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S030.qxd 28.03.2006 11:27 Seite 30 4 6 8 10 BLAUER BEREICH WISSEN FÜR DIE PRAXIS Dipl. oec. troph. Gabriele Schubert: Erfahrungen mit AllinoneSystemen 12 14 16 18 20 22 Meinardus 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 Selbstkonditionierende Adhäsive Für das DENTAL MAGAZIN berichten drei Zahnärzte aus der Praxis über Vor- und Nachteile im Bereich der All-in-one-Adhäsive. Dr. Andreas Syrek, Drensteinfurt, informiert über Versiegelung empfindlicher Zähne mit einem Adhäsiv der Einmalbis Zweimal-Applikation. Mögliche Fehlerquellen, Zeitersparnis und Haftwerte werden für das DENTAL MAGAZIN von Dr. Holger Gleixner, Lindau, besprochen, und seine Erfahrungen mit selbstkonditionierenden Adhäsiven zur MehrfachApplikation gibt ZA Achim Sieger MSc, Neuss, weiter. 122 124 126 128 130 DENTAL MAGAZIN 2/2006 S031-033.qxd 28.03.2006 11:26 Seite 31 3 DER BLAUE BEREICH 5 Dr. Andreas Syrek, Drensteinfurt: EinmalApplikation zur Versiegelung überempfindlicher Zähne 9 WISSEN FÜR DIE PRAXIS 7 11 13 15 17 19 21 [All-in-one: Ein- bis Zweimal-Applikation] 23 25 27 Dr. Andreas Syrek 29 31 33 35 Foto: 3M Espe / Meinardus hat in Münster Zahnmedizin studiert und promoviert. Nach dreijähriger Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Poliklinik für zahnärztliche Prothetik der Universität Münster erfolgte ein Wechsel in eine münsterländische Zahnarztpraxis. Neben seiner Tätigkeit in einem großen Dentalunternehmen liegen seine Schwerpunkttätigkeiten in der adhäsiven Zahnheilkunde und ästhetischen Korrekturen. Dr. Syrek hat zur Adhäsiv- und Composite-Technik weit über 100 Vorträge gehalten. 37 39 41 43 45 47 49 51 53 55 Was muss der behandelnde Zahnarzt bei der Anwendung mit einem selbstkonditionierenden Adhäsiv beachten? Selbstkonditionierende Adhäsive wie Adper Prompt L-Pop haben einen niedrigen pH-Wert. Das heißt sie sind sauer eingestellt, um am Schmelz ein Ätzmuster kreieren zu können und im Dentin die Schmierschicht aufzulösen. Dies sind notwendige Voraussetzungen, um am Schmelz und Dentin einen Haftverbund zu erzielen. Erreicht wird der niedrige pH-Wert chemisch durch Phosphorsäureester. Diese sind allerdings in der Lage, tertiäre Amine zu protonieren. Tertiäre Amine sind zusammen mit Benzoylperoxid für die chemische Polymerisation von Compositen (Dunkel- oder Selbsthärtung genannt) verantwortlich. Protonierte Amine können diese chemische Polymerisation jedoch nicht mehr katalysieren... ...und daher dürfen sie nicht mit chemisch initiierten und dual härtenden Compositen verwendet werden? Genau. Die Folge ist eine sehr geringe Konversionsrate, d. h. ein chemisch härtendes Composite härtet nicht mehr richtig aus, und bei einem dualhärtenden Composite versagt die Selbsthärtung. Als Behandler darf man deshalb selbstkonditionierende Adhäsive nur zusammen mit lichthärtenden Compositen einsetzen. Sie sprachen gerade von Phosphorsäureestern, die zu einem niedrigen pH-Wert des Adhäsivs führen. Kann dieser niedrige pH-Wert nicht die Pulpa schädigen? Die Zahnsubstanz verfügt durch das Hydoxylapatit über eine sehr hohe Pufferkapazität. Der Säureanteil des Adhäsivs wird dadurch neutralisiert. Diese Neutralisation erfolgt so schnell, dass auf dem Schmelz überhaupt kein Ätzmuster erzeugt werden könnte, würde man das Adhäsiv lediglich auftragen. Erst durch Einmassieren und Wiederbenetzen der Haftfläche wird immer wieder frisches und damit saures Adhäsiv aufgetragen, welches die Entstehung eines Ätzmusters und die Auflösung der Schmierschicht bedingt. Eine Pulpenschädigung durch Anwendung von Adper Prompt L-Pop z. B. ist damit bei ordnungsgemäßer Anwendung auszuschließen. Es hat sich sogar gezeigt, dass hier sogar eine geringere postoperative Sensibilität zu erwarten ist als bei Adhäsiven, die eine separate Phosphorsäureätzung erfordern. 