CuA 04/2012 - dtb Kassel
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CuA 04/2012 - dtb Kassel
TECHNIK + MITBESTIMMUNG SCHWERPUNKT: COMPUTERGESTÜTZTE GESPRÄCHS- UND STIMM(UNGS)ANALYSE Neue Überwachungsformen in Call-Centern Zur Zulässigkeit von Stimmanalyse und „Keyword Spotting” Eberhard Kiesche // Arbeitnehmerorientierte Beratung (AoB), Bremen Matthias Wilke // Datenschutz- und Technologieberatung (dtb), Kassel HIER LESEN SIE: v welche Kontrolltechniken bei der Überwachung der Arbeit von Call-Center-Agenten eingesetzt werden können v inwieweit Stimmungsanalyse und „Keyword Spotting” als neue Formen der Mitarbeiterüberwachung datenschutz- und verfassungsrechtlich zulässig sind v welchen Gestaltungsspielraum die Betriebsparteien bei Regelungen zu diesen Überwachungsformen haben Die Beschäftigten in Call-Centern sind immer wieder damit konfrontiert, dass ihre Leistung – das Telefonat – systematisch erfasst, beobachtet und kontrolliert wird. Insbesondere die Zwecke der betrieblichen Steuerung und der Qualitätskontrolle werden von den Arbeitgebern und ihren Auftraggebern angeführt, um den Einsatz von ausufernden Kontrolltechniken zu rechtfertigen. Angesichts der vielen Datenschutzskandale in der jüngsten Vergangenheit werden diese „Maßnahmen der Qualitätssicherung“ nicht mehr offen eingesetzt bzw. thematisiert und verbleiben deshalb in einer Grauzone. Kaum Beachtung hat bisher gefunden, dass inzwischen auch die Stimmungen der Mitarbeiter und ihre verwendeten Sätze und Wörter dauerhaft kontrolliert werden sollen. Umso wichtiger ist es zu überprüfen, ob der Einsatz computergestützter und automatisierter Techniken der Stimmungs- und Gesprächsanalyse mit den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen vereinbar ist. Seit etlichen Jahren ist es um den Beschäftigtendatenschutz in Zusammenhang mit Leistungs- und Verhaltenskontrollen im Call-Center eher still geworden. Seit 2010 liegt nun ein Entwurf zu einem Beschäftigtendatenschutzgesetz (BDSG-E) seitens des Bundesinnenministeriums vor, der das verdeckte Mithören von Telefonaten im Call-Center legalisieren soll. Allerdings sollen die Arbeitgeber laut Entwurf Rahmenbedingungen zur Verhältnismäßigkeit von verdeckten Kontrollen einhalten. Der www.cua-web.de Entwurf nimmt in § 32 i Abs. 1 BDSG-E somit eine Problematik von Leistungs- und Verhaltenskontrollen im Call-Center auf, die datenschutzrechtlich schon seit Längerem streitig ist und erleichtert die Überwachung in Call-Centern.1 Permanente und lückenlose Mitarbeiterüberwachung Zu Beginn des Call-Center-Booms wurden verstärkt Ø ACD-Anlagen für Call-Center diskutiert, die es ermöglichen, detaillierte Leistungs- und Verhaltensdaten der Beschäftigten zu erheben und in Echtzeit oder über verschiedene Zeiträume auszuwerten.2 Zusätzlich ergibt sich durch den technischen Fortschritt in Call-Centern eine Reihe von zusätzlichen Kontrollmöglichkeiten. Das offene und verdeckte Mithören (Monitoring, Silent Monitoring), verdeckte Testanrufe (Mystery Calls) an bestimmte oder zufällige Mitarbeiterplätze, automa- Computer und Arbeit 4/2012 5 TECHNIK + MITBESTIMMUNG tisiertes Aufzeichnen und Auswerten von Gesprächen (Voice Recording) und die gezielte Auswertung von Daten der ACDAnlage beschäftigten in der Vergangenheit immer wieder Arbeitgeber, Auftraggeber3 von Call-Centern, Datenschützer und Interessenvertretungen hinsichtlich der rechtlichen Zulässigkeit.4 selwörter und Sätze zu analysieren und z. B. Auswertungen zu erstellen, welche Wörter oder Sätze besonders oft von den Gesprächsteilnehmern genutzt werden. Diese Methode wird „Keyword Spotting“ genannt und soll angeblich vom israelischen Geheimdienst Mossad entwickelt worden sein. „Mit dem Keyword Spotting kann dann z.B. überprüft werden, wie oft der Call-Center-Agent den Namen des zu verkaufenden Produkts im Telefongespräch erwähnt.” Bei der nachfolgenden Erörterung von Leistungs- und Verhaltenskontrollmöglichkeiten im Sinne von Stimmungsanalyse und Keyword Spotting im Call-Center ist zu beachten, dass es seit 2009 eine erste gesetzliche Regelung zum Arbeitnehmerdatenschutz in § 32 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gibt.5 Diese fasst die bisherige Rechtsprechung zum Beschäftigtendatenschutz zusammen und betont die Erforderlichkeit der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für die Begründung, Durchführung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Regelungen des § 32 Abs. 1 gelten nach § 32 Abs. 2 BDSG auch für die nicht-automatisierte Erhebung und Verwendung von personenbezogenen Daten.6 Neue Techniken zur Überwachung Die Mitarbeiter in Call-Centern sind Kontrollen des Arbeitgebers hinsichtlich ihrer Arbeitsleistung, die fast ausschließlich im Telefonieren besteht, mittlerweile gewöhnt. Die Kontrollen nehmen stetig an Intensität zu, da die benutzte Technik immer neue Möglichkeiten eröffnet und von der Verarbeitungs- und Speicherkapazität immer leistungsfähiger wird. Softwaregestützt können Auswertungen hinsichtlich der Sprechpausen, der individuellen