Wir wachsen mit den Herausforderungen - Jahresbericht 2012

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Wir wachsen mit den Herausforderungen - Jahresbericht 2012
Wir wachsen mit den
Herausforderungen
Jahresbericht 2012
Wir wachsen mit den
Herausforderungen
Jahresbericht des Bundesamtes für
Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe 2012
Titel: Hochwasser auf den Oderwiesen bei Reitwein,
Landkreis Märkisch-Oderland (Brandenburg).
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INHALT
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort06
Technologien für den Bevölkerungsschutz
Vorwort des Bundesministers des Innern Dr. Hans-Peter Friedrich, MdB
Vorwort des Präsidenten Christoph Unger: Im Bevölkerungsschutz muss man
mit den Herausforderungen wachsen
Modulares Warnsystem von Bund und Ländern startet
Das auf dem satellitengestützten Warnsystem SatWaS basierende neue System warnt über Radio,
Fernsehen, Internet und Paging/ Weitere Anschlussgeräte folgen
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Geodaten: Wichtiges Instrument für den Bevölkerungsschutz
Weitere Erkenntnisgewinne auf dem Gebiet der Fernerkundung durch intensive Forschung
Feuerwehr Dortmund: Institut der Feuerwehr Dortmund erforscht Einsatz von UAVs
Technisches Hilfswerk: THW nutzt Satellitenbilder, um Bau von Flüchtlingslager zu planen
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Neue Struktur: Modular, schlagkräftig, mobil
Weitere Fahrzeuge der Medizinischen Task Force vom Bund an Länder übergeben
Fahrzeuge: Auslieferung der LF-KatS des Bundes fast abgeschlossen
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Grundlagen im Bevölkerungsschutz
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Schnell und effektiv im 24/7-Dienst
Das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern übernimmt
2012 neue Meldeverfahren für andere Behörden
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Eine ständige Herausforderung
Bevölkerungsschutz in Deutschland: Anpassung an sich verändernde Rahmenbedingungen
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Sauberes Trinkwasser für den Notfall
Handlungsleitfaden zur Risikoanalyse und Notfallvorsorge für die Trinkwasserversorgung
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Menschen im Mittelpunkt43
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Qualitätsstandards für die Krisenhotline
Psychosozialer Gesprächsleitfaden für die Arbeit an der Krisenhotline entwickelt
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Bevölkerungsschutz international vernetzt
BBK unterstützt Länder weltweit mit Ausbildung und Beratung zum effektiven Aufbau
zur Katastrophenabwehr
Dringend gesucht: Helferinnen und Helfer für das Ehrenamt
BBK erarbeitet Kurzstudien mit Ländern und begleitet Projekt „Augsburger Puppenkiste“
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Kulturgutschutz: Eine sehr spezielle Aufgabe
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Ausbildung23
Netzwerke knüpfen für ein integriertes Bildungssystem
AKNZ verstärkt Kontakte zu nationalen und internationalen Aus-,
Fort- und Weiterbildungseinrichtungen sowie Universitäten
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Deutsches Fachwissen international gefragt
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe berät Brasilien
anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft 2014
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Allgemeines49
Das Fenster nach außen: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit 2012
Aktive Pressearbeit des BBK bietet verstärkt hochwertige Informationen für
unterschiedliche Zielgruppen
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Mehr Aufgaben, weniger Personal
Einsparung von Stellen stellt BBK vor große Herausforderungen
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Impressum58
Jahresbericht 2012
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
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VORWORT
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Vorwort des Bundesministers des Innern
Dr. Hans-Peter Friedrich, MdB
unabhängig von einer bestimmten Organisation
Freude am Helfen und damit letztlich am Engagement für Andere vermitteln und sie damit früh
für Bevölkerungsschutzthemen sensibilisieren. Bei
zunehmendem Ganztagesbetrieb von Kindergärten und Schulen sieht der Bund eine grundsätzliche
Bedeutung von mehr Kooperationen mit Kindergärten und Schulen.
Neben dem Ehrenamt stand im vergangenen Jahr
unsere nationale Risikoanalyse mit den Szenarien Hochwasser und Pandemie im Fokus unserer
Aktivitäten. Über die Ergebnisse haben wir zum
Jahreswechsel dem Deutschen Bundestag berichtet.
Die Arbeiten werden fortgesetzt, in 2013 mit einem
Sturm-Szenario.
Liebe Leserinnen und Leser,
gerne nehme ich den Jahresbericht 2012 des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zum Anlass für Rückschau und
Ausblick auf die wesentlichen Entwicklungen im
Bevölkerungsschutz.
tuation. Ziel ist die Entwicklung neuer strategischer
Maßnahmen. Das Gesamtergebnis soll Ende 2013
vorliegen.
Ein zentrales Thema war und bleibt für den Bund
die Förderung des Ehrenamtes. Geschätzte 1,7 Millionen Menschen engagieren sich freiwillig in unseren Hilfsorganisationen. Arbeiter-Samariter-Bund,
Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, Deutsches
Rotes Kreuz, Johanniter-Unfall-Hilfe und Malteser Hilfsdienst, die Freiwilligen Feuerwehren sowie
die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)
bilden das Rückgrat unseres Bevölkerungsschutzes.
Für ihren Einsatz und ihren Dienst am Menschen
danke ich allen Helferinnen und Helfern ausdrücklich. Nicht nur im Ernstfall, sondern auch im Alltag
sind sie der „Kitt“, der unsere Gesellschaft zusammenhält, sie lebendig und lebenswert macht.
Bereits jetzt fördert der Bund das Engagement im
Bevölkerungsschutz durch ein Bündel von Maßnahmen. Es gibt anspruchsvolle Ausbildungsmöglichkeiten an der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz und an den
THW-Bundesschulen. Wir ergänzen die technische
Ausstattung der Länder mit einem Pool von speziellen Einsatzfahrzeugen. Mit dem THW stellt der
Bund den Ländern eine leistungsfähige Hilfeleistungsressource zur Verfügung. Außerdem verleihen
wir den Förderpreis „Helfende Hand“ für außergewöhnliche Ideen und Projekte zum Ehrenamt im
Bevölkerungsschutz. Die öffentliche Preisverleihung ist zugleich Anerkennung für die Leistungen
der Engagierten und ein wirksames Mittel, gute
Ideen zu verbreiten und bekannt zu machen.
Das Ehrenamt im Bevölkerungsschutz ist langfristig sicherzustellen und besser zu unterstützen.
Der Bund hat hierzu in 2012 ein Forschungsprojekt gestartet. Im Fokus steht die Auswertung von
zukunftsorientierten Projekten und „best practice“
im Zusammenhang mit Motivation und Lebenssi-
Ein Gemeinschaftsprojekt des Bundes mit der
„Augsburger Puppenkiste“, einer Arbeitsgemeinschaft der Hilfsorganisationen und dem Radiosender RT 1, wurde 2012 vorbereitet und ging im
Januar 2013 an den Start. Der Kurz-Puppenfilm
„Rettet die Retter!“ soll Kindern im Vorschulalter
Jahresbericht 2012
Planbarkeit und eigene Handlungskompetenz an.
Deutschland hat sich für den Verbleib der Ressourcen und die Letztentscheidung über deren Einsatz
bei den Mitgliedsstaaten stark gemacht. Jeder einzelne Staat ist zuallererst selbst in der Pflicht, den
Schutz und die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten. Hilfe und Solidarität der EU oder anderer
Staaten kann und darf diese Verantwortung nicht
ersetzen. Deshalb sollte Hilfe auch grundsätzlich
von dem Staat finanziert werden, der von ihr
pro­fitiert.
Wird in 2013 eine Novelle zum Gemeinschaftsverfahren verabschiedet, enthält diese in jedem Fall
neue Elemente wie einen freiwilligen Ressourcenpool. Das stellt uns alle vor die Entscheidung, wie
wir uns an diesem neuen Instrumentarium beteiligen. Hier werden insbesondere auch die Länder gefragt
sein, inwieweit sie etwa
bestimmte Ressourcen für
einen europaweiten Einsatz
vorbereiten und verfügbar
machen wollen.
„Wir haben in 2012 viel erreicht und
haben für 2013 nicht minder viele
Herausforderungen vor uns.“
Auch beim nationalen Warnsystem sind wir einen
entscheidenden Schritt vorangekommen. Das vom
Bund unterhaltene satellitengestützte Warnsystem wird ausgebaut. Ein damit verfolgtes Ziel ist
die Möglichkeit, zusätzliche Warnmittel mit einem
„Weckeffekt“ anzuschließen. Bund und Länder
haben im vergangenen Jahr vier Projekte aufgelegt,
um den Anschluss unterschiedlicher Warnmittel
zu testen. Gegenstand sind Rauchmelder, Mobiltelefone, Sirenen sowie ein regionales SMS-Warnsystem. Anfang Juli wird das neue System technisch in
Betrieb genommen.
Die Arbeit auf Ebene der Europäischen Union (EU)
stand im Jahr 2012 ganz im Zeichen der Verhandlungen über eine Novellierung des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz. In diesem Verfahren leisten sich die Mitgliedsstaaten auf
freiwilliger Basis gegenseitig oder auch Drittländern Hilfe bei schweren Katastrophen. Die Europäische Kommission strebt mit der Neufassung mehr
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Wir haben in 2012 viel erreicht und haben für 2013
nicht minder viele Herausforderungen vor uns.
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Mitar­
beiterinnen und Mitarbeitern des Bundesamtes
für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe für
die geleistete Arbeit bedanken. Für die Aufgaben in
2013 wünsche ich Ihnen und uns allen Erfolg und
gutes Gelingen!
Dr. Hans-Peter Friedrich, MdB
Bundesminister des Innern
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VORWORT
09
Im Bevölkerungsschutz muss man mit den
Herausforderungen wachsen
Vorwort von Christoph Unger, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Vor zehn Jahren, im Dezember 2002, beschloss die
Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) als Konsequenz aus den
Erfahrungen der Terroranschläge vom 11. September 2001 und des Elbe-Hochwassers 2002 die „Neue
Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland“. Wesentliche Ziele dieser Strategie waren und
sind eine Verstärkung der Bundesverantwortung
bei nationalen Großschadensereignissen unterhalb der Schwelle des Verteidigungsfalles und eine
verbesserte Zusammenarbeit aller Akteure im
Bevölkerungsschutz über die verschiedenen Verwaltungsebenen, traditionellen Zuständigkeitsverteilungen und tradierten Aufgabenzuweisungen
hinweg. Um diese verbesserte Zusammenarbeit zu
erreichen, war die Errichtung einer zentralen Stelle
für den Bevölkerungsschutz, die diese Vernetzung aufnimmt und fortentwickelt, eine wichtige
Maßnahme. In der Folge wurde das Bundesamt für
Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)
errichtet. Dass sich der Beschluss der IMK zum
zehnten Mal jährt ist Anlass genug, in dem traditionellen Jahresbericht des BBK Bilanz zu ziehen und
einen Blick in die Zukunft zu werfen.
Sachstand und Schwerpunkte
Naturgefahren
Weltweit verursachten 2012 Stürme, Hochwasser,
Erdbeben und Dürren volkswirtschaftliche Schäden
in Höhe von 160 Milliarden Dollar. Laut dem Versicherer Munich Re war es das Jahr mit den wenigsten Todesopfern bei den Katastrophen, aber das
drittkostenintensivste nach 2011 (u. a. Fukushima)
und 2005. Das BBK als Teil einer Behördenallianz
(siehe Seite 15) kam 2012 zu dem Ergebnis, dass bis
zum Jahr 2100 die Extremwetterereignisse zuneh-
Terrorgefahren
Deutschland wird bereits seit Langem als abstrakt
gefährdeter Raum für Terrorakte eingestuft. Konkrete Gefährdungen waren die versuchten Bombenanschläge auf Züge 2006, die so genannte Sauerland-Gruppe 2007 oder jüngst die Kofferbombe am
Bonner Bahnhof.
Gleich ob Natur- oder Terrorgefahren oder Gefährdungen im Cyber-Raum – nach Einschätzung aller
Experten werden diese nicht ab-, sondern zunehmen. Und in allen Bereichen ist die stärkere Fokussierung auf die Prävention formuliert. Darauf
müssen wir uns im Bevölkerungsschutz einstellen.
Diese Entwicklungen diktieren uns die Handlungen für die Zukunft. Dazu kommt noch die Frage,
welche Erwartungen die Bürgerinnen und Bürger
an die staatlichen Institutionen haben, die für ihre
Sicherheit zuständig sind, wie das BBK.
men: mehr Hitzetage, mehr Starkniederschläge,
mehr Winterstürme. Diese Erkenntnisse werden von
anderer Seite unterstützt: So sammelt Munich Re
seit den 1970er-Jahren Daten zu Naturkatastrophen
weltweit, um die daraus gewonnenen Erkenntnisse
in Gefährdungs- und Trendanalysen umzusetzen.
Eine Studie des Rückversicherers kommt zu dem
Ergebnis, dass sich die Menschen auf mehr Natur­
katastrophen einstellen müssen, begründet wird
dies mit dem Klimawandel und der daraus resultierenden Erderwärmung. Hier wird gefordert, stärker
auf Prävention zu setzen.
Cyber-Sicherheit
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe ist aufgrund seiner Erfahrungen auf
dem Gebiet des Schutzes Kritischer Infrastrukturen
(KRITIS) neben dem Bundesamt für Sicherheit in der
Informationstechnik (BSI) Partner im Cyber-Abwehrzentrum, das 2011 eingerichtet wurde. Die Informa­
tionstechnologie ist in allen Lebensbereichen vorhanden, und parallel dazu entstehen neue Gefährdungen.
Gerade IT-Systeme Kritischer Infrastrukturen stehen
im Fokus von Cyber-Angriffen, als prominentes Beispiel sei hier Stuxnet angeführt. Daher fordert das
BBK dazu auf, unterstützt durch Expertinnen und
Experten, mehr auf Prävention zu setzen.
Jahresbericht 2012
Seit das aktuelle Ausstattungskonzept des Bundes
für den Katastrophenschutz 2007 verabschiedet
wurde, sind mehrere hundert Fahrzeuge ausgeliefert worden. Auch in die Ausbildung derer, die die
Fahrzeuge bedienen müssen, wurde investiert. Als
Teil des neuen Konzeptes wurde z. B. die Medizinische Task Force (MTF, siehe Seite 38) entwickelt. Um
das Zusammenspiel von Ausstattung und Fahrzeugen auf der einen Seite und qualifizierten Helferinnen und Helfern auf der anderen Seite zu erproben, wurden 2010 mit Hessen und Rheinland-Pfalz
zwei Pilotstandorte für die MTF eingerichtet, deren
Arbeit 2012 abgeschlossen wurde.
Das deutsche System des Bevölkerungsschutzes wird getragen von 1,7 Millionen ehrenamtlich engagierten Helferinnen und Helfern. Nicht
nur der demografische Wandel gefährdet diese
Basis des Bevölkerungsschutzes. Das BBK hat 2012
Kurzstudien durchführen lassen, die klären sollten, mit welchen Konzepten
einer Abwärtsentwicklung
der Helferzahlen entgegengewirkt werden kann. Dies
ist nur ein erster von vielen
Schritten, mit denen das BBK
den Herausforderungen im
Ehrenamt begegnet und dem
Forschungsauftrag der IMK zur nachhaltigen Sicherung der ehrenamtlich geprägten Hilfeleistungsstrukturen im Bevölkerungsschutz gerecht wird.
„Die Risikokommunikation ist der
Schlüssel zu einer mündigen eigenverantwortlichen Bürgerschaft.“
Herausforderungen für die Zukunft
Eine Forderung aus der „Neuen Strategie“ von
2002 beinhaltete eine bundesweite Risikoanalyse
(siehe Seite 14). Das BBK hat hierzu eine Methode
entwickelt und diese allen Ländern zur Verfügung gestellt. Für die Gefahren „Hochwasser“ und
„außergewöhnliches Seuchengeschehen“ wurden
2012 auf Bundesebene Risikoanalysen durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in einem Bericht
festgehalten, der dem Deutschen Bundestag in
diesem Jahr vorliegt. Gemeinsam werden wir die
Risikoanalyse bundesweit weiterentwickeln, um
damit die Basis für die Risikoeinschätzung und
-bewertung zu erhalten. Nur dann können wir
Risikokommunikation glaubwürdig betreiben –
Risikokommunikation mit den Bürgerinnen und
Bürgern.
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Eine zentrale Aufgabe des BBK ist die Warnung der
Bevölkerung. Wenn wir mit dem modularen Warnsystem (MoWaS, siehe Seite 32) neue technische
Verfahren zur Warnung auf- und ausbauen und
mit einer Vielzahl möglicher Endgeräte arbeiten,
dann ist es unerlässlich, dass die Bevölkerung diese
Verfahren und Endgeräte kennt, damit sie sie überhaupt wahrnehmen und interpretieren kann. Die
Herausforderung für die Zukunft ist hier neben den
technischen Möglichkeiten auch die Pflicht, alle
Menschen mitzunehmen.
Um auf eine verständige und selbsthilfefähige
Bevölkerung zu treffen, müssen alle am Bevölkerungsschutz beteiligten Behörden, Institutionen
und Organisationen Risikokommunikation betrei-
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VORWORT
ben. Die Bürgerinnen und Bürger müssen wissen,
welche Gefahren und Bedrohungen möglich wären,
welche staatliche Hilfe bereitsteht und wo ihre
eigene Verantwortung liegt. Die Risikokommunikation ist der Schlüssel zu einer mündigen eigenverantwortlichen Bürgerschaft. Unsere Pflicht
ist es, die Risiken für die Bevölkerung so gering
wie möglich zu halten, auch wenn wir sie nicht aus
der Verantwortung für die Selbsthilfe entlassen
können.
Entwicklung kontinuierlich fortsetzt. Daher gilt es
auch, die hierfür zwingend notwendigen Rahmenbedingungen zu verbessern.
Es gibt viel zu tun, wir stellen uns dieser Aufgabe!
Ihr
Christoph Unger
Fazit
Die Gefahren werden nicht abnehmen oder aufhören. Wir müssen die möglichen Risiken für die
Bevölkerung analysieren, die Ausstattung entsprechend weiterentwickeln und die im Bevölkerungsschutz Tätigen ertüchtigen, sie zu bedienen.
Zentraler Punkt ist, dafür zu sorgen, dass die nötige
Anzahl ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer
im Bevölkerungsschutz zur Verfügung steht. Wir
brauchen für den akuten Gefahrenfall ein flächendeckendes Warnsystem. Letztendlich müssen wir
die Bevölkerung über die bestehenden Risiken
informieren und auch für den Notfall ertüchtigen.
