39 - Arznei
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zurück 62 vom 22. April 2008), belassen die britischen und französischen Behörden gering kontaminierte Chargen im Handel. Da es bisher keine auffälligen Unverträglichkeitsreaktionen auf Enoxaparin gibt, will man so Versorgungslücken vermeiden (MHRA: Drug Alert vom 24. Apr. 2008/ati d). Vorsichtshalber werden die Ärzte in Frankreich und Großbritannien aufgefordert, die i.v.-Anwendung von Enoxaparin zu meiden – außer in Notsituationen (Scrip 2008; Nr. 3357: 1 und 27). In Deutschland blockt der Hersteller Sanofi-Aventis konkrete Anfragen ab und teilt lediglich lapidar mit, die Versorgung mit CLEXANE sei „gewährleistet” (Sanofi-Aventis: Schreiben vom 30. Apr. 2008). Übersulfatiertes Chondroitinsulfat ist „strukturell identisch” mit dem bis 1992 in Deutschland zur Behandlung der Arthrose angebotenen Heparinoid Mukopolysaccharidpolysulfat (ARTEPARON; KISHIMOTO, T.K. et al.: N. Engl. J. Med. 2008; 358; published online 23. Apr. 2008). Dieses musste in den 1990er Jahren wegen tödlicher Anwendungsfolgen wie anaphylaktischem Schock, Thromboembolien u.a. vom Markt gezogen werden (a-t 1992; Nr. 7: 66). Die beanstandeten Heparine stammen anscheinend alle aus chinesischer Produktion. Die Firmen dort beziehen Ausgangsmaterial oft von unkontrollierten Kleinbetrieben. Heparin wird aus Schweinedarm gewonnen. Übersulfatiertes Chondroitinsulfat findet sich nicht in tierischem Gewebe und kann auch bei der Bearbeitung des Heparins nicht versehentlich entstehen. Es ist also davon auszugehen, dass der Heparin-Rohstoff aus kommerziellen Gründen mit Chondroitinsulfat gestreckt worden ist, das bereits für ein Hundertstel der Kosten von Heparin erhältlich sein soll. Die Affäre veranschaulicht die Probleme der Globalisierung und Kostenminimierung in der Arzneimittelproduktion. Die Kosten der Qualitätssicherung dürfen dabei nicht auf die öffentliche Hand abgewälzt werden. Pharmafirmen, die Ware so billig wie möglich auf dem Weltmarkt einkaufen, sind gesetzlich zu verpflichten, auf eigene Kosten für die erforderlichen Kontrollen zu sorgen. Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde erhielt 2007 150 Anträge auf Zulassung für Generika, die in den USA produziert werden sollen, aber 900 für Produkte aus China und Indien. Würde die FDA ausländische Firmen im Zweijahresrhythmus kontrollieren, müsste sie den dafür erforderlichen Etat um 225 Mio. Dollar aufstocken, also mehr als verzwanzigfachen (New York Times vom 30. Apr. 2008/ ati d). Die rund 700 relevanten chinesischen Arzneiproduzenten kontrolliert die FDA derzeit rechnerisch nur einmal alle 40 bis 50 Jahre (Scrip 2008; Nr. 3347/48: 1 und 24). a r z n e i - t e l e g r a m m® 2008; Jg. 39, Nr. 5 Patientengruppe (THUNDIYIL, J. G. et al.: J. Med. Toxicol. 2007; 3: 15-9). In den oben erwähnten Berichten liegen die Dosierungen allerdings im therapeutischen Bereich. Die erste Patientin erhält im Anschluss an Dimenhydrinat 0,15 mg Fentanyl (FENTANYL, Generika) injiziert, das ebenfalls Krampfanfälle auslösen kann. Beim zweiten Patienten sind die Begleitumstände einschließlich einer eventuellen Komedikation nicht bekannt. Das seit den 1950er Jahren angebotene Dimenhydrinat wird nach wie vor häufig verwendet. Sollte Verdacht auf Dimenhydrinat- bzw. Diphenhydramin-bedingte Krampfanfälle bestehen, bitten wir um Mitteilung an unser NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION. Nebenwirkungen 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 HARNVERHALTUNG UNTER WDULOXETIN (CYMBALTA, YENTREVE) Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA überblickt seit Markteinführung des Antidepressivums WDuloxetin (CYMBALTA; a-t 2005; 36: 47) 78 Meldungen an ihre Datenbank zu verzögerter Miktion oder Harnverhaltung.1 17 Betroffene müssen stationär aufgenommen werden, 9 werden ambulant katheterisiert. 62% der schwer Betroffenen sind Frauen, bei denen Harnverhaltungen normalerweise selten sind. Eine Anfrage der FDA beim Hersteller fördert 198 weitere Berichte zu Tage, zwölf davon mit Katheterisierung. 