fesTTage 2016

Transcription

fesTTage 2016
solo recital
fesTTage
2016
Yo -Yo Ma
Violoncello
22. märz 2016

imPreSSum | imPrint
impressum | imprint
Festtage 2016
herausg eber | published by
Staatsoper unter den linden
Bismarckstraße 110 | 10625 Berlin
intendant | general manager
Jürgen Flimm
generalmusikdirektor | general music director
daniel Barenboim
geschäftsführender direktor |
management director
ronny unganz
abbildungen | images
Werner neumann: Auf den Lebenswegen Johann Sebastian
Bachs, leipzig 1953; Winfried hoffmann: Reisen zu
Bach. Erinnerungsstätten an Johann Sebastian Bach, leipzig
1985; michael Praetorius: Syntagma musicum, Band II,
Violoncello
Faksimile-reprint der ausgabe Wolfenbüttel 1619,
Kassel u. a. 2001.
fotos | photo credits
Jason Bell (Yo -Yo ma)
solo recital
Yo-Yo Ma
Johann Sebastian Bach
1685–1750
redaktion | edited
Diebysechs Suiten für Violoncello solo | The Six Cello Suites
dr. detlef giese & irene Flegel
dramaturgie der Staatsoper unter den linden.
|
Nr.Schrammek
1 G-Dur BWV
der essay vonSuite
Bernhard
ist ein 1007 Suite No. 1 in G Major BWV 1007
|
|
I. Prélude
II. Allemande
III. Courante | IV. Sarabande | V. Menuett I & II | VI. Gigue
originalbeitrag
für dieses
Programmheft.
the essay by Bernhard Schrammek is an original
contribution for this programme book.
Suite Nr. 2 d-Moll BWV 1008 | Suite No. 2 in D minor BWV 1008
english translation by regine modersbach.
I. Prélude | II. Allemande | III. Courante | IV. Sarabande | V. Menuett I & II | VI. Gigue
layout
dieter thomasSuite Nr. 3 C-Dur BWV 1009 | Suite No. 3 in C Major BWV 1009
herstellung | production
I. Prélude | II. Allemande | III. Courante | IV. Sarabande | V. Bourrée I & II | VI. Gigue
druckerei
Pause | intermission
inhalt | content
Programm | Programme
Suite Nr. 4 Es-Dur BWV 1010 | Suite No. 4 in E f lat Major BWV 1010
I. Prélude | II. Allemande | III. Courante | IV. Sarabande | V. Bourrée I & II | VI. Gigue
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»eine ganz neue Welt«
Johann Sebastian Bachs Suiten für Violoncello solo
Bernhard Schrammek
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zitate | QuotationS
Pablo Casals, Mischa Maisky, Mstislaw Rostropowitsch
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“a Whole neW World”
Johann Sebastian Bach’s Suites for Violoncello solo
Bernhard Schrammek
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Yo-Yo ma
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imPreSSum | imPrint
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Suite Nr. 5 c-Moll BWV 1011 | Suite No. 5 in C minor BWV 1011
I. Prélude | II. Allemande | III. Courante | IV. Sarabande | V. Gavotte I & II | VI. Gigue
Suite Nr. 6 D-Dur BWV 1012 | Suite No. 6 in D Major BWV 1012
I. Prélude | II. Allemande | III. Courante | IV. Sarabande | V. Gavotte I & II | VI. Gigue
Den Blumenstrauß für den Künstler spendet
Dienstag 22. März 2016 | 19 Uhr | Philharmonie || Tuesday 22 march 2016 | 7 p.m. | Philharmonie
Konzerteinführung um 18.15 Uhr || Concert introduction at 6.15 p.m.
Blumenladen
Giesbrechtstraße 10 – Medienpartner
10629 Berlin – Telefon: (030) 8 83 61 63
An dieser Stelle bedanken wir uns herzlich dafür.
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»Eine ganz neue Welt«
Johann Sebastian Bachs
Suiten für Violoncello solo
Bernhard Schrammek
Johann Sebastian Bach
Gemälde von Johann Jakob Ihle, um 1720
Painting by Johann Jakob Ihle, ca. 1720

es keiner großen Phantasie, sich die Begeisterung
des jungen Regenten über die kompositorischen
und spielerischen Fähigkeiten Bachs vorzustellen.
Und ganz sicher wird Leopold dem Weimarer Konzertmeister mit großem Stolz von seiner großzügig
besetzten und qualitativ hochwertigen Hof kapelle
vorgeschwärmt haben.
Im Sommer 1717 ergab sich am Köthener Hof überraschend eine Vakanz des Kapellmeisteramtes, da
der bisherige Inhaber Augustin Reinhard Stricker
als Kammerkomponist an den Kurpfälzischen Hof
wechselte. Fürst Leopold handelte schnell und bemühte sich, Johann Sebastian Bach nach Köthen
zu engagieren. Bach war diesem Wechsel nicht
abgeneigt, bedeutete er für ihn doch bezüglich des
Amtes, der hervorragend ausgestatteten Hof kapelle
und nicht zuletzt des Gehalts eine gehörige Verbesserung. Anfang August unterzeichnete er seinen
neuen Dienstvertrag und konnte sich formell bereits
»Hochfürstlich Anhalt-Cöthenscher Capellmeister«
nennen.
Zweifellos wäre für Bach nach neun Weimarer
Dienstjahren, drei davon als Konzertmeister, ein
ehrenhafter Abschied angemessen gewesen. Doch
der Amtswechsel verlief alles andere als reibungslos. Wie der Weimarer Hofchronist mitteilt, wurde
Bach am 6. November 1717 »wegen seiner Halßstarrigen Bezeugung und zu erzwingenden dimission,
auf der LandRichter-Stube arretiret, und endlich d.
2. December darauf, mit angezeigter Ungnade, Ihme
die dimission durch den Hof Secretarius angedeutet
und zugleich des arrests befreyet.« Zum »Abschied«
Vor 300 Jahren – im Januar 1716 – fand auf Schloss
Nienburg an der Saale ein rauschendes Hochzeitsfest statt: Herzog Ernst August von Sachsen-Weimar
heiratete die Prinzessin Eleonore Wilhelmine von
Anhalt-Köthen. Der Bräutigam brachte zu diesem
Anlass seine Hof kapelle aus Weimar mit, die mit
ihrem Konzertmeister Johann Sebastian Bach für
glänzende musikalische Festbeiträge sorgte. Unter
den Gästen befand sich natürlich auch der Bruder
der Braut, Fürst Leopold von Anhalt-Köthen, der
nur wenige Wochen zuvor die Regierung in seinem
Kleinstaat übernommen hatte.
Fürst Leopold war ein weltoffener, gebildeter und
vor allem musikbegeisterter Mann. Er hatte zunächst die Berliner Ritterakademie besucht, und
sich danach auf ausgedehnten Reisen in England,
Frankreich, Italien und den Niederlanden aufgehalten. Auf einer dieser Kavaliersreisen hörte Leopold
1713 von der Auf lösung der hoch angesehenen
Preußischen Hof kapelle in Berlin durch den neuen
König Friedrich Wilhelm I., der an Musik keinerlei
Interesse hatte. Mit Nachdruck setzte sich Leopold
dafür ein, einige der nun beschäftigungslosen Berliner Musiker an den Köthener Hof zu verpf lichten.
Der Plan ging auf: Insgesamt acht ehemalige preußische Hofmusiker kamen nach Köthen, darunter
auch der Kapellmeister Augustin Reinhard Stricker,
und bildeten den Kern der dortigen Hof kapelle.
Während der Hochzeitsfeierlichkeiten in Nienburg
kam es auch zur ersten Begegnung zwischen Fürst
Leopold und Johann Sebastian Bach. Einzelheiten
dieses Treffens sind nicht überliefert, jedoch bedarf
5