Auf dieser Grundlage werden wir das Jahr 2013 und
die Folgejahre angehen, in denen die Herausforderungen nicht geringer werden. In den vergangenen
zehn Jahren ist unser Bevölkerungsschutzsystem
besser geworden. Wir dürfen jetzt nicht nachlassen in unseren Anstrengungen, sondern müssen
weiter hart daran arbeiten, dass sich diese positive
Grundlagen im
Bevölkerungsschutz
Jahresbericht 2012
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GRUNDLAGEN IM BEVÖLKERUNGSSCHUTZ
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Schnell und effektiv im
24/7-Dienst
Das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern übernimmt
2012 neue Meldeverfahren für andere Behörden
Im Februar 2012 haben Tausende Menschen in Serbien und Bosnien mit extremer Kälte und Schneemassen zu kämpfen. Einige Monate später hält eine
Serie von Waldbränden in Südeuropa die Feuerwehr in Atem. Ende Juli havariert das unter deutscher Flagge fahrende Containerschiff MSC Flaminia nach zwei Explosionen im Laderaum. Dies sind
nur einige von vielen Ereignissen, die das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum von Bund und
Ländern (GMLZ) 2012 intensiv beschäftigt haben.
Im Fall der MSC Flaminia unterstützte sogar ein
GMLZ-Mitarbeiter das Lagezentrum des Havariekommandos in Cuxhaven vor Ort und bildete eine
Schnittstelle zum GMLZ im BBK.
Seit seiner Inbetriebnahme am 1. Oktober 2002 hat
sich das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum von
Bund und Ländern bestens bewährt. Seinerzeit entstand es vor dem Hintergrund der „Neuen Strategie
zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland“. Diese
war aufgrund der Erfahrungen aus dem Elbe-Hochwasser 2002 und den Terroranschlägen in den USA
am 11. September 2001 von der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern 2002 beschlossen
worden. Ein Auftrag des GMLZ ist es, ein stets aktuelles und bundesweites Lagebild im Bevölkerungsschutz zur Verfügung zu stellen. Im Oktober feierte
das GMLZ sein zehnjähriges Bestehen.
tinnen und Experten aus den verschiedensten
Einrichtungen und Behörden aus dem Bereich des
Bevölkerungsschutzes. Im 24-Stunden-Betrieb an
sieben Tagen in der Woche erfassen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des GMLZ die überörtliche Lage im Bevölkerungsschutz, wodurch sie den
Entscheidungsträgern wichtige Informationen zur
Verfügung stellen können. Außerdem dient das
GMLZ als Schnittstelle zu den Lagezentren anderer
Länder oder koordiniert Hilfeersuchen aus dem Inund Ausland.
Neue Meldeverfahren im Jahr 2012
Das GMLZ arbeitet seit Mitte 2010 im 24/7-Dienst.
Deshalb ist es dafür geeignet, bestimmte Meldeverfahren für andere Behörden zu übernehmen, die
nicht über diesen Service verfügen. So meldet das
GMLZ beispielsweise internationale Großschadenslagen mit Folgen für die Umwelt, informiert über
grenzüberschreitende Auswirkungen von Indus-
24-Stunden-Betrieb an sieben Tagen in der Woche
Hochmoderne Technik befähigt die 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, schnell und effektiv auf
die unterschiedlichsten Gefahren- und Schadenslagen reagieren zu können. Dabei bedienen sie sich
sowohl des deutschen Notfallvorsorge-Informationssystems (deNIS) als auch eines ständig wachsenden Netzwerks von eigenen und externen Exper-
Das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum (GMLZ) hat die
weltweite Bevölkerungsschutzlage immer im Blick.
Jahresbericht 2012
Grußworte zum zehnjährigen Bestehen des GMLZ: der ehemalige Leiter Thomas Mitschke (Mitte), sein Nachfolger Christoph Schmidt-Taube
(rechts) und BBK-Vizepräsident Ralph Tiesler.
trieunfällen und warnt vor biologischen, chemischen und atomaren Bedrohungen auf europäischer Ebene.
Ein neues Meldeverfahren im GMLZ seit 2012
ist das Meldeverfahren im Zusammenhang mit
sicherheitsrelevanten Ereignissen beim Betrieb der
Galileo-Satelliten. Bei Galileo handelt es sich um
das erste EU-Projekt im Bereich der globalen Satellitennavigation. Als nationale Kontaktstelle ist es
Aufgabe des GMLZ, bei Angriffen auf Galileo, die
deutsches Territorium betreffen, gezielt die zuständigen Ansprechpartner zu benachrichtigen. Bei
einem weiteren Meldeverfahren kommt dem GMLZ
ebenfalls die Rolle der nationalen Kontaktstelle zu.
Im Rahmen des Austauschs von Warnungen im
bilateralen Informationsverfahren mit Belgien bei
Stromausfall/kritischer Versorgungsstruktur (EKI)
werden Warnmeldungen, die den Bereich Energie
der EKI betreffen, zwischen Deutschland und Belgien ausgetauscht. Für Bund, Länder und Organisationen in Deutschland ist das GMLZ also ein
wichtiger Dienstleister.
Darüber hinaus hat es sich auch 2012 als besonders attraktiv für Besuchergruppen erwiesen. „Die
Besucher des GMLZ sind vielfältig und international. Nicht nur ausländische Regierungs- und
Verwaltungsvertreter werfen gerne einen Blick ins
Lagezentrum. Ebenso zählen hochrangige Politiker, darunter auch Bundestagsmitglieder, Vertreter
anderer Behörden oder auch privater UnternehBundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
men, Vertreter der Bundeswehr, Hilfsorganisationen und Feuerwehren sowie Studenten und Schüler
zu unseren Gästen“, berichtet Frank Hähn vom
GMLZ. Die Besucher des GMLZ interessieren sich
besonders für die technische Ausstattung des Lagezentrums, aber auch für die Aufgaben des GMLZ als
solches. Der Vortrag des Fachpersonals wird nicht
nur in Deutsch, sondern auch in Englisch und Französisch angeboten. 2012 besuchten etwa 500 Gäste
das GMLZ. In den zehn Jahren seines Bestehens
waren es fast 4.000 Besucher.
Auswertung zahlreicher Informationen als neue
Herausforderung
Ein Schwerpunkt der zukünftigen Arbeit des GMLZ
wird es sein, Informationen zunehmend zu verarbeiten und zu visualisieren. „Die Herausforderungen eines Lagezentrums bestehen heute nicht mehr
darin, überhaupt Informationen zu bekommen,
sondern die zahlreichen vorhandenen Informationen so auszuwerten, dass schneller als bisher mögliche Ereignisse erkannt werden. Darüber hinaus gilt
es, die unterschiedlichen Informationen zu bewerten und passend für die verschiedenen Nutzer aufzubereiten“, sagt Christoph Schmidt-Taube, Leiter
des GMLZ seit Januar 2012.
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GRUNDLAGEN IM BEVÖLKERUNGSSCHUTZ
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Eine ständige
Herausforderung
Bevölkerungsschutz in Deutschland: Anpassung an sich verändernde
Rahmenbedingungen
Extreme Wetterereignisse, wie z. B. Starkregen, bringen Risiken mit sich.
Stürme, Hochwasser, Erdbeben, Infektionskrankheiten – die Liste der Gefahren, die sich gravierend
auf das Leben der Bevölkerung sowie die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Deutschland auswirken können, ist lang. Gefahren können sowohl
einzeln als auch in Kombination miteinander auftreten, wodurch besonders schwere Schäden verursacht werden. Für den Bevölkerungsschutz sind
vor allem solche Ereignisse bedeutsam, die äußerst
selten und schwer vorhersehbar sind. Aus diesem
Grund ist es umso wichtiger, Risiken zu analysieren, um sie zu minimieren. „Wenn ich Prävention
betreiben will, muss ich Risiken schon lange im
Vorfeld identifizieren. Es muss klar sein, welches
Ausmaß der Schaden annehmen kann, um eine
entsprechende Vorsorge treffen zu können“, sagt
Dr. Wolfram Geier, Abteilungsleiter im BBK.
BBK steht Ländern bei Risikoanalyse
beratend zur Seite
Wie häufig kann beispielsweise ein Orkan wie
Kyrill vorkommen? Wie hoch kann der Schaden
ausfallen? Das sind Fragen, die im Rahmen einer
BBK-Risikoanalyse gestellt werden.
Im Sinne der „Neuen Strategie zum Schutz der
Bevölkerung in Deutschland“, die vor zehn Jahren von der Konferenz der deutschen Innenminister und -senatoren beschlossen wurde, hat das
BBK eine zielorientierte und einfach umsetzbare
Methode für die Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz in der Bundesrepublik Deutschland entwickelt. Hierbei wurden auch Ergebnisse des fachlichen Austauschs mit verschiedenen Bundesbehörden, internationalen Partnerbehörden und
Wissenschaftseinrichtungen berücksichtigt.
Die Methode ist geeignet, durch alle Verwaltungsebenen jedwedes Risiko analysieren zu lassen.
Derzeit führen mehrere Bundesländer Risikoanalysen für den Bevölkerungsschutz nach der vom BBK
entwickelten Methode in Form von Pilotprojekten
durch. Federführend innerhalb der Pilotprojekte
sind dabei die jeweiligen Länder bzw. kreisfreien
Städte oder Landkreise. „Das BBK begleitet die Projekte auf Wunsch des jeweiligen Landes. Ein kontinuierlicher Austausch zwischen Bund und Ländern
unterstützt das Zusammenwirken und die gemeinsame Nutzung von Erkenntnissen“, sagt Angela
Clemens-Mitschke, Referatsleiterin im BBK. Auf der
Ebene des Bundes befasst sich die Risikoanalyse mit
Gefahren und Ereignissen, die als national bedeutsam erachtet werden. So wurden 2012 auf Bundesebene Risikoanalysen für die Gefahren „Hochwasser“ und „außergewöhnliches Seuchengeschehen“
durchgeführt. Erstellt wurden diese Risikoanalysen
von einem Arbeitskreis, der sich aus beauftragten
Geschäftsbereichsbehörden der Ressorts zusammensetzt und durch das BBK koordiniert wird. Die
Ergebnisse der Risikoanalysen wurden in einem
Bericht festgehalten, der dem Deutschen Bundestag
in diesem Jahr vorgelegt wurde.
„Ein Erfolgsfaktor für die Risikoanalyse ist die Einbindung einer fachübergreifenden Expertise gleich
zu Beginn des Verfahrens, um möglichst viele
Aspekte der verschiedenen Risiken abzudecken.
Zugleich können bereits vorhandene Daten über
fach- und behördenübergreifende Zusammenarbeit
intelligent verknüpft werden, um belastbare Aussagen zu entwickeln“, sagt Clemens-Mitschke. „Die
Arbeiten zur Risikoanalyse auf Bundesebene werden kontinuierlich fortgesetzt, unter enger Einbeziehung der Länder“, so die Referatsleiterin.
Jahresbericht 2012
Vor allem sind es durch den Klimawandel bedingte
Extremwettereignisse, an die sich der Bevölkerungsschutz anpassen muss. Besonders gefährdet
sind Kritische Infrastrukturen (KRITIS) wie z. B.
Energie- und Wasserversorgung, Transport und
Verkehr sowie Telekommunikations- und Informationstechnik. Kritische Infrastrukturen sind auch
deshalb besonders verletzlich, weil sie voneinander
abhängig sind. Wenn die Stromversorgung oder
die Informationstechnik ausfällt, können andere
KRITIS-Sektoren gestört werden oder ausfallen.
Extremwetterereignisse, wie sie uns aufgrund der
Auswirkungen des Klimawandels in Zukunft häufiger heimsuchen könnten, zählen zu den häufigsten
Ursachen für Blackouts in der Stromversorgung.
Behördenallianz will Deutschland noch besser
auf Extremwetterereignisse vorbereiten
Das BBK befasst sich bereits seit mehreren Jahren
mit den Auswirkungen des Klimawandels auf den
Bevölkerungsschutz. Gemeinsam mit dem Technischen Hilfswerk (THW), dem Umweltbundesamt
(UBA) sowie dem Deutschen Wetterdienst (DWD)
möchte das Bundesamt im Rahmen einer „Strategischen Behördenallianz“ Deutschland noch besser
auf Extremwetterereignisse vorbereiten. Seit 2012
sitzt auch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und
Raumforschung (BBSR) mit im Boot. Ausgangspunkt für das Bündnis, das bereits 2007 ins Leben
gerufen wurde, ist u. a. die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Susanne Krings,
Referentin im BBK, über die Behördenallianz: „Ziel
der Zusammenarbeit in der Behördenallianz ist
es, die Herausforderungen, die sich aus dem Klimawandel ergeben können, zu identifizieren und
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
mögliche Optionen zur Anpassung zu ent­w ickeln.
Nur mit Hilfe von Partnern kann man so ein
Thema angehen.“
Ausgewählte Ergebnisse eines Forschungsprojektes, das die Auswirkungen des Klimawandels auf
Häufigkeit und Intensität extremer Wetterereignisse
in Deutschland detailliert untersucht, wurden von
den Partnern Ende Oktober in einer gemeinsamen
Pressekonferenz in Berlin vorgestellt. Die Ergebnisse
zeigen, dass Extremwetterereignisse voraussichtlich zunehmen werden. Vor allem im Winter ist in
Zukunft mit starken Niederschlägen zu rechnen,
insbesondere im Küstenbereich. Außerdem ist davon
auszugehen, dass es deutlich wärmer wird. Bis 2100
wird die Zahl der Hitzetage ansteigen, lautet das
Fazit des DWD. Ein wichtiger Aspekt, wie BBK-Präsident Christoph Unger im Rahmen der Pressekonferenz betonte, ist deshalb, die Menschen zu mehr
Selbsthilfe zu animieren. „Die Menschen in Deutschland sind noch nicht ausreichend auf Extremwetterereignisse und deren Folgen vorbereitet. Wir wollen
die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung verbessern,
damit sich die Menschen selber und auch gegenseitig
helfen können, ehe die professionelle Hilfe eintritt.
Dies gilt etwa bei einem länger andauernden Stromausfall.“ Neben Broschüren setzt das BBK deshalb
verstärkt auf neue Medien, um auch Kinder und
Jugendliche zu erreichen.
BBK und Partner entwickeln gemeinsam mit
Netzbetreibern Werkzeuge, um lang anhaltenden
Stromausfall zu vermeiden
Völlig unvorbereitet traf ein extremes Wetterereignis 2005 auch die Menschen im Münsterland.
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GRUNDLAGEN IM BEVÖLKERUNGSSCHUTZ
Ungewöhnlich starke Schneefälle sorgten seinerzeit
dafür, dass 250.000 Münsterländer tagelang ohne
Strom auskommen mussten. Die enormen Schneeund Eismassen ließen insgesamt 82 Strommasten
wie Streichhölzer umknicken und verursachten
den totalen Ausfall wichtiger Versorgungsgüter
wie Strom, Telefondienstleistungen, Trinkwasser
und Infrastrukturen. Darauf vorbereitet war privat
kaum jemand. Anlässlich der Versorgungsausfälle,
die im Münsterland oder auch durch den Sturm
Kyrill 2007 entstanden, hat das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag
(TAB) in einem Bericht untersucht, wie sich ein lang
andauernder Stromausfall auf die KRITIS-Infrastrukturen auswirken könnte und wie Deutschland
auf eine derartige Großschadenslage vorbereitet ist.
Das Ergebnis: Ein großflächiger und lang anhaltender Stromausfall käme in Deutschland einer nationalen Katastrophe gleich.
Wie hoch ist das Risiko, dass die Stromversorgung
ausfällt? Welche Schäden können für die Bevölkerung entstehen? Wer ist wann und wie betroffen?
Diese Fragen sind es, erklärt BBK-Referatsleiter
Peter Lauwe, die sich Akteure der staatlichen Notfallplanung wie etwa Feuerwehren oder Kommunen aus der „Vogelperspektive“ stellen, wenn es um
die Analyse der Risiken eines Stromausfalls geht.
Falls man darüber hinaus noch weiter ins Detail
geht und untersucht, in welchem Ausmaß einzelne
Einrichtungen betroffen sind, entsteht ein „hohes
Sicherheitsniveau“, so Lauwe.
„Das BBK und seine Partner haben mit der Betreiberebene zusammengearbeitet. Gemeinsam haben
wir die systematische Erfassung und Senkung
des Risikos eines Blackouts verbessert“, sagt Peter
Lauwe. Dieses Vorhaben ist dem BBK, der TÜV
Rheinland Consulting GmbH (TRC), der Fachhochschule Köln (FH Köln), der Firma Wölfel Beratende
Ingenieure (WBI) sowie weiteren Partnern durch
ein gemeinsames Projekt gelungen: GRASB. GRASB
steht für „Szenarienorientierte Grundlagen und
innovative Methoden zur Reduzierung des Ausfallrisikos der Stromversorgung unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Bevölkerung“
und zielt darauf ab, das Risiko eines lang anhaltenden großflächigen Stromausfalls zu reduzie-
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ren. Das Projekt entwickelt den Stand von Wissenschaft und Technik dazu fort und reduziert die
Verwundbarkeit der Stromversorgung, damit auch
in Zukunft das hohe Versorgungsniveau mit sehr
geringen Ausfallzeiten sichergestellt ist. BBK und
Partner haben im Rahmen von GRASB die gesamte
(Strom-)Versorgungskette von der Erzeugung bis
zum Endverbraucher vor dem Hintergrund sich
wandelnder Rahmenbedingungen berücksichtigt.
Hierzu zählen beispielsweise die Liberalisierung
des Strommarktes, die Netzintegration erneuerbarer Energien, die Klimaerwärmung, aber auch eine
veränderte weltweite Sicherheitslage. „Gemeinsam mit den Netzbetreibern haben wir Werkzeuge
entwickelt, mit deren Hilfe man die Risiken in der
Stromversorgung erfassen und verringern kann.
Dadurch sollen Ausfälle entweder gar nicht erst
entstehen oder deren Ausmaß verringert werden“,
sagt Peter Lauwe über GRASB. Die Forschungsergebnisse des 2009 gestarteten Projektes wurden der
Öffentlichkeit Ende November vorgestellt. Besonderes Highlight auf der Veranstaltung war eine
Podiumsdiskussion, an der u. a. Marc Elsberg, Autor
des Bestsellers „Blackout“, teilnahm.
Sauberes Trinkwasser
für den Notfall
Handlungsleitfaden zur Risikoanalyse und Notfallvorsorge für die
Trinkwasserversorgung
Beim Elbe-Hochwasser 2002 wurden Kläranlagen
überschwemmt, Industrieflächen überflutet und
Trinkwasserleitungen teilweise zerstört. Durch die
beschädigten Trinkwasserleitungen waren Teile der
Bevölkerung von der Versorgung abgeschnitten.
