Die Bedeutung von Fernsehhelden/- Innen in der Welt - Edu-Uni-Klu

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Die Bedeutung von Fernsehhelden/- Innen in der Welt - Edu-Uni-Klu
1
Die Bedeutung von Fernsehhelden/Innen in der Welt der Kinder
2
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
3
I.) Kinderalltag und „Medienkindheit“
II.) Helden-Bilder auf der Bildfläche
III.) Exzerpt aus der Fallstudie „Fernsehfavoriten und peer groups“
III.I.) Untersuchungsdesign
III.I.I:) Die Kindergärten
III.I.II.) Die Untersuchungsfragen
III.I.III.) Die Erhebungsmethoden
III.II.) Untersuchungsergebnisse
III.II.I.) Die Fernsehfavoriten der Kinder
III.II.II.) Geschlechtsspezifische Differenzen bei der Favorisierung
von Fernsehfiguren
III.II.III.) Geschlechtsspezifische Differenzen beim Spiel mit Fernsehfiguren
III.II.IV.) Bedeutungen der Fernsehfavoriten - in Kategorien angeordnet
III.II.V.) Bedeutungen der Fernsehfiguren für ausländische Kinder
4
5
8
8
8
10
11
19
20
Literaturverzeichnis
39
22
25
29
36
3
Vorwort
Im Rahmen des Proseminars „Psychologie der Kommunikation“, welches auf dem Thema
„Kinder und Jugendliche“ basierte, hielt unsere Gruppe zu Semesterbeginn ein Referat,
welches das Thema „Kinder & Jugendliche und deren Alltagskultur“ anschnitt.
Wir wußten, daß es für diese Lehrveranstaltung galt, eine Proseminararbeit zu verfassen, und
da uns das Thema „Kinder & Jugendliche und deren Alltagskultur“, seitdem wir uns damit für
unser Referat beschäftigt hatten, ohnedies ziemlich interessierte, fällten wir den Entschluß,
unsere Gruppen-Proseminararbeit auf demselbigen Thema aufzubauen. (Diese
Entscheidung sollte sich in weiterer Folge als klug erweisen.)
Nachdem wir also diese Entscheidung getroffen hatten, stöberten wir in der
Universitätsbibliothek nach adäquater Literatur, und es fand sich ausreichend Material. Aus
dem reichhaltigen Lektüreangebot wählten wir jene Literatur, die uns am geeignetsten
erschien und welche Sie dem Literaturverzeichnis unserer Proseminararbeit entnehmen
können.
In den Sommerferien 2000 setzten wir uns daraufhin anhand unserer Lektüre intensiv mit dem
von uns gewählten Thema auseinander. Wir erfuhren viel Wissenswertes und Interessantes,
worauf wir sodann unsere Proseminararbeit
„Kinder & Jugendliche und deren
Alltagskultur“
aufbauten.
4
I.) Kinderalltag und „Medienkindheit“
Wenn wir einen Blick auf den Alltag und die Lebenswelt von Kindern werfen, ist ein deutlicher
Unterschied von einst zu heute nicht zu übersehen. Der Kinderalltag hat sich sehr stark
verändert und ist von einer hohen Komplexität gekennzeichnet.1
Einst gehörte das Spielen der Kinder auf öffentlichen Plätzen in ihren Wohngegenden zu
ihrem Alltag. Bei den reichhaltigen Spielangeboten gab es für die Heranwachsenden auch
meist etwas Neues zu erforschen. Heute jedoch sind solche Spielplätze in vielen Orten zu
einer Rarität geworden, und deshalb versammeln sich Kinder auch immer weniger in
Gruppen.
Viele Jungen und Mädchen verbringen ihren Tag zum Großteil zu Hause, und
anstatt von Gruppengemeinschaften werden zumeist nur einzelne Freundschaften gepflegt.
Eine weitere Veränderung des Kinderalltages läßt sich mit „Verinselung der Lebensformen“
beschreiben: Kinder haben keinen zusammenhängenden Lebensraum mehr; sie lernen,
wohnen und spielen an unterschiedlichen Orten.2 Zusätzlich stehen für die Heranwachsenden
keine - oder wenn, nur wenige - Räume zur Verfügung, die sie nach ihren Wünschen und
Vorstellungen gestalten können und in denen sie ihrer Kindheit „freien Lauf“ lassen können.
Aufgrund der Vielfalt moderner Familien- und Lebensformen, der Zunahme von
Alleinerziehenden sowie der steigenden Anzahl an Adoptiv- und Pflegefamilien3 und auch
aufgrund der veränderten Rollenverteilung (zahlreiche Mütter stehen im Berufsleben), sind
Kinder heute stärker denn je gefordert, ihre Identität selbst zu entwickeln4. Dabei bedienen
sich die Heranwachsenden einer Instanz, die ihnen in ihrem Sozialisationsprozeß stützend
unter die Arme greift: den Medien. Von diesen ist die heutige Kindheit so stark geprägt, daß
man bereits von einer sogenannten „Medienkindheit“ sprechen kann5.
1
vgl. Zentrum für Kindheits- und Jugendforschung 1993, Zinnecker 1996, Honig u.a. 1996
vgl. Zeiher 1983, 1989, Harms/Mannkopf 1989
3
vgl. Bertram 1992, Deutsches Jugendinstitut 1993
4
vgl. Hurrelmann/Mansel 1993, S. 92
2
5
Die Medien sind an der Sozialisation von Kindern u.a. insofern beteiligt, indem sie ihre
Wirklichkeit mitkonstruieren sowie Einfluß auf ihr Weltbild gewinnen können6 und auch, indem
sie sich den Kindern in ihren verschiedenen Formen als Gefährten im Alltag anbieten7.
Weiters nehmen sie Freiräume ein, die es den Kindern ermöglichen, verdrängte Phantasien
auszuleben8.
Innerhalb der Medien liegt die Präferenz der Kinder beim Fernsehen. Es entwickelt sich
immer mehr zum Erlebnismedium. Es ist besonders geeignet, das junge Publikum an sich zu
binden und mit den eingeschlossenen Interpretationsmustern als auch Handlungsangeboten
in seinen Geschichten und Protagonisten für die Jungen und Mädchen die Funktion eines
„Stellvertreters“ im Kinderalltag einzunehmen.9
II.) Helden-Bilder auf der Bildfläche
Zur Etymologie des Wortes „Held“:
Der Begriff „Held“ stammt aus dem Althochdeutschen.
