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Außer Kontrolle Meinardus Roter Kopf, Schwindel oder Flimmern vor den Augen, Übelkeit und dazu vielleicht noch Atemnot – da sollten bei Ihnen die Alarmglocken schrillen und der Griff zum Blutdruckmessgerät erfolgen. Messen Sie dann derartig hohe Blutdruckwerte, dass Sie es vielleicht zunächst selbst nicht glauben wollen, müssen Sie umgehend handeln: RR nochmals messen und dann Blutdruck senken – auch ihr eigener Blutdruck wird es ihnen danken. DR. SÖNKE MÜLLER Patienten mit der Diagnose „Hypertonie“ – das sind nach Definition der WHO alle Personen mit einer chronischen Erhöhung des arteriellen Blutdrucks mit systolischem Wert > 139 mmHg und diastolischen Werten > 89 mmHg – finden sich in jeder Zahnarztpraxis zuhauf, statistisch gesehen sind ca. 42 Prozent aller Männer und ca. 38 Prozent aller Frauen in Deutschland Hypertoniker! Die Hypertonie gilt als einer der Hauptrisikofaktoren für die arteriosklerotischen Gefäßerkrankungen mit ihren zahlreichen Folgen, insbesondere Herzinfarkt und Schlaganfall. Die Mehrzahl aller Patienten mit Hypertonus ist – sofern ihnen der Hypertonus überhaupt bekannt ist – medikamentös gut eingestellt, größere akute Komplikationen sind während einer Routinebehandlung beim Zahnarzt nicht zu erwarten. Kommt es jedoch z. B. infolge von Stress, Schmerz, unzureichender Medikamenteneinnahme o. a. zu einer abrupten, anfallsartigen Erhöhung des systolischen Blutdrucks auf [ 56 ] Werte meist > 220 mmHg bzw. des diastolischen Blutdrucks auf Werte > 120 mmHg, so spricht man von einer „hypertensiven Krise“, kommen noch Symptome hinzu, die auf eine unmittelbar drohende Organschädigung hinweisen, von einem „hypertensiven Notfall“. Maßgeblich für die Einschätzung „Notfall“ oder nur „dringende Behandlungsbedürftigkeit (z. B. durch den Hausarzt)“ ist folglich nicht die absolute Höhe des Blutdrucks, sondern das Ausmaß der aktuellen Auswirkungen auf den Organismus, wobei sich die Gefährdung vorwiegend aus kardialen oder zerebralen Komplikationen ergibt. Eine routinemäßige Blutdruckmessung bei allen Patienten, die in ihrer Anamnese über eine Hypertonie berichten, ist sicherlich kein Fehler, wird in der Realität aus Zeitgründen aber sicherlich nicht machbar sein. Spätestens dann aber, wenn Ihnen ein labiler Blutdruck bekannt wird oder der Patient über aktuelle Beschwerden klagt, sollten Sie die u. g. vorbeugenden Maßnahmen berücksichtigen. DENTAL MAGAZIN 1/2009 INTERDISZIPLINÄRES Serie Notfallmedizin – Thema Hypertonie Abb. 1: Mit Hilfe des Blutdruckmessgeräts ermitteln Sie schnell die Blutdruckwerte Ihres Patienten. Abb. 2: Als Basismaßnahme wird der Patient mit erhöhtem Oberkörper gelagert. Abb. 3: Über eine Nasensonde oder eine Maske erhält der Patient Sauerstoff. Abb. 4: Zum Senken des Blutdrucks können ggf. zwei Hübe Nitrolingual-Spray sublingual verabreicht werden. Fotos: S. Müller Vorbeugende Maßnahmen: 䡲 Brechreiz, Erbrechen. 䡲 Flimmern vor den Augen, Sehstörungen. 䡲 Müdigkeit, Apathie, Bewusstseinsverlust. 䡲 Aktuellen Ruhe-Blutdruck messen. 䡲 Vermeidung von Behandlungsstress (Wartezeiten?, schmerzarme Behandlung?). 䡲 Vorsicht mit Adrenalin (maximaler Zusatz 1:200 000). 䡲 Blutdruckkontrollen während der (längeren) Behandlung. Kardiale Symptome: 䡲 Angina pectoris. 䡲 Ruhedyspnoe, Lungenödem. Basismaßnahmen Symptome eines hypertensiven Notfalls Zentrale Symptome: 䡲 Kopfschmerzen, Schwindel. [ 58 ] 䡲 Lagerung: Oberkörper erhöht. 䡲 Beruhigender Zuspruch. 䡲 Sauerstoffgabe über Nasensonde 4–6 l O2/min. DENTAL MAGAZIN 1/2009 INTERDISZIPLINÄRES DR. SÖNKE MÜLLER Nach seinem Medizinstudium und seiner Assistentenzeit machte Dr. Müller 1990 die Facharztprüfung für Innere Medizin. Seit 1991 ist der 49-Jährige sowohl als Internist in Neckargemünd (bei Heidelberg) niedergelassen als auch als Leitender Notarzt im Rhein-Neckar-Kreis tätig. Als Referent leitet er Seminare und bundesweite Workshops für den Bereich Notfallmedizin und bietet auch regelmäßig Notfallseminare für Zahnärzte an. Medikamente: Cave: Keine Nitrate bis 24 h nach Einnahme von Sildenafil (Viagra), Tadalafil (Cialis), Vardenafil (Levitra), (männliche) Patienten deshalb danach fragen! Alle anderen Medikamete (z. B. das früher gern gegebene Nifedipin) sollten aufgrund möglicher Neben- und Wechselwirkungen nur vom in der Blutdrucktherapie erfahrenen Arzt eingesetzt werden und müssen dementsprechend auch nicht vorgehalten werden Ziel aller Maßnahmen ist es, den Blutdruck innerhalb von 30 bis 60 min um ca. 20 bis 30 Prozent vom Ausgangswert zu senken (das wäre bei einem Ausgangswert von z. B. 220/120 mmHg ein Wert von ca. 180/95), eine zu rasche oder überschießende Blutdrucksenkung soll vermieden werden. Ein hypertensiver Notfall sollte immer einen Abbruch der aktuellen Zahnarztbehandlung und eine Einweisung in ein 䡲 Krankenhaus zur Folge haben! In der kommenden Ausgabe des DENTAL MAGAZINs lesen Sie: „Nur keine Panik“ – Krampfanfall, Hyperventilation, Panikattacke Die ersten sechs Teile der Notfall-Serie sowie die ersten drei Teile der Serie „Spezielle Notfälle“ von Dr. Müller stehen im Internet auf www.dentalmagazin.de (Redaktionsbeiträge) zum Herunterladen bereit. Weitere Informationen über Dr. Müller sowie die Termine seiner Workshops für Zahnärzte finden Sie auf www.notfallseminare.de. DENTAL MAGAZIN 1/2009 [ 59 ]