reportage - Arnold-Janssen
Transcription
reportage - Arnold-Janssen
C REPORTAGE 34 Probedruck M Y CM MY CY CMY K C M Y CM MY CY CMY K REPORTAGE Das Klosterdorf Steyl Steyl ist zum Synonym für die Ordensfamilie Arnold Janssens geworden – ein „Global Player“, der weit über die Grenzen der Region hinaus wirkt. Ein Besuch an der Maas führt zum Ursprung und in die Gegenwart. Von Maria Luft B reit dahin fließende Flüsse wie die Maas haben etwas Beruhigendes, Kontemplatives. Stundenlang könnte man den Schleppern auf ihrem Weg nach Rotterdam mit den Augen folgen, bis sie in der nächsten Flussbiegung aus dem Blick geraten. Mit der Fähre von Baarlo aus nähern sich Familien mit Fahrrädern und andere Reisende gemächlich dem Klosterdorf, das sich mit Kirche und Missionshaus direkt am anderen Ufer erhebt. Die Hochwassermarken von 1926, 1993 und 1995 an den Mauern sprechen eine deutlichfeuchte Sprache. Jetzt im Sommer ist es ein sanftes Ankommen, grün gepolstert durch das Laub der Bäume, die gerade noch Platz finden zwischen Maas und dem einzigartigen, denkmalgeschützten Klosterdorf-Ensemble. Schon von weitem leuchtet überlebensgroß im Giebel zwischen den beiden dunklen Kirchtürmen die weiße Statue des Erzengels Michael. Im wässerigen Spiegelbild nimmt die Maas dem Kirchengebäude das Spitze, mildert das stürmische Nach-obenStreben, die Strenge der Michaelskirche. Im Winter muss der Eindruck der Klostergebäude noch stärker sein, ernster – ein bisschen wie Krankenhäuser oder Schulen, die vielerorts im 19. Jahrhundert entstanden. Im verschlafenen Steyl an der Maas wurden damals per Schiff Mergel, Kalk und Steinkohle aus Lüttich, Salz und Fisch aus Holland gehandelt. Mit der Einführung der Eisenbahn war das vorbei. Doch dem 300 Einwohner-Dorf mit sechzig ärmlichen Häusern, ein paar vornehmen Villen, Kirche und Schule standen riesige Veränderungen bevor, als der gebürtige Gocher Arnold Blick über die Maas auf das Klosterdorf Steyl 35 Probedruck C M Y CM MY CY CMY K REPORTAGE Arnold Janssen, Gründer des weltweit wirkenden Steyler Missionswerkes. Der Sarkophag mit den Gebeinen des Heiligen steht in der Unterkirche des Missionshauses Sankt Michael in Steyl. Probedruck Janssen 1875 nach Steyl kam. Hier entstand das Klosterdorf, das heute zur Gemeinde Venlo-Tegelen gleich hinter der deutsch-niederländischen Grenze gehört. Es ist Arnold Janssens Werk – und das zahlloser Brüder und Schwestern der drei Kongregationen, die er ins Leben rief. Eine Stadt für sich, ein Monument des 19. Jahrhunderts, in dem der Geist Arnold Janssens allgegenwärtig ist. Alles atmet Atmosphäre im „kleinen Vatikan von Limburg“ – wie Steyl in der niederländischen Diözese Roermond auch genannt wird. Am anderen Maasufer im Klosterdorf angekommen, entschließen sich die „Fietser“, zuerst ihre Räder abzustellen. Die anderen steuern ohne Umwege auf die neugotische Kirche St. Michael zu (1881-84). Schließlich sind sie hierher gekommen, weil in der Unterkirche der Sarkophag mit den Gebeinen des heiligen Arnold Janssen steht. Auf dem Deckel des von Will Horsten aus Kevelaer gestalteten Sarkophags findet man Arnold Janssens Namen, Lebensdaten (1837-1909) und die drei Titel, die ihm die Steyler Ordensfamilie gegeben hat: PATER DUX FUNDATOR – Vater, Führer, Gründer. Der Sarkophag ruht auf drei Stützpunkten. Aus ihnen wachsen Pflanzen, die für die drei Kongregationen stehen, die auf Arnold Janssen zurückgehen: Die Steyler Missionare entstanden 1875. 