Mai 2007 · Nummer 24 Fanfare im Frühjahr »Messe der Herzen«
Transcription
Mai 2007 · Nummer 24 Fanfare im Frühjahr »Messe der Herzen«
Mai 2007 · Nummer 24 Leipziger Bücherbrief Medien-Messe: Mehr als 2600 Print-, Hörfunk- und Fernsehjournalisten sorgen für Orientierung in der Flut der Neuerscheinungen »Messe der Herzen« Die Buchmesse 2007 im Spiegel der Presse H1 H2 H3 H1 Design-Trends: Mehr als ein Dutzend Hochschulen präsentieren ihre Kollektionen im Rahmen der buch + art H2 Manga-Mädchen: Zeichnerinnen wie Hinako Takanaga aus Japan genießen bei den Comic-Fans Kult-Status H3 Menschen, Tiere, Sensationen: Beim Streifzug durch die Hallen ist Kondition gefragt Einmal mehr hat sich die Leipziger Buchmesse als Kontaktbörse für all jene erwiesen, die sich mit dem Transport der Literatur zum Publikum beschäftigen. Hochkarätig besetzte Veranstaltungen wie die Symposien der Deutschen Literaturkonferenz oder des Arbeitskreises für Jugendliteratur (AKJ) haben Tradition; die Verleihung des BuchMarkt-Awards oder des Alfred-Kerr-Preises für Literaturkritik helfen, die Netzwerke der Profis enger zu knüpfen. So leicht kann Branchenkommunikation sein: Spontan, direkt und ohne lästigen Terminkalender. Bücher machen Leute: Durchs Congress Center Leipzig, wo zum Auftakt der Messewoche noch 3 000 Bibliothekare und Informationsspezialisten über den freien, fairen und gleichberechtigten Zugang zu Information und Wissen beraten hatten, schob sich Tage später der Karneval der Cosplayer – schrill kostümierte MangaFans, die vor Handykameras posierten und sich die Neuerscheinungen aus Fernost aus den Händen rissen. Für manchen Fachbesucher, der im gedeckten Business-Anzug zur BAG-Mitgliederversammlung eilte, eine schwer zugängliche Parallelwelt. Doch wer genauer hinsah, begegnete vielen Schwertkämpfern und Unterweltfürstinnen in den Cartoon- und Manga-Schmökerecken wieder, still über Hefte und Bücher gebeugt. Nicht nur im boomenden Comic-Segment der Messe öffnen sich mehr und mehr Verlage den medial vorgeprägten Erlebniswelten von Kids und Teenagern. Mehr als 320 Lesungen, Aktionen und Workshops kämpften um die Gunst des jungen Publikums. Rappelvoll war es überall – ob beim Linolschnitt-Drucken mit den Leipziger Buchkindern, in den Lesebuden oder vorm »Podium jüngster Autoren«. Sinnvoll abgerundet wurde Deutschlands wichtigstes Forum für Kinder- und Jugendliteratur durch das neu konzipierte Bildungs-Programm der Messe, das neben dem KitaSymposion des Didacta Verbands mit mehr als 160 Veranstaltungen für Lehrer, Erzieher und interessierte Eltern aufwartete. Lesen, die Forschung weiß es längst, lernt man durch Lesen: Um nicht nur die Gemeinde der früh geförderten Leseratten unterm Glashallendach zu erreichen, braucht es einen langen Atem. Die junge Entdeckermesse an der Pleiße hebt das heiß diskutierte Thema mutig aufs Schild: Leipzig liest. Leipzig hört. Und Leipzig bildet. Leipzig war in diesem Jahr eine Wintermesse der Erwartung, eine Messe der Prediger, der Glückssucher und Glücksfinder, der unmäßigen Anklage, der Selbstherrlichkeit und der Bescheidenheit. Eine Messe wie die Literatur, die sie feiern will, ein Ort der tagesschweren Geistesverdichtung und der nächtlich-leichten Geistesverneblung wie jedes Jahr im März. Volker Weidermann, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Leipzig bietet Verlagen ein sehr direktes Feedback … In Sachsen sehen sich Lieblingsautoren ganz unverstellt ihrem Lesepublikum gegenüber. Was vor allem für ambitionierte junge Häuser unschätzbar ist. Alexander Kluy, Der Standard Um Verträge im nationalen Rahmen zu schließen, braucht es keine Messe. Um