Gemeinsames Konzept des BLSV, BSSB, BVS, BGS
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Gemeinsames Konzept des BLSV, BSSB, BVS, BGS
OSP BAYERN – BLSV – BSSB – BVS - BGS Bedarf im Nachwuchsleistungssport in Bayern Vorschläge zu notwendigen Strukturanpassungen Fortschreibung Mai 2016 1 In der 8. Sitzung des Finanzausschusses des Bayerischen Landessportbeirates des Bayerischen Landtages hat der Vorsitzende Wilhelm Leichtle den Olympiastützpunkt Bayern, den Bayerischen Landes-Sportverband und den Bayerischen Sportschützenbund dazu aufgefordert, ein gemeinsames Konzept für den Bedarf im Nachwuchsleistungssport im Freistaat Bayern zu erstellen. Ausgehend von einem Zeitungsartikel in der Süddeutschen Zeitung „Standortvorteil Ost“ vom 07.07.2011, über die Abwanderung junger Talente in andere Bundesländer, werden in diesem Papier die Bedingungen für den Nachwuchsleistungssport in Bayern analysiert und Vorschläge zu notwendigen Strukturanpassungen gemacht, damit zukünftig bayerische Athleten wieder einen angemessenen Beitrag zum Medaillenspiegel der Bundesrepublik bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften im Sommersport leisten können, bzw. das aktuelle Leistungsniveau im Wintersport langfristig gesichert werden kann. Wir möchten an dieser Stelle bereits vorwegnehmen, dass es dabei im Freistaat nicht um grundlegende Veränderungen im Sportsystem, den umfangreichen Ausbau der sportlichen Infrastruktur oder eine immense Erhöhung finanzieller Zuwendungen geht. Vielmehr stehen auch ein klares Bekenntnis zu mehr zentralen Strukturen und Steuerung sowie die bessere Verzahnung und Nutzung vorhandener Möglichkeiten speziell durch die Sportfachverbände im Vordergrund. Das Argument, im Flächenstaat notwendige sportliche Strukturen auch in der Fläche vorzuhalten, ist im Leistungssport weder sportfachlich zu begründen noch zu finanzieren. Die größte zukünftige Herausforderung in der Nachwuchsförderung wird die Vereinbarkeit von Schule, Studium und Berufsausbildung mit dem Hochleistungssport sein. Diese Vorlage wird sich speziell mit diesem Thema ausführlich beschäftigen. Das Konzept ist auf mehrere Jahre angelegt und muss mit seinen Forderungen den Strukturänderungen des Nachwuchsleistungssports angepasst werden. Fortschreibungen sind auch zukünftig geplant und werden dem Landessportbeirat zur Abstimmung vorgelegt. Wichtige Schritte sind dankenswerterweise durch die Bayerische Staatsregierung mit der Erhöhung der Trainermittel um jährlich 1,5 Mio € und der Bezuschussung der Internatskosten an den Eliteschulen des Sports eingeleitet worden. In dieser zweiten Fortschreibung sind erstmals auch die Leistungssportstrukturen des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbandes Bayern (BVS) und des Bayerischen Gehörlosensportverbandes (BGS) im Konzept berücksichtigt. Die leistungssportlichen Strukturen im Bereich des BVS und BGS unterscheiden sich dabei grundsätzlich in vielen Bereichen von denen der olympischen Sportverbände. Aus diesem Grund werden im Konzept die strukturellen Voraussetzungen und Bedingungen des BVS und BGS separat dargestellt und die jeweiligen Perspektiven und der dazu notwendige Bedarf beschrieben. Die unterschiedlich gelagerten Anforderungen der gehörlosen und hörbehinderten Sportler/innen (Deaflympics) und denen der paralympischen Disziplinen mit den unterschiedlichen Behinderungsarten führt dazu, dass sich eine gleichzeitige Trainingsbetreuung beider Gruppen durch einen Trainer ohne Gebärdensprachkompetenz in der Trainingspraxis nur schwer realisieren lässt. Dies gilt in gleichem Maße für die Organisation gemeinsamer Trainingsgruppen der olympischen- mit den paralympischen- oder den deaflympischen Sportarten. Hier kann im Einzelfall, bei gleicher sportlicher Leistungsfähigkeit eine Inklusion möglich sein, dies muss vorab zwischen den jeweiligen Spitzenverbänden (olympischer-, paralympischer- bzw. deaflympischer Sport) diskutiert und abgestimmt werden. In der Regel sind aber die sportlichen Anforderungen für ein sinnvolles gezieltes, individuelles Training im Hochleistungssport zu unterschiedlich. Der Inklusionsgedanke ist deshalb im Training im Hochleistungssport schwer umsetzbar, hat aber im Freizeit- und Breitensport seine Berechtigung. Zu Möglichkeiten und Perspektiven der Organisation der weiteren Betreuungsinhalte (z.B. Physiotherapie, Geräteentwicklung) stehen die Sportfachverbände im Austausch. 2 Alle beteiligten Partner folgen mit dieser Fortschreibung des Nachwuchsleistungssportkonzepts der Zielstellung, erstmals die aktuelle Situation, die Strukturbedingungen, die Perspektiven und notwendigen Konsequenzen für alle Bereiche der Sportförderung darzustellen und zu beschreiben (olympische, paralympische und deaflympische Sportverbände). München, Mai 2016 Bayerischer Landes- Sportverband Harald Stempfer Vizepräsident Leistungssport Dr. Alfons Hölzl Vertreter Sportbeirat Klaus Rambach Geschäftsführer Horst Sigl Referatsleiter Leistungssport Andreas Felbermeir Referent Leistungssport Bayerischer Sportschützen Bund Wolfgang Kink 1. Landesschützenmeister Ralf Horneber Sportdirektor Olympiastützpunkt Bayern Klaus Pohlen Stützpunktleiter Jens Geist Leitender Trainingswissenschaftler Klaus Sarsky Laufbahnberater Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband Bayern Hartmut Courvoisier Präsident Georg Steibl Vizepräsident Sport Martin Maciejewski Landesgeschäftsführer Karin Anthuber Referentin Leistungssport Bayerischer Gehörlosen-Sportverband Birgit Hermann Präsidentin Josef Scheitle Ehrenpräsident Ingo Schweinsberg Vizepräsident 3 Inhalt I. Bedarf im Nachwuchsleistungssport in Bayern – Vorschläge zu notwendigen Strukturanpassungen – Gemeinsames Konzept des BLSV, dem BSSB und dem OSP Bayern Seite 6 1. Analyse der Ergebnisse der bayerischen Athleten bei den Olympischen Sommer- und Winterspielen von 1992 bis 2012 sowie der Ergebnisse bei Olympischen Winterspielen im Zeitraum 1992-2014 (mit Detailbetrachtung Ergebnisse OWS Sotschi 2014) 2. Analyse der bayerischen Leistungssportstruktur unter besonderer Berücksichtigung des Nachwuchsleistungssports und daraus resultierende Finanzforderungen. 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 Eliteschulen des Sports Finanzierung der Sportinternate/Häuser der Athleten (HdA) Trainer Talentfördermaßnahmen Sportstättenbau Finanzierung von Trainingsstätten Staatsmittel an die Sportfachverbände über den BLSV für das Jahr 2015 2.8 Staatsmittel an den BSSB für das Jahr 2015 3. Sportstiftung Anhang II. Bedarf im Nachwuchsleistungssport für Menschen mit Behinderung in Bayern Vorschläge zu notwendigen Strukturanpassungen – Konzept des Behindertenund Rehabilitations- Sportverband Bayern Seite 28 1. Analyse der Ergebnisse der bayerischen Athleten bei den Paralympischen Sommer- und Winterspielen von 1992 bis 2014 2. Analyse der bayerischen Leistungssportstruktur unter besonderer Berücksichtigung des Nachwuchsleistungssports 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 Besonderheiten im Behindertensport Schwerpunktsportarten und Leistungsstützpunkte Eliteschulen des Sports / Bundesstützpunkte / Olympiastützpunkte Trainer Talentfördermaßnahmen Situation der Finanzierung des Leistungssports im BVS Bayern Bayerische Sportstiftung Anhang 4 III. Bedarf im Nachwuchsleistungssport für Menschen mit Hörbehinderung ab 55 dB Hörverluste auf beiden Ohren in Bayern – Vorschläge zu notwendigen Strukturanpassungen Seite 46 Einleitung 1. Anteil und Verteilung bayerischer Athleten an Sommer-und Winter-Deaflympics 1.1 1.2 1.3 1.4 Teilnehmer an Sommer-Deaflympics seit 2001 Teilnehmer an Winter-Deaflympics seit 1991 Erfolge 1.3.1 Medaillen bei den Sommer-Deaflympics 1.3.2 Medaillen bei den Winter Deaflympics seit 1991 Zusammenfassung 2. Kennzeichen des deutschen Gehörlosensports 2.1 Leistungssportsstruktur 2.2 Inklusion und regionale Trainingsgruppen für gehörlose Sportler 2.3 Talentscouting 2.4 Klassifizierungsgrenze 2.5 Altersstruktur gehörloser Sportler 2.6 Kadersituation 2.7 Unterstützung durch den Spitzenverband und die Institutionen des deutschen Spitzensports 2.8 Fördermöglichkeiten für gehörlose Sportler 3. Erforderliche Maßnahmen 3.1 Leistungssportpersonal 3.2 Leistungsstützpunkte, Landesleistungszentren 3.3 Eliteschulen des Sports 3.4 Notwendige Finanzmittel 5 I. Bedarf im Nachwuchsleistungssport in Bayern – Vorschläge zu notwendigen Strukturanpassungen – Gemeinsames Konzept des BLSV, dem BSSB und dem OSP Bayern 1. Analyse der Ergebnisse der bayerischen Athleten bei den Olympischen Sommerspielen von 1992 bis 2012 sowie der Ergebnisse bei Olympischen Winterspielen im Zeitraum 1992-2014 (mit Detailbetrachtung Ergebnisse OWS Sotschi 2014) Analyse der Ergebnisse der bayerischen Sommerspielen von 1992 bis 2012 Athleten bei den Olympischen Die Analyse umfasst die Beurteilung des gesamten bayerischen Ergebnisses, bezogen auf den Vergleich im Längsschnitt der Olympia-Ergebnisse im Sommersport, seit der Wiedervereinigung. Betrachten wir das bayerische Ergebnis 2012 im Detail stellen wir fest, dass wie in Peking 2008 3 bayerische Athleten Einzel-Medaillen erringen konnten. Der Anteil an der Mannschafts-Goldmedaille im Hockey der Männer ist mit 2 Athleten (= 2/16) doppelt so hoch wie vor 4 Jahren. Das macht unter dem Strich eine nahezu identische Medaillenausbeute wie in Peking (vgl. Abb. 1). Abb. 1: Medaillen bayerischer Athleten bei Sommerspielen und Anteil am deutschen Gesamtergebnis 6 Grundlage unserer Analyse bildet die im Hochleistungssport verbindliche Zuordnung der Kaderathleten zu den Bundesstützpunkten der Spitzenverbände und somit den Trainingsund Lebensmittelpunkten der Athleten, unabhängig von deren historischer oder aktueller Vereinszugehörigkeit. Aus diesem Grund werden die hervorragenden Ergebnisse von Sportlern mit bayerischen Wurzeln oder Vereinszugehörigkeit (z. B. Andreas Kuffner, RudernAchter) in dieser Erhebung nicht als bayerisches Ergebnis gewertet. Gerade seine sportliche Entwicklung zeigt in beeindruckender Weise, welche individuellen Leistungsentwicklungen durch einen Wechsel in leistungsstarke Trainingssysteme und Stützpunkte möglich sind. Zielgröße eines zukünftigen Ergebnisses bei Olympischen Sommerspielen kann der prozentuale Bevölkerungsanteil Bayerns an der Bundesrepublik mit ca. 15 % sein. Im Gegenzug profitiert der bayerische Wintersport von der Kaderkonzentration der Spitzenverbände an den starken Bundesstützpunkten. So haben sich bspw. Steffi Böhler (Skilanglauf) und Simon Schempp (Biathlon) nach ihrem Wechsel aus Baden-Württemberg an den Stützpunkt nach Ruhpolding deutlich weiterentwickelt. Neben dem unveränderten Ergebnis zu den Sommerspielen Peking 2008 müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass wir keine „Trendumkehr“ beim bayerischen Ergebnis erkennen können, zudem der Anteil am Gesamtergebnis der deutschen Olympiamannschaft tendenziell weiter abnimmt. Dies ist auch der Situation geschuldet, dass Deutschland erstmals wieder mehr Medaillen und Platzierungen erringen konnte, als bei den vorangegangenen Olympischen Sommerspielen (vgl. Abb. 2). Medaillen-Statistik Olympische Spiele [Sommer] von 1992 bis 2012 200 173 180 167 159 160 140 140 125 120 100 80 60 110 102 103 91 1992 91 82 81 1996 69 65 56 49 41 2000 2004 44 40 2008 20 2012 0 Medaillen gesamt Platzierungen 4-8 Platzierungen 1-8 Abb. 2: Medaillenbilanz der deutschen Olympiamannschaft bei Sommerspielen seit 1992 7 Es muss aber zur Kenntnis genommen werden, dass 5 Olympiasiege weniger als in Peking errungen wurden (nur noch n=11), große medaillenintensive Sportarten keinen Beitrag zum Ergebnis leisten konnten, die Probleme in den Spielsportarten schon vorher durch Nichtqualifikation bekannt waren. Eine weitere Detailbetrachtung ist jedoch nicht Gegenstand und Aufgabe unserer bayerischen Analyse. Vergleichen wir im identischen Beurteilungszeitraum seit 1992 die Ergebnisse bayerischer Athleten bei Olympischen Winterspielen wird sichtbar, dass der bayerische Wintersport hier eine völlig andere Bedeutung und einen viel höheren Stellenwert im deutschen Leistungssportsystem hat als der Sommersport (vgl. Abb.3) Anzahl 18 ,00 15, 50 16 ,00 13, 75 13, 00 14 ,00 12 ,00 10 ,00 9, 45 8, 50 8 ,00 6, 00 53,45% 6 ,00 45,83% 37,14% 35,42% 4 ,00 32,59% 28,57% 2 ,00 0 ,00 Albertville 1992 Lillehammer 1994 Nagano 1998 Salt Lake City 2002 Turin 2006 Vancouver 2010 Medaillen bayerischer Athleten bei Winterspielen (Mannschaftsmedaillen anteilig) Abb. 3: Medaillen bayerischer Athleten bei Winterspielen und Anteil am deutschen Gesamtergebnis Bayerische Athleten konnten durchweg einen großen Beitrag zum jeweiligen Gesamtergebnis der deutschen Mannschaft bei olympischen Winterspielen leisten, mit Spitzenwerten um 50% aller erzielten deutschen Medaillen. Dies ist ein sicheres Indiz für funktionierende Stützpunktund Förderstrukturen, für stabile Trainingssysteme der Spitzenverbände, für optimale Verbindung von schulischer und beruflicher Ausbildung und leistungssportlichem Training. 