Die Ursprungsworte lauten „hal“ und „helan“ , und sie bedeuten „decken“, „bergen“, womit
„sich bedecken“, „mit Rüstung schützen“ gemeint ist.10
Die Vorstellung vom Helden ist sowohl mit Tapferkeit und Mut im Krieg verbunden; sie drückt
aber auch seine Schutzbedürftigkeit, Verwundbarkeit und Schwäche aus.11
5
vgl. Hengst 1991, Charlton/Neumann-Braun 1992, S. 15
vgl. Heldenbilder im Fernsehen, Westdeutscher Verlag, Obladen 1998, S. 17
7
vgl. Bachmair u.a. 1984
8
vgl. Ebd.
9
vgl. Heldenbilder im Fernsehen, Westdeutscher Verlag, Obladen 1998, S. 17
10
vgl. Hirth 1987, S. 96
11
vgl. Heldenbilder im Fernsehen, Westdeutscher Verlag, Obladen 1998, S. 13, Fußnote 1
6
6
Schon in frühen Zeiten bildeten sich Heldenbilder als Spiegel sozialer und gesellschaftlicher
Entwicklungen heraus. Sie transportierten Vorstellungen, Wünsche und Hoffnungen, und
deren spezifische Gestaltung verdeutlichte, wie Menschen gedacht und gefühlt haben,
wonach sie sich gesehnt und worauf sie gehofft haben, wie sie sich und andere sahen und
gerne sehen wollten. Heldenbilder waren Ausdruck von persönlicher Identifikation und
Projektion.12
So wie einst sind auch heute noch - wenn auch in veränderter Gestaltung - Heldenbilder in
unserer Gesellschaft präsent. Ihre Funktionen innerhalb der Gesellschaft sind auch im 21.
Jahrhundert noch dieselben wie sie es in ihren Ursprüngen waren.
Heldenbilder, die auf den traditionellen Heldenbildern von einst basieren, sind bei uns in
zahlreichen medialen Formen zu finden. So beispielsweise in dem von heranwachsenden
Jungen und Mädchen präferierten Medium Fernsehen. Dieses offeriert den Kindern ein
reichhaltiges Angebot an Heldenfiguren, welche im Mittelpunkt des Kinderinteresses
stehen13. Die jungen Zuschauer wenden sich diesen Helden mit starken Emotionen zu und
setzen sich mit ihnen auf der Basis ihres Alters, entsprechend ihrem kognitiven, emotionalen
sowie sozialen Entwicklungsstand auseinander.14
Für Mädchen und Jungen, die nach attraktiven Helden, welche sich ihnen zur Bewältigung
ihrer Entwicklungsaufgaben anbieten und ihnen somit einen Weg durch die Schwierigkeiten
ihres Identitätsaufbaues weisen, verlangen, stellen Fernsehhelden Vorbilder und
Orientierungshilfen dar.15
Eine besondere Vorliebe von Kindern liegt in weiterer Folge darin, sich mit ihren
Heldenfiguren zu identifizieren, sich an ihnen zu messen, sich in ihnen wiederzuerkennen und
zu bestätigen sowie sich nach ihnen zu entwickeln.16
12
vgl. Heldenbilder im Fernsehen, Westdeutscher Verlag, Obladen 1998, S. 13
vgl. Ebd S. 17
14
vgl. Ebd.
15
vgl. Ebd. S. 14f
16
vgl. Ebd. S. 15
13
7
Heldenfiguren kommen für die psychosoziale Entwicklung von Kindern zwei weitere zentrale
Bedeutungen zu: 17
•Sie können die sozialen Beziehungen eines Kindes regulieren, z.B. ein Mädchen/Junge
wird oder ist Mitglied einer „Fan-Gemeinde“.
‚Die verbindende Funktion, die in der gemeinsamen Hinwendung zu einem Star bzw.
einem hoch favorisierten Fernsehhelden liegt, kann das Zusammengehörigkeitsgefühl
einer Gruppe, z.B. im Kindergarten, stärken.
Heldenbilder/-figuren spielen also im Alltag und im Sozialisationsprozeß von Kindern eine
wesentliche Rolle.
Es folgt nun ein Exzerpt aus der Fallstudie „Fernsehfavoriten und peer groups“, welche von
Priv. Doz. Dr. Ingrid Paus-Haase in Zusammenarbeit mit Susanne Keunecke und anderen
Mitarbeitern18 durchgeführt wurde.
In dieser Fallstudie sollte untersucht werden, ob und wie Figuren aus den Medien,
insbesondere des Fernsehens, die sogenannten MedienheldInnen (Paus-Haase u.a. 1991a;
1991b), für welche Kinder welche Bedeutungen einnehmen, wenn sie ihre sozialen
Beziehungen und ihre Rollen in den diversen peer groups konstituieren und erproben, ihre
Spiel- und Sozialerfahrungen machen sowie Selbst- und Fremdbilder als kognitiv-emotionale
Voraussetzungen für ihre Identitätsbildung entwerfen.19
17
vgl. Heldenbilder im Fernsehen, Westdeutscher Verlag, Obladen 1998, S. 20
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 299, Fußnote 1
19
siehe Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
18
8
III.) Exzerpt aus der Fallstudie
„Fernsehfavoriten und peer groups“
III.I.) Untersuchungsdesign
III.I.I:) Die Kindergärten20
Zur Durchführung der Untersuchung wurden Kindergruppen in 2 Kindergärten ausgewählt.
Kindergarten I (West):21
×Dieser Kindergarten liegt in einer Kleinstadt im nördlichen Münsterland; er ist in einer
eher kleinstädtisch-dörflichen Umgebung situiert.
×Er befindet sich in kirchlicher Trägerschaft.
×Zur Zeit der Untersuchung besuchten diese Einrichtung 75 Kinder.
×Die Betreuung der Kinder erfolgt - abgesehen von einigen Ausnahmen - nur vormittags.
×Die Gruppen setzen sich aus Kindern zwischen 3 und 6 Jahren zusammen.
×Jede Gruppe wird jeweils von einer Leiterin sowie einer Ergänzungskraft betreut.
×Die Ankunftszeiten der Kinder sind flexibel. Der Großteil der Kinder kommt zwischen 8.00
und 9.00 Uhr in den Kindergarten.
×Die Gestaltung der Vormittage erfolgt in relativ offener Form, z.B. Je nach Bedürfnis des
einzelnen Kindes kann dieses die Angebote im Gruppenraum sowie auf dem Spielplatz
nutzen.
An den von den Erzieherinnen zusätzlich offerierten Spiel- und Bastelangeboten können
die Kinder des weiteren freiwillig partizipieren.
×Die Einnahme des Frühstücks erfolgt nach eigenem Ermessen eines jeden Kindes.
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 300
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 300ff
21
vgl. Ebd. S. 301
20
9
×Gegen 12.00 Uhr wird in der Regel ein Stuhlkreis abgehalten.
Daraufhin werden die Kinder nach und nach von ihren Eltern abgeholt.
