2 Neue Presse vom 13.04.2015

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2 Neue Presse vom 13.04.2015
Montag, 13. April 2015
Nachrichten
Nr. 85
Neue Presse
3
Immer wenn der bundesweite Giftköderalarm anspringt, geraten auch in Hannover die Hundebesitzer in Panik. Aber weil sie nicht mehr ständig um ihre Tiere fürchten
wollen, wehrt sich eine Initiative nun mit Informationen, aber auch mit witzigen Aktionen. Die im Dunkeln agierenden Giftmischer sollen sich nicht mehr länger sicher
fühlen können. NP-Redakteurin Petra Rückerl traf die Hundefreunde, Christian Behrens fotografierte sie. Sie selbst appellieren an die Hundehasser:
„Vergiftet unsere Hunde nicht, ...“
Hannover. Es ist keine drei
Wochen her, da schaute Jenny
Schuster mal wieder in den bundesweiten Giftköder-Radar (siehe
unten). „Ich war total erschrocken,
da waren weit mehr als 7000 verdächtige Funde aufgezählt.“ Die
28-jährige Hannoveranerin fackelte
nicht lange und gründete die Facebook-Gruppe „Hundefreunde gegen
Hundeshasser“. Und viele folgten ihr,
nicht nur ihre hannoversche Chihuahua-Gruppe. „Jetzt sind wir schon
1100 Mitglieder“, freut sich Jenny.
Die Mitglieder kommen großteils aus Hannover, aber auch Hun-
defreunde aus der ganzen Republik, aus Belgien, Österreich und der
Schweiz sind dabei. „Es gibt ja leider
überall diese Giftmischer, da müssen wir zusammenhalten, uns informieren und uns gegenseitig warnen“, meint die Marketingexpertin –
und knuddelt Hündin Coco gleich ein
bisschen mehr.
Coco ist für Jenny Schuster nicht
irgendeine Sache. Die unter das
Delikt „Sachbeschädigung“ fallen würde, würde man Coco etwas
antun. „Coco ist für mich total wichtig, wir sind 24 Stunden zusammen,
sie liebt mich abgöttisch.“ Jeden-
... weil sie anderen
Menschen hilft.
Alina Fischer (26), Heilerzieherin, mit Laika-Mischung Ronja
Räubertochter (7 Monate)
... weil er niemanden
etwas getan hat.
Steffi Richter (32), Empfangskraft,
mit Fey (2), einem Coton-de Tuléar
(Baumwollhund)
hilft Menschen, sie wird eingesetzt
in der tiergestützten Pädagogik.
„Wir arbeiten mit geistig behinderten Kindern“, erklärt die Heilerzieherin. Und freut sich darüber, welchen
positiven Einfluss ihre Ronja auf die
Kinder hat. „Ronja kann motivieren,
hilft bei der Angstbewältigung, und
es gibt kein Kind, das nicht auf sie
reagiert.“ Würde Ronja einem Giftköder zum Opfer fallen, würden vermutlich viele Menschen um sie weinen.
Jasmin Schaefer weiß, wie es ist,
wenn der geliebte Vierbeiner vergiftet wird. Irgendwo beim Spa-
falls, so lange Kumpel Elmo nicht in
der Nähe ist – der Kater ihrer Eltern.
„Dann bin ich abgeschrieben“, lacht
Jenny Schuster.
Ilka Bebek kann Jennys Gefühle
nachempfinden. Sie hat sich den
„Hundefreunden“ angeschlossen,
weil sie Angst um Muffin, ihren dreijährigen Chihuahua-Mix hat. Muffin
wird zum „Mantrailing“ ausgebildet,
er wird verloren gegangene Menschen aufspüren. „Vielleicht“, sinniert die 44-Jährige, „wird mein Hund
womöglich genau die Person retten,
die ihn eigentlich vergiften wollte.“
Auch Alina Fischers Laika-Mix Ronja
... weil Muffin vielleicht
Dein Leben retten
könnte.
... weil er mein bester
Freund ist und ich mich
auf ihn verlassen kann.
Annika Grunert (32), Journalistin,
mit Alex (3,5), einem Mischling aus
Schäferhund, Husky und Windhund
... weil sie dem Menschen ausgeliefert sind,
und der Mensch der
Klügere sein sollte.
Janika Weusthoff (25), Studentin,
mit Chihuahua Lea (15 Monate)
Giftköder-radar
Hannover.
Bereits
seit Längerem helfen sich
Hundebesitzer und/oder
Hundefreunde über die
sozialen Medien. Mit der
„Giftköder-Radar“-Internetseite oder der „Giftköder-Radar-App“ lassen
sich gesichtete Köder von
Haltern melden. Diese
werden in einer interaktiven Karte registriert und
lassen sich von anderen
Nutzern einsehen.
Auf der Karte lassen
sich die Einträge nachvollziehen – man gibt
einfach seinen Standort
ein und kann die gesichteten Giftköder und
deren Standorte nachlesen. So kann man andere
Hundehalter darauf aufmerksam machen, dass
an bestimmten Stellen eventuell regelmäßig
Köder ausgelegt werden.