Gesprächsdauer, des Sprachrhythmus und der Wortwahl vorgenommen werden.7 Keyword Spotting: Suche nach Schlüsselwörtern Es existieren inzwischen Verfahren, die Gespräche hinsichtlich der benutzten Schlüs- 6 Computer und Arbeit 4/2012 Mit dem Keyword Spotting kann dann z. B. überprüft werden, wie oft der Call-Center-Agent den Namen des zu verkaufenden Produkts im Telefongespräch erwähnt, der Name eines Wettbewerbers auftaucht oder das Wort „Kündigung“ genutzt wird. Für die Häufigkeit der Erwähnung z. B. eines Verkaufsprodukts gibt es dann Vorgaben. Auch in deutschen Call-Centern wird die Methode – so berichten Betriebsräte auf Tagungen – in Einzelfällen und probeweise eingesetzt. Dadurch stellt sich die Frage nach der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit solcher Kontrollformen, die bislang in der datenschutzrechtlichen Diskussion der Überwachungsformen in Call-Centern keine Rolle gespielt hat. Softwaregestütztes Hervorrufen von Stimmungen Michael Zoebisch8 berichtet von softwaregestützter Beeinflussung von Call-CenterBeschäftigten, indem eine spezielle Software dem Sprecher besonders positive Schlüsselmomente (Trigger) vor die Augen führt und ihn so in eine positive Grundstimmung versetzt. Dies führt wiederum zu einer guten Stimmung beim Agenten mit Auswirkung auf dessen Stimmenfrequenzen (Tonlage) im Gespräch. Dadurch teilt sich seine positive Stimmung dem Anrufer bzw. Kunden mit. Diese Methode der Stimmungsanalyse und -beeinflussung wird anscheinend zu Trainingszwecken eingesetzt. Hier ist zu fragen, ob diese Methode nicht offensichtlich gegen das Persönlichkeitsrecht und die Menschenwürde der Beschäftigten gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstößt. Hier ist der Kernbereich der Individualität, Identität und Integrität betroffen, der unantastbar bleiben muss.9 Stimmungsanalysen zur Kontrolle Eine weitere Form der Kontrolle ist die Analyse der Stimmung des Call-Center-Mitarbeiters und des Kunden jeweils zu Beginn und zum Ende des Gesprächs. Auch diese Kontrolle der Stimmungserkennung kann softwaregestützt10 und in Echtzeit vorgenommen werden. Die Stimmung des Kunden kann mit der Zielsetzung analysiert werden, während des gesamten Gesprächs zu überwachen, wie der Mitarbeiter auf Stimmungen des Anrufers reagiert und ob der Mitarbeiter mit seinen Reaktionen eine positive oder negative Stimmungslage beim Anrufenden erzeugt hat. In der Beschreibung der Software Nice zur Gesprächsanalyse11 wird ausgeführt, dass die Verwendung bestimmter Wörter auf Emotionen schließen lassen. Aber manchmal seien die Emotionen des Sprechers nur dadurch zu entdecken, dass die Stimme und der Ton/die Tonlage des Sprechers analysiert wird. Andere datenverarbeitungsgestützten Analysesysteme gehen davon aus, dass Stress und negative Gefühle im Allgemeinen einen starken Einfluss auf Stimmcharakteristiken haben. Diese machen sich dann unter anderem in Tonfall, Tonhöhe und Sprechgeschwindigkeit sowie im Atemrhythmus bemerkbar. Hier stellt sich die entscheidende Frage, inwieweit eine solche intensive und lückenlose Überwachung des Arbeitnehmers zulässig ist bzw. gegebenenfalls noch datenschutzrechtlich zulässig gestaltet werden kann. Offensichtlich nimmt durch diese Methode der Überwachung von Emotionen die Überwachungsintensität ganz erheblich zu. Stimmungserkennungs-Software als Lügendetektor Aus Großbritannien wird berichtet, dass bei Anrufen in Sozialbehörden die Anrufer von Stimm-Computern begrüßt werden, die einfache Fragen stellen.12 Die Antworten der Anrufer werden aufgezeichnet und hinsichtlich hörbarer Aufregung oder Unsicherheit, die auf Lügen hinweist, mit einer www.cua-web.de TECHNIK + MITBESTIMMUNG „voice risk analysis“-Software ausgewertet. Gibt es Hinweise auf eine schlechte emotionale Verfassung des Anrufenden, werden die Gesprächsteilnehmer an Call-CenterMitarbeiter weitergeleitet, die auf Betrugsfälle spezialisiert sind und die Anrufer in ein Kreuzverhör nehmen sollen. Hier werden neue Anwendungsgebiete einer Technik deutlich, die sich sicherlich so im Arbeitsverhältnis noch nicht verwerten lässt. Dennoch zeigen sich hier bereits klare Persönlichkeitsrechtsverletzungen, die zukünftig auch Call-Center-Mitarbeiter betreffen könnten.13 Wer will solche Anwendungsgebiete angesichts des permanent wachsenden Überwachungsinteresses der Arbeitgeber ausschließen? Ist die Stimme ein personenbezogenes Datum? Hier stellt sich zunächst die Frage, inwieweit für die Durchführung derartiger Kontrollen im Arbeitsverhältnis Datenschutzvorschriften existieren, die derartige Kontrollen erlauben. Nach § 4 Abs. 1 BDSG ist die automatisierte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten von Betroffenen verboten, es sei denn, das BDSG, andere Gesetze, eine andere Rechtsvorschrift oder eine Einwilligung nach § 4a BDSG erlauben diese Datenverarbeitung. Als typisches Beispiel führt die Stellungnahme der Ø Artikel-29-Datenschutzgruppe die Stimme an, die den Sprecher identifiziert.17 Sowohl die emotionale Stimmung des Anrufers als auch die (emotionalen) Reaktionen des Call-Center-Agenten auf bestimmte Situationen lassen sich softwaregestützt messen und sind personenbezogene Daten. Diese haben einen objektiven Aussagegehalt über die Qualität des Agenten, beziehen sich auf das Arbeitsverhalten und können zur Bewertung des Mitarbeiters genutzt werden.18 Da der Call-Center- Datenschutzeinordnung und Zulässigkeitsprüfung Durch die verschiedenen Überwachungstechniken wie z. B. Silent Monitoring, Voice Recording und Keyword Spotting wird in das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Arbeitnehmern in Call-Centern eingegriffen. Durch das Aufnehmen, Aufzeichnen und Auswerten dienstlicher Gespräche wird das „Recht am eigenen Wort“ als Ausprägung des grundrechtlichen Persönlichkeitsschutzes berührt. Allgemeines Persönlichkeitsrecht Nach dem Bundesverfassungsgericht umfasst das Recht am eigenen Wort die Befugnis des Sprechenden, „darüber zu bestimmen, was man spricht, mit wem man spricht und wer Adressat ist, insbesondere also, ob nur der Gesprächspartner oder zusätzlich ein Dritter das Gespräch hört“.14 Eingriffe in grundrechtlich geschützte Positionen der Beschäftigten – hier in das Recht am gesprochenen Wort – müssen verhältnismäßig sein und bedürfen einer Rechtfertigung. Hier ist zu untersuchen, ob der Einsatz derartiger Überwachungstechniken über eine individuelle Einwilligung und die berechtigten betrieblichen Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt werden kann. Dabei ist insbesondere an das Interesse des Arbeitgebers zu denken, eine dem Auftraggeber geschuldete Qualitätssicherung der durchgeführten Gespräche nachzuweisen. www.cua-web.de Foto: Bling Cheese Kontrollen in Call-Centern nehmen stetig an Intensität zu, weil die aktuell benutzte Technik immer neue Möglichkeiten eröffnet … Eine andere Rechtsvorschrift kann nach herrschender Meinung auch eine Betriebsoder Dienstvereinbarung sein.15 Hier soll zunächst geprüft werden, ob das BDSG anwendbar ist und ob es um personenbezogene Daten des Anrufenden und des Beschäftigten im Call-Center geht. Bei der Sprachaufzeichnung und der softwaregestützten Analyse der Stimme auf Stimmungsschwankungen handelt es sich im Ergebnis um biometrische Daten und damit – weil auch auf die Stimme der CallCenter-Agenten und auf die des Anrufers bezogen – um Informationen über jeweils eine bestimmte natürliche Person.16 Biometrische Daten können als „biologische Eigenschaften, als physiologische Merkmale, Gesichtszüge und/oder reproduzierbare Handlungen definiert“ werden. Mitarbeiter eindeutig bestimmt ist, fallen die von ihm benutzten Schlüsselwörter bei der Keyword Spotting-Methode ebenso eindeutig unter personenbezogene Daten nach § 3 Abs. 1 BDSG. Das Gleiche gilt für die Daten der ACD-Anlage, die z. B. die Anzahl der eingegangenen Anrufe, Beginn, Ende und Dauer der Anrufe, Zeit zwischen Klingeln und Annahme des Gesprächs registriert und auf jeden Call-Center-Agenten bezogen auswertet und z. B. Rennlisten19 erzeugt. Existieren Erlaubnisvorschriften? Hier stellt sich weiter die Frage, ob es für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Stimmungsanalysedaten und Keyword Spotting-Daten des Call-Center-Agenten eine gesetzliche Erlaubnisvorschrift gibt. Computer und Arbeit 4/2012 7 TECHNIK + MITBESTIMMUNG Da die personenbezogenen Daten bei allen Kontrollformen im Call-Center sich auf das konkrete Arbeitsverhältnis beziehen, bietet sich § 32 BDSG an, seit 2009 die maßgebliche Vorschrift zum Beschäftigtendatenschutz. § 28 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BDSG scheiden aus, somit auch als Zulässigkeitsgrundlage für die biometrischen Stimmdaten des Anrufers. 20 Erforderlich zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses? Es ist unstrittig, dass der Arbeitgeber die Leistung seiner Arbeitnehmer kontrollieren kann, inwieweit dieser seine arbeitsvertraglichen Pflichten einhält.21 Insofern kön- erklärt.24 Auch dann bleibt es eine wesentliche Voraussetzung, dass die Beschäftigten von dieser Überwachungsmaßnahme am Arbeitsplatz wissen und diese sich auf standardisierte Gegenstände und Inhalte bezieht, die die vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützte Eigensphäre der Beschäftigten kaum berühren. Hinzu kommt: Werden etliche Kontrollmöglichkeiten im Call-Center womöglich gleichzeitig und exzessiv kombiniert Kein vollständiges Abbild genutzt und dadurch ein permanenter der Persönlichkeit Überwachungsdruck zulasten der BeschäfKontrollen des Arbeitgebers sind nicht tigten erzeugt, kann im Ergebnis ein Peruneingeschränkt möglich. Der Arbeitge- sönlichkeitsprofil als „vollständiges Abbild ber hat aufgrund der mittelbaren Geltung der Persönlichkeit“ bzw. als ein „Profil des Arbeitsverhaltens“ erstellt werden. Damit wird die datenschutzrechtliche Zulässigkeit derartiger Kontrollen überschritten und diese sind nicht mehr mit den berechtigten Interessen des Arbeitgebers an einer Qualitätskontrolle der geführten Gespräche zu rechtfertigen. Durch Methoden der Stimmungsanalyse und des Keyword Spotting wird diese Grenze überschritten. Der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte Hans Peter Bull führt zu Recht aus: „Wirtschaftliche Interessen rechtfertigen kein Persönlichkeitsprofil.