Kindergarten II (Ost):22
×Dieser Kindergarten ist in der ostdeutschen Großstadt Dessau situiert.
×Er befindet sich in kirchlicher Trägerschaft.
×Zur Zeit der Untersuchung besuchten diese Einrichtung 43 Kinder.
×In diesem Kindergarten bleiben die Kinder in der Regel bis zum späten Nachmittag.
×Die Gruppen setzen sich aus Kindern zwischen 3 und 6 Jahren zusammen.
×Jede Gruppe wird jeweils von einer Leiterin sowie einer Ergänzungskraft betreut.
×Der Tag läuft nach einem strikten Zeitplan ab.
Die meisten Kinder treffen bis ca. 8.00 Uhr im Kindergarten ein.
Nach dem Eintreffen der Kinder folgt das Frühstück.
Um ca. 8.30 Uhr wird der „Morgenkreis“ mit religiösen Themen abgehalten.
Zwischen 9.00 und 11.00 Uhr herrscht im Gruppenraum oder in der Spielanlage „offenes
Spiel“; den Kindern bieten sich u.a. Spiele und Bastelarbeiten an, und weiters werden
ihnen von den Erzieherinnen Märchen und Bibelgeschichten vorgelesen.
Um 11.00 Uhr wird gemeinsam zu mittag gegessen.
Von 12.00 bis 14.00 Uhr ist Mittagsruhe.
Nach einem Imbiß findet bis ca. 17.00 Uhr ein ähnliches Programm wie am Vormittag
statt.
22
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 302
10
III.I.II.) Die Untersuchungsfragen23
allgemeine Formulierungen:24
ðWelche Fernsehfiguren und -sendungen bzw. -genres nennen und favorisieren die
Kinder in ihren verbalen und spielerischen Auseinandersetzungen?
ðWelche Rollen nehmen diese Figuren in den Gesprächen und Spielen der Kinder
ein?
ðWelche Bedeutungen haben die Fernsehfavoriten für die Kinder - für ihre
Ich-Auseinandersetzung, für ihr Selbstbild und für den Aufbau von Vorbildern und
Orientierungen?
ðLassen sich Einflüsse des Fernsehens auf die sozialen Beziehungen unter den
Kindern, insbesondere für ihre freundschaftlichen Kontakte und für die Konstitution
bestimmter Interaktionsgruppen, feststellen?
Kern-Fragestellung:25
Welche Bedeutung haben Fernsehfavoriten für die sozialen Beziehungen der Kinder
untereinander in allen ihren komplexen Qualitäten und Varianten?
23
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 300f, 308
24
vgl. Ebd. S. 300f
25
vgl. Ebd. S. 308
11
III.I.III.) Die Erhebungsmethoden26
1.) Interviews mit den Kindern27
a) Gruppen-Interviews
Im Zuge dessen wurde auf folgende Aspekte geachtet:
ÄWelche Themen sind unter den Kindern gerade wichtig?
ÄMit welchen Fernsehgenres, - sendungen und -figuren befassen sich die Kinder der
jeweiligen Gruppe, und welche Bedeutungen, Eigenschaften und/oder Erwartungen
schreiben sie ihnen zu?
ÄWie sehen sich die Kinder selbst?
Wie gehen sie mit den anderen Kindern um?
Welche Verhaltensweisen und Spiele favorisieren sie in der Gruppe?
26
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 302 - 309
27
vgl. Ebd. S. 303f
12
b) Einzel-Interviews
Die Einzel-Interviews bauten auf den Gruppen-Gesprächen auf, und die ausgewählten
Jungen und Mädchen wurden nach
Äihren Lieblingssendungen und LieblingsheldInnen
Ädem Fernsehverhalten in der Familie
Äder Bedeutung ihrer Fernsehfavoriten für ihr
Spielverhalten allein, mit Freunden und in Gruppen
befragt.
c) Eine Handpuppe als Interviewpartnerin
Sowohl bei den Einzel- als auch bei den Gruppen-Interviews wurde eine Handpuppe
verwendet. Sie stellte für den Zugang zu den Kindern eine große Erleichterung dar.
Schon bald akzeptierten die Kinder die Handpuppe als „Mitbewohnerin“ des
Kindergartens, und manche Kinder schlossen mit ihr richtig Freundschaft.
Mit der Handpuppe war es weitgehend möglich, ein vertrauensvolles und offenes
Gesprächsklima zu schaffen.
13
2.) Interviews mit Erzieherinnen und Eltern28
a) Interviews mit den Gruppenleiterinnen
Die Gruppenleiterinnen sollten zu folgendem Fragenkomplex Stellung nehmen:
üWelcher Stellenwert kommt Medien und den entsprechenden
Medienverbundprodukten in der jeweiligen Gruppe zu, und welche
Bedeutung besitzen sie für das Spielverhalten der Kinder?
Welche Orientierungen und Vorbilder geben insbesondere die
Fernsehfavoriten ab - speziell für den Aufbau und das Aufrechterhalten von
Kontakten in der Kindergruppe?
üWelchen Stellenwert haben Medien in der Kindheit der Gruppenleiterinnen
selbst eingenommen, und wie beurteilen sie heute deren Bedeutung?
üWie lassen sich die kognitiven, sozialen und emotionalen Entwicklungen
des jeweiligen Kindes einschätzen?
üIn welchen Familienverhältnissen wachsen die Kinder auf (Familienform,
Geschwisterzahl, Berufstätigkeit der Eltern,...)?
üWelche Bedeutungen schreiben die Kinder ihren jeweiligen
Fernsehfavoriten zu bzw. wie erleben sie die der anderen Kinder im Alltag
des Kindergartens?
28
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 304f
14
b) Die Eltern-Interviews
Hierbei umfaßte der Fragenkomplex:
üWelchen Stellenwert haben Medien, speziell Fernsehfavoriten und
entsprechende medienbezogene Spielfiguren, für das Kind als
Orientierungsvehikel und Vorbilder, für seine Freundschafts- und
Gruppenbeziehungen sowie für sein Spielverhalten?
üWelche Einstellungen haben die Eltern zum Medienverhalten und
einschlägigen Spielen ihres Kindes, und wie setzen sie sie in ihrer
Erziehung ein?
üWelche Rolle spielten Medien in der Kindheit der Eltern selbst, und wie
beurteilen sie diese heute?
3. Verhaltensprotokoll29
Das linear und kindzentriert geführte Verhaltensprotokoll registrierte ein Gesamtbild der
Persönlichkeit des ausgewählten Kindes, speziell seines (Spiel-) Verhaltens im Alleinspiel
sowie in der Interaktion mit einem oder mehreren Spielpartnern im Kindergarten.30
29
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 305f
30
siehe Ebd. S. 305
15
Zu den nachfolgenden Kategorien wurden Aufzeichnungen getätigt:31
GOrt: Notiert wurde, wo sich ein Kind aufhielt und welche Spielarten an dem betreffenden
Ort gewählt wurden.