Einführung
von Weimar verbüßte Bach also eine knapp vierwöchige Haftstrafe, da er seine Entlassung aus dem
Hofdienst vermutlich zu forsch gefordert hatte.
Möglicherweise waren auch Intrigen zwischen Herzog Wilhelm Ernst und seinem Mitregenten Ernst
August im Spiel, die zu dieser unverhältnismäßig
harten Strafe führten.
Nach der Haftentlassung verließ Bach, so schnell wie
dies mit einer sechsköpfigen Familie möglich war,
die Stadt Weimar und zog nach Köthen um, wo er
am 29. Dezember 1717 sein erstes fürstliches Gehalt
ausgezahlt bekam und sogleich die Arbeit mit der
Hof kapelle aufnahm. Es darf angenommen werden,
dass das musikalische Niveau in Köthen zu diesem
Zeitpunkt weit über dem vergleichbarer Höfe lag –
für Bach war dies sicherlich eine Gegebenheit, die
ihn über die widrigen Umstände des Wechsels von

Weimar nach Köthen hinweggetröstet haben mag.
Hinsichtlich des Repertoires musste sich Bach am
neuen Wirkungsort vollkommen neu orientieren:
Hatte er in Weimar vorwiegend Orgelmusik und Kirchenkantaten komponiert, so lag der Schwerpunkt
in Köthen eindeutig auf den Instrumentalwerken,
denn geistliche Musik war an diesem reformierten
Hof kaum gefragt. Bach stellte sich schnell auf diese
neuen Herausforderungen ein und schuf in Köthen
einen Großteil seiner instrumentalen Kammersowie Ensemblekompositionen.
Ansicht von Köthen | Image from Köthen
Kupferstich von Matthäus Merian, um 1650
Copper engraving by Matthäus Merian, ca. 1650
Einführung
Dazu gehören auch die jeweils aus sechs Werken bestehenden Zyklen für Violine und Violoncello solo.
Beide Sammlungen stehen bis heute als Synonym
für höchste Instrumentalvirtuosität und weisen
Bach als einen genauen Kenner der jeweiligen Spieltechniken aus. Auch ohne die harmoniestützende
Funktion des Basso continuo vermochte es der Köthener Hof kapellmeister, in diesen Werken einen
farbigen Satz von großer Komplexität zu formen.
*
Mit großer Wahrscheinlichkeit komponierte Bach
seine sechs Suiten für Violoncello solo um 1720; eine
genauere Datierung ist aufgrund des fehlenden Autographs nicht möglich. Das heutige Notenmaterial
geht auf spätere, in Leipzig angefertigte Abschriften
von Johann Peter Kellner (um 1726) und Bachs Frau
Anna Magdalena (um 1727/31) zurück.
Bach betrat mit diesen Solostücken für Violoncello
Neuland, handelte es sich doch zum Zeitpunkt der
Komposition noch um ein relativ junges Instrument: Erst rund 50 Jahre zuvor findet sich in einem
Ensembledruck des italienischen Komponisten
Giulio Cesare Arresti erstmals die Instrumentenbezeichnung »Violoncello«. Das Wort vereint das italienische Vergrößerungssuffix »-one« zu Viola mit dem
Verkleinerungssuffix »-ello« und bringt damit zum
Ausdruck, dass es sich um eine kleinere Variante des
größten Instruments der Violinfamilie handelt, oder
wie es der Lexikograph Johann Gottfried Walther
1732 schrieb, eine »kleine Baß-Geige«. Von der bislang hoch angesehenen Viola da gamba unterschied
sich das neue Instrument durch die äußere Form,
das Fehlen von Bünden, die Anzahl und Stimmung
der Saiten sowie durch den wesentlich kräftigeren