“ 25 der Betroffenen am eigenen Wort eingreifen, lassen sich nach vereinzelten Stimmen in der Literatur mit einer Einwilligung im Arbeitsvertrag und mit den berechtigten betrieblichen Interessen des Arbeitgebers rechtfertigen. Allerdings: Nach herrschender Meinung sind verfassungsrechtlich gebotene Grenzen bei der Kontrolle des Arbeitnehmerverhaltens durch den Arbeitgeber zu beachten. Heimliche Kontrollen grundsätzlich unzulässig Foto: dpa Picture Das Mithören und Aufzeichnen von Telefonaten im Sinne von Silent Monitoring und Voice Recording geschieht oft auch heimlich … nen die Kontrollen der Telefonate im Sinne von Stimmungsanalyse und Keyword Spotting als Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung erforderlich zur „Durchführung des Arbeitsverhältnisses“ nach § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG sein. Die Erforderlichkeit und vor allem Zulässigkeit wird alsbald in Frage gestellt, sobald derartige Kontrollmaßnahmen heimlich erfolgen. Das Mithören und Aufzeichnen von Telefonaten im Sinne von Silent Monitoring und Voice Recording geschieht oft auch heimlich. Silent Monitoring kann z. B. über das Internet auch an entfernen Orten praktiziert werden, dann auch von Auftraggebern.22 Die Zulässigkeit derartiger Kontrollen, auch mit Einwilligung, die in das Recht 8 Computer und Arbeit 4/2012 der Grundrechte im Arbeitsverhältnis den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Er darf den Beschäftigten aufgrund der Verpflichtung aus § 75 Abs. 2 BetrVG zur Wahrung und Förderung der freien Entfaltung der Persönlichkeit im Betrieb nicht einem permanenten und umfassenden Leistungsdruck unterwerfen.23 Führt er zulässige Kontrollen im Call-Center – wie beispielsweise offenes Mithören – durch, muss er sie verhältnismäßig gestalten. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat 1995 das Mithören von externen Telefongesprächen im Call-Center nur ausnahmsweise, stichprobenartig, für Ausbildungszwecke und in der Probezeit für zulässig Heimliche Kontrollen der Leistung und des Verhaltens der Call-Center-Agenten sind in aller Regel unzulässig.26 Dies gilt sowohl für Silent Monitoring als auch für heimliches Voice Recording. Das heimliche Aufzeichnen bzw. Auswerten von Gesprächen auch hinsichtlich der Stimmung des Call-Center-Agenten und seiner verwendeten Schlüsselwörter ohne Information und Einwilligung der beteiligten Gesprächspartner verstößt gegen den Datenschutz und den allgemeinen Persönlichkeitsschutz. Call-Center-Arbeit ist in aller Regel Bildschirmarbeit.27 Schon die Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) verbietet in ihrem Anhang Nr. 22 heimliche Kontrollen beim Zusammenwirken von Mensch und Arbeitsmittel: „Ohne Wissen der Benutzer darf keine Vorrichtung zur qualitativen oder quantitativen Kontrolle verwendet werden.“ Ein Übermaß an Kontrolle führt www.cua-web.de TECHNIK + MITBESTIMMUNG zu psychischen Belastungen und Erkrankungen.28 Erlaubnis durch Einwilligung? Lassen sich Stimmungsanalyse und Keyword Spotting durch Einwilligung der Beschäftigten rechtfertigen? In § 4 Abs. 1 BDSG ist die Einwilligung auch für nicht-öffentliche Stellen als Erlaubnisnorm vorgesehen. Zoebisch29 geht davon aus, dass dies bei dem Einsatz einer computergestützten Stimmungsanalyse möglich ist. „Eine solche Analyse bedarf der Einwilligung des Mitarbeiters, die arbeitsvertraglich vereinbart werden kann, soweit der Arbeitnehmer diese freiwillig erklärt.“ Die Freiwilligkeit bei einer Einwilligung im Arbeitsverhältnis ist und bleibt äußerst umstritten. 30 Aufsichtsbehörden für den Datenschutz in der Privatwirtschaft gehen davon aus, dass grundsätzlich von einer freien Einwilligung im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Arbeitsvertrags oder im Arbeitsverhältnis nicht die Rede sein kann.31 Der ursprüngliche Entwurf eines Beschäftigtendatenschutzgesetzes (BDSG-E) geht davon aus, dass eine wirksame Einwilligung nur noch in den vom Gesetz definierten Ausnahmefällen zulässig ist. Die Zulässigkeit von Einwilligungen durch Beschäftigte ist und bleibt eine der wichtigsten Streitfragen im Kampf um die Ausgestaltung des zukünftigen § 32 BDSG. Hier zeigt bereits die Definition in der EU-Datenschutzrichtlinie (Art. 2h), was unter einer freien und informierten Einwilligung ohne jeden Zweifel zu verstehen ist. Eine Einwilligung ist danach „jede Willensbekundung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage www.cua-web.de erfolgt und mit der die betroffene Person akzeptiert, dass personenbezogene Daten, die ihre Person betreffen, verarbeitet werden“. Offene Fragen bei der Einwilligung Im Arbeitsverhältnis ist also nicht von einer völlig freien Einwilligung auszugehen. Im konkreten Fall ist zu bezweifeln, dass bei Abschluss des Arbeitsvertrags oder im laufenden Arbeitsverhältnis die Einwilligung geführt? 