Spiritualität - Schweizerischer Katholischer Frauenbund SKF

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Spiritualität - Schweizerischer Katholischer Frauenbund SKF
“katholisch unterwegs“ Arbeitsmaterialien
Station und Workshop „Spiritualität“
Verena Donzé und Eugénie Lang Ruf
Station „Spiritualität“
- Texte aus „katholisch unterwegs“1
- Stolperstein Entfremdung (aus der Faltkarte)
- Symbol: Wasserschale mit schwimmenden Kerzen
- Frage: Was nährt mein inneres Feuer?
Ablauf Workshop „Spiritualität“ (25-30 Min.)
Material
Begrüssung
Begriffserklärung Spiritualität
Erfahrungsbericht und Einführung der
K-Quelle
Kurzer Impuls zu den sechs Quellbildern
Wahl des bevorzugten Kreissegmentes /
Austausch mit andern Frauen
2
gestaltete Mitte
Unterlagen abgeben
Ritual mit meditativer Musik
Zeit
1
12
5
2
Teelichter und Steine
CD
2
*Gestaltete Mitte mit einer Wasserschale und schwimmenden Kerzen als Symbol Quelle, aus
der frau schöpfen kann auf ihrem spirituellen Weg. Das Quellwasser ist unterteilt in 6 Kreissegmente, dargestellt mit verschiedenen blauen Tüchern. Die Segmente sind bestückt mit
Gegenständen, Bildern und Textkarten, die je die verschiedenen „Quellwasser“ anschaulich
darstellen.
1. Katholische Tradition: Taufkerze, Öl, Heilige, Marienstatue, KG, Rosenkranz, Engel, Bild
einer Heiligen
2. Biblische Erzählung: Karten mit Darstellungen von bibl. Geschichten, Stolpersteine
3. Mystik: Textkarten mit Aussagen von MystikerInnen bis heute
4. Feministische Theologie: verschiedene Bücher
5. Ökumene – interreligiöser Dialog: Flyer von entsprechenden Veranstaltungen
6. Persönliche Erfahrung: Teelichter, Steine, meditative Musik
1
Faltkarte „katholisch unterwegs“:
- Zu unserem gemeinschaftlichen Unterwegssein gehört das Feiern von Liturgien und Ritualen. Sie
geben unserer Gemeinschaft Halt und formen und nähren unsere Sehnsucht.
- Den Alltag heiligen, das Leben segnen - der katholische Glaube ist reich an Riten und
Traditionen, gewachsen aus den Erfahrungen und Überzeugungen verschiedenster Epochen und
Kulturen.
Atelier Spiritualität
Mit Klangschale still werden.
Begrüssung
Herzlich willkommen im Workshop Spiritualität! Wir haben uns mit diesem K-Thema
auseinander gesetzt und dabei seinen Reichtum entdeckt.
Was umschreibt der Begriff Spiritualität eigentlich?
- Spiritualität, abgeleitet vom lateinischen Wort spiritus, bedeutet Geist, Hauch, Atem und
bezeichnet im religiösen Sinn die geistige Verbindung zum Göttlichen, zur Transzendenz, zum Jenseits oder der Unendlichkeit.
-
Spiritualität ist ein vieldeutiger und viel gebrauchter Begriff, der früher mit „Frömmigkeit“
umschrieben wurde
-
Spiritualität beinhaltet ein breites Spektrum an Themen: von Mystik, Liturgie, über religiöse Rituale und Traditionen bis zur persönlichen Glaubenspraxis.
-
Spiritualität – ein grosses Thema, das weit über das K hinausreicht und uns mit spirituell
Suchenden in anderen Konfessionen und Religionen verbindet.
Erlebnisbericht und Einführung der Mitte
Ich habe eine typisch katholische Kindheit und Jugend erlebt: der Vater KK, die Mutter
Marienkind, ich im Blauring, Sekundarschule im Internat mit Frühmessen und Exerzitien.
Ich staune, dass ich das überlebt habe. Ja, im Rückblick empfinde ich diese Erfahrungen
sogar vorwiegend als Lebenshalt mit tragenden Gemeinschaftserlebnissen. Natürlich habe
ich in der Pubertät und Adoleszenz zu rebellieren begonnen, manches über Bord geworfen
und anderes umso bewusster gepflegt. Als Frau und Mutter habe ich später nach einer
weiblichen Spiritualität gesucht und ihre Tragfähigkeit erprobt. Aus feministisch-theologischer
Sicht habe ich die kath. Traditionen erneut hinterfragt. Einige waren für mich fremd
geworden, haben mich gar frustriert. Andere haben sich aufgrund meiner entwickelten
Religiosität mit neuem Sinn gefüllt. Spiritualität ist eben nicht statisch, denn der Hauch der
göttlichen Geistkraft weht uns immer wieder neue Erkenntnisse zu.