1889 kamen die Steyler Missionsschwestern hinzu, aus denen 1896 die Anbetungsschwestern hervorgingen. Mitgründerinnen der Frauenorden waren Helena Stollenwerk und Hendrina Stenmanns sowie Adolphine Tönnies. Hier vor dem flammenden Glasfenster in der Steyler Unterkirche zwischen Blumenschmuck und Kerzen versammelten sich nach der Heiligsprechung Arnold Janssens in Rom die Steyler Brüder und Schwestern am Grab ihres Gründers. Jetzt sitzen in den Kirchenbänken vor dem Sarkophag Steyler Bürger, Touristen, Gäste und Klosterdorfbewohner. Für Pa- C M Y CM MY CY CMY K REPORTAGE ter Bernd Werle, Provinzial der Deutschen Provinz der Steyler Missionare, ist es „ein Berühren der Inspiration“, wenn er hier steht und „den Sarkophag streichelt“: „Ich komme in Berührung mit den Anfängen der Gesellschaft, mit der Faszination, die von Arnold Janssen ausgeht“, sagt Pater Werle. Dem gebürtigen Saarländer, Missionstheologen mit neun Jahren Missionserfahrung in Togo, ist bewusst, wie wichtig Steyl als Mutterhaus und Gründungsort der Steyler Orden emotional für die gesamte Ordensfamilie ist. „Auf die Spur gebracht“ haben ihn als nüchternen, aufgeklärten Deutschen die nicht-europäischen Mitbrüder: Nach vielen Jahren als Steyler Missionare kommen Asiaten oder Afrikaner oft zum ersten Mal hierher – zu Herzen gehende Besuche, die die Steyler Identität festigen und neue Kräfte freisetzen. Aber auch andere Orte in Steyl sind Pater Werle wichtig: das Arbeitszimmer Arnold Janssens im Missionshaus, das Sterbezimmer im Kloster St. Gregor. „Ich liebe die Oberkirche“, gesteht Bernd Werle. Die Kirche ist nur vom Missionshaus aus zugänglich. In buntem Glas leuchten Heilige aus aller Welt in den Fenstern, deren Fürsprache für die Kontinente erbeten wird: „Orate pro Asia, orate pro Africa…“. Die Sonne fällt durch die Heiligengewänder, lässt die Lichtflecke in gelb und grün, violett und rot auf den Kirchenbänken und Fliesen tanzen. Wirkungsvoll füllt den hohen neogotischen Raum bei feierlichen Anlässen die Klais-Orgel von 1930. „Es ist einfach schön, hier zu feiern wichtige Ereignisse finden in der Oberkirche statt“, erklärt Pater Werle. Zum Beispiel die Gründung der neuen Deutschen Provinz der Steyler aus nordund süd-deutscher Provinz am 1. Mai 2007. Und Pater Werle ist bewusst, „dass der Deutschen Provinz eine besondere Verantwortung für Steyl anvertraut ist“. Unter den grünen Sonnenschirmen auf der Terrasse des Dorfcafés `t Veerhuis haben sich die Radfahrer zwischen anderen Touristen niedergelassen, um sich bei Eis und einem „kopje koffie“ von den Strapazen ihrer Tour auszuruhen. Die Kinder wollen unbedingt den Steyler Bären im Missionsmuseum se- Blick in die neogotische Oberkirche Mitbegründerin der Steyler Missionsschwestern und der Steyler Anbetungsschwestern: Die Selige Helena Stollenwerk (1852 - 1900) 37 Probedruck C M Y CM MY CY CMY K REPORTAGE Neben diesem präparierten Bären gibt es im Missionsmuseum Steyl noch 1499 weitere Säugetiere, Reptilien, Vögel, Amphibien, Fische und ein Insektenkabinett zu bestaunen. Das Missionshaus Sankt Michael ist das Mutterhaus der Steyler Missionare. Es wurde 1875 von Arnold Janssen als Ausbildungsstätte für künftige Ordensmissionare gegründet. 