geschlagenen
Kontrahenten Babin an und schlägt ihm vor, Freunde zu bleiben. Er ist gerührt und
scheint sich darüber zu freuen, in seiner Funktion als Bürgermeister von SaintGudule mit der neuen Abgeordneten Suzanne Pujol künftig viel zu tun zu haben.
Vor ihren begeisterten Anhängern tritt die frisch gewählte Suzanne Pujol im strahlend
weißen Kostüm auf und lässt sich feiern. In einer blumigen Rede verspricht sie, sich
wie eine Mutter um die Belange ihrer „Kinder“ zu kümmern und verkündet, man solle
zum Matriarchat und der glorreichen Epoche der Amazonen zurückkehren. Kein
Zweifel: Das Schmuckstück ist an der Macht! Ihr Mann Robert verfolgt den Triumph
seiner Frau mit zurückhaltender Bewunderung am Fernseher. Und auch Maurice
Babin kann gar nicht anders, als am Radio mitzusummen, wenn Suzanne umringt
von ihren Bewunderern „C’est beau la vie“ singt.
INTERVIEW MIT FRANÇOIS OZON
Am Anfang…
Mich reizte schon seit langem, einen Film über die Stellung der Frauen in der
Gesellschaft und der Politik zu machen. Als ich vor ungefähr zehn Jahren das
Theaterstück POTICHE von Barillet und Grédy entdeckte, war mir sofort klar, dass es
eine gute Vorlage für einen Film sein würde. Aber ich brauchte eine gewisse Zeit, um
mir das Stück anzueignen und um herauszufinden, wie ich es adaptieren und
modernisieren könnte. Ich spürte, dass ich in der Adaption des Stücks den Ton und
die Energie einiger amerikanischer Screwball-Komödien finden konnte, aber ich
wollte keinen nostalgischen, realitätsfernen Film machen. Auslöser war meine
Begegnung mit den Brüdern Altmayer, die mir als Produzenten einen politischen Film
über Nicolas Sarkozy im Stil von Stephen Frears’ THE QUEEN vorgeschlagen
haben. Außerdem war ich inspiriert von der letzten französischen
Präsidentschaftswahl im Jahr 2007 bei der ich den Aufstieg von Ségolène Royal
verfolgt habe.
Adaption des Stückes
Mir wurde schnell klar, dass die Arbeit an der Adaption des Stückes diesmal anders
sein würde. In den beiden früheren Adaptionen spielte der geschlossene Rahmen
auch bei der Inszenierung eine Rolle und ich hatte dabei auch keinen Bogen um eine
gewisse Theatralik gemacht. Bei der Verfilmung des Fassbinder-Stücks GOUTTES
D’EAU SUR PIERRES BRULANTES („Tropfen auf heiße Steine“, 2000) ging es um
das Eingeschlossensein und die Gefangenschaft des Paares. Bei 8 FEMMES („8
Frauen“, 2002) war die Idee, Frauen - oder besser gesagt Schauspielerinnen - in
einen Käfig zu sperren und dann zu beobachten. DAS SCHMUCKSTÜCK („Potiche“)
dagegen erzählt die Geschichte einer Emanzipation. Also mussten wir Suzanne aus
ihrem anfänglichen Gefängnis befreien, um sie mit der Außenwelt zu konfrontieren.
Der Film wurde also zu großen Teilen in natürlichen Dekors gedreht, im Gegensatz
zu den beiden anderen Filmen, die vollständig im Studio entstanden.
Bei der Arbeit an der Adaption wurde mir klar, dass ich bloß die natürlichen
Erzählstränge des Stücks weiterverfolgen musste, um Anklänge an die heutige
Gesellschaft und Politik zu finden. Die Frauen sind zwar heutzutage stärker in der
Politik und in den Chefetagen vertreten, aber viele Dinge und Ansichten haben sich
in den letzen dreißig Jahren nicht geändert.
Das Theaterstück endet mit der Übernahme der Fabrik durch Suzanne und die
Kaltstellung des kommunistischen Liebhabers und des Ehemanns. Ich habe einen
dritten Akt hinzugefügt, in dem der Ehemann die Macht in der Fabrik wieder
übernimmt. Und aus dieser Erniedrigung und Frustration heraus wächst bei Suzanne
die Lust auf Revanche und auf eine politische Karriere. Dieser Schritt in die Politik
wurde schon in dem Stück angedeutet. Dort sagt Suzanne an einer Stelle scherzhaft:
„Eines Tages werde ich mich für die Wahlen aufstellen lassen. Ich habe eine Fabrik
geleitet, ich könnte genauso gut Frankreich zu regieren.“
Ich habe mich beim Schreiben des Drehbuchs regelmäßig mit dem Autor des Stücks
Pierre Barillet getroffen, damit er meine verschiedenen Versionen lesen konnte. Er
hat mich unterstützt, mir viele Ideen gegeben und sich nicht gegen meine
Änderungen gesträubt. Im Gegenteil, er war froh zu sehen, dass sein Stück wieder
auflebte. Er hatte den Eindruck, dass ich seine Arbeit nicht verriet, sondern vertiefte.
Das Umfeld der Siebziger Jahre beibehalten
Die Handlung in den 70er Jahren spielen zu lassen, schaffte eine Distanz und
erlaubte es uns, im Ton einer Komödie auf die heutige Wirtschaftskrise anzuspielen.
Wenn die Handlung heute gespielt hätte, wäre daraus ein ernsterer Film geworden.
Außerdem hätte man die Bedeutung von Maurice Babins Figur nicht verstanden:
damals bekamen die Kommunisten in Frankreich noch 20% der Stimmen. Vor allem
war die damalige Gesellschaft viel polarisierter. Die Rechten und die Linken
vermischten sich nicht. Das waren zwei hermetische Welten, vor allem auf dem
Land. Wenn die Fabrikantengattin mit dem kommunistischen Abgeordneten schlief,
war das eine unerhörte Grenzüberschreitung! Es hat viel Spaß gemacht, diese
Epoche wieder aufleben zu lassen. Damals war ich noch ein Kind und es war
amüsant, mit meinen Erinnerungen zu spielen. Aber ich wollte auf keinen Fall der
Nostalgie der 70er Jahre und ihrer Klischees erliegen: den Schlaghosen, dem
psychedelischen Orange, der sexuellen Befreiung. Ich wollte eine eher realistische
Sicht auf die 70er Jahre zeigen. Vor allem weil der Film in einer Kleinstadt spielt, wo
die Menschen nicht sofort den neuesten Trends und Attitüden folgen. Suzanne sieht
daher auch eher aus, als käme sie aus den 60er oder sogar den 50er Jahren.
Vom Boulevardtheater zum Melodram
Als ich das Stück las, fand ich es sehr witzig, aber am meisten berührte mich die
beinahe tragische Beziehung zwischen Suzanne und Babin. Ich habe darin sofort ein
melodramatisches Potenzial gesehen: das Vergehen der Zeit, die enttäuschte Liebe,
das Altern, eine gewisse Melancholie... Ich liebte die Szene, in der Babin Suzanne
vorschlägt, zusammen zu leben, sie aber findet, sie seien zu alt für solche Dinge. Ich
spürte, dass man diese Szene ernster und nicht so ironisch spielen sollte wie es in
Boulevardtheatern üblich ist. Das Stück war damals ganz auf die Schauspielerin
Jacqueline Maillon zugeschnitten und sie spielte die Rolle auch so. Die Zuschauer
kamen, um sie zu sehen und zu lachen. Die von ihr gespielte Suzanne hatte von
Anfang an eine ironische Distanz und war daher auch nicht sonderlich verletzt, wenn
ihr Mann oder ihre Tochter sie gemein behandelten. Sie behielt immer das letzte
Wort. Für den Film wollte ich hingegen, dass Suzanne die Brutalität der verbalen und
psychologischen Angriffe spürt, dass sie sich erniedrigt fühlte. Die Schauspielerin
sollte es ganz direkt spielen. Die ersten Szenen, die die Zuschauer im Theater so
zum Lachen brachten, sind in meinem Film besonders grausam. Von Anfang an zu
dieser Grausamkeit zu stehen macht die vielen Schicksalswendungen im Laufe des
Films um so befreiender. Der Zuschauer soll mitfühlen und sich mit dieser
Trophäenfrau identifizieren, „die nicht als Schmuckstück im Regal stehen bleibt“. In
diesem Sinne ist DAS SCHMUCKSTÜCK („Potiche“) ein feministischer Film: er
nimmt den Weg der Figur ernst: Man folgt Suzanne, man liebt sie und freut sich über
ihre Entfaltung, so wie in den amerikanischen Erfolgsgeschichten. In den für das
französische Boulevardtheater typischen leichten Komödien spielt man mit
gesellschaftlichen, familiären, emotionalen und politischen Grenzüberschreitungen,
aber am Ende kommt jeder wieder auf die Beine. Die bürgerlichen Zuschauer wollen
über das lachen, was ihnen Angst einjagt, aber unter der Bedingung, dass am Ende
wieder Normalität einkehrt. In meiner Bearbeitung des Stücks wollte ich die
Verhältnisse wirklich verändern: Suzanne findet als Frau einen wirklichen Platz in der
Gesellschaft, sie stellt das Patriarchat tatsächlich auf den Kopf und ihr Sohn hat
wirklich eine inzestuöse Beziehung.
Catherine Deneuve als Schmuckstück
Anstatt eine fade Imitation von Jacqueline Maillon zu finden, wollte ich eine
Schauspielerin ganz gegen ihren Typ besetzen und habe diese Rolle Catherine
Deneuve angeboten. Ich wusste durch unsere Zusammenarbeit bei 8 FEMMES
(„Acht Frauen“ 2002), dass sie diese Figur von Innen heraus verkörpern und ihr
genügend Tiefe geben konnte, um dem Publikum zu erlauben, sich mit ihr zu
identifizieren. Catherine Deneuve als geerdete Schauspielerin schafft es, Situationen
realistisch darzustellen und baut eine echte Nähe zur Figur auf. Anfangs wirkt
Suzanne so karikaturhaft wie alle anderen Figuren: Sie ist die liebe Gattin eines
kleinstädtischen Firmenchefs, die sich um die Familie kümmert, aber sie befreit sich
und verwandelt sich in eine neue Frau. Ich habe diese Figur als Ausgangspunkt
genommen, um sie als Frau zu erforschen, die dann in der letzten Szene des Films
als Schauspielerin endet. Es war ein Vergnügen, wieder mit Catherine Deneuve zu
arbeiten. Bei 8 FEMMES („Acht Frauen“) gab es einige Spannungen, weil ich mich
bei diesem Star-Ensemble auf eine gewisse Neutralität beschränken musste:
Catherine war nur eine unter acht Schauspielerinnen. Also konnten wir nicht die
besondere Beziehung entwickeln, die wir uns beide gerne gewünscht hätten. Bei
DAS SCHMUCKSTÜCK („Potiche“) waren wir dagegen vom Anfang des Projekts bis
zum letzten Drehtag echte Komplizen. Ich habe mich schon früh mit ihr getroffen,
noch bevor ich Produzenten für diesen Film gefunden hatte: „Würde es Sie
amüsieren, ein Schmuckstück zu spielen?“ Sie war sofort dazu bereit. Für mich war
ihr grundlegendes Einverständnis entscheidend, um das Projekt zu lancieren. Sie hat
die ganze Entwicklung begleitet: das Schreiben, die Produktion, das Casting. Sie hat
sich stark in die Figur eingebracht, die sie liebte und wir hatten beim Drehen eine
Menge Spaß.