Eugénie und ich gehen von verschiedenen Quellen aus, die unsere Spiritualität nähren
können. Alte oder neuere Quellen, aus der Frau schöpfen kann auf ihrem spirituellen Weg.
Gerne möchten wir euch durch die gestaltete Mitte an sechs verschiedene Quellen der Spiritualität erinnern. Dabei soll nicht eine heile Welt suggeriert werden. In jeder Quelle findet
sich Gegensätzliches: Licht und Schatten, Blühendes und Stolpersteine.
1. Katholische Tradition
Die meisten von uns sind in die kath. Tradition hinein geboren worden. Mit ihrem reichen,
lebensnahen Brauchtum, mit ihren kraftvollen Symbolen, Bildern und Riten ist sie vielen von
uns zu einer grundlegenden Quelle unserer Spiritualität geworden. Denken wir an die Feste
im Kirchenjahr mit ihren je eigenen Traditionen. Dazu kommen die Heiligen mit ihren beein-
druckenden Legenden oder Lebensgeschichten und die Engel und Schutzengel. In vorwiegend kath. Gegenden begegnen uns immer wieder Kapellen, Bildstöcke, Wegkreuze und
Wallfahrtsorte, die zum Verweilen, zum Auftanken oder Aufrichten einladen. Als Folge der
Säkularisierung und Individualisierung ist viel katholisches Brauchtum am Aussterben.
Von einigen Traditionen haben wir uns entfremdet und für andere haben wir neue Worte und
Ausdrucksformen gefunden. Geblieben sind das Bedürfnis nach Kraftorten und die tiefgehende Wirkung eines liturgischen Geschehens mit Wort und Musik, Stille und Ritual.
Zur kath. Tradition gehören auch die hierarchische Kirchenstruktur und die Weiheämter, die
uns Frauen ausschliessen. Ein starres Kirchenrecht und die Dogmen (die sog. Glaubenswahrheiten) sowie die Vorschriften in Liturgie und Sakramentenspendung unterbinden das
Selbstverständnis mündiger Christinnen und Christen.
Wir Frauen nehmen wahr, wo in all` den kath. Traditionen die Quellen weiterhin fliessen, wo
das Fliessen verhindert oder nur für Geweihte oder „Rechtgläubige“ zugänglich gemacht wird
und wo wichtige Quellen versiegt und das innere Feuer erloschen ist.
Wir sind K, wir sind kommunio statt klerikal
Karte mit dieser Aussage ins Kreis-Segment legen.
2. Biblische Erzählungen
Ihr alle kennt biblische Geschichten aus dem ersten oder zweiten Testament, die euch lieb
geworden sind, die euch vielleicht schon lange begleiten und immer wieder neu ansprechen.
Es sind uralte Geschichten über die Beziehung zwischen Gott, Schöpfung und Mensch, Erkenntnisse über das Wesen und Wirken der göttlichen Geistkraft. In der Bibel finden wir Lebensweisheiten und Orientierungen für ein gelingendes, geisterfülltes Leben. Wir entdecken
Erfahrungs- und Beispielberichte über lebensförderliches und lebenszerstörerisches Verhaltens.
Wir kennen auch biblische Texte, die uns befremden, die uns verschlossen bleiben oder die
uns nicht interessieren. Wir Frauen haben Mühe mit der patriarchalen Kultur, die bei den
meisten Texten durchschimmert. Wir stören uns an ungenauen Übersetzungen, für die eine
androzentrische, eine männnerzentrierte Sprache verwendet worden ist. Wir müssen weibliche biblische Identifikationsfiguren mühsam suchen und aus männlichen Interpretationsmustern befreien.
Wir sind K – wir sind kritisch und kreativ
Karte mit dieser Aussage ins Kreis-Segment legen.
3. Mystik
Mystische Erfahrung, das in Worte fassen des Unsagbaren und Transzendenten, ist eine
weitere nährende Quelle für unseren spirituellen Weg.
Gottes Gegenwart, die sich in Leib, Geist und Seele von vielen Mystikerinnen und Mystikern
in wunderbarer Weise offenbart hat, kann durch ihr Zeugnis spürbar werden.
Ihr findet hier eine Auswahl von mystischen Texten aus verschiedenen Zeiten.
Vielleicht spricht euch der eine oder andere Text an.