38 Probedruck hen, die Frauen den Botanischen Garten „Jochumhof“. Geht der Blick über den Platz vor dem Café, bleibt er unweigerlich an der großen Naturstein-Statue von 1928 hängen, die in der Mitte steht. Über ihr schwebt der Heilige Geist in Gestalt einer Taube. Die Figur ist Christus, der „Sämann“, der das Wort Gottes sät – „Verbum Dei“. In kantigen Buchstaben festgehalten stehen die Worte am Sockel des Monuments, das Arnold Janssen und seinen Gründungen gewidmet ist. In Steyl ist das Wort Gottes auf fruchtbaren Boden gefallen, hat die Menschen durchdrungen, ihnen Namen und Programm gegeben. „Gesellschaft des Göttlichen Wortes“ – „Societas Verbi Divini“ nennen sich die Steyler Missionare. Die beiden ersten, die das Wort Gottes in die Welt bringen sollten, sandte Arnold Janssen 1879 von Steyl aus – im Kupferrelief am Monumentsockel ist die Szene gegenwärtig. Ständig in Steyl zuhause sind heute etwa 150 Männer und Frauen, die zu den drei Ordensgemeinschaften gehören. Die Ursprünge der drei Orden liegen hier im Missionshaus, dem „Missiehuis St. Michaël“, dessen Bau schon 1876 begonnen wurde. Das baufällige ehemalige Wirtshaus Ronck, das Arnold Janssen in Steyl im August 1875 gekauft hatte, war schnell zu klein geworden. Wie Wachstumsringe im Baumstamm sind die zwölf Bauphasen des Missionshauses heute noch sichtbar, Architektur gewordene Entwicklungssprünge einer Ordensfamilie, zu der beim Tod des Gründers am 15. Januar 1909 bereits über 2000 Mitglieder gehörten. 1912 war das Gebäude vollendet. Am Ende des 100 Meter langen Gebäudes beginnt auf der anderen Straßenseite ein neuer Gebäudekomplex. Klosterähnliche Flure, eine Maschinenhalle, Kesselhaus, Turbinenhaus, Dampfmaschinen, Schutzengelbilder an den Wänden: die Druckerei Steyl. Was 1876 begann, explodierte nach dem Bau des noch original erhaltenen Druckerei-Gebäudes von 1893. „Wie mächtig ist das gedruckte Wort, das durch die Presse in einer Stunde tausendmal vervielfältigt wird! Aber nicht die Vielheit des Gedruckten tut es. Es kommt darauf an, dass das Wort auch gelesen und beherzigt wird“, schrieb Arnold Janssen. Maschinen, Zahlen, Rekorde und Tempo zur Verbreitung des Wortes. Schon wieder eine Gründungs-, Pionier- und Erfolgsgeschichte à la Steyl. Ein Stifterverein und EU-Mittel sollen jetzt das Industriedenkmal erhalten. Die „Stadt Gottes“ aber lebt weiter. Die Redaktion ist über die Grenze nach Kaldenkirchen gezogen. Das gebetete Wort, Stille und Vertiefung sind besonders bei den Klausurschwestern zuhause. Zurückgezogen leben die „Dienerinnen des Heiligen Geistes von der Ewigen Anbetung“ zwischen Maas und Kloosterstraat: „Unter dem Schatten Deiner Flügel wohnen wir“, steht über dem Eingangsbild mit der Taube, dem Heiligen Geist. Ein Gitter trennt die Schwestern mit dem rosa Habit im Chorraum von den Besuchern in der Kapelle des HeiligGeist-Klosters. Rosa – Farbe der Hingabe, Selbstlosigkeit, Sanftheit, Zurückhaltung. Das Gitter gilt den Menschen, Sammlung, Stille und Gebete beachten C M Y CM MY CY CMY K REPORTAGE Das Heilig-Geist-Kloster, Mutterhaus der Steyler Anbetungsschwestern. es nicht. Für einen Moment wohnen auch die Besucher unter den Flügeln des Heiligen Geistes. Die gewundene Zustersstraat hinauf ist der Heilige Geist als stilisierte Taube im Grundriss des Klosters der Missionsschwestern geerdet. Und das in gewaltigen Dimensionen – das Haus wurde 1904 für 650 Bewohnerinnen (Schwestern, Exerzitantinnen, Gäste) gebaut. Da bestand der Orden der „Dienerinnen des Heiligen Geistes“ bereits 15 Jahre, war seit 9 Jahren in Argentinien, seit sieben Jahren in Togo vertreten. In einem Jahrhundert gingen von hier aus über 1000 Schwestern in die Mission – wie Schwester Hermanelde vor 44 Jahren. Die gebürtige Kölnerin kam als Krankenschwester nach Zentralindien, dann in den Nordosten, auf eine kleine Dschungel-Station, in ein Krankenhaus nach Bombay (heute Mumbai). Lernte Englisch, wurde