einf ührung
Prélude gibt diese Stimmungsrichtung mit elegischen Wendungen und herben Moll-Harmonien
vor. Der virtuos-spielerische Impetus wird dabei
merklich zurückgenommen. Auch in den folgenden
Sätzen bleibt dieser ernste Grundton erhalten. Dies
hat zur Konsequenz, dass sich Allemande und Courante kaum tänzerisch anhören und selbst die sonst
so quicklebendige Gigue eher einem grimmigen
Charakterstück ähnelt. Einzig im zweiten Menuett
wechselt Bach nach D-Dur und gestattet somit eine
kurz währende Aufhellung des Satzes.
In der Suite C-Dur BWV 1009 kehrt Bach dann zum
lebhaften Virtuosengestus zurück. Das rasante Prélude zu Beginn besteht fast durchgehend aus schnellen Sechzehntelläufen und gebrochenen Akkorden.
In der darauf folgenden Allemande dominieren
ebenfalls rasche Bewegungen, wobei Bach hier auch
vertracktere Rhythmen einfügt. Die Melodielinie der
Courante nutzt den vollen Umfang des Violoncellos
aus und besitzt eine grazile Leichtigkeit. Nach der
ruhigen Sarabande und dem tänzerischen BourréePaar setzt die Gigue mit unbändiger Spiellust einen
wirkungsvollen Schlusspunkt.
Auch das Prélude der Es-Dur-Suite BWV 1010 beginnt mit gebrochenem Akkordspiel, das im weiteren Verlauf mit improvisatorisch wirkenden Sechzehntelketten verknüpft wird. Allemande und Courante weisen ebenfalls hohen virtuosen Anspruch
auf, während die Sarabande wiederum als ruhige
Zäsur im Zentrum des Werkes fungiert. Im BourréePaar nimmt die Suite an Lebendigkeit zu, bevor die
Klang in allen Registern. Dadurch konnte das Violoncello mit dem gewachsenen Barockorchestervolumen Schritt halten, war aber gleichzeitig auch als
Soloinstrument einsetzbar.
Die frühesten Originalkompositionen für Violoncello innerhalb eines Streicherensembles stammen
aus der Zeit um 1690 und entstanden im Umkreis
der berühmten Instrumentalkapelle der Stadtkirche
San Petronio zu Bologna. Rund zwei Jahrzehnte später schuf Antonio Vivaldi in Venedig zahlreiche Konzerte für Violoncello und Orchester und etablierte
damit das Instrument als ebenbürtigen Partner für
das zeitgenössische Orchester. Johann Sebastian
Bach war es schließlich vorbehalten, das Violoncello
als ein gänzlich solistisch spielendes Instrument zu
adeln.
*
In seinen sechs Werken für Solocello griff Johann
Sebastian Bach auf die Form der Suite zurück,
für die sich Anfang des 18. Jahrhunderts eine Art
»Schema« durchgesetzt hatte, das Johann Mattheson 1739 wie folgt beschrieb: »Die Allemanda [geht]
vor der Courante, so wie diese vor der Sarabanda
und Gigue her, welche Folge der Melodien man mit
einem Nahmen ›Suite‹ nennet.« Bach stellte diesen
vier Stammteilen in den Violoncello-Suiten jeweils
ein Prélude voran und ergänzte zwischen Sarabande
und Gigue ein weiteres Tanzpaar (Menuett, Bourrée
bzw. Gavotte). Diese Satzfolge findet sich in vielen
Suitensammlungen der Zeit, nicht zuletzt in Bachs
gleichfalls in Köthen komponierten Englischen Suiten
für Cembalo.
Alle sechs Werke besitzen einen je eigenen Charakter. Die Suite G-Dur BWV 1007 setzt mit einem bewegten Prélude ein, das fast durchgehend aus gebrochenen Akkorden besteht, es folgen Allemande und
Courante in ähnlichem Duktus, bevor die Sarabande
mit kunstvollem Doppelgriffspiel einen ruhigen Gegenpol setzt. Danach ergänzt Bach ein Menuett-Paar,
das mit einem Wechsel der Tonalität von Dur nach
Moll aufhorchen lässt. Den Abschluss bildet eine
muntere Gigue.
Im Kontrast zur unbeschwerten G-Dur-Suite präsentiert Bach die Suite d-Moll BWV 1008 als ein
introvertiertes, nachdenkliches Stück. Gleich das

einführung
Gigue als wahres »Perpetuum mobile« dahinjagt.
In der Suite c-Moll BWV 1011 wird von Bach das
Herabstimmen der höchsten Saite um einen Ganzton eingefordert (von a auf g), was zu einer Minderung der Klangpracht in hoher Lage führt. Dieser
Kunstgriff entspricht dem insgesamt verhaltenen,
nachdenklichen Charakter des Werkes. Selbst das
Prélude, das dem Muster einer französischen Ouverture folgt, erscheint in sich gekehrt und zurückgenommen. Die Allemande und die Courante setzen
mit ausdrucksvollen Wendungen diesen Eindruck
fort. Die Sarabande fungiert dann vollends als Charakterstück und besitzt kaum Analogien zu dem
namensgebenden Tanz. Die beiden Gavottes und die
Gigue geben sich rhythmisch stark profiliert und
führen die Suite zu einem ernsten Finale. Während
seiner Leipziger Zeit erstellte Bach eine Lautenfassung dieser Komposition (BWV 995).
Und auch in der abschließenden Suite D-Dur BWV
1012 wartet Bach mit einer instrumententechnischen Besonderheit auf: Wie eine Notiz in der Abschrift Anna Magdalena Bachs nachweist, war das
Stück ursprünglich für ein fünfsaitiges Instrument
mit einer zusätzlichen e1-Saite vorgesehen, möglicherweise sogar für ein auf dem Arm zu haltendes
»Violoncello da spalla«. Hinsichtlich des Klangcharakters und des Umfangs zieht Bach in dieser letzten
Suite noch einmal alle Register: Das Prélude erklingt
voller Pracht und mit unbändiger Lebhaftigkeit. Die
Allemande erreicht im ungewöhnlichen Adagio-
Tempo und mit zahlreichen fein ausgearbeiteten
Verzierungen fast den Charakter einer Sarabande,
während die Courante wieder mit tänzerischer
Anmut auftrumpft. In der Sarabande sind dann
nochmal Doppelgriffakkorde zu hören, bevor Gavotte und Gigue den gesamten Zyklus mit Tempo
und Leidenschaft abschließen.
*
Im späten 18. und gesamten 19. Jahrhundert waren
Bachs Solo-Suiten zwar nicht vollständig vergessen,
sie zählten aber auch nicht zum Standardrepertoire
der großen Cellovirtuosen. Aufgeführt wurden sie allenfalls satzweise, und dann auch meist in romantischer Bearbeitung. Erst dem berühmten spanischen
Cellisten Pablo Casals (1876–1973) gelang es in den
ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, die großartigen Solowerke des Köthener Hof kapellmeisters
wieder ungekürzt im Konzertleben zu verankern. In
seinen Lebenserinnerungen schildert er, wie er die
Bach-Suiten als Jugendlicher in einem MusikalienAntiquariat in Barcelona entdeckte und sofort von
der Kraft dieser Musik gebannt war: »Ich jagte nach
Hause; presste dabei die Noten an mich, als ob es
Kronjuwelen wären, und in meinem Zimmer angelangt, stürzte ich mich kopfüber in diese Musik, las
sie, studierte sie wieder und wieder. Ich war damals
dreizehn Jahre alt, aber die folgenden achtzig Jahre
hat sich mein Staunen über meine Entdeckung nur
noch vergrößert. Diese Suiten eröffneten mir eine
ganz neue Welt.«
Von Bach selbst entworfenes Siegel, welches
seine Initialen und deren Spiegelungen enthält
Bach’s own sigle with his initials and their
transformations
Folgende Doppelseite:
Instrumentenfamilien der Gamben und Geigen,
Abbildungen aus Michael Praetorius’ Syntagma
Musicum, 1619
Instrumental families of the gambas and violins,
images from Michael Praetorius’ Syntagma
Musicum, 1619
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



