Chapter I: Heinrich Heine
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Chapter I: Heinrich Heine
00602547134387 Die Liebende Where Begins the Night? That is my window. Just now I so softly awoke. I thought, I’d be walking on air. To what extent leads my life, and where begins the night? I could believe, I see myself in everything around; as clear as a crystal’s deepness, darkened, without sound. I even could reach for the stars within myself; so grand seems to me my heart; willingly it lets him part the one I might have loved, maybe I should have held. Strange, as if left blank fate takes a look at me. What for am I placed below such infinity, scented as a meadow, moving to and fro, calling out and yet afraid, someone might hear my call, and being meant to drown in another soul. Das ist mein Fenster. Eben bin ich so sanft erwacht. Ich dachte, ich würde schweben. Bis wohin reicht mein Leben, und wo beginnt die Nacht? Ich könnte meinen, alles wäre noch Ich ringsum; durchsichtig wie eines Kristalles Tiefe, verdunkelt, stumm. Ich könnte auch noch die Sterne fassen in mir; so groß scheint mir mein Herz; so gerne ließ es ihn wieder los den ich vielleicht zu lieben, vielleicht zu halten begann. Fremd, wie niebeschrieben sieht mich mein Schicksal an. Was bin ich unter diese Unendlichkeit gelegt, duftend wie eine Wiese, hin und her bewegt, rufend zugleich und bange, daß einer den Ruf vernimmt, und zum Untergange in einem Andern bestimmt. taken from R.M. Rilke’s Neue Gedichte (1907) Der neuen Gedichte anderer Teil (1908) Chapter I: Heinrich Heine * 13 December 1797, Düsseldorf = 17 February 1856, Paris. Poet, Writer, Lyricist, Essayist Volumes of poetry: Buch der Lieder (1827) Neue Gedichte (1844) Romanzero (1851) The Better Ones The most charming fellow of all Can never be honoured enough; He treated me many a time To oysters, liquors and wine. Delicate his coat and pants, More delicate his scarf was seen, And so he visits me every morning, Just to ask, how I have been; Of my wide renown he speaks, Of my grace and of my wit; Busy and keen he always is Being of use and serving me. And at the parties, in the evening, With a face of one inspired, He declaims to womankind Immortal poetry of mine. But oh how marvelous it is, Still to find such young men here, More and more, in times like these The better ones - they disappear. LXV Diesen liebenswürdgen Jüngling Kann man nicht genug verehren; Oft traktiert er mich mit Austern, Und mit Rheinwein und Likören. Zierlich sitzt ihm Rock und Höschen, Doch noch zierlicher die Binde, Und so kommt er jeden Morgen, Fragt, ob ich mich wohl befinde; Spricht von meinem weiten Ruhme, Meiner Anmut, meinen Witzen; Eifrig und geschäftig ist er Mir zu dienen, mir zu nützen. Und des Abends, in Gesellschaft, Mit begeistertem Gesichte, Deklamiert er vor den Damen Meine göttlichen Gedichte. O, wie ist es hoch erfreulich, Solchen Jüngling noch zu finden, Jetzt in unsrer Zeit, wo täglich Mehr und mehr die Bessern schwinden. LV Everything Has Already Happened to Me I wanted to stay with you, Rest by your side and woo; You left me in a hurry, You had too much to do. My soul I would surrender I said all your own I’d be; You answered me with laughter, While you gave a curtsy. Yet you continued raising All of my love’s distress, For you even then refused me A last parting kiss. Don’t believe, I’d shoot myself, No matter how bad things may seem! Everything you’ve done, my dear, Has already happened to me. Ich wollte bei dir weilen, Und an deiner Seite ruhn; Du mußtest von mir eilen, Du hattest viel zu tun. Ich sagte, daß meine Seele Dir gänzlich ergeben sei; Du lachtest aus voller Kehle, Und machtest ´nen Knicks dabei. Du hast noch mehr gesteigert Mir meinen Liebesverdruß, Und hast mir sogar verweigert Am Ende den Abschiedskuß. Glaub nicht, daß ich mich erschieße, Wie schlimm auch die Sachen stehn! Das alles, meine Süße, Ist mir schon einmal geschehn. Even If My Song Is Simple All Those Tears I Drank In my life far too dreary Once gleamed an image sweet; Now as this sight has faded, I’m enwrapped in night. If children stay in darkness, Unease inside unfolds, To drive away their fears, They sing aloud a song. I, a foolish child, am singing Now in the darkness; Even if my song is simple, It still drives away my fear. The ocean shimmered far beyond, As evening sunrays shone; We sat by a lonesome fisher’s hut, Silent and all alone. The mist