Verschiedene Maßnahmen der Trinkwassernotversorgung, u. a. auch der Einsatz von Trinkwassernotbrunnen in Verbindung mit Trinkwasseraufbereitungsanlagen des Technischen Hilfswerks, sorgten
dafür, dass den Menschen dennoch sauberes Was-
GRASB möchte Prävention leisten, damit es gar
nicht erst zu einem lang andauernden, großflächigen Stromausfall kommt. Sollte sich dennoch ein
Blackout in der Stromversorgung ereignen, muss
entsprechend vorgesorgt sein. Mit dem Thema
Notfall- und Notstromvorsorge beschäftigt sich
deshalb ab 2013 das Nachfolgeprojekt von GRASB,
KRITIS Notstrom. Lauwe: „Die Bundesregierung
sieht Handlungsbedarf im Hinblick auf die Notfallund Notstromvorsorge. Natürlich gibt es in diesem Kontext schon staatliche Notfallmaßnahmen,
aber es existieren immer noch Lücken, die mit dem
Nachfolgeprojekt von GRASB geschlossen werden
sollen.“ Als Beispiel nennt Lauwe den bisherigen
Versuch, eine volle Versorgung durch Notstromgeräte zu gewährleisten. Sollte es zu einem noch
größeren Stromausfall als beispielsweise dem im
Münsterland kommen, werden die vorhandenen
Notstromgeräte nicht mehr ausreichen. Deshalb
muss man sich bereits im Vorfeld Gedanken darüber machen, wie man handelt, wenn mit dem vorhandenen Notfallmaterial keine volle Versorgung
gewährleistet werden kann.“
Jahresbericht 2012
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
ser während der Katastrophe zur Verfügung stand.
Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, im Notfall
sauberes Trinkwasser bereitstellen zu können.
Seit dem Frühjahr 2012 beschäftigt sich das BBK im
Hinblick darauf mit einem besonderen Vorhaben:
„Auf Basis der vom BBK entwickelten Methoden
des Risikomanagements sollen Gefahren ermittelt
und Verwundbarkeiten sowie Risiken, die sich ausschließlich auf den Bereich Trinkwasserversorgung
18
GRUNDLAGEN IM BEVÖLKERUNGSSCHUTZ
beziehen, bewertet werden. Neue Herausforderungen an die Versorgungsinfrastrukturen stellt u. a.
der voranschreitende Klimawandel, beispielsweise
durch die Häufung von Extremwetterereignissen
in Form von Niederschlägen oder Trockenperioden.
Vor allem in städtischen Gebieten ist es aufgrund
der großen Zahl der Betroffenen kritisch, wenn die
Wasserversorgung ausfällt.
19
entstehen, mit dessen Hilfe die Kommunen organisatorisch und logistisch ideal auf den Ernstfall vorbereitet sind“, sagt Dr. Ina Wienand, Referentin im
BBK. Mit Blick auf die Entwicklung des Leitfadens
ist es sehr wichtig, alle maßgeblichen Akteure der
Notfallvorsorge in den Prozess der Risikoanalyse
und Notfallplanung mit einzubeziehen.
Organisatorisch und logistisch auf den Ernstfall
vorbereitet sein
Viele Kommunen sind nur unzureichend auf
einen Ausfall der öffentlichen Wasserversorgung
vorbereitet
„Unser Leitfaden richtet sich einerseits an die Wasserversorgungsunternehmen (WVU) und andererseits an die im Ereignisfall zuständigen Behörden.
Dazu zählen vor allem die Gesundheitsämter und
die Katastrophenschutzbehörden. Als Ergebnis soll
für diese Akteure der Notfallvorsorge in der Wasserversorgung ein präventiver Handlungsrahmen
Das Vorhaben gliedert sich in zwei Teile. Im ersten
Teil soll eine Risikoanalyse der Wasserversorgung
anhand verschiedener Gefahren erfolgen. Gefahren und Anforderungen, wie sie durch Terrorismus,
Naturereignisse oder CBRN-Lagen (chemische, biologische, radiologische und nukleare Gefahren) entstehen. Für jedes Szenario führt das BBK mit einem
Jahresbericht 2012
Arbeitskreis aus Expertinnen und Experten von
unterschiedlichen Behörden und WVUs eine Risikoanalyse anhand von Workshops und Befragungen exemplarisch in einem Landkreis durch. Die
gewonnenen Ergebnisse bzw. die Vorgehensweise in
diesem Landkreis sollen dann als Handlungsgrundlage auch für andere Kreise und kreisfreie Städte
dienen. Die Workshops finden in Anlehnung an die
Methode des BBK für die Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz statt. Das Ergebnis dient schließlich
als Basis, um ein entsprechendes Notfallvorsorgekonzept zu etablieren. Es berücksichtigt alle im
Landkreis vorhandenen Ressourcen. In Deutschland stehen verschiedene Ressourcen zur Notfallvorsorge in der Trinkwasserversorgung zur Verfügung, also beispielsweise Trinkwassernotbrunnen,
Trinkwassertransportfahrzeuge und Trinkwasseraufbereitungsanlagen. Wo welche dieser Ressourcen von wem zur Verfügung gestellt werden kann,
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
ist vielen Kommunen jedoch kaum oder nicht
bekannt. Außerdem wurde in der Vergangenheit
deutlich, dass viele Kommunen nur unzureichend
auf einen größeren und längerfristigen Ausfall der
öffentlichen Wasserversorgung vorbereitet sind.
Daher steht im zweiten Teil des Projektes nicht
nur im Vordergrund, vorhandene NotfallvorsorgePotenziale für die Trinkwasserversorgung in einem
Landkreis zu erheben, sondern insbesondere den
Ressourcenbedarf zu ermitteln. Der Handlungsleitfaden, der vom Bundesministerium des Innern in
Auftrag gegeben wurde, soll im Herbst 2013 fertiggestellt sein.
20
GRUNDLAGEN IM BEVÖLKERUNGSSCHUTZ
21
Bevölkerungsschutz
international vernetzt
BBK unterstützt Länder weltweit mit Ausbildung und Beratung zum effektiven
Aufbau zur Katastrophenabwehr
Die Expertise des BBK ist weltweit gefragt. Besonders geschätzt werden die Ausbildung im Krisenmanagement und die nachhaltige Beratung zum
effektiven Aufbau von Strukturen zur Katastrophenabwehr. Auch gestaltet das BBK einen grenzüberschreitenden und fachübergreifenden Wissensaustausch zwischen staatlichen und privaten
Akteuren des Katastrophenschutzes. Drei Beispiele
aus 2012 sollen dies verdeutlichen:
BBK verbessert chinesisches Risiko- und
Katastrophenmanagement
Um auf verheerende Katastrophen wie Überschwemmungen, Dürren, Gewitter, Waldbrände
und Erdbeben in Zukunft noch effektiver reagieren zu können, ist die chinesische Regierung stark
daran interessiert, ihr umfangreiches Risiko- und
Katastrophenmanagement zu verbessern. Das BBK
unterstützt das Land dabei maßgeblich.
Zusammen mit der Gesellschaft für internationale
Zusammenarbeit (GIZ), dem Technischen Hilfswerk
(THW) sowie staatlichen chinesischen Partnern
führte das BBK Ausbildungs- und Beratungsmaßnahmen im Rahmen des Sino-German Disaster
Risk Management Project durch. Ziel war es, das
chinesische Risiko- und Katastrophenmanagement
sowohl auf dem Gebiet der Prävention und Vorsorge als auch auf dem Gebiet der Bewältigung von
Katastrophen zu verbessern. Dazu gehört u. a. die
umfassende Ausbildung von chinesischen Krisenstäben durch die BBK-eigene Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz. Für
die Ausbildung wurden u. a. Stabsübungen entwickelt sowie ein Handbuch für Dozentinnen und
Dozenten im Bereich Krisenmanagement erstellt.
Dieses beinhaltet sämtliche nützliche Werkzeuge
des deutschen Systems, die an Chinas besondere
Kultur und das dortige Bevölkerungsschutzsystem
angepasst worden sind. Erprobt wurde das vermittelte Wissen durch die verantwortlichen Katastrophenschutzbehörden in Peking und Chongqing.
„Das gesamte Projekt war nicht zuletzt deshalb
so erfolgreich, weil das BBK sein umfangreiches
Expertennetzwerk mit einbringen konnte. So
unterstützten beispielsweise zeitweise Katastrophenschutzpraktiker aus Berlin und Köln unsere
Arbeit“, berichtet Abteilungsleiter Dr. Wolfram
Geier. Außerdem besteht für Deutschland die große
Chance, enorm viel Wissen aus dem Projekt mitzunehmen. Da China in der Vergangenheit regelmäßig mit verschiedenen Katastrophen konfrontiert
gewesen ist, hat das Land viel Erfahrung sammeln
können. „China ist ein Partner auf Augenhöhe, mit
dem wir gerne zusammenarbeiten. Wir können
durch das deutsch-chinesische KrisenmanagementProjekt viel lernen, beispielsweise die Fähigkeit, im
Katastrophenfall sämtliche gesellschaftliche Kräfte
zu mobilisieren“, so Dr. Geier.
Stärkung der Katastrophenvorsorge
in Tunesien schafft Stabilität
In enger Zusammenarbeit mit dem Tunesischen
Zivilschutz (ONPC) stärkt das BBK im Auftrag des
Auswärtigen Amtes den Aufbau von neuen Strukturen, um auf Krisen besser reagieren zu können.
Finanziert wird das Projekt aus Mitteln, die der
Deutsche Bundestag dem Auswärtigen Amt für die
Gestaltung des Transformationsprozesses in Nordafrika zur Verfügung gestellt hat. Die Partnerschaft
soll den demokratischen Wandel in Tunesien unterstützen. „Die Katastrophenvorsorge in Tunesien zu
stärken, ist sehr wichtig“, sagt Projektkoordinatorin
Jahresbericht 2012
Orsola Lussignoli. „Ein angemessener Schutz der
Bevölkerung und der Infrastruktur, besonders in
der jetzigen Transformationsphase nach der Revolution, trägt dazu bei, die Gesellschaft zu stabilisieren.“ Langfristiges Ziel des deutsch-tunesischen
Pilotprojektes ist es, die Ausbildung im Krisenmanagement zu stärken. Außerdem soll durch den
Aufbau eines professionellen Feuerwehrwesens
und die Einbindung von Ehrenamtlichen in den
ausgewählten Städten El Kef und Sfax der tunesische Katastrophenschutz langfristig und nachhaltig verbessert werden. In einem weiteren Projekt
unterstützt auch das THW Tunesien beim Aufbau
ehrenamtlicher Strukturen im Katastrophenschutz.
Weil eine Verbesserung der Brandbekämpfung im
Fokus der tunesischen Partner steht, arbeitet das
BBK zusammen mit der Berufsfeuerwehr der Stadt
Frankfurt am Main als Projektpartner. Bereichsleiter Dirk Kaltheier: „Es ist beeindruckend, mit welchem Engagement unsere tunesischen Kolleginnen
und Kollegen die Aufgaben der Feuerwehr und des
Rettungsdienstes bewältigen. Daher freut es uns
sehr, wenn wir mit dem Projekt auch einen Beitrag
zur materiellen Stärkung der tunesischen Gefahrenabwehr leisten können.“ Für 2013 sind u. a. Ausbildungsmaßnahmen für Kräfte des tunesischen
Zivilschutzes sowie der Aufbau von Löschzügen zur
Stärkung der lokalen Feuerwehr geplant.
Internationale Expertentagung zum
Thema Extremwetterereignisse
Die zunehmende fruchtbare Kooperation des BBK
mit anderen Staaten zeigte sich im November außerdem auf einer internationalen Expertentagung in
Bonn. Experten aus Deutschlands Anrainerstaaten
waren der Einladung des BBK gefolgt und diskutierten gemeinsam, wie sich die grenzüberschreitende
Kommunikation zwischen Deutschland und seinen
angrenzenden Staaten verbessern lässt. Ausgangspunkt der Diskussion: Katastrophen können nicht
nur technische Ursachen haben, sondern auch die
Folge von durch den Klimawandel bedingten Wetterextremen sein. Nadia vom Scheidt, Referatsleiterin für Internationale Angelegenheiten: „Bevölkerungsschutzakteure in Deutschland und in unseren
Nachbarstaaten teilen aufgrund der geografischen
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
(Oben) Dr. Wolfram Geier, BBK-Abteilungsleiter Notfallvorsorge, Kritische Infrastrukturen, Internationale Angelegenheiten,
erläutert die Methode Risikoanalyse im Rahmen der Seminarreihe
„Risikomanagement“ mit den chinesischen Pilotprovinzen. (Mitte)
Orsola Lussignoli (BBK, Projektleiterin seitens Deutschland) im
Gespräch mit Michael Müller (Berufs­feuerwehr Frankfurt am Main,
Mitte) und Ramzi Dhafer (INSARG Projektleiter seitens Tunesien)
in Tunesien. (Unten) Eröffnungspodium der BBK-Expertentagung
„Extremwetterereignisse“ am 22. November 2012 in Bonn.
Lage und eines vergleichbaren technischen Entwicklungsstands ähnliche Herausforderungen. Deshalb
gibt es gerade im Hinblick auf Wetterextreme ein
gemeinsames Interesse an einer verstärkten Zusammenarbeit mit anderen staatlichen Diensten wie
beispielsweise in den Bereichen Frühwarnung und
Risikomanagement.“
Alle Anrainerstaaten zeigten sich im Anschluss an
die Expertentagung hochzufrieden über den regen
fachlichen Austausch und würden eine Fortsetzung
des begonnenen Dialogs sowie eine weitere internationale Vernetzung begrüßen.
22
GRUNDLAGEN IM BEVÖLKERUNGSSCHUTZ
Kulturgutschutz
Eine sehr spezielle Aufgabe
Der Schutz von Kulturgut ist eine wichtige Aufgabe
des BBK. Besonders die Sicherungsverfilmung von
national wertvollem Archiv- und Bibliotheksgut steht
dabei im Fokus. Dr. Bernhard Preuss, Leiter des Referates „Forschung, Schutzkommission, Fachinformationsstelle, Kulturgutschutz“ im BBK, berichtet über
die aktuellen Herausforderungen in der Sicherungsverfilmung und wie das BBK diesen begegnet.
Was versteht man unter Sicherungsverfilmung?
„Die Sicherungsverfilmung ist Teil des Kulturgutschutzes, für den das BBK im Rahmen der Haager
Konvention von 1954 zuständig ist. Im Auftrag des
Bundes werden wichtige Dokumente, die geschichtlich interessant sind und staatstragende Ereignisse
und Entscheidungen widerspiegeln, auf Mikrofilm
gesichert. So werden zurzeit etwa die Zentralakten
zur Entnazifizierung (1946/47) in Hessen verfilmt.
Aktuell produzieren 75 Verfilmungskräfte der Länder
und des Bundes jährlich in 14 Verfilmungsstellen
20 bis 40 Millionen Aufnahmen auf Mikrofilm. Bisher
lagern 970 Millionen Aufnahmen in über 1.400 Stahlbehältern im Oberrieder Barbarastollen, dem zentralen Bergungsort der Bundesrepublik Deutschland.“
Worin bestehen die aktuellen und zukünftigen
Herausforderungen im Kulturgutschutz?
„Wichtige Dokumente auf Mikrofilm zu sichern, ist
eine sehr spezielle Aufgabe, die einiges an Fachwissen verlangt. Eben dieses Fachwissen wird jedoch
heute nicht mehr gelehrt. Außerdem müssen wir
uns Gedanken darüber machen, wie wir die uns zur
Verfügung stehenden digitalen Daten am besten nutzen können. Ein weiterer Auftrag des BBK ist es, die
Öffentlichkeit über die Haager Konvention aufzuklären bzw. deren Wortlaut zu verbreiten. Bei der Haager
Konvention handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag zum Schutz von Kulturgut bei bewaff­
neten Konflikten. Broschüren sind ein Weg, um die
Bevölkerung aufzuklären. Wir suchen jedoch ständig
nach neuen Möglichkeiten, unseren Auftrag zu
erfüllen.“
Wie begegnet das BBK diesen Herausforderungen?
„Das BBK bietet den Verfilmungskräften der Länder
eine Fortbildung an, die ab jetzt jährlich stattfinden
soll. Es geht nicht nur darum, neue Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter auf den neuesten Stand der Technik
zu bringen, sondern auch bereits angeeignetes Wissen
aufzufrischen. Am 22. und 23. Mai fand die erste Fortbildung für Verfilmungskräfte in Oberried statt. Dabei
ging es darum, Testaufnahmen qualitativ zu sichern
sowie Testaufnahmen zu beurteilen. Weitere Themen
waren Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit. Außerdem besichtigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
des BBK gemeinsam mit den 25 Teilnehmerinnen und
Teilnehmern den Barbarastollen.
Für die jungen Stollenbesucher wurde extra ein Sicherungsfilm
mit einer Geschichte von Max und Flocke angefertigt, damit sie
den Film mit Hilfe einer Lupe untersuchen können.
Ende September öffnete der Oberrieder Stollen seine
Tore für neugierige Besucherinnen und Besucher im
Rahmen eines Tages der offenen Tür. Weil unsere
BBK-Kinder-Internetseite www.max-und-flocke-helferland.de in diesem Jahr ihr einjähriges Bestehen feiert, haben wir darüber hinaus Grundschülerinnen und
Grundschüler eingeladen, den Stollen zu besichtigen.
Die Veranstaltung war ein großer Erfolg, und ich bin
mir sicher, dass die Kinder einiges an Wissen mitnehmen konnten.“
Jahresbericht 2012
Ausbildung
24
AUSBILDUNG
W
Netzwerke knüpfen für ein
integriertes Bildungssystem
AKNZ verstärkt Kontakte zu nationalen und internationalen Aus-, Fort- und
Weiterbildungseinrichtungen sowie Universitäten
Die Terroranschläge vom 11. September 2001 sowie
die Elbe-Flutkatastrophe 2002 haben deutlich
gemacht, dass sich das System des Bevölkerungsschutzes auf Krisen einstellen muss und neuen Herausforderungen gegenübersteht. In der Folge wurde
die „Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung
in Deutschland“ von der Konferenz der deutschen
Innenminister und -senatoren beschlossen. Ziel der
Strategie ist es, die Zusammenarbeit von Bund und
Ländern bei der Vorbereitung und Bewältigung
national bedeutsamer Gefahren- und Schadenlagen
enger miteinander zu verzahnen.
Mit der Gründung des BBK 2004 wurde die zum Amt
gehörende Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) neu ausgerichtet. Die seitdem gestiegenen Teilnehmer- und Kurszahlen belegen, wie wichtig es ist, Führungskräfte
und Verantwortungsträger im Bevölkerungsschutz
Teilnehmergruppe und Dozenten bei den praktischen Übungen zur
chemischen Messtechnik.
praxisnah aus- und fortzubilden. Zuständig dafür
ist aber nicht nur die AKNZ: „Dem Anspruch der
neuen Strategie zum Schutz der Bevölkerung zur
Schaffung eines integrierten Hilfeleistungssystems folgend, ist die AKNZ auch 2012 konsequent
den Weg gegangen, ein integriertes Bildungssystem
zu realisieren. Entscheidend hierbei ist es, nicht im
Alleingang als Bildungseinrichtung des Bundes zu
agieren, sondern uns eng mit den übrigen Bildungseinrichtungen der Länder, der Organisationen und
des Bundes abzustimmen. Deshalb waren wir 2012
vor allem darum bemüht, weitere Netzwerke zu
knüpfen“, sagt Thomas Mitschke, Leiter der AKNZ.
