ein klassischer langbogen, gefer- tigt aus einem Stück Holz ist eher

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ein klassischer langbogen, gefer- tigt aus einem Stück Holz ist eher
WERKSPUREN 1|2014
THOMAS EMMENEGGER
(TEXT UND FOTOS)
pfeilbogenbau
Ein klassischer Langbogen, gefertigt aus einem Stück Holz ist eher
schwierig auf der Sekundarstufe I
umzusetzen. Es braucht sehr viel
Gespür für das Material und
entsprechende Ausdauer (Allerdings: Der Aufwand lohnt sich.)
Stufengerechter ist die Produktion
verklebter Bögen. Mit dem
Belegen des Holzkernes mit
unidirektionalem Glaslaminat
entfällt die heikle Arbeit des
Tillerns (die Abstimmung der
Wurfarme, sodass diese sich
gleichmässig krümmen).
Hier werden beide Varianten
vorgestellt. Die Anleitung ist als
Anregung gedacht – vor der
Umsetzung müssen noch einige
Zusatzinformationen beschafft
werden. Einige weiterführende
Links finden sich am Ende des
Beitrags.
WERKSPUREN
1|2014
Dieser Langbogen wurde aus einem Stück Akazie gefertigt –am Bogenrücken zieht sich ein Jahresring komplett durch.
Die Erfindung des Bogens war ein wesentliches Ereignis in der Entwicklung des
Menschen – für die Beschaffung von
­Nahrung und leider auch für kriegerische
Auseinandersetzungen. Die Vorstellung,
dass die ersten Bögen aus dünnen Stämmchen oder Ästen und einer Sehne aus
­Pflanzen- oder Tierfasern gefertigt wurden,
scheint nicht abwegig zu sein. Diese
­Modelle kennen wir aus der Kindheit – sie
sind einfach herzustellen. Die Produktion
eines Langbogens bedarf dagegen sehr
guter Kenntnisse über das Material Holz
sowie ausgereifte Methoden der Bearbeitung.
aus einem Stück holz
Esche oder Akazie (Robine) eignen sich
aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften gut. Aus einem ca. 20 – 30 cm dicken
Stamm lassen sich 6 Spalten herstellen.
Diese sollen 2 m lang sein, werden an den
Stirnseiten mit Lack oder Farbe versiegelt
und müssen ein Jahr lang getrocknet werden. Die Versiegelung verhindert die Spaltenbildung an den Enden. Alternativ kann
auch ein 4 – 5cm dickes Mittelbrett mit
möglichst geradem Wuchs verwendet
werden.
Zuerst wird mit einem Ziehmesser oder
Ziehhobel der Splint entfernt. Danach wird
der Bogen mit mindestens 1 cm Zugabe
aufgezeichnet und die Form auf der Bandsäge ausgesägt. Mit dem Ziehhobel wird
der Bogenrücken auf der ganzen Länge
auf denselben Jahresring heruntergearbeitet. Nun kann auch das seitliche Profil mit
gut 1 cm Zugabe auf der Bandsäge zugeschnitten werden. Beide Wurfarme werden
auf der Bauchseite mit dem Ziehhobel auf
den nächsten Jahresring runter gearbeitet.
Mit Sägen, Feilen und Schleifen wird die
pyramidale Form genau herausgearbeitet.
Jetzt beginnt die heikle Arbeit, bei der auf
der Bauchseite zwei bis drei Jahresringe
abgetragen werden, wobei nach jedem
Ring die Stärke der Wurfarme geprüft
wird. Ist man in der Nähe des gewünschten Zuggewichts angekommen, wird nur
noch mit der Feile weitergearbeitet. Mit
einer Schnur wird der Bogen immer wieder
leicht gespannt und die Biegung genauestens kontrolliert. Dieser Vorgang heisst
tillern. Die ersten zwei Drittel der Wurfarme vom Griffstück nach aussen müssen
einen absolut gleichmässigen Bogen beschreiben, der letzte Drittel bleibt praktisch
gerade. Die beiden Vorgänge, Prüfen der
Biegung und Abtragen mit Feile oder
Schleifpapier, werden etliche Male wiederholt bis das gewünschte Zuggewicht
erreicht ist.
Langbogen aus einem Stück Akazie,
am Bogenrücken zieht sich ein Jahresring
komplett durch
Am Griffstück sind die in den Bogenbauch auslaufenden Jahresringen erkennbar.
WERKSPUREN 1|2014
THOMAS EMMENEGGER
(TEXT UND FOTOS)
Bogen mit Glaslaminat
Die Konstruktion ist sehr robust und
zuverlässig. Mit maschinengeschnittenen
Holzkernen von 3 – 6 mm und Glaslaminaten von 0,8 mm und 1 mm wird ein weiter Bereich von Zuggewichten a­ bgedeckt.
Der Holzkern dient als eigentlicher Träger
der Glaslaminate. Die Z
­­ ug- und Druckkräfte, die beim Spannen des Bogens entstehen,
werden fast vollständig von den Glaslaminaten aufgenommen. Mit einem
­zunehmend dickeren Holzkern nimmt die
D ehnung auf dem Bogenrücken
­
­b eziehungsweise die Stauchung am
­Bogenbauch zu. Das heisst: Es entstehen
grössere Kräfte, aus denen ein höheres
Zuggewicht resultiert.
