REISEN - Märchenhotel Bellevue

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REISEN - Märchenhotel Bellevue
Schweiz am Sonntag, Nr. 28, 12. Juli 2015
44 REISEN
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Auf die Mega-Rutschbahn und
d zum Kinderznacht
Für kleine Sportskanonen
Wie gut sind die Schweizer Familienhotels? Die «Schweiz am
Sonntag» ist mit dem Nachwuchs ausgerückt und hat Spielecken,
Lama-Zoos und Kinderpools getestet.
Hotel Twannberg, Twann-Lamboing BE
In den kommenden Tagen ist jedes
der 42 Zimmer belegt. Für die Hochsaison gilt es, im Hotel Twannberg
frühzeitig anzuklopfen. Das Familienhotel oberhalb des Bielersees verfügt über eine grosse Fangemeinde.
Im Mai, Juni, September und Oktober wartet das Haus in der Regel aber
noch mit vielen Verfügbarkeiten auf.
Einst als Kurhaus 1890 eröffnet, später als Begegnungszentrum für Behinderte und Nichtbehinderte betrieben, wurde das Haus vor fünf Jahren in ein modernes Seminar- und
Familienhotel umgerüstet.
Zwar ist da und dort noch der Geruch und Stil der 80er-Jahre auszumachen, doch die Infrastruktur ist
verblüffend und sorgt beim Vierjährigen für einige Hektik. Kaum das
Zimmer bezogen, gehts runter in die
Turnhalle. Unter den Ringen liegen
orange Alder-Eisenhut-Matten – wie
damals . . . Auf das Schwingen mit
den Ringen folgt eine Partie Unihockey und der Versuch, mit dem Basketball einen Korb zu werfen. Hinter
der Glasscheibe herrscht im Hallenbad reger Betrieb. Flügeli aufgeblasen und rein in die drei Becken;
dann hinauf in den ersten Stock, eine Zehn-Meter-Rutsche führt hinunter zum kleinen Sandstrand, wo Liegen locken und der Blick über See
und Seeland reicht. Doch auf! So eine
Brokat trifft auf Bungalow-Style
Albergo Losone, Losone TI
«Mama, ich glaube, hier hat mal ein
König gewohnt», flüstert Liv (5), als sie
das Foyer des Albergo Losone betritt.
Dann hört man nur noch «wow!»,
schon saust sie los in den Salon, wo
sie eine Reihe antiker Karussellpferde
entdeckt hat. Tatsächlich. Das Albergo Losone sieht ein wenig aus, als hätte Sonnenkönig Louis XIV einen Ausflug in die Fifties gemacht: Hier trifft
Brokat auf Bungalow-Style, Stuck auf
Terrazzoböden und ein goldenes Tor
auf eine ausgedehnte Swimmingpool-Anlage. Und eben: Überall tummeln sich alte Grammofone, Klaviere
und Karussellpferde – auch jenes im
Salon, dem mittlerweile vier Kinderhände den Hals tätscheln. Man will
schon einschreiten und die kleinen
Hände von den Antiquitäten lösen,
aber die Rezeptionistin winkt lachend ab. Im Albergo Losone ist nicht
nur der Kunde König – auch die Kinder sind kleine Prinzen und Prinzessinnen.
Das beginnt beim täglichen Angebot
für Kinder: Neben einem riesigen
Spielplatz, einem Streichelzoo und einem Kinderpool mit Rutsche wird ein
Betreuungsprogramm geboten mit
Highlights wie Kinderschminken, Taschen basteln oder Ponyreiten. Bereits
einjährige Babys kann man vormittags für zwei Stunden der Obhut der
Kinderbetreuerinnen überlassen.
Und am abendlichen Büffet darf Liv
ihre geliebten (hausgemachten) Fisch-
stäbchen mit Penne schöpfen, während Eva (22 Monate) genau so viel
von ihrer Leibspeise Mozzarella (und
ein paar Pommes frites) bekommt,
wie sie essen mag.
Klar gibt es an jedem Tisch Farbstifte
und Malbögen, und je nach Alter der
Kinder haben die umsichtigen Kellner bereits die benötigte Anzahl
Kinderstühle bereitgestellt. Selbst die
Binsenwahrheit «Eltern haben nie Urlaub» erweist sich in Losone als unwahr: Auf Wunsch dürfen die kleinen
Gäste im räumlich abgetrennten Kinderland essen. Und plötzlich hat man
als Eltern mitten im Familienurlaub
Zeit für ein Essen zu zweit.