Derzeit pflegt die AKNZ Kontakte zu nationalen
und internationalen Aus-, Fort- und Weiterbildungseinrichtungen sowie Universitäten und führt
mit diesen bzw. für diese abgestimmte Veranstaltungen durch. Die Bundesakademie für Sicher-
Praktische Übungen zur CBRN-Probenahme: Teilnehmergruppe
und Dozenten tauschen sich aus.
Seminar zum Thema „Krisenmanagement“ an der Verwaltungs­aka­demie in Peking mit Unterstützung der AKNZ.
heitspolitik, die Führungsakademie der Bundeswehr, die Deutsche Hochschule der Polizei sowie
die Akademie des Auswärtigen Amtes sind Partner, mit denen die AKNZ eng zusammenarbeitet.
Im Hinblick auf die Universitäten kooperiert die
Akademie des BBK derzeit national mit der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, der
Hochschule der Polizei in Hamburg, der Hochschule für Öffentliche Verwaltung in Bremen,
der Bergischen Universität Wuppertal sowie der
Johanniter-Akademie in Münster. Außerdem wird
aktuell eine weitere Kooperation mit der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin vorbereitet. Im internationalen Bereich finden länderübergreifend insbesondere mit den niederländischen
Kolleginnen und Kollegen Krisenmanagementseminare und -übungen für Grenzkreise gemeinsam
statt. Kooperationen bestehen mit dem Nederlands
Instituut Fysieke in Arnheim sowie weiteren europäischen Ausbildungseinrichtungen z. B. in Österreich, Polen und Dänemark. Seitens der UN und der
NATO wird die AKNZ als Tagungsstätte für die Sitzung von Arbeitskreisen und als Trainingszentrum
für die Durchführung internationaler Veranstaltungen genutzt. Ebenso veranstaltet die UN an der
AKNZ Seminare im Bereich der zivil-militärischen
Koordination. Die Landesfeuerwehrschulen sowie
die Schulen der Hilfsorganisationen und des Technischen Hilfswerks nehmen darüber hinaus einen
besonderen Platz im Netzwerk der AKNZ ein.
Angestrebte Zertifizierung der AKNZ
bietet viele Vorteile
2012 führte die AKNZ insgesamt 384 Seminare,
Workshops und Kongresse durch. Ferner fanden 100 sonstige Veranstaltungen wie Tagungen,
Wochenendveranstaltungen Dritter oder Informationsveranstaltungen für Besuchergruppen statt.
Die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
belief sich auf 9.137.
Übung zur Dekontamination Verletzter.
Jahresbericht 2012
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Neben dem verstärkten Knüpfen von Netzwerken
hat sich Thomas Mitschke die nationale und internationale Zertifizierung der AKNZ als Bildungseinrichtung nach dem Qualitätsmanagementsystem
ISO 29990 auf die Fahne geschrieben. 2012 wurden
hierzu ein pädagogisches Konzept und ein pädagogisches Leitbild erstellt sowie ein Qualitätsmanagement eingeführt. Dadurch wurde der Grundstein für
den Ausbau der AKNZ zum Pädagogischen Kompetenzzentrum im Bevölkerungsschutz gelegt.
Das neue, speziell für die Aus- und Weiterbildung
entwickelte Qualitätsmanagementsystem ISO
29990 einzuführen und sich zertifizieren zu lassen,
bietet u. a. Vorteile bei nationalen und internationalen Kooperationen sowie eine umfassende Eva­
luation der Arbeit der AKNZ.
Hoher Stellenwert von Veranstaltungen
mit internationalem Bezug
Zahlreiche Seminare förderten 2012 den internationalen Austausch im Bevölkerungsschutz: Im Juli
etwa nutzten über 90 Studierende aus insgesamt 26
Ländern – darunter Ägypten, Japan, Argentinien und
die USA – ihre vorlesungsfreie Zeit, um an der Sommerakademie der AKNZ die Grundlagen des Bevölkerungsschutzes kennenzulernen. 70 Dozentinnen
und Dozenten, darunter Expertinnen und Experten
u. a. von UN, EU und NATO, erläuterten in Vorträgen
zunächst die Grundlagen des nationalen sowie internationalen Krisenmanagements, bevor die Studierenden die Theorie in der Praxis erproben durften.
In den Übungen galt es beispielsweise, den Einsatz
von Hilfskräften nach einer Naturkatastrophe zu
25
26
AUSBILDUNG
27
koordinieren oder das Leben in einer Großstadt während eines Stromausfalls zu organisieren. Ziel der
BBK-Sommerakademie ist es, Teilnehmerinnen und
Teilnehmer mit Situationen zu konfrontieren, auf die
sie bisher kaum vorbereitet waren.
Vor dem Hintergrund der Ausbildungsveranstaltungen für die Europäische Kommission mussten
im November 15 europäische Expertinnen und
Experten besonders starke Nerven und ausgeprägte Fachkompetenz beweisen. Sie nahmen am
so genannten High Level Coordination Course
(HLC) teil, den die AKNZ des BBK in den Niederlanden im Auftrag der Europäischen Kommission
durchführte. Unterstützt wurde das BBK dabei von
seinen bewährten Partnern, dem österreichischen
Bundesministerium für Inneres, der staatlichen
Feuerwehrschule in Polen sowie dem Netherlands
Institute for Safety. Im Mittelpunkt der zweitägigen Übung stand ein Flutszenario, das schwierige
Verhandlungssituationen für die EU-Expertinnen und -Experten mit sich brachte. In den HLC
und Refresher Kursen (HLCR) werden regelmäßig
Expertinnen und Experten der 27 Unionsmitgliedstaaten und aus anderen Ländern trainiert. Sie
sollen dazu befähigt werden, in einem durch eine
Katastrophe betroffenen Land die europäischen
Mitgliedsstaaten zu repräsentieren und Hilfe zu
koordinieren.
Im Rahmen der Ausbildungsveranstaltung für
die Vereinten Nationen wurde im vergangenen
Jahr außerdem erstmals der Kurs United Nations
Hu­manitarian Civil-Military Coordination (UNCMCoord) an der AKNZ veranstaltet. Ende August
kamen 27 zivile und militärische Expertinnen
und Experten aus Organisationen und Ländern
wie Mali, Frankreich und den USA zusammen, um
jeweils die Arbeitsweise des anderen kennenzulernen. Das Seminar richtet sich an Spezialistinnen
und Spezialisten, die in Krisenregionen als Verbindungspersonen zwischen den internationalen
zivilen Akteuren und den Konfliktparteien tätig
sein sollen. Anhand von vielen Fallbeispielen wurden die Strukturen und Methoden humanitärer
und militärischer Organisationen diskutiert sowie
Schnittstellen und Herausforderungen aufgedeckt.
Dabei hatte jeder Veranstaltungstag einen anderen
entwickelte internationale Training-Curriculum
eingeführt. Ziel war es, ein gemeinsames Grundverständnis für chemische, biologische, radiologische
und nukleare Gefahren, kurz CBRN, zu erhalten
sowie die Zusammenarbeit in nationalen und internationalen CBRN-Katastrophenhilfe-Einsätzen zu
verbessern. Höhepunkte des Kurses bildeten die
Übungsmodule, in denen die Rettung von Betroffenen aus der Gefahrenzone, Maßnahmen der psychischen Ersten Hilfe sowie die Dekontamination
von Verletzten trainiert wurden. Ein zweiter Kurs
an der AKNZ ist für das Jahr 2013 geplant.
Wie sich das Europäische Gemeinschaftsverfahren
für den Katastrophenschutz entwickelt, darüber
informiert die Seminarreihe „Fit für Europa“, die
außerdem die umfassende Zusammenarbeit mit
der AKNZ einnehmen“, sagt Uwe Becker, Referent
an der AKNZ. Becker hatte gemeinsam mit weiteren Dozentinnen und Dozenten die Kolleginnen
und Kollegen der chinesischen Verwaltungsschule
vor Ort bei der Umsetzung der neuen Ausbildungsgänge unterstützt (siehe auch: Bevölkerungsschutz
international vernetzt, Seite 20).
Erfolgreiche Kooperation zwischen Deutscher
Hochschule der Polizei und AKNZ
Um die deutsche Polizei noch besser in das Bevölkerungsschutzsystem einzubinden, übten Anfang
Februar 2012 bereits zum neunten Mal Studierende
der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) an
der BBK-eigenen Akademie. Für über 140 Polizeibeamtinnen und -beamte aus ganz Deutschland
galt es, vier Übungsszenarien zu bewältigen: einen
Bahnunfall, den Austritt
von Gefahrstoff bei einem
fiktiven Unternehmen, einen
Stromausfall in Teilen der
Stadt Münster sowie die
harte Landung eines besetzten Flugzeugs. Für die Übung
wurden nicht nur 180 Computer und 160 Telefone
installiert, sondern zusätzlich 3,5 km Kabel in acht
Übungsräumen verlegt. Die Übungleitung bestand
aus über 80 Polizeibeamtinnen und -beamten,
Feuerwehrleuten sowie Dozenten der Akademie.
Insgesamt dauerte die Übung zwölf Stunden.
„Seinen Partner genau zu kennen,
macht es leichter, im Krisenfall
zusammenzuarbeiten.“
Uwe Becker, Referent an der AKNZ
(Oben) Psychosoziale Unterstützung von Betroffenen unter den
erschwerten Bedingungen einer CBRN-Gefahrenlage. (Mitte)
Hinweisschild der chinesischen Verwaltungsakademie in Peking.
(Unten) Kursteilnehmer aus Bahrain bei der Präsentation der
CBRN-Organisation ihres Landes.
Schwerpunkt. So standen zwei Tage etwa im
Zeichen möglicher Folgen von Naturkatastrophen
und komplexen Krisen. Inhaltlich unterstützten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AKNZ drei
internationale Experten aus dem Bereich ZivilMilitärische Zusammenarbeit (ZMZ). Die AKNZ
ist damit der einzige europäische Ausrichter des
mittlerweile zum 127. Mal durchgeführten Kurses
der Vereinten Nationen.
Eine Premiere an der AKNZ feierte ebenfalls ein
Kurs für Trainerinnen und Trainer von CBRNErsteinsatzkräften. 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus neun Nationen wurden in das von der
NATO sowie zivilen Expertinnen und Experten
Jahresbericht 2012
den europäischen Partnern und anderen EU-Mitgliedsstaaten behandelt. „Fit für Europa“ soll die
Katastrophenvorbeugung und -reaktion EU-weit
optimieren. Hierzu bringen BBK-Mitarbeiterinnen
und -Mitarbeiter sowie externe Expertinnen und
Experten des Gemeinschaftsverfahrens ihre Kompetenz aus der Mitwirkung in EU-Gremien, Projekten und Einsätzen ein.
Besondere bilaterale Kooperationen bestehen zu
Ausbildungseinrichtungen in Tunesien und China.
So wurden sowohl in China als auch in Deutschland
im Rahmen der Ausbildung von hohen chinesischen
Verwaltungsbeamtinnen und Verwaltungsbeamten
von allen Ebenen auch 24 Dozentinnen und Dozenten des National Institute for Emergency Management und der Provinzverwaltungsschulen zur Do­­
zentin bzw. zum Dozenten für Krisenmanage­ment
geschult. „Seinen Partner genau zu kennen, macht
es leichter, im Krisenfall zusammenzuarbeiten.
Deshalb wird die international ausgerichtete Ausbildung zukünftig einen höheren Stellenwert an
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Die Stabsrahmenübung ist ein weiteres Beispiel für
die erfolgreiche Kooperation zwischen der AKNZ
und der DHPol. Nicole Bernstein, Polizeioberrätin
und Dozentin an der AKNZ, über den engen Schulterschluss: „In den letzten Jahren wurden mehr als
1.000 Polizeirätinnen und Polizeiräte bei uns ausgebildet. Außerdem bringen Führungskräfte der
Polizei ihre Fertigkeiten bei Stabsseminaren der
AKNZ als Gastdozentinnen und -dozenten in den
Übungsleitungen mit ein. Generell ist das BBK mit
den Polizeidienststellen von Bund und Ländern
sehr gut vernetzt.“
28
AUSBILDUNG
Über 5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in
den vergangenen Jahren an ZMZ-Weiterbildungen
der AKNZ
Besonders stolz ist die AKNZ darauf, dass sie die
einzige Bildungseinrichtung auf ziviler Seite ist, die
Soldaten der Bundeswehr ausbildet. 2012 feierte
diese Form der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit (ZMZ) ihr zehnjähriges Bestehen.
Was ist ZMZ? Die Zivil-Militärische Zusammenarbeit der Bundeswehr (ZMZ Bw) ist ein eigenständiger Aufgabenbereich innerhalb der Bundeswehr und
beschreibt die Kooperation von zivilen und militärischen Stellen. Man unterscheidet dabei zwischen
ZMZ-Inland und ZMZ-Ausland. Kommt es zu schweren Unglücken oder Katastrophen, kann die Bundeswehr nach Anforderung durch den zuständigen Krisenstab zu Hilfe gerufen werden. Zivile Hilfseinrichtungen wie Feuerwehr oder das Technische Hilfswerk
werden dann durch Material und Personal unterstützt. Verschiedene Hilfeleistungen bei schweren
Unglücken sowie die Hochwassereinsätze der letzten
Jahre, aber auch parallele Missionen von Militär und
Hilfsorganisationen im Ausland haben gezeigt, dass
die Kooperation zwischen Soldaten und zivilen Helfern notwendig und fast schon alltäglich ist.
Eine Schlüsselrolle bei der ZMZ nehmen die Reservisten ein. Sie beraten als Beauftragte der Bundeswehr für Zivil-Militärische Zusammenarbeit
zivile Behörden und Organisationen in allen Fragen
der militärischen Katastrophenhilfe. Einen Teil
ihrer Ausbildung erhalten sie an der AKNZ. An
den Seminaren der AKNZ nehmen aktive Soldaten und Reservisten der ZMZ sowie Personen der
im Katastrophenschutz und in der Katastrophenhilfe tätigen Organisationen und Einrichtungen
teil. „Durch das gemeinsame Wissen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kann beispielsweise das
militärische Fachwissen frühzeitig in die Planungen des Katastrophenschutzes und der Katastrophenhilfe mit einfließen. Dadurch wird deutlich,
wo und wie die Bundeswehr am besten Hilfe leisten kann“, sagt Oberstleutnant Markus Schrader,
Dozent für Zivil-Militärische Zusammenarbeit an
der AKNZ. Seit zehn Jahren führt die AKNZ bereits
vor dem Hintergrund einer Verwaltungsvereinba-
29
rung zwischen dem Bundesministerium für Verteidigung und dem Bundesministerium des Innern
Seminare zur ZMZ im Inland und Ausland durch.
In den vergangenen Jahren nahmen über 5.000
Angehörige aus Feuerwehren, Hilfsorganisationen,
Verwaltungen, politische Vertreter, Wissenschaftler, Unternehmensvertreter, aktive Soldaten und
Reservisten aus Deutschland und anderen Ländern
an der ZMZ-Weiterbildung der AKNZ sowie diversen Workshops und Foren teil. Derzeit werden rund
400 Personen pro Jahr in Themen der ZMZ an der
Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung
und Zivilschutz ausgebildet, wobei der Fokus auf
der Ausbildung der Führungskräfte liegt.
Neue Angebote im Bereich ZMZ an der Akademie
des BBK richten sich zukünftig noch gezielter an
höhere und höchste Führungskräfte. So wird etwa
die Führungsspitze der Regionalen Sicherungs- und
Unterstützungskräfte (RSU-Kräfte) der Bundeswehr voraussichtlich ab 2013 an der AKNZ ausgebildet. Die RSU-Kräfte nehmen in erster Linie militärische Aufgaben wahr, können aber außerdem die
aktive Truppe zur Katastrophenhilfe unterstützen.
Das Thema der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit bildete u. a. auch einen Schwerpunkt auf dem
8. Europäischen Bevölkerungsschutzkongress, an
dem das BBK auch in diesem Jahr teilnahm. Vom
18. bis zum 19. September trafen sich mehr als
700 Teilnehmer aus 20 Nationen in der Stadthalle
Bonn, Bad Godesberg, um gemeinsam politische
Entwicklungen zu reflektieren, Kooperationen zu
vertiefen und Netzwerke zu knüpfen.
Deutsches Fachwissen
international gefragt
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe berät Brasilien
anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft 2014
Während die Stadionbesucher auf den Rängen und
die Zuschauer vor den heimischen TV-Geräten
gespannt bei jedem Ballwechsel mitfiebern, stehen
sie in hoher Alarmbereitschaft: Rettungsdienste,
Feuerwehr und Bevölkerungsschutz. Denn bei
Großveranstaltungen, wie der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 im eigenen Lande, sind sie für die
Sicherheit von Besuchern und Spielern verantwortlich. 2006 konnten Bund, Länder und Austragungsstädte umfangreiche Erfahrungen mit Blick auf den
Schutz der Fußballfans sammeln, und die vorbildliche Organisation des „Sommermärchens“ verschaffte Deutschland internationalen Respekt.
Schulungen und Übungen auf Initiative des BBK
Wesentlich zu diesem Erfolg beigetragen haben
Schulungen, Übungen und Konzepte, die das
gesamte Spektrum der nicht-polizeilichen Abwehr
von Gefahren betrachtet und nach einheitlichen
Standards vorbereitet haben. Diese fanden auf
Initiative des BBK und in Kooperation mit der
Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF) in der Bundesrepublik Deutschland
im Deutschen Städtetag statt, die zu diesem Zweck
eine Arbeitsgruppe eingerichtet hatte.
Fachwissen deutscher Expertinnen und Experten
bei anderen Ländern gefragt
Das erfolgreiche Engagement des BBK und seines Partners in Sachen WM-Sicherheit ließ andere
Länder aufmerksam werden. So wurde nach der
Fußball-Weltmeisterschaft 2006 speziell für Sportgroßveranstaltungen das Fachwissen der deutschen
Expertinnen und Experten mehrfach angefragt,
u. a. bei den Fußball-Europameisterschaften 2008
und 2012. Besonders intensiv waren BBK und AGBF
Das internationale CBRNTraining-Curriculum der NATO.
Jahresbericht 2012
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
darüber hinaus in die Vorbereitung und die Durchführung der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in
der Republik Südafrika eingebunden. Verschiedene
Missionen wurden seinerzeit durchgeführt, finanziert von InWEnt, einem Bundesunternehmen im
Bereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung. Inhaltlich ging
es darum, über Führung, Zusammenarbeit mit allen
beteiligten Stellen und Einrichtungen, Kommunikation und weitere Fachthemen zu informieren.