Bücher zu entwerfen und auf den Weg zu bringen aber schon: da ist Leipzig eine einzigartige Kontaktbörse. Christian Eger, Mitteldeutsche Zeitung Sie hat dutzendweise Bestseller auf Tasche – und ist selber einer: die Buchmesse. Bild Leipzig Der Literaturbetrieb ist eine Kuschelbranche und die Fahrt nach Leipzig der jährliche Klassenausflug im Frühjahrssemester. Jana Hensel, Welt am Sonntag Leipzig ist die Messe der Herzen. Aber auch das wirtschaftliche Fundament der Messe konsolidiert sich seit Jahren: Gehen etwa bei der Cebit die Besucherzahlen zurück, so steigen sie in Leipzig kontinuierlich. Ijoma Mangold, Süddeutsche Zeitung Mag sein, dass die Werbebroschüren bei Automessen von sprachlicher Ausdruckskraft glänzen, mag sein, dass auf Beautymessen die Metaphern blühen. Das Kunstwerk Literatur, die Welt in einem Satz, der Hauch Poesie, das ist nur auf einer Büchermesse zu finden. Das macht Leipzigs Attraktivität aus. Karin Großmann, Sächsische Zeitung Raus aus dem Elfenbeinturm, rein ins Getümmel: Die Leipziger Buchmesse hat ihr Image als Publikumsmagnet ein weiteres Mal untermauert. Buchreport Die Leipziger Buchmesse ist dabei, ihr eigenes Immergleiches auszubilden. Dazu gehören Scharen von jungen Besuchern dank Hörbuch- und Comic-Zentren, pilgernde Schulklassen und phantasievoll kostümierte Manga-Fans, eine große Nähe von Autoren und Lesern, Flächenwachstum Jahr für Jahr, auch mehr Aussteller und mehr Lesungen. Joachim Güntner, Neue Zürcher Zeitung Den Reigen der jungen Besucher eröffnen die Babys von Besuchern wie von Ausstellern, die im Kinderwagen über die Messe geschoben werden. In ruhigeren Ecken lassen junge Väter den Nachwuchs auf der Matte strampeln – früh übt sich, wer später mal den Vorlesewettbewerb gewinnen will. Stefan Hauck, Börsenblatt Lesespaß bedeutet in Leipzig nicht nur Schmökern, sondern das vergnügliche Einbetten der ausgedachten in die wirkliche Welt. Christian Geinitz, Frankfurter Allgemeine Zeitung Hörbuch-Erotikboxen mit Badeherzen, MP3-Stationen und Crashkurse für den Buchhandel: Leipzig liefert Geschäftsideen – und jede Menge Ohrenschmaus. Stefan Hauck, Börsenblatt Martin Walser legt Wert darauf, seinen 80. Geburtstag in Leipzig zu verleben. Er weiß, wo Flair und Ambiente stimmen – und Bücher zu Hause sind! Bernd Hilder, Leipziger Volkszeitung Dass auf der Leipziger Buchmesse noch geraucht werden darf, wird man erst bemerkenswert finden, wenn es verboten ist. Vermutlich schon nächstes Jahr. Christof Meueler, Junge Welt Für all jene, die nachts nicht schlafen können, weil sie um die Zukunft des Buches bangen, ist die Leipziger Messe Balsam für ihre furchtsamen Seelen. Ijoma Mangold, Süddeutsche Zeitung Liebe Leserinnen und Leser, obwohl kluge Köpfe heutzutage von einer gern bis ins dritte Lebensjahrzehnt hineinreichenden Adoleszenzphase sprechen, dürfen Eltern doch hoffen, dass ihre Sprösslinge mit 17 aus dem Gröbsten heraus sind. Die Kleinen sind flügge, fast volljährig, und müssen sich im stürmischen Leben behaupten. Auch aus unserem Kind, der 1991 neu gestarteten Leipziger Buchmesse, ist ein verantwortungsbewusster Teenager geworden, der im März sogar ein Jubiläum feiern konnte: Das zehnte Jahr auf dem neuen Messegelände! Wir sind nicht nur älter geworden. Wir konnten kontinuierlich wertvolle Erfahrungen sammeln und zum Gelingen der Messe fruchtbar machen. Unser überarbeitetes Logistikkonzept hat Ihnen mehr Raum für Arbeit und Event gegeben. Der Anspruch: Leipzig als Bühne für den Bücherfrühling auszubauen und unverzichtbares Forum für die Profis der Branche zu bleiben. Dass dies funktioniert, zeigt das gewachsene Interesse