Suzannes Männer
Um dieser französischen Frau Suzanne jemanden zur Seite zu stellen, brauchte ich
zwei Schwergewichte, zwei starke Männer, die sich miteinander messen können,
zwei französische Darsteller, die zwei ganz verschiedene Schauspielarten
verkörpern. Wenn man einen Filmliebhaber für Catherine Deneuve sucht, kommt
einem als allererstes Gérard Depardieu in den Sinn. Durch alle diese Paare, die sie
schon im Kino zusammen gespielt hatten, war mir klar, dass es funktionieren würde.
Es gibt eine besondere Chemie zwischen den beiden. Ich wusste, dass sie gerne
zusammen vor der Kamera stehen würden und dass es dem Publikum gefallen
würde, sie als alte Liebhaber wiedervereint zu sehen. Babin ist eine meiner
Lieblingsfiguren: Ein hoffnungsloser Romantiker, der in der Vergangenheit lebt und
mit seinen politischen Überzeugungen verheiratet ist. Ich finde ihn ergreifend, denn
er will sein Leben ändern, Vater werden, mit Suzanne zusammen sein und so etwas
wie eine bürgerliche Existenz aufbauen: „Habe ich nicht auch das Recht, glücklich zu
sein?“ Um diesen starken und rauen Mann zu verkörpern, der seine Verletzlichkeit
und seine sentimentale Ader verbirgt, konnte ich mir keinen anderen als Gérard
Depardieu vorstellen. Gérard fand diese Figur von Anfang amüsant und vertraut. Für
seine besondere Frisur haben wir uns vom Topfschnitt des französischen
Gewerkschaftsführers Bernard Thibault inspirieren lassen.
Für die Rolle von Robert Pujol kam von Anfang an Fabrice Luchini in Frage. Ich fand
es riskant aber interessant, ihn mit Catherine Deneuve zu konfrontieren. Sie sind
ganz unterschiedlich - in ihrer Art zu arbeiten, in ihrer Ausstrahlung und in der Wahl
ihrer Filme. Sie sind ein unwahrscheinliches Paar, so wie Robert und Suzanne, aber
ich spürte, dass es für die Komödie förderlich sein konnte. Im Theaterstück ist Robert
das Klischee eines unausstehlichen Gatten und Chefs. Er ist reaktionär, unehrlich
und tyrannisch seiner Familie und den Arbeitern gegenüber – so wie die Figuren, die
Louis de Funès in den Siebziger Jahren spielte. Aber ich wollte ihm auch eine
andere, kindlichere Seite geben. Gegen Ende des Films verwandelt sich dieser
Mann, der den hartherzigen Boss und Macho verkörpert, in einen kleinen Jungen,
der sich von seiner Frau verschlingen lässt und sie in ihrem Bett um einen Kuss
anbettelt. Fabrice Luchini wusste, dass ich ihn seit langem in den Filmen Eric
Rohmers bewunderte, aber er war überrascht, als ich ihm diese ganz andere Rolle
Robert Pujols anbot. Er hat sich diese Figur schnell angeeignet und ihr seine
frenetische, exzessive Schauspielerverrücktheit hinzugefügt. Er ist ein furchtloser
Darsteller, der sich über das kleinste Detail amüsieren kann.
Suzannes Kinder
Die drei anderen Figuren, die Kinder und die Sekretärin, waren im Theaterstück
kaum ausgeführt und hatten kein wirkliches Eigenleben. Ich musste also Geschichten
für sie schreiben und sie bereichern. Wie in den Filmen von Douglas Sirk wollte ich
zeigen, dass die Kinder oft viel konservativer sind als ihre Eltern. Das betrifft
besonders die Figur der Tochter Joëlle (Judith Godrèche), die sich nicht stark
entwickelt, aber letztlich zu erkennen gibt. Am Anfang glaubt Papas Töchterchen
besonders modern zu sein und wirft ihrer Mutter vor, altmodisch zu sein. Aber wenn
sich die Mutter in der zweiten Hälfte des Films dann emanzipiert, verliert sie ihre
Anhaltspunkte und erkennt, dass sie konservativ ist, eine Gefangene der
Konventionen, unfähig, sich scheiden zu lassen, abzutreiben und ihre eigene Freiheit
zu finden. Bei den Proben hat Judith Godrèche sofort verstanden, dass Joëlle ein
richtiges Biest sein musste, das die grausamsten Bemerkungen mit einem
natürlichen Lächeln versieht. Sie hat nicht versucht, ihre Figur um jeden Preis
sympathisch zu machen, denn sie weiß, dass es sich immer auszahlt, die Rolle des
Bösen zu spielen. Sie fand es auch amüsant, sich körperlich in eine Art
wiedergeborene Farah Fawcett zu verwandeln, mit ihrer aschblonden Lockenmähne
und dem extrem strahlenden Lächeln. Äußerlich mag Joëlle wie die modernste
dieser Figuren im Kontext der Siebziger Jahre wirken, aber letztlich ist sie die
konservativste von allen.
Der Sohn Laurent (Jérémie Renier) ist eine typische Figur aus den Komödien
Molières. Jacques Demy hat diese Tradition in seinen Filmen aufgenommen: junge
Menschen verwickeln sich unschuldigerweise in inzestuöse Liebesgeschichten, bis
ein deus ex machina die Spannung auflöst. Ursprünglich sollte Paul nicht
homosexuell sein, aber dadurch konnte ich eine letzte Wendung herbeiführen. Ich
wollte die Idee vom Inzest auf eine Beziehung zwischen zwei Männern übertragen,
die die Frage aufwirft: Ist es auch Inzest, wenn keine Gefahr besteht, ein Kind zu
bekommen? Die finale Wendung ist nicht, dass er schwul ist – das merkt man, wie
ich glaube, sehr schnell – sondern, dass er unwissentlich eine Beziehung mit seinem
Halbbruder hat. Oder auf jeden Fall mit jemandem, der sein Halbbruder sein könnte.
Es war wunderbar, zehn Jahre nach LES AMANTS CRIMINELS („Ein kriminelles
Paar“, 1999) wieder mit Jérémie Renier zu arbeiten. Ich habe seine Karriere verfolgt
und bewundere seine Arbeit als Schauspieler. Ich wollte ihn in diesem Film lächeln
sehen, fröhlich, kess und sexy – ganz anders als in den düsteren Rollen, die er
normalerweise spielt. Seine blonden Haare und seine schlanke Erscheinung passten
ganz hervorragend zum Look der Siebziger Jahre.
Die Sekretärin
Karin Viard lag daran, dass sich ihre Figur politisiert, emanzipiert und befreit anstatt wie im Stück – nur dazu da sein, um Fotokopien zu machen. Die Sekretärin hat erst
einen männlichen, dann einen weiblichen Chef, aber unterwegs verändert sie sich:
„Ich habe gelernt, dass eine Frau weiterkommen kann, ohne die Beine breit zu
machen!“ Ihre kleine Rede „Du wirst eine Sekretärin sein, meine Liebe“ – eine
Anspielung auf Kiplings Buch „If“ („Du wirst ein Mann sein, mein Sohn“) – habe ich in
einer Fernsehreportage über Sekretärinnenschulen gehört, die im Rahmen der
französischen Sendung „Aujourd’hui Madame“ („Die Frau von heute“) ausgestrahlt
wurde. Ich war mir bis zum Schnitt nicht sicher, ob ich diesen Monolog behalten
sollte. Es ist ein surrealistischer Moment, der keiner besonderen narrativen Logik
folgt – außer dass er die Lage der Frau in der Gesellschaft beschreibt – aber Karin
hat ihn so überzeugend verkörpert, dass er Teil des Films geblieben ist. Sie hat als
Schauspielerin keine Angst, Stereotypen zu spielen, weil sie mit Tiefe und Gefühl
weit über sie hinausgeht. Sie war perfekt für diese Rolle.
Die Musik und die Chansons
Ich sah keinen Grund, aus diesem Stück ein Musical zu machen, aber ich wollte die
Epoche mit der Musik und den Chansons aus dieser Zeit aufleben lassen.
Für die Original-Musik habe ich den Komponisten Philippe Rombi gebeten, sich vom
Esprit der französischen Komödien der Siebziger Jahren inspirieren zu lassen, der
Stimmung der Musik von Vladimir Cosma oder von Michel Magne. Er sollte dabei
zwei atmosphärische Stränge entwickeln: einen eher komischen, an die Figur Robert
Pujols gebundenen, und einen eher sentimentalen, der zurückführt zur Liebesgeschichte von Suzanne und Babin. Der Film bewegt sich in zwei Richtungen: zu
Fabrice Luchini und zu Gérard Depardieu. Mit Catherine Deneuve in der Mitte, die
zwischen Komödie und Melodram pendelt.
„Emmène-moi danser ce soir“ von Michèle Torr war das Lied, das sich in Frankreich
in den Jahren 1977/78 am besten verkauft hat. Es handelt von einer Frau, die ihren
Mann bittet, sich so um sie zu kümmern, wie er es früher getan hat. Das entspricht
ganz direkt Suzannes Lage zu Beginn des Films. Auch wenn Catherine Deneuve in
der Küche singt und tanzt, war uns wichtig, dass die Figur in der Realität verankert
bleibt, dass sie ihren üblichen Aufgaben nachgeht. Der Zuschauer sollte spüren,
dass diese Frau in ihrer Küche trotz allem glücklich ist. Als wir diese Szene
abgedreht hatten, gestand mir Catherine, nachdem sie die Spülmaschine ein
Dutzend Mal ausgeräumt hatte: „Das erinnert mich an die Szene des Liebeskuchens
in PEAU D’ÂNE („Eselshaut“, 1970).“ Daran hatte ich zwar überhaupt nicht gedacht,
aber ihre Bemerkung hat mich berührt.
Für die Tanzszene im Nachtklub „Badaboum“ hat mir Benjamin Biolay einen
Chanson der Gruppe „Il était une fois“ vorgeschlagen, den ich nicht kannte: „Viens
faire un tour sous la pluie“ („Ein Spaziergang im Regen“). Der Song hat den Vorteil,
dass er aus der Epoche kam und für die Choreographie zwei verschiedene Tempi
anbot: einmal im Genre des Slows, aber auch im Stil von Disco, so wie bei den Bee
Gees. In der Tanzszene zwischen Suzanne und Babin wollte ich das legendäre
Kinopaar Deneuve/Depardieu feiern. Sie wirkt absichtlich künstlich. Beide schauen in
die Kamera. Es ist ein zeitloser, beinahe magischer Moment. Ich suche hier keinen
Realismus, sondern die Verkörperung und Wahrheit dieses Paares, das eine große
Zärtlichkeit spürt und sich zusammen amüsiert.