BBK berät WM-Gastgeberland Brasilien
2011 trat Engagement Global, Ansprechpartner in
Deutschland für entwicklungspolitisches Engagement deutschlandweit und international, mit
einem besonderen Anliegen an das BBK heran: Es
sollte geprüft werden, ob das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sein Fachwissen hinsichtlich der nächsten WM 2014 mit dem
Gastgeberland Brasilien teilen könne – eine weitere
willkommene Kooperation für das BBK, wie sich
schnell herausstellen sollte. So waren die Details
der Partnerschaft nach einigen Gesprächen schnell
geklärt und ein entsprechendes Programm entworfen. Schließlich diskutierten vom 14. bis 18. September 2012 in der BBK-Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ)
rund 30 brasilianische Führungskräfte mit deutschen Expertinnen und Experten über die Sicherheit bei Großveranstaltungen.
„Im Wesentlichen geht es darum, Wissen und
Erfahrungen der vergangenen WMs zu nutzen“
Die politische Wertschätzung, die die brasilianische Seite der Zusammenarbeit mit dem BBK beimisst, wurde durch die Teilnahme eines Ministers
30
Auf den Hund gekommen: Die brasilianische Delegation zeigte sich begeistert von der Rettungshundestaffel des THW, die im Rahmen des
8. Europäischen Bevölkerungsschutzkongresses in Bonn ihr Können demonstrierte.
und zweier Staatssekretäre unterstrichen. Vertreter
auf deutscher Seite waren neben der AG der AGBF
Expertinnen und Experten der nicht-polizeilichen
Gefahrenabwehr sowie des öffentlichen Gesundheitsbereichs aus den deutschen WM-Städten
2006. Aus Brasilien reisten Repräsentantinnen und
Repräsentanten der Städte São Paulo, Belo Horizonte, Curitiba, Manaus, Rio de Janeiro und Recife
an. Ebenfalls vertreten waren Angehörige der Länderebene. „Wir besprechen sicherheitsrelevante
Aspekte von der Krankenhausalarmplanung über
Infektionsvorsorge bis zum Krisenmanagement
und der Risiko- und Krisenkommunikation bei
Großveranstaltungen“, erläuterte Dipl.-Chem. Claus
Lange, Direktor der Berufsfeuerwehr Hannover
und Leiter des Arbeitskreises WM 2014 der AGBF.
Ralph Tiesler, Vizepräsident des BBK, ergänzte: „Im
Wesentlichen geht es bei dem deutsch-brasilianischen Austausch darum, Wissen und Erfahrungen
der vergangenen Weltmeisterschaften für die brasilianischen WM-Austragungsstädte und die Herausforderungen der WM 2014 zu nutzen.“
Infrastruktur und medizinische Versorgung sind
problematisch
Keine einfache Aufgabe, wie sich herausstellte. Denn
angesichts der Anforderungen, die ein Großereignis
wie die Fußball-Weltmeisterschaft mit sich bringt,
stellt die Infrastruktur im brasilianischen öffentlichen Personennahverkehr beispielsweise ebenso wie
die ambulante und stationäre medizinische Versorgung des Gastgeberlandes ein mögliches Problem
dar. „Die Versorgungsdichte und -qualität in Brasilien sind nicht nur geringer, sondern landesweit auch
unterschiedlich organisiert“, sagt Dieter Franke, Mit-
arbeiter des BBK. Naheliegend ist es also, besonders
zu Themen der chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Gefahrenabwehr, kurz CBRN,
sowie im Bereich der Planung und Bewältigung
eines Massenanfalls von Verletzten zusammenzuarbeiten. Hierzu konnte noch im Dezember 2012 eine
Vor-Ort-Information in Brasilien organisiert werden, die von zwei Feuerwehrbeamten aus dem Team
der AGBF durchgeführt wurde.
Großveranstaltungen durch BBK-Arbeitsgruppe
professionell vorbereiten, durchführen und
nachbereiten
Den fünftägigen Workshop an der AKNZ veranstaltete federführend die Arbeitsgruppe Bevölkerungsschutzrelevante Aspekte von Großveranstaltungen (AG BAG) des BBK unter der Leitung von Beate
Coellen. Hervorgegangen ist die Arbeitsgruppe aus
der AG WM 2006 und der Erkenntnis, dass Großveranstaltungen ein besonderes Risiko mit sich bringen
können. Sprachprobleme, unterschiedliche Mentalitäten und das Eingreifen der Politik verlangen von
den Planern und Organisatoren, jedes erdenkliche
Szenario im Vorfeld zu berücksichtigen. Gerade deshalb ist die AG BAG ein geeigneter Ansprechpartner,
wenn es darum geht, Großveranstaltungen unter
bevölkerungsschutzrelvanten Gesichtspunkten zu
organisieren sowie vor- und nachzubereiten. Dabei
greift die Arbeitsgruppe auf ein umfangreiches
Expertennetzwerk zurück und somit auf ein hohes
Maß an Fachwissen. Bestreben der AG BAG ist es,
die bei Veranstaltern und Behörden gewonnenen
Erkenntnisse zu bündeln und Standards zu schaffen. Nicht nur aus sportlicher Sicht wird die Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien also sehr interessant.
Jahresbericht 2012
Technologien für den
Bevölkerungsschutz
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TECHNOLOGIEN FÜR DEN BEVÖLKERUNGSSCHUTZ
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Modulares Warnsystem von
Bund und Ländern startet
Das auf dem satellitengestützten Warnsystem SatWaS basierende neue System
warnt über Radio, Fernsehen, Internet und Paging/ Weitere Anschlussgeräte folgen
Im Oktober versetzte eine Giftgaswolke die Anwohner der niedersächsischen Stadt Bad Fallingbostel
in großen Schrecken. Entstanden durch eine versehentliche Säuremischung im Werk eines Nahrungsmittelkonzerns, sorgte sie dafür, dass die Menschen
in der Kreisstadt ihre Häuser verlassen mussten.
Für u. a. ein solches Szenario wurde das Modulare Warnsystem (MoWaS) von Bund und Ländern
entwickelt, dessen Pilotphase mittlerweile abgeschlossen ist. Mit dem Modularen Warnsystem soll
in Zukunft die Bevölkerung bei bundesweiten, aber
auch bei regional oder lokal begrenzten Katastrophen gewarnt und informiert werden.
Satellitengestütztes System warnt vor
Katastrophen und Anschlägen
Der Bund ist dafür zuständig, besondere Gefahren,
die der Bevölkerung in einem Verteidigungsfall
drohen, zu erfassen und die Bürgerinnen und Bürger zu warnen. Die aktive Warnung wird von den
Bundesländern im Auftrag des Bundes vorgenommen. Dafür werden die Strukturen genutzt, die die
Länder für die Warnung der Bevölkerung bei Katastrophen bereithalten.
Während des Kalten Krieges wurden sowohl vom
Zivilschutz der Bundesrepublik als auch von der
Zivilverteidigung der DDR vor allem Sirenen sowie
der Rundfunk verwendet, um die Bevölkerung zu
warnen. Anfang der 90er-Jahre entspannte sich die
Sicherheitslage in Europa aufgrund des historischen
Umbruchs in Mittel- und Osteuropa erheblich. Das
Zivilschutz-Sirenennetz wurde abgebaut und Bund
und Länder einigten sich darauf, bei Großschadenslagen, Katastrophen und im Verteidigungsfall den
Rundfunk als Hauptwarnmittel einzusetzen. Vorteil
des Rundfunks: Durch ihn können Gefahren nicht
nur angekündigt, sondern auch Verhaltensregeln an
die Bevölkerung weitergegeben werden. Um Warnungen binnen kürzester Zeit an den Rundfunk
übermitteln zu können, steht dem Bund und den
Ländern das Satellitengestützte Warnsystem (SatWaS) zur Verfügung. Am 15. Oktober 2001, unmittelbar nach den Terroranschlägen auf das World
Trade Center, wurde SatWaS vom Bund in Betrieb
genommen. An dieses System sind alle öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten und die meisten privaten Rundfunkbetreiber angeschlossen, aber auch
Presseagenturen, Internetprovider und die Deutsche
Bahn. Betrieben wird SatWaS vom BBK. Sowohl die
Zivilschutzverbindungsstellen (ZSVerbSt), eingerichtet um Luftgefahren zu erfassen, als auch die Warnzentrale Bonn (WarnZ Bonn) sowie die Lagezentren
der Innenministerien der Länder wurden mit den
notwendigen Empfänger- und Sendeeinrichtungen
für SatWaS ausgestattet. Inzwischen zählt das deutsche System zur Warnung vor Luftkriegsgefahren zu
den besten im Bereich der NATO-Staaten.
Im Rahmen einer Pressekonferenz in der Zivilschutzverbindungsstelle des BBK im Combined
Air Operations Centre der NATO in Kalkar (Niederrhein) wurden die bisherigen Ergebnisse des
MoWaS-Projektes im September der Öffentlichkeit
vorgestellt. In der Zivilschutzverbindungsstelle
arbeiten seit 2006 acht Mitarbeiter des BBK, die die
allgemeine Luftlage über Deutschland täglich 24
Stunden lang überwachen. „Gegenüber SatWaS ist
es neu, dass wir mit MoWaS ebenenübergreifend
warnen können. Außerdem besitzt das Modulare
Warnsystem einen weiteren Vorteil: In Zukunft ist
es möglich, über eine standardisierte Schnittstelle
beliebige Warnendgeräte an das System anzuschließen, dazu gehören etwa Sirenen, Rauchwarnmelder oder Mobiltelefone. Durch die Signale
dieser zusätzlichen Warnelemente wird die Bevölkerung bei drohenden Gefahren frühzeitig aufgeweckt bzw. alarmiert“, sagt Gerrit Möws, Referatsleiter im BBK.
Weiterentwickeltes Warnsystem soll noch
schneller und gezielter informieren
Da SatWaS systembedingt nur einen eingeschränkten Weckeffekt über den angeschlossenen Pagingdienstleister und keine Einbindung der regionalen
Warnsysteme hat, wird es seit 2009 als gemeinsames Projekt von Bund und Ländern zum Modularen
Warnsystem MoWaS weiterentwickelt. MoWaS kann
auch bei regionalen Gefahren wie Sturm, Hochwasser oder Chemieunfällen eingesetzt werden, um die
Bevölkerung zu warnen. Mit Hilfe von MoWaS soll
ein im Bevölkerungsschutz Verantwortlicher, d. h.
Bund, Land, Katastrophenschutzbehörde oder Leitstelle, unmittelbar alle in seinem Verantwortungsbereich vorhandenen Warnsysteme auslösen können.
Jahresbericht 2012
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Drei wesentliche Vorzüge von MoWaS
Das Modulare Warnsystem zeichnet sich durch drei
wesentliche Vorzüge aus: 1. Warndurchsagen werden
georeferenziert in MoWaS bearbeitet, also raumbezogen auf ein bestimmtes Gebiet definiert. Dadurch
ist es möglich, Nachrichten mit Verhaltenshinweisen
oder Warnungen mit Weckeffekt selektiv in das
betroffene Gebiet zu schicken. 2. Durch die ebenenübergreifende Auslösungsmöglichkeit können damit
auch die örtlich zuständigen Behörden über ihre
Leitstellen amtliche Gefahrendurchsagen für ihren
Verantwortungsbereich, d. h. für ihre Gemeinde
oder ihren Landkreis, direkt und unverzüglich an
die Medien weitergeben. 3. Über die standardisierte
Schnittstelle von MoWaS ist es möglich, eine Vielzahl für die Warnung der Bevölkerung geeigneter
Systeme mit und ohne Weckeffekt anzuschließen.
Bis Ende 2013 sollen alle Bundesländer an mindestens zwei Standorten mit dem neuen System ausgestattet werden. Die Kosten übernimmt der Bund.
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TECHNOLOGIEN FÜR DEN BEVÖLKERUNGSSCHUTZ
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Feuerwehr Dortmund
Geodaten: Wichtiges Instrument
für den Bevölkerungsschutz
Weitere Erkenntnisgewinne auf dem Gebiet der Fernerkundung durch
intensive Forschung
Unbemannte, ferngesteuerte Flugsysteme (Remotely Piloted Aircraft Systems, RPAS) waren bis vor
Kurzem noch ausschließlich dem Militär vorbehalten. Doch das hat sich unlängst geändert. Inzwischen wird die relativ neue Technologie auch für
den Bevölkerungsschutz eingesetzt. Vor allem
Feuerwehren setzen zunehmend auf kleine agile
ferngesteuerte Fluggeräte in ihren Einsätzen oder
beteiligen sich aktiv an deren Forschung. Verbesserte Flugeigenschaften und eine längere Flugdauer
lassen die „fliegenden Erkunder“ immer attraktiver
werden. „Unbemannte Fluggeräte werden im Bevölkerungsschutz zunehmend verwendet. Ein Einsatz
ist überall da sinnvoll, wo über einen längeren Zeitraum in einem gefährlichen oder für Einsatzkräfte
unzugänglichen Gebiet gemessen und beobachtet
wird“, sagt Dr. Michael Judex, Referent im BBK. Der
Einsatz von RPAS im Bevölkerungsschutz verspricht
mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger,
aber auch für Rettungskräfte, Feuerwehr oder Technisches Hilfswerk. Die Einsatzleitung erhält viel
schneller Informationen und diese vor allem in besserer Qualität. Dadurch kann noch effektiver koordiniert, gehandelt und geplant werden.
Institut der Feuerwehr Dortmund
erforscht Einsatz von UAVs
Das Institut für Feuerwehr- und Rettungstechnologie
der Feuerwehr Dortmund untersucht derzeit im Rahmen von drei Projekten den Einsatz von so genannten UAVs, Unmanned Aerial Vehicles. Schwerpunkte
der einzelnen Projekte sind die Schadstoffmessung in
der Luft mittels mehrerer im Schwarm kooperierender
UAVs (ähnlich einem Bienenschwarm), eine vereinfachte Steuerung von Boden- und Luftrobotern sowie
die Fernerkundung von schwer überschaubaren Ereignissen. Hierzu zählen beispielsweise Naturkatastrophen oder von Menschen verursachte Unfälle. Aktuell werden UAVs hauptsächlich in der Lageerkundung
eingesetzt. „Indem Fotos oder Videos vom Einsatzort
an eine Bodenstation übertragen werden, erhält die
Einsatzleitung eine bessere Übersicht vom Geschehen
und kann Einheiten wirkungsvoller einsetzen. Dadurch
können Einsatzkräfte sicherer agieren, und eine schnellere Hilfe für betroffene Menschen ist möglich“, erklärt
Dr.-Ing. Hauke Speth von der Berufsfeuerwehr Dortmund. Trotz der Vorteile, so Speth, seien dem Einsatz
eines UAV jedoch auch Grenzen gesetzt. So könne es
etwa nicht für Innenaufnahmen in ein Gebäude fliegen.
Außerdem würden extreme Wetterbedingungen wie
Regen oder starke Winde einen Einsatz verhindern.
Speth: „Die Feuerwehren sind derzeit nicht flächendeckend mit UAVs ausgestattet. Weil die Systeme äußerst
komplex sind, ist zukünftig auch nicht davon auszugehen. Allerdings ist es gut möglich, dass Systeme
aus mehreren UAVs als Spezialressourcen in Zukunft
bundesweit an mehreren Standorten bereitstehen. Im
Ernstfall könnten diese dann von den Feuerwehren zur
Unterstützung angefordert werden.“
Sensorenverbund erfolgreich getestet
Das BBK hat im Mai 2012 zusammen mit Forscherteams des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) und der Feuerwehr München
zum ersten Mal erfolgreich einen Sensorenverbund getestet. Dieser Sensorenverbund bestand
aus unterschiedlichen Satelliten, einem Flugzeug,
unbemannten Fluggeräten und bodengestützten
Sensoren. Bei Letzteren wurden so genannte Floating Car Data genutzt. Dabei handelt es sich um die
per Global Positioning System, sprich GPS, erfasste
Position sowie Geschwindigkeit einer Fahrzeugflotte, in diesem Fall Taxis in München.
Mit Hilfe dieses Experimentes konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Rande des
Finalspiels der Champions League 2012 umfangreiche Informationen sammeln, um die Lage einzuschätzen. „Besonders interessant war es für uns,
Informationen über große Menschenmengen zu
erhalten bzw. den Besucherstrom zu erfassen.
Zwar lässt sich heutzutage über Kameras in den
Stadien relativ gut verfolgen, wohin sich die Menschen bewegen, aber große Menschenmengen gibt
es natürlich nicht nur dort. Daher bot das Spiel die
idealen Voraussetzungen für unser Experiment“,
berichtet Dr. Michael Judex. Durch das Testen des
Sensorenverbundes konnten Erfahrungen gesammelt werden, wie die unterschiedlichen Sensorund Lageerfassungssysteme am besten zu kombinieren sind. Neben der Frage, wohin sich die Besucherströme bewegen, stand auch die Beobachtung
Das während des Experimentes Sensorenverbund in München eingesetzte unbemannte Fluggerät.
Jahresbericht 2012
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
der Verkehrslage im Mittelpunkt. Ergebnisse des
Experimentes zeigen, dass verschiedene Fernerkundungssensoren gleichzeitig und sich ergänzend
zur Lageeinschätzung eingesetzt werden können,
und das größtenteils in Echtzeit. Die gewonnenen
Mess- und Analysedaten können nun für weitere
Forschungs- und Entwicklungsarbeiten genutzt
werden, um z. B. noch bessere Lösungen zu finden,
die unterschiedlichen Techniken zur Lageerkundung zu vernetzen.
Bessere und umfangreichere Informationen
durch Fernerkundung
Dass Fernerkundung zunehmend zum Einsatz
kommt, sei es als Planungsgrundlage oder als
zusätzliche Informationsquelle bei lang anhaltenden Krisenlagen, wurde im Rahmen von zwei
Workshops deutlich, die durch das BBK organisiert
wurden. Sie fanden innerhalb des 2. Strategieforums Fernerkundung und den GMES-Thementagen
2012 am 14. und 15. November in Düsseldorf statt.
GMES ist die Abkürzung für Globale Umwelt- und
Sicherheitsüberwachung, einem Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Kommission, das seit
Kurzem unter dem Namen „Copernicus“ läuft.
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TECHNOLOGIEN FÜR DEN BEVÖLKERUNGSSCHUTZ
Innerhalb des Workshops des BBK wurden die
heute schon verfügbaren Möglichkeiten der Erkundung aus der Luft oder dem Weltraum diskutiert.
Außerdem stellte das Bundesministerium des
Innern (BMI) im Rahmen der Gesamtveranstaltung das Projekt Verbund für fernerkundungsgestützte Geoinformation (VfG) vor. Für den VfG, der
die Aufgabe eines Dienstleistungsverbundes für die
Bundesverwaltung übernimmt, sollen dauerhaft
Produkte und Leistungen vom Zentrum für satellitengestützte Kriseninformation (ZKI) im DLR in
Oberpfaffenhofen bereitgestellt werden. Ab 2013
wird das ZKI aus Mitteln des BMI Erdbeobachtungsdaten insbesondere für den Bevölkerungsschutz liefern. Dabei zählen schnelles Beschaffen,
Aufbereiten und Analysieren von Satelliten- und
Luftbilddaten bei Natur- und Umweltkatastrophen,
für humanitäre Hilfsaktivitäten und für die zivile
Sicherheit weltweit zu den Stärken des Dienstes.