GInteraktionspartnerInnen: Zur Aufzeichnung kamen die InteraktionspartnerInnen, mit
denen zum fraglichen Zeitpunkt eine Interaktion stattfand.
GTätigkeiten: Das Spielthema der Kinder und die dabei benutzten Gegenstände wurden
aufgezeichnet.
GGesprächsthemen und verbale Äußerungen: Bezogen auf die Handlungen des Kindes,
den Gegenstand einer Unterhaltung und
bezogen auf besonders auffällige
Wortäußerungen wurden die verbalen
Äußerungen der InteraktionspartnerInnen
niedergeschrieben.
GStimmungen und Gefühlsäußerungen:Alle emotionalen Äußerungen bzw.
Gestimmtheiten der agierenden Kinder wurden zu
Protokoll gebracht.
31
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 305f
16
GDatum des Protokolls
Gprotokollierte Zeit
Gzugehörige Gruppe
GName des Protokollanten bzw. der Protokollantin
4. medienbezogenes Protokoll32
Hierbei handelte es sich um ein punktuell-themenzentriertes „medienbezogenes Protokoll“,
mit dessen Hilfe einzelne medienbezogene Spielszenen und die in ihnen geäußerten
Verhaltensweisen festgehalten werden konnten.
Zu Protokoll genommen werden konnten:
-verbale Äußerungen
-Spielkontakte der Kinder, die sich unmittelbar als
medienbezogen identifizieren ließen
Hinsichtlich ihrer Kategorien glichen die „medienbezogenen Protokolle“ den
Verhaltensprotokollen.
Die beiden Protokolle stimmten auch darin überein, daß sie sich auf eine Spielszene und
nicht auf ein einzelnes Kind bezogen.
32
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 306f
17
5. initiierte medienbezogene Rollenspiele33
2 ebenfalls analytisch registrierte Rollenspiele erfolgten unter teilnehmender systematischer
Beobachtung des Untersuchungsteams.
Als Impuls für die Rollenspiele wurden Spielfiguren aus der Fernsehserie „Peter Pan“ und aus
dem Spielfilm „Käpt`n Hook“ herangezogen.
Zu Spielbeginn gab das Beobachtungsteam den Kindern einige Anregungen vor. Daraufhin
blieb es im Hintergrund, um das Spiel so wenig wie möglich zu beeinflussen. Baten jedoch
die Kinder um Hilfe, z.B. bei der Beschaffung von Requisiten, bei der Kostümierung, halfen
die BeobachterInnen bereitwillig. Ansonsten wurde nur in Ausnahmefällen und auf
ausdrücklichen Wunsch der agierenden Kinder eingegriffen.
Betreffend die initiierten medienbezogenen Rollenspiele wurde von den BeobachterInnen
Nachstehendes zu Papier gebracht:34
èDatum und Protokollzeit
èbeteiligte Personen sowie deren Tätigkeit, prägnante verbale Äußerungen und
emotionale Befindlichkeit
èArt der (Inter-)Aktion innerhalb der Spielszene als auch jeder Wechsel in der
Spielaktion
èBemerkungen zu Aktionen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem
Rollenspiel der Kinder standen
33
34
vgl. Ebd. S. 307f
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 307f
18
Während der initiierten medienbezogenen Rollenspiele photographierte das
Beobachtungsteam die Kinder in ihren Spielaktionen. Weiters wurden während der gesamten
Spielzeit Tonbandaufnahmen getätigt.
Basierend auf den handschriftlichen Protokollnotizen sowie der Tonbandmitschnitte fertigte
das Untersuchungsteam anschließend ein ausführliches Gedächtnisprotokoll an.
6. Forschungstagebuch35
Darin vermerkten die BeobachterInnen zusätzlich alle wichtig erscheinenden Informationen
und Ereignisse des Tages, welche kategoriell nicht zu erfassen waren.
7. Kinderzeichnungen36
Nach den - unter Punkt III.I.III.)1.)a) angeführten - Gruppen-Interviews, ersuchte das
Beobachtungsteam alle Kinder einer Gruppe, Zeichnungen von ihren Fernsehfavoriten
anzufertigen.
Auf diese Weise war die Überprüfung, welche Helden bzw. Heldinnen die einzelnen Kinder
verehrten bzw. inwieweit sie als Gruppenthema fungierten, nochmals möglich.
Weiters verdeutlichten die Zeichnungen in außerordentlich charakteristischer Weise, welchen
Favoriten die Kinder welche Bedeutungen zuwiesen.
35
36
vgl. Ebd. S. 308
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 308f
19
III.II.) Untersuchungsergebnisse
Hierbei wird zur Anmerkung gebracht, daß nachfolgend angeführte Untersuchungsergebnisse
auf einer persönlichen Selektion der für Birgit Moser am wichtigsten erschienenen
Ergebnisse beruhen.
Sollte der Bedarf an zusätzlichen, genaueren und ausführlicheren Informationen über die
Untersuchungsergebnisse bestehen, wird empfohlen, diese der Lektüre
Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der
Schriftenreihe der Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung
des Fernsehens in der Lebenswelt von Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag,
S. 309 - 334
zu entnehmen.
20
III.II.I.) Die Fernsehfavoriten der Kinder37
1.) Kindergarten I (West)38
Von den Kindern wurden folgende Fernsehangebote präferiert:
J„Sesamstraße“
J„Darkwing Duck“
J„Sendung mit der Maus“
J„Power Rangers“
J„Disney-Club“
J„Batman“
J„Team Disney“
J„König der Löwen“
J„Chip und Chap“
Bei der Auswertung der Nennungen zeigte sich, daß die Kinder viel häufiger Serien
kommerzieller Sendeanstalten, insbesondere deren Animationsprogramme, als die öffentlichrechtlichen Angebote nannten.
Ein weiteres Augenmerk ist darauf zu legen, daß neben dem Geschlecht auch das Alter der
Kinder darüber entschied, welche Sendungen und Figuren favorisiert wurden, z.B. Kinder
zwischen 3 und 4 Jahren erklärten öfters die „Sesamstraße“ sowie die „Sendung mit der
Maus“ zu ihren Lieblingssendungen als 5 und 6jährige Kinder.
Die Untersuchung brachte außerdem zutage, daß die Fernsehvorlieben der Kinder auch
davon abhingen, ob die einzelnen Haushalte über Satellitenempfang verfügten oder nicht.