8 Analyse der Ergebnisse der olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi Auf der Grundlage der damaligen Leistungssituation in den Wintersportverbänden nach der Saison 2012/2013 wurde ein bayerisches Olympia-Ziel von 10+X Medaillen kalkuliert. Dabei ging man davon aus, dass auch bei den OWS in Sotschi die bayerischen Athleten wesentlich zum Gesamtergebnis der deutschen Mannschaft beitragen würden. Abb. 4: Ergebniserwartung Bayern Olympische Winterspiele Sotschi 2014 Mit dem bayerischen Olympia-Ergebnis von insgesamt 11,25 Medaillen (Mannschaftsmedaillen anteilig) wurde diese prognostizierte Zielgröße erreicht, und die hohen und stabilen Ergebnisanteile am deutschen Olympiaergebnis bestätigt. Im Vergleich zu Turin 2006 (Anteil Bayern am Gesamtergebnis 32,6%, zu Vancouver 2010 (45,8%) ist der bayerische Anteil in Sotschi 2014 mit 59,2% noch einmal angestiegen. Dies ist vorrangig aber der Tatsache geschuldet, dass das deutsche Ergebnis ca. 1/3 geringer ausgefallen ist, als bei den OWS in 2006 und 2010. Unabhängig davon hat der bayerische Wintersport erneut seine Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Abb. 5: Bayerisches Ergebnis Olympische Winterspiele Sotschi 2014 9 Bei der Betrachtung des Karriereverlaufs der Olympioniken fällt auf, dass alle bayerischen Medaillengewinner an einer Eliteschule des Leistungssports betreut wurden. Auch hier werden deutliche Unterschiede zum Sommersport sichtbar. Ein nationaler, regionaler Vergleich der Ergebnisanteile der Olympischen Winterspiele Sotschi 2014 der Bundesländer mit Bundesstützpunkten im Wintersport zeigt, in welch hohem Maße das Ergebnis einer deutschen Olympiamannschaft vom bayerischen Anteil abhängig ist. Abb. 6: Bayerisches Ergebnis Olympische Winterspiele Sotschi 2014 In einer weiteren Detailanalyse der Ergebnisse bayerischer Athleten bei Olympischen Sommerspielen wird der Frage nachgegangen, ob möglicherweise im Leistungsbereich guter Wettkampfplatzierungen (hier Plätze 4-8), sich abweichend von der geringen Medaillenausbeute unserer Sportler, eine andere Situation darstellt. Bei einem Anteil von nur noch weniger als 10% bei den letzten beiden Sommerspielen, von einstmals bis zu 20% kann dies jedoch verneint werden. Vielmehr spiegelt die rückläufige Tendenz im Bereich von Anschlußplatzierungen die gleiche Tendenz der Medaillenergebnisse wider (vgl. Abb. 7). 10 120 Anzahl Deutschland 100 Bayern 103 102 91 91 81 80 69 60 40 20,39% 20 16,48% 21 12,74% 12,09% 15 13 11 9,88% 8,70% 8 6 0 Barcelona 1992 Atlanta 1996 Sydney 2000 Athen 2004 Peking 2008 London 2012 Abb. 7 : Platzierungen bei Olympischen Sommerspielen [Plätze 4-8] Schließlich kann die Gesamtbeurteilung in einem letzten Detail ergänzt werden. Betrachten wir die numerische Größe der gesamten deutschen Mannschaft mit dem Anteil qualifizierter Sportler aus Bayern, wird die bisherige Ergebnistendenz bestätigt. Der Anteil der Sportler an der Olympiamannschaft liegt in ähnlicher Größe wie das Medaillenergebnis bei ca. 7% (vgl. Abb. 8) 600 Teilnehmer Deutschland 500 483 478 453 428 Bayern 439 391 400 300 200 100 6,83% 33 7,11% 34 10,05% 43 8,38% 40 5,47% 6,91% 24 27 0 Barcelona 1992 Atlanta 1996 Sydney 2000 Athen 2004 Peking 2008 London 2012 Abb. 8: Teilnehmer bei Olympischen Sommerspielen 11 In einer Bestandsbetrachtung und einem Ausblick auf die olympischen Sommerspiele in London 2012 (vgl. Zeitschrift des Olympiastützpunkt Bayern, OSP-Report, Ausgabe 03/2011) wurde eine Einschätzung zu möglichen Ursachen und zu Strukturunterschieden im Vergleich vom olympischen Sommersport zu den olympischen Wintersportarten in Bayern vorgenommen, die auch in der Nachbetrachtung der Olympischen Sommerspiele 2012 und der Olympischen Winterspiele 2014 genauso aufrecht erhalten werden kann: Strukturelle und trainingsmethodische Auffälligkeiten im Vergleich des bayerischen Sommer- und Wintersports Unterschiede innerhalb trainingsmethodischer Konzeptionen bezüglich der Belastungskomponenten im täglichen Training und dem langfristigen Leistungsaufbau sowie der Orientierung am internationalen Standard. Modelle der Dokumentation des realisierten Trainings (Trainingsdatendokumentation) zu unterschiedlich und heterogen entwickelt, noch nicht durchgängig etablierte Systeme einer einheitlichen Leistungsdiagnostik vom Nachwuchs- bis zum Spitzenbereich. Bundesstützpunkte und Bundesstützpunkte Nachwuchs als zentrale Strukturelemente der Spitzensportverbände mit Kaderkonzentration, professioneller Betreuung durch hauptamtliche Trainer und Bündelung von finanziellen und infrastrukturellen Ressourcen sind noch zu unterschiedlich entwickelt. Unterschiedliche Ausbaustufen bei der Kombination und Verbindung der Bereiche leistungssportliches Training und Schule-Studium-Beruf. Auffälligkeiten bei der Nutzung, dem Entwicklungsstand und der Qualität der Eliteschulen des Sports und Häuser der Athleten durch die Verbände. Im Herbst 2012 wurde die strategische Ausrichtung für den neuen Olympiazyklus 20132016 Sommer durch die Abstimmung und Festlegung der neuen Kooperationsvereinbarungen zwischen Spitzenverbänden, dem DOSB und dem OSP festgelegt. Die Abstimmungen zu den Regionalkonzepten Sommersport mit Gültigkeitszeitraum 2013-2016 sind in Bayern abgeschlossen und sollen gemeinsam mit den Kooperationsvereinbarungen einen klaren Wegweiser zur leistungssportlichen Ausrichtung der olympischen Sommersportverbände darstellen. Für die an diesem Prozess beteiligten Partner ist eine präzise Ausrichtung zu den künftigen Betreuungsaufgaben und Betreuungsschwerpunkten im Sommersport, bis Rio de Janeiro 2016 beabsichtigt. Im olympischen Wintersport haben im Mai/Juni 2014 die Abstimmungen und Planungen zwischen allen Kooperationspartnern im FSL (Forschungs- und Serviceverbund Leistungssport) stattgefunden. Unter der Leitung des DOSB wurden gemeinsam mit den Wintersportverbänden und den weiteren Kooperationspartnern (Olympiastützpunkte mit Spezialbetreuung, FES, IAT) die strategischen Ausrichtungen und Betreuungsschwerpunkte im neuen Olympiazyklus 2015-2018 vereinbart. Die Beratungen zu den Regionalkonzepten Wintersport zur leistungssportlichen Ausrichtung in den Wintersportarten in Bayern wurden in 2015 zum Abschluss gebracht. 12 Ausblick und Ergebniserwartung Olympische Sommerspiele Rio de Janeiro 2016 Nach den absolvierten Wettkämpfen der internationalen Verbände, die zunehmend mit der Erzielung von Quotenplätzen für die Teilnahme an den Sommerspielen einhergehen, betrachten wir die Erfolgsaussichten der bayerischen Athleten bei den olympischen Spielen in Rio (Brasilien) 2016. Dabei kann festgestellt werden, dass es in 7 Sportarten und Disziplinen gelungen ist, PodestPlatzierungen bei den Wettkampfhöhepunkten (WM, EM) zu erzielen. In 5 weiteren Sportarten konnten Anschlussplatzierungen im Bereich 4-9 erzielt werden. Davon ausgehend scheint es nicht unrealistisch, dass bayerische Athleten ein punktuell besseres Ergebnis in Rio 2016 erzielen können, als bei den vergangenen olympischen Sommerspielen in Peking 2008 und London 2012. Diese Ergebniserwartung oder -prognose kann sowohl für Ergebnisse im Bereich Platz 1-3, als auch Platz 4-8 (vgl. Abb. 1 und Abb. 7) formuliert werden. Jedoch ist nicht zu erwarten, dass sich der Ergebnisanteil der bayerischen Ergebnisse am Gesamtergebnis der Deutschen Olympiamannschaft deutlich erhöhen wird. Dieser lag zuletzt bei ca. 7% (vgl. Abb. 1). Die in der ersten Phase der Umsetzung des Nachwuchsleistungssportkonzepts begonnenen Veränderungen, Ausrichtungen und Optimierungen (Erhöhung Finanzierungsanteil für hauptamtliche Trainer, Bezuschussung der Internatskosten an den HdA’s) sind notwendige und wichtige Schritte zur konsequenten Verbesserung des Systems Nachwuchsleistungssport in Bayern. Deutliche Effekte sind jedoch erst in zeitlichen Dimensionen von mindestens zwei olympischen Zyklen zu erwarten, dann jedoch werden sie Gradmesser zur Beurteilung der Wirksamkeit des erhöhten Mitteleinsatzes und der strategischen Ausrichtung sein. 13 2. Analyse der bayerischen Leistungssportstruktur Berücksichtigung des Nachwuchsleistungssports unter besonderer Der Schlüssel zum internationalen sportlichen Erfolg liegt in einem der jeweiligen Entwicklung angepassten langfristigen Leistungsaufbaus von Kindern und Jugendlichen im Grundlagenund Aufbautraining. Entstandene Defizite am internationalen Weltmaßstab orientierten Training in Umfang und Intensität in dieser Phase, sind in späteren Jahren kaum noch zu kompensieren. Die Verbesserung der Förderung des Nachwuchsleistungssports ist aus Sicht der Autoren eine zentrale Aufgabe des Freistaates. Zur Umsetzung dieser Aufgabenstellung ist ein klares Bekenntnis zu mehr zentralen Strukturen und Steuerung, sowie die bessere Verzahnung und Nutzung vorhandener Möglichkeiten speziell durch die Sportfachverbände, absolute Voraussetzung. Das Argument im Flächenstaat notwendige sportliche Strukturen auch in der Fläche vorzuhalten, ist im Leistungssport weder sportfachlich zu begründen noch zu finanzieren. Die dazu notwendigen inhaltlichen Strukturen werden im Folgenden beschrieben: 2.1 Eliteschulen des Sports Im Wesentlichen geht es bei einer Verbesserung der Bedingungen für den Nachwuchsleistungssport in Bayern um die Optimierung des Verbundsystems Training/ Schule/ Wohnen. Die unterschiedlichen Anforderungen im täglichen Training und den Wettkampfsystemen macht in den Sportarten einen differenzierten Einstieg in das Schulsystem der Eliteschule notwendig. In den meisten Sportarten kollidieren schulische Anforderungen und steigende Trainingsumfänge erst ab der Klasse 7. Außerdem ist ab dieser Altersstufe die Talentfrage in vielen Sportarten erst befriedigend zu beantworten. Der Freistaat Bayern geht mit dem „qualifizierten Quereinstieg“ in die Eliteschulen des Sports, einen ökonomischen und sportfachlich sinnvollen Weg. Im Gegensatz zu den „neuen Bundesländern“ gibt es in Bayern auch keine reinen Eliteschulen des Sports, sondern diese werden in bestehende mehrzügige Gymnasien, Realschulen, Fachoberschulen und Mittelschulen integriert, meist in Form einer eigenen „Leistungssportklasse“ (LSK). Damit ist auch der Verbleib an der jeweiligen Schule mit einem Wechsel in eine „normale“ Schulklasse bei einem frühzeitigen Ausstieg aus dem Hochleistungssport möglich. Der Zugang zu einer EdS ist in Bayern nur auf der Grundlage einer entsprechend abgestimmten verbandlichen Konzeption möglich. Eine individuelle Zugangsmöglichkeit einzelner Talente ist nicht zielführend. Die Eliteschulen des Sports dienen auch nicht dem Zweck Talente in der Region oder dem Bundesland zu halten. Wenn eine durchgängige Förderung am Standort im langfristigen Leistungsaufbau nicht durch einen Sportfachverband gewährleistet werden kann, oder ein Sportfachverband sich strategisch zu einem anderen Standort bekannt hat, ist der Wechsel zu einem solchen Standort (Bundesstützpunkt) auch in ein anderes Bundesland im Sinne des Talentes immer vorrangig zu verfolgen. Nach Einführung des achtstufigen Gymnasiums (G8) bekommen die Eliteschulen des Sports eine noch größere Bedeutung im Spitzensport, weil die schulischen Belastungen für die Schüler zusätzlich zu den sportlichen Anforderungen noch einmal drastisch zugenommen haben. Dies wird besonders deutlich, da die inzwischen mehrere Jahrgänge im G8 das Abitur absolviert haben. Durch die Möglichkeit der „individuellen Flexibilisierung der Oberstufe“ (Schulzeitstreckung) an den bayerischen Eliteschulen (Gymnasium) ist ein weiter Schritt zur Absicherung der notwendigen Trainingsumfänge seitens des Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst geschaffen worden. Der Weg in die Weltspitze ist außerhalb der Eliteschulen des Sports für die Nachwuchssportler praktisch kaum noch zu schaffen. 14 In Bayern bestehen aktuell vier Eliteschulen des Sports mit folgenden Sportarten (ohne Eliteschulen des Fußballs): CJD Berchtesgaden Bob Eisschnelllauf Ski Alpin Ski Biathlon Ski Cross Ski Freestyle (Alle Olympischen Disziplinen) Ski Langlauf Ski Nordische Kombination Ski Sprung Snowboard (Alle olympischen Disziplinen) Skeleton Rodeln Oberstdorf Ski Alpin Ski Cross Ski Langlauf Ski Nordische Kombination Ski Sprung Snowboard (Cross und Freestyle) Eiskunstlauf Eistanz Nürnberg Badminton Fechten Golf Hockey Judo Leichtathletik Ringen Schwimmen Taekwondo Triathlon Radsport München: Die neue Eliteschule im Norden Münchens befindet sich momentan im Bau und wird zum Schuljahresbeginn 2016/17 fertiggestellt werden. Diese wird das Isar Sportgymnasium als Eliteschule des Sports in München ablösen. Die Sportschüler am Isar Sportgymnasium haben bis zum Erreichen des Schulabschlusses dort Bestandschutz. Erste Vorläuferklassen für die neue Eliteschule werden bereits zum Schuljahrbeginn 2014/15 in der Jahrgangsstufe 5 am Gymnasium in Moosach gebildet. Zur Aufnahme an die neue Schule war ein sportfachliches Konzept der Verbände bis September 2014 beim Olympiastützpunkt zur Prüfung einzureichen. Der Olympiastützpunkt hat nach sportfachlicher Begutachtung der Konzepte dem Kultusministerium die Aufnahme folgender Disziplinen empfohlen: Basketball männlich Beckenschwimmen Bogenschießen Judo Leichtathletik Synchronschwimmen Short Track Trampolinturnen Tischtennis Volleyball männlich / weiblich Das Kultusministerium ist dieser Empfehlung gefolgt. 15 Eine Alternative zum Abitur an einer Eliteschule ist der frühe Einstieg in die Sportförderung der Behörden (Bundeswehr, Zoll, Bundes- oder Landespolizei) nach der 9. oder 10. Klasse, also bereits nach einem mittleren Schulabschluss. Durch die in den letzten Jahren durch den Sport geschaffenen Initiativen zur Wirtschaft und Industrie sind auch sogenannte sportfreundliche Ausbildungs- und Arbeitsplätze in ausgesuchten Sportarten eine weitere geeignete Möglichkeit. Für die Gymnasiasten ist die notwendige kontinuierliche Erhöhung der Trainingsumfänge und der Qualität, gemessen am internationalen Standard, allerdings nur noch an den Standorten der Eliteschulen überhaupt möglich und pädagogisch zu vertreten. Die nachfolgende Abbildung zeigt exemplarisch im Sport den Verlauf der Trainingsstunden in der Sportart Schwimmen in Abhängigkeit vom Lebensalter an einer Eliteschule und an einem normalen Gymnasium. Ab der 7. Klasse sind die Vorgaben des Rahmentrainingsplanes (RTP) nicht mehr zu erfüllen, ab der Oberstufe bleibt die notwendige Zunahme des Gesamttrainingsumfanges praktisch aus. Entwicklung der Trainingsumfänge 25 20 15 Soll Ist 10 5 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Jahrgangsstufe Abb. 9: Trainingsstunden in der Sportart Schwimmen an einer Eliteschule (blau) nach RTP und einem normalem Gymnasium (rot) in München. Vergleichsweise können im Wintersport die nahezu identischen Auffälligkeiten beobachtet werden. Nur durch den konsequenten Ausbau und die Nutzung der Fördersysteme Eliteschulen und der Sportförderung in den Behörden (Bundeswehr, Zoll, Bundespolizei) wurden die Voraussetzungen geschaffen, die für künftige Weltspitzenleistungen notwendigen Trainings- und Belastungsumfänge zu realisieren. Dabei ist zwingend zu beachten, dass diese Steigerung der Gesamtbelastung einen Prozess über viele Trainingsjahre erfordert. Überproportionale Steigerungen des Gesamtumfanges nach Abschluss der Schulausbildung sind nicht realistisch und trainingsmethodisch nicht durchführbar (vgl. Abb. 10). 