literarischer Agenten. Oder der Fachkongress, der im Vorfeld der Messe bereits zum dritten Mal annähernd 3000 Bibliothekare und Informationsspezialisten aus ganz Deutschland zusammenführte. Fortsetzung folgt – im März 2010. Fanfare im Frühjahr Die Leipziger Buchmesse 2007 auf einen Blick p 2 348 Aussteller aus 36 Ländern auf 63 000 qm p 127500 Besucher auf dem neuen Messegelände, davon 33 150 Fachbesucher p 1900 Veranstaltungen und rund 1500 Autoren im Rahmen Leipzig präsentierte sich einmal mehr als junge, als Entdeckermesse: Neue unabhängige Verlage, viel versprechende Autoren, gut ausgebildeter Branchen-Nachwuchs, der auf seine Chance wartet. Um die Zukunft der Bücher muss uns nicht bang sein! Und die Leser von morgen? Der große Zuspruch von Lehrern, Erziehern und Eltern bestärkt uns, das Thema Bildung in Familie, Kindergarten und Schule in den kommenden Jahren noch stärker ins Rampenlicht zu rücken. Sie wissen ja: Rekorde sind schön, aber nicht alles. Auch künftig werden wir uns deshalb auf Inhalte konzentrieren, die für Ihr Geschäft relevant sind – oder es werden könnten. Eine Messe, randvoll mit neuen Eindrücken und spannenden Begegnungen, liegt hinter uns. Lassen Sie uns, längst zurück im Tagesgeschäft, noch einmal innehalten: Dieser »Bücherbrief« wirft einen Blick zurück auf große und kleine Höhepunkte der vier Märztage. Vielleicht entdecken Sie einen Ihrer magischen Messe-Momente wieder? Bei der kreativen Umsetzung der in Leipzig gewonnenen Anregungen wünsche ich Ihnen viel Erfolg und langen Atem! p p des größten europäischen Lesefests »Leipzig liest« in über 50 Veranstaltungsforen und im Congress Center Leipzig der Leipziger Messe sowie an 300 Spielstätten in der Stadt 2600 akkreditierte Journalisten aus 28 Ländern 3. Leipziger Kongress für Information und Bibliothek mit über 3 000 Teilnehmern Fachbesucherstruktur Anreiseweg der Besucher Ihr Oliver Zille Direktor der Leipziger Buchmesse davon Buchhändler Gesamtbesucherzahl 6.681 127.500 über 200 km 26,2 % bis 200 km 29,6 % bis 100 km 27,8 % aus Leipzig 16,4 % bis 20 Jahre 38,0 % 20 bis 40 Jahre 38,4 % 41 bis 60 Jahre 19,3 % 13. –16. 03. 2008, 12. –15. 03. 2009 Projektteam Leipziger Buchmesse über 60 Jahre Leipziger Messe GmbH Postfach 10 07 20, 04007 Leipzig I www.leipziger-buchmesse.de 33.150 Die nächsten Leipziger Buchmessen Altersstruktur der Besucher Herausgeber Fachbesucher Direktor: Oliver Zille g +49(0)341.6788241 k +49(0)341.6788242 i [email protected] Redaktion: Susanne Tenzler-Heusler g +49(0)341.6788184 k +49(0)341.6788182 i [email protected] www.leipziger-buchmesse.de Besucherstatistik 2007 4,3 % H1 H1 H1 H1 H2 H2 H3 H 1 Gruppenbild mit Dame: Saul Friedländer, Swetlana Geier und Ingo Schulze, frisch gekürte Träger des Preises der Leipziger Buchmesse H 2 Gelassener Jubilar: Martin Walser und Gratulant Martin Lüdke im Schauspielhaus H 3 Darf's ein Wort mehr sein? Auch in der Metzgerei wird gelesen Wohnzimmer der Bücherwelt Im zehnten Jahr auf dem neuen Messegelände zeigte sich die Branche bestens aufgelegt – und feierte ihr Bücherfest so entspannt wie selten. Ob Events oder Tagesgeschäft, lautes Trommeln oder leise Töne – als unverkrampfter Ort der Begegnung mit den Lesern ist Leipzig jeder Konkurrenz um eine Buchlänge voraus. Neue Wege: Dort, wo heute eine große Parfümerie mit ihren Düften lockt, ging es bis 1997 per Fahrstuhl in die Welt der Bücher. Empfangen wurde man von einer netten Dame in Dunkelblau, die Knöpfe drückte und stereotyp die Stockwerke verkündete. Jenseits der Kabinentür: Warme, verbrauchte Luft. Leipzig liest, Leipzig niest, Leipzig drängelt: Schulter an Schulter, immer