11% dieser Meldungen, bei denen das Alter bekannt ist, betreffen unter 30-Jährige.2 Auch der deutschen Behörde liegen 24 Berichte über Harnverzögerung oder Harnverhaltung unter Duloxetin vor, 17 davon mit stationärer Aufnahme.3 Die unerwünschte Wirkung erscheint plausibel: Bei der Indikation Stressinkontinenz soll Duloxetin (YENTREVE) die urethrale Schließfunktion verbessern. Eine von Firmenmitarbeitern bereits 2004 durchgeführte Auswertung von Studien bei Depression oder Stressinkontinenz ergibt unter Duloxetin bei 1% der Patienten Symptome obstruktiver Entleerungsstörungen gegenüber 0,4% unter Scheinmedikament.4 Diese Erkenntnisse werden in den deutschen Fachinformationen nur eingeschränkt wieder gegeben: Unter YENTREVE sei die Häufigkeit einer Harnverhaltung nicht bekannt,5 während unter CYMBALTA Harnverhaltung und Harnverzögerung als gelegentlich eingestuft werden.6 1 Netzwerk aktuell 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Krampfanfälle unter parenteralem Dimenhydrinat (VOMEX A)? Ein Notarzt wird zu einer 70-jährigen Frau mit Schenkelhalsfraktur gerufen. Bevor die Patientin zur Rettung umgelagert werden soll, erhält sie das Antiemetikum Dimenhydrinat (VOMEX A) langsam i.v.. Während der nachfolgenden Opioidgabe erleidet sie einen tonisch-klonischen Krampfanfall mit Blickdeviation, steht auf, offenbar ohne Schmerzen zu empfinden, und ist anschließend bis zum Eintreffen in der Klinik bewusstlos (NETZWERK-Bericht 14.923). Der Arzt berichtet über einen weiteren Patienten, der während der Verlegungsfahrt zur Bypass-Operation im Fahrzeug zweimal eine halbe Ampulle Dimenhydrinat i.v. erhält. Gleich nach der zweiten Injektion hat er einen tonischklonischen Krampfanfall mit Tachykardie und Atemstillstand über 20 bis 30 Sekunden (14.924). Dimenhydrinat dissoziiert im Blut in den Xanthinabkömmling 8-Chlortheophyllin und das Antihistaminikum Diphenhydramin (EMESAN, Generika). Sowohl unter Theophyllinen als auch nach Überdosierung von Diphenhydramin bzw. Dimenhydrinat sind Krampfanfälle beschrieben. In einer Auswertung von fast 400 Vergiftungsberichten aus Kalifornien bilden Diphenhydramin-Überdosierungen hinter Bupropion (ELONTRIL, ZYBAN) die zweithäufigste Ursache für Konvulsionen in dieser 2 3 4 5 6 FDA Drug Safety Newsletter 2008; 1: 22-4 http:www.fda.gov/cder/dsn/2008_winter/2008_winter.pdf FDA/CDER: Urinary Retention and Urinary Hesitation: NME Review Follow up, Duloxetin (CYMBALTA), Stand Juli 2007; http://www.fda. gov/cder/drug/postmarketing_safety/duloxetine_followup.pdf BfArM: Schreiben vom 28. April 2008 VIKTRUP L. et al.: Prim. Care Companion J. Clin. Psychiatry 2004; 6: 65-73 Lilly: Fachinformation YENTREVE, Stand Aug. 2007 Boehringer Ingelh./Lilly: Fachinformation CYMBALTA, Stand Aug. 2007 arznei-telegramm® (Institut für Arzneimittelinformation), Bergstr. 38 A, Wasserturm, D-12169 Berlin, Telefax: (0 30) 79 49 02 20, Email: [email protected] und [email protected] Im Internet: http://www.arznei-telegramm.de Herausgeber: A.T.I. Arzneimittelinformation Berlin GmbH Redaktion: W. BECKER-BRÜSER, Arzt und Apotheker (verantw.), U. BUCHHEISTER, Ärztin, Dr. med. H.R. GIECK, J. HALBEKATH, Ärztin, Dr. med. A. JUCHE, B. KERN, Apothekerin, Prof. Dr. med. M. M. KOCHEN, Dr. med. A. von MAXEN, Prof. Dr. med. I. MÜHLHAUSER, S. SCHENK, Ärztin, Prof. Dr. med. P. S. SCHÖNHÖFER, Dr. med. H. WILLE, Dr. rer. physiol. B. WIRTH Das arznei-telegramm® (a-t) erscheint monatlich, Bezug im Jahresabonnement, Kündigung drei Monate zum Jahresende. Das a-t wird ausschließlich über die Abonnements finanziert. Jahresbezugspreis für Ärzte, Apotheker und andere Angehörige der Heilberufe 48 &, für Studenten (Nachweis erforderlich) 33 &. Für Firmen, Behörden, Institutionen mit Mehrfachlesern 96 &. Ausland: zzgl. 7,50 & Versand; bitte Zahlungen gebührenfrei für Empfänger vornehmen, ggf. anfallende Bankspesen werden nachberechnet. Die im Heft angegebenen Internet-Adressen werden am Tag der Drucklegung auf Verfügbarkeit geprüft. Die gewählten Produktbezeichnungen sagen nichts über die Schutzrechte der Warenzeichen aus. © 2008, A.T.I. Arzneimittelinformation Berlin GmbH Warenzeichen in Österreich und Schweiz (Beispiele) Bupropion, bei Depression: WELLBUTRIN (A, CH) Bupropion, zur Raucherentwöhnung: ZYBAN (A, CH) Dimenhydrinat, parenteral: VERTIROSAN (A) ANTEMIN (CH) Diphenhydramin, parenteral: DIBONDRIN (A) Duloxetin, bei Depression: CYMBALTA (A, CH) Duloxetin, bei Stressinkontinenz: YENTREVE (A) Fentanyl, i.v.: FENTAMED (A) FENTANYLJANSSEN (CH) vor