Den Chanson „C’est beau la vie“, den Suzanne am Ende des Film singt, hatte Jean
Feret in den Sechziger Jahren für Isabelle Aubret geschrieben, nachdem sie einen
schweren Autounfall überlebt hatte. Ihn in einem politischen Rahmen zu benutzen –
nach dem Wahlkampftreffen, nachdem wir Suzannes Emanzipation mitverfolgt haben
– gibt ihm eine ganz andere Dimension. Benjamin Biolay und ich wollten Catherine
Deneuves Stimme ganz in den Vordergrund stellen und dabei ganz natürlich und
ungeschönt aufnehmen – in ihrer ganzen Zerbrechlichkeit und Wahrheit.
Es war im Drehbuch nicht vorgesehen, dass Babin diesen Chanson Suzannes im
Radio hört, aber ich habe diese Szene am Ende eines Drehtages mit Gérard
Depardieu improvisiert. Ich wollte, dass man ihn nach ihrem letzten Telefongespräch
noch einmal auf der Leinwand sieht. Ich habe also die Musik gespielt, um zu sehen,
wie er reagiert und ließ ihn dann einfach improvisieren. Zu sehen, wie er Catherines
Stimme lauschte und dabei selber mitsang, war für mich einer der emotionalsten
Momente der Dreharbeiten.
Interview mit Catherine Deneuve
François Ozon hat schon
SCHMUCKSTÜCK geredet.
sehr
früh
mit
Ihnen
über
sein
Projekt
DAS
Ja, so wie bei 8 FEMMES („8 Frauen“, 2002). Ich war in das Projekt von Anfang an
verwickelt, habe all seine Etappen bis zum Schluss verfolgt. Ich mag es, schon früh
beteiligt zu sein, um den Film wirklich zu verstehen, um meine Meinung einzubringen
und zu diskutieren. Ich habe versucht, die von François gewünschte Richtung
einzuschlagen. Er kann sehr gut vermitteln, was er macht oder machen will. Manche
Schauspieler wollen erst arbeiten, wenn das Drehbuch abgeschlossen ist, aber ich
will lieber schon vorher eingebunden sein. Ich brauche Informationen aus allen
Richtungen, damit die Figur schrittweise Form annimmt. Ich kann sie nicht allein vor
dem Dreh erfinden. Ich habe natürlich schon eine Idee von ihr, aber kann keine Figur
schaffen, wenn ich im Abstrakten bleibe.
Wie haben Sie anfangs auf das Projekt reagiert?
Ich kannte zwar die Schauspielerin Jacqueline Maillan, aber nicht das Stück von
Barillet und Grédy – und habe es seitdem auch weder gesehen noch gelesen. Aber
als mir François Ozon von dem Stück erzählte und von seiner Absicht, es zu
verfilmen, fand ich die Idee großartig. Vor allem wegen ihm: er hat das Talent, Dinge
zu dekonstruieren und ich wusste, dass er ein solches Boulevardstück mit seiner
scharfen, modernen und ironischen Vision bereichern konnte. Ich benutze das Wort
„Boulevard“ gar nicht im abwertenden Sinne. Ich konnte mir leicht vorstellen, was er
mit einem solchen Stoff machen würde. Außerdem spielte auch das Vergnügen eine
Rolle, wieder mit ihm zu arbeiten. Er hat dann schnell ein lustiges und lebendiges
Drehbuch voller Anklänge auf die Stellung der Frau in der heutigen Gesellschaft
geschrieben. Natürlich hat sich einiges in den letzten 30 Jahren geändert, aber nicht
so viel, wie man denkt. Das Stück spielt zwar in den 70er Jahren, aber vieles darin ist
heute noch aktuell: die Streiks, die Geiselnahme der Unternehmer und Frauen, die
im Vergleich zu den Männern kaum Macht haben. Die Frauen und die Macht – dieser
Kampf ist noch lange nicht vorbei!
Wenn Ihre Figur in die Politik geht, muss man an Ségolène Royal denken...
Im Laufe des Films hatte ich eine Menge Vorbilder und Beispiele in meinem Kopf, die
der jeweiligen Situation entsprachen. Persönliche Beispiele und symbolische Bilder,
Namen, die ich nicht nennen will, weil ich damit das Thema des Films verstellen oder
verkleinern könnte. Aber eines ist klar: Ich habe an viele verschiedene Menschen
gedacht.
In den 70er Jahren engagierten Sie sich in der Frauenbewegung und kämpften für
das Recht auf Abtreibung, indem Sie das von Simone de Beauvoir verfasste
„Manifeste des 343 salopes“ („Das Manifest der 343“) unterzeichneten.
Ich habe bei den Dreharbeiten nicht daran gedacht, aber dieses Engagement ist
natürlich ein Teil von mir. Wenn mir Joëlle (Judith Godrèche) im Film erklärt, dass sie
nicht abtreiben kann, dann führt mich das schlagartig zurück in diese Epoche.
Schwanger zu sein, aber nicht abtreiben zu wollen oder zu können oder seinen Mann
nicht verlassen zu können: Ich erinnere mich, wie verbreitet dieses Dilemma war. Die
jungen Frauen von heute sind mit diesen Rechten aufgewachsen und merken kaum,
welche wesentlichen Veränderungen vor dreißig Jahren stattfanden. Ich muss sagen,
dass damals alles unglaublich schnell geschah.
Wie war das Wiedersehen mit François Ozon?
Die Erfahrung, schon zusammen gearbeitet zu haben, machte alles viel leichter. Ich
kenne ihn, er kennt mich und so haben wir viel Zeit gewonnen. Das war auch nötig,
denn ich fürchtete mich vor dem harten Drehplan und davor, in fast jeder Szene des
Films zu spielen... In der Tat mussten wir unglaublich schnell drehen, das passte gut
zum Rhythmus der Filmhandlung. François verliert keine Zeit, bei ihm muss man nie
warten. Er ist schnell, intensiv, lebendig und scharfsinnig. Gleichzeitig ist er auch
akribisch. Ich spürte schnell, dass wir auf einander abgestimmt waren und synchron
arbeiteten. Die Dialoge und die Struktur des Films waren stark festgelegt, aber
innerhalb dieses Rahmens ließ François Ozon seinen Schauspielern viele Freiheiten.
Ich fühlte mich dem Film und dem ganzen Projekt eng verbunden und hatte den
beruhigenden Eindruck, getragen zu werden.
Dazu kam, dass wir in Belgien drehten. Es ist immer besser, außerhalb von Paris zu
drehen: denn dann sieht man sich gegenseitig mehr, als wenn jeder abends nach
Hause geht. So entsteht ein Gruppengefühl. Die Dreharbeiten waren fröhlich und
intensiv, die belgische Crew war wunderbar und wir waren traurig, als wir Abschied
nehmen mussten.
Die Atmosphäre bei den Dreharbeiten ist unvorhersehbar, vieles hängt vom
Regisseur und der Crew ab. Aber sie ist entscheidend für das Gelingen des Films,
besonders bei einer Komödie: da muss es eine gewisse Leichtigkeit und Fröhlichkeit
geben. Erst als ich den Film abgedreht hatte, erschien mir das Tempo beim Dreh
rückblickend ganz schön brutal!
Ihre Fähigkeit, ganz direkt zu spielen, ist erstaunlich. Man ist von der Figur der
Suzanne zugleich amüsiert und gerührt.
Ja, es gibt eine Mischung aus Komödie und Gefühl. Ich wollte so ehrlich sein wie
möglich, meine Figur und die Situationen ohne Umwege ganz direkt spielen. Wir
haben mit François viel darüber geredet. Ich wollte nichts fabrizieren, um so
authentisch wie möglich zu bleiben, um ein Mitgefühl zu schaffen, um zu zeigen, wie
sehr Suzanne von ihrem autoritären Mann unterdrückt wird. Als sie an die Macht
kommt, wünschen wir uns diese Wende, wir freuen uns über ihre Rache.
Die Kleidung Suzannes verändert sich im Laufe des Films stark. Haben Ihnen die
Kostüme geholfen, Ihre Figur zu verkörpern?
Ja, auf jeden Fall. Ich habe diese Erfahrung schon bei PRINCESSE MARIE („Marie
Bonaparte“, 2004) von Benoît Jacquot gemacht. Wenn viel Wert auf die Kostüme
gelegt wird und man viel Zeit mit den Anproben verbringt, passiert auf einer
unbewussten Ebene etwas mit der Figur: die Kleider weisen auf eine bestimmte
Haltung, auf eine Attitüde hin. Pacaline Chavanne ist eine großartige
Kostümbildnerin. Sie ist eine wahre Goldgrube, denn sie macht erst unglaublich
genaue Recherchen und schlägt dann eine breite Palette von Möglichkeiten vor.
Schritt für Schritt zeichnet sich eine Silhouette ab; das ist besonders hilfreich, wenn
man eine für sich so untypische Figur erfinden muss wie ich in DAS
SCHMUCKSTÜCK. Es gab keine feste Ausgangsidee, aber im Laufe der Anproben
kam alles zusammen. Wir lernten, welche Farben und Schnitte funktionierten. Die
Herausforderung war, der Epoche der Figur zu entsprechen und dabei ihren
persönlichen Stil zu finden. Die Kostüme mussten gleichzeitig lustig und glaubwürdig
sein.
Das ungewöhnlichste Kostüm ist der rote Jogginganzug, den Suzanne am Anfang
des Films trägt, als sie noch die gute kleine bürgerliche Hausfrau ist.
Dieser Jogginganzug entspricht dem Schnitt und dem Stoff der Siebziger Jahre. Der
besondere Look in der Eröffnungsszene gibt zwar an, dass sich Suzanne
emanzipieren, weiterentwickeln wird. Ich schlug vor, dass sie dabei noch die
Lockenwickler im Haar hat, um das allzu moderne Bild vom Jogginganzug zu
brechen. Wenn sie zusätzlich noch ein Schweißband im Haar getragen hätte, hätte
man sie für eine befreite bürgerliche Frau halten können, die sie aber noch nicht ist.
Wir mussten für diese erste Szene ein etwas schrulliges und verschrobenes
Aussehen erfinden, um dem Film von Anfang an die richtige Grundstimmung zu
geben.
Wie war es, nach sieben gemeinsamen Filmen wieder mit Gérard Depardieu zu
arbeiten?
Wir haben uns im Laufe der Jahre immer wieder getroffen und jedes Mal ist es ganz
natürlich. Ich liebe und bewundere ihn sehr. Er ist als Schauspieler so präsent und
warm mit seinen Filmpartnern. Außerdem ist er lustig und… sehr ungeduldig. Er will
nicht proben, sondern drehen, und neigt dazu, die Dinge zu beschleunigen. Zum
Glück ist François ähnlich. Ich glaube, Gérard hat es wirklich Spaß gemacht, diesen
Gewerkschaftler zu spielen. Er wirkte sofort natürlich in der Rolle, so mühelos.