57 59 61 63 65 Das Literaturverzeichnis zum vorliegenden Beitrag kann unter www.dentalmagazin.de heruntergeladen werden. 67 69 71 73 75 77 79 81 83 85 87 89 91 93 95 Randschluss, Randverfärbung, Füllungsretention, dies sind Punkte die im Zusammenhang mit selbstkonditionierenden Adhäsiven diskutiert werden. Wie erreicht der Zahnarzt einen belastungsstabilen Schmelzrandschluss? Wenn möglich, sollte der Schmelzrand angeschrägt werden. Kontraindiziert wäre dieses Vorgehen allerdings, wenn durch die Anschrägung der Kavitätenrand im Dentin oder im Kontakt mit einem antagonistischen Höcker zu liegen käme, da letzteres Chipping-Frakturen am Restaurationsrand begünstigen 97 99 101 103 105 107 109 111 113 115 117 119 121 123 125 127 DENTAL MAGAZIN 2/2006 129 S031-033.qxd 28.03.2006 11:26 Seite 32 4 6 8 10 DER BLAUE BEREICH WISSEN FÜR DIE PRAXIS Dr. Andreas Syrek, Drensteinfurt: EinmalApplikation zur Versiegelung überempfindlicher Zähne 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 Die Zahnsubstanz verfügt durch das Hydoxylapatit über eine sehr hohe Pufferkapazität. Dadurch wird der Säureanteil von Adper Prompt L-Pop neutralisiert. 44 46 48 50 52 Abb1: Offene Dentintubuli im Längsschnitt. Foto: 3M Espe Abb 2: Versiegelte Dentintubli nach Applikation von Adper Prompt L-Pop (Dr. Pereira, Univ. of North Carolina) könnte. Bei der Applikation des Adhäsivs ist ein wichtiger Erfolgsfaktor das Einmassieren für 15 Sekunden. Erst hierdurch wird die gewünschte Ätzwirkung erzielt. Durch anschließendes sanftes Verblasen wird das Lösungsmittel Wasser entzogen, wodurch auf der Zahnoberfläche ein fester Film entsteht. mutet, ausgelöst durch Luftstrom, Temperaturwechsel, mechanische oder chemische Reize auf exponiertes Dentin [Literatur 3]. Da offene Dentintubuli (Abb. 1) im Zervikalbereich zu Zahnhalsüberempfindlichkeiten führen, sollte eine Therapie, die diese Tubuli verschließt (Abb. 2), zur Reduktion der Hypersensibilitäten führen. 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 Chipping-Frakturen sind lamellenartige Frakturen, die z. B. am Restaurationsrand entstehen können, wenn dieser in Kontakt mit einem antagonistischen Höcker liegt. Ist bei diesem All-in-one eine Einmal-Applikation ausreichend? Für den Haftverbund hat es sich als vorteilhaft erwiesen, noch eine zweite Schicht aufzutragen [Literatur 1]. Diese braucht jedoch nicht mehr einmassiert zu werden, da die Ätzwirkung ja bereits mit der ersten Schicht erzielt wurde. Die zweite Schicht dient dazu, eine vollständige Benetzung der gesamten Haftfläche sicherzustellen und die Schichtstärke zu erhöhen. Auch die zweite Schicht muss sanft verblasen werden, da ein hoher Wasseranteil in Adper Prompt L-Pop dessen ausreichender Polymerisation entgegenstehen würde. Danach kann mit der Applikation des Composites begonnen werden. Folgt man dieser Technik, lassen sich klinisch gute Ergebnisse erzielen, wie eine klinische 3-Jahres-Studie von Munoz et al. zeigt [Literatur 2]. 