16 Abb. 10: Trainingsumfänge im Skilanglauf gemessen am internationalen Standard Die Erfolge der Athleten bei den Olympischen Spielen in Sotschi 2014 haben die Bedeutung der Eliteschulen wieder deutlich aufgezeigt. 56 % aller bayerischen Teilnehmer (ohne Eishockey weiblich) waren oder sind aktuell Eliteschüler. Alle bayerischen Medaillengewinner haben eine Eliteschule des Sports besucht. Eine vergleichbare Nutzung der bayerischen Eliteschulen im langfristigen Leistungsaufbau im Sommersport zeigt sich dagegen bei den bayerischen Teilnehmern und den Ergebnissen der Olympischen Sommerspiele in London 2012 nicht. Lediglich 6,5 % der bayerischen Teilnehmer haben eine Eliteschule besucht. Dieser Sachverhalt verdeutlicht den Handlungsbedarf in Bezug auf die Nutzung der Eliteschulen des Sports durch die Sommersportverbände. Das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst hat die strukturellen schulischen Rahmenbedingungen an den vier Standorten der Eliteschulen des Sports in den letzten Jahren aus den genannten Gründen ausreichend geschaffen. Diese entsprechen in den überwiegenden Fällen den Qualitätskriterien des DOSB für die Eliteschulen des Sports (Vormittagstraining, Befreiung zu Training und Wettkampf, Profilfach Sport, Schulzeitstreckung in der Oberstufe, Nachführunterricht). Die Eliteschule des Sports in München befindet sich momentan in einer Übergangsphase, die aber im Schuljahr 2016/17 durch den Neubau des Gymnasiums im Norden Münchens gelöst sein wird. Hier brauchen die bayerischen Eliteschulen des Sports einen Vergleich mit anderen Bundesländern nicht zu scheuen. Die 2 Standorte der Eliteschulen des Sports in Berchtesgaden und Oberstdorf für den Wintersport und die 2 Standorte in München und Nürnberg für den Sommersport sind daher ausreichend. Die prinzipielle Forderung nach deutlich mehr Konzentration und Zentralisierung gerade im Flächenstaat Bayern hat nicht nur ökonomische-, sondern auch sportfachliche Gründe! Diese sind insbesondere: 17 Sportfachliche Gründe zur Konzentration und Zentralisierung im bayerischen Leistungssport [Thesen] Deutliche Erhöhung von Trainingsumfang und Qualität durch Nutzung der optimalen Umfeld Bedingungen an den Bundesstützpunkten und Bundesstützpunkten Nachwuchs und deren schulischen Rahmenbedingungen an den jeweiligen Elite schulen des Sports. Optimaler, gezielter Einsatz der zu geringen Ressource hauptamtlicher „Top Trainer“. Bildung leistungsstarker Trainingsgruppen im täglichen Training an den Bundes- und Landesstützpunkten. Bildung starker Leistungssportklassen an den Eliteschulen und damit Vereinfachung der schulischen Organisationsstrukturen an den Eliteschulen in Abstimmung mit den Anforderungen im Training und Wettkampf. Akademische Anschlussförderung nach der Schulausbildung Leistungssportfreundliche Rahmenbedingungen an den Universitäten und Hochschulen wurden durch den Abschluss der Kooperationsvereinbarungen „Partnerhochschulen des Spitzensports“ sowie mit der Änderung des Bayerischen Hochschulzulassungsgesetzes (Profilquote Sport) in 2011 und 2015 geschaffen. Außerdem steht den Bundeskadern mit der Fachhochschule in Ansbach im Studienfach „International Management“ ein speziell auf den Hochleistungssport abgestimmter Studiengang zur Verfügung. Die Anzahl der Partnerhochschulen des Spitzensports in Bayern braucht nicht erhöht zu werden, im Gegenteil ist eine Reduzierung auf die Standorte mit Bundesstützpunkten sinnvoll, um die Zielsetzung Konzentration und Zentralisierung zu unterstützen. Zielsetzung des Studiums an einer Partnerhochschule des Spitzensports muss immer die optimale Vereinbarkeit von Studium und Sport bei möglichst hoher Erfolgsaussicht in beiden Bereichen sein. Sportlich sind diese Zielsetzungen nur an einem Standort mit Bundesstützpunkt zu erreichen. Hier greifen dieselben Mechanismen der Konzentration und Zentralisierung wie an den Eliteschulen des Sports. 2.2 Finanzierung der Internatsplätze in den Häusern der Athleten (HdA) Ein großer Unterschied zu den neuen Bundesländern bestand in der Finanzierung der Plätze in den Sportinternaten. Im Vergleich zu den neuen Bundesländern lag der monatliche Elternanteil mit durchschnittlich € 480,-/Monat in Bayern zu hoch. Die hohen Kosten in den Sportinternaten verhinderten die notwendige Konzentration und Zentralisierung junger Sportler an den Bundesstützpunkten in Bayern. Aus finanziellen Erwägungen wanderten Talente häufig in andere Bundesländer ab, weil die Eltern sich die Internatskosten, neben zusätzlichen finanziellen Belastungen für Material sowie Fahrkosten im täglichen Training und bei Lehrgangsmaßnahmen, einfach nicht leisten konnten, bzw. entschieden sich gegen eine leistungssportliche Karriere. Um die genannten Ziele im Sommersport erreichen zu können, ist eine Aufstockung und Finanzierung der Internatsplätze in den HdA in Nürnberg und München von bisher 10 auf 30 bzw. 40 Plätze erforderlich. Die Bewilligung der beantragten Mittel zur Absenkung der Elternbeiträge auf monatlich 250 € für die Jahre 2015 und 2016 war daher ein großer Gewinn für den bayerischen 18 Nachwuchsleistungssport. Hierfür ein herzliches Dankeschön an den Bayerischen Landtag. Um für eine nachhaltige Förderung und für Planungssicherheit bei den Eltern zu sorgen, wäre eine Verstetigung dieser Förderung natürlich dringend erforderlich. 2.3 Trainer Die notwendige Anpassung der Trainerstellen für die Betreuung der Nachwuchssportler an den Eliteschulen und BSPs in Höhe von 1,5 Mio € ist durch die Bayerische Staatsregierung 2013 bereits umgesetzt worden. An dieser Stelle bestand in Bayern klarer Handlungsbedarf, um an den Bundesstützpunkten und Eliteschulen des Sports eine angemessene Betreuung durch hauptamtliche Trainer zu gewährleisten. Zukünftig ist der Trainereinsatz von den bayerischen Sportfachverbänden neu zu strukturieren und vorrangig für hauptamtliche Trainer an der Elitestelle des Sports einzusetzen. Allerdings besteht weiterhin der Bedarf Trainergehälter jährlich anzupassen. Ein Inflationsausgleich war in den letzten Jahren nicht möglich und sollte zeitnah nachgeholt werden (150T € p.a.). 2.4 Talentfördermaßnahmen Aufgrund der gestiegenen Anzahl der zu betreuenden Sportarten/-disziplinen und gewachsener Trainingsumfänge besteht ein erhöhter Bedarf an Talentfördermitteln für die Sportfachverbände. Die Staatsmittel für die Talentförderung werden für Talentsuchmaßnahmen sowie für die Durchführung von Maßnahmen zur Leistungsüberprüfung und -förderung von Talenten im Schüler-, Jugend- und Juniorenalter in der Regel bis 21 Jahren eingesetzt. Der bestehende Ansatz muss gesamt um 750T € p.a. aufgestockt werden. Die Erhöhung sollte dabei aus sportfachlichen und organisatorischen Gründen in drei Schritten erfolgen: Zeitpunkt Erhöhung ab 2017 ab 2018 ab 2019 250.000€ p.a. weitere 250.000€ p.a. weitere 250.000€ p.a. Jährliche Gesamterhöhung zum Referenzwert 2016 250.000€ 500.000€ 750.000€ 2.5 Sportstättenbau Im Vergleich zu den genannten Defiziten ist die sportliche Infrastruktur in Bayern eigentlich ausreichend vorhanden. Das Konjunkturpaket II hat im Wintersport die Situation in vielen Sportarten noch einmal deutlich verbessert. Aus Sicht der Autoren verfügt Bayern in den meisten Sportarten über genügend hochwertige Sportstätten für eine ausreichende Förderung sowohl im Nachwuchsbereich, als auch in der Spitze im Leistungssport. Wenn überhaupt, scheitert es lediglich an der Verfügbarkeit einzelner Sportstätten. Ein konkreter Handlungsbedarf für einen weiteren Ausbau von Sportstätten besteht momentan nur in Einzelfällen, teilweise noch im Bereich der Sportinternate. Die bestehende Infrastruktur ist daher nicht der limitierende Faktor für die Entwicklung von sportlichen Spitzenleistungen. Zukünftige Investitionsanträge sind verstärkt auf Relevanz im System und Abstimmung mit vorhandenen Sportstätten vor Genehmigung zu prüfen. Die Schaffung von teuren Sportstätten macht ohne den strukturellen Unterbau keinen Sinn. Hinsichtlich der Zielsetzung des erfolgreichen Abschneidens von bayerischen Sportlern bei zukünftigen Olympischen Spielen werden neue Sportarten für eine Förderung priorisiert, die auf leistungs- und vereinssportlichen Strukturen aufbauen und auf eine bestehende Infrastruktur zurückgreifen können. Die Förderung weiterer neuer olympischen Sportarten im Sportstättenbau bedarf z.B. hinsichtlich der hohen kompositorischen Anforderungen der Sportart sowie der Verwurzelung im freien, nicht-organisierten Sport, vorab einer genauen Prüfung. In jedem Fall wird der Zugang an nur einem Eliteschulstandort als ausreichend erachtet. 19 Ansonsten sollten Finanzmittel vorrangig zum Erhalt der bestehenden Infrastruktur, bzw. gezielt zur qualitativen Verbesserung spitzensportgerechter Ausstattung im täglichen Training eingesetzt werden. Zur zeitnahen Finanzierung von Bauprojekten mit einem maximalen Finanzierungszeitraum von zwei Jahren nach Beendigung der Baumaßnahme müssen ausreichend Finanzmittel bereitgestellt werden, um den Trägern, z.B. kleinere Gemeinden im Wintersport, eine längere Zwischenfinanzierung (Zinsbelastung) zu ersparen, in Anlehnung an die Abfinanzierung von Baumaßnahmen des Bundesministerium des Inneren. 2.6. Finanzierung von Trainingsstätten Die Betriebskosten stellen für die Träger von Trainingsstätten für den Leistungssport in Bayern an Bundesstützpunkten, Bundesstützpunkten Nachwuchs und Landesleistungszentren eine große finanzielle Belastung dar. Insbesondere kleine Gemeinden im ländlichen Raum mit aufwendigen Spezialsportstätten sind hiervon betroffen. Aus diesem Grund wird ein Bedarf von jährlich 1Mio. € zusätzlich angemeldet. Eine Übersicht über die bestehenden Bundesstützpunkte und Bundesstützpunkte Nachwuchs sowie die Landesleistungszentren können im Anhang eingesehen werden. 2.7. Staatsmittel an die Sportfachverbände über den BLSV für das Jahr 2015 Der BLSV reicht in seiner Funktion als beliehener Unternehmer Staatsmittel an derzeit 28 olympischen und 23 nichtolympische Sportfachverbände aus (Stand 31.12.2015). Damit bewegen die olympischen und nichtolympischen Sportfachverbände über 150 Sportarten/ Disziplingruppen in Bayern. 20 2.8. Staatsmittel an den BSSB für das Jahr 2015 Der BSSB erhielt in 2015 Leistungssportmittel direkt über das Staatsministerium für folgende Bereiche: Trainereinsatz Lehrgänge 152.350 € 21.450 € 3. Sportstiftung Einmalige Investition der Bayerischen Staatsregierung in den Grundstock der Bayerischen Sportstiftung insbesondere für die Individualförderung von bayerischen Nachwuchssportlern Die Stiftung will die Bildung und den Ausbau eines leistungssportfreundlichen Umfeldes für die bayerischen Nachwuchsleistungssportler in den Strukturen des bayerischen Sports, den Schulen und weiterführenden Bildungseinrichtungen in engster Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsstandort Bayern ermöglichen. Dadurch soll für talentierte Sportler ein idealer Rahmen für die schwierige Symbiose aus Leistungssport und Beruf geschaffen werden. Dazu gehören neben finanzieller Unterstützung auch bayernweit Angebote für Ausbildungs-, Studien- und Arbeitsplätze, damit bayerische Talente während bzw. nach ihrer sportlichen Laufbahn auch beruflich Fuß fassen können. Um bayerische Talente für den Sport und den Wirtschaftsstandort Bayern zu erhalten und zu binden, müssen in Bayern hervorragende sportliche und berufliche Perspektiven angeboten und ausgebaut werden. Zweck der Stiftung ist die Förderung des Sports durch Unterstützung von Leistungssportlern aus bayerischen Vereinen. Der BLSV und seine zu dieser Zeit 54 Sportfachverbände haben die Bayerische Allianz für Talente ausgerufen und am 20. März 2010 die Bayerische Sportstiftung in München gegründet. Die Allianz wird von zahlreichen strategischen Partnern unterstützt. Neben Geld- und Sachleistungen sollen die jungen Athleten auch durch die Vermittlung von Ausbildungs- bzw. Arbeitsplätzen gefördert werden. Der BLSV will die ranghöchsten bayerischen Vertreter des Sports, der Landesregierung, der Wirtschaft und der Medien in eine Bayerische Allianz für Talente zusammenführen. Derzeit ist es für unzählige junge Athleten sehr schwierig, Leistungssport auf höchstem Niveau auszuüben und gleichzeitig ihre berufliche Ausbildung und Karriere nicht aus den Augen zu verlieren. Die Politik wird gebeten, sich für eine intensive Zusammenarbeit der Wirtschaft und der Bayerischen Sportstiftung einzusetzen. Im bundesweiten Vergleich steht Bayern in einer Konkurrenzsituation mit Sportstiftungen anderer Bundesländer, die erhebliches Stiftungskapital haben. Z.B. stehen der „StiftungLeistungssport-Hamburg“ sechs Millionen Euro Stiftungskapital und der „Sportstiftung-NRW“ fünf Millionen Euro zur Verfügung. 