François hat sich der besonderen Ausstrahlung Gérards schon bedient, als er die
Szenen schrieb. Er wusste genau, dass Gérard Depardieu den Text und die
Situationen auf eine ganz andere Dimension hieven würde.
Sie haben bei diesem Film zum ersten Mal mit Fabrice Luchini gearbeitet.
Gérards Schauspiel ist direkt und instinktiv, während sich Fabrice lange vorbereitet.
Wenn er auf dem Set auftaucht, hat er seine Figur schon für jede Situation entwickelt
und ausgearbeitet. Er ist vor allem ein Theaterschauspieler. Mit Gérard kann man
Dinge bis zur letzten Minute ändern. Mit Fabrice ist das komplizierter, weil seine
Technik das Gegenteil von Gérards Arbeitsweise ist. Er ist unglaublich brillant und
hat viel Autorität. Fabrice ist wirklich lustig in der Rolle. Er treibt Pujol an den Rand
seiner nervösen, jähzornigen und cholerischen Persönlichkeit, aber er macht ihn am
Ende auch sympathisch, wenn er merkt, dass niemand unersetzlich ist, selbst er
nicht. Er ist eben kein Citizen Hearst!
Ozons Filme 8 FRAUEN und DAS SCHMUCKSTÜCK gehen auf Theaterstücke
zurück, aber unterscheiden sich sehr.
Ja, für mich haben beide Filme nichts miteinander gemein. Vor allem, weil 8
FRAUEN nur mit einem einzigen Dekor im Studio entstand, während DAS
SCHMUCKSTÜCK viele verschiedene Drehorte hatte. Beide Filme erzählen eine
ganz andere Art von Geschichte und vor allem gab es in 8 FRAUEN viel weniger
Emotion. Der Film konzentrierte sich auf andere Dinge: komplizenhafte
Schauspielerinnen, das Verhältnis zwischen Müttern und Töchtern. Die Stimmung
war spielerischer.
Sie treten nicht im Theater auf, haben aber keine Angst vor theatralischen Rollen im
Kino...
Ja, weil Theater und Kino vollkommen unterschiedlich sind. Theatralisches Spielen
im Film bleibt Film. Aber was mir am Theater Angst macht, ist die Einheit des Ortes,
die Tatsache, dass man vorher alles im Voraus geplant und entschieden haben
muss, dass alles vorbereitet ist und dass man immer dasselbe machen muss. Das
fällt mir schwer. Dazu kommt das Lampenfieber, vor einem Publikum auf der Bühne,
im Zentrum der Aufmerksamkeit, zu stehen. Ich kann mir immer noch nicht
vorstellen, Theater zu machen.
HINTER DER KAMERA
François Ozon
François Ozon wurde am 15. November 1967 in Paris als Sohn eines Biologen und
einer Französischlehrerin geboren und wurde katholisch erzogen.
Nach einem Filmstudium an der Pariser Sorbonne, unter anderem bei seinem Vorbild
Eric Rohmer, begann er ein Regiestudium an der französischen Filmschule La
Fémis. Schon bald machte er mit seinen Kurzfilmen UNE ROBE D’ETE („Ein
Sommerkleid“, 1996) und REGARDE LA MER („Blicke auf das Meer“, 1997) auf sich
aufmerksam.
1998 drehte er seinen ersten Spielfilm SITCOM, eine grelle Farce über eine den
Vater meuchelnde Familie. In seinem zweiten Film LES AMANTS CRIMINELS („Ein
kriminelles Paar“) probierte er eine Mischung aus Krimi und Märchen.
Im erotischen Kammerspiel GOUTTES D’EAU SUR PIERRES BRÛLANTES
(„Tropfen auf heiße Steine“, 2000) adaptierte er das Theaterstück seines Idols Rainer
Werner Fassbinder über eine grausame Dreiecksbeziehung und verhalf dabei der
jungen Ludivine Sagnier zu ihrer ersten großen Rolle.
Ozon hatte seine Karriere als provokanter „Zerstörer der Familie“ in der Tradition der
Farcen von Pedro Almodovar oder der Gesellschaftssatiren eines Claude Chabrols
begonnen. Schnell fand der junge Regisseur zu seinem eigenen Stil und
persönlichen Themen. Das Spiel mit verschiedenen Genres, Formen und Filmzitaten
wurde dabei zu seinem Markenzeichen.
Der Durchbruch als Regisseur gelang ihm erst mit SOUS LE SABLE („Unter dem
Sand“, 2001), dem feinfühligen Porträt einer Frau, die den Tod ihres Manns nicht
überwinden kann. Verkörpert wurde sie darin subtil und an die Nieren gehend von
Charlotte Rampling, die mit diesem Film ihr überraschendes Comeback feierte.
Durch diesen Erfolg bestärkt versammelte Ozon 2002 die großen weiblichen Stars
des französischen Kinos Catherine Deneuve, Isabelle Huppert, Fanny Ardant,
Emmanuelle Béart und die Jungschauspielerinnen Virginie Ledoyen und Ludivine
Sagnier in der kitschigen Krimikomödie 8 FEMMES („8 Frauen“). Auf der Berlinale
wurden die acht Schauspielerinnen auf der Berlinale als Beste Darstellerinnen
ausgezeichnet und der Film erwies sich als der bisher größte Kassenschlager des
jungen Regisseurs.
Seine Lust an der Manipulation und am Sexappeal der Darsteller ließ er in dem in
Cannes vorgestellten Thriller SWIMMING POOL („Swimming Pool“, 2003) wieder
freien Lauf, in dem Charlotte Rampling als zugeknöpfte Schriftstellerin von der
freizügigen Ludivine Sagnier provoziert wird. Es folgte das rückwärts erzählte
Ehedrama 5X2 („Fünf mal zwei“, 2004) mit Valeria Bruni-Tedeschi. 2005 zeigte er im
eindringliche Porträt eines sterbenden Fotografen LE TEMPS QUI RESTE („Die Zeit
die bleibt“), dass ihn das Thema der Todes nicht losließ; erstmals stellte der
„Frauenregisseur“ dabei eine männliche Figur ins Zentrum des Geschehens. Mit
ANGEL („Angel - Ein Leben wie im Traum“, 2007) versuchte sich Ozon am
historischen Melodram in englischer Sprache, bevor ihm mit seinem zehnten Film
RICKY („Ricky - Wunder geschehen“, 2008) eine überraschende Mischung aus
Sozialdrama und Märchen gelang. Überraschen und schnell weitermachen – so
scheint seine Devise. Auf diese Art brachte er pro Jahr beständig einen Film ins Kino.
2009 drehte er mit LE REFUGE („Rückkehr ans Meer“) ein elegisches Drama über
die Liebe und die Trauer, die kein breites Echo fand. Im massenkompatiblen
Rahmen
angelegt
dagegen
ist
seine
spritzige
Sozialkomödie
DAS
SCHMUCKSTÜCK. Mit bissigen Dialogen, scharfen Schicksalswendungen und einer
neben Gérard Depardieu und Fabrice Luchini glänzend aufgelegten Catherine
Deneuve wird Ozon an den Erfolg seiner 8 FRAUEN anknüpfen.
Filmografie
1988
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
PHOTO DE FAMILLE (Kurzfilm)
UNE ROSE ENTRE NOUS (Kurzfilm)
LA PETITE MORT (Der kleine Tod) (Kurzfilm)
UNE ROBE D’ETE (Ein Sommerkleid) (Kurzfilm)
REGARDE LA MER (Blicke auf das Meer) (Kurzfilm)
SITCOM
LES AMANTS CRIMINELS (Ein kriminelles Paar)
GOUTTES D’EAU SUR PIERRES BRÛLANTES (Tropfen auf heiße Steine)
SOUS LE SABLE (Unter dem Sand)
8 FEMMES (8 Frauen)
SWIMMING POOL (Swimming Pool)
5X2 (5x2 - Fünf mal zwei)
LE TEMPS QUI RESTE (Die Zeit die bleibt)
UN LEVER DE RIDEAU (Kurzfilm)
ANGEL (Angel - Ein Leben wie im Traum)
RICKY (Ricky - Wunder geschehen)
LE REFUGE (Rückkehr ans Meer)
DAS SCHMUCKSTÜCK (Potiche)
Vor der Kamera
Catherine Deneuve
Catherine Deneuve wurde am 22. Oktober 1943 als Catherine Fabienne Dorléac
während der deutschen Besatzung in Paris als eine von vier Schwestern geboren. Ihr
Vater, Maurice Dorléac, und ihre Mutter waren beide Schauspieler. Als Kind war sie
verträumt und reserviert, aber kommt durch ihre ältere Schwester, die Schauspielerin
Françoise Dorléac, zu ersten kleinen Rollen wie in LES PORTES CLAQUENT (Die
kleinen Sünderinnen, 1960). Mit siebzehn Jahren verliebte sie sich in den Regisseur
und Lebemann Roger Vadim und zog bei ihren Eltern aus. Sie färbte ihre dunklen
Haare blond und nahm den Mädchennamen ihrer Mutter an, um nicht mit der bereits
berühmten Schwester Françoise verwechselt zu werden. Nach einer für sie
unpassenden Rolle in Vadims LE VICE ET LA VERTU („Laster und Tugend“, 1962)
engagierte sie der „Nouvelle Vague“-Regisseur Jacques Demy für das gesungene
Liebesmelodram LES PARAPLUIES DE CHERBOURG („Die Regenschirme von
Cherbourg“, 1963). Catherine Deneuve verkörperte darin mit einer besonderen
Grazie die Rolle der jungen Regenschirmverkäuferin voller Romantik und
Melancholie. Die Geschichte, Darstellung und die Musik Michel Legrands rührten das
Publikum, der Film Demys gewann in Cannes den Großen Preis der Jury und machte
Deneuve weltweit bekannt. Kurz darauf bot ihr der junge Roman Polanski die
Hauptrolle seines Psychothrillers REPULSION („Ekel“, 1965) an. In der Rolle einer
jungen Schizophrenen, die eingeschlossen in ihrer Londoner Wohnung lebt und im
Wahn einen Mord begeht, konnte Deneuve eine andere, radikale Seite ihres Talents
– weitab vom romantischen Mädchen mit dem klassisch schönen Gesicht – zeigen.
Das Jahr 1967 war für sie entscheidend: Sie spielte zusammen mit ihrer Schwester
Francoise Dorléac in Jacques Demys Musical LES DEMOISELLES DE
ROCHEFORT („Die Mädchen von Rochefort“, 1967) die singenden und tanzenden
Zwillingsschwestern Solange und Delphine und feierte einen großen Erfolg. Das
mitreißende Duo der ungleichen Schwestern blieb ihr letzter gemeinsamer Auftritt,
denn einige Monate später starb Françoise bei einem Autounfall. Ihr tragischer Tod
überschattete Catherine Deneuves weiteres Leben – erst 1996 hat sie in einem Buch
und einem Dokumentarfilm über ihre Schwester dieses Trauma erstmals zur Sprache
gebracht. 1967 spielte Deneuve auch in BELLE DE JOUR („Belle de Jour – Schöne
des Tages“) des subversiven Altmeisters Luis Buñuel eine masochistische Ehefrau,
die heimlich als Edelprostituierte arbeitet. Eine vielschichtige Rolle über verbotene
Träume, die ihr Bild von der kühlen Blondine mit der geheimnisvollen Aura festigte
und mit der sie das weltweite Publikum bis heute am meisten identifiziert. Sie wurde
zum internationalen Star.