108 110 112 114 116 118 120 Adper L-Pop wird u.a. zur Versiegelung der Dentintubuli bei überempfindlichen Zähnen appliziert. Über welche Erfahrungen können Sie hier berichten? Als Ursache für zervikale Hypersensibilitäten wird eine Bewegung des Dentinliquors in den Tubuli ver- 122 124 126 128 130 DENTAL MAGAZIN 2/2006 Gibt es Untersuchungen, in denen diese Hypothese überprüft wurde? Ja, ich habe Zahnärzte in fünf europäischen Ländern gebeten, bei Patienten mit Zahnhalsüberempfindlichkeiten das Schmerzempfinden auf Luft-/ Wasserstrom und Sondierung jeweils vor und nach Applikation von Adper Prompt L-Pop anhand einer so genannten Visual Analog Skala (VAS) von Level 1 = keine Schmerzempfindung bis Level 4 = sehr schmerzempfindlich zu dokumentieren. Insgesamt waren 108 Patienten an der Untersuchung beteiligt. Zu welchem Ergebnis ist die Studie gekommen? Adper Prompt L-Pop führte zu einer signifikanten Reduktion der Hypersensibilitäten (Abb. 3), die bei den thermischen Reizen (Luft/Wasser) noch ausgeprägter war als bei taktilen Reizen (Sondierung). Diese klinischen Ergebnisse stehen in Einklang mit den Ergebnissen einer Dentinpermeabilitätsstudie der Universität Regensburg [Literatur 4]. Hierbei wurde untersucht, inwieweit dieses Adhäsiv und andere so genannte Desensitiser und Sealer den Liquorfluss in den Dentintubuli zu reduzieren vermochten. S031-033.qxd 28.03.2006 11:26 Seite 33 WISSEN FÜR DIE PRAXIS DER BLAUE BEREICH Dr. Andreas Syrek, Drensteinfurt: Einmalapplikation zur Versiegelung überempfindlicher Zähne Luft/Wasser vorher Luft/Wasser nachher Abb 3: Schmerzempfindung nach Temperaturreizen vor und nach Anwendung von Adper Prompt L-Pop (Visual Analog Skala) Grafik: Syrek Was konkret wurde betrachtet? Erstens eine trockene Dentinoberfläche ohne Simulation pulpalen Druckes, zweitens eine feuchte Dentinoberfläche ohne Simulation des pulpalen Druckes und drittens ein Set-up, bei dem pulpaler Druck simuliert wurde. Das Ergebnis: All-in-oneAdhäsive zeigen die höchste Reduktion der Dentinpermeabilität, und eine geringere Dentinpermeabilität bedeutet geringere Hypersensibilitäten. In einer weiteren Studie [Literatur 5] konnten die Regensburger Forscher zeigen, dass selbst nach Temperaturwechselbelastung die Dentinpermeabilität bei Adper Prompt L-Pop reduziert blieb, wogegen sie bei den anderen getesteten Desensitisern wieder anstieg. Also ein All-in-one für alle Fälle? Bei allen Vorteilen, die diese Adhäsive bieten, hat ihre Anwendung jedoch auch Limitationen, wie z. B. die bereits erwähnte Inkompatibilität mit chemisch härtenden Compositen. Für den klinisch erfolgreichen Einsatz sind die Herstellerangaben genau zu beachten. Weitere Informationen unter: www.3mespe.com S034-036.qxd 28.03.2006 11:25 Seite 34 4 6 8 10 DER BLAUE BEREICH WISSEN FÜR DIE PRAXIS Dr. Holger Gleixner, Lindau: Vorteile und Fehlerquellen von selbstkonditionierenden Adhäsiven 12 14 16 18 20 22 [All-in-one: Zweimal-Applikation] 24 26 28 Dr. Holger Gleixner 30 32 34 36 ist seit Januar 2005 in der Gemeinschaftspraxis Dres. Guzinski und Luta, Lindau, tätig. Sein Studium der Zahnmedizin hat er an der Friedrich Alexander Universität in Erlangen absolviert und dort promoviert. Dr. Gleixner sammelte Erfahrungen in einem großem Dental Unternehmen, veröffentlichte klinische Falldokumentationen und referierte auf internationaler Ebene. In mehr als 25 Ländern leitete er praktische zahnärztliche Kurse. 