33 Sind den Beschäftigten die vielen neuen technischen Dimensionen der computerunterstützten Kontrolle in CallCentern bekannt? Auch wenn Beschäftigte in Keyword Spotting und die Stimm(ungs)analyse einwilligen würden, verbleibt ihnen ein jederzeitiges Widerrufsrecht, ohne dass sie arbeitsrechtliche Konsequenzen zu befürchten haben. 34 Hinzu kommt, dass Beschäftigte nicht auf grundgesetzlich ver- „Wirtschaftliche Interessen rechtfertigen kein Persönlichkeitsprofil!” Hans Peter Bull, ehemaliger Bundesdatenschutzbeauftragter in eine softwaregestützte Stimmungsanalyse oder Keyword Spotting freiwillig erfolgt und dass diese vor allem in Kenntnis der Sachlage informiert geschieht.32 Es drängen sich in jedem Einzelfall Fragen auf wie: Haben die Beschäftigten beim Abschluss des Arbeitsvertrags und im Arbeitsverhältnis eine echte Wahlmöglichkeit? Werden die Arbeitnehmer in Call-Center darüber umfassend benachrichtigt, was mit ihren Gesprächs- und Stimmdaten oder den Bedienplatzreports geschieht und inwieweit ein Screening, eine interne Weitergabe bzw. eine Übermittlung auch an Kunden oder QualitätsmanagementDienstleister vorgenommen wird? Welcher Arbeitgeber informiert umfassend und rechtzeitig die Beschäftigten und die Belegschaftsvertretung, wenn beispielsweise die bereits erwähnte Software Nice, die derartige Funktionen anbietet, genutzt wird? In welchen Call-Centern werden rechtskonforme Verfahrensverzeichnisse bürgte Rechte im Arbeitsverhältnis verzichten können, wenn diese einen unverzichtbaren Kernbereich betreffen. 35 Auf Grenzen der Überwachung im Beschäftigungsverhältnis wurde bereits hingewiesen. Bei der Stimmungsanalyse und der Keyword Spotting-Methode ist die Einwilligung in jedem Einzelfall nicht rechtmäßig und kann daher die Datenverarbeitung nicht rechtfertigen. Es gilt mit Wolfgang Däubler klar herauszustellen, dass auch mit Einwilligung des Arbeitnehmers keine Persönlichkeitsprofile erstellt werden dürfen. 36 Rechtfertigung durch Betriebs-/ Dienstvereinbarung? Die automatisierte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Stimm- und der Keyword Spotting-Daten ist nach der zentralen Mitbestimmungsnorm § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtig, weil das Aufzeichnen und Auswerten von Telefonaten Computer und Arbeit 4/2012 9 TECHNIK + MITBESTIMMUNG bers und der Beschäftigten vorzunehmen. mittels technischer Kontrolleinrichtungen Call-Center-Beschäftigten gegenüber dem 37 mitbestimmungspflichtig ist. Es gilt zu BDSG nicht einschränken, sondern höchs- Besonders stringent und exemplarisch hat dies das höchste deutsche Arbeitsgericht bedenken, dass das offene Mithören und tens ausbauen und präzisieren.43 Greifen in Beschlüssen von 2004 und 2008 zur Verdie dabei angefertigten Notizen und Auf- die Vereinbarungen unverhältnismäßig in hältnismäßigkeit von Videoüberwachung zeichnungen des Vorgesetzten seit 2009 Grundrechte der Beschäftigten ein, sind 38 und deren Regelung in Betriebsvereinba§ 32 Abs. 2 BDSG unterfallen. sie nach § 134 BGB nichtig bzw. es kann rungen durchgeführt.46 Können Interessenvertretungen der da- dann auch eine Teilnichtigkeit nach § 138 44 tenverarbeitungsgestützten Stimmungs- BGB vorliegen. Auch die Rechtsprechung Die Betriebsparteien haben danach analyse- bzw. Schlüsselwortdas allgemeine PersönlichMethode in einer Betriebs- oder keitsrecht in den Schranken der Dienstvereinbarung zustimmen verfassungsmäßigen Ordnung und so die Zulässigkeit der Stimzu beachten. Beschränkunmungsanalyse und des Keyword gen dieses Rechts bestimmen Spotting rechtfertigen – wosich nach dem Grundsatz der möglich auch ohne Einwilligung Verhältnismäßigkeit, der den der betroffenen Mitarbeiter? Schutzauftrag nach § 75 Abs. Beide zur Frage stehenden 2 BetrVG konkretisiert. Dieser Methoden verstoßen gegen das Grundsatz verlangt „dass die Persönlichkeitsrecht der betrofvon den Betriebsparteien bzw. fenen Call-Center-Agenten, weil der Einigungsstelle getroffenen sie umfassend zur Bildung eines Regelung geeignet, erforderlich Persönlichkeitsprofils beitragen und unter Berücksichtigung der und sind somit nicht durch eine gewährleisteten Freiheitsrechte andere Rechtsvorschrift, hier Beangemessen ist, um den erstrebtriebs- oder Dienstvereinbarung, ten Zweck zu erreichen“. 39 zu rechtfertigen. Däubler weist Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit vollzieht sich darin darauf hin, dass beim Abschluss in drei Schritten. Die Regelung von Betriebsvereinbarungen muss zunächst geeignet sein, höherrangiges Recht zu beachden erstrebten Zweck zu förten ist, insbesondere die Grunddern. Eine Betriebsvereinbarung, rechte der Beschäftigten sowie die die beiden Methoden der zwingendes Gesetzesrecht.40 Stimmanalyse und des Keyword Zurzeit wird von interesSpotting im Betrieb einführen sierter Seite wiederholt vorgeFoto: Workspace Solutions will, muss vorab den Zweck festtragen, dass Betriebsvereinbalegen. Der Zweck ist hierbei, vor rungen von dem Standard, der Röhrenmonitore sind heutzutage zwar kaum mehr in Call-Centern allem in der Begründung der