arose, the water swelled, The seagull flew back and forth; And from your eyes, devoted, Tears came falling down. I saw them fall upon your hand, Down on my knee I sank; From your pale and whitened hand All those tears I drank. Since that hour my body is yearning, Through longing my soul disappears; The sad woman I fell for Poisoned me with her tears. XIV Das Meer erglänzte weit hinaus, Im letzten Abendscheine; Wir saßen am einsamen Fischerhaus, Wir saßen stumm und alleine. Der Nebel stieg, das Wasser schwoll, Die Möwe flog hin und wieder; Aus deinen Augen, liebevoll, Fielen die Tränen nieder. Ich sah sie fallen auf deine Hand, Und bin aufs Knie gesunken; Ich hab von deiner weißen Hand Die Tränen fortgetrunken. Seit jener Stunde verzehrt sich mein Leib, Die Seele stirbt vor Sehnen; - Mich hat das unglückselge Weib Vergiftet mit ihren Tränen. I In mein gar zu dunkles Leben Strahlte einst ein süßes Bild; Nun das süße Bild erblichen, Bin ich gänzlich nachtumhüllt. Wenn die Kinder sind im Dunkeln, Wird beklommen ihr Gemüt, Und um ihre Angst zu bannen, Singen sie ein lautes Lied. Ich, ein tolles Kind, ich singe Jetzo in der Dunkelheit; Klingt das Lied auch nicht ergötzlich, Hat's mich doch von Angst befreit. One Who for the First Time Loves One who for the first time loves, Although rejected, is a God; One who loves in vain once more Feels like a fool, for sure. And such a fool am I to love Without returned affection! Sun and moon and stars they laugh, I’m laughing too – still dying. German lyrics translated and/or adapted by Lia Pale, Karin Kaminker, Lillian Liszkay The Stowaway We drove alone in the dark Mail van all night long; We rested at each other’s hearts, As we joked and laughed. But in the morning twilight, My dear, we were amazed! The stowaway between us, Was Cupid all the way. LXIII Wer zum ersten Male liebt, Sei's auch glücklos, ist ein Gott; Aber wer zum zweiten Male Glücklos liebt, der ist ein Narr. Ich, ein solcher Narr, ich liebe Wieder ohne Gegenliebe! Sonne, Mond und Sterne lachen, Und ich lache mit - und sterbe. LXIX Wir fuhren allein im dunkeln Postwagen die ganze Nacht; Wir ruhten einander am Herzen, Wir haben gescherzt und gelacht. Doch als es morgens tagte, Mein Kind, wie staunten wir! Denn zwischen uns saß Amor, Der blinde Passagier. Sketches & Paintings by Raja Schwahn-Reichmann Chapter II: Rainer Maria Rilke Diamonds & Pearls You’ve got diamonds and you’ve got pearls, And all one could ever long for, You have the most beautiful eyes What more do you want, my love? For those beautiful eyes I wrote an entire army Of eternal poems and songs What more do you want, my love? LXII And with your beautiful eyes You have teased me so much, You’ve ruined what I am What more do you want, my love? Du hast Diamanten und Perlen, Hast alles, was Menschenbegehr, Und hast die schönsten Augen - Mein Liebchen, was willst du mehr? Auf deine schönen Augen Hab ich ein ganzes Heer Von ewigen Liedern gedichtet Mein Liebchen, was willst du mehr? Mit deinen schönen Augen Hast du mich gequält so sehr, Und hast mich zugrunde gerichtet – Mein Liebchen, was willst du mehr? poems taken from Heinrich Heine’s Buch der Lieder/Die Heimkehr (1823-1824) * 4 = 29 December 1875, Prag December 1926, Valmont/Montreux Poet, Lyricist, Novelist, Writer Volumes of poetry: Das Stundenbuch (1899-1903) Mir zur Feier (1909) Duineser Elegien (1912-1922) Only the Girls Others must go a long way to reach the somber poets; always asking people if they had seen someone singing or laying hands on strings. Only what they when the girls they do not ask, bridge would lead to pictures; only smile, little lights likew pearlstrings, held against silver bowls. From their lives leads every door into a poet and to the world. Du mußt das Leben nicht verstehen You Don’t Have to Understand Existence You don’t have to understand existence, then it becomes a grand affair at once. And let each day transpire like a child while walking by receiving many flowers from the wind. To collect them and to save, that would never enter the child’s mind. Unties them gently from her hair, happy they got caught in there, reaching out hands to sweet young years expecting new ones to appear. Du mußt das Leben nicht verstehen, dann wird es werden wie ein Fest. Und laß dir jeden Tag geschehen so wie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehen sich viele Blüten schenken läßt. Sie aufzusammeln und zu