auf dem Gang lang, der das 1963 eröffnete Messehaus am Markt auf fünf Etagen durchzog. Als die Buchmesse 1998 ihr Biotop in der City mit der gläsernen Weite vor den Toren der Stadt eintauschte, war der Chor der Umzugsvisionäre noch vom Zähneknirschen der Skeptiker durchsetzt: Was würde nun kommen? Das Literatur-Raumschiff auf der grünen Wiese? Eine Schöner-größer-teurer-Konkurrenz der Aussteller? Nichts von alledem. Dass man selbstbewusst neue Wege beschreiten kann, ohne Bewährtes aufzugeben, hat Leipzig in den vergangenen zehn Jahren bewiesen. Die Messe ist erwachsen geworden, hat ihre Mitte gefunden. Schlaraffenland der Literatur: Fast wäre das Frühjahrs- fest der Bücher im Schnee versunken. Zum Start am Donnerstag trugen die Autos auf den Messe-Parkplätzen weiße Mützchen, von der Glashallenkuppel tröpfelte es. Der Stimmung im Treibhaus der Literatur tat das keinen Abbruch. Gespannte Erwartungen, Geheimtipps: Wer würde den Preis der Leipziger Buchmesse diesmal bekommen? Die Jury votierte für Ingo Schulze, der vor zwölf Monaten für seinen großen Roman »Neue Leben« noch leer ausgegangen war und den Lieben daheim die frohe Botschaft nun mit dem Mobiltelefon der Verlegerin durchgab – sein Handy war verschwunden. Ausgezeichnet wurden der 1932 in Prag geborene Saul Friedländer (»Die Jahre der Vernichtung«) und mit Swetlana Geier (Jahrgang 1923) das Lebenswerk einer Grande Dame der Übersetzerzunft. Ja, sie war mit Händen zu greifen, die Präsenz der Hochbetagten: Während die beiden Achtzigjährigen dieses Literaturjahres, Walser und Grass, ihren Zeitgenossen die Leviten lasen, setzte der 103-jährige Johannes Heesters den vielen H3 H1 Wilde im Gewölbe: Silke Scheuermann zieht das Publikum bei der Langen Lesenacht in Bann H2 Im Schein der Leselampe: Einst war die Deutsche Bücherei Lieblingsort des Studenten Christoph Hein, nun lauschen dem Autor dort Hunderte H3 Genuß für alle Sinne: Slowenien lockt mit Literatur, Wein und bodenständiger Kulinarik Rekordmarken der Messe eine weitere hinzu. Literatur hält jung – so sahen es die Leipziger und ihre Gäste, die abends zu Tausenden in die hell erleuchteten Buchhandlungen, Kneipen, Galerien und Bars der Innenstadt pilgerten. Für vier Tage waren alle Leser. Ab Mitternacht wurde gefeiert. Mal laut mal gediegen, an mindestens 50 Orten gleichzeitig: Mit Rowohlt im kühlen KPMG-Gebäude, mit der KiWi-Pop-Fraktion im alten Volkspalast, mit Insel in einer noblen Gründerzeit-Beletage. Die Spuren der langen Leipziger Nächte ließen sich anderntags lässig hinter dunklen Brillengläsern verbergen: Da schien überm Schlaraffenland der Literatur bereits wieder die Sonne. Entdeckungen im Wörterhallraum: Die Enkel von Grass & Co. eroberten die Bühnen der Moritzbastei im Sturm. Die Lange Leipziger Lesenacht, diesmal mit mehr als 40 Autoren, hat sich zum Messe-Standard und spannenden Defilé des deutschen Dichter-Nachwuchses gemausert. Erstaunlich genug: Trotz knapp 1000 Gästen und Auftritten im Akkord stellte sich in den alten Gewölben jene Konzentration ein, die das gedruckte Wort braucht. Nicht wenige der »Jungen Wilden« haben ihr Debüt bei einem jener Independents herausgebracht, die sich im coolen Ambiente der Leseinsel junger Verlage gemeinsam präsentierten – diesmal sogar mit eigener Messe-Zeitung. Egal, ob an der Leseinsel, am AkV-Gemeinschaftsstand oder in der eigenen, handtuchgroßen Koje irgendwo im Hallentrubel – die Davids der Branche nutzten Leipzig für wechselseitige Befeuerung und Austausch. In all ihrer Vielfalt können sie nur wirken und glänzen, wenn sie miteinander und durcheinander fordern, fördern, entdecken und widerhallen: Wie gut das auf der Messe funktioniert, zeigte sich einmal mehr, als im aus allen Nähten platzenden Berliner Zimmer der Kurt-Wolff-Preis vergeben wurde. Begann nicht auch Stroemfeld-Verleger KD Wolff, der nun mit Urs Engeler Rotkäppchen-Sekt köpfte, einst unterm Signet des roten Sterns als »junger Wilder«? Wem von all den klugen Worten der Kopf schwirrte, konnte sich an den phantasievoll dekorierten Ständen junger, trendbewußter Grafik-Designer und Kunsthochschulen im Ausstellungsbereich buch + art Augenfutter holen. Oder, gleich nebenan, aus dem üppigen Angebot von 86 Händlern der 13. Leipziger Antiquariatsmesse auswählen. Hier durften Jäger und Sammler die Objekte ihrer Begierde gleich vom Fleck weg kaufen – zur Freude der Antiquare aus zehn Ländern, bei denen die Kassen klingelten. H2 H3 H1 Gespräch ohne Sprachgrenzen: Der italienische Autor Antonio Moresco im Dialog mit der Kritikerin Maike Albath H2 Stars zum Anfassen: Louis Begley, einer der Großen der amerikanischen Literatur, hat seinen neuen Roman im Reisegepäck H3 Märchenerzähler: Rufus Beck erobert die Herzen seiner kleinen Zuhörer im Sturm Unterwegs nach Europa : Unter dem Slogan »die dichteste Dichtung pro m2 « stapelten sich ikeabunte Holzbretter zu luftigen Trennwänden und Bücherregalen. Slowenien, die kleine Republik zwischen Alpen und Adria, deren Zwei-Euro-Münzen nicht das Porträt eines Politikers oder Generals, sondern einen Schriftsteller zeigen, baute den schönsten Stand der Messe. Und begriff sich gleichermaßen als Gast und Gastgeber mit Charme. Zur Eröffnung kredenzten die Slowenen Rotwein, während der Klagenfurter Verleger Lojze Wieser Scheiben von einem riesigen Prosciutto-crudo säbelte: »Mit Speck fängt man Mäuse.« Dass sich der Dialog mit den Literaturen Mittel- und Osteuropas nicht auf folkloristische Gusto-Häppchen beschränkt, sondern ein komplexes, auf Langzeitwirkung angelegtes Projekt ist, zeigte bereits die Vergabe des Buchpreises zur europäischen Verständigung am Eröffnungsabend: Mit Michail Ryklin und Gerd Koenen wurden zwei Männer geehrt, die mit harscher Kritik am gegenwärtigen Russland nicht sparten. Tagespolitische Signale, denen man in den vier Messetagen allerorten begegnen konnte: Als die Schauspielerin Iris Berben aus dem Tagebuch der ermordeten Journalistin Anna Politkovskaja las, konnte man in der vollbesetzten Kirche am Tröndlinring eine Stecknadel zu Boden fallen hören. Und wäh- rend sich das größer gewordene Europa in Berlin mit einem OpenAir-Spektakel, Joe Cocker und Gianna Nanini feierte, suchte man beim Autorenspecial der Buchmesse nach Visionen für ein Europa jenseits der Sonntagsreden. Etwas geht zu Ende. Etwas Neues beginnt. Literatur als Zeitgeschichtsschreibung – Leipzig bewies sich dafür einmal mehr als ausgezeichneter Ort. Netzwerke der Profis: Als Ingo Schulze den Preis der Leipziger Buchmesse endlich in Händen hielt, freute sich ein Mann mit randloser Brille und schwarzem Rollkragenpullover ganz besonders. Der Ägypter Samir Grees ist mit dem Berliner Autor befreundet, hat dessen »Simple Storys« ins Arabische übersetzt – und kommt in einer Geschichte des preisgekrönten neuen Erzählbands ganz leibhaftig vor. Dass sich die beiden ausgerechnet in Leipzig in die Arme schließen konnten, verdankten sie dem bislang größten Treffen von Übersetzern deutschsprachiger Literatur. Das Literarische Colloquium Berlin (LCB) ermöglichte 62 Übersetzern aus 33 Ländern den intensiven Kontakt mit Autoren, Verlegern und Kritikern. »Als Übersetzer hat man einen einsamen Job«, sagt Grees. »Sich hier über Texte, Markt- und Lizenzprobleme austauschen zu können, ist wunderbar!«