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 Bei Systemen, die nacheinander aufgetragen werden, liegt die Hauptgefahr darin, dass die Flaschen vertauscht werden könnten. Auf dem Gebiet der adhäsiven Füllungstherapie hat es in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung gegeben. Selbstkonditionierende Bondingsysteme sollen dem Zahnarzt die Arbeitsschritte erleichtern. Herr Dr. Gleixner, welche Probleme können bei der Anwendung der selbstkonditionierenden Adhäsive auftreten? In den Praxen zeigt sich ein immer stärker werdender Trend nach schnelleren und einfacheren Materialien. Bei den Adhäsiven vollzieht sich dieser im Weglassen von einzelnen Schritten, wie sie bei älteren Produkten noch obligat waren. Hier wäre z. B. der Ätzschritt mit Phosphorsäure zu nennen. Bei den so genannten selbstätzenden Bondingsystemen kann von einer Oberflächenkonditionierung von Schmelz und Dentin gesprochen werden, ohne dass das verwendete Agens abgesprüht werden muss. Simultan mit der Demineralisierung kommt es zur Infiltration mit den Bondingharzen. Hierbei kann es produktspezifisch zu Problemen kommen. 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 Wo liegen die möglichen Fehlerquellen? Für die Bondingsysteme, bei denen zwei Flüssigkeiten zu einer vermischt werden, kann es bereits beim Mischen der Komponenten zu Fehler, kommen. Ungleiche Quantitäten der Flüssigkeiten führen zu nicht vorhersehbaren oder nicht reproduzierbarem Haftverbund, durch eine unzureichendes Ätzmuster oder Ausbildung einer inhomogenen Hybridschicht. Ebenso wirkt es sich aus, wenn die Flüssigkeiten nicht sorgfältig und gründlich durchmischt werden. 122 124 126 128 130 DENTAL MAGAZIN 2/2006 Bei Systemen, die nacheinander aufgetragen werden, liegt die Hauptgefahr darin, dass die Flaschen vertauscht werden könnten und so der Inhalt der zweiten Flasche (Bonding) vor der ersten Flasche (Primer) aufgetragen würde. Die Konsequenz daraus wäre eine unzureichende Haftung der späteren Füllung. Welche Vorgehensweise empfehlen Sie, um diese Fehler zu vermeiden? Für alle selbstkonditionierenden Bondingsysteme gilt, dass die Einwirkzeiten der Komponenten entsprechend den Herstellerangaben unbedingt eingehalten werden müssen. Des Weiteren empfiehlt es sich, die selbstätzende Komponente (entsprechend dem verwendeten Produkt, den Primer oder die Mischung aus Primer und Bonding) in die Oberfläche einzumassieren. Gegebenenfalls ist diese auch mehrfach aufzutragen. Welche Vorteile außer der Zeitersparnis sehen Sie in der Anwendung der selbstkonditionierenden Adhäsive? Das Einsparen von Behandlungszeit ist im Zusammenhang mit selbstätzenden Adhäsiven sicher das Hauptargument. Wenn es auch der meistgenannte Vorteil ist, so ist er dennoch nicht der stärkste Punkt der für diese Produktgruppe spricht. Sondern…? …ein klarer Vorteil ist die Reduktion der postoperativen Sensitivitäten. Schon der Primer enthält S034-036.qxd 28.03.2006 11:25 Seite 35 die sauren Monomere, die für die Konditionierung von Dentin und Schmelz verantwortlich sind, und es kommt dadurch zu einer gleichzeitigen Infiltration mit den Monomeren und Kreuzvernetzern. Die Kollagenfasern können bei diesem Vorgehen praktisch nicht kollabieren. Durch das Wegfallen von Arbeitsschritten (z. B. der Phosphorsäure-Ätzung) sind diese Adhäsive auch deutlich weniger techniksensibel, im Vergleich zu Total-Etch Bondingsystemen. Was bedeutet das für den Haftwert? Die initialen Haftwerte, die mit