Einige Jahre später spielte sie an der Seite Jean-Paul Belmondos in François
Truffauts LA SIRENE DE MISSISSIPI („Das Geheimnis der falschen Braut“, 1969)
eine femme fatale in der Tradition Hitchcocks, und fand Buñuel für TRISTANA
(„Tristana“, 1970) und sich als Prinzessin im Märchen PEAU D’ANE („Eselshaut“,
1970) von Jacques Demy wieder. Als Star des europäischen Kinos drehte sie nicht
nur in Frankreich, sondern auch in Italien mit Regisseuren wie Marco Ferreri oder
Dino Risi. Dort lernte sie Marcello Mastroianni bei Dreharbeiten kennen. Ihre
gemeinsame Tochter Chiara kam 1972 zur Welt.
Für François Truffaut war sie eine „Schauspielerin der Träumerei“ und er sagte über
sie „Sie führt auf der Leinwand ein Doppelleben vor: das öffentliche und das geheime
Leben.“ In diesem Sinne gab er ihr eine ihrer schönsten Rollen: Als leidenschaftliche
Schauspielerin Marion Steiner versteckt sie in LE DERNIER METRO („Die letzte
Métro“, 1980) als Geliebte Gérard Depardieus ihren jüdischen Ehemann im Keller
des Theaters vor den Nazis. Der Film wurde zum weltweiten Triumph und Deneuve
mit dem französischen César ausgezeichnet.
In den 80er Jahren stand sie immer wieder mit Gérard Depardieu vor der Kamera,
darunter in LE CHOIX DES ARMES („Die Wahl der Waffen“, 1981) von Alain
Corneau. Sie spielte dann in allen möglichen Filmgenres – vom großen Fresko
INDOCHINE („Indochine“, 1991) von Régis Wargnier, für das sie ihren zweiten César
gewann, bis zur populären Komödie wie BELLE MAMAN („Meine schöne
Schwiegermutter“, 1999).
Neben ihrer florierenden Kinokarriere warb sie mit ihrem Gesicht in den USA für
Chanel, verkörperte in den Kleidern ihres Freundes Yves Saint-Laurent die
französische Eleganz und diente 1985 den französischen Marianne-Büsten als
Modell. Der ständig drohenden Gefahr, in ihrer unnahbaren Noblesse als nationale
Luxus-Ikone zu versteinern, ging sie aus dem Weg, in dem sie neben den populären
Großproduktionen immer wieder auch Mut zu Experimenten bewies, die ihr
glamouröses Image hinterfragten. So spielte sie für Lars von Trier an der Seite Björks
im Musical DANCER IN THE DARK („Dancer in the dark“, 2000) eine Fabrikarbeiterin
und in Leo Carax’ Drama POLA X („Pola X“,1998) die Mutter von Guillaume
Depardieu. Sie stand in mehreren Filmen André Téchinés vor der Kamera, dem es
als Intimfreund gelang, ungewöhnliche Facetten ihrer Persönlichkeit ans Licht zu
bringen, z.B. in LES VOLEURS („Diebe der Nacht“, 1996) oder LES TEMPS QUI
CHANGENT („Changing Times“, 2004). Der Zauber Catherine Deneuves schien
immer darin zu liegen, dass ihr oft so abwesendes, perfektes Gesicht zum Spiegel
der Phantasien der Zuschauer wurde. Intelligent und unabhängig vom Massengeschmack suchte sich Deneuve als überaus aktive Grande Dame des
französischen Kinos ihre Filmprojekte aus. Dabei drehte sie in den letzten Jahren
nicht nur mit Regieveteranen wie Manoel de Oliveira oder Raoul Ruiz, sondern auch
mit jungen Regisseuren wie Arnaud Desplechin (UN CONTE DE NOEL, 2008),
Marjane Satrapi (PERSEPOLIS, 2007) oder Valérie Lemercier (PALAIS ROYAL!,
2005) die das Spektrum Deneuves erweiterten.
Als Teil des Starensembles in François Ozons Komödie 8 FEMMES („8 Frauen“,
2002) erlebte sie einen riesigen Erfolg – unvergessen in der Szene, in der sie sich
mit Fanny Ardant auf dem Boden wälzt. In DAS SCHMUCKSTÜCK bietet Ozon
Catherine Deneuve acht Jahre später eine neue Chance zum Imagewechsel:
Deneuve, einst die distinguierte Belle de Jour, im roten Jogginganzug, die sich zur
Chefin einer Regenschirmfabrik mausert und am Ende Karriere in der Politik macht.
Ihr unwiderstehlicher Aufstieg ist nur eine von vielen Verwandlungen, mit denen
Catherine Deneuve ihre Zuschauer weiterhin überraschen wird.
Filmografie (Auswahl)
1962 LE VICE ET LA VERTU (Laster und Tugend), Regie: Roger Vadim
1963 LES PARAPLUIES DE CHERBOURG (Die Regenschirme von Cherbourg),
Regie: Jacques Demy
1965 LA VIE AU CHATEAU (Leben im Schloss), Regie: Jean-Paul Rappeneau
REPULSION (Ekel), Regie: Roman Polanski
1967 LES DEMOISELLES DE ROCHEFORT (Die Mädchen von Rochefort)
Regie: Jacques Demy
BELLE DE JOUR (Belle de Jour – Schöne des Tages), Regie: Luis Buñuel
BENJAMIN (Benjamin – Aus dem Tagebuch einer männlichen Jungfrau)
Regie: Michel Deville
1968 LA CHAMADE (Herzklopfen), Regie: Alain Cavalier
1969 TRISTANA (Tristana), Regie: Luis Buñuel
LA SIRÈNE DU MISSISSIPI (Das Geheimnis der falschen Braut)
Regie: François Truffaut
1970 PEAU D’ÂNE (Eselshaut), Regie: Jacques Demy
1971 LIZA (Allein mit Giorgio), Regie: Marco Ferreri
ÇA N’ARRIVE QU’AUX AUTRES (Das passiert immer nur den anderen)
Regie: Nadine Trintignant
1972 UN FLIC (Der Chef), Regie: Jean-Pierre Melville
1975 LE SAUVAGE (Die schönen Wilden), Regie: Jean-Paul Rappeneau
1976 SI C’ÉTAIT À REFAIRE (Ein Hauch von Zärtlichkeit), Regie: Claude Lelouch
ÂMES PERDUES, Regie: Dino Risi
1977 L’ARGENT DES AUTRES (Das Geld der anderen), Regie: C. Challonge
1979 COURAGE FUYONS (Jetzt oder nie), Regie: Yves Robert
1980 JE VOUS AIME (Die Männer, die ich liebte), Regie: Claude Berri
LE DERNIER MÉTRO (Die letzte Métro), Regie: François Truffaut
1981 LE CHOC (Der Schock), Regie: Robin Davis
LE CHOIX DES ARMES (Wahl der Waffen), Regie: Alain Corneau
HÔTEL DES AMÉRIQUES (Begegnung in Biarritz), Regie: André Téchiné
1982 THE HUNGER (Begierde), Regie: Tony Scott
L’AFRICAIN (Der Buschpilot), Regie: Philippe de Broca
1983 FORT SAGANNE (Fort Saganne), Regie: Alain Corneau
LE BON PLAISIR (Le bon plaisir – Eine politische Liebesaffäre)
Regie: Francis Girod
1984 PAROLES ET MUSIQUES (Duett zu dritt), Regie: Elie Chouraqui
1986 LE LIEU DU CRIME (Schauplatz des Verbrechens), Regie: André Téchiné
1988 DRÔLE D’ENDROIT POUR UNE RENCONTRE (Nächtliche Sehnsucht –
Hemmungslos), Regie: François Dupeyron
1991 INDOCHINE (Indochine), Regie: Régis Wargnier
1992 MA SAISON PRÉFÉRÉE (Meine liebste Jahreszeit), Regie: André Téchiné
1994 LE COUVENT (Das Kloster), Regie: Manoel de Oliveira
1995 LES VOLEURS (Diebe der Nacht), Regie: André Téchiné
1996 GÉNÉALOGIES D’UN CRIME (Genealogien eines Verbrechens)
Regie: Raul Ruiz
1998 POLA X (Pola X), Regie: Léos Carax
PLACE VENDÔME (Place Vendôme), Regie: Nicole Garcia
1999 DANCER IN THE DARK (Dancer in the dark), Regie: Lars Von Trier
EST-OUEST (Est-Ouest – Eine Liebe in Russland), Regie: Régis Wargnier
BELLE-MAMAN (Meine schöne Schwiedermutter), Regie: Gabriel Aghion
LE VENT DE LA NUIT, Regie: Philippe Garrel
2001 AU PLUS PRÈS DU PARADIS (Dem Paradies ganz nah), Regie:Toni Marshall
8 FEMMES (8 Frauen), Regie: François Ozon
2004 LES TEMPS QUI CHANGENT (Changing Times), Regie: André Téchiné
ROIS ET REINES, Regie: Arnaud Desplechin
2005 PALAIS ROYAL!, Regie: Valérie Lemercier
2006 APRÈS LUI, Regie: Gaël Morel
LE HÉROS DE LA FAMILLE, Regie: Thierry Klifa
2007 UN CONTE DE NOËL, Regie: Arnaud Desplechin
2008 LA FILLE DU RER, Regie: André Téchiné
2009 L’HOMME QUI VOULAIT VIVRE SA VIE, Regie: Eric Lartigau
2010 LES YEUX DE SA MÈRE, Regie: Thierry Klifa
DAS SCHMUCKSTÜCK (Potiche), Regie: François Ozon
Gérard Depardieu
Gérard Xavier Marcel Depardieu wurde 27. Dezember 1948 im französischen
Städtchen Châteauroux, im Zentrum Frankreichs geboren. Mit 13 verließ er die
Schule, verdiente sich sein Geld auf dem Schwarzmarkt mit den amerikanischen
Soldaten, und versuchte sich in verschiedenen Jobs, darunter als Strandjunge in
Cannes. Erst bei einer Reise nach Paris entdeckte der notorische Herumtreiber in
einem Schauspielkurs seine Leidenschaft für das Theater. Er, der Proletariersohn,
verschlang bald die französischen Klassiker Corneille, Racine oder de Musset und
begann seine Karriere auf der Wanderbühne des „Café de la Gare“.
Nach ersten kleineren Filmrollen Ende der Sechziger und Anfang der Siebziger Jahre
kam sein Durchbruch beim großen Publikum in LES VALSEUSES („Die
Ausgebufften“, 1974) von Bertrand Blier. Dort spielte der sanfte Wilde an der Seite
Patrick Dewaeres und Miou-Mious einen Kleingauner und Bürgerschreck auf der
Flucht und verbreitete dabei den verführerischen Charme der sexuellen Anarchie.