37
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 309 -313
38
vgl. Ebd. S. 309
21
2.) Kindergarten II (Ost)
Bei den Kindern dieses Kindergartens lag die Präferenz bei den kommerziellen
Fernsehangeboten.
Öffentlich-rechtlichen Programmen maßen diese Kinder wenig Bedeutung zu, denn bis auf
vereinzelte Ausnahmen wurde keine Sendung der öffentlich-rechtlichen Anbieter genannt.
Zu den Lieblings-Fernseh-Angeboten der Dessauer Kinder zählten:
J„Bugs Bunny“
J„Chip und Chap“
J„Darkwing Duck“
J„Power Rangers“
J„Batman“
J„Mickey und Donald“
J„Winnie Pooh“
Zwischen den west- und den ostdeutschen Kindern waren markante Unterschiede bei den
Fernsehpräferenzen auszumachen.
Als Gründe und Motive für dieses Faktum lassen sich aufzählen:39
Üin Ost und West lagen Unterschiede in der „Fernsehkultur“ vor
Üzwischen Ost und West herrschte betreffend das Wohnumfeld und die
Familienstruktur Inkongruenz
39
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 310 - 313
22
Üder Tagesablauf der ost- und der westdeutschen Kinder war nicht ident
Üunter den Erzieherinnen in Ost und West lagen zu Fernsehen und Video
divergierende Erziehungsstile und Einstellung vor
III.II.II.) Geschlechtsspezifische Differenzen bei der Favorisierung von
Fernsehfiguren40
1.) Die Favoriten der Jungen41
Aus den Interviews ging hervor, daß die Jungen die privatkommerziellen Sender bevorzugten
und diese auch öfter einschalteten als die Mädchen.
Es wurde auch festgestellt, daß die 5 und 6jährigen Jungen abenteuer- und actionorientierte
Sendungen, z.B. „Power Rangers“, „Batman“, „Superman“, „Raumschiff Enterprise“, als auch
eher historisch angelegte Serien, z.B. „Prinz Artus“, „Robin Hood“, bevorzugten.
In all diesen Fernsehangeboten wird das Thema „Überwinden von Gefahr mit Hilfe von
Superkräften“ fokusiert und zahlreich variiert.
In jeder der eben angeführten Sendungen werden die Haupt-Protagonisten von „Superhelden“
verkörpert. Zahlreiche Jungen nannten diese Helden als ihre vorrangigen Favoriten, und sie
identifizierten sich mit deren Kräften und Erfolgen.
Während des Untersuchungszeitraumes überragte „Batman“ mindestens in einer Gruppe des
westdeutschen Kindergartens, (und er war auch zentrales Spielthema der Jungen).
40
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 313 - 317
41
vgl. Ebd. S. 314 - 317
23
Nicht nur in den Interviews, sondern gleichsam in den Zeichnungen der Jungen wurde den
Helden der Action-Serien am meisten Bedeutung zugemessen.
Vor allem bei den ostdeutschen Jungen beinhalteten die Zeichnungen die bevorzugten
„Power Rangers“ sowie „Batman“.
Wie aus der Untersuchung hervorging, schienen Jungen primär von Themen wie „Stärke“,
„Kämpfen“, „Überlegenheit“ fasziniert zu sein - zahlreiche Jungen zeigten für oberflächliche
Actiontypen und stereotype Handlungsabläufe im Sinne von „Bedrohung - Kampf - Sieg“
(Paus-Haase 1991a, 1991b, 1994b) große Begeisterung.
2.) Die Favoriten der Mädchen42
Die oben angeführten Superhelden der Jungen hatten für die meisten Mädchen weder in ihren
Zeichnungen noch in ihren Interviews Bedeutung. Eine Ausnahme bildeten 2 Mädchen aus
dem ostdeutschen Kindergarten: das eine Mädchen schwärmte für die „Power Rangers“, und
das andere identifizierte sich mit „Superboy“.
Im Ganzen gesehen, bevorzugten die Mädchen, besonders jene im westdeutschen
Kindergarten, die traditionellen Kindersendungen „Sesamstraße“, „Sendung mit der Maus“
und „Disney Club“. Videofilme, z.B. „Arielle“, waren sowohl im Westen als auch im Osten sehr
beliebt.
Die Mädchen aus dem Münsterland hatten nebenher noch an Figuren aus Kino- und
Videofilmen, z.B. „König der Löwen“, „101 Dalmatiner“, großes Interesse.
Die Dessauer Mädchen zeigten zusätzlich für Animationsfilme große Begeisterung. Hierbei
standen die Protagonisten „Schlumpfine“, „Chip und Chap“, „Winnie Pooh“, „Bugs Bunny“,
„Mickey und Donald“ sowie „Arielle“ ganz oben auf der Favoritenliste. Aber auch die täglich
42
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 315ff
24
ausgestrahlte Soap Opera „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ fand bei den ostdeutschen
Mädchen großen Anklang.
Bei der Betrachtung der Fernsehfavoriten der Mädchen auf ihre Thematiken hin, zeigte sich,
daß Mädchen einen Großteil ihrer Aufmerksamkeit auf soziale Beziehungen, ausgemalte
Schicksale und „innere Handlungen“ richteten.
Aber auch bei den Mädchen konnte im Untersuchungszeitraum das Bedürfnis nach starken
Heldinnen festgestellt werden. „Pippi Langstrumpf“ - das Paradebeispiel für eine mutige und
starke Heldin - tauchte in Spielen und Zeichnungen der Mädchen auch auf.
Was die Untersuchung ebenfalls ergab, war die Neigung der Mädchen für Soap Operas mit
ihren (vermeintlich) lebensechten Problemen und Beziehungskonflikten.
Ein weiteres interessantes Untersuchungsergebnis war, daß alle Mädchen von „typisch
weiblichen“ Vorbildern, mit welchen sich Weichheit und Schönheit betonen lassen, angetan zu
sein schienen. Für so manches Mädchen verkörperte Maren Gilzer aus der Sendung
„Glücksrad“ ein solches Vorbild - möglicherweise sahen zahlreiche Mädchen in ihr ein
weibliches Ideal und Leitbild, dem sie nacheifern wollten.
25
Obwohl sich die - eben angeführten - Fernsehfavoriten der Jungen mit jenen der Mädchen so
gut wie kaum deckten, muß ergänzend hinzugefügt werden, daß aus der Untersuchung auch
hervorging, daß einige Sendungen von Jungen ebensosehr gemocht wurden wie von
Mädchen, z.B.43
J„Sesamstraße“
J„Die Sendung mit der Maus“
J„Disney-Club“
J„Team Disney“
J„Mein Vater ist ein Außerirdischer“
J„Chip und Chap“
J„Bugs Bunny“
J„Mickey und Donald“
J„Darkwing Duck“
III.II.III.) Geschlechtsspezifische Differenzen beim Spiel mit
Fernsehfiguren44
Wie bereits aus den vorangegangenen Untersuchungsergebnissen ersichtlich, nahmen
Fernsehen und Video in der Lebenswelt der Kinder einen wichtigen Platz ein.
