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l i t s n i e m e l y t s lily yellow ¨ blUht auf im Musik-business ist sie ein alter Hase. Nun überrascht die sängerin mit ihrem ersten Elektropop-album. interview laura catrina FOTOS Nathalie Bissig realisation karin anna biedert Der Treffpunkt für das Interview, den Lily Yellow vorgeschlagen hat, ist wie sie selbst: sympathisch, bodenständig, ohne Starallüren. Nicht nur im Berner Café O bolles wird sie freundschaftlich begrüsst; in ihrer Heimatstadt kennt die 27-Jährige beinahe an jeder Ecke jemanden. Ihr Debütalbum «Yes I Say No» soll auch den Rest der Schweiz aufhorchen lassen. Er frischend elektronisch tönen die Stücke, mal heiter, mal melancholisch. Mit dem in Berlin lebenden Produzenten Jacob Suske tüftelte sie nächte lang am richtigen Sound. Nina Gutknecht – so heisst die «Gelbe Lilie» mit bürgerlichem Namen – weiss, wie der Hase läuft: Die ausgebildete Jazzsängerin mit der starken Stimme stand mit Lea Lu auf der Bühne, arbeitete mit Baze zusammen und war Frontfrau der Funkband Gundi. Mit ihrem eigenen Projekt hat sie sich nun einen lang gehegten Traum erfüllt. Yes! Schweizer Illustrierte Style: Ihr Song «Yes I Say No» handelt davon, dass Sie sich nie entscheiden können, was Sie wollen. Wie äussert sich diese Unentschlossenheit? Lily Yellow: In kleinen, alltäglichen Dingen. Was soll ich heute Abend machen? Was soll ich im Restaurant bestellen? Gehts aber um wichtige Dinge, kann ich durchaus Entscheidungen treffen. Der Entscheid, Sängerin zu werden, ist Ihnen nicht schwergefallen? Nein, überhaupt nicht. Das war sehr klar. Fortsetzung auf Seite 130 Optimistic Nachdem sie elf Jahre Querflöte gespielt hatte, sattelte Nina um und machte ihre Diplome in Jazzgesang und Musik pädagogik. Weisses Spitzenkleid mit Faltenrock H & M. Karma Police Der Ohrschmuck ist ein Mitbringsel aus Bali. Strickjacke mit Ethno-Muster Fizzen, graue Jeans H & M. There There Das erste Album von Lily Yellow, «Yes I Say No», ist am 10. Februar erschienen. Zu Hause am E-Piano entstehen die künftigen Hits. Lucky Im Café O bolles in Bern ist sie Stammgast. Beim Kartenspiel mit Freunden kann Lily abschalten. Karokleid aus Wolle Fizzen. “Der Klingelton meines Handys ist von Jamie Lidell. ‘Another Day’, sein Song, macht mich euphorisch. Wenn er ertönt, drehe ich laut auf und tanze durch die Wohnung.” lily yellow CREEP Lily Yellow wohnt zusammen mit ihrem Freund und zwei Katzen. Kater Geri spielt mit allem, was ihm in den Weg kommt. Prove yourself Lampenfieber hat die Musikerin nur noch vor Heimpublikum. Asymmetrisches Kleid mit Rüschen rock, Strumpfhose und Pumps, alles H & M. 129 l i t s n i e m e l y t s Fortsetzung von Seite 128 Ist Singen ein Traumjob? Wie jeder Beruf macht er mal mehr, mal weniger Spass. Das Schönste sind die Konzerte. Die administrative Arbeit kann mühsam sein. Oft bin ich mehr im Büro als am Üben. Auch Songs schreiben ist ein nicht immer einfacher, aber schöner Pro zess. Mein Beruf ist abwechslungsreich, das macht ihn so toll. Es gibt unzählige Castingshows, die jungen Sängern die grosse Karriere versprechen. Haben Sie sich auch schon überlegt, bei einer solchen mitzumachen? Zum Glück hat es das früher noch nicht gegeben! Könnte sein, dass mir das als Teenager gefallen hätte. Ich halte wenig von diesen Shows. Es