Depardieu zeigte schnell, dass er nicht nur den charismatischen Schwerenöter
spielen konnte, sondern ein breites Repertoire besaß. In Italien drehte er mit
Bernardo Bertolucci 1900 („1900“, 1976) und mit dem provokanten Marco Ferreri.
Depardieu kannte dabei keine Grenzen: er konnte schon früh in seiner Karriere vom
anspruchsvollen Kunstkino einer Marguerite Duras in LE CAMION („Die wilden
Mahlzeiten, 1977) mühelos zum Klamauk an der Seite des Slapstickkomikers Pierre
Richard in LA CHEVRE („Der Hornochse und sein Zugpferd“, 1981) von Francis
Veber wechseln, der ihm ein Massenpublikum verschaffte.
Seine Zusammenarbeit mit Bertrand Blier setzte er erfolgreich fort, in bissigen
Gesellschaftssatiren wie TENUE DE SOIRÉE („Abendanzug“, 1986) oder BUFFET
FROID („Den Mörder trifft man am Buffet“, 1979) oder später in TROP BELLE POUR
TOI („Zu schön für Dich!“, 1988). Depardieu wurde auch der Begleiter anderer
wichtiger Autorenfilmer wie etwa Maurice Pialat, mit dem er vier Filme drehte: er war
LOULOU („Der Loulou“, 1980), spielte in POLICE („Der Bulle von Paris“, 1985) und
den von Zweifeln geplagten Geistlichen in der Bernanos-Verfilmung SOUS LE
SOLEIL DE SATAN („Unter der Sonne Satans“, 1986), mit dem Pialat in Cannes die
Goldene Palme gewann.
Am meisten aber verdankte Depardieu seiner Begegnung mit François Truffaut. Der
populärste Regisseur der Nouvelle Vague gab Depardieu die dramatische Rolle des
Liebhabers von Catherine Deneuve in LE DERNIER MÉTRO („Die letzte Metro“,
1980) über eine Theatertruppe während der deutschen Besetzung von Paris. Es
knistert zwischen Deneuve und Depardieu auf der Leinwand und der Film wurde als
Meisterwerk gefeiert. Beide erhielten für ihre Darstellung einen César. Der Film wird
zum Wendepunkt ihrer Karriere. Gemeinsam mit Truffaut drehte Depardieu noch LA
FEMME D’A CÔTE („Die Frau nebenan“, 1981) die Geschichte einer zerstörerischen
Leidenschaft mit Fanny Ardant.
In den kommenden Jahren verkörperten Depardieu und Deneuve das französische
Kinopaar par excellence – sei es in LE CHOIX DES ARMES („Wahl der Waffen“,
1981) oder in DRÔLE D’ENDROIT POUR UNE RENCONTRE („Nächtliche
Sehnsucht - hemmungslos“, 1988).
Durch den Erfolg von LE DERNIER METRO beflügelt, wurde Depardieu zum größten
Star des französischen Kinos der 80er und 90er Jahren und begann, eine Reihe von
historischen Figuren zu spielen: von Auguste Rodi, über Danton, Balzac, Alexandre
Dumas und Columbus bis hin zu seiner Meisterleistung in CYRANO DE BERGERAC
(1990) von Jean-Claude Rappeneau, für die er einen César, den Darstellerpreis in
Cannes und eine Oscar®-Nominierung bekam.
Als internationaler Star machte er auch einige Ausflüge nach Hollywood, erst für
GREEN CARD („Green Card – Scheinehe mit Hindernissen“, 1990) von Peter Weir,
später für 1492 („1492 - Die Eroberung des Paradieses“) von Ridley Scott, um den
Entdecker der Neuen Welt zu spielen.
In seiner französischen Heimat zog der Unersättliche in den letzten Jahren alle
Register, so als wolle er nichts unversucht lassen: Er trat in Massenkomödien, etwa
als Obelix in den bisherigen ASTERIX-Filmen, auf. Er drehte Krimis wie MESRINE:
L’INSTINC DE MORT („Public Enemy No. 1 – Mordinstinkt“, 2008), gab sich für viele
teure Produktionen (darunter einige Flops) her und stellte in epischen Fernsehserien
wie „Balzac“, „Der Graf von Monte Cristo“ oder „Les Misérables“ seinen allmächtigen
Starstatus zur Schau. Zwischendurch aber spielte er aber auch in kleineren, intimen
Dramen wie in AIME TON PERE („Liebe deinen Vater“, 2002) bei dem das
konfliktreiche Verhältnis zu seinem Sohn, dem Schauspieler Guillaume Depardieu ins
Spiel kam, den er im Jahr 2008 unter tragischen Umständen verlor.
Als populärer Star mit viel Präsenz und Mut zur Lächerlichkeit und als sensibler
künstlerischer Koloss verbindet Depardieu wie kaum ein anderer französischer
Schauspieler die Extreme. Auch nach über 180 Filmen scheint sein Appetit auf
weitere Rollen unbegrenzt, seine Karriere noch lange nicht beendet. Neben dem
Kino sind Depardieus andere Leidenschaften der Wein und das gute Essen.
Inzwischen besitzt Depardieu in der Region Anjou mehrere Weingüter und zwei
Edelrestaurants in Paris.
Nach Jahren des weniger künstlerisch als kommerziell orientierten Arbeitswahns
schien sich Depardieu erst in den letzten Jahren auch wieder als sensibler
Schauspieler ernst zu nehmen. Er spielte Rollen, mit denen er Kritik und Publikum
wieder gleichermaßen bewegen konnte. Etwa als abgehalfterter Schlagersänger in
QUAND J’ETAIS CHANTEUR („Chanson d’Amour“, 2006), als ehemaliger Schlachter
in MAMMUTH („Mammuth“, 2009) oder als verletzlicher Kommissar BELLAMY
(„Kommissar Bellamy“, 2009) im letzten Film Claude Chabrols. Als Nächstes wird er
zum vierten Mal den Obelix spielen und ist in den Roman-Verfilmungen SMALL
WORLD („Small World“, 2010) von Bruno Chiche und in Jean Beckers LA TETE EN
FRICHE („Das Labyrinth der Wörter“ 2010) zu sehen.
Beeindruckend zeigte er in Téchinés Film LES TEMPS QUI CHANGENT („Changing
Times“, 2004) noch wie hilflos und unglücklich verliebt er in Catherine Deneuve sein
kann. Es dauerte dann weitere sechs Jahre, bis François Ozon das legendäre Paar
des französischen Kinos in DAS SCHMUCKSTÜCK für eine gemeinsame
Tanzeinlage auf das Parkett bitten konnte.
Filmografie (Auswahl)