Zitate
Quotations
Pablo Casals
Pablo Casals
»Wir machten halt vor einem Musikantiquariat in der Nähe des Hafens. Ich
durchwühlte eben einen Stoß Musikalien, als mir ein Bündel zerfledderter
und stockfleckiger Notenblätter in die Hände fiel. Es waren die Solo-Suiten
von Johann Sebastian Bach – Stücke für Cello allein! Ich schaute ziemlich
fassungslos drein: Sechs Suiten für Violoncello solo? Welcher Zauber, welches
Geheimnis verbarg sich hinter diesen Worten. Nie hatte ich von der Existenz
dieser Suiten etwas gehört, niemand – auch mein Lehrer nicht – hatte sie
vor mir auch nur erwähnt. Ich jagte nach Hause; presste dabei die Noten an
mich, als ob es Kronjuwelen wären, und in meinem Zimmer angelangt, stürzte
ich mich kopfüber in die Musik, las sie, studierte sie wieder und wieder.«
“We stopped in front of a second-hand sheet music store near
the harbour. I was rifling through a bunch of scores when I came across
a bundle of tattered and mildewed sheets. These were the solo suites
by Johann Sebastian Bach – pieces for solo cello! I looked quite stunned:
Six suites for solo violoncello? What kind of magic, what mystery was
hidden behind these words? I had never heard anything about the existence
of these suites. Nobody had even mentioned them, and my teacher hadn’t
either. I rushed home, huddling the sheets against my body as if they were
crown jewels. And reaching my room, I launched into the music, reading it,
studying it again and again.”
Mischa Maisky
Mischa Maisky
»Sie [die Solo-Suiten von Bach] sind die größte Herausforderung.
Und die schönste, wenn sie glücken. Wenn ich Musik in gewisser Weise
meine Religion nennen kann, dann ist Bach für mich die Bibel, das Buch der
Bücher. Ich bin kein Spezialist für die Bibel, aber ich weiß, man kann sie ganz
verschieden auslegen. So ist es auch mit den Bach-Suiten. So lange wir leben,
werden wir nicht zu der perfekten Interpretation kommen – weil Musik lebt.
Bach ist für mich so modern wie vor 300 Jahren.«
“They [Bach’s solo suites] are the biggest challenge. And the most
beautiful one, if one succeeds. If I could say that music is my religion,
then Bach is the Bible, the book of books. I am no expert on the Bible,
but I know that it can be interpreted differently. It’s much the same thing
with the Bach suites. As long as we live we will not get to the perfect
interpretation – because music is alive. Bach appears to me as modern
as 300 years ago.”
Mstislaw Rostropowitsch
Mstislaw Rostropowitsch
»Diese Werke lassen mich jeden Tag, jede Stunde etwas Neues entdecken. […]
Das Schwierige in der Bachschen Interpretation ist die Balance
zwischen dem menschlichen Gefühl, dem Herzen – das Bach zweifellos
besaß – und der unentbehrlichen Strenge, dem Ernst und der Tiefe
der Interpretation.«
“These compositions always allow you to discover something new,
each day, each hour. [...] The hardest thing in interpreting Bach is
the necessary equilibrium between human feelings, the heart that
undoubtedly Bach possessed, and the indispensable precision,
the severe and profound aspect of interpretation.“

“A whole new world”
Johann Sebastian Bach’s
Suites for violoncello solo
Bernhard Schrammek
Titelblatt der Kopie von Bachs Violoncellosuiten von Georg Heinrich Schwanberg,
die Kopie des Inhalts (die Noten selbst) wurde von Anna Magdalena Bach gefertigt.
Title page of the copy of Bach’s Suites for Violoncello solo by Georg Heinrich Schwanberg,
the copy of the content (the score itself) was made by Anna Magdalena Bach.

certainly Leopold sung the praise of his generously
equipped and high-quality court orchestra to the
concert master from Weimar.
In summer 1717 the position of the musical director at the court of Köthen became vacant all of a
sudden, as the previous holder Augustin Reinhard
Stricker went to the court of the Electorate of the
Palatinate as a “chamber composer”. Prince Leopold
acted fast and tried to engage Johann Sebastian Bach
for Köthen. Bach was not averse to such a change,
as for him it meant a considerable improvement in
his position, an excellently equipped court orchestra and not least an increase in his earnings. At the
beginning of August he signed his new contract of
employment and was formally appointed “Hochfürstlich Anhalt-Cöthenscher Capellmeister”.
Undoubtedly an honorable departure would have
been befitting for Bach after his nine years of service
in Weimar, three of which as the concert master. But
this change was anything but smooth. As the court
chronicler of Weimar notes, on 6 November 1717
Bach was “arrested in the chambers of the county
judge for his ‘demonstration of obstinacy and stubborn insistence on being dismissed’ and finally on
2 December with appropriate disgrace, informed of
his dismissal by the court scribe and released from
the arrest”. As a “farewell” to Weimar Bach served
a prison term of just under four weeks as he had
probably requested his dismissal from service at
the court rather too enthusiastically. It may also be
possible that this disproportionately severe punishment was brought about by intrigues between duke
300 years ago – in January 1716 – a sumptuous wedding feast was held in the palace of Nienburg on
the Saale: Duke Ernst August of Sachsen-Weimar
married princess Eleonore Wilhelmine of AnhaltKöthen. For this occasion the bridegroom took his
court orchestra from Weimar with him, which
enriched the feast with its brilliant performance
conducted by its concert master Johann Sebastian
Bach. One of the guests was, of course, the brother
of the bride, prince Leopold of Anhalt-Köthen, who
had acceded to the throne just a few weeks before.
Prince Leopold was a liberal, well-educated and cultured person and, above all, an avid music lover. Following his attendance at the Berlin Ritterakademie,
he then embarked on long journeys to England,
France, Italy and the Netherlands. On one of these
gentlemanly journeys, in 1713 Leopold heard that
the highly renowned Prussian court orchestra in
Berlin was to be dissolved by the new king Frederick
William I who had no interest at all in music. Leopold emphatically advocated that some of the now
jobless Berlin musicians were engaged at the court of
Köthen. His plan succeeded: A total of eight former
Prussian court musicians came to Köthen, among
them musical director Augustin Reinhard Stricker,
forming the core of the court orchestra here.
During the wedding festivities in Nienburg, prince
Leopold and Johann Sebastian Bach met for the first
time. No details of this meeting are known to us, but
you don’t need too much imagination to envisage
how enthusiastic the young regent was about the
compositional and performing abilities of Bach. And
15