21 Anhang Bundesstützpunkte Sommersport (Stand 2013) Sportart Standort Basketball Männer Bamberg/Breitengüßbach Hockey München/Nürnberg Judo München Kanu-Slalom Augsburg Leichtathletik Fürth (L/G) Leichtathletik München (S/H, S/M, W/S) Ringen Nürnberg Schießen München/Hochbrück Taekwondo Nürnberg Tennis München (Oberhaching) Tischtennis Kolbermoor Freiwasser Würzburg Volleyball Männer Kempfenhausen Wintersport (Stand 2015) Sportart Standort Bob, Skeleton, Rennschlitten Berchtesgaden/Königssee Ski Nordisch/Biathlon Ruhpolding/Berchtesgaden Ski Nordisch/Biathlon Oberstdorf Ski Alpin Oberstdorf/Oberjoch Ski Alpin Garmisch-Partenkirchen Ski Alpin Berchtesgaden/Bischofswiesen Ski Freestyle Berchtesgaden Ski Freestyle Oberstdorf/Grasgeheren Snowboard Berchtesgaden/Bischofswiesen Snowboard Oberstdorf/Grasgehren Short Track München Eisschnelllauf/ Short Track Inzell Eiskunstlaufen Oberstdorf Curling Füssen Eishockey Füssen 22 Landesleistungszentren in Bayern (Stand 2015) Sportart Standorte Base- u. Softball Regensburg Bob- u. Schlittensport Kreuth (Rodeln) Eissport Landshut (Eishockey) Inzell (Eisschnelllauf) Fechten München Gewichtheben München Handball Großwallstadt Hockey München Nürnberg Judo München Karate Kempten Leichtathletik Fürth München Luftsport 2 Zentren vom Verkehrsministerium genehmigt: Unterwössen Ebermannstadt Radsport Nürnberg Reiten Ansbach(Vielseitigkeit) München-Riem (Dressur, Springen) Vaterstetten (Voltigieren) Schützen Hochbrück Schwimmen Burghausen Würzburg Segeln Tutzing Ski Berchtesgaden (Nordisch)/Ruhpolding (Biathlon) Allgäu: Oberstdorf (Nordisch)-Oberjoch, Bad Hindelang (Alpin) Warmensteinach/Bischofsgrün (Nordisch) Arber/Zwiesel (Alpin, Nordisch(ohne Sprung), Biathlon, Freestyle) Tennis Oberhaching Tischtennis Burglengenfeld Turnen München (Kunstturnen, Sportgymnastik, Trampolin) Volleyball Unterschleißheim Rhythm. 23 24 Arbeitsgruppe Förderung und Verbesserung der Rahmenbedingungen des Nachwuchsleistungssports in Bayern An den Ausschuss für Leistungs- und Spitzensport im Bayerischen Landessportbeirat Antrag zur Änderung der Rahmenbedingungen für den Nachwuchsleistungssport in Bayern für Menschen ohne genauso wie für Menschen mit Behinderung: Nach ausführlichem Sachvortrag durch die eingesetzte Arbeitsgruppe des Landessportbeirates wird der Ausschuss für Leistungs- und Spitzensport im Bayerischen Landessportbeirat gebeten, folgenden Beschluss zu fassen: Sicherung der Finanzmittel o für Anhebung der Trainerbudgets der bayerischen Sportfachverbände (Inflationsausgleich) Die Gehälter der derzeit tätigen Trainer sind prozentual (Inflationsausgleich) anzupassen. Kostenvolumen: 150T € p.a. o für die Talentförderung, vorrangig für Lehrgangsmaßnahmen der Sportfachverbände für Nachwuchsleistungssportler Erhöhung der Lehrgangsmaßnahmen innerhalb von drei Jahren in drei Schritten für den Nachwuchsleistungssport. Kostenvolumen: 250T€ in 2017 500T€ in 2018 750T€ ab 2019 p.a. o Anteilige Bezuschussung von Betriebskosten Betriebskostenzuschüsse für Träger von Trainingsstätten an Bundesstützpunkten, Bundesstützpunkten Nachwuchs und Landesleistungszentren Kostenvolumen: 1 Mio € p.a. für die zeitnahe Abfinanzierung von Baumaßnahmen an Bundesstützpunkten, Bundesstützpunkten Nachwuchs und Landesleistungszentren Anpassung an die Abfinanzierungszeiten des Bundesministeriums des Inneren o Politische Unterstützung o Die Politik wird gebeten, sich für eine intensive Zusammenarbeit der Wirtschaft und der Bayerischen Sportstiftung einzusetzen. Vorliegender Antrag ist den entsprechenden Gremien im Bayerischen Landtag zur weiteren Bearbeitung und Beschlussfassung vorzulegen. Bereits umgesetzte Forderungen o Es besteht ein Bedarf von mindestens 25 zusätzlichen Trainerstellen an Bundesstützpunkten und an Eliteschulen des Sports. Kostenvolumen:1,5 Mio € p.a. (in 2013 umgesetzt) o Bei Internatskosten soll der Eigenanteil in Bayern für die Eltern maximal 250,00 Euro betragen. Kostenvolumen: 500T € p.a. (in 2015 umgesetzt) 25 II. Bedarf im Nachwuchsleistungssport für Menschen mit Behinderung in Bayern Vorschläge zu notwendigen Strukturanpassungen – Konzept des Behindertenund Rehabilitations- Sportverband Bayern Präambel Das vorliegende Konzept „Bedarf im Nachwuchsleistungssport in Bayern“ des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbandes (BVS) Bayern e.V. analysiert die Bedingungen im BehindertenNachwuchsleistungssport in Bayern und macht Vorschläge zu notwendigen Strukturanpassungen, damit bayerische Athleten zukünftig wieder einen angemessenen Beitrag zum Gesamtergebnis der deutschen Mannschaft bei Paralympischen Sommerspielen leisten können, bzw. damit das aktuelle Leistungsniveau bei Paralympischen Winterspielen langfristig gehalten werden kann. Es basiert auf dem Leistungssportkonzept 2012-2016 und 2016-2020 des BVS Bayern. Das vorliegende Konzept bezieht sich auf die Förderung der paralympischen Sportarten, Disziplinen und Startklassen, d.h. es umfasst neben verschiedenen Sportarten und Disziplinen auch unterschiedliche Behinderungsarten: Körperbehinderung stehend, Rollstuhlfahrer, spastische Lähmungen, Sehbehinderung / Blindheit, geistige Behinderung (hier geht es konkret um die paralympische Startklasse „ID“ (intellectual disability) in den drei Sportarten Schwimmen, Leichtathletik und Tischtennis); Inhalt 1. Analyse der Ergebnisse der bayerischen Athleten bei den Paralympischen Sommer- und Winterspielen von 1992 bis 2014 2. Analyse der bayerischen Leistungssportstruktur unter besonderer Berücksichtigung des Nachwuchsleistungssports 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 Besonderheiten im Behindertensport Schwerpunktsportarten und Leistungsstützpunkte Eliteschulen des Sports / Bundesstützpunkte / Olympiastützpunkte Trainer Talentfördermaßnahmen Situation der Finanzierung des Leistungssports im BVS Bayern Bayerische Sportstiftung Anhang 26 1. Analyse der Ergebnisse der bayerischen Athleten bei den Paralympischen Sommerund Winterspielen von 1992 bis 2014 Die Analyse umfasst die Beurteilung des gesamten bayerischen Ergebnisses, bezogen auf den Vergleich im Längsschnitt der Paralympics-Ergebnisse im Sommer- bzw. Wintersport seit der Wiedervereinigung. Grundlage der Analyse bildet die Bundeskaderzugehörigkeit der Athleten. Analyse der Ergebnisse der bayerischen Sommerspielen von 1992 bis 2012 Athleten bei den Paralympischen Bei der Detailbetrachtung des bayerischen Ergebnisses 2012 stellt man fest, dass 2 Einzelmedaillen weniger als in Peking 2008 erzielt wurden. Wendet man als Zielgröße des bayerischen Ergebnisses bei Paralympischen Sommer- und Winterspielen den prozentualen Bevölkerungsanteil Bayerns an der Bundesrepublik Deutschland an, ca. 15%, zeigt sich, dass Bayern diese Zielgröße in London 2012 erstmals seit der Wiedervereinigung nicht erfüllt (ca. 12%, vgl. Abb. 1). Abb. 1 Medaillen der bayerischen Athleten und der deutschen Mannschaft bei Paralympischen Sommerspielen seit 1992 Betrachtet man das Medaillenergebnis der deutschen und bayerischen Athleten bei Paralympischen Sommerspielen seit 1992, fällt der starke Abwärtstrend auf. 2008 in Peking konnte Deutschland weniger als die Hälfte der Medaillen erzielen als noch 16 Jahre zuvor in Barcelona. Ein leichter Aufwärtstrend beim deutschen Ergebnis ist erstmals in London 2012 zu erkennen. Ein Abwärtstrend ist auch bei der bayerischen Medaillenausbeute zu verzeichnen, die von 1992 bis 2012 um insgesamt 70% zurückgegangen ist (von 27 auf 8 Medaillen). Aus diesem Trend lässt sich ableiten, dass die internationale Konkurrenz im Behindertensport in den Sommersportarten seit 1992 stark zugenommen hat und Sportfördersysteme anderer Länder besser gegriffen haben. Bei der Betrachtung der Medaillenspiegel der SommerParalympics von 1992 bis 2012 (Abb. 2) wird die Entwicklung deutlich. Die Rückläufigkeit der deutschen Medaillenzahlen beginnt mit dem Einstieg der Ukraine, Russland und der Volksrepublik China ab ca. 1996 in das Paralympische Geschehen. China dominiert seit 2004 die Paralympischen Sommerspiele zunehmend. Vergleicht man die Medaillenspiegel der 27 Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2012 in London, fällt auf, dass die Abstände unter den Nationen bei den Olympischen Spielen geringer sind, während bei den Paralympics China mit großem Abstand dominiert. Abb. 2 Medaillen bei Paralympischen Sommerspielen 1992-2012 (ausgewählte Top-Nationen) Dieser Exkurs soll die momentane Ausgangssituation bei Paralympischen Sommerspielen veranschaulichen. Eine weitere Detailbetrachtung der Stärken und Schwächen der Fördersysteme einzelner Länder ist jedoch nicht Gegenstand und Aufgabe unserer bayerischen Analyse. Gründe für den Abwärtstrend beim bayerischen Ergebnis: Große, medaillenintensive Sportarten konnten keinen Beitrag zum Ergebnis leisten. Bayern hat derzeit noch keinen Abteilungsleiter und Landestrainer in den paralympischen Kernsportarten Leichtathletik und Schwimmen, bei denen mit Abstand die meisten Medaillenentscheidungen bei Paralympischen Sommerspielen zu verzeichnen sind. Von insgesamt 503 Medaillenentscheidungen in London 2012 fielen 148 Entscheidungen im Schwimmen und 170 Entscheidungen in der Leichtathletik. Bayern konnte 2012 lediglich 2 Schwimmerinnen (1x Silber) und keinen Leichtathleten entsenden. 1992 konnten wir in diesen Sportarten noch 14 Medaillen (davon 6x Gold) erzielen. In einer weiteren Detailanalyse wird die numerische Größe der gesamten deutschen Mannschaft mit dem Anteil qualifizierter SportlerInnen aus Bayern betrachtet. Hier bestätigt sich die bisherige Ergebnistendenz aus 2012: der Anteil der bayerischen SportlerInnen liegt in ähnlicher Größe wie das Medaillenergebnis bei 12% (vgl. Abb. 3). Bei der Effizienz hinsichtlich Medaillengewinn der bayerischen Athleten ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen: in London holten 44% der Athleten Medaillen, in Peking und Athen waren dies nur etwa 39%. 28 Abb. 3 Teilnehmer bei Paralympischen Sommerspielen (1992 bis 1996 keine Daten für Bayern verfügbar) Analyse der Ergebnisse der bayerischen Winterspielen von 1992 bis 2014 Athleten bei den Paralympischen Vergleicht man im identischen Beurteilungszeitraum seit 1992 die Ergebnisse bayerischer SportlerInnen bei Paralympischen Winterspielen wird sichtbar, dass der bayerische Wintersport einen viel höheren Stellenwert im deutschen Behindertensport hat als der Sommersport (vgl. Abb. 4). Bayerische AthletInnen konnten durchweg einen großen Beitrag zum jeweiligen Gesamtergebnis der deutschen Mannschaft bei Winter-Paralympics leisten, mit Spitzenwerten um 70% aller erzielten deutschen Medaillen. 2010 wurden in Vancouver alle 12 Goldmedaillen der deutschen Mannschaft von bayerischen SportlerInnen errungen. Wie zu erwarten war, konnte man in Sotschi 2014 nicht an den Medaillenrekord von Vancouver anknüpfen, da die Hauptleistungsträger (Bentele, Schönfelder, Braxenthaler) vor Sotschi ihre Karrieren beendet hatten. Die drei Sportler hatten in Vancouver 14 der 16 bayerischen Medaillen erzielt. Unter diesem Umständen konnte man mit dem Ergebnis von Sotschi zufrieden sein: Bayern trug 5 Goldmedaillen zum Gesamtergebnis der deutschen Mannschaft bei, und damit ein Drittel aller Medaillen. Alle bayerischen Goldmedaillen wurden von einer Athletin erzielt, Anna Schaffelhuber. Das deutsche Team erzielte insgesamt 15 Medaillen (vgl. Abb. 3; 9 Gold, 5 Silber, 1 Bronze) und damit 9 Medaillen weniger als in Vancouver. 29 Abb. 4 Medaillen der bayerischen Athleten und der deutschen Mannschaft bei Paralympischen Winterspielen seit 1992 Als Nächstes wird die numerische Größe der gesamten deutschen Mannschaft mit dem Anteil qualifizierter SportlerInnen aus Bayern betrachtet. Betrachtet man den Zeitraum seit 1992, entsendete der Deutsche Behindertensportverband nach Sotschi mit nur 13 Athleten die mit Abstand kleinste deutsche Mannschaft zu Paralympischen Winterspielen (vgl. Abb. 5). Im Vergleich zu Vancouver wurde die Mannschaft um mehr als ein Drittel (38%) geschrumpft. Bayern stellte mit 5 Athleten rund 38% der deutschen Mannschaft und konnte seinen prozentualen Anteil im Vergleich zu Vancouver somit wieder leicht steigern. Abb. 5 Teilnehmer bei Paralympischen Winterspielen (1992 bis 1998 keine Daten für Bayern verfügbar) 30 Im Gegensatz zum Sommersport befindet sich Deutschland bei Paralympischen Winterspielen unter den Top-Nationen im Medaillenspiegel. In Vancouver führte Deutschland den Medaillenspiegel vor Russland an, in Sotschi belegte Deutschland Rang 2 im Medaillenspiegel hinter Russland (gemessen an der Gesamtzahl der Medaillen Rang 5, aber Deutschland hat mehr Goldmedaillen als andere Nationen). Ausblick und Ergebniserwartung Paralympische Sommerspiele Rio de Janeiro 2016 Nach den absolvierten Wettkämpfen der internationalen Verbände, die zunehmend mit der Erzielung von Quotenplätzen für die Teilnahme an den Sommerspielen einhergehen, betrachten wir die Erfolgsaussichten der bayerischen AthletInnen bei den Paralympischen Spielen in Brasilien im nächsten Jahr. Dabei kann festgestellt werden, dass es bei den Wettkampfhöhepunkten 2015 (WM, EM) in 7 Sportarten gelungen ist, Podestplatzierungen zu erzielen. Davon ausgehend erscheint es nicht unrealistisch, dass das Ergebnis von London 2012 annähernd wiederholt werden könnte. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass sich der Ergebnisanteil der bayerischen Ergebnisse am Gesamtergebnis der Deutschen Paralympics-Mannschaft erhöhen wird. Dieser lag zuletzt bei 12% (vgl. Abb. 1). Ziel ist es, den Anteil der bayerischen Medaillen bei Paralympischen Sommerspielen ab 2020 wieder zu erhöhen. Die Maßnahmen, die dafür ergriffen werden müssen, werden in diesem Konzept, vor allem aber im Leistungssportkonzept 2016-2020 des BVS Bayern dargelegt. 