den selbstätzenden Haftvermittlern erreicht werden, sind durchaus mit denen der etablierten Systeme zu vergleichen, so dass hier nicht von einem Kompromiss in der Füllungsqualität ausgegangen werden kann. Die Haftwerte sollten wie bei allen anderen Bondingsystemen die Mindestmarke von 20 MPa auf Schmelz und Dentin übersteigen, um eine dauerhafte Füllungsqualität zu gewährleisten. Einige der Self-Etch-Adhäsive, v.a. die Ein-Flaschen-Produkte, erreichen diese Mindestanforderung nicht. Der Zahnarzt ist hier gefordert, sich mit deren Einsatz kritisch auseinanderzusetzen und dem von den Patienten in ihn gesetztem Vertrauen Rechnung zu tragen. Bei welchen Indikationen würden Sie selbstkonditionierende Adhäsive in der Praxis einsetzen? Als klare Indikationen sind Füllungen nahe an der Gingiva, wenn der Kontakt der Phosphorsäure mit dem Zahnfleisch eine Blutung auslösen könnte. Freigegeben sind die selbstätzenden Bondingsysteme für alle Füllungsklassen. Sie sind indiziert für alle lichthärtenden Composite-, Ceromere-, und Compomerewerkstoffe. Bei der Anwendung in Kombination mit chemisch härtenden Kunststoffen sollte im Einzelfall in den Herstellerangaben nachgeschlagen werden. Indikationseinschränkungen gibt es laut Herstellerangaben in der Befestigung von indirekten Restaurationen. Gibt es weitere Einschränkungen? Ja, in der ästhetischen Zahnheilkunde. Wenn z. B. bei einem Diastemaschluss an unbeschliffenem Schmelz geklebt werden soll, ist aus ästhetischer Sicht das Ergebnis oftmals enttäuschend. Verfärbungen im Übergangsbereich sind die Folge. Wenn sich die Kavität in Pulpanähe befindet, ist mit Adhäsiven Vorsicht geboten, da es nicht ausreichend Daten gibt, die bei dieser Indikation eine Unbedenklichkeit einräumen. S034-036.qxd 28.03.2006 11:25 Seite 36 4 6 8 10 DER BLAUE BEREICH WISSEN FÜR DIE PRAXIS Dr. Holger Gleixner, Lindau: Vorteile und Fehlerquellen von selbstkonditionierenden Adhäsiven 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 Abb. 1: Haftwerte von Selbstätzenden Bondingsystemen im Vergleich. Quelle: Reality Vol 18, 2004 Abb 2: Versiegelung von Dentin mit Ausbildung der Hybridschicht. Foto: Prof. Dr. Paulo Eduardo Capel Cardoso, University of São Paulo, School of Dentistry. Abb. 3: Einmassieren des AdheSE Primers in die Schmelzund Dentinoberfläche für mindestens 30 Sekunden. Abb. 4: Fertige Restauration. Fotos: Ivoclar Vivadent AdheSE ist z.B. ein Zwei-Schritt-Adhäsiv, das von Zahnärzten gut bewertet wird. Welche Gründe sehen Sie dafür? Nach wie vor ist ein großer Teil der Zahnärzte der Meinung, dass selbstätzende Adhäsive, bei denen zwei Flüssigkeiten nacheinander aufgetragen werden, höhere Haftwerte haben und eine bessere Randqualität erzeugen. Die weiteren Vorteile, wie die positiven postoperativen Sensitivitäten wurden ja schon genannt. Applikation oder die Mischapplikation mehr zusagt. Der Entscheidung sollten folgende Punkte zugrunde gelegt werden: • das Adhäsiv sollte klinisch bewährt sein • ausreichend hohe Haftkraft (mind. 20 MPa auf Schmelz und Dentin) • ausreichend wissenschaftliche Daten sollten vorliegen • die Anwendung sollte problemlos in die tägliche Behandlungsroutine integriert werden können • Lagerstabilität Die selbstkonditionierenden Adhäsive stellen eine Bereicherung in der Füllungstherapie dar. Da einige Indikationen nicht mit dieser Adhäsiv-Gruppe abgedeckt werden kann, sollte noch ein weiteres Bondingsystem auf der Total-Etch Gruppe vorrätig sein. 