introduction
mentative suffix “-one” and the diminutive suffix
“-ello”, indicating that it is a rather smaller version
of the largest instrument in the violin family, or,
as lexicographer Johann Gottfried Walther wrote
in 1732, a “small double bass”. The new instrument
differs from the viola da gamba, which had held a
prestigious status until then, by its shape, by the fact
that there are no frets, by the number and pitch of
the strings as well as by the clearly more powerful
sounds in all registers. Thus the violoncello could
keep pace with the Baroque orchestras, which had
grown in size, and could at the same time perform
as a solo instrument.
The earliest original compositions for a violoncello
as part of a string ensemble date back to about 1690
and were written in the circle of the famous instrumental orchestra of the town church of San Petronio
in Bologna. About two decades later Antonio Vivaldi
in Venice created a large number of concertos for
violoncello and orchestra, thus establishing the
instrument as an equal partner for any orchestra
of the time. But it was Johann Sebastian Bach who
ennobled the violoncello as an instrument to be
played in a solo.
Wilhelm Ernst and his co-ruler Ernst August.
After his release Bach left the town of Weimar as
quickly as was possible for a family of six and moved
to Köthen where he was paid his first princely salary on 29 December 1717 and immediately started
working with the court orchestra. It can be assumed
that the level of musical performance in Köthen at
the time considerably exceeded that of comparable
courts – for Bach this was certainly a factor which
may have consoled him in the untoward circumstances of the switch from Weimar to Köthen.
In his new position, Bach had to accustom himself
to completely new conditions concerning his repertoire. Whereas most of his Weimar compositions
had been organ music and church cantatas, now
in Köthen the focus was clearly on the orchestral
works, as spiritual works were rarely in demand at
this Protestant court. Bach quickly adjusted himself
to this challenge, and it was in Köthen where he
wrote the majority of his instrumental chamber and
ensemble compositions.
Among these are the cycles for unaccompanied violin and violoncello, each comprising six works. Even
today both compilations are a synonym for a very
high level of instrumental virtuosity and prove Bach
to be a profound expert of the playing techniques
of these instruments. The Köthen court conductor
succeeded in creating a colorful and highly complex
set of individual compositions even without a basso
continuo supporting the harmonies.
terpole with its skilful double stop technique. Then
Bach adds a pair of minuets changing from major to
minor keys which catch the listener’s attention. The
conclusion is a cheerful gigue.
In contrast to the jaunty G Major suite, Bach presents the D minor suite BWV 1008 as an introverted
and reflective piece. The prelude in the very beginning determines this mood with its elegiac phrases
and stern minor key harmonies. The virtuoso and
playful impetus is significantly reduced here. Also
in the following movements the serious fundamental key is retained. This means that the allemande
and the courante do not sound very dance-like, and
the normally vivacious gigue is rather similar to a
grim character piece. It is only in the second minuet
that Bach changes to D Major, thus allowing a short
brightening of mood during the movement.
In the C Major suite (BWV 1009) Bach then returns
to the energetic drive of a virtuoso. The rushing
Lageplan des Köthener Schlosses, um 1650,
Stich von Matthäus Merian
Map of the Köthen castle, ca. 1650,
engraving by Matthäus Merian
prelude at the beginning features almost continuous fast runs of sixteenth notes and broken chords.
In the allemande following next, quick motion
elements are also the prevailing element, but Bach
here includes also more tricky rhythms. The melody
of the courante makes use of the full scope of the
violoncello and stands out by its graceful effortlessness. After the quiet sarabande and the dance-like
bourrée pair the gigue with its unrestrained joy of
playing is an impressive finale.
The prelude of the E flat Major suite BWV 1010 also
sets out with broken chords which are combined
with seemingly improvisatory strings of semiquavers. The allemande and the courante are also
very exacting in terms of virtuosity, whereas the
sarabande serves as a serene caesura in the center of
the composition. In the bourrée pair the suite gains
in liveliness, and the gigue races along like a true
“perpetuum mobile”.
In the C minor suite BWV 1011 Bach calls for tuning
the highest string down by one whole tone (from A
to G), which diminishes the splendor of sound in the
high resonance range. This trick is in line with the
overall restrained and reflective character of the
*
In his six works for unaccompanied cello Johann
Sebastian Bach goes back to the form of the suite
for which a sort of “formula” had been established
at the beginning of the 18th century, which Johann
Mattheson described as follows in 1793: “The allemande [comes] before the courante, as it comes
before the sarabande and the gigue, which succession of melodies is called by the name of a ‘suite’.” In
his violoncello suites Bach preceded these four basic
elements by a prelude and added another two dances
between the sarabande and the gigue (minuet, bourrée or gavotte). This sequence of movements can be
found in many suite compilations of the time, not
least in the English Suites for cembalo, also composed
in Köthen.
The G Major suite BWV (list of compositions by Bach)
1007 starts out with an animated prelude, which
almost continuously consists of broken chords, then
follow the allemande and the courante in a similar
style, and finally the sarabande sets a serene coun-
*
Bach most probably wrote his six suites for unaccompanied violoncello in about 1720; the date cannot be determined more precisely due to the lack of
an autograph. The sheet music available today traces
back to later copies made in Leipzig by Johann Peter
Kellner (about 1726) and Bach’s wife Anna Magdalena (about 1727/31).
Bach broke new ground with these solo pieces for the
violoncello, as the instrument was still rather young
at the time he was composing: It was just 50 years
earlier that the word “violoncello” was used for the
first time as name for an instrument in an ensemble
sheet by the Italian composer Giulio Cesare Arresti.
This word combines the viola with the Italian aug-

introduction
16

introduction
character, whereas the courante makes a statement
with in its dance-like charm. The sarabande again
features double stop chords, and the gavotte and
gigue conclude the cycle in a show of tempo and
passion.
work. Even the prelude which follows the example
of a French overture seems to be introverted and
withdrawn. The allemande and the courante continue this impression with their expressive phrases.
The sarabande is then a full mood piece, having
hardly anything in common with the dance of the
same name. The two gavottes and the gigue have a
pronounced rhythmic profile, taking the suite to a
solemn finale. During his time in Leipzig Bach wrote
a lute version of this composition (BWV 995).
And also in the final suite in D Major BWV 1012 Bach
comes up with a particularity regarding instrumentation: As a note in the copy by Anna Magdalena
Bach proves, the work had originally been intended
for a five-string instrument with an additional
e1 string, possibly even for a “violoncello da spalla”
to be braced against the shoulder. Regarding the
sound character and scope, Bach again pulls out all
the stops in this last suite. The prelude rings out in
full resplendence and with unrestrained vivacity.
The allemande is written in the unusual tempo of
adagio and with numerous finely elaborated embellishments and seems almost like a sarabande in
*
In the late 18th and during the entire 19th centuries
Bach’s solo suites were not completely forgotten, it
is true, but they were not among the standard repertoire of the great cello virtuosos. At best, single
movements were performed, and for the most part
in a Romantic arrangement. It was only the famous
Spanish cellist Pablo Casals (1876–1973) who in
the first decades of the 20th century succeeded in
bringing back the great solo works of the Köthen
court conductor to the concert repertoire in their
unabridged form. He tells in his memoirs how in
his youth he discovered the Bach suites in a secondhand music shop in Barcelona and was immediately
spellbound by the power of this music. “I dashed
back home, pressing the sheets against my chest as
if they were crown jewels, and in my room I plunged
headfirst into this music, reading it and studying it
again and again. At that time I was thirteen years
old, but during the next eighty years my astonishment at this discovery increased even more. These
suites opened a whole new world to me.”
Der Gambist der Köthener Hofkapelle,
Christian Ferdinand Abel, mit seinen Söhnen
Gambist of Köthen court orchestra,
Christian Ferdinand Abel, with his sons
Translated by Regine Modersbach
Ludwigsbau im Köthener Schloss, in dem viele Werke
Johann Sebastian Bachs erklangen
So-called “Ludwigsbau” in Köthen castle,
where many of Bach’s works were performed