Wer es nicht so mit
dem Internet hat, kann
es auch einfacher haben:
Auch ausgehängte Zettel können Hundehalter
über Giftköder informieren.
Wer einen verdächtigen Köder findet, sollte
ihn möglichst gefahrlos
einsammeln, zur Polizei bringen und Anzeige
erstatten.
Beim Gassigehen können Kohletabletten nützlich sein. Die können Gift
neutralisieren, wenn es
noch nicht in den Darmtrakt gelangt ist.
Weitere Infos:
http://www.erste-hilfe-beimhund.de/cgi-php/rel00a.prod/
joomla/Joomla_1.6/index.php/
vergiftungen
fer blieb auf 1600 Euro Tierarztkosten sitzen, ihre Tochter Leonie verlor ihre geliebte Spielgefährtin. Und
ist noch immer traumatisiert. Wenn
der neue Familienhund Emma, ein
knuddeliger Tibet-Terrier, etwas länger an einem Gegenstand am Boden
schnuppert, schiebt die Sechsjährige Panik. „Dann ruft sie mich
gleich und fragt, ob Emma womöglich Gift gefressen hat“, erzählt Jasmin Schaefer.
Die Hundebesitzer haben ein
ergreifendes Video zusammengestellt, das sowohl ihre Ängste wiedergibt als auch ihre Einstellungen als
... weil der Hund
unschuldig ist.
Jenny Schuster (28),
Onlinemarketing,
mit Chihuahua Coco
(11 Monate)
Ilka Bebek (44), Assistentin in
Werbeagentur, mit Chihuahua-Mix
Muffin (3 Jahre)
Farina Herbst (24), Landschaftsgärtnerin, mit Spitz-Yorkshire-Mix
Lasse (1,5 Jahre)
... weil er einer meiner
besten Freunde ist.
ziergang in der Nähe von Hänigsen
muss Manja, eine fröhliche JackRussel-Mischung, im Frühjahr 2013
das Gift aufgenommen haben. Die
Hündin konnte kurz darauf nur noch
schwer atmen, das rechte Auge wies
eine Einblutung auf, sie war schwach
und litt offenbar unter starken
Schmerzen. Die Tierärzte vermerkten extrem schlechte Blutwerte, eine
Blutgerinnung war nicht mehr messbar – ein klarer Hinweis auf Rattengift. Sechs Wochen kämpften Frauchen und Ärzte um das Leben des
Tieres. Umsonst. Manja musste eingeschläfert werden, Jasmin Schae-
... weil wir gesehen
haben, wie sie leiden
müssen.
Jasmin Schaefer (37), Kauffrau, mit
Tochter Leonie (6) und Tibet-Terrier
Emma (5 Monate)
verantwortliche Hundebesitzer. „Wir
lehnen Leute ab, die ihre Tiere nicht
erziehen. Und wir verlangen nicht,
dass jeder unsere Hunde – oder
überhaupt Tiere – mögen muss“,
sagte Jenny Schuster dazu. „Aber
es gibt für niemanden einen Grund,
Tiere zu vergiften.“ Und Steffi Richter ist eines klar: „Diese Hundeshasser treffen nicht nur uns und unsere
Tiere. Wenn ein Kind einen Giftköder schluckt, dann ist es Mord.“ Das
Video der Gruppe bei YouTube:
https://m.youtube.com/
watch?v=K8PDzUk6iVg&feature=youtu.be
... weil ich ihn liebe.
Karina Kollosser (32), Ergotherapeutin, mit Chihuahua Bommel (1 Jahr)
... weil sie Familienmitglieder sind.
Michaela Jäkel (30), selbstständig,
mit Susi (3), Diva (5), Justin (7),
Benny (9), alle Australian Shepherds
kot-sammelaktion
Frauchen bückt sich für die gute Sache
Hannover. Sie bücken sich für ihre Tiere
– und die Bürger in Hannover wird es freuen.
Am 1. Mai gehen die „Hundefreunde gegen
Hundehasser“ mal ohne ihre Vierbeiner los,
haben aber trotzdem jede Menge Kot-Tüten
dabei. „Nach dem Motto ,aufheben, statt
vergiften`sammeln wir am Maschsee, in der
Eilenriede und auf der Bult den Hundekot,
den die Besitzer einfach haben liegen lassen“, erklärt Steffi Richter. Denn die 32-jährige Empfangskraft kann es selbst nicht leiden, wenn überall die Hinterlassenschaften
herumstinken. „Das ist auch nicht mit der
Hundesteuer erledigt, wie einige Hundebesitzer immer noch meinen“, sagt sie.
Die Aktion kommt im Vorfeld gut an. Der
Tierfuttermarkt Miezebello stiftet 500 KotBeutel und auch mit dem Abfallentsorger
aha ist die Gruppe im Gespräch. „Es wäre
schon schön, wenn wir auch Greifzangen hätten“, meint Richter. Und natürlich kann sich
jeder Hundebesitzer beteiligen – je mehr bei
der Sammelaktion dabei sind, umso besser.
Anfragen bei der Facebook-Gruppe: „Hundefreunde gegen Hundehasser“.
SO GEHTS: Steffi Richter sammelt die Hinterlassenschaft von Fey ein – die KotBeutel sind immer mit im Handgepäck.