2. Analyse der bayerischen Leistungssportstruktur unter besonderer Berücksichtigung des Nachwuchsleistungssports Wie die Analysen in Punkt 1 gezeigt haben, hat sich das internationale Leistungsniveau im paralympischen Sport in den vergangenen Jahren enorm gesteigert. In der Folge müssen Sportler mit Handicap schon in jungen Jahren einen immer größer werdenden Trainingsaufwand leisten, um in der internationalen Spitze mithalten zu können. Die Verbesserung der Förderung des Nachwuchsleistungssports ist daher eine zentrale Aufgabe in Bayern. Bei der Umsetzung dieser Aufgabenstellung sind aus Sicht des BVS Bayern folgende Punkte besonders wichtig: • • • • • Sensibilisierung und Ausbildung der Lehrer für den Behindertensport schon ab der Grundschule Zusammenarbeit und Verzahnung mit den olympischen Leistungssportstrukturen (BLSV, Sportfachverbände, OSP) Nutzung bestehender Ressourcen aus dem olympischen Leistungssport (Sportvereine, Eliteschulen, Stützpunkte, Förderprogramme) Schaffung zentraler Strukturen und Bündelung von Athleten Betreuung durch hauptamtliche Trainer Inklusion Der Deutsche Behindertensportverband hat sich zur Inklusion im Spitzensport bekannt und bereits einige Maßnahmen in diese Richtung unternommen, wie z.B. durch Kooperationen mit den Spitzenverbänden und den Olympiastützpunkten. Auf unserer Landesebene beginnt das Stützpunkttrainings, sondern viel früher: • Thema Inklusion nicht erst bei gemeinsamen Es muss schon ab der Schule ein Bewusstsein für den Behindertensport geschafft werden, da hier der Erstkontakt zu Kindern mit Handicap hergestellt werden kann (häufig 1. Stufe der Talentrekrutierung). Kinder mit Handicap, die aufgrund ihrer Behinderung 31 • • für den paralympischen Sport geeignet sind, besuchen immer häufiger Regelschulen und nicht mehr Förderzentren. Eine gezielte Ansprache und Sichtung ist daher schwieriger geworden, da sich die Kinder vereinzelt an Regelschulen befinden und wir nicht wissen, welche Schulen sie besuchen. Im Sport haben sie einen besonderen Förderbedarf. Sportlehrer müssen daher ausgebildet sein, um Schüler mit Behinderung in den Sportunterricht zu integrieren und ihnen den Spaß am Sport zu vermitteln (sie nicht am Feldrand bei der Sportstunde zusehen zu lassen), Talente zu erkennen und sie in die entsprechenden Sportfördersysteme (Sportverein, JTFO/JTFP, Talentsuchmaßnahmen der Verbände) zu senden. Da das Angebot an Behindertensportvereinen begrenzt ist und sich häufig keine wohnortnahen Trainingsmöglichkeiten anbieten, ist die Inklusion im wohnortnahen Regelsportverein notwendig. Hier muss das regelmäßige Training mit ausgebildeten Übungsleitern und Trainern stattfinden. Talente müssen im Sportfördersystem eine weitere Stufe nach oben gesendet werden (Sichtungsveranstaltungen, Teilnahme an Wettbewerben). Erst nach der erfolgreichen Teilnahme an Wettkämpfen, Sichtungsveranstaltungen, Kaderlehrgängen kommen bei besonders talentierten paralympischen Nachwuchssportlern Strukturen wie die Eliteschulen des Sports in Frage. Hierauf wird näher in Punkt 2.3 eingegangen. 2.1 Besonderheiten im Behindertensport Bei der Talentsuche, Ausbildung und Förderung von Nachwuchsleistungssportlern mit Handicap spielen folgende Faktoren eine Rolle, die größtenteils von den Herausforderungen im NichtBehindertensport abweichen und die es zu berücksichtigen gilt: Die Anzahl von Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen mit Handicap ist wesentlich geringer, als die Anzahl von Menschen ohne Handicap. D.h. der Talentpool im Behindertensport ist wesentlich begrenzter und Talente müssen gezielt gesucht werden.1 Aufgrund der geringen Anzahl an Athleten und der Heterogenität im Behindertensport (Abhängigkeit von Art und Grad der Behinderung, physische Voraussetzungen, Alter, persönliche Neigungen), kann man, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht von einer größeren Akkumulation von Athleten in einer Sportart, schon gar nicht in einer Behinderungsgruppe sprechen. Daher ist es schwierig, Trainingsgruppen nur mit HandicapSportlern zu bilden. Es ist für die paralympischen Talente deshalb wichtig, dass sie im Vereinstraining weitestgehend in den normalen Sportbetrieb eingegliedert werden. An den Stützpunkten soll dies in sinnvollen Fällen in Absprache mit den Spitzenfachverbänden erfolgen. Dies ist natürlich nicht in allen Sportarten möglich (z.B. Rollstuhlbasketball) und auch nicht für alle Behinderungsarten gleichermaßen einfach zu handhaben. Hier gilt es, im Einzelfall zu entscheiden. Im Leistungssport für Menschen mit Behinderungen spielen Klassifizierungen eine große Rolle, da hier die Unterschiede bei den körperlichen und geistigen Voraussetzungen zur Ausübung einer Sportart besonders individuell und vielfältig sind. Um eine Vergleichbarkeit der Leistungen herzustellen und ein größtmögliches Teilnehmerfeld zu generieren, wurde ein umfangreiches Klassifizierungssystem entwickelt. Zu viele Klassen wiederum beeinträchtigen die Attraktivität des Sports der Menschen mit Behinderungen weil zu wenige Sportlerinnen und Sportler in einem Wettbewerb gegeneinander antreten. Damit die Attraktivität des Sports auch für die Zuschauenden erhalten bleibt, gilt es, einen Kompromiss zu finden zwischen einer größtmöglichen Differenzierung bei den Teilnehmenden einerseits und der Übersichtlichkeit der 1 Die Statistik der schwerbehinderten Menschen mit einer Körper- oder Sehbehinderung weist in der für den Leistungssport relevanten Altersgruppe von 15 bis 35 Jahren lediglich 50.000 Personen mit einem Grad der Behinderung von ≥ 50 aus. (Deutscher Behindertensportverband. Strukturplan Spitzensport 2011) 2 Bundesinstitut für Sportwissenschaft. Das Klassifizierungssystem der paralympischen Sportarten. Bonn 2014 32 Wettkämpfe andererseits. Verbesserungsmöglichkeiten im Klassifizierungssystem werden daher ständig diskutiert. Nur bestimmte Behinderungsarten führen zu einer paralympischen Klassifizierung, d.h. Einordnung in eine paralympische Startklasse, und ermöglichen einen Start bei internationalen Meisterschaften und Paralympischen Spielen. Dem „Klassifizierungssystem der paralympischen Sportarten“2 des Bundesinstitutes für Sportwissenschaften sind die Startklassen für die paralympischen Sportarten zu entnehmen. Nahezu jede Sportart hat eine unterschiedliche Aufteilung in Startklassen (außer Ski Alpin und Ski Nordisch / Biathlon, hier sind die Startklassen dieselben). Leichtathletik und Schwimmen sind besonders „behinderungsfreundliche“ Sportarten: sie haben die meisten Startklassen, d.h. sind offen für viele verschiedene Behinderungsarten und haben daher auch die meisten Medaillenentscheidungen bei Paralympischen Spielen. Für unsere Talentsuche hat es zur Folge, dass wir uns auf die Nachwuchssportler mit paralympisch klassifizierbaren Behinderungen konzentrieren müssen und diese eventuell für eine Sportart begeistern müssen, in denen sie bei Paralympics starten können. Behinderungsarten und paralympische Startklassen Behinderung Anzahl der Klassen Sehschädigung / Blindheit 3 Körperbehinderung, stehend 7 Rollstuhlfahrer 4 "Track" 8 "Field" Spastische Lähmungen 7 Geistige Behinderung 1 Daneben gilt es dem Begriff „Nachwuchs“ und dem durchschnittlichen Alter von Spitzensportlern mit einer Behinderung besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Ein Athlet mit Behinderung ist im statistischen Mittel älter als im Sport der Nichtbehinderten. Hierfür gibt es mehrere Gründe. Viele Athleten finden - im Gegensatz zu den angeborenen Behinderungen erst nach einem traumatischen Ereignis Zugang zum Sport, andere erst nach Eintritt einer degenerativen Erkrankung. Beide Situationen stellen zunächst einen erheblichen Einschnitt in das Leben der Betroffenen dar. Die Bewältigung des Alltags, die Konzentration auf die schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung stehen dann zunächst im Vordergrund, sportliche Aktivitäten treten demgegenüber in den Hintergrund. Erst im Zuge einer Öffnung gegenüber neuen Herausforderungen mag dann auch der Sport wieder zunehmend in das Blickfeld rücken.2 Für uns hat dies zur Folge, dass neben den Förderstrukturen für den Nachwuchs, wie den Eliteschulen des Sports, auch die Förderstrukturen für Paralympioniken im höheren Alter von großer Bedeutung sind, wie die Sportförderung der Behörden (Zoll, Polizei, Bundeswehr). Einen weiteren nicht zu vernachlässigenden Aspekt stellt die eingeschränkte Mobilität dar. Darunter ist weniger die häusliche und lokale Bewegungseinschränkung aufgrund der Behinderung zu verstehen, sondern vielmehr die Bindung an das persönliche Umfeld und die eigene Familie, die einem Ortswechsel entgegenstehen. Der individuellen Gestaltung des Trainingsumfeldes muss deshalb vielfach Vorrang gegenüber generellen Lösungen eingeräumt werden.4 Es besteht aber auch im paralympischen Sport für Athleten ab einer gewissen Leistungsstufe die Notwendigkeit, täglich an Stützpunkten mit entsprechenden Trainingssystemen zu trainieren. Daher besteht für uns die Aufgabe, Sportler und Eltern dafür 2 Deutscher Behindertensportverband e.V. Strukturplan 2011. Spitzensport im DBS. Frechen 2011 4 Ebd. 3 Deutscher Behindertensportverband e.V. Strukturplan 2011. Spitzensport im DBS. Frechen 2011 4 Ebd. 33 zu sensibilisieren, die bestehenden Leistungssportstrukturen zu nutzen, auch wenn dies einen Ortswechsel zur Folge hat. 2.2 Schwerpunktsportarten und Leistungsstützpunkte Als Dachverband für den Behindertensport in Bayern verwaltet und betreut der BVS Bayern aktuell ca. 30 Sportarten. Darunter befinden sich 20 paralympische Sportarten. Diese sind innerhalb des Verbandes in eigenständigen Abteilungen organisiert. Um eine gezielte Weiterentwicklung des Spitzen- und Leistungssports zu ermöglichen, erfolgt eine Konzentration der finanziellen und personellen Ressourcen auf ausgewählte Schwerpunktsportarten. Der BVS Bayern konzentriert sich im paralympischen Zyklus Leistungssportkonzept 2012-2016) auf folgende Schwerpunktsportarten: Sommersport: Wintersport: Rollstuhlbasketball Segeln Kanusport Radsport Ski Alpin Ski Nordisch bis 2016 (vgl. In den Schwerpunktsportarten beschäftigt der BVS hauptamtliche Trainer auf Teilzeitbasis. Darauf wird im nächsten Punkt näher eingegangen. Neben den Schwerpunktsportarten werden über das Basisniveau hinaus Perspektivsportarten gefördert. Perspektivsportarten sind aussichtsreiche Sportarten, die die notwendigen Kriterien zur Förderung als Schwerpunktsportart noch nicht erfüllen. Sie erhalten eine geringere finanzielle Förderung als Schwerpunktsportarten. Der BVS Bayern fördert folgende Perspektivsportarten: Sommersport: Bogensport Analysiert man die Entwicklung in den Schwerpunktsportarten im vergangenen paralympischen Zyklus bis 2016, ist in den meisten Sportarten nach Einstellung der hauptamtlichen Landestrainer eine Zunahme von internationalen Erfolgen und Bundeskaderathleten zu erkennen. Im Radsport und Kanu wurden 2013 Landestrainer eingestellt, im Ski Nordisch erst 2014. In diesem relativ kurzen Zeitraum konnten bereits neue Talente herangeführt werden, die teilweise schon internationale Erfolge erzielten. Ein Beispiel ist die blinde Biathletin Clara Klug (München), die im vergangenen Winter drei Weltcup-Podestplätze einfuhr. Im Kanu holte sich Christian Mathes (Regensburg) den dritten Platz bei der Weltmeisterschaft der Parakanuten. Nach einer Änderung der Klassifizierungsrichtlinien wurde Christian in eine andere Startklasse umklassifiziert und hat kaum mehr Chancen auf internationale Erfolge. Nur im Segeln konnte kein Athlet Kaderstatus erreichen. Da der Landestrainer erst 2013 eingestellt wurde, war dies abzusehen und internationale Erfolge erst auf längere Sicht bis 2020 Zielsetzung. Jedoch hat das Internationale Paralympische Committee (IPC) Ende 2015 Segeln aus dem Paralympischen Programm für Tokio 2020 gestrichen, weshalb Segeln nach 2016 nicht mehr als Schwerpunktsportart im BVS gefördert wird. Mit dieser Entwicklung kommen wir zu dem Schluss, dass bis auf Segeln alle restlichen Schwerpunktsportarten für einen weiteren paralympischen Zyklus schwerpunktmäßig gefördert werden. Wie allerdings in Punkt 1 dieses Dokuments bereits aufgezeigt wurde, liegt ein Hauptgrund für die abnehmende Medaillenausbeute bayerischer Athleten bei Paralympischen 34 Sommerspielen daran, dass Bayern kaum Sportler in den medaillenintensivsten Sportarten Leichtathletik und Schwimmen stellt. In diesen Sportarten verliert Deutschland den Anschluss an die Weltspitze und es besteht großer Förderbedarf. Daher sollen im Förderzeitraum 20162020 zusätzlich Leichtathletik und Schwimmen als Schwerpunktsportarten gefördert und mit hauptamtlichen Trainerstellen versehen werden. Hierfür eignen sich aufgrund der Einwohnerzahlen, der infrastrukturellen Voraussetzungen und der bestehenden Strukturen im olympischen Sport (Eliteschulen des Sports, Bundesstützpunkte) vor allem Nürnberg und München. Im Schwimmen gibt es bereits konkretere Planungen für das neu erbaute Langwasserbad in Nürnberg, das sich in unmittelbarer Nähe zum Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte befindet. In der Leichtathletik muss noch ein geeigneter Stützpunkt gefunden werden. Idealerweise schließt man sich an einen Regelsportverein an. Der Verein soll idealerweise gut an öffentliche Verkehrsmittel angebunden sein, dazu bereit sein, eine Abteilung Behindertensport aufzunehmen und bietet die infrastrukturellen Voraussetzungen zur Nutzung durch Athleten mit Handicap (oder die Bereitschaft, diese zu schaffen). Für unser Vorhaben im Schwimmen und