gibt zwar unterschiedliche Formate, doch letztlich geht es bloss darum, mit den Hoffnungen junger Menschen Geld zu verdienen. In der Schweiz können nur wenige Musiker von ihrem Beruf leben. Wie sieht es bei Ihnen aus? Seit meinem Studium an der Musikhochschule Luzern unterrichte ich Teilzeit, damit habe ich ein sicheres Standbein. Wenn es mit der Musik einmal gar nicht mehr klappen sollte, bin ich mir nicht zu schade, etwas anderes zu machen. Etwa im Service zu arbeiten wie während meiner Studienzeit. Fake Plastic Trees Tulpen, nicht Lilien, sind Lilys Lieblingsblumen. Im Hintergrund ein Ausstellungsplakat des Künstlers Rudolf Mumprecht, ein Geschenk ihres Vaters. Was können Sie gar nicht? Nähen. Mein Kindheitstrauma! Das habe ich von meiner Mutter geerbt. Im Handarbeitsunterricht war ich immer die Letzte und musste die Arbeiten nach Hause nehmen, um sie fertig zu machen. Das war jeweils ein Desaster! Welche Musik macht Sie euphorisch? Der Klingelton meines Handys ist von Jamie Lidell, wenn sein Song «Another Day» ertönt, drehe ich laut auf und tanze durch die Wohnung. Welche Musik können Sie nicht ausstehen? Ich habe Mühe mit Ska, Trance und hartem Rock, Metal. Wie pflegen Sie Ihre Stimme? Gar nicht! (Lacht.) Ich habe vor einem halben Jahr aufgehört zu rauchen. Das ist sicher gut für meine Stimme. Wann hört man von Ihnen keinen Ton? Unter der Dusche. Ich habe noch nie verstanden, wie man unter der Dusche singen kann. Warum singen Sie Englisch und nicht Dialekt? Berndeutsche Lieder sind doch sehr erfolgreich, man denke an Mani Matter, Patent Ochsner, Züri West … Sit down. Stand up Im Ohrensessel entspannt die Sängerin gern. Kleid H & M, Strickjacke Only. Die mag Katze Mili auch. Englisch war für mich schon immer die Sprache, in der ich singen wollte. Es fällt mir leichter, englische Texte zu schreiben. Als ich klein war, engagierten meine Eltern jeweils ein Au-pairMädchen aus England. Deshalb habe ich schon als Kind viel von dieser Sprache aufgeschnappt. Gute Mundart-Songs gefallen mir sehr, aber ich überlasse sie anderen. Sie schreiben Ihre Texte selber. In welcher Stimmung müssen Sie dafür sein? Ich entspreche nicht dem romantischen Bild der Singer-Songwriterin, die aus ihrer tiefsten Seele heraus Songs schreibt. Ich bin eher pragmatisch. Wenn ich einen Song habe, überlege ich, was ich für einen Text dazu möchte. Texte entstehen bei mir mehr aus einem Schaffensdrang als aus einer Stimmung heraus. Es muss Ihnen also nicht zwingend schlecht gehen, um eine gute Ballade zu schreiben? Nein, im Gegenteil. Wenn es mir schlecht geht, kann ich mich nicht konzentrieren. Ich muss in einem guten «Mood» sein. Katy Perry, Lady Gaga, Lana Del Rey: Viele erfolg reiche Sängerinnen sind nicht zuletzt dank einem ausgefallenen Modestil bekannt. Wie wichtig ist Mode für Sie als Sängerin? Sicher nicht so wichtig wie für diese Damen! Ich möchte mich wohlfühlen auf der Bühne. Ich trug schon Kleider, an denen ich die ganze Zeit rumzupfen musste. Furchtbar! Wie sieht denn Ihr Bühnenoutfit aus? Das kommt auf die Stimmung an. Gewöhnliche Bluejeans und Turnschuhe kommen nicht infrage. Es muss schon etwas Spezielles sein, ein Kleid oder ein funkelndes Oberteil. Was tragen Sie zu Hause, wenn Sie niemand sieht? (Lacht.) Das Pyjama. Und Wollsocken im Winter. “Radiohead, Roisin Murphy oder