Was die BeobachterInnen bei ihrer Forschung weiters erkennen konnten war, daß Kinder ihre
Fernsehfavoriten auf unterschiedliche Weise verwendeten, z.B. Handlungen und Attribute
konnten als Spielvorlagen dienen und damit die Spiele inhaltlich erweitern45.
Die Tatsache, daß Kinder, wenn sie in ihr Spiel Video- und Fernsehszenen einbauen wollten,
es präferierten, sich für Rollenspiele zu entscheiden, stellte auch ein interessantes
Erhebungsresultat dar. Im Zuge der Rollenspiele bot sich den Kindern die Möglichkeit, viele
43
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 317
44
vgl. Ebd. S. 317 - 321
45
siehe Ebd. S. 317
26
neue Rollen ohne Risiko auszuprobieren und ihr Verhaltensrepertoire sowie Rollenspektrum
zu differenzieren. Ihre Spiele gewannen dadurch einen vielseitigen und den jeweiligen
Lebenssituationen angemessenen Charakter.46
Des weiteren konnte das Untersuchungsteam herausfinden, daß im Rahmen der
Medienspiele und Rollenübernahmen durch die Jungen und Mädchen geschlechtsspezifische
Muster auftauchten:47
1.) Medienspiele und Rollenübernahmen bei Mädchen - eine kurze Darlegung der
diesbezüglichen Untersuchungsergebnisse48
a) Die Medienspiele und Rollenübernahmen der Mädchen betrafen besonders jene Filme,
welche sie - in Form von Videofilmen oder Kinovorstellungen - außerhalb ihres täglichen
Fernsehprogrammes sahen, z.B.
„Pippi Langstrumpf“
„König der Löwen“
„101 Dalmatiner“
b) Die Mädchen bevorzugten nebenher Spielhandlungen mit „Vater-Mutter-Kind“,
„die Familie“ oder „das Kochen“ als Handlungsmittelpunkt.
c) Das Spielverhalten der Mädchen war eher von introvertiertem und differenzierendem
Charakter.
46
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 317f
47
vgl. Ebd. S. 318
48
vgl. Ebd. S. 318 - 321
27
d) Mädchen suchten sich im Spiel sehr häufig eine (hauptsächlich im übertragenen Sinn)
starke Mädchenfigur.
Gerne schlüpften sie auch in Tierrollen.
e) Es gehörte weiters zu den Präferenzen der Mädchen, Fernseh- und Filminhalte
bzw. -handlungen mit anderen beliebten Geschichten zu verknüpfen.
f) Eine typische Spiel-Eigenart der Mädchen zeichnete sich folgend ab: Sehr oft schauten
sich Mädchen nach einem Bezug zur Realität um, vor allem, wenn es mit der Ordnung
der sozialen Beziehungen zu tun hatte. So wurden nicht selten Beziehungsmuster, z.B.
„Vater-Mutter-Kind“, von Mädchen über Medieninhalte „gestülpt“.
Daß Mädchen oft Bezüge zur Wirklichkeit suchten, wurde auch durch die Tatsache
bekräftigt, daß sie oftmals wesentliche Momente ihrer Lebenswelt mit in ihren Spielen
integrierten Medienszenen vermischten.
g) Wenn Mädchen nach Macht und Stärke rangen, war ihr Streben meist nicht auf
Muskelkraft und „Waffengewalt“ beschränkt, sondern mit sozialer Position und
Kompetenz verknüpft.
h) Medienbezogenes Spielzeug war unter den jungen Fräulein stark verbreitet. Hierbei
waren Puppen aus weichen Materialien sowie Kuscheltiere - allesamt Figuren aus den
klassischen Kindersendungen und Kinofilmen - das bevorzugte Spielzeug zahlreicher
Mädchen.
28
2.) Medienspiele und Rollenübernahmen bei Jungen - eine kurze Darlegung der
diesbezüglichen Untersuchungsergebnisse49
a) Viele Jungen bevorzugten es, daß sich ihre Spiele um Action-Helden, z.B. „Batman“,
„Power Rangers“, „Robin Hood“, „Prinz Artus“, „Superman“, drehten.
Diese Helden sind imstande, natürliche Gesetze zu überwinden, und sie können jedes
Hindernis bewältigen.
b) In ihren Spielen beschäftigten sich Jungen vielfach mit fiktiven Männlichkeitsikonen, z.B.
Cowboys, Ritter, Vampire.
(Diese phantastische Neigung lebten Jungen beim Spielen schon seit jeher aus.)
c) Im Vergleich zu den Spielen der Mädchen waren jene der Jungen oftmals lauter und
mit mehr Bewegung verknüpft. Das ergab sich daraus, daß Jungen die Rollen, in die
sie geschlüpft waren, gerne mittels Geschrei, „Kampfaktionen“ und Herumtollen
demonstrierten.
d) Das Spielverhalten der Jungen war stark von offensivem und plakativem Vorgehen
gekennzeichnet.
e) Eine Verknüpfung mit der eigenen Wirklichkeit weckte bei den Jungen recht wenig
Interesse.
Mit weitaus größerer Begeisterung übertrugen sie ihre Themen in phantastische Welten,
in denen physikalische Gesetze außer Kraft traten.
f) So wie es bei den Mädchen der Fall war, war medienbezogenes Spielzeug auch bei den
Jungen sehr verbreitet. Im Besitz der Jungen standen vorwiegend Nachbildungen ihrer
Superhelden und deren technische Ausstattung aus Hartplastik.
49
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 318 - 321
29
III.II.IV.) Bedeutungen der Fernsehfavoriten - in Kategorien
angeordnet50
Allgemeines:
Es ist möglich, die Verhaltensweisen und Spielinteraktionen der Kinder nach gewissen,
grob umrissenen Funktionalitäten in Kategorien einzuordnen. Diese Funktionalitäten sind
für die kindliche Psyche und Entwicklung als auch für die Situierung im sozialen Gefüge
bedeutsam.
Die nun folgenden Kategorien sind induktiv gewonnen. Sie beziehen sich bedarfsweise auf
theoretische Begründungen, aber sie streben kein geschlossenes, eindeutig verortbares
Konzept an.51
Folgendes ist von Birgit Moser bewußt in der Zeitstufe Gegenwart verfaßt worden, da es für die Studentin als
allgemein anwendbar erschien.
a) Fernsehfavoriten erweitern Selbstbilder und verkörpern Wunschbilder52
Kinder wählen auf unterschiedliche Weise aus den Medienfiguren bestimmte Typen
aus. Die Jungen und Mädchen sehen diese Typen in wichtigen Aspekten als ihnen
ähnlich an, jedoch verkörpern jene Typen die erstrebenswerten Fähigkeiten besser, und
sie vermögen es auch, Wünsche besser auszudrücken.