Sinn und Zweck des VfG ist es, den europäischen
Notfallkartierungsdienst mit zusätzlichen Daten
und Produkten zu ergänzen bzw. zu verbessern
und die Expertise im ZKI dauerhaft zur Unterstützung behördlicher Aufgaben zugänglich zu
machen. Der nationale Bedarf für diesen Service
ist groß, auch im polizeilichen Bereich. Binnen
kürzester Zeit an fernerkundungsgestützte Geoinformationen zu gelangen und diese mit intelligenten und innovativen Methoden auszuwerten,
stellt den Gewinn des Vorhabens dar. Das wird
für Behörden und speziell für den Bevölkerungsschutz bedeuten, einen sehr viel schnelleren Überblick über die jeweilige Lage eines Ereignisses zu
erhalten. Das BBK hat die Entwicklungen maßgeblich begleitet. Immer wieder zeigt sich, dass
der gemeinsame Blick auf eine Karte hilft, Diskussion und Entscheidungsfindung maßgeblich zu
verbessern. Ebenso kann die gleiche Karte, wenn
sie behördenübergreifend eingesetzt wird, das
gemeinsame Verständnis der Lage erhöhen, damit
Maßnahmen besser koordiniert werden.
Technisches Hilfswerk
THW nutzt Satellitenbilder, um
Bau von Flüchtlingslager zu planen
(Oben) September 2012: Im Auftrag des THW erstellte der europäische COPERNICUS Emergency Management Service eine aktuelle
Referenzkarte des Flüchtlingslagers el Za’atri in Jordanien. Hier ist das Lager mit seiner Ausdehnung von Ende November 2012 zu sehen.
(Unten) November 2012: Gleicher Ausschnitt der Referenzkarte des Flüchtlingslagers el Za’atri in Jordanien.
Jahresbericht 2012
Ein Beispiel, wie hilfreich Satellitenbilder sein können, zeigt der Einsatz des Technischen Hilfswerks
(THW) in Jordanien. Seit April 2012 ist das THW auf
Bitte des Auswärtigen Amtes und beauftragt durch
das Bundesministerium des Innern dort aktiv. So
unterstützt das THW gemeinsam mit der Deutschen
Botschaft das Flüchtlingshilfswerk United Nations
High Commissioner for Refugees und das Kinderhilfswerk United Nations Children’s Fund der Vereinten Nationen im Lager für syrische Flüchtlinge bei el
Za’atari. Dabei ist die Auswertung von Satellitenbildern sehr nützlich, wie THW-Projektleiter Werner
Stern berichtet. „Satellitenbilder regelmäßig auszuwerten, ist für uns unverzichtbar. Es handelt sich
dabei um ein wichtiges Instrument, mit dem wir die
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Infrastrukturmaßnahmen für die UN-Organisationen
punktgenau planen können. Mittlerweile leben im
jordanischen Flüchtlingslager weit über 80.000 Menschen. Deshalb ist es sehr wichtig, ein Netz für die
Wasserver- und -entsorgung sowie die Drainage des
Regenwassers detailliert mittels Satellitenbilder zu
planen. Wo bauen wir die sanitären Anlagen, die so
genannten Wash Center, auf? An welcher Stelle ist es
sinnvoll, Küchenmodule zu errichten? Das sind Fragen, mit denen wir uns auseinandersetzen, da hier im
Grunde genommen eine kleine Kommune entsteht.
Die uns vom Monitoring and Information Centre der
EU zur Verfügung gestellten Satellitenbilder helfen
uns dabei, diese Kleinststadt richtig zu organisieren“,
sagt Werner Stern.
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TECHNOLOGIEN FÜR DEN BEVÖLKERUNGSSCHUTZ
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Neue Struktur: Modular,
schlagkräftig, mobil
Weitere Fahrzeuge der Medizinischen Task Force vom Bund an
Länder übergeben
Fensterscheiben zerspringen, Geschirr fällt krachend aus den Regalen, während Ziegelsteingeschosse im gesamten Rheinland von den Dächern
regnen. Ausgelöst durch die Schockwellen eines
Erdbebens im niederländischen Ort Roermond,
breitete sich 1992 ein Erdbeben der Stärke 5,9 aus
und sorgte auch in Nordrhein-Westfalen für zahlreiche Verletzte.
dekontaminieren, medizinisch zu versorgen und
zu transportieren. Die MTF verfügt u. a. über die
Möglichkeit, einen Behandlungsplatz für bis zu
50 Verletzte über einen Zeitraum von bis zu 48 Stun­­
den einzurichten und zu betreiben. Bundesweit
werden 61 MTF-Einheiten in den Ländern auf­­
gestellt. Die Medizinische Task Force wurde vom
Bund ins Leben gerufen, damit im Zivilschutz und
in der Katastrophenhilfe ein
Massenanfall von Verletzten (ManV) bewältigt werden kann. Damit verfolgt
der Bund eine veränderte
Strategie bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung in Notlagen. Bisher
ergänzte er den Katastrophenschutz der Länder mit einzelnen Fahrzeugen
zur Verstärkung des Sanitätswesens. In Zukunft
werden jedoch gemäß des neuen Konzeptes zum
Bevölkerungsschutz ganze Einheiten aufgestellt,
die auch den Katastrophenschutz der Länder mit
Spezialkräften unterstützen können. Generell ist es
Aufgabe des Bundes, die Zivilbevölkerung im Verteidigungsfall zu schützen. Der Katastrophenschutz
hingegen ist Ländersache.
„Wir sind nicht der tägliche Rettungsdienst, sondern kommen bei Ereignissen zum Einsatz, die in Bewegung sind.“
Holger Schmidt, Referent im BBK
„Bei einem solchen Ereignis, das durch mögliche
Nachbeben auch Tage nach der eigentlichen Katastrophe Menschen verletzen kann, handelt es sich
um ein Einsatzgeschehen für die MTF in der länderübergreifenden Katastrophenhilfe“, sagt Holger
Schmidt, Referent im BBK.
Medizinische Task Force als neues Konzept des
Bundes zum Schutz der Bevölkerung
MTF steht für Medizinische Task Force und wurde
als Teil des neuen Konzeptes des Bundes zum
Schutz der Bevölkerung ins Leben gerufen. Die
hochmoderne medizinische Eingreifgruppe besteht
aus über 100 Helfern (Sanitätern, Ärzten und Feuer­
wehrleuten) sowie 20 Fahrzeugen und kommt im
Zivilschutzfall und in der länderübergreifenden
Katastrophenhilfe flächendeckend in Deutschland
zum Einsatz. Sie setzt sich aus einzelnen Teileinheiten zusammen und ist in der Lage, Verletzte zu
Einheitlich ausgestattet und
bundesweit einsetzbar
In erster Linie ist die Medizinische Task Force nicht
für den Ersteinsatz vor Ort gedacht, sondern um
überörtliche Hilfe zu leisten. „Wir sind nicht der tägliche Rettungsdienst“, erklärt Holger Schmidt, „sondern kommen bei Ereignissen zum Einsatz, die in
Bewegung sind. Hochwasser und Erdbeben sind beispielsweise dynamisch. Die Lage kann sich täglich
verändern. Auch nach Tagen kann es noch Verletzte
Jahresbericht 2012
Die hochwertige Ausstattung des Gerätewagens Sanität erlaubt eine sofortige eigenständige Versorgung von Verletzten.
geben, genau wie bei dem Erdbeben von Roermond.“
Gerade bei solchen Ereignissen können die bestehenden Kommunikations-, Versorgungs- und Verkehrsstrukturen nur noch eingeschränkt funktionieren
oder sogar ganz ausfallen. Dazu zählen insbesondere
Telefonnetze, Internetverbindungen, Strom- und
Wasserleitungen sowie Verkehrswege. Die Medizinische Task Force unterstützt die Einsatzkräfte vor
Ort oder ersetzt diese sogar. Die Helferinnen und
Helfer der MTF sind in der Lage, ohne Strom, Internet und Telefon zu arbeiten, weil sie eigene Generatoren haben, mittels Papier dokumentieren und über
Funk verfügen. Schmidt: „Die MTF ist einheitlich
ausgestattet und wird im Zivilschutzfall sowie bei
Ereignissen der so genannten Versorgungsstufe 4
angefordert. Dabei handelt es sich um von Bund und
Ländern gemeinsam festgelegte außergewöhnliche
Gefahren und Schadenslagen.“
Pilotstandorte gestalten aktiv mit
Um das Zusammenspiel von Ausstattung und
Fahrzeugen auf der einen Seite und qualifizierten
Helferinnen und Helfern auf der anderen Seite zu
erproben, wurden 2010 mit Hessen und RheinlandPfalz zwei Pilotstandorte für die MTF eingerichtet.
Die Wahl fiel u. a. auf diese beiden Bundesländer,
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
weil an den Pilotstandorten Landesfeuerwehr- und
Katastrophenschutzschulen angebunden sind. Ziel
des BBK ist es, Feinkonzepte für die MTF zu entwickeln, in die das gesamte Wissen aller Hilfsorganisationen an den Standorten eingearbeitet wird.
Dazu gehören neben der freiwilligen Feuerwehr
und der Berufsfeuerwehr auch der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), das Deutsche Rote Kreuz (DRK), der
Malteser Hilfsdienst (MHD), die Johanniter-UnfallHilfe (JUH) und die Deutsche Lebens-RettungsGesellschaft (DLRG) sowie das Technische Hilfswerk (THW). Dabei werden die einzelnen Teileinheiten, nämlich Führung, Patiententransport und
Behandlung (Kassel) sowie Dekontamination von
Verletzten und Logistik (Rheinland-Pfalz), nach der
Entwicklungsarbeit anhand von Übungen erprobt
und bewertet. „Hessen stellt die MTF in verschiedenen Städten auf. Die MTF 34 befindet sich beispielsweise in der Stadt sowie im Landkreis Kassel. Weitere MTFs sind in Gießen/Fulda, Frankfurt sowie
Darmstadt aufgestellt“, erklärt Holger Schmidt. Im
Gegensatz dazu stellt Rheinland-Pfalz seine MTFs
in Landkreisen auf, also großflächig voneinander
getrennt. Durch diese unterschiedlichen Ausrichtungen lassen sich die Vor- und Nachteile beider
Modelle sehr gut miteinander vergleichen.
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TECHNOLOGIEN FÜR DEN BEVÖLKERUNGSSCHUTZ
Das Personal für die Pilotstandorte wird durch alle
ortsansässigen Hilfsorganisationen sowie Feuerwehren gestellt, während der Bund für die materielle Ausstattung verantwortlich ist. Weil sämtliche
Feinkonzepte der Teileinheiten in Kassel mittlerweile fertig erarbeitet sind, ist der Pilotstandort
Ende 2012 geschlossen worden. In Rheinland-Pfalz
hingegen wird die Entwicklung 2013 weiter fortgesetzt. Insgesamt wurden in den Arbeitsgruppen am Standort Kassel Stadt/Kassel Land circa
1.700 ehrenamtliche Stunden geleistet, in Rheinland-Pfalz waren es etwa 750. Auf die zusätzliche
Arbeitsgruppe „Ärzte in der MTF“ entfallen über
300 Arbeitsstunden. Das BBK möchte sich ausdrücklich bei allen engagierten ehrenamtlichen
Helferinnen und Helfern für ihren tatkräftigen
Einsatz bedanken!
Ergebnisse anhand von Stabsrahmenübung
überprüft
Eines der Fachmodule der MTF ist die Teileinheit
„Behandlung“. Für diese wurde die Entwicklung
des Feinkonzeptes am Standort Kassel in diesem
Jahr abgeschlossen. Die theoretischen Ergebnisse
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wurden im Rahmen einer zweitägigen Stabsrahmenübung im September überprüft, an der sich
zahlreiche Einsatzkräfte aus den Hilfsorganisa­
tionen sowie der Feuerwehr beteiligten. Es sollte
festgestellt werden, ob mit Hilfe der entwickelten
Konzepte die Zeitspanne zwischen Katastrophenmedizin und individueller medizinischer Versorgung in einer Katastrophe organisatorisch verkürzt
werden kann. „Unser Anliegen war es, mit Hilfe
der Übungen die Entwicklungsarbeit zu testen,
die in Kassel und Rheinland-Pfalz geleistet wurde.
Dadurch konnten wir feststellen, ob die Ergebnisse
auch auf andere MTFs übertragbar sind. Rückblickend war die Übung ein großer Erfolg und verlief
genau so, wie wir es uns erhofft hatten. Während
der Übung hat mich besonders das Engagement
der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer
beeindruckt“, berichtet Projektmitarbeiter und
Leiter der Übungsleitung Rolf Obladen.
rungsschutz im Bundesministerium des Innern,
symbolisch den Schlüssel für die sieben neuen
Gerätewagen Sanität (GW San) an Werner Koch,
Staatssekretär im Hessischen Ministerium des
Innern und für Sport.
GW San als Herzstück der MTF
GW San vorgesehen. „Im Ganzen sind es 450 GW
San, die in Deutschland ausgeliefert werden. 2012
gingen bereits 21 Fahrzeuge an drei Bundesländer, nämlich an Hessen und Rheinland-Pfalz als
Pilotstandorte sowie an Bayern. Neben dem GW
San wurden ebenfalls Krankentransport- sowie
Kommando- und Mannschaftswagen für die MTF
ausgeliefert“, sagt Holger Schmidt. Hochwertige
medizinische Geräte und eine sechs Kräfte starke
Besatzung erlauben es, im Einsatz mit dem GW
San jahreszeitenunabhängig zu operieren. Dadurch
können Schwerverletzte sofort und eigenständig
versorgt werden, ohne dass eine weitere Ausstattung benötigt wird. Vor allem, wenn bei einem
Schadensereignis in der Versorgungsstufe 4 der
Transport in ein Krankenhaus nicht sofort möglich ist, kann dieses unabhängige Handeln Leben
retten.
Im Vorfeld der Stabsrahmenübungen überreichten
BBK-Präsident Christoph Unger und Norbert Seitz,
Abteilungsleiter Krisenmanagement und Bevölke-
Der Gerätewagen Sanität ist das Herzstück der
Medizinischen Task Force. Er bildet den Kern der
Teileinheit „Behandlung“. Für jede dieser Teileinheiten sind in den bundesweit 61 MTFs sieben
„Während der Übung hat mich das
Engagement der ehrenamtlichen
Helferinnen und Helfer beeindruckt.“
Rolf Obladen, Projektmitarbeiter und Leiter der Übungsleitung
„Eine Grundausbildung in der MTF geht weit über
einen Erste-Hilfe-Kurs hinaus“
Symbolische Schlüsselübergabe für die neuen Gerätewagen Sanität in Hessen. V. l. n. r.: BBK-Präsident Christoph Unger, Abteilungsleiter Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz im BMI Norbert Seitz, Staatssekretär im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport Werner Koch.
Jahresbericht 2012
bildung für die MTF können auch in die Katastrophenschutzausbildung der Hilfsorganisationen integriert werden. „Unsere Herausforderung
besteht aktuell darin, ein völlig neues, speziell auf
die MTF zugeschnittenes Ausbildungskonzept zu
erstellen, obwohl die eigentliche Entwicklung der
Medizinischen Task Force und die technische Ausstattung noch nicht abgeschlossen sind“, erläutert Klaus Albert, Referent im BBK. Die Inhalte der
Ausbildung werden in engem Schulterschluss mit
den für den Katastrophenschutz zuständigen Landesbehörden, den Hilfsorganisationen und Feuerwehren
abgestimmt. Dabei werden
sowohl die Ergebnisse aus
den Pilotstandorten als auch
die Erfahrungen der einzelnen Organisationen im Hinblick auf die Ausbildung der
Einsatzkräfte berücksichtigt. Voraussetzung, um
eine MTF-Ausbildung absolvieren zu können, ist
beispielsweise die Mitgliedschaft in einer Hilfsorganisation. Diese muss sich verpflichtet haben, im
Katastrophenschutz mitzuwirken, und ihr muss
eine MTF zugeordnet sein. Dazu zählen der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), die Deutsche LebensRettungs-Gesellschaft (DLRG), das Deutsches Rote
Kreuz (DRK), die Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH)
sowie der Malteser Hilfsdienst (MHD). Albert: „Eine
Grundausbildung in der MTF geht weit über einen
Erste-Hilfe-Kurs hinaus. Sie befähigt jeden Absolventen dazu, in sämtlichen Notsituationen zielorientiert zu handeln. Dabei bauen die ergänzenden
Ausbildungsmaßnahmen für die MTF auf den von
den Helferinnen und Helfern bereits absolvierten
Ausbildungen in den Hilfsorganisationen und den
Katastrophenschutzeinheiten der Länder auf.“
Wer beispielsweise als Rettungssanitäter im Team
eines GW San helfen möchte, erhält eine spezielle Ausbildung, die teilweise vom Bund mitfinanziert wird. Jedes Mitglied der MTF absolviert die
gleiche Grundausbildung, egal ob Arzt, Zugführer
oder Sprechfunker. Die Inhalte dieser GrundausBundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Maßgeblich für die
Leistung der MTF
verantwortlich: Ohne
den engagierten Einsatz
der Hilfsorganisationen/
Feuerwehren wäre eine
schlagkräftige MTF im Zivilschutz und in der Katastrophenhilfe undenkbar.
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TECHNOLOGIEN FÜR DEN BEVÖLKERUNGSSCHUTZ
Fahrzeuge
Auslieferung der LF-KatS des Bundes
fast abgeschlossen
Schlauchwagen. In Anlehnung an das Konzept des
Bundes für das LF-KatS wurde inzwischen auch vom
Fachnormenausschuss Feuerwehrwesen eine entsprechende Norm für ein Löschgruppenfahrzeug für
den Katastrophenschutz erarbeitet und veröffentlicht.
BBK-Präsident Unger und DFV-Präsident Kröger bei der
Vorstellung des LF-KatS auf der ReTTmobil 2010.
Atemschutzgeräte im Mannschaftsraum, eine im
Fahrzeug eingebaute Pumpe mit einer Leistung von
2.000 l/min, eine Tragkraftspritze, über 600 Meter
Schlauchmaterial sowie ein Löschwassertank mit
1.000 l Inhalt sind nur einige Fakten, die für das neue
leistungsstarke Löschgruppenfahrzeug für den Katastrophenschutz, kurz LF-KatS, sprechen. Mit dem
neuen Fahrzeug kommt der Bund seinen Verpflichtungen im Bevölkerungsschutz nach und stärkt damit
den Katastrophenschutz auf Länderebene. Das LFKatS ist Teil des Ausstattungskonzeptes des Bundes
für den Katastrophenschutz, das 2007 im Rahmen
der „Neuen Strategie zum Schutz der Bevölkerung in
Deutschland“ von der Innenministerkonferenz verabschiedet wurde. Verantwortlich für die Konzeption
und Auslieferung der aktuellen Fahrzeuge zeichnet
das BBK. Zu den Aufgaben des LF-KatS gehört es,
Brände zu bekämpfen, Wasser zu fördern – auch über
längere Strecken – und einfache technische Hilfe in
kleinerem Umfang zu leisten.