An die Verklebung werden höchste
Ansprüche gestellt. Epoxidharze weisen
die nötige Festigkeit auf. Das Pressen des
Holz-Glas-Sandwiches muss präzise
­erfolgen. Mit einem Druckausgleichskissen,
bestehend aus einem zur Hälfte mit Wasser
gefüllten Feuerwehrschlauch, wird der
Anpressdruck perfekt verteilt.
Griffstück
Das Griffstück beschreibt in der Mitte einen
konvexen Bogen und verläuft gegen die
Enden konkav. Die Enden müssen auslaufend geschliffen werden. Die ­Glaslaminate
werden zirca 10 cm auf das Griffstück
hochgezogen. Es eignen sich Harthölzer
wie Akazie, Eiche, Nussbaum, Hagebuche.
Die Negativform muss entsprechend in
der Pressform ausgeschnitten werden.
WERKSPUREN
1|2014
Schichtung
Die Schichtung, von unten bestehend aus
Gummiband 2 mm, Plastikfolie PE, Glaslaminat, Holzkern, Griffstück, Glaslaminat,
Plastikfolie PE oder PE Streifen 5 mm und
dem Feuerwehrschlauch, muss (inklusive
des ganzen Pressvorgangs) trocken geübt
werden. Da auf Polyethylen kein Kleber
haftet, eignet sich dieses Material als Trennschicht. Die Glaslaminate sind auf einer
Seite hochglänzend und sollten mit einem
Abdeckband geschützt werden. Die ­andere
Seite ist angeschliffen und ist für die
­Klebung vorgesehen.
Eine Temperbox wird aus Holzplatten oder
besser aus Brandschutzplatten mit einer
Steinwolle-Isolation hergestellt. Als Heizung dienen Halogenglühlampen. Die vier
oder sechs 40 bis 60 W Glühlampen werden
über einen Thermostaten g
­ esteuert.
Das Schussfenster (3 cm oberhalb der
absoluten Mitte) wird auf der Fräse
­ausgefräst und mit Feilen und Schleifen
fertig geformt. Der Handgriff entspricht
der absoluten Mitte des Bogens und wird
mit Raspeln und Feilen individuell an die
Hand angepasst. Bei Glas-Holzübergängen
muss von der Glasseite in Richtung Holz
gefeilt werden, das Glaslaminat kann sonst
ausbrechen. Am Schluss werden die Kerben für die Sehne seitlich schräg eingefeilt.
Der Bogen kann mit Lacken oder Ölen
behandelt werden.
Pressform
Die Form wird aus MDF Holzfaserplatten
hergestellt. Es empfiehlt sich, Schraubzwingen aus Vierkantrohr selbst herzustellen. An der Holzform werden Nuten
ausgefräst, in welche die Zwingen eingeschoben werden. Dies gewährt eine
­Führung in alle Richtungen, die Form kann
sich dadurch beim Pressen nicht verschieben. Zur besseren Fixierung kann ein, der
Breite der Glaslaminate entsprechendes,
U-Profil eingelegt werden (zwei weitere
Gummistreifen seitlich einlegen, ansonsten
wird es schwierig, den Bogen aus der Form
zu nehmen).
IM INTERNET
Impressionen: www.bogenbau-wiltschko.at
MATERIAL / BEZUGSQUELLEN
Bearpaw Power Glaslaminat: www.bow-shop.de
Zeichnet sich durch Leistungsfährigkeit sowie
stabile Struktur aus. Bringt die natürliche
Holzmaserung der Wurfarme zur Geltung.
In der Temperbox wird das Holz mit Wärme gehärtet.
Temperbox
Bearbeitung
Um die höchste Festigkeit von Epoxidharzen zu erreichen, muss die Verklebung
zusätzlich getempert werden: Die ganze
Form mit Bogen wird bei einer Temperatur
von circa 60 Grad (je nach Harz) erhitzt.
Am sichersten ist es, den Bogen auf einer
Bandschleifmaschine in seine pyramidale
Form zu schleifen. Ein Grobzuschnitt ist
nur mit frisch geschärften und feingezahnten Hartmetall-Fräsblättern möglich.
Epoxydharz L-20: www. swiss-composite.ch
Eignet sich zur Herstellung besonders leistungsfähiger, faserverstärkter Bauteile und
Konstruktionen in Verbindung mit Glas-, Aramid-,
und Kohlenstofffasern. U.a. für anforderungsspezifischen Bereich der Hochleistungssportgeräte.
AUTOR
Thomas Emmenegger ist Werklehrer und Fachdidaktiker. Er arbeitet als Fachlehrperson auf der
Stufe SEK I und in der Lehrerweiterbildung.
Das Griffstück wird aus Hartholz gefertigt und mit Glaslaminat verstärkt. In der Pressform wird die entsprechende Negativform ausgeschnitten und in der Temperbox gehärtet.