Das ist noch nicht alles. Denn in Losone sind Theorie und Praxis zwei Paar
Schuhe: «Für den Kinderznacht muss
man sich bis 17 Uhr anmelden», steht
auf dem Papier. «Liv darf ruhig ausprobieren, ob es ihr gefällt, andernfalls bringe ich sie Ihnen einfach ins
Restaurant» – so die Betreuerin. «Das
Kinderland ist für Kinder ab drei»,
heisst es laut Wochenplan. «Falls die
kleine Schwester auch mitspielen will
– kein Problem!», schlägt die Kinderbetreuerin vor. Und diese freundliche
Flexibilität macht es schliesslich aus,
dass man sich hier tatsächlich wie eiANNA KARDOS
ne Königsfamilie fühlt.
www.albergolosone.ch
nicht. An anderen Tischen lärmen
ebenfalls Kinder, springen auf und
haben gemeinsam Spass in der Ecke
im Spielhaus – währenddessen die
Eltern in Ruhe mit einem Twannberger anstossen. Der Koch, der am Mittag auf der Terrasse mit Pommes
frites und Würsten gepunktet hat,
überrascht nun mit einem TandooriChicken mit Feige. Und das letzte
Highlight des Tages folgt im Pavillon-Zimmer. Vom Bett aus überblickt
man den See – und schläft ruhiger
GREGOR WASER
ein denn je.
www.twannberg.ch
Freie Sicht auf Pool und Matterhorn
Hotel La Ginabelle, Zermatt VS
Im Dachstock geht die Post ab
Bastelzimmer. Am Vormittag und
am Nachmittag bis 21 Uhr nimmt
eine Betreuerin die Kinder in
Empfang, um mit ihnen zu spielen
oder zu basteln. Auch eine Kleinkind
und Babybetreuung bietet das Hotel
an. Darüber hinausgehende Animationsangebote sucht man vergebens.
«Kinder sollen nicht separat von ihren Eltern Ferien machen», verrät
Sylvia Bärtschi ihre Philosophie. Zusammen mit ihrem Mann führt sie
das Hotel seit knapp 20 Jahren.
«Während der Sommer- und Herbstferien unternehmen wir aber einbis zweimal pro Woche unser
Familienpicknick oder einen Bergwald-Naturtag.»
Dafür, dass Eltern gar nicht erst auf
die Idee kommen, ihre Kinder quasi
rund um die Uhr fremdzubetreuen,
sorgt nicht zuletzt die das Hotel umgebende Bündner Prachtslandschaft.
Und das Allerbeste daran: Im Sommer können Hotelgäste alle Bergbahnen in der Destination (Davos/Klosters) kostenlos benutzen. Ein Geheimtipp ist dabei das nahegelegene
Rinerhorn: Oben angekommen, erfreut ein Spielplatz und zahlreiche
Spielgeräte die Kinderherzen, und
selbst mit dem Kinderwagen lassen
sich schöne Wanderungen unternehmen. Fazit: Hierher kommen wir
MARTIN RUPF
wieder.
www.kinderhotel.ch
BILDER: HO
Kinderhotel Mucchetta, Davos Wiesen GR
Viel Lärm? Nur kindergerechtes –
also für Erwachsene nur bedingt geniessbares – Essen und nicht enden
wollende Animationsprogramme?
Das idyllisch gelegene Apart- und
Kinderhotel Muchetta im Bergdorf
Wiesen – bei seiner Eröffnung 1988
das erste Kinderhotel in der Schweiz
– erfüllt zum Glück keines dieser
Vorurteile. Natürlich ist das Hotel auf
die Bedürfnisse vor allem der jüngsten Gäste ausgerichtet. Doch sowohl
bei der Einrichtung und beim Ambiente als auch beim Essen kommen
die Eltern auf ihre Kosten. So haben
die 29 Familienzimmer und Appartements zwar ein paar Jahre auf dem
Buckel, doch sie sind gepflegt und
stilvoll. Auch das Restaurant mit
atemberaubender Aussicht und insbesondere der kleine, feine Wellnessbereich wie auch das kulinarische
Angebot können den Vergleich mit
jedem anderen Mittelklasse Berghotel aufnehmen.