durch das BDSG erreicht ist, im anzutreffen, ergonomisch hat sich aber wenig verändert … Arbeitgeber, die Qualitätssichekollektiven Interesse zulasten der Beschäftigten abweichen dürfen.41 des BAG aus 2008 zur Regelung der Video- rung und -kontrolle der durchgeführten Gespräche. Beide Methoden erscheinen Einzelne Stimmen in der Literatur be- überwachung im Betrieb stellt inzwischen geeignet, diesen Zweck zu fördern. rufen sich dabei auf einen überholten und erheblich strengere Anforderungen an In einem zweiten Schritt muss geprüft fragwürdigen BAG-Beschluss, der nach der die Gewährleistung des informationellen Novellierung des BDSG in den Jahren 1990 Selbstbestimmungsrechts der Beschäftig- werden, ob die Regelung erforderlich ist. ten bei Regelungen der Betriebsparteien Sie ist es dann, wenn kein anderes, gleich und 2001 nicht mehr haltbar ist.42 wirksames und die Handlungsfreiheit weMit Peter Gola ist entschieden festzu- als im Jahr 1986.45 niger einschränkendes Mittel zur Verfühalten, dass schon die damalige und eingung steht. Hier sind im zugrunde liegenmalige Entscheidung des BAG nicht so ein- Stimmanalyse und Keyword den Fall erhebliche Zweifel angebracht, da deutig ist und vor allem der Schutzauftrag Spotting verhältnismäßig? unterschiedliche Formen des Mithörens aus § 75 Abs. 2 BetrVG und Art. 2 Abs. 1 GG zu beachten ist und eine deutliche Schran- Die Frage stellt sich, ob der Einsatz der und Beobachtens am Arbeitsplatz bei vorke darstellt. Stimmanalyse- und der Keyword Spotting- liegender freier Einwilligung der Betroffenen als mildere und schonendere Mittel in Betriebsvereinbarungen als unterge- Methode verhältnismäßig ist. Dabei ist eine Frage kommen und vor allem Schulungssetzliche betriebliche Normen können das sorgfältige Interessenabwägung zwischen Recht auf Datenschutz der betroffenen den Grundrechtspositionen des Arbeitge- bzw. Coaching-Maßnahmen zum Erken- 10 Computer und Arbeit 4/2012 www.cua-web.de TECHNIK + MITBESTIMMUNG nen und Gestalten von Stimmungen oder genutzten Schlüsselwörtern in Verkaufsgesprächen geeignet sind. Ebenso können mit gezielten Maßnahmen aufgrund von Beschwerden der Kunden Qualitätsmängel behoben werden. Im dritten Schritt ist nach der BAGEntscheidung zu prüfen, ob eine derartige Regelung zur Stimmanalyse und zum Keyword Spotting verhältnismäßig im engeren Sinn erscheint. „Um das festzustellen, bedarf es einer Gesamtabwägung der Intensität des Eingriffs und des Gewichts der ihn rechtfertigenden Gründe.“ Die Grenze der Zumutbarkeit darf nicht überschritten werden. Das muss unter Berücksichtigung der Gesamtumstände geschehen. Die Kriterien der Prüfung, die die Bundesarbeitsrichter im Falle der Videoüberwachung vornehmen, lassen sich auf die geschilderten Überwachungsmaßnahmen des Arbeitgebers anwenden. Hier sollen nur wenige Kriterien angeführt werden, die für eine offensichtliche Unzulässigkeit der zur Diskussion stehenden Kontrollmethoden sprechen: Die Betroffenen bleiben nicht als Person anonym, sensible Umstände und Inhalte der Kommunikation wie Stimmungen und benutzte Schlüsselwörter werden erfasst und ausgewertet, eine ganz erhebliche Persönlichkeitsrelevanz der erfassten Informationen bzw. biometrischen Daten ist gegeben, die Beschäftigten haben keinen konkreten Anlass gegeben, und da stets das ganze Gespräch ausgewertet wird, ist die Intensität der Überwachungsmaßnahme tiefgreifend. Die vorliegende Prüfung der Verhältnismäßigkeit zeigt: Die Methoden des Keyword Spotting und der Stimmanalyse sind unverhältnismäßig und können auch durch Regelungen in einer Betriebsvereinbarung oder durch pauschale Einwilligung in Arbeitsverträgen nicht rechtmäßig in CallCentern eingeführt werden.47 dienen dazu, ein tiefgreifendes Persönlichkeitsprofil der Beschäftigten zu erstellen und sind – vor allem in Kombination mit anderen Kontrollmethoden des Arbeitgebers – unverhältnismäßig. Eine Interessenabwägung zwischen den Grundrechtspositionen des Arbeitgebers, nämlich das Recht auf wirtschaftliche Betätigung, und den Rechten der Beschäftigten, hier Persönlichkeitsschutz und Recht auf informationelle Selbstbestimmung, kann nicht zugunsten des Arbeitgebers ausfallen. Hinzu kommt noch, dass bei der Stimmanalyse, die zur Stimmungserkennungsanalyse ausgebaut wird, biometrische Daten der Beschäftigten dauerhaft erhoben, verarbeitet und genutzt werden. Dies verstößt gegen den Schutzauftrag des § 75 Abs. 2 BetrVG und Art. 1, 2 GG und somit gegen die Würde des Menschen. Es bleibt zu hoffen, dass derartige Methoden, wenn sie zum Einsatz kommen, innerbetrieblich und außerbetrieblich transparent gemacht werden und Interessenvertretungen, unterstützt von Aufsichtsbehörden und Datenschutzbeauftragten, ihr Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nutzen, dem Überwachungseifer von Arbeitgebern – vorgeblich im Namen einer Qualitätskontrolle bei Einführung von Kontroll-Software egal welcher Art – klare Schranken setzen und Stimmungsanalyse und Keyword Spotting per Betriebsvereinbarung ausschließen.48 Anständige Arbeitsbedingungen (decent work) unter Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch in Call-Centern sind und bleiben das Ziel. Fazit ACD Ø (englisch: Automatic Call Distribution) ACDAnlagen verteilen automatisch, also computergesteuert, eingehende Anrufe z. B. an die jeweils zuständigen Sachbearbeiter. Autoren Dr. Eberhard Kiesche, Arbeitnehmerorientierte Beratung (AoB), Bremen, eberhard.kiesche@t-online. de, www.aob-bremen.de; Matthias Wilke, Datenschutz- und Technologieberatung (dtb), Kassel, [email protected], www.dtb-kassel.de Lexikon Der Einsatz von datenverarbeitungsgestützten Methoden zur Stimmungsanalyse und zum Keyword Spotting bei Call-CenterBeschäftigten ist unzulässig und verstößt gegen verfassungsrechtlich verbürgte Rechte der Beschäftigten. Beide Methoden www.cua-web.de Artikel-29-Datenschutzgruppe Ø Die Arbeitsgruppe wurde durch Artikel 29 Richtlinie 95/46/EG eingesetzt. Sie ist ein unabhängiges EU-Beratungsgremium in Datenschutzfragen. Ihre Aufgaben sind in Artikel 30 Richtlinie 95/46/EG und Artikel 15 Richtlinie 2002/58/EG festgelegt. Ihr gehören Vertreter der Aufsichtsbehörden für Datenschutz aller EU-Länder an. Fußnoten 1 Gola, Das Mithören und Aufzeichnen von CallCenter-Telefonaten, in: RDV 2005, 105; ders., Datenschutz und Multimedia am Arbeitsplatz, 3. Auflage, Rn. 254 ff.; Jordan/Bissels/Löw, Arbeitnehmerkontrolle im Call-Center durch Silent Monitoring und Voice Recording, in: BB 2008, 2626; Schweizer, Großer Lauschangriff im CallCenter, in: CuA 3/2011, 24 2 Tammen, Call Center: neue Aufgaben für Betriebsräte, in: CF (jetzt: CuA) 1/1997, 15; Schierbaum, Automatic Call Distribution, in: CF (jetzt: CuA) 1/1997, 4 3 Im Regelfall liegt Auftragsdatenverarbeitung in Call-Centern vor – siehe Sutschet, Auftragsdatenverarbeitung und Funktionsübertragung, in: RDV 2004, 97 (103) 4 Hierzu Schweizer, Formen der Leistungs- und Verhaltenskontrolle und Rechtsgrundlagen, www. brecci.de/callcentertagung06/doku/schweizer_ kontrolle_und_recht.pdf; zur Unzulässigkeit von Mystery Calls siehe Wedde, Arbeitsrechtliche Probleme im Call-Center, in: CF (jetzt: CuA) 6/2000, 20 (21); Heß, Leistungskennzahlen im Call-Center, in: CuA 7/2008, 20 5 Hoss, Call-Center: Mitarbeiterkontrollen auf dem datenschutzrechtlichen Prüfstand, https://kobra. bibliothek.uni-kassel.de/bitstream/urn:nbn:de:he bis:34-2010050732848/3/HossCallcenter.pdf 6 Roßnagel, Die Novellen zum Datenschutzrecht, in: NJW 2009, 2716 (2721) 7 Wedde, Schutz vor verdeckten Kontrollen im Arbeitsverhältnis, in: DuD 2004, 21, Fn. 3, 26 8 Zoebisch, Stimmungsanalyse durch Call-Center, In: DuD 6/2011, 394 („Stimmungsanalyse hat keinen Niederschlag in der Rechtsprechung, Literatur oder in den Berichten der Aufsichtsbehörden gefunden“) 9 Schmidt, in: ErfK/Schmidt, Rn. 7 zu Art. 1 GG 10 Zoebisch, aaO., 394; zur Stimmungsanalyse bei Notrufen mit mathematischen Modellen, www. pressemitteilungen-online.de/index.php/notruf system-erkennt-dringlichkeit-an-stimme/ 11 Nice, Fn. 37.: „Emotion detection is a speech analytics technology that analyzes the voice of the speaker and identifies emotion via slight variations of pitch or tone. High levels of emotion are a reliable gauge of both customer dissatisfaction and agent skills“; als Dienstleistung siehe maincom, www.maincom.de/technik-und-know-how/ quality-monitoring.html 12 Zoebisch, aaO., mit Verweis auf eine Meldung des „Guardian“ vom 6.4.2007, dass die Methode auch von der Versicherungswirtschaft in Großbritannien genutzt wird 13 Siehe Schmidt, in: ErfK/Schmidt, Rn. 109 zu Art. 2: „Unwürdige Behandlungen werden durch das Persönlichkeitsrecht ausgeschlossen“, mit Verweis auf die Lügendetektor-Entscheidung der BVerfG vom 18.8.1981, in: NJW 1982, 375 14 BVerfG, in: RDV 1992, 128; siehe auch BAG, Beschluss vom 30.8.1995, in: NZA 1996, 218 (221) 15 Weichert, in: Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 3. Auflage, § 4 Rn. 2; Gola/Schomerus, BDSG, 10. Auflage, § 4 Rn. 10; Sokol, in: Simitis, BDSG, 7. Auflage, § 4 Rn. 11 16 Siehe Artikel-29_Datenschutzgruppe Stellungnahme 4/2007 zum Begriff personenbezogene Daten, 7; zu biometrischen Verfahren am Arbeitsplatz Hornung/Steidle, Biometrie am Arbeitsplatz – sichere Kontrollverfahren versus ausuferndes Kontrollpotenzial, in: AuR 2005, 201 (203) 17 Datenschutzgruppe, aaO., 9 18 Zoebisch, aaO., 397 19 Zur datenschutzrechtlichen Unzulässigkeit Simitis, aaO., § 28 Rn. 85 20 Zoebisch, aaO., 396 Computer und Arbeit 4/2012 11 TECHNIK + MITBESTIMMUNG 21 Däubler, Gläserne Belegschaften, 5. Auflage, Rn. 293 22 Schweizer, aaO.; Wedde 2004, Fn. 4, 26: Das Mithören und Aufzeichnen durch Auftraggeber des Call-Center ist unverhältnismäßig und unzulässig; Gola, Datenschutz und Multimedia, aaO., Rn. 265 ff. 23 Gola, Datenschutz im Call-Center, 2. Auflage, 59f.; BAG, Beschluss vom 28.8.2008, Az.: 1 ABR 16/07, in: BB 2008, 274 24 BAG vom 30.8.1995, in: NZA 1996, 218 ff. 25 Däubler, Internet und Arbeitsrecht, Rn. 255 und Zitat von Bull in Fn. 75 26 Wedde, Schutz, 2004, Fn. 4; Gola/Schomerus, aaO., § 32 Rn. 17; zur