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 Die Haftwerte sollten wie bei allen anderen Bondingsystemen die Mindestmarke von 20 MPa auf Schmelz und Dentin übersteigen, um eine dauerhafte Füllungsqualität zu gewährleisten. 104 106 108 110 112 114 116 118 120 Mehr Informationen über Adhäsivsysteme erhalten Sie unter www.ivoclarvivadent.de. Geben Sie einen kurzen Überblick: Nach welchen Kriterien sollte der behandelnde Zahnarzt das entsprechende System auswählen? Bei der Wahl gilt wie bei allen Materialien in der zahnärztlichen Praxis, dass nicht immer das Neueste das Beste sein muss. Der Behandler muss zunächst entscheiden, ob ihm die Zwei-Schritt 122 124 126 128 130 DENTAL MAGAZIN 2/2006 S038-040.qxd 28.03.2006 11:24 Seite 38 4 6 8 10 DER BLAUE BEREICH WISSEN FÜR DIE PRAXIS ZA Achim Sieger MSc, Neuss, über seine Erfahrungen mit selbstkonditionierenden Adhäsiven 12 14 16 18 20 22 [All-in-one: Mehrfach-Applikation] 24 26 28 ZA Achim Sieger MSc 30 32 34 36 38 ist seit 1997 in Neuss in eigener Praxis tätig. Seine Praxisschwerpunkte reichen von der Prävention, ganzheitlichen Zahnmedizin und Kieferorthopädie über chairside gefertigte CAD/CAM-Restaurationen hin zur Implantologie und Parodontologie. In Parodontologie erwarb Achim Sieger 2005 im postgradualen Studium seinen Master of Science, in Implantologie bildet er sich in Zusammenarbeit mit der University of Boston zum Spezialisten fort. Den Grundstock für seine Tätigkeiten legte er bereits in den 80er Jahren mit der Ausbildung zum Zahntechniker und Weiterbildung zum KFO-Techniker. 40 42 44 46 Foto: Sieger / Meinardus 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 Das Adhäsiv iBond wird ins Dappenglas gegeben und dann mit dem Microbrush aufgenommen. Foto: Heraeus Kulzer 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 (1) Van Landuyt, K L et al. (2005): Extension of a one-step self-etch adhesive into a multi-step adhesive. Dental Materials 2005;21:864-881. Zusammenfassung auf Deutsch im Internet: www.dzn.de (Deutsches Zahnarztnetz) Herr Sieger, Sie sind „Anwender der ersten Stunde“ von All-in-one-Adhäsiven. Was hat Sie bewogen, von Mehr-Komponenten- und MehrSchritt-Bondings auf das Ein-Schritt-Verfahren umzusteigen? Die Bonding-Techniken sind seit Einführung der Dentinhaftung komplexer, zeitaufwändiger und fehleranfälliger geworden. Mit Einführung des Ein-Flaschen-Ein-Schritt-Verfahrens – sprich der 7. Adhäsiv-Generation – ist ein weiterer Schritt hin zur rationellen, verarbeitungssicheren, patientenfreundlichen und verlässlichen Adhäsivtechnik gelungen. Dies spricht für deren Einsatz. Wenn Sie mit anderen Systemen vergleichen: Was macht aus Ihrer Sicht den Reiz von Adhäsiven der 7. Generation aus? Die Anwendung dieser Methode kommt den Patienten und der gesamten Praxis zugute. Patientenschonend ist die verkürzte und klar organisierte Behandlung. Die Vorteile für das Praxisteam: Das Tray ist rasch vorbereitet, schnell herrscht Ordnung, die Prozesse sind optimiert. Arbeitet man immer mit demselben System, bleibt die Administration übersichtlich – was schon beim Management der Applikatoren und Pinsel beginnt. Ich lege Wert auf Kontinuität beim Produkt und Einfachheit der Anwendung, denn das sorgt für Effizienz und Qualität. 