in der Leichtathletik benötigen wir die Unterstützung der Sportfachverbände. Ebenso sind wir auf Kooperationen in den bereits bestehenden Schwerpunkt- und Perspektivsportarten angewiesen, die es teilweise schon gibt (Kanu, Radsport, Sportschießen). In der Fortschreibung des Leistungssportkonzeptes ergeben sich für den Förderzyklus 2016-2020 somit folgende Strukturen und Schwerpunkte: Schwerpunktsportarten Sommersport: Wintersport: Rollstuhlbasketball Kanusport Radsport Leichtathletik (neu) Schwimmen (neu) Ski Alpin Ski Nordisch Perspektivsportarten: Bogensport Sportschießen (neu) Die Festlegung von Schwerpunktsportarten, Perspektivsportarten, Landesleistungsstützpunkten und Landeskadern erfolgt nach folgenden Kriterien: Schwerpunktsportart • Paralympische Sportart • Abteilungsleiter in der Sportart • Qualifizierter hauptamtlicher Landestrainer in der Sportart • Landesleistungsstützpunkt in der Sportart • Verpflichtende Teilnahme an Meisterschaften / Wettkämpfen • Verpflichtende Teilnahme an Sitzungen der Abteilung im DBS • als Ziel: Kooperation mit dem jeweiligen Sportfachverband im BLSV; Andocken an Bundesstützpunkte; Perspektivsportart • Paralympische Sportart • Abteilungsleiter in der Sportart • mind. 3 Perspektivsportler (D/L-Kader) vorhanden • Einklang mit der gesamtstrategischen Ausrichtung des BVS Bayern Landesleistungsstützpunkt • Paralympische Sportart • Abteilungsleiter in der Sportart • tragender Stützpunktverein 35 • • • • mind. 3 Perspektivsportler (D/L-Kader) trainieren regelmäßig am Stützpunkt regelmäßige Trainings- und Lehrgangsmaßnahmen der Kaderathleten überregionale Ausrichtung des Stützpunkts im Einklang mit der gesamtstrategischen Ausrichtung des BVS Bayern als Ziel: hauptamtlicher Landestrainer Landeskader • Paralympische Sportart • Klassifizierbarkeit in der Sportart • Mitgliedschaft im LV 2.3 Eliteschulen des Sports / Bundesstützpunkte / Olympiastützpunkte Im Behindertensport hat bislang kein Paralympics-Medaillengewinner eine Eliteschule des Sports besucht, auch aus den derzeitigen Kadern befindet sich kein Athlet auf einer bayerischen Eliteschule des Sports. Mit den steigenden internationalen Anforderungen und Trainingsumfängen wird es in jedem Fall auch für Nachwuchssportler mit Handicap immer wichtiger, Schule und Sport zu vereinbaren. Daher bilden die Eliteschulen des Sports für den Behindertensport einen idealen Rahmen. Eine Nutzung durch die paralympischen Nachwuchssportler muss forciert werden. Folgende Punkte sind dabei zu berücksichtigen: Wie bereits dargestellt, handelt es sich in unseren Landeskadern meist nicht um homogene Gruppen (Alter, Behinderung, Wohnort), d.h. wir haben bislang mangels Athleten nicht die Möglichkeit, eine Gruppe Athleten an eine Eliteschule zu schicken und dort einen Trainer für die Trainingsgruppe anzustellen. Bei uns handelt es sich vielmehr um einzelne Sportler, für die es die Aufnahme und Trainingsbetreuung an einer Eliteschule zu prüfen und zu regeln gilt. Hierfür sind wir auf die Kooperation mit den Sportfachverbänden an den Eliteschulen des Sports angewiesen. Für die optimale Betreuung einzelner paralympischer Nachwuchsathleten an den Eliteschulen sind zusätzliche Mittel für Honorartrainer notwendig, vgl. Punkt 2.4. Wenn aus schulischer und sportfachlicher Sicht keine Einwände bestehen, müssen außerdem die infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen werden, damit Schulgebäude und Sportstätten für unsere Athleten nutzbar sind. Dies kann Athleten mit Rollstuhl oder blinde Athleten betreffen, es kann aber auch sein, dass keine speziellen Anforderungen an die Gebäude notwendig sind. Bis sich keine anderen Umstände ergeben haben, handelt es sich um Einzelabsprachen bei Bedarf. Eine Kooperation mit den Sportfachverbänden hinsichtlich Eliteschulen des Sports ist bislang hauptsächlich in folgenden Schwerpunktsportarten des BVS denkbar: Ski Alpin Ski Nordisch / Biathlon Leichtathletik Schwimmen Weitere Entwicklungen ausgeschlossen. und Kooperationen in anderen Sportarten sind natürlich nicht Finanzierung der Internatsplätze in den Häusern der Athleten (HdA) Hier können wir die Forderungen des olympischen Sports nur bekräftigen: eine längerfristige Senkung der Internatskosten wäre auch für die Eltern der paralympischen Sportler dringend erforderlich. Die Eltern von Nachwuchssportlern mit Behinderung sind häufig mit hohen medizinischen Kosten, Kosten für Spezialanfertigungen (Sportrollstühle, Prothesen) sowie mit hohen Fahrtkosten für wohnortferne Trainingsmöglichkeiten und Wettbewerbe belastet. Eine zusätzliche finanzielle Belastung sollte vermieden werden, da sich manche Eltern das Internat 36 sonst nicht leisten können. Außerdem muss das System „Sportinternat“, in dem die Kinder die bestmögliche sportliche und schulische Förderung erhalten, den paralympischen Sportlern und vor allem deren Eltern erst schmackhaft gemacht werden. Bisher geht die Tendenz bei Kindern mit Handicap noch zur Bindung an das örtliche Umfeld und Vermeidung eines Ortswechsels, wie eingangs bereits erwähnt. Sportförderung der Behörden Die Sportförderung in den Behörden (Bundeswehr, Zoll, Bundes- oder Landespolizei) ist ebenso eine bestehende Struktur des olympischen Sports, die durch den Behindertensport mitgenutzt werden kann und vermehrt genutzt werden sollte. Leistungssportler mit Behinderung können in den Verwaltungsbereichen der Behörden tätig werden. Wie bei den Eliteschulen handelt es sich hier um einzelne Sportler, für die eine solche Förderung in Frage kommt und für die Lösungen gesucht werden müssen. Dafür ist die Kooperation mit den entsprechenden Parteien notwendig. Akademische Anschlussförderung nach der Schulausbildung Eine Erhöhung der Anzahl der „Partnerhochschulen des Spitzensports“ ist aus unserer Sicht nicht notwendig. Wichtig ist allerdings, dass die „leistungssportfreundlichen Rahmenbedingungen“ unsere Leistungssportler und ihre Bedürfnisse mit einschließen. Hier geht es vor allem um das Thema Barrierefreiheit: zum einen, was die Fortbewegung in dem Gebäude „Universität“ angeht, zum anderen aber auch, was z.B. die Aufbereitung von Studienunterlagen für blinde und sehbehinderte Sportler angeht. Olympiastützpunkte Der Zugang für Bundeskaderathleten (A, B und C-Kader) des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) zu den bestehenden Olympiastützpunkten ist bereits durch eine Kooperation der Olympiastützpunkte mit dem DBS geregelt. Erforderlich sind die barrierefreie Nutzbarkeit und ein für die Belange der paralympischen Bundeskaderathleten geschultes Personal. Die Anforderungen einzelner Athleten können individuell je nach Behinderungsart sehr variieren, z.B. hinsichtlich physiotherapeutischer Betreuung. 2.4 Trainer Im paralympischen Sport sind hauptamtliche Trainer unabdingbar, um Talente zu sichten und professionelle Trainingsabläufe zu gewährleisten. In den zukünftigen Schwerpunktsportarten Leichtathletik und Schwimmen sind zwei neue Trainerstellen auf Teilzeitbasis zu schaffen. Bis auf Segeln bleiben alle bisherigen Trainerstellen bestehen, so dass der BVS Bayern nach aktuellen Planungen insgesamt 7 hauptamtliche Trainer (Teilzeit) finanzieren wird, weitere Honorartrainer in den insgesamt 20 paralympischen Sportarten kommen dazu. Es besteht außerdem der Bedarf, die bestehenden Trainergehälter regelmäßig anzupassen. Für diese Maßnahmen besteht ein zusätzlicher Bedarf von insgesamt 80T € p.a. 60T € für 2 hauptamtliche Trainerstellen in Teilzeit und 20T € für Honorartrainer. Für die Zusatzqualifikation der Trainer aus dem olympischen Bereich für den paralympischen 37 Sport bestehen Ausbildungsmöglichkeiten im BVS Bayern. Für Sportler aus dem paralympischen Bereich, die nach ihrer aktiven Karriere als Trainer fungieren wollen, bestehen Ausbildungsmöglichkeiten bei den Sportfachverbänden. Eventuelle gemeinsame Module werden unter Absprache der jeweiligen Fachverbände entworfen. 2.5 Talentfördermaßnahmen Generell ist die Anzahl der paralympischen Sportarten und Disziplinen bei Sommer- bzw. Winter-Paralympics steigend. Für die Winterspiele ist zusätzlich Para-Bobsport angedacht, der genaue Zeitpunkt ist aber noch nicht bekannt. Da wir im Bobsport aus dem olympischen Sport ideale Strukturen mitbringen und um die Position Bayerns als Wintersportland Nummer 1 auch im Behindertensport zu festigen, müssen hierfür langfristig Mittel eingeplant werden. Parakanu wird erstmals bei den Sommer-Paralympics 2016 in Rio auftauchen. Für Tokio 2020 wurden die beiden Sportarten Badminton und Taekwondo neu ins paralympische Programm aufgenommen. Aufgrund der steigenden Anzahl der zu betreuenden paralympischen Sportarten / Disziplinen (inkl. zusätzliche Schwerpunkt- und Perspektivsportarten, vgl. 2.1) und gewachsener Trainingsumfänge besteht ein erhöhter Bedarf an Talentfördermitteln. Die Staatsmittel für die Talentförderung werden für Talentsuchmaßnahmen sowie für die Durchführung zur Leistungsüberprüfung und –förderung von Talenten eingesetzt. Der bestehende Ansatz muss um 70T € p.a. aufgestockt werden. 2.6 Situation der Finanzierung des Leistungssports im BVS Bayern Seit 2009 stehen dem BVS Bayern jährlich Staatsmittel i.H.v. 340.000€ (für 30 Sportarten, davon 20 paralympische Sportarten) zur Förderung des Sportbetriebs zur Verfügung. Seither wurde die Anzahl der hauptamtlichen Trainerstellen (Teilzeit) von zwei auf aktuell sechs Trainer (vgl. Aufstellung im Anhang) erhöht. 2015 wurden dafür Trainerfördermittel von etwa 120T € eingesetzt. Parallel dazu ist der Bedarf an Talentfördermitteln steigend, da mit dem Einsatz der hauptamtlichen Trainer die Anzahl der Lehrgangsmaßnahmen wesentlich erhöht werden konnte. 2015 wurden Talentfördermittel von rund 200T € eingesetzt. Der Förderbedarf steigt also, während die Fördermittel seit 2009 gleichbleibend sind. Um den Weg der Professionalisierung im paralympischen Nachwuchsleistungssport fortzusetzen und die für den Zeitraum 2016-2020 geplanten Maßnahmen (vgl. Punkt 2.4 und 2.5) umsetzen zu können, ist daher eine Erhöhung der Fördermittel erforderlich: Trainerförderung: In den zukünftigen Schwerpunktsportarten Leichtathletik und Schwimmen sind zwei neue Trainerstellen auf Teilzeitbasis zu schaffen. Für diese Maßnahmen besteht ein zusätzlicher Bedarf von insgesamt 80T € p.a. 60T € Für 2 hauptamtliche Trainerstellen in Teilzeit und 20T € für Honorartrainer. Talentförderung: Aufgrund der steigenden Anzahl der zu betreuenden paralympischen Sportarten / Disziplinen (inkl. zusätzliche Schwerpunkt- und Perspektivsportarten, vgl. 2.1) und gewachsener Trainingsumfänge besteht ein erhöhter Bedarf an Talentfördermitteln. Die Staatsmittel für die Talentförderung werden für Talentsuchmaßnahmen sowie für die Durchführung zur Leistungsüberprüfung und –förderung von Talenten eingesetzt. Der bestehende Ansatz muss um 70T € p.a. aufgestockt werden. 38 2.7 Bayerische Sportstiftung Einmalige Investition der Bayerischen Staatsregierung in den Grundstock der Bayerischen Sportstiftung insbesondere für die Individualförderung von bayerischen Nachwuchssportlern Da der finanzielle Aufwand im Behindertensport oft erheblich größer ist als im NichtBehindertensport, zum einen durch teure Spezialanfertigungen wie Sport-Rollstühle, SportProthesen, Monoski, Langlaufschlitten und zum anderen durch die häufig wohnortfernen Trainingsmöglichkeiten und damit verbundenen Transportkosten, ist es dringend notwendig, ausgewählte paralympische Nachwuchssportler finanziell zu unterstützen. Auch hierbei halten wir den Weg der Inklusion und die gemeinsame Förderung olympischer und paralympischer Nachwuchssportler für die richtige Lösung, bei dem der Anfang bereits gemacht wurde. In der Bayerischen Sportstiftung werden derzeit mit Clara Klug (Ski Nordisch / Biathlon) und Elena Krawzow (Schwimmen) bereits zwei paralympische Nachwuchsathletinnen gefördert. Hierfür möchten wir uns noch einmal herzlich bei den Verantwortlichen der Bayerischen Sportstiftung bedanken. Wie bereits durch den olympischen Sport angesprochen, steht Bayern im bundesweiten Vergleich in einer Konkurrenzsituation mit Sportstiftungen anderer Bundesländer, die erhebliches Stiftungskapital haben. In der „Sportstiftung-NRW“ werden derzeit insgesamt 120 AthletInnen gefördert, darunter befinden sich bereits 24 paralympische AthletInnen. Darunter wiederum befinden sich zwei ehemalige bayerische Athleten, für die die finanzielle Förderung durch die Sportstiftung NRW mit ein ausschlaggebender Grund für den Wechsel des Landesverbandes war. Um unsere olympischen und paralympischen bayerischen Sportler bestmöglich zu unterstützen und sie für den Standort Bayern zu erhalten, ist daher dringend eine finanzielle Aufstockung der Bayerischen Sportstiftung notwendig. 39 Anhang Stützpunkte in Bayern Paralympische Trainingsstützpunkte Sportart Standort Rollstuhlbasketball München Ski Alpin Berchtesgaden Landesleistungsstützpunkte Sportart Standort Bogensport Erlangen Kanu Oberschleißheim Radsport München Segeln Prien am Chiemsee Ski Nordisch Nesselwang Weitere: Sportschießen Garching-Hochbrück (entsprechend Kooperation mit dem Bayerischen Sportschützenbund und dem Oberpfälzer Schützenbund) Hauptamtliche Landestrainer Sportart Trainer Rollstuhlbasketball Thorsten Schmid Ski Alpin Eduard Reichhart Ski Nordisch Martin Härtl Kanu Lars Groskopf Radsport Michael Teuber Segeln Christian Bittner Behinderungsarten und paralympische Startklassen Behinderung Anzahl der Klassen Sehschädigung / Blindheit 3 Körperbehinderung, stehend 7 Rollstuhlfahrer 4 "Track" 8 "Field" Spastische Lähmungen 7 Geistige Behinderung 1 40 Arbeitsgruppe Förderung und Verbesserung Nachwuchsleistungssports in Bayern der Rahmenbedingungen des An den Ausschuss für Leistungs- und Spitzensport im Bayerischen Landessportbeirat Antrag Die Rahmenbedingungen für den Nachwuchsleistungssport in Bayern sind durch die Erhöhung der Finanzmittel o Für die Talentförderung, vorrangig für Lehrgangsmaßnahmen für Nachwuchsleistungssportler Erhöhung der Lehrgangsmaßnahmen für den Nachwuchsleistungssport; Steigen die Anzahl der zu betreuenden paralympischen Sportarten; zusätzliche Schwerpunkt- und Perspektivsportarten; Kostenvolumen: o Für Anhebung des Trainerbudgets zur 70T € p.a. Betreuung der Nachwuchsleistungssportler Es besteht ein Bedarf von 2 neuen hauptamtlichen Trainerstellen (Teilzeit) sowie Honorartrainern; Kostenvolumen: weiteren 80T € p.a. Gesamtkostenvolumen: 150T € p.a. Vorliegender Antrag ist den entsprechenden Gremien im Bayerischen Landtag zur weiteren Bearbeitung und Beschlussfassung vorzulegen. 