Ein grosses Plus ist die Raumaufteilung. So stolpert man nicht an jeder
Ecke über Spielsachen oder begegnet
herumtollenden Kindern.
Zwar gibt es gleich beim Restaurant
eine kleine Spielecke – die kann Gold
wert sein, will man noch in Ruhe das
Dessert geniessen –, ansonsten
wähnt man sich nicht unbedingt in
einem Kinderhotel. Dies ändert sich
schlagartig, betritt man im Dachstock das Spielparadies mit Rutsche,
Legoecke, Computergame-Raum und
Testübernachtung ist nicht zum Dösen gedacht!
Nach einem halbstündigen Spaziergang zum Waldrand, wo es eine mystische Steinlandschaft und schöne
Feuerstellen gibt, ist der Drang gross
zurück ins Hotel. Denn auch rund
ums Haus locken viele Anregungen:
ein Mini-Zoo mit Lamas und Emus
gilt es zu bestaunen. Und unten
beim Sportplatz wird eben einer der
Tret-Gokarts frei. Der Vater trampt,
der Sohn steuert – ins nächste Gebüsch. Der Spass ist gross. Und vergeht auch später im Restaurant
Wie im Schlaraffenland
Märchenhotel, Braunwald GL
Das Erzählen des Märchens ist Chefsache: Jeden Abend Punkt sechs Uhr
nimmt entweder Hoteldirektor Patric
Vogel oder seine Frau Nadja auf dem Sessel mit der hohen Lehne Platz. Vor ihnen
sitzt eine Kinderschar auf dem mit weichen Fellen ausgelegten Fussboden und
freut sich, dass das Erzählen des Märchens nun endlich beginnt. Und wenn
das Ehepaar Vogel einmal selber keine
Geschichte erzählen kann, dann übernimmt diese wichtige Aufgabe Martin
Vogel – Vater von Patric und Hoteldirektor im Ruhestand.
Schliesslich war er es, der das Märchen
vor über 30 Jahren als festen Bestandteil
ins Tagesprogramm des Hotel Bellevue
in Braunwald aufnahm. Es begann da-
mit, dass er mit einem Märchen ein
Mädchen beruhigen wollte, das die Gäste
mit seinem Geschrei im Speisesaal
nervte. Das Märchen kam so gut an, dass
am nächsten Tag nicht nur das Mädchen, sondern ein ganzes Dutzend Kinder auf eine weitere Geschichte wartete
– und am Tag darauf waren es noch
mehr. So wurde aus dem traditionellen
Grandhotel eine kinderfreundliche
Zone. Auch dank ein paar An- und
Umbauten.
Heute führt eine Rutschbahn von der
Sonnenterrasse ins Hallenbad, eine vom
ersten Stock zur Réception und draussen
eine von einem kleinen Turm direkt
über eine Weide mit grasenden Geissen.
Daneben steht ein Brunnen, aus dem Sirup strömt. Ja, ein bisschen wie im Schlaraffenland ist das schon. Auch drinnen.
Im Kinderspeisesaal steht eine hohe
Hüpfburg, auf der sich Mädchen und Buben austoben können. Und natürlich
gibt es auch ein Spielzimmer.
Doch nicht alles dreht sich hier um die
Kleinen. Nein, auch die Erwachsenen
kommen auf ihre Kosten. Zum Beispiel
im Wellness-Bereich, der einen herrlichen Ausblick auf die Glarner Alpen
gewährt oder bei einem 6-gängigen
Nachtessen. Wie es der Name Märchenhotel Bellevue verspricht, finden hier
Kinderunterhaltung und Luxus zueinander. Und das in einer sehr willkommenen Mischung. Man erntet als Eltern
keine despektierlichen Blicke, wenn die
Kinder im Restaurant am Boden spielen,
und man kann zwischen Gang drei und
vier eine Pause einlegen und mit den
Kleinen im Indoorspielplatz herumtoben.
Ein weiteres Highlight neben dem
Märchen sind die sporadisch
stattfindenden Kindermodeschauen.
Der Laufsteg führt durch den Speisesaal. Moderiert wird die Show vom
Chef persönlich. Und das mit einer so
grossen Ernsthaftigkeit, als schritten
Starmannequins und nicht Kinder in
zu grossen Schuhen durch sein Hotel.