Rechtfertigung verdeckter Kameras in Notwehrsituationen für den Arbeitgeber siehe BAG vom 27.3.2003, in: NZA 2003, 1193 27 Wedde, Probleme, 2000, Fn. 4, 20, 21 28 Schweizer, 2011, 24 29 Zoebisch, aaO., 397 30 Däubler, Gläserne Belegschaften, 5. Auflage, Rn. 136a, 152 31 Däubler, Gläserne Belegschaften, aaO., Rn. 136a.; grundlegend in Bezug auf Call-Center Wedde, Die wirksame Einwilligung im Arbeitnehmerdatenschutzrecht, in: DuD 2004, 169 32 Wedde, Einwilligung, 2004, 171 f.; Simitis, aaO., § 4 Rn. 19, 62 33 Kiesche/Wilke, Das Verfahrensverzeichnis, in: CuA 10/2012, 27 ff. 34 Wedde, Probleme, 2000, Fn. 4, 22; Freckmann/ Störing/Müller, Bisherige und zukünftige Bedeutung der Betriebsvereinbarung im Datenschutz verkannt, in: BB 2011, 2549 35 Wedde, Einwilligung, 2004; Dieterich, in: ErfK, Rn. 62 ff. zu Einl. GG 36 Däubler, Gläserne Belegschaften, aaO., Rn. 162 37 Jordan u.a., aaO., 2631 38 Däubler, Handschriftliche Notizen des Arbeitgebers, in: CuA 6/2010, 11 39 Für Monitoring und Screenrecording bereits 2006 Wilke, Monitoring – Abhören und Aufzeichnen im Call Center, in: CF (jetzt: CuA) 6/2006, 4 (8) 40 Däubler, Das Arbeitsrecht I, 2006, Rn. 928 41 Thüsing, Arbeitnehmerdatenschutz und Compliance, 2010, Rn. 116; Wybitul, Handbuch Datenschutz im Unternehmen, 2011, 422 42 BAG, Beschluss vom 27.5.1986, Az.: 1 ABR 48/84, in: Gola/Wronka, Handbuch zum Arbeitnehmerdatenschutz, 4. Auflage, 602 f 43 Gola/Schomerus, aaO., § 32 Rn. 10 und 10a; siehe ablehnend Brandt, Betriebsvereinbarungen als datenschutzrechtliche „Öffnungsklauseln“?, in: DuD 2010, 213 (215); Sokol, aaO., § 4 Rn. 17; Bergmann/Möhrle/Herb, BDSG, § 4 Rn. 15, 26; Freckmann u.a., aaO., 2550 44 Wedde, Einwilligung, 2004, 174 45 Däubler, Gläserne Belegschaften, aaO., Rn. 788 46 BAG, Beschluss vom 28.8.2008, Az.: 1 ABR 16/07, in: BB 2008, 2743 47 Zum Mithören LDI NRW, in: TB 2009, 12: „Pauschale, unfreiwillig erteilte Einwilligungen der Beschäftigten bei Abschluss ihres Arbeitsvertrags in unbegrenzte Kontrollen durch Mithören ihrer Telefoninterviews sind allerdings unwirksam und unzulässig“ 48 Dabei soll die latente und nicht selten sogar explizite Fremdvergabedrohung, mit der Betriebsräte in Call-Centern konfrontiert werden, natürlich nicht verkannt werden, siehe Holst, Fragmentierung überbetrieblicher Arbeitsbeziehungen – Tarifvertrag und gewerkschaftliche Interessenvertretung in Call-Centern, in: WSI 2011, 511 (516) Social Media Guidelines Muster-Richtlinie zum Umgang mit sozialen Medien Robert Malte Ruhland // Rechtsanwaltskanzlei Ruhland, Dortmund Soziale Medien bieten völlig neue Möglichkeiten, seine Meinung kundzutun – auch über den eigenen Arbeitgeber. Das kann Ärger geben, weil man im Web 2.0 nur noch bedingt die Kontrolle über seine Äußerungen hat. Unternehmen und Behörden erlassen daher zunehmend sogenannte Social Media Guidelines, also Richtlinien zum Umgang mit sozialen Medien. Welche wesentlichen Regelungsinhalte in einem solchen Leitfaden konkret enthalten sein sollten und worauf Belegschaftsvertretungen dabei zu achten haben, hat Rechtsanwalt Robert Malte Ruhland in der Ausgabe 1/2012 dieser Zeitschrift ausführlich dargestellt. Hier folgt nun – wie angekündigt – als Ergänzung das Beispiel für eine Richtlinie zum Umgang mit sozialen Medien. Bei einem Muster für eine Richtlinie zum Umgang mit sozialen Medien sollte nicht vergessen werden, dass Regelungen, die das Verhalten der Mitarbeiter im Betrieb zum Inhalt haben, außerdem auch mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG oder § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG sein können. Autor Robert Malte Ruhland ist Rechtsanwalt, Sachverständiger für Datenschutz, externer Datenschutzbeauftragter sowie Autor des Fachbuchs „Arbeitnehmerdatenschutz für Betriebsräte“, ISBN 978-3-93 9018-48-3; zudem führt er regelmäßig Seminare zum Datenschutz durch; Rechtsanwaltskanzlei Ruhland, Ruhrallee 9, 44139 Dortmund, fon 0231 98 18 970, [email protected], www.kanzlei-ruhland.de cua-web.de … hierzu finden Sie im Internet: Das Muster für eine Richtlinie zum Umgang mit sozialen Medien. MUSTER FÜR EINE SOCIAL MEDIA GUIDELINE 1. Anwendungsbereich Diese Richtlinie regelt den Umgang mit sozialen Netzwerken, Blogs, Foren usw. Sie gilt unter dem Vorbehalt der Regelungen der Betriebsvereinbarung/Dienstvereinbarung zur Nutzung von Internetdiensten während der Arbeitszeit. 2. Grundsätze Das Unternehmen/die Behörde behält sich vor, sich selbst im Internet mit seinen vielfältigen Ausgestaltungen zu präsentieren. Zuständig für diesen Internetauftritt sind die Abteilungen Presse-/Öffentlichkeitsarbeit und Marketing. Darüber hinaus steht es jedem Mitarbeiter frei, sich über das Unternehmen/die Behörde zu äußern, wenn die nachfolgenden Regelungen beachtet werden: v Eigene Verantwortlichkeit Jeder Autor ist für seine eigenen Beiträge selbst verantwortlich. Es ist der Eindruck zu vermeiden, bei den veröffentlichten Informationen handele es sich um eine offizielle Mitteilung des Unternehmens/der Behörde. 12 Computer und Arbeit 4/2012 www.cua-web.de