19

Yo-Yo Ma
neue Musik, interdisziplinäre Kooperationen sowie
Bildungsprogramme und pf legt kulturelle Partnerschaften. Die fortlaufende Partnerschaft Silkroads
mit der Harvard University hat die Entwicklung
von Programmen wie dem Arts and Passion-Driven
Learning Institute für Pädagogen und lehrende
Künstler in Zusammenarbeit mit der Harvard Graduate School of Education sowie die neue Cultural
Entrepreneurship Initiative in Partnerschaft mit der
Harvard Business School ermöglicht.
Mehr als 80 neue musikalische und multimediale
Arbeiten wurden für das Silk Road Ensemble von
Komponisten und Arrangeuren der ganzen Welt
in Auftrag gegeben. Yo-Yo Ma erstrebt durch die
Arbeit mit Silkroad eine Ausdehnung seines CelloRepertoires an. So spielt er häufiger eher unbekannte Musik des 20. Jahrhunderts und vergibt Aufträge
für neue Kompositionen. Zudem bringt er zahlreiche Werke von Komponisten wie Stephen Albert,
Elliott Carter, Chen Yi, Richard Danielpour, Osvaldo
Golijov, John Harbison, Leon Kirchner, Peter Lieberson, Zhao Lin, Christopher Rouse, Giovanni Sollima,
Bright Sheng, Tan Dun, John Williams und Dmitri
Yanov-Yanovsky zur Uraufführung.
Als Judson and Joyce Green Creative Consultant des
Chicago Symphony Orchestra bildet Yo-Yo Ma zusammen mit Riccardo Muti eine gemeinschaftliche
musikalische Leitung. Gemeinsam entwickeln sie
innovative Programme für das Negaunee Music Institute des Chicago Symphony Orchestra sowie die
künstlerische Initiative des Chicago Symphony Orchestra. Die Arbeit von Yo-Yo Ma konzentriert sich
auf die transformative Kraft der Musik, die sie im
Leben eines Menschen einnehmen kann und fokussiert sich auf die zunehmende Vielfalt von Möglichkeiten der Musik, die die Zuhörer auch in Verbindung miteinander erleben können.
Yo-Yo Ma fühlt sich vor allem Bildungsprogrammen
verschrieben, die nicht nur jungen Zuhörer den Zugang zu klassischer Musik ermöglichen, sondern
ihnen auch erlauben, an der Kreation der Werke
Die umfassende, facettenreiche Karriere von Yo-Yo
Ma ist nicht nur auf seine kontinuierliche Suche
nach neuen Wegen, mit seinen Zuhörern kommunizieren zu können, zurückzuführen, sondern ebenso
auf den Wunsch nach einer beständigen künstlerischen Weiterentwicklung und Erneuerung. Unabhängig davon, ob er neue oder bekannte Werke
seines Cello-Repertoires aufführt, ob er mit Kollegen
zur Kammermusik zusammenkommt oder Kulturen
und Musik außerhalb der westlichen klassischen
Tradition entdeckt, strebt Yo-Yo Ma nach musikalischen Verbindungen, welche die Vorstellungskraft
anregen sollen.
Yo-Yo Ma hält ein Gleichgewicht zwischen seinen
Engagements als Solist mit Orchestern überall auf
der Welt, seinen Solo-Aufführungen sowie kammermusikalischen Aktivitäten. Er bezieht seine Inspiration von einem breiten Kreis mit ihm verbundener
Musiker und arbeitet mit Künstlern wie Emanuel
Ax, Daniel Barenboim, Christoph Eschenbach, Kayhan Kalhor, Ton Koopman, Yu Long, Bobby McFerrin, Edgar Meyer, Mark Morris, Riccardo Muti, Mark
O’Connor, Cristina Pato, Kathryn Stott, Chris Thile,
Michael Tilson Thomas, Wu Man, Wu Tong, Damian
Woetzel und David Zinman zusammen.
Jede dieser Kooperationen ist geprägt von der Interaktion der Künstler, die häufig die Grenzen des
jeweiligen Genres erweitern. Ein Ziel von Yo-Yo Ma
ist die Erforschung der Musik als Kommunikationsträger und als Übermittlung von Ideen aus Kulturen
der ganzen Welt. Daher hat er sich Zeit genommen,
sich in vielfältige Themen wie die heimische chinesische Musik mit ihren verschiedenen Instrumenten und die Musik des Kalahari Volkes in Afrika
einzuarbeiten.
Diese Interessen ausbauend, gründete Yo-Yo Ma
1998 Silkroad, eine gemeinnützige Organisation,
welche nach Verbindungen von Kunst, Bildung und
Wirtschaft sucht. Unter der künstlerischen Leitung
von Yo-Yo Ma präsentiert Silkroad Aufführungen
des gefeierten Silk Road Ensembles, entwickelt

21

Yo-Yo M a
YO-YO MA
BEI SONY CLASSICAL
SONGS FROM THE ARC OF LIFE
Seit 30 Jahren sind Yo-Yo Ma und die Pianistin Kathryn Stott befreundet.
Anlässlich dieses Jubiläums haben sie ein besonderes Album mit ihren
Lieblingswerken von Bach, Schubert, Brahms, Schumann, Debussy u.v.m.
aufgenommen.
„Yo-Yo Mas Cello-Noblesse, seine glühende, ... melodische Kraft entfaltet
sich hier ganz.“ Süddeutsche Zeitung
BACH: CELLOSUITEN
Die Referenzeinspielung der sechs Cellosuiten von Johann Sebastian
Bach. Die Bonus-DVD enthält die preisgekrönten Filme von sechs
Regisseuren, welche die Bach-Suiten filmisch inszenieren.
DVOŘÁK & HERBERT: CELLO-KONZERTE
Cellokonzerte von Antonín Dvořák und Victor Herbert in der herausragenden Einspielung mit den New Yorker Philharmonikern unter der
Leitung von Kurt Masur.
SILK ROAD JOURNEYS
Yo-Yo Ma und das Ensemble Silk Road Project bringen Werke asiatischer
und europäischer Komponisten in einen Dialog miteinander. Musik aus allen
Ländern der historischen Seidenstraße, gespielt auf traditionellen fernöstlichen und westlichen Instrumenten.
Neu im April: Yo-Yo Ma and the Silk Road Ensemble mit SING ME HOME.