50
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 321 - 330
51
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 321
52
vgl. Ebd. S. 321f
30
Bei der Art und Weise wie Kinder nun mit diesen „Figuren-Typen“ umgehen, scheint es,
daß es sich um wirkliche Beziehungen handelt, welche die Kinder mit jenen „FigurenTypen“ eingehen.
Auf diese Weise werden die Fernsehfavoriten einerseits zur Möglichkeiten der
Selbstdarstellung, andererseits nehmen sie die Funktion als „erweitertes Ich“ ein,
indem sie kindliche Phantasien „vergrößern“ bzw. ein „virtuell verstärktes Ich“
ermöglichen.
Den Kindern steht die Möglichkeit offen, ihre Favoriten zu verfremden und sie ihren
originalen Aktionszusammenhängen zu entziehen. Weiters können die Jungen und
Mädchen ihre Favoriten in ihrer Wahrnehmung nach eigenen Vorstellungen
umkonstruieren und vielfach ausdeuten.
b) Fernsehhelden als Projektionsgefäße für das „andere Ich“53
Fernsehhelden können den Kindern als projektive Anregungen und Orientierungen für
ihre weitere Entwicklung dienen.
53
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 322f
31
c) Fernsehfiguren als Projektionsobjekte für Aggressionen54
Wenn es bei Kindern zutrifft, daß Erfahrungen oder Strafmaßnahmen mit ihren
persönlichen Strebungen zusammenstoßen, oder wenn Jungen und Mädchen
Widerstand, möglicherweise sogar Liebesverlust, bei Personen ihrer Umgebung
befürchten müssen, können Fernsehfiguren für Kinder als Projektionsobjekte für ihre
Emotionen, im besonderen für ihre Aggressionen, dienen.
d) Fernsehfiguren trösten über unerfüllte Wünsche im Alltag hinweg55
Wenn der Alltag und die Sozialbeziehungen von Kindern frustrierend sind, können
Fernsehfiguren den Jungen und Mädchen oftmals Trost spenden.
e) Fernsehfiguren als virtuelle Spielpartner56
Fernsehfiguren stellen nicht nur in gegenständlicher Form (als Spielfiguren,
Kuscheltiere,...), sondern auch in virtueller Form Spielpartner für Kinder dar.
Viele Jungen und Mädchen beschäftigen sich in ihrer Phantasie mit Medienfiguren;
diese werden von den Kindern auf vielfältige Weise ausgedeutet und für jeweils
unterschiedliche Strebungen verwendet.
Jungen und Mädchen setzen ihre Fernsehfiguren nach ihren eigenen Bedürfnissen und
Möglichkeiten ein, und auf gleiche Weise, d.h. auch hier nach ihren eigenen
Bedürfnissen und Möglichkeiten, setzen sie sich mit ihnen auseinander, denn die
54
55
vgl. Ebd. S. 323f
vgl. Ebd. S. 324
32
Spielfiguren stehen ihnen zu jeder Zeit zur Verfügung, sie erbringen keine Reaktionen,
sie setzen den Kindern keine Grenzen und fordern keine unerfüllbaren Leistungen.
Für Kinder erweisen sich Fernseh-/Medienfiguren als erprobte Mittel zum
Experimentieren mit Rollen. Sie eigenen sich für Jungen und Mädchen des weiteren zur
Entlastung von Alltagserwartungen in der Ich-Auseinandersetzung (Charlton/Neumann
1982, 1986. 1990).
f) Fernsehfiguren als Vorlagen für Rollenspiele57
Rollenspiele sind unter den Kindern sehr beliebt, und als Vorlage dazu dienen nicht
selten Fernsehfiguren.
Ist unter den Jungen und Mädchen die Entscheidung, worum sich das folgende
Rollenspiel drehen soll, gefallen, ist es oftmals der Fall, daß - betreffend der
Rollenverteilung - unter den Kindern Streitigkeiten entflammen.
Herrscht schließlich einigermaßen Einigkeit darüber, welches Kind in die Rolle welcher
Figur schlüpft, kann das Rollenspiel beginnen. Anfangs legen die Kinder ihr Augenmerk
besonders darauf, daß ihre Spielpartner ihre Rollen gemäß den bekannten
Eigenschaften, Fähigkeiten und Erwartungen, die unmittelbar mit jeder Figur verbunden
sind, wahrnehmen. Jedoch im weiteren Verlauf des Spiels weichen die Jungen und
Mädchen ziemlich oft von ihren Rollen ab und vermischen dieselbigen mit anderen
Erfahrungen.
56
57
vgl. Ebd. S. 324f
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 325ff
33
Bei Kindern dienen u.a. auch gewaltorientierte Sendungen, z.B. „Batman“, „Power
Rangers“, als Vorlagen für ihre Rollenspiele. Obwohl beispielsweise bei den beiden
eben genannten Fernsehangeboten Gewalt ein zentrales Thema darstellt, ist es äußerst
wichtig darzulegen, daß - laut den Beobachtungen der ForscherInnen dieser
Untersuchung - trotz dieses Faktums bei den Kindern keine Steigerung der
Aggressions- und Konfliktneigungen festzustellen war und auch keine neuen Konflikte
hervorgerufen wurden.58
g) Fernsehfiguren als „Eintrittskarte“ und Integrationsmittel in der Kindergruppe59
Kindern bietet sich die Möglichkeit, mit ihren Kenntnissen, Figuren und/oder
Präferenzen betreffend die einen oder anderen Medien-Themen, Fernsehfavoriten
und/oder Fernsehserien Aufmerksamkeit und Ansehen zu erlangen, um in der begehrten
und umworbenen „peer group“ anerkannt zu werden und möglichst die ersehnte und
erstrebte soziale Position zu erreichen.
h) Fernsehfiguren und Medienkenntnisse zur Stärkung des Ansehens in der Gruppe60
Wie bereits erwähnt, nutzen Kinder das Ansehen ihrer Fernsehfavoriten, um
Aufmerksamkeit zu erreichen.
Des weiteren gebrauchen sie es, um sich in einer Gruppe einer bestimmten, wenn
möglich herausragenden, Rolle zu bemächtigen und somit die Gruppe sozial zu
hierarchisieren.