zur Hebamme ausgebildet. Jetzt ist sie auf Heimaturlaub in Steyl. Sie erzählt von zuhause: von ihren Patienten, den Hindus, Moslems und dem Sadhu, der jeden Morgen vor der Dialyse darauf wartet, von ihr gesegnet zu werden, und von ihrer Jugend und Ausbildungszeit in Köln und Steyl. Schwester Hermanelde ist überall zuhause. Zwischen Ganges und Maas hat sich ihr Lebensweg mit vielen Mitschwestern gekreuzt. Hier in Steyl findet sie es „sehr anheimelnd“, auf dem Friedhof zu sitzen, so viele bekannte Namen wieder zu finden. Doch „es schmerzt fast“, gesteht die Missionsschwester, wie leer es geworden ist in Steyl: „Wir hatten eine eigene Novizinnenkirche, die Kreuzkapelle war voll!“ Doch dann freut sie sich: „Wir haben den besten Nachwuchs in Indien und Indonesien.“ Aber Nachwuchs gibt es auch hier. Schwester Michaela zum Beispiel. Zu den Ordensschwestern hatte sie keinen Kontakt, die Ordenstracht war ihr fremd, die vielen Gänge im großen Kloster verwirrend, als sie sich hier direkt nach dem Abitur auf ein Jahr als „Missionarin auf Zeit“ in Bra- Der Friedhof liegt inmitten des reizvollen Parks von Sankt Michael. Hier steht auch eine kleine Kapelle mit einem lebensgroßen Mosaik des Auferstandenen, das mit Steinen aus allen fünf Kontinenten gefertigt wurde. 39 Probedruck C M Y CM MY CY CMY K REPORTAGE Ein Meisterwerk exakter Gartenkunst: Der Herz-Jesu-Hügel in Steyl Das Herz-Jesu-Kloster ist das Mutterhaus der Steyler Missionsschwestern. 40 Probedruck silien vorbereitete. „Von Anfang an verliebt in dieses Steyl“ sei sie gewesen, schwärmt Schwester Michaela, auch wenn sie da noch nicht wusste, dass sie eintreten würde. 2005 legte sie ihre erste Profess in Steyl ab: Ein verrückter Lebensweg in heutiger Zeit, aber zutiefst sinnvoll und erfüllend für die Kultur- und MedienwissenschaftenStudentin. Fasziniert ist sie von den Reaktionen der südamerikanischen Schwestern, die gerade für ein Vierteljahr in Steyl zu Gast sind: „Für sie ist das heiliger Boden.“ Sie selbst zieht es hier oft zum Grab von Hendrina Stenmanns (1852-1903). Mutter Josefa, wie sie als Ordensfrau hieß, beeindruckt sie als „Frau im Glauben und als Gründerin“. Die Missionsschwestern erwarten in Kürze ihre Seligsprechung. Bereits 1995 wurde Helena Stollenwerk (1852-1900) selig gesprochen, ebenfalls Mitgründerin der Missionsschwestern und eine der ersten sechs Bewohnerinnen des Klosters. In der Seitenkapelle der Kirche steht Helena Stollenwerks Sarkophag, gestaltet mit wertvollen Steinen aus aller Welt, gekrönt von einem Bergkristall. Draußen auf dem Parkplatz begrüßt Schwester Margret eine Schulklasse, die gerade mit dem Bus angekommen ist. Sie wird der Gruppe das Herz-JesuKloster zeigen, vom Leben in Steyl erzählen, ihre Fragen beantworten. Ob sie Schwester Anna in Steyl treffen können, wollen die Mädchen wissen. Schwester Anna, eine ihrer ehemaligen Mitschülerinnen, ist Steyler Missionsschwester geworden – das hat sich an der Schule herumgesprochen. Doch sie arbeitet seit über einem Jahr in PapuaNeuguinea, erfahren die Mädchen von Schwester Margret. Die Jugendlichen wundern sich: „Sie sind Ordensschwester?“ Schwester Margret trägt zivil, das Ordenskleid ist seit mehr als zehn Jahren nicht mehr bindend. „So sind offenere Gespräche möglich“, findet Schwester Margret, „für junge Leute ist die Tracht oft eine Hemmschwelle.