Wir sind K – wir sind kraftvoll und körperlich
Karte mit dieser Aussage ins Kreis-Segment legen.
4. Feministische Theologie
Theologie, das Nachdenken über Gott – mal ganz einfach definiert – ist für unser spirituelles
Suchen inspirierend und belebend.
Die Feministische Theologie hat uns Frauen die Augen geöffnet für die versteckten, verdrängten und nicht erforschten wichtigen Frauengestalten in den biblischen Schriften. Es ist
eine Erfahrungstheologie, die von konkreten Situationen der Entfremdung und Unterdrückung von Frauen ausgeht. Sie will die befreiende biblische Botschaft wieder ins Zentrum
rücken. Befreiung von unterdrückenden Strukturen in Kirche und Gesellschaft. Die feministische Theologie hat uns eine neue Sichtweise geschenkt. Mit der „Hermeneutik des Verdachts“ können Bibelstellen und gängige theologische Standpunkte und Erkenntnisse darauf
überprüft werden, ob sie Strukturen vom Patriarchat unreflektiert widerspiegeln, widerständige Frauenerfahrungen unterdrücken und die Stimmen der Ohnmächtigen verschweigen.
Doris Strahm drückt es so aus: in der Feministischer Theologie geht es um den geraden
Rücken der Frauen, um einen aufrechten Gang, um Selbstsein und Selbstvertrauen.
Ich habe einige Bücher im Bereich der feministischen Theologie mitgebracht, die mich geprägt und begeistert haben. Kommt euch das eine oder andere bekannt vor? Was hättet ihr
für entsprechende Literatur und Erkenntnisse zum Dazulegen?
Wir sind K – wir sind krisengeübt und kämpferisch
Karte mit dieser Aussage ins Kreis-Segment legen.
5. Ökumene – interreligiöser Dialog
Das gemeinsame Unterwegssein mit Frauen und Männern aus anderen Konfessionen und
Religionen ist gerade im Bereich der Spiritualität eine spannende und bereichernde Erfahrung geworden. Davon zeugen all die Flyer, die zu Begegnungen und Gespräch einladen.
Einige von euch haben sicher auch schon Erfahrungen gesammelt im interreligiösen Dialog
und dabei Gemeinsamkeiten und Trennendes kennen gelernt. Speziell die Alltagsspiritualität
bietet viele Anknüpfungspunkte.
Wir sind K – wir sind konkret und kooperativ
Karte mit dieser Aussage ins Kreis-Segment legen.
6. Persönliche Erfahrung von Spiritualität
Wir haben neue und altbewährte Formen von Spiritualität ausprobiert und verinnerlicht. Wir
suchen neue Worte, entdecken Gebärden, Tänze und kraftvolle Lieder und Rituale. Wir heiligen den Alltag und spüren allein und gemeinsam der göttlichen Geistkraft in unserem Leben
nach.
Was nährt meine Sehnsucht? Was berührt meine Seele? Was hält meinen Glauben
lebendig? Was gibt mir Halt und trägt mich durch Krisen hindurch?
Kurzes Nachdenken
Einladung zum Austausch über das bevorzugte Thema von Spiritualität
Wir stellen uns vor, dass ihr zu jedem dieser Kreissegmente auch Einiges zu erzählen und
zu ergänzen habt. Wir laden euch ein, euer Thema auszusuchen, euch dorthin zu stellen…und vielleicht ergibt sich ein Austausch oder ihr findet bei einem anderen Thema eine
Gesprächspartnerin. Wir haben 5 Min. (oder länger je nach Zeitreserve) für diesen Austausch einberechnet.
Frage für den Austausch:
Wo spüre ich Beheimatung und Zugehörigkeit zum K?
Handout abgeben
Wir können uns vorstellen, dass ihr unsere Unterlagen mal brauchen könnt als Grundlage für
einen Frauenanlass zum Thema Spiritualität. Ihr werdet die Texte auch aufgeschaltet finden
auf der SKF-Website – zusammen mit einem Bild der gestalteten Mitte. Wir möchten euch
ermutigen, dieses Thema auch eurer Frauengruppe zugänglich zu machen.
Abschlussritual
Und nun wollen wir mit einem Ritual unser Atelier beschliessen:
Mit einem Licht wollen wir unseren spirituellen Erfahrungen eine leuchtende Gestalt geben.
Es ist auch Symbol für das innere Feuer, das wir hüten und weiter tragen wollen.
Wir stellen das Licht dorthin, wo das K uns wertvoll geworden ist.
Wir haben auch Steine bereit gemacht. Sie sind Ausdruck für das, was auf unserem spirituellen Weg noch blockiert.