122 124 126 128 130 DENTAL MAGAZIN 2/2006 Mit welchem Adhäsiv haben Sie gute Erfahrungen gemacht? Ich habe mit iBond von Heraeus Kulzer gute Erfahrungen gemacht, denn es besitzt genau diese Vorzüge. In nur einer Flüssigkeit sind alle zur Erzielung einer adhäsiven Verankerung erforderlichen Agenzien und Wirkstoffe enthalten und der Ätz- und Spül-Schritt entfällt. Die Möglichkeit zum Erfahrungsgewinn im Alltag der Zahnarztpraxis ist gegeben und ebenso besteht die Gelegenheit, das Produkt über Monate und Jahre hinweg in situ zu beobachten: Denn iBond ist seit Anfang 2003 auf dem Markt. In der Konsequenz bedeutet das auch, dass ich dem Hersteller ein Feedback aus der Praxis heraus geben und so an der weiteren Produktoptimierung mitwirken kann. Das alles schätze ich sehr. Welche Vorteile sehen Sie bei der Anwendung? Zur Anwendung selbst kann ich folgenden konkreten Hinweis weitergeben, der aus einer Veröffentlichung belgischer Forscher (1) stammt und den ich selbst verifiziert habe: Wenn man bei OneStep-Adhäsiven eine zusätzliche Schmelzätzung mit Phosphorsäure durchführt, kann dies die Stabilität des Verbundes verbessern. Von einer Konditionierung des Dentins muss man jedoch unbedingt absehen: Die Haftung verschlechtert sich, S038-040.qxd 28.03.2006 11:24 Seite 39 Prärestaurative Situation: Zähne 11, 21 nach Unfall. Neunjährige Patientin. iBond wird mit dem Microbrush auf die Schmelz- und Dentinflächen appliziert. was auf die Infiltration des Adhäsivs in die Kollagenfibrillen zurückzuführen ist. Das geschieht übrigens auch bei Total-Etch-Adhäsiven. Damit stellt sich die Frage pulpitischer Beschwerden als Spätfolge. Wer mehr über die verschiedenen Bondings wissen möchte, dem empfehle ich die Lektüre der „Übersicht und Wertung der aktuellen Bondingsysteme“ von Bernd Haller und Uwe Blunck (2). Worauf sollten aus Ihrer Erfahrung heraus Kollegen achten? Zum Ersten – man sollte nicht selbst experimentieren. Im Klartext gesprochen: Entscheidet man sich für ein selbstkonditionierendes All-in-one-Adhäsiv, so empfiehlt sich die System-immanente Verarbeitung. Dann ist nämlich das Adhäsiv auf andere S038-040.qxd 28.03.2006 11:24 Seite 40 4 6 8 10 DER BLAUE BEREICH WISSEN FÜR DIE PRAXIS ZA Achim Sieger MSc, Neuss, über seine Erfahrungen mit selbstkonditionierenden Adhäsiven 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 (2) Haller B, Blunck U (2003): Übersicht und Wertung der aktuellen Bondingsysteme. zm – Zahnärztliche Mitteilungen; 7:48ff, Fortbildungsteil 1/2003. Im Internet: www.zm-online.de/m5.htm 42 44 46 48 Einpassen des Silikonschlüssels nach Reinigung der Zahnflächen und Abschrägung der Schmelzränder. 50 52 Komponenten der direkten Restaurationstechnik abgestimmt – auf das Flowable, das Composite, die Abstimmung kann sogar bis hin zu den Polierern reichen. Damit steht der Hersteller zusammen mit dem Behandler in der Verantwortung, wenn es um Randverfärbung, Randschluss, Haltbarkeit der Füllung und Weiteres geht. Ein weiterer Pluspunkt ist es, wenn von Herstellerseite ein Berater – und zwar stets derselbe – zum Dialog zur Verfügung steht. Das schafft Produktnähe. Außerdem lege ich großen Wert auf das Vorhandensein wissenschaftlicher In-vitro- und In-vivoStudien und achte darauf, ob praktisch-klinische Erfahrungsberichte vorliegen. 