www.sonymusicclassical.de
Foto © Michael O’Neil
www.facebook.com/sonyclassical
in Paris geboren. Im Alter von vier Jahren begann
er gemeinsam mit seinem Vater Violoncello zu
lernen. Bald darauf zog er mit seiner Familie nach
New York, wo er die am meisten prägenden Jahre
verbrachte. Später war sein Lehrer vorwiegend Leonard Rose an der Juilliard School. Er verfolgte ein
Studium der Künste, um seine Konservatoriumsausbildung auszubauen. 1976 schloss Yo-Yo Ma sein
Studium an der Harvard University ab.
Er erhielt zahlreiche Preise wie den »Avery Fisher
Prize« (1978), den »Glenn Gould Prize« (1999), die
»National Medal of the Arts« (2001), den »Dan David Preis« (2006), den »Leonie-Sonning-Musikpreis«
(2006), den »Crystal Award« des World Economic
Forum (2008), den »Presidential Medal of Freedom«
(2010), den »Polar Music Prize« (2012) und den »Vilcek Prize in Contemporary Music« (2013). Im Jahr
2011 wurde Yo-Yo Ma als Kennedy Center Honoree
ausgezeichnet. 2002 vom United State Department
of State als Culture to Connect Ambassador eingesetzt, betreute Yo-Yo Ma weltweit Studierende aus
Ländern wie Litauen, Korea, Libanon, Aserbaidschan
und China. Yo-Yo Ma dient als Friedensbotschafter
der UN und ist Mitglied des President’s Committee
on the Arts and the Humanities. Er trat vor acht
amerikanischen Präsidenten auf, erst kürzlich bei
einer Einladung durch den Präsidenten Barack
Obama anlässlich der 56. Eröffnungsfeier der UNO
in New York.
Yo-Yo Ma und seine Frau sind Eltern zweier Kinder.
Er spielt auf zwei Instrumenten, einem 1733 erbauten Montagnana Cello aus Venedig und einem Davidoff Stradivarius von 1712.
teilzuhaben. Während seiner Tourneen nimmt er
sich – wann immer dies möglich ist – Zeit, um Meisterklassen und Programme im offenen Rahmen für
Musikstudenten und andere Studierende zu leiten.
Darüber hinaus schafft er neue Konzertprogramme
wie zum Beispiel eine Konzertreihe für Familien an
der Carnegie Hall New York. Bei jedem dieser Projekte arbeitet er daran, die Musik mit der alltäg­
lichen Umgebung der Studierenden zu verbinden,
um den Studierenden das Schaffen von Musik und
Kreativität als einen lebensnotwendigen Teil des
Lebens schon von früh auf nahe zu bringen. Mit seinen
Auftritten bei Arthur, Mister Rogers’ Neighborhood und
Sesame Street hat er zahlreiche junge Zuhörer erreicht.
Yo-Yo Mas Diskographie von über 90 Alben (einschließlich von 18 Grammy Awards) ref lektiert
seine breitgefächerten Interessen. Er hat mehrere
erfolgreiche Aufnahmen eingespielt, die sich über
jegliche Kategorisierung hinwegsetzen, wie u. a.
Hush mit Bobby McFerrin, Appalachia Waltz und
Appalachian Journey mit Mark O’Connor und Edgar
Meyer und ebenso zwei Grammy Tribute für die
Musik Brasi­liens, Obrigado Brazil und Obrigado Brazil
Live in Concert.
Die jüngsten Aufnahmen von Yo-Yo Ma umfassen
die Klaviertrios von Mendelssohn mit Emanuel Ax
und Itzhak Perlman, das Album The Goat Rodeo Ses­
sions mit Edgar Meyer, Chris Thile and Stuart Duncan, welches 2013 den »Grammy Award for Best
Folk Album« erhielt und das Album A Playlist Without
Borders, aufgenommen mit dem Silk Road Ensemble.
Sein neustes Album Songs from the Arc of Life mit der
Pianistin Kathryn Stott wurde im September 2015
veröffentlicht. Auch jenseits dieser umfassenden Palette von Veröffentlichungen bleibt Yo-Yo Ma nach
wie vor einer der meistverkauften Musiker im Bereich der Klassik. Alle seine neuen Alben tauchten
schnell in den »Billboard« Charts der Klassik Bestseller auf und blieben für einen längeren Zeitraum,
oftmals mit mehr als vier Titeln gleichzeitig, in den
Top 15. Im Herbst 2009 veröffentlichte Sony Classical ein CD-Boxset mit über 90 Alben, um Yo-Yo Mas
30-jähriges Jubiläum als Musiker bei Sony zu feiern.
Yo-Yo Ma wurde 1955 als Kind chinesischer Eltern
Yo-Yo Ma
Yo-Yo Ma’s multi-faceted career is testament to his
continual search for new ways to communicate
with audiences, and to his personal desire for artistic growth and renewal. Whether performing new
or familiar works from the cello repertoire, coming
together with colleagues for chamber music or exploring cultures and musical forms outside the
Western classical tradition, Yo-Yo Ma strives to find
connections that stimulate the imagination. Yo-Yo
Ma maintains a balance between his engagements
23