Bund und Länder haben sich darauf geeinigt, den
Bereich Brandschutz mit zwei Fahrzeugtypen abzu­
decken: dem LF-KatS sowie einem Schlauchwagen für
den Katastrophenschutz (SW-KatS). Insgesamt finanziert der Bund 961 Löschgruppenfahrzeuge und 450
Verbleibende LF-KatS Anfang 2013 an
Länder übergeben
Nach einer europaweiten Ausschreibung erhielt die
Josef Lentner GmbH im Dezember 2008 den Auftrag, bis zu 190 LF-KatS an den Bund zu liefern. Dies
ist in den Jahren von 2010 bis 2012 geschehen. Bis
jetzt sind insgesamt 185 der 190 Fahrzeuge vom BBK
an die Länder zugewiesen worden. Folgende Länder
erhielten in den vergangenen Jahren das LF-KatS:
LF-KatS
Land
2010
Baden-Württemberg
2011
64
Bayern
Bremen
Hamburg
7
2012 Summe
42
106
14
14
3
10
25
25
Hessen
1
1
Rheinland-Pfalz
5
17
22
Saarland
4
3
7
80
80
185
Summe
25
Stand: 31.12.2012
Die verbleibenden fünf LF-KatS werden voraussichtlich Anfang 2013 an die Länder übergeben. Damit
ist die Beschaffungsmaßnahme des BBK über 190
Löschgruppenfahrzeuge für den Katastrophenschutz
mit einem Beschaffungsvolumen von 45,6 Mio. Euro
nunmehr abgeschlossen.
Jahresbericht 2012
Menschen im
Mittelpunkt
44
MENSCHEN IM MITTELPUNKT
45
Qualitätsstandards für die
Krisenhotline
Psychosozialer Gesprächsleitfaden für die Arbeit an der Krisenhotline
entwickelt
Wenn sich eine Katastrophe oder ein schweres
Unglück ereignet, ist es mittlerweile selbstverständlich, eine Krisenhotline einzurichten. Denn
direkt und indirekt betroffene Personen benötigen
umgehend gesicherte Informationen: Was genau
ist passiert? Wie sieht die Situation vor Ort aus?
Sind meine Angehörigen betroffen? Um Bundesbürgerinnen und Bundesbürger, die im Ausland
durch Terroranschläge oder schwere Unglücksfälle
zu Schaden kommen, qualifiziert zu betreuen, ist
in der Koordinierungsstelle Nachsorge, Opfer- und
Angehörigenhilfe (NOAH) des BBK rund um die
Uhr eine Hotline geschaltet.
NOAH besteht inzwischen seit zehn Jahren und ist
sehr erfahren in der Krisenhotlinearbeit. Rund 20
Einsätze unterschiedlicher Art und Größe werden hier pro Jahr bearbeitet. Diese bilden die Basis
für den psychosozialen Hotlineleitfaden, der 2012
für die Vorbereitung auf die Arbeit als Hotliner im
Krisen- und Katastrophenfall erstellt wurde. Die
Erfahrungsauswertung von Krisenhotlines, die in
der jüngsten Vergangenheit nach tragischen Ereignissen wie den Amokläufen in Erfurt (2002) und
Winnenden (2009), dem Eissporthallenunglück in
Bad Reichenhall (2006) und der Massenpanik auf
der Loveparade (2010) eingesetzt wurden, diente
Das Team der Koordinierungsstelle NOAH (v. l. n. r.: Volker Harks, Annika Fritsche, Verena Blank-Gorki, Rike Richwin, Kerstin Fröschke,
Mark Overhagen, Dr. Jutta Helmerichs (Leiterin NOAH), Claudia Schedlich, Thomas Knoch, Michael Prell, Tobias Hahn).
ebenfalls als Grundlage für den Leitfaden. Hinzu
kamen Erkenntnisse aus vom BBK in Auftrag gegebenen wissenschaftlichen Evaluationen.
scheidend ist es, die Bedürfnisse und Reaktionen
der Betroffenen genau zu kennen. Darauf bereitet
der psychosoziale Hotlinefaden des BBK vor.“
„Man braucht mehr als ein gutes Bauchgefühl“
Hotline ist nicht gleich Hotline
Der psychosoziale Hotlineleitfaden enthält neben
Berichten und Konzepten auch nützliche Kommunikationsregeln sowie Techniken und Tipps zum
Zuhören, Fragen und Formulieren. Außerdem werden die typischen Anrufgruppen und häufigsten
Anliegen vorgestellt sowie Bedürfnisse und Reaktionen Betroffener wiedergegeben. Enthalten sind
darüber hinaus auch Strategien zum Stressmanagement, um selbst an der Hotline handlungsfähig zu
bleiben.
Dabei ist Hotline nicht gleich Hotline: Zahlreiche
Faktoren wie die Art des Ereignisses, der Zeitpunkt, zu dem die Hotline nach Eintritt der Krise
eingerichtet wird, die vorhandenen Räume oder
die Präsentation in der Öffentlichkeit spielen eine
große Rolle im Hinblick darauf, wie die entsprechende Hotline gestaltet wird. Auch die Anfragen
der Anruferinnen und Anrufer können je nach Art
und Ausmaß des Unglücks völlig unterschiedlich
ausfallen.
„Die Qualität zählt“, betont Dr. Jutta Helmerichs,
Leiterin von NOAH im BBK. „Um bei einer Krisenhotline arbeiten zu können, braucht man mehr als
ein gutes Bauchgefühl. Die Arbeit ist komplex. Ent-
Der psychosoziale Leitfaden kann unter
www.bbk.bund.de → Service → Publikationen
angefordert werden.
Die NOAH-Hotline während eines Einsatzes.
Jahresbericht 2012
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
46
MENSCHEN IM MITTELPUNKT
47
Dringend gesucht: Helferinnen
und Helfer für das Ehrenamt
BBK erarbeitet Kurzstudien mit Ländern und begleitet Projekt
„Augsburger Puppenkiste“
„Die zum Teil hochmoderne Technik, mit der man
normalerweise in seinem Berufsleben gar nicht in
Berührung kommt, ist ein Aspekt. Außerdem ist es
möglich, eine Führungsfunktion zu übernehmen
und dadurch weitere Fähigkeiten für seinen eigentlichen Beruf zu erwerben. Was aber vor allem zählt,
ist der Gedanke, im Team anderen helfen zu können.“ Alexander Krapf, Referent im BBK, weiß um
den Reiz des Ehrenamtes im Bevölkerungsschutz.
Trotzdem mangelt es zunehmend an ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern in Deutschland.
Gründe hierfür sind u. a. abnehmende Geburtenraten im Rahmen der demografischen Entwicklung sowie die Abschaffung der Wehrpflicht. Hinzu
kommt, dass viele Menschen für Ausbildung, Studium und Beruf mobil sein müssen und für ein
Ehrenamt am Wohnort kaum Zeit übrig haben.
Krapf: „Unser gesamtes Hilfeleistungssystem fußt
auf dem Ehrenamt. Ohne die tatkräftigen Helferinnen und Helfer des Zivil- und Katastrophenschutzes geht es nicht. Dem BBK ist es daher ein großes
Anliegen, das Ehrenamt generell zu fördern, denn
ohne aktives bürgerliches Engagement wäre der
Bevölkerungsschutz in Deutschland undenkbar.“
Im Fokus der BBK-Kurzstudien zum Ehrenamt:
Frauen, Migranten und Senioren
Das BBK setzt seinen gesetzlichen Auftrag, das
Ehrenamt als Grundlage des Zivil- und Katastrophenschutzes zu unterstützen, in engem Schulterschluss mit Ländern und Organisationen des
Zivil- und Katastrophenschutzes um. So erarbeitete
es beispielsweise in diesem Jahr als Angebot an die
Länder und Organisationen diverse Kurzstudien,
die auch konkrete Handlungsempfehlungen enthalten. Eine der Studien beschäftigt sich z. B. mit
der Frage, wie der demografische Wandel sich ganz
grundsätzlich auf das Ehrenamt im Bevölkerungsschutz auswirkt und welche Handlungsempfehlungen bereits gemacht bzw. welche Forschung zu
dieser Thematik bereits geleistet wurde. Christian
Herrmann, Referent im BBK, über das Ergebnis der
Studie: „Wenn man die Entwicklung der Bevölkerung analysiert, gibt es drei Gruppen, die immer
mehr in den Vordergrund rücken: Frauen, Migranten und Senioren. In Bezug auf ehrenamtliches
Engagement sollte man diese Gruppen also gezielt
ansprechen.“
Laut Kurzstudie können und wollen z.B. die heutigen „jungen Alten“ mehr leisten, vorstellbar ist
dies etwa in Stabs- oder Ausbilderfunktionen.
Gemäß einer weiteren Studie, die sich speziell mit
Frauen als Zielgruppe ehrenamtlichen Engagements im Zivil- und Katastrophenschutz befasst,
ist es dringend notwendig, Frauen in den Organisationen auch leitende sowie führende Funktionen
zu ermöglichen. Dort, wo Entscheidungen getroffen werden, sind sie bisher erheblich unterrepräsentiert. Vor dem Hintergrund der demografischen
Entwicklung und des zunehmenden Anteils von
Migrantinnen und Migranten in der Bevölkerung
ist zudem ein Engagement von Freiwilligen mit
Migrationshintergrund für die Organisationen des
Zivil- und Katastrophenschutzes in hohem Maße
erstrebenswert. Eine gelungene Integration von
Migranten erleichtert nicht nur die Hilfeleistungskapazitäten gegenüber diversen Bevölkerungsgruppen, sondern weist den bei uns lebenden Migrantinnen und Migranten auch einen verantwortungsvollen Platz in unserer Gesellschaft zu. Zu diesem
Schluss kommt eine weitere Studie des BBK.
(Oben) Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich, Puppenkistenchef Klaus Marschall und Kindergartenkinder aus Augsburg präsentieren die Helden des neuen Puppenfilms der Öffentlichkeit. (Unten) Sich gegenseitig zu helfen und füreinander da zu sein, ist wichtig! Das ist
die Botschaft des Films „Rettet die Retter – Abenteuereinsatz im Land der Helfer“.
Jahresbericht 2012
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
48
MENSCHEN IM MITTELPUNKT
Das BBK setzt die Forschungstätigkeit u. a. mit einer
empirischen Umfrage auch im Jahr 2013 fort.
Projekt „Augsburger Puppenkiste“ soll Kinder im
Vorschulalter für Ehrenamt begeistern
Ein konkretes Beispiel aus der Praxis, wie das BBK
das Ehrenamt unterstützt, gibt das Projekt „Augsburger Puppenkiste“. In Zusammenarbeit mit dem
Bundesministerium des Innern und auf Initiative
der inzwischen aufgelösten Ständigen Konferenz
für Katastrophenvorsorge begleitet das BBK zurzeit
fachlich ein bundesweites Filmprojekt. Das Projekt
soll frühzeitig den Nachwuchs für das Ehrenamt im
Bevölkerungsschutz gewinnen. „Für Kinder im Vorschulalter gibt es bisher kaum Angebote. Wir wollen
das Interesse für das Engagement in den Organisationen des Zivil- und Katastrophenschutzes frühest­
möglich wecken“, sagt Christian Dolf, Leiter des
für die Unterstützung des Ehrenamtes zustän­digen
Referates im BBK. Ein Kurzfilm mit eigens dafür
entwickelten, lebendigen und fantasievollen Figuren
der Augsburger Puppenkiste soll dazu in Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen gezeigt werden und so für eine Kultur des Helfens werben. Über
Eltern, Großeltern, ältere Geschwister sowie Erzieherinnen und Erzieher soll der Gedanke darüber
hinaus weitergetragen werden, um die Bevölkerung
generell auf dieses wichtige Thema aufmerksam zu
machen und dafür zu sensibilisieren. „Der Film zeigt
den Kindern, dass Hilfe im Notfall nicht automatisch
kommt, sondern dass hinter dem Hilfeleistungssystem in Deutschland überwiegend ehrenamtliche,
freiwillige Helferinnen und Helfer stehen“, erklärt
Christian Dolf.
desinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich
zeichnete die Preisträgerinnen und Preisträger
am 30. November in der Bayerischen Landesvertretung in Berlin für Konzepte und Projekte aus,
die das Interesse der Menschen für ein ehrenamtliches Engagement im Bevölkerungsschutz wecken.
Ebenso wurde in diesem Jahr erneut ein Publikumspreis vergeben. Fast 12.000 Menschen gaben
ihre Stimme im Internet ab und wählten das siegreiche Projekt aus.
Der Förderpreis ist insgesamt mit 30.000 Euro
dotiert und zeichnet Mitglieder von Organisationen
aus, die sich mit besonderen Konzepten, Projekten
oder Aktionen zur Förderung der ehrenamtlichen
Arbeit im Bevölkerungsschutz engagieren. Zu den
Organisationen gehören der Arbeiter-SamariterBund, die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft,
das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter-UnfallHilfe, der Malteser Hilfsdienst sowie das Technische Hilfswerk, die freiwilligen Feuerwehren und
die Regieeinheiten. Bei Letzteren handelt es sich
um Einheiten des Zivil- und Katastrophenschutzes, die durch die Katastrophenschutzbehörden der
Kreise und Städte selbst aufgestellt werden.
Allgemeines
Förderpreis „Helfende Hand“ zeichnet
Engagement von Ehrenamtlern aus
Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sind mit
viel Herzblut bei der Sache und opfern ihre Freizeit,
um anderen Menschen zu helfen. Dieses Engagement wurde auch in diesem Jahr in Form des Förderpreises „Helfende Hand 2012“ gewürdigt. Bun-
Der Kurzfilm „Rettet die Retter!“ soll Kinder im Vorschulalter
zum Thema freiwillige Helferinnen und Helfer im Zivil- und
Katastrophenschutz informieren. Er kann über das BBK bezogen
werden.
Jahresbericht 2012
50
ALLGEMEINES
51
Das Fenster nach außen: Presseund Öffentlichkeitsarbeit 2012
Aktive Pressearbeit des BBK bietet verstärkt hochwertige Informationen für
unterschiedliche Zielgruppen
Januar
Mit der Computersoftware CT-Analyst, gemeinsam entwickelt von der Universität Hamburg,
der Behörde für Inneres und Sport Hamburg und
dem Naval Research Laboratory, Washington D.C.,
können Hamburger Behörden nun schneller auf
Unfälle mit Giftgasaustritt reagieren. Zeitgenau
berechnet das Programm, wohin die Schadstoffwolke treibt – eine äußerst wichtige Information
für Einsatzkräfte. Während einer Veranstaltung
Ende Januar wird die neue Software von BBK-Präsident Christoph Unger an die Behörde für Inneres und Sport übergeben sowie der Presse und dem
Fachpublikum vorgestellt. Das Projekt wurde vom
BBK und der Hamburger Bürgerschaft finanziert.
Februar
Das BBK und die Stiftung Jugend und Bildung veranstalten einen Lehrerworkshop zur neuen Kinder-
internetseite www.max-und-flocke-helferland.de
auf der didacta 2012 in Hannover. Auf dem preisgekrönten Internetportal wird für 7- bis 12-Jährige
seit September 2011 richtiges Verhalten in Gefahrensituationen thematisiert, und das nicht mit
erhobenem Zeigefinger, sondern Schritt für Schritt
anhand von Spielen. Zentrale Fragen des didactaWorkshops sind: Wie kann das Thema „Richtiges
Verhalten in Gefahrensituationen“ in der Grundschule vermittelt werden und wie lassen sich die
speziell für „Max und Flocke Helferland“ entwickelten Arbeitsblätter am besten im Unterricht
anwenden?
März
Pressetermin an der AKNZ: Weil es bei einem
Massenanfall von Verletzten (MANV) in höchstem Maße auf die Ausbildung der medizinischen
Einsatzkräfte ankommt, setzt die AKNZ in ihren
Seminaren für Katastrophenmedizin Simulations-
Februar: Bei Kindern sehr beliebt, das Malbuch mit den Helden
der BBK-Kinderinternetseite www.max-und-flocke-helferland.de.
2012 veranstaltete das BBK gemeinsam mit der Stiftung Jugend
und Bildung einen Lehrerworkshop zum preisgekrönten Internetportal für 7- bis 12-Jährige auf der didacta in Hannover.
April: Großes Medieninteresse herrschte bei einem Pressetermin
mit Praxisdemonstration, den das BBK mit der Unterstützung der
ATFs aus Dortmund, Köln, Hamburg, München und Mannheim
durchführte. Gezeigt wurden Funktionsweise und Ausstattung
der Analytischen Task Force.
systeme ein. Mit Hilfe der Simulation eines MANV
bildet die Akademie des BBK verschiedene Personengruppen aus. Dazu zählen (Leitende) Notärztinnen und -ärzte sowie Führungskräfte der
Feuerwehr und Hilfsorganisationen, die Führungsaufgaben im Rettungs- und Sanitätsdienst wahrnehmen. Seit einigen Monaten werden die Systeme
zur Simulation eines MANV auch den Lehrkräften der Landesfeuerwehrschulen und den Schulen
der Hilfsorganisationen für deren Ausbildung zur
Verfügung gestellt. Anlässlich der ersten Schulung
werden die Systeme Medienvertreterinnen und
-vertretern vorgestellt.
Mai
Der zur Medizinischen Task Force (MTF) gehörende
neue Gerätewagen Sanität (GW San) wird Anfang
Mai auf der Fachmesse RETTmobil in Fulda ausgestellt. Er bildet den Kern der Teileinheit „Behandlung“. Für jede dieser Teileinheiten sind in den bundesweit 61 MTFs sieben GW San vorgesehen. Die
MTF wurde als Teil des neuen Konzeptes des Bundes zum Schutz der Bevölkerung ins Leben gerufen.
(Nähere Informationen hierzu finden Sie auf den
Seiten 38–41).
Juni
April
Vergleichen, identifizieren und farbig darstellen – dazu ist das Fernerkundungssystem SIGIS 2
der Analytischen Task Force (ATF) mit Blick auf
eine Gefahrstoffwolke in der Lage. Die ATF ist eine
mobile Spezialeinheit des Bundes zur chemischen
Analytik von Gefahrstoffen. Anhand eines Pressetermins mit Praxisdemonstration zeigt das BBK
im April mit Unterstützung der ATFs aus Dortmund, Köln, Hamburg, München und Mannheim
die Funktionsweise und Ausstattung. Die Experten
führten zudem Analyseverfahren vor.