41 III. Bedarf im Nachwuchsleistungssport für Menschen mit Hörbehinderung ab 55 dB Hörverluste auf beiden Ohren in Bayern – Vorschläge zu notwendigen Strukturanpassungen Vorbemerkungen Das vorliegende Konzept „Bedarf im Nachwuchsleistungssport in Bayern“ des Bayerischen Gehörlosen-Sportverbandes (BGS) ist Teil eines Gesamtförderkonzeptes und stellt die besonderen Bedingungen und Voraussetzungen im Gehörlosen-Nachwuchsleistungssport in Bayern dar. Daraus resultierend erfolgen Vorschläge zu notwendigen Strukturanpassungen. Ziel dabei ist es, hörbehinderte bayerische Athleten künftig so zu fördern, dass sie einen angemessenen Beitrag zum Gesamtergebnis der deutschen Mannschaft bei den Deaflympics leisten können, bzw. zur Verbesserung des aktuellen Leistungsniveaus bei den Sommer- und WinterDeaflympics sowie langfristig zur Aufrechterhaltung des Leistungsniveaus beitragen können. Das hiermit vorliegende Konzept bildet die sinnvolle Ergänzung des Leistungssportkonzeptes 2014 des BGS und bezieht sich auf die Förderung der deaflympischen Sportarten und Disziplinen. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung weiblicher und männlicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht. Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Teilnehmer an den Sommer-Deaflympics Abb. 2: Teilnehmer an den Winter-Deaflympics Abb. 3: Medaillenspiegel 2009. Deutschland im Vergleich zur Weltspitze Abb. 4: Medaillenspiegel 2013. Deutschland im Vergleich zur Weltspitze Abb. 5: Medaillen der bayerischen Athleten und der deutschen Mannschaft bei SommerDeaflympics Abb. 6: Medaillen der bayerischen Athleten und der deutschen Mannschaft bei WinterDeaflympics Tabellenverzeichnis Tab. 1: Zuordnung Sportarten Tab. 2: Leistungsstützpunkte, Landesleitungszentren Tab. 3: Notwendige Finanzmittel Abkürzungen BGS = Bayerischer Gehörlosen-Sportverband BVS = Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband Bayern DGS = Deutscher Gehörlosen-Sportverband 42 DOSB = Deutscher Olympischer Sportbund Inhalt Einleitung 1 Anteil und Verteilung bayerischer Athleten an Sommerund Winter-Deaflympics 1.1 Teilnehmer an Sommer-Deaflympics seit 2001 1.2 Teilnehmer an Winter-Deaflympics seit 1991 1.3 Erfolge 1.3.1 Medaillen bei den Sommer-Deaflympics 1.3.2 Medaillen bei den Winter Deaflympics seit 1991 1.4 Zusammenfassung 2 2.1 2.2 2.8 Kennzeichen des deutschen Gehörlosensports Leistungssportsstruktur Inklusion und regionale Trainingsgruppen für gehörlose Sportler Talentscouting Klassifizierungsgrenze Altersstruktur gehörloser Sportler Kadersituation Unterstützung durch den Spitzenverband und die Institutionen des deutschen Spitzensports Fördermöglichkeiten für gehörlose Sportler 3 3.1 3.2 3.3 3.4 Erforderliche Maßnahmen Leistungssportpersonal Leistungsstützpunkte, Landesleistungszentren Eliteschulen des Sports Notwendige Finanzmittel 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 Einleitung Die Leistungssportstrukturen des BGS finden in dieser Fortschreibung die notwenige besondere Berücksichtigung. Begründet ist diese darin, dass sich die leistungssportlichen Strukturen des BGS grundsätzlich von denen der olympischen und paralympischen Sportverbände unterscheiden. Konsequenterweise werden die strukturellen Voraussetzungen, Bedingungen und Perspektiven des BGS im Gesamtkonzept separat dargestellt sowie die jeweiligen Perspektiven und der notwendige Bedarf beschrieben. Die sportlichen Strukturen im Bereich des BGS sind in vielen Bereichen noch grundsätzlich zu entwickeln. Damit der BGS die jeweils selbstgesteckten sportlichen Ziele mit verhältnismäßigem Aufwand erreichen kann und deutsche gehörlose Sportler bei nationalen und internationalen Wettkämpfen hervorragende Ergebnisse erkämpfen, bittet der BGS die verantwortlichen Ausschussmitglieder darum, die Fortentwicklung des Konzeptes zu unterstützen. Zur Umsetzung haben aus Sicht des BGS zunächst die unter Punkt 3 genannten Vorschläge und Maßnahmen zur Schaffung eines leitenden hauptamtlichen Landestrainers und die Finanzierung von fünf Honorartrainern allerhöchste Priorität. 43 1 Anteil und Verteilung bayerischer Athleten an Sommer- und Winter-Deaflympics Im Nachgang erfolgt eine Auswertung der Teilnahme von bayerischen Athleten im Verhältnis zur deutschen Mannschaft sowie die Erfolge bayerischer Sportler im Rahmen der deaflympischen Sommer- und Winterspiele. Berücksichtigt werden hier ausschließlich die Ergebnisse von Sportlerinnen und Sportlern, die einem bayerischen Gehörlosen-Sportverein angehören. 1.1 Teilnahme an Sommer-Deaflympics seit 2001 Beim Blick auf die Anzahl der Teilnehmer an den Sommer-Deaflympics lässt sich feststellen, dass der Anteil an bayerischen Sportlern zwischen 2005 und 2009 relativ gleichblieb, während sich die Anzahl bayerischer Athleten bei den letzten Deaflympics in Sofia fast auf das Niveau von 2001 reduzierte. Abb. 1: Teilnehmer an den Sommer-Deaflympics seit 2001 1.2 Teilnahme an Winter-Deaflympics seit 1991 Im Wintersport zeichnet sich eine insgesamt drastische Negativentwicklung ab. So stellt der BGS zwar den größten Teil an Athleten, insgesamt aber rutscht die Anzahl an Wintersportlern auf gerade einmal fünf, vier davon aus Bayern. Die einzige Medaille, die 2015 in KhantyMansiysk errungen wurde - Bronze in der Abfahrt - wurde vom erfahrensten bayerischen Fahrer, Philipp Eisenmann, eingefahren. Im Wintersportland Bayern muss es gelingen, die bayerischen Talente zum einen nicht an andere Sportarten zu verlieren und vor allem aber, sie in Bayern zu halten und nicht in Bundesländer abwandern lassen zu müssen, in denen sie bessere Trainingsbedingungen oder betreuung vorfinden. 44 Abb. 2: Teilnehmer an den Winter-Deaflympics seit 1991 1.3 Erfolge Insgesamt betrachtet haben bayerische Sportler seit Jahren einen wesentlichen Anteil am Erfolg der deutschen Mannschaft. Die Medaillenausbeute deutscher Sportler hat sich in den vergangenen vier deaflympischen Zyklen stark verringert. Auch die Anzahl der von bayerischen Athleten erkämpften Medaillen hat sich seit 2001 deutlich verringert. 1.3.1 Medaillen bei den Sommer-Deaflympics Beispielhaft werden nachfolgend die Ergebnisse der letzten beiden Sommer-Deaflympics genauer dargestellt und im Anschluss daran das Ergebnis bayerischer Kadersportler. Abb. 3: Medaillenspiegel 2009. Deutschland im Vergleich zur Weltspitze. Abb. 4: Medaillenspiegel 2013. Deutschland im Vergleich zur Weltspitze. 45 Die Ergebnisse der Deaflympics zeigen deutlich, dass die bayerischen gehörlosen und hörbehinderten Sportler zu den Stützen des deutschen Gehörlosen-Leistungssports gehören. Lediglich die Athleten aus Nordrhein-Westfalen (NRW) spielen eine vergleichbare Rolle. Dem GehörlosenSportverband NRW stehen allerdings Mittel für Personal und Organisationsförderung zur Verfügung. Abb. 5: Medaillen SommerDeaflympics 1.3.2 der bayerischen Athleten und der deutschen Mannschaft bei Medaillen bei den Winter-Deaflympics Im Wintersport werden die Medaillen erwartungsgemäß ausschließlich von bayerischen Athleten erkämpft. Die Vorherrschaft bayerischer Wintersportler muss unbedingt aufrecht erhalten bleiben. 46 Abb. 6: Medaillen WinterDeaflympics 1.4 der bayerischen Athleten und der deutschen Mannschaft bei Zusammenfassung Insgesamt betrachtet steigen zwar die Anzahl an Teilnehmern sowie die Anzahl an teilnehmenden Nationen an deaflympischen Sommer- oder Winterspielen kontinuierlich an. Allerdings reduziert sich die Größe der deutschen Delegation zunehmend. Zahlreiche europäische Nachbarn oder Konkurrenten haben sich auch im Gehörlosen-Leistungssport dank optimierter Leistungssportstrukturen und dem Einsatz von hauptamtlichem Leistungssportpersonal stark verbessert. Russland dominiert unangefochten sowohl die Sommer- als auch die Winterspiele. Die Ukraine und Weißrussland sowie Südkorea und China haben sich aufgrund der dort wesentlich besseren Fördermöglichkeiten und Professionalisierung rasant entwickelt und sich im Medaillenspielgel unter den Top 5 festgesetzt. Deutschland ist zwischenzeitlich auf Platz 14 im Medaillenspiegel der Deaflympics im Sommer und Winter abgerutscht. Eine tiefer gehende Betrachtung der Förderkonzepte und Strukturen anderer Länder ist allerdings nicht Gegenstand dieses bayerischen Konzeptes. Die bisher erarbeiteten bayerischen Medaillenerfolge basieren fast ausschließlich auf ehrenamtlichem Engagement. Die im BGS ehrenamtlich Tätigen sind wie ihre Sportler ambitioniert, engagiert und ehrgeizig. Um wettkampffähig zu bleiben und den zunehmenden Anforderungen im Gehörlosen-Leistungssport gerecht zu werden, braucht es allerdings auch in Bayern dringend Leistungssportpersonal. Der Aufbau von professionellen Strukturen im GehörlosenLeistungssport muss dringend angeschoben werden um langfristig erfolgreich zu sein. Wie im vorausgegangenen Kapitel gezeigt wurde hat sich das internationale Leistungsniveau bei den Deaflympics in den vergangenen Jahren in höchstem Maße gesteigert. Um den Kontakt zur europäischen und zur Weltspitze wieder herzustellen, muss vor allem die Nachwuchsförderung von Gehörlosen und Hörbehinderten stärker in den Fokus der bayerischen Sportförderung rücken und die Unterstützungsleistungen verstärkt werden. 2 Kennzeichen des deutschen Gehörlosensports Nach Angaben des Deutschen Gehörlosen-Bundes leben in Deutschland ca. 80.000 Gehörlose und Hörbehinderte. Daraus folgt, dass auch die Anzahl an gehörlosen oder hörbehinderten Menschen, die sich im Sport engagieren, geringer ist als dies im hörenden Sport der Fall ist. Dies wiederum hat zur Folge, dass sich die Talentfindung auf eine kleinere Zielgruppe konzentriert und die Scouting- und Selektionsmechanismen an anderer Stelle ansetzen als dies im olympischen Bereich Praxis ist. 47 2.1 Leistungssportstrukturen Aus Mangel an vergleichbaren Leistungssportstrukturen wie sie aus dem olympischen und paralympischen Spitzensport bekannt sind, müssen gehörlose Kaderathleten sowohl in einem hörenden als auch einem gehörlosen Verein Mitglied sein. Ein sehr großer Teil der Ausbildung findet also auf Vereinsebene statt. Die Zugehörigkeit zu einem Gehörlosen-Sportverein markiert einen zentralen Punkt im Selbstverständnis des Gehörlosensports. Es bedarf sehr viel Fingerspitzengefühl bei der Erarbeitung von individuellen Lösungen, um bestehende Strukturen des hörenden Leistungssports effektiv nutzen zu können und gleichzeitig den besonderen Bedürfnissen und Anforderungen im Bereich Kommunikation gehörloser Sportler Rechnung zu tragen. 2.2 Inklusion und regionale Trainingsgruppen für gehörlose Sportler Gehörlosen-Sportvereine bieten nur eingeschränkte Trainingsmöglichkeiten an. Inkludiertes Training in Regelsportvereinen, die sich in der Nähe des Lebensmittelpunkts gehörloser Nachwuchssportler befinden, ist unbedingt notwendig. Die für eine langfristige und erfolgreiche Entwicklung eines Sportlers dringend erforderliche, übergeordnete Förderung von gehörlosen Talenten auf Landesebene in Form von regionalen Sichtungen, regelmäßigen gemeinsamen Trainingseinheiten, Wettkämpfen u.ä. muss dringend geschaffen werden, um die Talente vernünftig an die Herausforderungen im Gehörlosen-Spitzensport heranzuführen. Ein langfristiger Trainingsaufbau muss auch im Gehörlosensport geleistet werden, um einerseits die Gesunderhaltung und andererseits auch eine leistungsorientierte Entwicklung zu ermöglichen. Aufgrund der geringen Anzahl an deaflympischen Athleten und der starken geografischen Verteilung erhalten regionale Trainingsgruppe besondere Bedeutung. Diese gilt es, aufzubauen und dafür zu sorgen, dass entsprechend ausgebildete Trainer mit Gebärdensprachkompetenz diese auch betreuen. 2.3 Talentscouting Als zentrale Scouting- und Talentfindungsquelle dient im Gehörlosensport die Schule. Die Gruppe von gehörlosen Sportlern, die die Voraussetzungen mitbringen, sich für Deaflympische Spiele zu qualifizieren, ist nicht homogen. So sind nicht alle Kinder und Jugendliche an speziellen Schulen für Hörgeschädigte. Es gibt beispielsweise eine recht große Anzahl an CochlearImplantat-Trägern, die an Regelschulen zur Schule gehen. Daher muss nicht nur die Zusammenarbeit mit Schulen und Ausbildungszentren vertieft werden, sondern auch Lehrer an Regelschulen für den Gehörlosensport sensibilisiert werden. Darüber hinaus muss ein nachhaltiges Talentscouting-System installiert und nachhaltig gepflegt werden. Dies kann nicht ausschließlich auf ehrenamtlicher Basis erfolgen oder bedient werden. 2.4 Klassifizierungsgrenze Im Gehörlosen-Leistungssport gibt es national und international keine unterschiedlichen Schadensklassen. Als Klassifizierungsgrenze gilt ein Hörverlust von mindestens 55 Dezibel auf dem besseren Ohr. Im nationalen und internationalen Wettkampf ist das Tragen von Hörhilfen untersagt. 