Yo-Yo M a
92,4
die
kunst
zu
hören

pher Rouse, Giovanni Sollima, Bright Sheng, Tan
Dun, John Williams and Dmitri Yanov-Yanovsky.
As the Chicago Symphony Orchestra’s Judson and
Joyce Green Creative Consultant, Yo-Yo Ma is partnering with Maestro Riccardo Muti to provide collaborative musical leadership and guidance on innovative program development for The Negaunee
Music Institute of the Chicago Symphony Orchestra,
and for Chicago Symphony artistic initiatives. Yo-Yo
Ma’s work focuses on the transformative power music can have in individuals’ lives, and on increasing
the number and variety of opportunities audiences
have to experience music in their communities.
Yo-Yo Ma is strongly committed to educational programs that not only bring young audiences into contact with music but also allow them to participate
in its creation. While touring, he takes time when­
ever possible to conduct master classes as well as
more informal programs for students – musicians
and non-musicians alike. At the same time, he continues to develop new concert programs for family
audiences, for instance helping to inaugurate the
family series at Carnegie Hall. In each of these under­
takings, he works to connect music to students’ daily surroundings and activities with the goal of making music and creativity a vital part of children’s
lives from an early age. He has also reached young
audiences through appearances on Arthur, Mister
Rogers’ Neighborhood and Sesame Street.
Yo-Yo Ma’s discography of over 90 albums (including 18 Grammy Award winners) ref lects his wideranging interests. He has made several successful recordings that defy categorization, among them Hush
with Bobby McFerrin, Appalachia Waltz and Appalachian Journey with Mark O’Connor and Edgar Meyer,
and two Grammy-winning tributes to the music of
Brazil, Obrigado Brazil and Obrigado Brazil – Live in
Concert. Yo-Yo Ma’s recent recordings include Mendelssohn Trios with Emanuel Ax and Itzhak Perl­
man The Goat Rodeo Sessions, with Edgar Meyer, Chris
Thile and Stuart Duncan, which received the 2013
Grammy for Best Folk Album and A Playlist Without
Borders, recorded with the Silk Road Ensemble. His
most recent album, Songs from the Arc of Life, with pianist Kathryn Stott, was released in September 2015.
as soloist with orchestras throughout the world and
his recital and chamber music activities. He draws
inspiration from a wide circle of collaborators, creating programs with such artists as Emanuel Ax,
Daniel Barenboim, Christoph Eschenbach, Kayhan
Kalhor, Ton Koopman, Yu Long, Bobby McFerrin,
Edgar Meyer, Mark Morris, Riccardo Muti, Mark
O’Connor, Cristina Pato, Kathryn Stott, Chris Thile,
Michael Tilson Thomas, Wu Man, Wu Tong, Damian
Woetzel, and David Zinman. Each of these collaborations is fueled by the artists’ interactions, often
extending the boundaries of a particular genre. One
of Yo-Yo Ma’s goals is the exploration of music as
a means of communication and as a vehicle for the
migration of ideas across a range of cultures throughout the world. To that end, he has taken time to
immerse himself in subjects as diverse as native Chinese music with its distinctive instruments and the
music of the Kalahari bush people in Africa.
Expanding upon this interest, in 1998, Yo-Yo Ma
established Silkroad, a nonprofit organization that
seeks to create meaningful change at the intersections of the arts, education and business. Under his
artistic direction, Silkroad presents performances by
the acclaimed Silk Road Ensemble and develops new
music, cultural partnerships, education programs,
and cross-disciplinary collaborations. Silkroad’s ongoing affiliation with Harvard University has made
it possible to develop programs such as the Arts and
Passion-Driven Learning Institute for educators and
teaching artists, held in collaboration with the Harvard Graduate School of Education, and a new Cultural Entrepreneurship initiative in partnership with
Harvard Business School. More than 80 new musical
and multimedia works have been commissioned for
the Silk Road Ensemble from composers and arrangers around the world. Through his work with Silk­
road, as throughout his career, Yo-Yo Ma seeks to
expand the cello repertoire, frequently performing
lesser known music of the 20th century and commissions of new concertos and recital pieces. He has
premiered works by a diverse group of composers,
among them Stephen Albert, Elliott Carter, Chen Yi,
Richard Danielpour, Osvaldo Golijov, John Harbison,
Leon Kirchner, Peter Lieberson, Zhao Lin, Christo25

Yo-Yo M a
Across this full range of releases, Yo-Yo Ma remains
one of the best-selling recording artists in the classical field. All of his recent albums have quickly
entered the “Billboard” chart of classical bestsellers, remaining in the Top 15 for extended periods,
often with as many as four titles simultaneously on
the list. In fall 2009, Sony Classical released a box
set of over 90 albums to commemorate Yo-Yo Ma’s
30 years as a Sony recording artist.
Yo-Yo Ma was born in 1955 to Chinese parents living in Paris. He began to study the cello with his
father at age four and soon came with his family
to New York, where he spent most of his formative
years. Later, his principal teacher was Leonard Rose
at the Juilliard School. He sought out a traditional
liberal arts education to expand upon his conservatory training, graduating from Harvard University
in 1976. He has received numerous awards, including the “Avery Fisher Prize” (1978), the “Glenn Gould
Prize” (1999), the “National Medal of the Arts” (2001),
the “Dan David Prize” (2006), the “Leonie Sonning
Music Prize” (2006), the “World Economic Forum’s
Crystal Award” (2008), the “Presidential Medal of
Freedom” (2010), the “Polar Music Prize” (2012) and
the “Vilcek Prize in Contemporary Music” (2013). In
2011, Yo-Yo Ma was recognized as a Kennedy Center
Honoree. Appointed a CultureConnect Ambassador
by the United States Department of State in 2002,
Yo-Yo Ma has met with, trained and mentored thousands of students worldwide in countries including
Lithuania, Korea, Lebanon, Azerbaijan and China.
Yo-Yo Ma serves as a UN Messenger of Peace and
as a member of the President’s Committee on the
Arts & the Humanities. He has performed for eight
American presidents, most recently at the invitation
of Presi­dent Barack Obama on the occasion of the
56th Inaugural Ceremony.
Yo-Yo Ma and his wife have two children. He plays
two instruments, a 1733 Montagnana cello from
Venice and the 1712 Davidoff Stradivarius.
imPreSSum | imPrint
impressum | imprint
herausg eber | published by
Staatsoper unter den linden
Bismarckstraße 110 | 10625 Berlin
intendant | general manager
Jürgen Flimm
generalmusikdirektor | general music director
daniel Barenboim
geschäftsführender direktor |
management director
ronny unganz
abbildungen | images
Werner neumann: Auf den Lebenswegen Johann Sebastian
Bachs, leipzig 1953; Winfried hoffmann: Reisen zu
Bach. Erinnerungsstätten an Johann Sebastian Bach, leipzig
1985; michael Praetorius: Syntagma musicum, Band II,
Faksimile-reprint der ausgabe Wolfenbüttel 1619,
Kassel u. a. 2001.
fotos | photo credits
Jason Bell (Yo -Yo ma)
redaktion | edited by
dr. detlef giese & irene Flegel
dramaturgie der Staatsoper unter den linden.
der essay von Bernhard Schrammek ist ein
originalbeitrag für dieses Programmheft.
the essay by Bernhard Schrammek is an original
contribution for this programme book.
english translation by regine modersbach.
layout
dieter thomas
herstellung | production
druckerei
inhalt | content
Programm | Programme
1
»eine ganz neue Welt«
Johann Sebastian Bachs Suiten für Violoncello solo
Bernhard Schrammek
3
zitate | QuotationS
Pablo Casals, Mischa Maisky, Mstislaw Rostropowitsch
10
Den Blumenstrauß für den Künstler spendet
“a Whole neW World”
Johann Sebastian Bach’s Suites for Violoncello solo
Bernhard Schrammek
13
Yo-Yo ma
19
imPreSSum | imPrint
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
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Blumenladen
Giesbrechtstraße 10 – 10629 Berlin – Telefon: (030) 8 83 61 63
An dieser Stelle bedanken wir uns herzlich dafür.

»Diese Werke
lassen mich
jeDen Tag,
jeDe sTunDe
eTWas neues
enTDecken.«
Mstislaw Rostropowitsch
über Bachs Suiten für Violoncello solo