sparen, das kommt dem Kind nicht in den Sinn. Es löst sie leise aus den Haaren, drin sie so gern gefangen waren, und hält den lieben jungen Jahren nach neuen seine Hände hin. taken from R.M. Rilke’s Mir zur Feier (1909) Von den Mädchen Andere müssen auf langen Wegen zu den dunklen Dichtern gehn; fragen immer irgendwen, ob er nicht einen hat singen sehn oder Hände auf Saiten legen. Nur die Mädchen fragen nicht, welche Brücke zu Bildern führe; lächeln nur, lichter als Perlenschnüre, die man an Schalen von Silber hält. Aus ihrem Leben geht jede Türe in einen Dichter und in die Welt. taken from R.M. Rilke’s Das Buch der Bilder (1902/1906) Gieb mir noch eine kleine Weile Zeit Gieb mir noch eine kleine Weile Zeit: ich will die Dinge Seven Pages of Loneliness Give me a little bit more time: I want to love all things like no one else till they are worthy of you and wide. I want only seven days, seven on which no one ever wrote, seven pages of loneliness. Death is grand. We are his with laughing lips. When we think to be in the heart of life, he dares to cry within us. so wie keiner lieben bis sie dir alle würdig sind und weit. Ich will nur sieben Tage, sieben auf die sich keiner noch geschrieben, sieben Seiten Einsamkeit. Der Tod ist groß. Wir sind die Seinen lachenden Munds. Wenn wir uns mitten im Leben meinen, wagt er zu weinen mitten in uns. Gieb deine Schönheit immer hin ohne Rechnen und Reden. Du schweigst. Sie sagt für dich: Ich bin. Und kommt in tausendfachem Sinn, kommt endlich über jeden. Let your beauty always be without a number - without a word. You remain silent. She says for you: I’ll be. And comes with meaning a thousandfold, comes at last to everyone. first part taken from R.M. Rilke’s Das Stunden-Buch/Das Buch vom Mönchischen Leben (1899) second and third parts taken from R.M. Rilke’s Das Buch der Bilder (1902/1906) Earnest Hour Who cries now somewhere in the world, without cause cries in the world, cries over me. Who laughs now somewhere in the night, without cause laughs in the night, laughs at me. Who walks now somewhere in the world, without cause walks in the world, walks to me. Who dies now somewhere in the world, without cause dies in the world: looks at me. Ernste Stunde Wer jetzt weint irgendwo in der Welt, ohne Grund weint in der Welt, weint über mich. taken from R.M. Rilke’s Das Buch der Bilder (1902/1906) Wer jetzt lacht irgendwo in der Nacht, ohne Grund lacht in der Nacht, lacht mich aus. Wer jetzt geht irgendwo in der Welt, ohne Grund geht in der Welt, geht zu mir. Wer jetzt stirbt irgendwo in der Welt, ohne Grund stirbt in der Welt: sieht mich an. Am I a Falcon, a Storm or a Great Song I live my life in growing circles that spread out across all things. I may not reach the last one, but that is what I will try. I circle around God, around the ancient tower, and I circle for thousands of years; and I still don’t know: am I a falcon, a storm or a great song. Between Day & Dream I am at home between day and dream. play, There where children sleep, after the heat of their where the old in the evening sit down, and the fireside glows and lightens their room. I am at home between day and dream. There where evening bells clearly fade away and the girls, shy from dying sounds, they tiredly rest upon the fountain’s edge. The Lindentree is my favourite tree; and all summers rest in their silence within, they move again among thousands of branches to reawake between day and dream. Ich bin zu Hause zwischen Tag und Traum Ich bin zu Hause zwischen Tag und Traum. Dort wo die Kinder schläfern, heiß vom Hetzen, Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn. Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn. dort wo die Alten sich zu Abend setzen, und Herde glühn und hellen ihren Raum. Ich bin zu Hause zwischen Tag und Traum. Dort wo die Abendglocken klar verklangen und Mädchen, vom Verhallenden befangen, sich müde stützen auf den Brunnensaum. Ich kreise um Gott, um den uralten Turm, und ich kreise jahrtausendelang; und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm oder ein großer Gesang. Und eine Linde ist mein Lieblingsbaum; und alle Sommer, welche in ihr schweigen, rühren sich wieder in den tausend Zweigen und wachen wieder zwischen Tag und Traum. taken from R.M. Rilke’s Das Stunden-BuchDas Buch vom Mönchischen Leben (1899) taken from R.M. Rilke’s Mir zur Feier Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen (1909)