54 56 Wann sind All-in-one-Adhäsive indiziert? Für wenig komplexe Anwendungen hinsichtlich Füllungsvolumen, mechanischer Belastung, Retentionsbedarf und Schutz vor Irritation der Pulpa stellen All-in-one-Adhäsive eine zeitsparende, sichere und wirtschaftliche Alternative dar. Für den Einsatz bei geschichteten, dentinadhäsiven Seitenzahnrestaurationen oder zur Zementierung von vollkeramischen Adhäsiv-Inlays und Restaurationen sollten in Zukunft einige Schwachstellen dieser Systeme angegangen werden, da hierfür zurzeit noch den Drei-Schritt-Systemen der Vorzug gegeben werden muss. 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 iBond wird in drei aufeinander folgenden Schichten aufgetragen und für 30 Sekunden in die präparierte Zahnhartsubstanz einmassiert. Anschließend wird das Lösungsmittel im sanften Luftstrom vorsichtig verblasen und 20 Sekunden polymerisiert. 82 84 86 88 90 Weitere Informationen erhalten Sie unter www.iBond.de Situation nach Abschluss der Behandlung, Aufbau mit dem Komposit Venus 0A2, A1, SB1, Base-Liner. 92 94 96 98 100 102 104 106 108 Wahlweise kann das EinFlaschen-Ein-SchrittAdhäsiv iBond von Heraeus Kulzer auch im Single Dose-Verfahren appliziert werden. 110 112 114 116 118 120 Das Interview führte Dr. Gisela Peters Nach der Behandlung lächelt die Patientin wieder. Alle Fotos: Sieger 122 124 126 128 130 DENTAL MAGAZIN 2/2006 Was sind das konkret für Schwachstellen und wie sehen Sie persönlich die Zukunft für selbstkonditionierende All-in-one-Produkte? Noch ungeklärt ist die Frage, wie sich die in das Primer-Adhäsiv-Gemisch eingebetteten Schmierschichtpartikel und die ausgefällten Calciumsalze der selbstkonditionierenden Monomere langfristig auf den Verbund und die Pulpaverträglichkeit auswirken. Die mit selbstkonditionierenden Monomerlösungen erzeugten Ätzmuster und KunststoffSchmelz-Interaktionsmuster sind deutlich schwächer ausgeprägt als bei der Phosphorsäure-Ätzung. Die Bedeutung der Unterschiede für die Füllungsretention, den Randschluss und die Randverfärbungen ist noch unklar. Alle zurzeit auf dem Markt befindlichen Bonding-Konzepte haben Vor- und Nachteile. Die Aufgabe des Praktikers ist es, für jede Behandlungssituation eine angemessene Bonding-Technik auszuwählen. 3 DER BLAUE BEREICH 5 Dr. Andreas Syrek, Drensteinfurt: Einmalapplikation zur Versiegelung überempfindlicher Zähne 9 WISSEN FÜR DIE PRAXIS 7 11 13 15 17 19 21 [All-in-one: Einmal-Applikation] 23 25 27 Dr. Andreas Syrek 29 31 33 35 hat in Münster Zahnmedizin studiert und promoviert. Nach dreijähriger Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Poliklinik für zahnärztliche Prothetik der Universität Münster erfolgte ein Wechsel in eine münsterländische Zahnarztpraxis. Seine Schwerpunkttätigkeiten liegen in der adhäsiven Zahnheilkunde und ästhetischen Korrekturen. Dr. Syrek hat zur Adhäsiv- und Composit-Technik zahlreiche Vorträge gehalten. 37 39 41 43 45 47 49 51 53 55 57 59 佥 61 Literatur 1. Carmona D, Lafuente D. Effect of a second coat of adhesive to bond strength. IADR 2004, #0457 2. Munoz C et al. Three year clinical performance of Prompt L-Pop. IADR 2004, #0541 3. Brannstrom M. The hydrodynamic theory of dentinal pain: sensation in preparations, caries, and the dentinal crack syndrome. J 63 Endod. 1986;12:453-7 4. Hiller K-A, Schicker A, Schmalz G. Effects of dentin desensitizing agents on dentin permeability under different application conditions. AADR 2003, #0632. 5. Hiller K-A et al. Effect of dentin desensitizing agents on dentin permeability after thermocycling. IADR2005, #0298 65 67 69 71 73 75 77 79 81 83 85 87 89 91 93 95 97 99 101 103 105 107 109 111 113 115 117 119 121 123 125 127 DENTAL MAGAZIN 2/2006 129