58
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 326
59
vgl. Ebd. S. 327
60
vgl. Ebd. S. 327f
34
Bei Kindern reichen Medienkenntnisse allein jedoch nicht aus, um in Kindergruppen
„Führungspositionen“ zu besetzen; dazu bedarf es mehr:
* Kinder müssen grundsätzlich einmal dazu imstande sein, ihre relevanten
Fernsehthemen und -figuren zur Sprache zu bringen und sich damit bei den anderen
Kindern Gehör zu verschaffen. Erst dann ist es Jungen und Mädchen möglich,
aufgrund ihrer Fernsehthemen und -figuren in der Kindergruppe eine bestimmte
Position zu erlangen.
* Des weiteren ist es für Kinder, um in Kindergruppen „Führungspositionen“ zu
erlangen, vonnöten, daß sie über die Fähigkeit verfügen, sich Spiele auszudenken
und zu initiieren, jene in der Gruppe zu vertreten sowie aufrechtzuerhalten und in die
Spiele andere Kinder miteinzubeziehen.
Anbei sei erwähnt, daß - wie aus den Beobachtungen des Forschungsteams hervorging
- die Wertigkeiten der Fernsehfiguren unter den Kindern ohne weiteres differieren
können und von deren Prestige nicht allein die Gruppenbeziehungen bestimmt
werden. 61
i) Medienspiele schaffen und regeln Freundschaften62
Kinder nutzen ihre Fernsehfavoriten zur vielfältigen und phantasievollen Unterstützung
und Prägung ihrer Freundschaften.
Des weiteren wird Kindern aufgrund gemeinsamer Präferenzen für beispielsweise ein
bestimmtes Medien-Thema, eine Fernsehsendung, ein Fernsehgenre, eine oder
61
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 328
62
vgl. Ebd. S. 328f
35
mehrere Fernsehfiguren bzw. -helden die Möglichkeit eröffnet, anderen Jungen und
Mädchen Sympathie und Gemeinsamkeiten zu signalisieren und mit ihnen neue
Freundschaften zu schließen.
Obwohl Jungen und Mädchen ihren Fernsehfavoriten große Bedeutung zumessen, muß
folgendes betonend hinzugefügt werden:
Die Beziehungen zu anderen Kindern und die Formen, wie sie ihre Freundschaften
regeln, sind Kindern immer noch wichtiger als ihre Faszination für die eine oder andere
Fernsehfigur. Kinder sind bereit, ihre Fernsehlieblinge und -neigungen den
Freundschaften mit anderen Jungen und Mädchen zu opfern, sie zumindest
zurückzustellen.63
j) Fernsehfiguren als Gesprächsinhalte und verbale Attacken64
Wenn Kinder miteinander Gespräche führen, drehen sich ihre Unterhaltungen recht oft
um ihre Fernsehfavoriten. Die Vorzüge und Besonderheiten von Fernsehfiguren bzw. favoriten bieten Kindern reichlich Gesprächsstoff, und im Zuge ihres
Gedankenaustausches können so die Jungen und Mädchen miteinander erste Kontakte
knüpfen.
63
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 329
64
vgl. Ebd. S. 329f
36
Des weiteren sei zu erwähnen:65
*Das gemeinsame Wissen über und die gemeinsame
Begeisterung für die Favoriten kann eine Gruppe
zusammenhalten und zugleich Grenzen zu anderen
markieren.66
*Hin und wieder ziehen Jungen und Mädchen ihre
Fernsehlieblinge auch dazu heran, um über diese
verbal zu attackieren und „verbale Kämpfe“
auszutragen.
III.II.V.) Bedeutungen der Fernsehfiguren für ausländische Kinder67
Im Rahmen der Fallstudie „Fernsehfavoriten und peer groups“ untersuchte das
Beobachtungsteam auch, welche Bedeutung Fernsehfiguren für ausländische Kinder hatten.
Das Forschungsteam kam einerseits zu dem Ergebnis, daß alle Bedeutungen, die bereits für
die deutschen Kinder angeführt wurden, gleichsam auch für die ausländischen Kinder
galten.68
65
vgl. Ebd. S. 329
siehe Ebd.
67
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 331
68
vgl. Ebd.
66
37
Andererseits ergaben die Beobachtungen des Forschungsteams auch noch, daß das
Fernsehen mit den darin präsentierten und agierenden Figuren für nicht-deutsche Jungen und
Mädchen noch weitere wichtige Bedeutungen hatte:69
²Kinder mit nicht-deutschem-familiären Hintergrund konsumierten das Fernsehangebot
ziemlich stark. Besonders die Jungen zeigten große Begeisterung für das Medium
Fernsehen. Sie kannten zahlreiche Sendung, welche sie regelmäßig sahen, und
entsprechend ihrer Präferenz für dieses bestimmte Medium, thematisierten die Jungen
ihre Fernsehlieblinge recht oft.
²Die Medien-Figuren und medialen Spielsachen konnten den ausländischen Kindern
dabei helfen, von den deutschen Jungen und Mädchen leichter und schneller in
deren Gruppen aufgenommen zu werden.
²Im Vergleich zu deutschen Jungen war bei nicht-deutschen eine deutlichere und
emotional innigere Fixierung auf Fernsehfiguren, besonders auf männliche FernsehHelden, erkennbar. In diesen Helden entdeckten viele ausländische Jungen die
männlichen Ideale, an denen sie sich orientieren wollten, in noch uneingeschränkter und
unangefochtener Form.
69
vgl. Ebd.
38
Es ist deutlich erkennbar, daß diese Fallstudie - „Fernsehfavoriten und peer groups“ - viele
Belege und konkrete, interpretierbare Beobachtungen darüber liefert, wie wichtig
Medienerlebnisse für die Entwicklung und das Sozialverhalten der Kinder sind und welche
Bedeutungen den Medienfavoriten - bei der Schaffung von Beziehungen und sozialen
Positionen in den peer groups, bei der Gestaltung von Spielen, beim Ausagieren von
Bedürfnissen, Erfahrungen und psychischen Befindlichkeiten, bei der Wahrnehmung von
Handlungen und Interaktionen - in den Gruppen des Kindergartens zukommen.70
70
vgl. Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der Schriftenreihe der
Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von
Vorschulkindern. Herausgeber: Vistas-Verlag, S. 332
39
Literaturverzeichnis
& Heldenbilder im Fernsehen, Westdeutscher Verlag, Obladen 1998,
S. 13 - 24; S. 212 - 220
& Hans-Dieter Kübler, Wolfgang H. Swoboda: FernsehheldInnen in Kindergruppen. In der
Schriftenreihe der Landesmedienanstalten: Wenn die Kleinen Fernsehen. Die
Bedeutung des Fernsehens in der Lebenswelt von Vorschulkindern. Herausgeber:
Vistas-Verlag, S. 309 - 334