“ Schwester Margret betreut die Gäste im Haus der Missionsschwestern, organisiert das Jugendprogramm, „Kloster auf Zeit“. Seit sie 1962 als Schülerin des Steyler Mädchen-Internats hierher kam, ist das Klosterdorf ihr Zuhause. Die Englischund Erdkunde-Lehrerin wollte in die weite Welt. Doch dann löste sie ihre eigene Englischlehrerin in Steyl ab und blieb. Heute ist sie Gastgeberin, die weite Welt kommt zu ihr. In Blumenduft und stille Hitze eingetaucht stehen auf dem Friedhof unzählige schwarze Kreuze in gleichmäßigem Abstand, geben Namen und Lebensdaten der verstorbenen Schwestern und Brüder preis. Den Weg hinunter durch dichtes Grün eröffnet sich plötzlich der Blick auf den Herz-Jesu-Hügel. Exakt beschnittene, immergrüne Gartenkunst in Form eines Kreuzes, ein Buchsbaum-Dreieck mit dem Auge Gottes, in Lorbeer eingebettet, darüber eine weiße Christusstatue wie am Montmartre in Paris. Oder die Steyler Grotten, aus Abfällen und Schlacken der Ziegeleien von Tegelen, bestimmt als unterirdisches religiöses Labyrinth für Meditation und C M Y CM MY CY CMY K REPORTAGE Ein Bergkristall krönt den Sarkophag der Seligen Helena Stollenwerk. Gebet. Oder der ehemalige Schülergarten mit der weißen Figur des Aloysius, dem Patron der Schüler und Studenten. Von den Sandhügeln, die Arnold Janssen einst kaufte, ist hier im „Bidtuin“, dem Gebetsgarten, wie er niederländisch heißt, nichts mehr zu sehen. Generationen von Schülern und Ordensmitgliedern haben Überraschungen in die Gärten und Parks gepflanzt. „Ich bin mit jedem Baum so ein bisschen verwachsen“, gestand Bruder Erwin noch kürzlich in einem Gespräch mit StadtGottes-Redakteur Albert Herchenbach. Bald danach starb der Gärtner. Die Hänge voller Schneeglöckchen, die er gepflanzt hat, werden im nächsten Frühjahr wieder blühen. Im Kloster St. Gregor, dem Altenheim, wohnen die meisten der Steyler Brüder. Die Christusfigur im Garten hinter St. Gregor macht sich in einem Gedicht von Willem Kurstjens aus Steyl Sorgen um den Garten: der Buchsbaum ist regelmäßig beschnitten, das Gras gemäht, das Unkraut gejätet, der Weg geharkt – „maar, Vader, hoe lang nog? De broeders worden oud…“ – „Aber wie lange noch, Vater? Die Brüder werden alt…“ In einem anderen Gedicht über das Missionsmuseum fragt sich Willem Kurstjens: „De paters van het Goddelijk Woord – waar zijn ze eigenlijk niet geweest?“ Ja, wo waren sie nicht, die Steyler? Seit Ende des 19. Jahrhunderts schickten sie aus der ganzen Welt Pakete und Kisten mit außergewöhnlichem Inhalt, Bruder Berchmans arrangierte Masken und Ahnenbilder, Schmuck, Kleidung und kostbares Geschirr, ausgestopfte Tiere, eine Arche Noah – für immer haltbar gemacht im Missionsmuseum, Stand: 1931. Bewundernde Ausrufe. Welcher ist der schönste von all den tausenden farbenprächtigen Käfern, Schmetterlingen, Skorpionen? Die Kinder schwanken zwischen Gruseln und Krimi-Fieber, als sie die blutbefleckte Kleidung der Patres Franz Nies und Richard Henle entdecken, die 1897 auf einer Missionsstation in China ermordet wurden. Was für ein Museum! Und welche Vielfalt an Kakteen, Rosen, Kräutern! Die Frauen kommen beeindruckt aus dem wiedereröffneten Botanischen Garten, den der „grüne Pater“ Jochum seit 1933 mit Pflanzenablegern und Samen aus der ganzen Welt anlegte. Für die Familien wird es Zeit, wieder aufs Rad zu steigen, die Weltreise ist für heute beendet. Von der Fähre geht der Blick noch einmal zurück auf Steyl. Hier laufen Linien aus der ganzen Welt zusammen, strahlen von hier wieder aus: eine ungeheure Dynamik über Entfernungen und Epochen hinweg. Ein Klosterdorf als Kraftfeld und Nabel der (Ordens-)Welt. Der Botanische Garten beherbergt Kakteen und Pflanzen aus der ganzen Welt. 41 Probedruck