Portishead inspirieren mich sehr.” lily yellow High and Dry Für den Auftritt im «Dachstock» in Bern darf das Outfit glänzen: Paillet tentop, Jeans und Armreife H & M, Stiefeletten Pesaro, bei Ochsner Shoes. Warum kommen so viele Schweizer Musiker aus Bern? Was ist an der Stadt so inspirierend? Vielleicht der gemütliche Charakter der Stadt. In Bern ist es nicht so hektisch wie in Zürich. Ihr Lieblingsort in Bern? Im Sommer an einem schönen Platz an der Aare. Im Eichholz kann man gut baden und grillieren. Ihr Album hat eine starke elektronische Note. Wer sind Ihre musikalischen Vorbilder? Eine meiner Lieblingsbands ist Radiohead. Roisin Murphy habe ich viel gehört, als sie nach Moloko ihre erste Soloscheibe herausgegeben hat. Portishead mag ich auch. Fortsetzung auf Seite 132 l i t s n i e m e l y t s Fortsetzung von Seite 131 Der beste Song aller Zeiten? (Überlegt lange.) Das ist schwierig! Prince hat legendäre Nummern geschrieben, «Purple Rain» ist supercool. Welches sind Ihre Leidenschaften neben der Musik? Musik ist mein Leben. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht, da bleibt nicht mehr viel Platz für anderes. Wenn es die Zeit zu lässt, treffe ich mich mit Freunden, lese oder gehe auf Reisen. Wo möchten Sie gern mal auftreten? Eine Tour im Ausland wäre toll. In der Schweiz würde ich am liebsten am Gurtenfestival spielen, auf einer der Hauptbühnen, das wäre ein Traum. Lily Yellow besteht aus fünf Mitgliedern. Stört es die vier Jungs in der Band nicht, dass alle nur mit Ihnen Interviews führen wollen? Ich denke, sie sind ganz froh darüber! Ursprünglich war Lily Yellow ein Bandname, aber mittlerweile bin ich als Person damit gemeint. Die Band ist sehr wichtig, ich kann mir nicht vorstellen, ohne sie aufzutreten. Aber ich schreibe die Songs, und ich bin der Chef. Haben Sie Lampenfieber vor einem Auftritt? Nur wenn ich vor Leuten auftrete, die ich kenne. Wahrscheinlich möchte ich es dann besonders gut machen. Wie verändert sich Nina Gutknecht, wenn sie auf die Bühne tritt und zu Lily Yellow wird? Als Sternzeichen Zwillinge habe ich zwei Seiten. Manchmal bin ich gern allein und geniesse die Ruhe. Andererseits bin ich sehr kommunikativ und aufgeschlossen. Als Sängerin muss man das ein Stück weit sein. Ich muss mich also nicht überwinden oder verändern, wenn ich auf die Bühne gehe. Street Spirit In der Hauptstadt fühlt sich Nina Gutknecht zu Hause: «Ich bin sehr mit Bern verbunden.» Kleid und Vintage-Stiefel Fizzen, Jacke mit Pied-de-Poule-Muster und Strumpfhose H & M, Schal La Redoute. Was machen Sie, wenn das Publikum nicht warm wird? Das sind schwierige Situationen. Man lernt damit umzugehen. Wenn ich genug Energie habe, probiere ich bis zum Schluss, die Leute abzuholen. Es ist wahnsinnig anstrengend, wenn nichts zurückkommt vom Publikum. Man spielt dann automatisch auch weniger gut. Wenn die Leute ungeniert laut plappern und mich bei feinen, leisen Stücken fast übertönen, finde ich das respektlos. lilyyellow.ch Hair & MAKE-UP: Martina Böhler Ihr peinlichstes Erlebnis vor Publikum? Einmal musste ich mitten im Konzert dringend aufs Klo. Ich hielt es nicht mehr aus. Da habe ich dem Publikum einfach gesagt: So, ich muss jetzt aufs WC! Die Band hat ein langes Intro gespielt, und ich bin schnell rausgerannt. Im Nachhinein ist es mehr lustig als peinlich.