1973 LES VALSEUSES (Die Ausgebufften), Regie: Bertrand Blier
NATHALIE GRANGER (Nathalie Granger), Regie: Marguerite Duras
1974 STAVISKY (Stavisky), Regie: Alain Resnais
1976 NOVECENTO (1900), Regie: Bernardo Bertolucci
BAROCCO (Mord um Macht), Regie: André Téchiné
1977 LE CAMION (Die wilden Mahlzeiten), Regie: Marguerite Duras
1978 PREPAREZ VOS MOUCHOIRS (Frau zu verschenken), Regie: Bertrand Blier
1979 BUFFET FROID (Den Mörder trifft man am Buffet), Regie: Bertrand Blier
1980 JE VOUS AIME (Die Männer, die ich liebte), Regie: Claude Berri
LE DERNIER MÉTRO (Die letzte Métro), Regie: François Truffaut
LOULOU (Der Loulou), Regie: Maurice Pialat
1981 LA FEMME D’À CÔTÉ (Die Frau nebenan), Regie: François Truffaut
LE CHOIX DES ARMES (Wahl der Waffen), Regie: Alain Corneau
1982 DANTON (Danton), Regie: Andrzej Wajda
LE RETOUR DE MARTIN GUERRE (Die Wiederkehr des Martin Guerre),
Regie: D. Vigne
1983 LES COMPÈRES (Zwei irre Spaßvögel), Regie: Francis Veber
LA LUNE DANS LE CANIVEAU (Mond in der Gosse), Regie: Jean-Jacques
Beineix
1984 RIVE DROITE RIVE GAUCHE (Die Enthüllung), Regie: Philippe Labro
LE TARTUFFE (Tartuffe), Regie: Gérard Depardieu
1985 POLICE (Der Bulle von Paris), Regie: Maurice Pialat
JEAN DE FLORETTE (Jean Florette), Regie: Claude Berri
1986 LES FUGITIFS (Zwei irre Typen auf der Flucht), Regie: Francis Veber
SOUS LE SOLEIL DE SATAN (Unter der Sonne Satans), Regie: Maurice
Pialat
TENUE DE SOIRÉE (Abendanzug), Regie: Bertrand Blier
1987 CAMILLE CLAUDEL (Camille Claudel), Regie: Bruno Nuytten
1988 TROP BELLE POUR TOI (Zu schön für Dich!), Regie: Bertrand Blier
DRÔLE D’ENDROIT POUR UNE RENCONTRE (Nächtliche Sehnsucht –
Hemmungslos), Regie: François Dupeyron
1989 CYRANO DE BERGERAC (Cyrano de Bergerac), Regie: Jean-Paul
Rappeneau
1990 GREEN CARD (Green Card – Scheinehe mit Hindernissen), Regie: Peter Weir
1991 MON PÈRE CE HÉROS (Mein Vater der Held), Regie: Gérard Lauzier
TOUS LES MATINS DU MONDE (Die Siebente Saite), Regie: Alain Corneau
1992 GERMINAL (Germinal), Regie: Claude Berri
1492 (1492 – Die Eroberung des Paradieses), Regie: Ridley Scott
1993 LE COLONEL CHABERT (Die Auferstehung des Colonel Chabert), Regie:
Yves Angelo
1994 LES ANGES GARDIENS (Die Schutzengel), Regie: Jean-Marie Poiré
1995 ELISA (Elisa), Regie: Jean Becker
LE GARÇU (Mein Vater, das Kind), Regie: Maurice Pialat
1997 THE MAN IN THE IRON MASK (Der Mann in der eisernen Maske), Regie: R.
Wallace
2000 VATEL (Vatel), Regie: Roland Joffé
UN PONT ENTRE DEUX RIVES, Regie: Gérard Depardieu & Frédéric
Auburtin
2001 LE PLACARD (Ein Mann sieht rosa), Regie: Francis Veber
2002 ASTÉRIX ET OBÉLIX: MISSION CLÉOPÂTRE (Asterix & Obelix: Mission
Kleopatra), Regie: Claude Zidi
2003 NATHALIE… (Nathalie – Wen liebst du heute Nacht?), Regie: Anne Fontaine
2004 LES TEMPS QUI CHANGENT (Changing Times), Regie: André Techiné
36, QUAI DES ORFÈVRES (36 – Tödliche Rivalen), Regie: Olivier Marchal
2006 QUAND J’ETAIS CHANTEUR (Chanson d’Amour), Regie: Xavier Giannoli
2007 ASTÉRIX AUX JEUX OLYMPIQUES (Asterix bei den Olympischen Spielen)
Regie: Frédéric Forrestier und Thomas Langmann
LA MÔME (La Vie en Rose), Regie: Olivier Dahan
2008 MESRINE : L’INSTINC DE MORT (Public Enemy No. 1 – Mordinstinkt)
Regie: J.-F. Richet
BABYLON A.D. (Babylon A.D.), Regie: Mathieu Kassovitz
2009 BELLAMY (Kommissar Bellamy), Regie: Claude Chabrol
À L’ORIGINE, Regie: Xavier Giannoli
SMALL WORLD (Small World), Regie: Bruno Chiche
MAMMUTH (Mammuth), Regie: Benoît Délepine und Gustave Kervern
L’AUTRE DUMAS, Regie: Safy Nebbou
2010 LA TETE EN FRICHE (Das Labyrinth der Wörter), Regie: Jean Becker
DAS SCHMUCKSTÜCK (Potiche), Regie: François Ozon
Fabrice Luchini
Als Sohn italienischer Einwanderer, die als Obst- und Gemüsehändler arbeiteten,
wurde Fabrice Luchini am 1. November 1951 im populären Norden von Paris
geboren. Mit 13 Jahren begann er eine Ausbildung in einem Friseursalon, aber er
interessierte sich vor allem für die Literatur von Balzac, Flaubert und Proust. Seine
Begeisterung für den Soul trieb ihn in die Diskotheken. Dort entdeckte ihn Philippe
Labro und gab ihm seine erste Rolle in TOUT PEUT ARRIVER (1969). Kurz darauf
wurde Eric Rohmer auf den jungen Verführer aufmerksam, der in seinem
Schauspielkurs Nietzsche wie kein anderer deklamierte. Der legendäre NouvelleVague-Regisseur engagierte den 20jährigen Luchini für einen kleinen Auftritt im
Liebesreigen LE GENOU DE CLAIRE („Claires Knie“, 1970) und vertraute ihm später
die Titelrolle im experimentellen Film PERCEVAL LE GALLOIS (1978) an.
Luchini hatte in Rohmer seinen Mentor gefunden und spielte in drei weiteren seiner
Filme, darunter in LES NUITS DE LA PLEINE LUNE („Vollmondnächte“, 1984) als
Schriftsteller und eifersüchtiger Liebhaber. Dem großen Publikum blieb er dennoch
lange unbekannt. Dies änderte sich 1990 mit seiner Rolle des melancholischen
Verführers in LA DISCRÈTE („Die Verschwiegene“) von Christian Vincent. Neben
seiner nun in Schwung kommenden Kinokarriere begann Luchini auch im Theater
sein Image als exzentrischer und eloquenter Dandy zu festigen. Dort etablierte er
sich mit virtuosen Monologen nach Texten von La Fontaine, Céline oder Barthes.
Seine Rolle als überforderter Manager in der Satire RIENS DU TOUT („Kleine
Fische, große Fische“, 1992) war seine erste Zusammenarbeit mit dem jungen
Regisseur Cédric Klapisch, der ihn später in PARIS („So ist Paris“, 2008) an die Seite
Juliette Binoches stellte. Nachdem er für seine Rolle in Claude Lelouchs TOUT ÇA
POUR ÇA („Alles für die Liebe“, 1993) nach einigen vergeblichen Anläufen den
César als Bester Nebendarsteller gewonnen hatte, wurden ihm auch größere Filme
angeboten, etwa die Komödie BEAUMARCHAIS, L’INSOLENT („Beaumarchais –
Der Unverschämte“, 1996).
Nach einer Reihe erfolgreicher Kostümfilme, darunter LE BOSSU („Duell der Degen“,
1997) oder MOLIÈRE (2007), gelang es dem raumgreifenden und wortverliebten
Luchini, sich auch mit leiseren Tönen, etwa als schüchterner, in Sandrine Bonnaire
verliebter Steuerberater in CONFIDENCES TROP INTIMES („Intime Geständnisse“,
2004) von Patrice Leconte zu beweisen.
Inzwischen ist er zu einem der bestbezahlten Stars des französischen Kinos
aufgestiegen. Seine egozentrischen Auftritte in Talkshows oder als Versteigerer
kostbarer Weine sind berühmt und berüchtigt. Zuletzt triumphierte der redselige
Vollblutkomödiant in Anne Fontaines Komödie LA FILLE DE MONACO („Das
Mädchen aus Monaco“, 2008) in einer unwiderstehlichen Paraderolle als biederer
Anwalt, der von einer viel jüngeren Frau um den Verstand gebracht wird.
Glücklicherweise bot François Ozon ihm an, als Gatte Catherine Deneuves in seiner
neuen Komödie DAS SCHMUCKSTÜCK („Potiche“) seine Waffen mit Gérard
Depardieu zu kreuzen. Denn Luchini übertrifft sich in der Rolle des cholerischen
Firmenchefs Robert Pujol selbst. Um kommende Herausforderungen muss er sich
keine Sorgen machen: 2011 wird er aller Wahrscheinlichkeit nach als Julius Caesar
Depardieus Obelix in ASTERIX CHEZ LES BRETONS („Asterix bei den Briten“)
wieder gegenüberstehen.
Filmografie (Auswahl)
1970 LE GENOU DE CLAIRE (Claires Knie), Regie: Éric Rohmer
1974 CONTES IMMORAUX (Unmoralische Geschichten), Regie: Walerian
Borowczyk
1978 PERCEVAL LE GALLOIS, Regie: Éric Rohmer
VIOLETTE NOZIÈRE (Violette Nozière), Regie: Claude Chabrol
1981 LA FEMME DE L’AVIATEUR (Die Frau des Fliegers), Regie: Éric Rohmer
1983 ZIG ZAG STORY (Verdammt nochmal…), Regie: Patrick Schulmann
1984 LES NUITS DE LA PLEINE LUNE (Vollmondnächte), Regie: Éric Rohmer
1984 EMMANUELLE 4, Regie: Francis Leroi
1985 P.R.O.F.S. (P.R.O.F.S – Und die Penne steht Kopf), Regie: Patrick
Schulmann
1986 MAX MON AMOUR (Max mon amour), Regie: Nagisa Oshima
1987 LES AVENTURES DE REINETTE ET MIRABELLE (4 Abenteuer von Reinette
und Mirabelle), Regie: Éric Rohmer
1990 LA DISCRÈTE (Die Verschwiegene), Regie: Christian Vincent
URANUS (Uranus), Regie: Claude Berri
1992 LE RETOUR DE CASANOVA (Casanovas Rückkehr), Regie: Edouard
Niermans
RIENS DU TOUT (Kleine Fische, große Fische), Regie: Cédric Klapisch
1993 TOUT ÇA POUR ÇA (Alles für die Liebe), Regie: Claude Lelouch
L’ARBRE, LE MAIRE ET LA MÉDIATHÈQUE (Der Baum, der Bürgermeister
und die Mediathek), Regie: Éric Rohmer
1994 LE COLONEL CHABERT (Die Auferstehung des Colonel Chabert), Regie:
Yves Angelo
1996 HOMMES, FEMMES, MODE D’EMPLOI, Regie: Claude Lelouch
BEAUMARCHAIS, L’INSOLENT (Beaumarchais-der Unverschämte), Regie:
Edouard Molinaro
1997 LE BOSSU (Duell der Degen), Regie: Philippe De Broca
1998 PAR COEUR, Regie: Benoît Jacquot
1999 PAS DE SCANDALE, Regie: Benoît Jacquot
RIEN SUR ROBERT, Regie: Pascal Bonitzer
2001 BARNIE ET SES PETITES CONTRARIÉTÉS, Regie: Bruno Chiche
2004 CONFIDENCES TROP INTIMES (Intime Geständnisse), Regie: Patrice
Leconte
2006 JEAN-PHILIPPE, Regie: Laurent Tuel
2007 MOLIÈRE, Regie: Laurent Tirard
2008 PARIS (So ist Paris), Regie: Cédric Klapisch
LA FILLE DE MONACO (Das Mädchen aus Monaco), Regie: Anne Fontaine
2010 LES FEMMES DU 6e ÉTAGE, Regie: Philippe Le Guay
LES INVITÉS DE MON PÈRE, Regie: Anne Le Ny
DAS SCHMUCKSTÜCK (Potiche), Regie: François Ozon
Karin Viard
Karin Viard wurde am 24. Januar 1966 in Rouen als Tochter des Leiters einer
Ölplattform geboren und wuchs überwiegend bei ihren Grosseltern auf. Schon früh
stand sie auf der Bühne des örtlichen Konservatoriums, bevor sie als 17jährige ihr
Glück als Schauspielschülerin in Paris versuchte. Nach einigen Fernsehrollen
entdeckte auch das Kinopublikum das ungewöhnliche Talent der rothaarigen
Schauspielerin in erfolgreichen Komödien wie TATIE DANIELLE („Tante Danielle“,
1990) von Etienne Chatilliez und DELICATESSEN („Delicatessen“, 1991) von Marc
Caro & Jean-Pierre Jeunet oder später in LES RANDONNEURS („Singles
unterwegs“, 1997) von Philippe Harel. Im Jahr 2000 gewann sie den César als Beste
Darstellerin für HAUT LES COEURS („Hoch die Herzen“, 2000) von Solveig Anspach
in der Rolle einer schwangeren Frau, die an Brustkrebs erkrankt. Drei Jahre später
wurde sie als beste Nebendarstellerin für EMBRASSEZ QUI VOUS VOUDREZ
(„Küss mich wenn du willst“, 2002) von Michel Blanc wieder mit dem César
ausgezeichnet. Die vielseitige Schauspielerin trat in den letzten Jahren vor allem in
komischen Rollen auf, etwa in LE CODE A CHANGÉ („Affären à la Carte“, 2009) von
Danielle Thompson. Als Sekretärin eines tyrannischen Firmenchefs kann sie jetzt in
DAS SCHMUCKSTÜCK glänzen und wird demnächst in Filmen von Dany Boons und
Cédric Klapisch zu sehen sein.