2.5 Altersstruktur gehörloser Sportler Die Altersstruktur gehörloser Sportler ist ähnlich der des Behinderten-Sportverbandes. Hörbehinderte Athleten sind im Durchschnitt älter als nicht behinderte Sportler. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen ist das Thema duale Karriere im Gehörlosensport noch immer ein Novum und zum anderen gibt es zu wenig gehörlose Trainer oder hörende Trainer mit Gebärdensprachkompetenz im Nachwuchsbereich, die gehörlose Sportler früh und zielführend fördern können. Das Trainingsumfeld eines gehörlosen Athleten ist bestimmt durch die Nähe zu Schule und Familie, einem Umfeld, in dem sich der Athlet sicher fühlt und entsprechend kommunizieren kann. 48 2.6 Kadersituation Mit Stand 31.12.2015 haben • • • 18 bayerische Athleten A-Kader-Status 27 bayerische Athleten B-Kader-Status und 47 Athleten Landeskader-Status Die Sportarten dabei sind in der nachfolgenden Tabelle zu sehen. Tab. 1: Zuordnung Sportarten Sportart A-Kader B-Kader Badminton 2 Basketball 10 Bowling L-Kader 10 2 2 Curling 13 Fußball / Futsal 5 Handball 1 4 5 1 Leichtathletik 4 2 Radsport 1 1 1 Ski alpin 1 5 2 Sportschießen 5 Tennis 2 5 1 3 Golfsport 3 17 2.7 Unterstützung durch deutschen Spitzensports den 27 Spitzenverband 47 und die Institutionen des Der Deutsche Gehörlosen-Sportverband (DGS) unterstützt den BGS u.a. damit, dass er sein Leistungssportpersonal und sein Netzwerk für Maßnahmen zur Verfügung stellt, um zumindest einen Teil des derzeit existierenden Förder-Vakuums auf regionaler Ebene zu schließen. Die bisher gewohnte Unterstützung kann künftig allerdings nicht mehr in gleicher Form erfolgen, da der Spitzenverband seine Ressourcen verstärkt auf die internationalen Herausforderungen und die verbesserte Förderung seiner A- und B-Kader legen muss, um wettkampffähig zu bleiben. Die Zusammenarbeit mit den Institutionen des deutschen Spitzensports, den Olympiastützpunkten bzw. dem wissenschaftlichen Verbundsystem ist nicht wie im olympischen oder paralympischen Spitzensport geregelt. Die DGS-Kaderathleten haben jedoch Zugang zu Leistungen aus dem Bereich der Grundförderung, u.a. Laufbahnberatung, Physiotherapie und in Teilen auch Leistungsdiagnostik. Talentierte Landeskader und Bundeskader sollten die Möglichkeiten der Einrichtungen vor Ort besser nutzen können. 49 2.8 Fördermöglichkeiten für gehörlose Sportler Als einzige Nachwuchsförderung auf Bundesebene erhalten ausgewählte DGS-Athleten die Nachwuchs-Elite-Förderung der Deutschen Sporthilfe. Hier hat der DGS die Möglichkeit, 15 Athleten pro Jahr für die Förderung vorzuschlagen. Die Sportförderung der Behörden bei Zoll, Polizei, Bundespolizei oder Bundeswehr, wie sie im olympischen und für die Bundeswehr auch im paralympischen Bereich nutzbar sind, stehen dem DGS nicht zur Verfügung. Damit sind die Perspektiven und Finanzierungsmöglichkeiten für gehörlose Sportler vergleichbar schlechter als für Sportler aus den anderen Bereichen des Leistungssports. Die Möglichkeiten der Förderung gehörloser bayerischer Sportler durch die Bayerische Sportstiftung werden im Rahmen der Fortschreibung des Konzeptes geprüft. Bisher werden keine BGSAthleten durch die Stiftung gefördert. Die Entwicklung von Landeskaderathleten vollzieht sich recht positiv. Besonders erfreulich ist, dass die Entwicklung bayerischer Landeskader in Richtung Bundeskadern gelingt. Allerdings muss an dieser Stelle der Hinweis erfolgen, dass vor allem in NRW bessere Förderstrukturen vorliegen und die Abwanderung junger Talente nach Beendigung ihrer Schulausbildung dorthin zunehmend stattfindet. Ganz besondere Bedeutung haben hierbei die Standortvorteile in NRW, wie die Möglichkeit ein Studium aufzunehmen oder in NRW eine berufliche Karriere zu starten. Die vorbildliche Zusammenarbeit des Gehörlosen-Sportverbandes NRW mit Vereinen und den dort ansässigen Spitzenverbänden sind häufig Grund für einen Wechsel nach NRW. Möglich ist dies durch die nicht unerhebliche Förderung durch Zuschüsse für den Gehörlosensport in NRW aus Landesmitteln für hauptamtliches Personal, Fortbildungen, Sportlehrgänge, Schulungs- und Bildungsmaßnahmen sowie Beratungs- und Betreuungsleistungen. Darüber hinaus fördert der Landessportbund den Gehörlosen-Sportverband NRW jährlich für Maßnahmen im Bereich Breitensport, Leistungssport, Lehrarbeit, Verbandshilfe und Jugendarbeit. Diese Form der Unterstützung sollte dringend auch dem BGS ermöglicht werden. 3 Erforderliche Maßnahmen Aus der o.g. Analyse wird deutlich, dass der BGS um wettkampffähig zu bleiben, dringend Leistungspersonal benötigt. Die Entwicklung, Koordination und Steuerung des GehörlosenLeistungssports in Bayern kann nicht weiter ausschließlich in den Händen ehrenamtlicher Mitarbeiter oder seines Spitzenverbandes liegen. 3.1 Leistungssportpersonal Ein wesentlicher Erfolgsgarant ist die Betreuung an den Stellen, an denen bereits beste Trainingsmöglichkeiten bestehen und beste Athletenbetreuung geleistet wird. Der Zugang zu den Stützpunkten für unsere Kaderathleten ist aufzubauen und sicherzustellen, die engere Verzahnung zu bestehenden Strukturen des Spitzensports in Bayern, zu Schulen und Ausbildungszentren ist zu intensivieren. Der sportliche Erfolg hängt darüber hinaus maßgeblich vom optimalen Einsatz qualifizierter Trainer ab. Mit der Schaffung der Stelle eines leitenden hauptamtlichen Landestrainers mit Gebärdensprachkompetenz ist gewährleistet, dass bayerische gehörlose Sportler in Anlehnung an das olympische und paralympische Vorbild gefördert und ausgebildet werden können. Die Umsetzung dieses Ansatzes hat allerhöchste Priorität. Um den sportlichen Erfolg vorzubereiten und nachhaltig aufrechtzuerhalten, ist es aus unserer Sicht unabdingbar, ergänzend zum hauptamtlichen leitenden Landestrainer mit Gebärdensprachkompetenz für die Wettkampfsportarten im BGS, die Finanzmittel für fünf Honorartrainer in den Sparten • • • • Basketball Leichtathletik Sportschießen Wintersport: Ski-Alpin und 50 • Wintersport: Curling zu schaffen und dafür qualifizierte Trainer mit Gebärdensprachkompetenz einzusetzen. Die Arbeitsschwerpunkte eines leitenden Landestrainers liegen in den nachfolgend aufgelisteten Aufgaben • • Fortentwicklung der Gesamtkonzeption Jugendleistungsförderung des BGS Entwicklung Finanzkonzept, Strukturplan, Regionalkonzept, Jahresplanung Entwicklung eines Stützpunktkonzeptes, Aufbau eines Stützpunktsystems für die o.g. Sportarten und Disziplinen • • • Entwicklung eines Ausbildungs-, Sichtungs- und Kaderkonzeptes Talentidentifikation durch Erstellen eines Athletenprofils für die Schwerpunktsportarten Erstellen von Rahmentrainingsplänen in Abstimmung mit den Rahmentrainingsplänen des DGS • • • Durchführung von Leistungskontrollen Organisation und Durchführung regionaler Maßnahmen enge Zusammenarbeit mit den Institutionen des bayerischen Spitzensports inkl. Bayerische Sportstiftung • Planung und Steuerung der erforderlichen sportmedizinischen Untersuchungen und leistungsdiagnostischen Untersuchungen in Abstimmung mit dem DGS • Aufbau eines Netzwerkes und Kooperationen mit Schulen und Vereinen sowie den anderen bayerischen Sportverbände • Talentstrukturentwicklung über den Schulsport, Aufbau von Talentakademien in enger Kooperation mit Schulen und Ausbildungszentren, die über die dafür notwendige Infrastruktur und das Personal verfügen • • Bildung von leistungsstarken regionalen Trainingsgruppen Entwicklung eines Lehrerkonzeptes, Lehreraus- und -fortbildungen • Entwicklung Evaluation eines Trainerkonzeptes, Traineraus- und -fortbildungen jährliche Die Hauptaufgaben der auf Honorarbasis finanzierten Disziplin- bzw. Spezialtrainer liegen in der sportfachlichen Betreuung, der Mitarbeit bei der Erarbeitung bzw. Umsetzung entsprechender Rahmentrainingspläne, der Durchführung von Leistungskontrollen sowie der Kontaktpflege mit den Vereinstrainern und Eltern der identifizierten Talente und der Teilnahme an den regionalen Maßnahmen. Um qualifiziertes Personal hierfür zu finden, sollten die Stellen auf vier Jahre ausgeschrieben werden. Sinnvoll ist hier eine Projektförderung mit Verlaufskontrolle durch eine jährliche Qualitätsüberprüfung sowie einer noch zu bestimmende Form der Qualitätssicherung in Anlehnung an die Meilensteingespräche des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). 3.2 Leistungsstützpunkte, Landesleistungszentren Der BGS unterhält bisher keinen eigenen Stützpunkte oder Leistungszentren. Die bisherige Unterstützung beschränkt sich auf die Nutzung der Sportschule Oberhaching für vier WochenendTrainingslager pro Jahr. Dies ist sicherlich nicht ausreichend dafür, bayerische Talente an die europäische und die Weltspitze zu bringen. Der obigen Analyse folgend konzentriert sich der BGS beim für den Erhalt der Wettkampffähigkeit bayerischen gehörlosen Athleten auf die o.g. Schwerpunktsportsparten. Der BGS schließt sich hier nach Möglichkeit bereits bestehenden Stützpunkten an, um ressourcenorientiert die in der Praxis erprobten Strukturen auch im Gehörlosen-Sport zu nutzen. 51 Tab. 2: Künftige Landesleistungszentren Sportart / Disziplin Anzahl Landeskader Anzahl Bundeskader voraussichtliche Standorte Basketball (m) 10 3 Nürnberg Leichtathletik 14 2 München Sportschießen 16 6 Hochbrück 6 4 Berchtesgaden Wintersport: Ski alpin Wintersport: Curling 3.3 12 Füssen Eliteschulen des Sports Die sinnvolle Nutzung von Eliteschulen des Sports durch gehörlose Sportler im Sinne einer Inklusion ist nur sehr schwer umsetzbar. Damit auch hörbehinderte Sportler den Anforderungen gerecht werden können, sollte die Vernetzung mit entsprechend qualifizierten GehörlosenPädagogen forciert und nach Standorten gesucht werden, beispielsweise bestehende Schulen für Gehörlose mit Internat, in denen die Vereinbarkeit von Schule und Sport bestmöglich umsetzbar ist. Welche Schulen und Internate hierfür geeignet sind und als Kooperationspartner in Frage kommen, ist noch zu ermitteln. Auch dies liegt im Aufgabenfeld des leitenden Landestrainers. 3.4 Notwendige Finanzmittel Zur Finanzierung der o.g. Stellen und Maßnahmen sind folgende Mittel notwendig. Tab. 3: Notwendige Finanzmittel Kosten p.a. 1 Leitender Landestrainer 55.000,00 Euro 5 Honorartrainer 30.000,00 Euro Maßnahmen zur Talentsuche, Fördermaßnahmen an Schulen, 10.000,00 Euro Leistungsüberprüfung, Talentförderung, Reisekosten Trainer- und Lehreraus- und Fortbildungen Nutzung von Trainingsstätten 5.000,00 Euro 15.000,00 Euro 52 Arbeitsgruppe Förderung und Verbesserung der Rahmenbedingungen des Nachwuchsleistungssports in Bayern An den Ausschuss für Leistungs- und Spitzensport im Bayerischen Landessportbeirat Antrag zur Änderung der Rahmenbedingungen für den Nachwuchsleistungssport 1. Forderung des BLSV, BSSB und OSP Bayern Nach ausführlichem Sachvortrag durch die eingesetzte Arbeitsgruppe des Landessportbeirates wird der Ausschuss für Leistungs- und Spitzensport im Bayerischen Landessportbeirat gebeten, folgenden Beschluss zu fassen: Sicherung der Finanzmittel o für Anhebung der Trainerbudgets der bayerischen Sportfachverbände (Inflationsausgleich) Die Gehälter der derzeit tätigen Trainer sind prozentual (Inflationsausgleich) anzupassen. Kostenvolumen: 150T € p.a. o für die Talentförderung, vorrangig für Lehrgangsmaßnahmen der Sportfachverbände für Nachwuchsleistungssportler Erhöhung der Lehrgangsmaßnahmen innerhalb von drei Jahren in drei Schritten für den Nachwuchsleistungssport. Kostenvolumen: in 2017 250T€ in 2018 500T€ ab 2019 750T€ p.a. o Anteilige Bezuschussung von Betriebskosten Betriebskostenzuschüsse für Träger von Trainingsstätten an Bundesstützpunkten, Bundesstützpunkten Nachwuchs und Landesleistungszentren Kostenvolumen: 1 Mio € p.a. o für die zeitnahe Abfinanzierung von Baumaßnahmen Bundesstützpunkten, Bundesstützpunkten Nachwuchs Landesleistungszentren Anpassung an die Abfinanzierungszeiten des Bundesministeriums des Inneren an und Politische Unterstützung o Die Politik wird gebeten, sich für eine intensive Zusammenarbeit der Wirtschaft und der Bayerischen Sportstiftung einzusetzen. Vorliegender Antrag ist den entsprechenden Gremien im Bayerischen Landtag zur weiteren Bearbeitung und Beschlussfassung vorzulegen. 53 2. Forderung des BVS Die Rahmenbedingungen für den Nachwuchsleistungssport in Bayern sind durch die Erhöhung der Finanzmittel o Für die Talentförderung, vorrangig für Lehrgangsmaßnahmen für Nachwuchsleistungssportler Erhöhung der Lehrgangsmaßnahmen für den Nachwuchsleistungssport; Steigen die Anzahl der zu betreuenden paralympischen Sportarten; zusätzliche Schwerpunkt- und Perspektivsportarten; Kostenvolumen: o Für Anhebung des Trainerbudgets zur 70T € p.a. Betreuung der Nachwuchsleistungssportler Es besteht ein Bedarf von 2 neuen hauptamtlichen Trainerstellen (Teilzeit) sowie Honorartrainern; Kostenvolumen: weiteren 80T € p.a. Gesamtkostenvolumen: 150T € p.a. Vorliegender Antrag ist den entsprechenden Gremien im Bayerischen Landtag zur weiteren Bearbeitung und Beschlussfassung vorzulegen. 54 3. Forderung des BGS Die Rahmenbedingungen für den Nachwuchsleistungssport in Bayern sind durch die Erhöhung der Finanzmittel o o Maßnahmen zur Talentsuche, Fördermaßnahmen an Leistungsüberprüfung, Talentförderung, Reisekosten Kostenvolumen: Für Anhebung des Trainerbudgets zur Schulen, 10T € p.a. Betreuung der Nachwuchsleistungssportler Es besteht ein Bedarf von 1 neuem hauptamtlichen Trainerstellen sowie 5 weiteren Honorartrainern; Kostenvolumen: 85T € p.a. o Trainer- und Lehreraus- und Fortbildungen Kostenvolumen: 5T € p.a. Kostenvolumen: 15E € p.a. o Nutzung von Trainingsstätten Gesamtkostenvolumen: 115T € p.a. Vorliegender Antrag ist den entsprechenden Gremien im Bayerischen Landtag zur weiteren Bearbeitung und Beschlussfassung vorzulegen. 55