RAFFAEL SCHUPPISSER
Applaus!
www.maerchenhotel.ch
Am Bahnhof wartet bereits der Elektro-Shuttle-Bus des Hotels, um uns abzuholen – praktisch, da Zermatt autofrei ist und man mit der Bahn von
Täsch anreist, wo man das Auto parkieren kann. Im Hotel angekommen,
werden wir nett begrüsst, und für
das Kind gibt es einen Ballon, in dem
wir später Gutscheine für Getränke
entdecken. Wir werden in unser
Zimmer begleitet und sind positiv
überrascht: ein richtiges Familienzimmer mit Kochecke und gemütlicher Eckbank, einem grossen Badezimmer mit einem Whirlpool und
im oberen Stock zwei Betten. Unser
Sohn ist entzückt, einen eigenen
Stock für sich allein zu haben. Der
Höhepunkt für uns alle ist die Aussicht von unserem grossen Balkon:
der direkte Blick auf das Matterhorn
– und auf den Aussenpool. Nun gibt
es kein Halten mehr – ab in die Badehose und hinein in den schönen Spa!
Es gibt einen Bereich extra für Familien mit Dress-On-Sauna, Innen- und
Aussenpool und einen Bereich im
Untergeschoss, in dem Kinder keinen
Zutritt haben. Wellness wird im Hotel Ginabelle grossgeschrieben. Hier
können sich die Eltern entspannen
und verwöhnen lassen und sich eine
der unzähligen Behandlungen oder
Massagen gönnen, währenddem die
Kinder im Pumuckel-Club betreut
werden und spielen. Allerdings wird
in der Zwischensaison nur auf Anfrage eine Betreuung im Kinderclub organisiert. Man kann wohl dort spielen, aber man muss sich selbst um
seine Kinder kümmern. In der Hochsaison kann man die Zwei- bis Sechsjährigen von 9 bis 21 Uhr abgeben
und so auch mal ein Dinner in Ruhe
zu zweit geniessen. Was wir im Hotel
vermisst haben, ist ein Spielplatz,
aber nicht weit vom Haus entfernt
gibt es einen.
Nach einer sehr ruhigen Nacht ganz
ohne Autolärm und wenig Lichtverschmutzung gehen wir hungrig ans
Frühstücksbuffet. Es ist reichhaltig
mit vielen feinen Sachen, und das
Servicepersonal ist wie alle im Haus
sehr freundlich.
Nach einem tollen Tag in den Bergen
kann man im Hotel Abendessen oder
gemütlich im Zimmer etwas kochen,
was mit Kindern natürlich praktisch
ist, wenn sie nach einem Tag an der
frischen Luft müde sind. Das Hotel
ist sehr zentral gelegen: nahe beim
Bahnhof, Einkaufsmöglichkeiten liegen in Gehdistanz, und auch die Station der Gornergrat-Bahn liegt sehr
CHANTAL SPEISER
nahe.
www.la.ginabelle.ch
■ «PREMIUM SWISS FAMILY HOTELS» GEGRÜNDET
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2015 ist kein einfaches
Jahr für die auf Familien
ausgerichteten Hotels in
der Schweiz. Nach der Abkoppelung des Frankens
vom Euro sind die Preisdifferenzen zu den Nachbarländern grösser geworden.
Jetzt haben sich sieben
führende Schweizer
Kinderhotels zusammengeschlossen und letzten
Dienstag die Gründung
von «Premium Swiss Family Hotels» bekannt gegeben (www.premiumswissfamilyhotels.ch). Ein
umfangreicher Kriterienkatalog sorgt für eine hohe
Qualität, höchsten Wert
wird auf die Kinderbetreuung gelegt. Die sieben
Gründer-Hotels sind: Albergo Losone, Apart- und
Kinderhotel Muchetta,
Märchenhotel Braunwald,
Rockresort Laax, Schweizerhof Lenzerheide, Swiss
Holiday Park in Morschach
und das Valbella Inn Re-
sort. Empfehlenswert für
Familienferien sind auch
die Jugendherbergen, die
Reka-Feriendörfer und die
TCS-Campingplätze etwa
in Flaach, Disentis, Sempach, Scuol, Meride und
Solothurn. Weitere Ideen:
www.myswitzerland.com/
familien. (GWA)