Filmografie (Auswahl)
1990 TATIE DANIELLE (Tante Danielle), Regie: Etienne Chatilliez
1991 DELICATESSEN, Regie: Marc Caro & Jean-Pierre Jeunet
1992 RIENS DU TOUT, Regie: Cédric Klapisch
MAX ET JÉRÉMIE, Regie: Claire Devers
1994 LE FILS PRÉFÉRÉ (Der Lieblingssohn), Regie: Nicole Garcia
LA SÉPARATION (Trennung), Regie: Christian Vincent
1995 LA HAINE (Hass), Regie: Mathieu Kassovitz
ADULTÈRE (MODE D’EMPLOI) (Seitensprung für Anfänger), Regie: Christine
Pascal
1996 LE JOURNAL DU SÉDUCTEUR (Tagebuch des Verführers), Regie: Danièle
Dubroux
1997 LES RANDONNEURS (Singles unterwegs), Regie: Philippe Harel
1999 LA NOUVELLE EVE (Die neue Eva), Regie: Catherine Corsini
HAUT LES COEURS (Hoch die Herzen), Regie: Solveig Anspach
2000 LA PARENTHÈSE ENCHANTÉE (Die Sache mit dem Sex & der Liebe),
Regie: Michel Spinosa
2001 UN JEU D’ENFANTS (Kinder der Furcht), Regie: Laurent Tuel
L’EMPLOI DU TEMPS (Auszeit), Regie: Laurent Cantet
2002 EMBRASSEZ QUI VOUS VOUDREZ (Küss mich wenn du willst), Regie:
Michel Blanc
2004 JE SUIS UN ASSASSIN, Regie: Thomas Vincent
2005 LE COUPERET (Die Axt), Regie: Costa-Gavras
L’ENFER (Wie in der Hölle), Regie: Danis Tanovic
2006 LES AMBITIEUX, Regie: Catherine Corsini
2009 LES DERNIERS JOURS DU MONDE, Regie: Jean-Marie et Arnaud Larrieu
LE CODE A CHANGÉ (Affären à la Carte), Regie: Danielle Thompson
PARIS (So ist Paris), Regie: Cédric Klapisch
LES RANDONNEURS À SAINT-TROPEZ, Regie: Philippe Harel
LE BAL DES ACTRICES, Regie: Maïwenn
2010 MA PART DU GÂTEAU, Regie: Cédric Klapisch
RIEN À DÉCLARER, Regie: Dany Boon
DAS SCHMUCKSTÜCK (Potiche), Regie: François Ozon
Judith Godrèche
Judith Godrèche wurde am 23. März 1972 in Paris geboren und stand schon in
jungen Jahren als die Tochter von Claudia Cardinale in L’ETE PROCHAIN von
Nadine Trintignant vor der Kamera. Mit 14 Jahren spielte sie ihre erste große Rolle in
LES MENDIANTS von Benoît Jacquot. 1989 verhalf ihr Jacques Doillon mit LA FILLE
DE 15 ANS („Eine Frau mit 15“) zum Durchbruch beim französischen Publikum und
sie wurde als beste Nachwuchsschauspielerin für ihre Rolle in LA DÉSENCHANTÉE
(„Die Entzauberte“, 1990) von Benoît Jacquot für den César nominiert. Im Laufe der
folgenden Jahre spielt sie in Filmen von Olivier Assayas (PARIS S’EVEILLLE, 1991)
und später mit Cédric Klapisch (L’AUBERGE ESPAGNOLE, 2002).
Zwei Kostümfilme, RIDICULE („Ridicule – Von der Lächerlichkeit des Scheins“, 1996)
von Patrice Leconte und BEAUMARCHAIS L’INSOLENT („Beaumarchais – der
Unverschämte“, 1996) von Edouard Molinaro machten sie auch außerhalb Europas
in den USA bekannt. Kurz darauf war sie in Hollywood mit Leonardo di Caprio in THE
MAN IN THE IRON MASK („Der Mann mit der eisernen Maske“, 1998) zu sehen.
Eine amerikanische Karriere aber wollte sie damals nicht weiterverfolgen, sondern
sich lieber um ihre Familie kümmern.
Der französische Star Sophie Marceau wählte Judith Godrèche als Darstellerin ihres
alter ego für ihre erste Regiearbeit, dem Trennungsdrama PARLEZ-MOI D’AMOUR
(2002). 2009 wagte Judith Godrèche selber den Schritt hinter die Kamera mit ihrem
persönlichen Film TOUTES LES FILLES PLEURENT. Sie übernahm darin die
Hauptrolle und sang auch die von Benjamin Biolay und Julien Doré komponierten
Chansons des Films. Nach ihrer Rolle als konservative Fabrikantentochter in Ozons
SCHMUCKSTÜCK wartet jetzt eine Reihe weiterer Komödien auf sie.
Filmografie (Auswahl)
1985
1987
1989
1990
1991
L’ÉTÉ PROCHAIN, Regie: Nadine Trintignant
LES MENDIANTS, Regie: Benoît Jacquot
LA FILLE DE QUINZE ANS (Eine Frau mit 15), Regie: Jacques Doillon
LA DESENCHANTEE (Die Entzauberte), Regie: Benoît Jacquot
PARIS S’EVEILLE (Paris erwacht), Regie: Olivier Assayas
FERDYDUKE, Regie: Jerzy Skolimowski
1993 TANGO (Tango Mortale), Regie: Patrice Leconte
UNE NOUVELLE VIE (Ein neues Leben), Regie: Olivier Assayas
1994 GRANDE PETITE (Große Kleine), Regie: Sophie Fillières
1996 RIDICULE (Ridicule – Von der Lächerlichkeit des Scheins), Regie: Patrice
Leconte
BEAUMARCHAIS L’INSOLENT (Beaumarchais - Der Unverschämte), Regie:
Edouard Molinaro
1998 THE MAN IN THE IRON MASK (Der Mann mit der eisernen Maske), Regie:
Randal Wallace
2002 L’AUBERGE ESPAGNOLE (Barcelona für ein Jahr), Regie: Cédric Klapisch
PARLEZ-MOI D’AMOUR, Regie: Sophie Marceau
2003 FRANCE BOUTIQUE, Regie: Tonie Marshall
UN TUEUR AUX TROUSSES, Regie: John Mackenzie
2005 PAPA, Regie: Maurice Barthelémy
TOUT POUR PLAIRE, Regie: Cécile Telerman
TU VAS RIRE MAIS JE TE QUITTE, Regie: Philippe Harel
2007 JE VEUX PAS QUE TU T’EN AILLES, Regie: Bernard Jeanjean
2009 TOUTES LES FILLES PLEURENT, Regie: Judith Godrèche
FAIS MOI PLAISIR, Regie: Emmanuel Mouret
2010 HOLIDAY, Regie: Guillaume Nicloux
DAS SCHMUCKSTÜCK (Potiche), Regie: François Ozon
2011 LOW COST, Regie: Maurice Barthelémy
L’ART D’AIMER, Regie: Emmanuel Mouret
Jérémie Renier
Jérémie Renier wurde am 6. Januar 1981 in Brüssel geboren und begann schon früh
mit dem Schauspielunterricht. Als Kind spielte er im Theater und in Fernsehfilmen,
bevor die Brüder Luc und Jean-Pierre Dardenne dem 15jährigen 1996 mit einer Rolle
in LA PROMESSE an der Seite Olivier Gourmets zum Durchbruch im Kino verhalfen.
Nach seiner Beteiligung an François Ozons LES AMANTS CRIMINELS („Ein
kriminelles Paar“, 1999) spielte Renier in der Superproduktion LE PACTE DES
LOUPS („Der Pakt der Wölfe“, 2001) von Christopher Gans.
Im Jahr 2005 verkörperte er den jungen überforderten Vater in L’ENFANT („Das
Kind“, 2005) der Brüde Dardenne, die mit ihrem packenden Sozialdrama ihre zweite
Goldene Palme nach ROSETTA („Rosetta“, 1999) gewannen. 2008 stand er wieder
für die Dardenne-Brüder in LE SILENCE DE LORNA („Lornas Schweigen“) vor der
Kamera. Renier wurde 2006 mit dem Prix Jean Gabin ausgezeichnet und lebt wie
viele seiner berühmt gewordenen belgischen Schauspielkolleginnen (Natacha
Regnier, Cécile de France, Marie Gillain) seit einigen Jahren in Paris. Nach seinem
Auftritt als femininer Sohn Catherine Deneuves in François Ozons
SCHMUCKSTÜCK, stilecht im Rollkragenpullover der 70er Jahre, wartet schon die
nächste (historische) Herausforderung auf den junge Belgier: Er soll die französische
Schlagerlegende Claude François in CLOCLO unter der Regie von Florent Emilio Siri
wiederaufleben lassen.
Filmografie (Auswahl)
1996 LA PROMESSE, Regie: Jean-Pierre et Luc Dardenne
1999 LES AMANTS CRIMINELS (Ein kriminelles Paar), Regie: François Ozon
2000 SAINT-CYR, Regie: Patricia Mazuy
2001 LE PORNOGRAPHE (Der Pornograph), Regie: Bertrand Bonello
LE PACTE DES LOUPS (Der Pakt der Wölfe), Regie: Christopher Gans
2003 VIOLENCE DES ÉCHANGES EN MILIEU TEMPÉRÉ (Eine einmalige
Chance), Regie: Jean-Marc Moutout
2004 LE PONT DES ARTS, Regie: Eugène Green
2005 L’ENFANT (Das Kind), Regie: Jean-Pierre et Luc Dardenne
2006 NUE PROPRIÉTÉ, Regie: Joachim Lafosse
2008 LE SILENCE DE LORNA (Lornas Schweigen), Regie: Jean-Pierre et Luc
Dardenne
L’HEURE D’ÉTÉ, Regie: Olivier Assayas
BON BAISERS DE BRUGES (Brügge sehen…und sterben?), Regie: Martin
McDonagh
COUPABLE, Regie: Laëtitia Masson
2009 DEMAIN DÈS L’AUBE, Regie: Denis Dercourt
2010 PIECE MONTÉE, Regie: Denys Granier-Deferre
PHILIBERT, Regie: Sylvain Fusée
POSSESSIONS, Regie: Eric Guirado
DAS SCHMUCKSTÜCK (Potiche), Regie: François Ozon
ORIGINAL-MUSIK
Philippe Rombi
“Slow Giradschi”
(Stelvio Cipriani)
1973 - CAM
“Teen agers cha cha cha”
(Stelvio Cipriani)
1973 - CAM
Die Songs
“Emmène-moi danser ce soir”
(F. Valery / J. Albertini)
Gesungen von Michèle Torr
1978 Mercury France
“Parlez-vous français ?”
(Franck Dostal / Rolf Soja)
Gesungen von Baccara
1978 BMG Ariola Hamburg GmbH
“Viens faire un tour sous la pluie”
(Richard Dewitte / Serge Koolenn)
Gesungen von Il Etait Une Fois
1975 Capitol Music
“More than a woman”
(B. Gibb - R. Gibb - M. Gibb)
Gesungen von The Bee Gees
1977 Barry Gibb, Under exclusive License to Rhino Entertainment Company,
a Warner Music Group Company
“Cu-cu-rru-cu-cu Paloma”
(Thomas Mendez)
Gesungen von Fernando
Production Compagnies Spectacle
“1 2 3”
(J.P. Cara / J.P. Cara - T. Rallo)
Gesungen von Catherine Ferry
1976 Barclay
“C’est beau la vie”
(Claude Delecluse - Michèle Senlis / Jean Ferrat)
Gesungen von Catherine Deneuve
Réorchestré par Benjamin Biolay aux Studios de la Seine
Musiciens : Elsa Benabdallah, Christophe Morin, Nicolas Fiszmann, Denis Benarroch
Voix : Rachel Pignot
Mandarin Cinéma - Foz