Jahresbericht 2012
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Bilanz eines ereignisreichen Jahres zieht das BBK
im Alten Stadthaus in Berlin. Dort sprechen Ralph
Tiesler, Vizepräsident des BBK, und Dr. Klaus-Georg
Meyer-Teschendorf, Referatsleiter für Zivil- und
Bevölkerungsschutz im Bundesministerium des
Innern, u. a. über die Folgen des Klimawandels für
den Bevölkerungsschutz, die Selbsthilfefähigkeit der
Bevölkerung und Ergebnisse der länderübergreifenden Krisenmanagementübung LÜKEX. Neben dem
BBK-Jahresbericht „Wir investieren in die Zukunft“
wird auch der Kinder-Beileger „Bevölkerungsschutz
für Jung und Alt“ präsentiert. Vor dem Alten Stadt-
52
ALLGEMEINES
haus haben Kinder die Möglichkeit, ein Quiz zur Ersten Hilfe zu beantworten und tolle Preise aus dem
„Max und Flocke Helferland“ zu gewinnen.
Juli
Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung und das BBK veröffentlichen eine gemeinsame Studie zur Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln. Untersucht wurden Gefährdungen und
Rahmenbedingungen des Ernährungssektors sowie
Aspekte des Risiko- und Krisenmanagements. Die
Studie ist als Band 9 in der BBK-Schriftenreihe
„Wissenschaftsforum“ erschienen. Das Ergebnis
zeigt: Die komplexen Produktions- und Logistikverfahren bei Lebensmitteln erfordern funktionsfähige Infrastrukturen. Hochtechnisierte Gesellschaften sind zwar stark, aber auch verletzlich. Das
gilt auch für die Lebensmittelversorgung. Außergewöhnliche biologische Bedrohungslagen, die die
Lebensmittelsicherheit, die Gesundheit der Bevölkerung und die innere Sicherheit gefährden, werden Übungsthema der LÜKEX 2013 sein.
August
Großes Jubiläumsfest: Sein zehnjähriges Bestehen
feiert der Förderverein des Kasseler Luftrettungszentrums Christoph 7 auf dem Gelände der Kasseler Messehallen. Zahlreiche interessierte Besucherinnen und Besucher nutzen die Gelegenheit, sich
über die Arbeit des am Roten Kreuz Krankenhaus
September: Im Rahmen einer Pressekonferenz in der Zivilschutzverbindungsstelle des BBK im Combined Air Operations Centre der
NATO in Kalkar (Niederrhein) wurden die bisherigen Ergebnisse
des MoWaS-Projektes der Öffentlichkeit vorgestellt. Seit 2006
arbeiten hier acht Mitarbeiter des BBK.
53
in Kassel stationierten orangen Lebensretters zu
informieren. Auch das BBK ist mit einem Messestand vertreten, an dem es u. a. über die bundeseigenen Zivilschutz-Hubschrauber (ZSH), die Medizinische Task Force sowie die Aufgaben des BBK
informiert. Den kleinen Besucherinnen und Besuchern präsentieren die BBK-Mitarbeiter das Internet-basierte Kinderangebot „Max und Flocke“.
Deutschlandweit stellt der Bund an 12 Luftrettungszentren 16 ZSH zur Verfügung. Die orangefarbenen Hubschrauber des Zivilschutzes sind Teil des
Ausstattungspotenzials, das der Bund den Ländern
für den Katastrophen- und Zivilschutzfall überlässt.
Das Luftrettungszentrum Christoph 7 verfügt über
einen sehr aktiven Förderverein, der mit den Spendengeldern direkt und zielgerichtet die Arbeit der
„Retter aus der Luft“ in dieser Region unterstützt.
Allein 25 Feuerwehren und 15 Hilfsorganisationen
sind Mitglieder des Vereins.
September
Gemeinsam mit dem Ministerium für Inneres und
Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen und
der Berufsfeuerwehr Köln stellt das BBK im Rahmen
einer Pressekonferenz die Entwicklung des Modularen Warnsystems (MoWaS) von Bund und Ländern
vor. MoWaS wird Medienvertreterinnen und -vertretern in der Zivilschutzverbindungsstelle Kalkar
präsentiert und anhand einer Praxisdemonstration
vorgeführt. Neben Radio oder Fernsehen soll das
Oktober: Extreme Wetterereignisse, wie die ungewöhnlich starken
Schneefälle im Münsterland 2005, trafen die Menschen völlig
unvorbereitet. Seinerzeit mussten 250.000 Münsterländer tagelang
ohne Strom auskommen. Im Rahmen einer Behördenallianz will
das BBK gemeinsam mit seinen Partnern daran arbeiten, Deutschland auf Extremereignisse besser vorzubereiten.
Jahresbericht 2012
Dezember: Die Forschungsergebnisse des 2009 gestarteten Projektes GRASB werden der Öffentlichkeit in Bonn vorgestellt. Im Rahmen des
Projektes haben das BBK und seine Partner gemeinsam mit Netzbetreibern Werkzeuge entwickelt, mit deren Hilfe man die Risiken in der
Stromversorgung erfassen und verringern kann.
neue System die Bevölkerung auch über Rauchwarnmelder, Mobiltelefone oder Internet alarmieren. Bis
Ende 2013 sollen alle Bundesländer an mindestens
zwei Standorten mit dem neuen System ausgestattet
werden. Die Kosten übernimmt der Bund.
Oktober
In einer Pressekonferenz stellen BBK, das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
(BBSR), der Deutsche Wetterdienst (DWD), das
Technische Hilfswerk (THW) sowie das Umweltbundesamt (UBA) ausgewählte Ergebnisse eines
gemeinsamen Forschungsprojektes vor. Die Studie untersucht extreme Wetterereignisse infolge
der Erderwärmung. Fazit: Vor allem Wetterphänomene mit dem größten Gefährdungs- und Schadenspotenzial werden bis 2100 zunehmen. Laut
den Berechnungen der Expertinnen und Experten
kann sich auch die Zahl der Sommertage mit mindestens 25 Grad Celsius bis zu diesem Zeitpunkt
verdoppeln. BBK-Präsident Christoph Unger betont,
dass die Menschen in Deutschland noch nicht
ausreichend für extreme Wetterlagen gewappnet
sind. Das BBK will deshalb gemeinsam mit seinen
Partnern daran arbeiten, Deutschland besser auf
Ex­tremereignisse vorzubereiten. Unmittelbar vor
der Pressekonferenz unterzeichnen Vertreterinnen
und Vertreter der beteiligten Behörden eine aktualisierte Vereinbarung über die weitere Kooperation
in der Behördenallianz, in der seit 2012 auch das
BBSR mit im Boot sitzt.
November
Das BBK bringt das Thema „Auswirkungen von
extremen Wetterereignissen“ auch auf die internaBundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
tionale Ebene. Experten aus Deutschlands Anrainerstaaten sind der Einladung des BBK gefolgt
und diskutieren gemeinsam mit Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern des BBK darüber, wie sich die
grenzüberschreitende Kommunikation zwischen
Deutschland und seinen angrenzenden Staaten
verbessern lässt. Ausgangspunkt der Diskussion:
Katastrophen können nicht nur technische Ursachen haben, sondern auch die Folge von durch den
Klimawandel bedingten Wetterextremen sein.
Dezember
Das Projekt „Szenarienorientierte Grundlagen und
innovative Methoden zur Reduzierung des Ausfallrisikos der Stromversorgung unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Bevölkerung“,
kurz GRASB, zielt darauf ab, das Risiko eines lang
anhaltenden großflächigen Stromausfalls zu reduzieren. Das BBK und seine Partner haben gemeinsam mit Netzbetreibern Werkzeuge entwickelt,
mit deren Hilfe man die Risiken in der Stromversorgung erfassen und verringern kann. Dadurch
sollen Ausfälle entweder gar nicht erst entstehen
oder deren Ausmaß verringert werden. Die Forschungsergebnisse des 2009 gestarteten Projektes werden der Öffentlichkeit in Bonn vorgestellt.
Besonderes Highlight auf der Veranstaltung ist eine
Podiumsdiskussion, an der u. a. Marc Elsberg, Autor
des Bestsellers „Blackout“, teilnimmt. Partner des
BBK bei GRASB: TÜV Rheinland Consulting GmbH
(TRC), Fachhochschule Köln (FH Köln), Wölfel Beratende Ingenieure (WBI) und weitere.
54
ALLGEMEINES
55
Broschüren und Flyer 2012
Praxis im Bevölkerungsschutz, Handbuch Band 9
„Ereignismanagement für
Straßentunnel – Empfehlungen für Betriebs- und
Einsatzdienste“
Bisher hat es hierzulande in
Straßentunneln keine gravierenden Ereignisse, also
Brandkatastrophen gegeben. Das Handbuch zum
Ereignismanagement möchte die in den Richtlinien
für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln (RABT) vorgesehenen Maßnahmen unterstützen und Empfehlungen für die verschiedenen
Phasen des Risiko- und Krisenmanagements geben.
Reihe WISSENSCHAFTSFORUM Band 9
„Schutz Kritischer Infrastrukturen – Studie zur
Versorgungssicherheit
mit Lebensmitteln“
Wenn die selbstverständlich gewordene Lebensmittelversorgung nicht
mehr in der gewohnten Weise erbracht wird oder
gänzlich ausfällt, drohen nachhaltige Konsequenzen für das staatliche Gemeinwesen bis hin zu
erheblichen Störungen der öffentlichen Sicherheit.
Diese Konstellation kennzeichnet Kritische Infrastrukturen. Die Land- und Ernährungswirtschaft
einschließlich des Lebensmittelhandels gehören zu
diesen Kritischen Infrastrukturen.
Praxis im Bevölkerungsschutz, Handbuch Band 10
„Hotline im Krisen- und
Katastrophenfall: Psychosozialer Gesprächsleitfaden“
Der Gesprächsleitfaden
dient mit seinen Hinweisen als Orientierung für das
telefonische Gespräch an
der Hotline im Krisenfall. Hotlinemitarbeiter haben
es mit Menschen zu tun, die aufgrund akuter situativer Umstände besorgt, beunruhigt oder verzweifelt
sind, mit Menschen, deren Alltag vorübergehend aus
den „Fugen geraten“ ist. Für die Gesprächsführung
ist dabei zu beachten, dass es den einen und einzig
richtigen Weg nicht gibt. Jeder Mensch, der an einer
Hotline arbeitet, wird bestimmte Aspekte in einem
Telefongespräch unterschiedlich gewichten und verschiedene „Techniken“ bevorzugt einsetzen.
Reihe WISSENSCHAFTSFORUM Band 10
„Katastrophenorganisa­
tionsrecht – Prinzipien der
rechtlichen Organisation
des Katastrophenschutzes“
Band 10 widmet sich den
grundlegenden rechtlichen Fragen des Katastrophenschutzes und der Katastrophenhilfe. Der Autor
untersucht in seiner juristischen Dissertation, welche Prinzipien das im Katastrophenfall zur Anwendung kommende Katastrophenorganisationsrecht
der Länder und des Bundes prägen. Hierbei werden
umfassend u. a. die Rechtsprinzipien der Dezentralisation, Subordination, Kooperation und Redundanz herausgearbeitet.
Jahresbericht 2012
Reihe WISSENSCHAFTSFORUM Band 11
„Schutzkonzepte Kritischer
Infrastrukturen im Bevölkerungsschutz – Ziele,
Zielgruppen, Bestandteile
und Umsetzung im BBK“
Kritische Infrastrukturen
bilden die Grundlage für
die Funktionsfähigkeit moderner Gesellschaften.
Deren Schädigung kann zum Verlust von Menschenleben, zur Beeinträchtigung der physischen
und psychischen Gesundheit von Menschen, zur
Schädigung des Wirtschaftssystems, zur Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung sowie zur
Schädigung der Umwelt führen. Die Verantwortung für den sicheren Betrieb Kritischer Infrastrukturen liegt bei deren privaten und öffentlichen
Betreibern. Der Staat übernimmt die Gewährleistungsverantwortung und schafft in dieser Funktion Rahmenbedingungen, die den Schutz Kritischer Infrastrukturen generell sicherstellen.
Flyer – Leistungspotenziale
im Bevölkerungsschutz
„Ausbildung beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)“
Ein vielseitiges Aufgabenfeld und gute Arbeitsbedingungen machen das
BBK für Schulabgänger attraktiv. In relativ kleinen
Organisationseinheiten ist Teamarbeit gefragt, und
die Auszubildenden werden in die betrieblichen
Abläufe eingebunden.
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Flyer – Leistungspotenziale im Bevölkerungsschutz
„Empfehlungen für den
Umgang mit belastenden
Ereignissen“
Außergewöhnliche belastende Ereignisse wie
Unfälle, Gewalttaten oder
Katastrophen rufen bei
vielen Menschen vorübergehend starke Reaktionen
und Gefühle hervor. Davon können auch Augenzeugen und Helfer betroffen sein. Der Flyer gibt
Informationen, die in dieser Situation wichtig und
hilfreich sein können. Sprachen: deutsch, englisch,
französisch, portugiesisch, spanisch.
Flyer – Leistungspotenziale im Bevölkerungsschutz
„Die Medizinische Task
Force des Bundes (MTF)“
Ausgehend von der neuen
Strategie von Bund und
Ländern zum Schutz der
Zivilbevölkerung hat der
Bund ein Konzept für die
Medizinische Task Force (MTF) entwickelt. 61 dieser
MTF-Einheiten werden bundesweit aufgestellt.
Geschichtenheft „Bevölkerungsschutz für Jung und
Alt mit Max & Flocke“
Anhand von Geschichten
und Rätseln rund um Max
& Flocke, unseren Protagonisten der Kinder-Internetseite www.max-undflocke-helferland.de, soll die Selbsthilfefähigkeit der
Kinder im Alter von 7–12 Jahren gestärkt werden.
56
ALLGEMEINES
57
Mehr Aufgaben,
weniger Personal
Einsparung von Stellen stellt BBK vor große Herausforderungen
Das BBK sieht sich auch in den kommenden Jahren
mit weiteren Stelleneinsparungen konfrontiert.
Erschwerend kommt hinzu, dass von den heute verfügbaren Planstellen (Beamte) und Stellen (Tarifbeschäftigte) insgesamt 20 mit Haushaltsvermerken
belastet sind. Diese Stellen fallen weg, sobald eine
Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter aus dem Dienst
ausscheidet. „Unsere Aufgaben haben weiter zugenommen, parallel dazu nimmt das Personal ab. Die
Konsequenz ist, dass jeder Einzelne mehr Aufgaben
zu bewältigen hat. Gerade vor dem Hintergrund des
demografischen Wandels stellt diese Entwicklung
zukünftig sicherlich die größte Herausforderung
für das BBK dar“, sagt Werner Söntgen, Verwaltungsleiter im BBK.
2012 verfügte das BBK nur noch über rund 267
Planstellen und Stellen. Der ursprüngliche Per­
sonalbedarf der Fachbehörde war für das Haushaltsjahr 2006 demgegenüber mit einem Umfang
von 367 Planstellen und Stellen ermittelt worden.
Die bisherige und zukünftige Entwicklung der
personellen Ressourcen der Behörde stellt sich wie
folgt dar:
„Um die personellen Herausforderungen zu meistern, ist es wichtig“, so Söntgen, „Prozesse noch
schlanker und effektiver zu gestalten“. Genau das
wird aktuell im Rahmen einer Organisationsuntersuchung getan, die die Geschäftsprozesse im BBK
erhebt, analysiert und bewertet. Das BBK ist sehr
darum bemüht, zumindest den aktuellen Personalbestand zu sichern und bei künftigen neuen Aufgaben zu erhöhen.
Beruf und Familie sollen besser miteinander
vereinbart werden
Besonders stolz ist das BBK darauf,
dass am 30.08.2012 das Zertifikat
der Behörde zum audit berufundfamilie bestätigt wurde. Auch wenn
bereits ein breites Angebot an familienfreundlichen
Maßnahmen besteht, hatte sich das BBK 2012 zu
einer Re-Auditierung entschieden. Dadurch sollen Beruf und Familie weiterhin besser miteinander vereinbart werden. Um dies zu gewährleisten,
haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den
unterschiedlichsten Arbeitsbereichen mit ebenso
unterschiedlichen familiären Hintergründen eine
neue Zielvereinbarung erarbeitet. Auf deren Basis
sollen in den folgenden Jahren die Angebote zur
Vereinbarkeit von Beruf und Familie kontinuierlich
verbessert und ausgebaut werden.
Finanziell im Fokus: Fahrzeuge für den
Bevölkerungsschutz und AKNZ-Neubau
Im finanziellen Bereich besteht für die BBK-Verwaltung vor allem eine Herausforderung darin,
Haushaltsmittel für das Ausstattungskonzept von
Fahrzeugen für den Bevölkerungsschutz sicherzustellen. Außerdem gilt es, die finanzielle Grundlage
und bautechnische Begleitung für den notwendigen Neubau eines Kantinen- und Konferenzgebäudes an der BBK-eigenen Akademie für Krisenma­
nagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ)
zu schaffen.
Gegenüber den 105 Mio. Euro im Haushaltsjahr
2011 verringerte sich der Etat des BBK 2012 auf
102,7 Mio. Euro. Auch in diesem Jahr wurden die
Haushaltsmittel zu mehr als 50 % dazu verwendet,
das neue Ausstattungskonzept des Bundes umzusetzen. Dieses konzentriert sich auf Spezialfähigkeiten für besondere Gefahrenlagen wie z. B. die
Bewältigung eines Massenanfalls von Verletzten.
Hierzu beschafft das BBK u. a. Gerätewagen Sanität,
Mannschaftstransportwagen und Löschfahrzeuge.
In Friedenszeiten nutzen die Länder die vom Bund
ergänzend zur Verfügung gestellten Einsatzfahrzeuge für den Katastrophenschutz. Von den Haushaltsmitteln wurden außerdem die Bundesfahrzeuge an den jeweiligen Standorten in den Ländern
untergebracht sowie Helferinnen und Helfer im
Katastrophenschutz ausgebildet.
Weitere Ausgaben entfielen vor allem auf die AKNZ
sowie die Forschung.
Jahresbericht 2012
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Von den insgesamt dem BBK zur Verfügung stehenden Mitteln im Haushaltsjahr 2012 entfielen auf:
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Impressum
Wir wachsen mit den Herausforderungen
Jahresbericht des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz
und Katastrophenhilfe (BBK) 2012
©Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
(BBK), Provinzialstraße 93, 53127 Bonn
Konzept und Gestaltung
Mike Communications, Köln
Druck
medienHaus Plump GmbH, Rheinbreitbach
Urheberrechte
Das Copyright für Texte und Bilder liegt beim Bundesamt
für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), soweit
nicht anders ausgewiesen.
Bildnachweis
Detlef Schieberle (Titel); Seite 6 BMI/Hans-Joachim M. Rickel;
Seite 11 Klaus Leidorf/Corbis; Seite 12 Martin Spangenberg,
BBSR; Seite 15 Corinna Hölzer/pixelio.de; Seite 23 BaderButowski/Westend61/Corbis; Seite 31 Matthias Kulka/Corbis;
Seite 34 © Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt;
Seite 36 © Europäische Kommission; Seite 43 Dave Bartruff/
Genesis Photos, (415) 254-0180/Corbis; Seite 47 BMI/HansJoachim M. Rickel, alle anderen Abbildungen stammen aus
dem Archiv des BBK.
Stand/Auflage
April 2013/3.000
Jahresbericht 2012
www.bbk.bund.de