Wir bleiben bei uns im Wissen um die tragende Gemeinschaft der SKF-Frauen. Das Mantra
„in Gott sind wir aufgehoben“ wird unser Tun musikalisch begleiten.
Nach dem Ritual
In diesem K-Kreis ist unsere Glaubens-Lust und Glaubensfrust aufgehoben. Danke, dass ihr
euch darauf eingelassen habt. Wir wünschen euch einen lichtvollen spirituellen Weg.
Atelier Spiritualität
mystische Texte
Oh heilende Kraft, die sich Bahn bricht, alles durchdringst du in Höhen, auf Erden, in den
Abgründen, im All. Du fügest und schliessest alles in eins. Durch dich fluten die Wolken,
fliegen die Lüfte, die Steine träufeln vom Saft, die Quellen sprudeln ihre Bäche hervor. Durch
dich quillt aus der Erde das erfrischende Grün. Du führst auch meinen Geist ins Weite,
wehest Weisheit in ihn und mit der Weisheit die Freude.
Hildegard von Bingen
Ich klopfe stets an deine Tür,
dass dich kein Trachten von mir treibe.
Und meinst du, ich sei fern von dir,
dann ruf mich und du wirst erfassen,
dass ich dich keinen Schritt verlassen:
Und, Seele, suche dich in mir.
Teresa von Avila
Gott wird nicht gefunden wie ein kostbarer Stein oder die blaue Blume, sondern Gott ereignet
sich. Gott geschieht.
Dorothee Sölle
Am Anfang also: Beziehung. Am Anfang: Rhythmus. Am Anfang: Geselligkeit. Und weil
Geselligkeit: Wort. Und im Werk, das sie schuf, suchte die gesellige Gottheit sich neue
Geselligkeiten. Weder Berührungsängste noch hierarchische Attitüden. Eine Gottheit, die
vibriert vor Lust, vor Leben. Die überspringen will auf alles, auf alle.
Kurt Marti
Was der Mensch hier in der äusseren Welt erblickt, ist nur ein schwacher Abglanz des
göttlichen Geliebten selbst.
Rumi, persischer Mystiker
Du hast mich geträumt, Gott, wie ich den aufrechten Gang übe und niederknien lerne,
schöner als ich jetzt bin, glücklicher als ich mich traue, freier als bei uns erlaubt. Hör nicht auf
mich zu träumen, Gott. Ich will nicht aufhören mich zu erinnern, dass ich dein Baum bin,
gepflanzt an den Wasserbächen des Lebens.
Dorothee Sölle
Du,
weit und vielgesichtig.
Brunnen und Brot, Milch und Honig,
Ölzweig und Segen, Tempel und Senfkorn.
Du,
Sturm und Stern, Perle und Eckstein,
Weg und Wort, Dornbusch und Weinstock.
Du,
Flügel und Flut, Arche und Zelt,
Lamm und Zorn, Quelle und Wolke.
Du,
Kind und König, Wahrheit und Licht,
Gebärende und Hauch, Erdbeben und Feuer.
Du,
weit und vielgesichtig.
Jacqueline Keune
Übergossen und durchnässt
Von Gedanken bis auf die Knochen,
setze ich mich zum Trocknen
vor dich hin.
Nach einer Stunde brennen
gedankenlose Worte aus meinen Lumpen
in dein Gesicht, voll von dir.
Hilde Domin
Zwischen Schatten sein, Schatten spenden, Schatten werfen liegen Abgründe, über die
einzig Gott uns führen kann.
Helder Camara
In dir ist selbst ist ein Heiligtum,
in welches du dich jederzeit zurückziehen und ganz du selbst sein kannst.
Hermann Hesse
Mit aller Kraft
Die Schweigemauer durchbrechen
Mit Schmerz und Wut
Wortbrocken lösen
Aus steinernem Mund die Wahrheit
Womöglich ins Leere schreien
Trotz allem zum Sprung ansetzen
Ins rettende Du.
Carola Moosbach
Du bist ganz Ohr in mein Wesen hinein.
Und ich erklinge im Ton meines Lebens.
Du bist Klang und ich dein Ohr
Und so sind wir eins und lauschen
Dem Geheimnis und dem Klang des Lebens.
Robert Knüsel-Glanzmann
Angeschaut von dir,
durchschaut wie Glas,
was siehst du, Gott, in mir?
Ich laufe mit den Sternen, Vögeln, Wolken
von dir fort.
Und laufe doch, ich lauf und wein
mit meinen Scherben
immer nur in dich hinein.
Silja Walter