Interpretation Woyzeck – Mariens Kammer

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Interpretation Woyzeck – Mariens Kammer
Interpretation Woyzeck – Mariens Kammer
Woyzeck ist ein Dramenfragment - geschrieben in der Zeit des Vormärz - von
Georg Büchner, einem typischen Vertreter dieser Literaturepoche. Es
kennzeichnet den Konflikt zwischen einem einfachen Soldaten und der
Gesellschaft seiner Zeit. Woyzeck, so heißt der Soldat, lebt mit Marie
zusammen, ist aber mit ihr nicht verheiratet, und hat einen Sohn. Allein schon
deshalb ist er von der Gesellschaft verschrien. Woyzeck arbeitet den ganzen
Tag unter sehr schlechten Umständen in mehreren Tätigkeiten, nur um seiner
Frau und seinem Sohn das Überleben zu sichern, er selbst hat von dem Geld,
was er verdient nicht viel. Marie kann wiederum einem Tambourinmajor nicht
widerstehen, sie hat eine Affäre mit ihr. Schlussendlich erwischt Woyzeck die
beiden und rastet aus. Hier endet das Dramenfragment, es bleibt offen, ob
Woyzeck sich selbst, Marie oder den Tambourinmajor oder sogar beide
umbringt oder in einem Fluss ertrinkt.
Die Szene spielt in Marie's Zimmer. Marie legt sich die Geschenkten Ohrringe
des Tambourinmajors an und betrachtet sich damit im Spiegel, während sie
das Kind ins Bett bringt. Dann singt sie ein Lied, welches die eigene Situation
widerspiegelt.
Plötzlich kommt jedoch Woyzeck herein und überrascht sie, woraufhin sie ihre
Ohrringe versteckt. Woyzeck fragt nach, ist aber nicht wirklich interessiert
daran, die Wahrheit zu erfahren und geht wieder, woraufhin Marie sich und
der Gesellschaft Vorwürfe macht.
Die Szene beginnt ohne Regieanweisungen oder eine Beschreibung des Ortes
sehr unvermittelt. Es ein überleitungsloser Beginn ohne Vorgeschichte. Ebenso
endet es, unvermittelt und abrupt.
Am Anfang führt Marie einen Monolog, in dem sie ihre Situation reflektiert und
ihre Sehnsucht nach einem besseren Leben darlegt. Daraufhin tritt Woyzeck
ein, sagt nicht besonders viel, es kommt zu einem Dialog mit geringem
Sinninhalt. Dann verlässt Woyzeck die Szene wieder, und Marie hält einen
weiteren Monolog, in dem sie ihre Schuld und die der Gesellschaft feststellt
und sich der Falschheit ihres Handelns bewußt wird.
Marie hat eine recht eigenartige Beziehung zu ihrem Kind, sie möchte, dass es
schläft, damit es nicht die Freveltat der Mutter sehen kann und damit es nicht
durch die Mutter verdorben werden kann. Marie scheint sich aber sonst nicht
wirklich gut um das Kind zu sorgen, weil Woyzeck sie zurechtweist, dass es
der Junge unbequem hat und dass er schon schwitzt. Sie wirkt eher
selbstverliebt oder in Selbstmitleid als fürsorglich für den Jungen, sie ist ein
bisschen egozentrisch, auch weil sie sich selbst im Spielgel betrachtet und
sich bewudert.
Ihr Verhältnis zu Woyzeck ist ähnlich, sie versteckt die Ohrringe vor ihm wie
vor dem Kind, damit er nicht erkennt, das sie ihm untreu geworden ist. Sie ist
also unehrlich zu ihm. Sie geben sich beim Hereinkommen auch keinen Kuss
oder zeigen irgendein anderes Kennzeichn einer Liebesbeziehung, ganz im
Gegenteil, Marie betrügt ihn, so dass der Eindruck einer Zweckehe ohne Liebe
für Marie entsteht. Sie wird sich zwar am Ende ihrer Schuld bewußt, schiebt
sie aber wieder der Gesellschaft zu, was ihre Unehrlichkeit und ihr
Selbstmitleid zum Ausdruck bringt. Marie fühlt sich beim Eintreten Woyzeck's
ertappt und hat nun im Vergleich zum Vortext wenig Redeanteile, sie spricht
ausweichend und kurz im Dialog. Sie will damit ihre Schuld verschleiern.
Marie selbst macht ihre Umwelt und die Gesellschaft für ihre missliche Lage,
ihre Armut und ihr Fremd gehen verantwortlich (Z. 35-37). Sie habe sie
verdorben.
Die Sprache in dieser Szene ist plump und sehr einfach, es handelt sich um
Umgangssprache mit vielen Abkürzungen (“'s”) und Vereinfachungen
“Zigeunerbu”) und groben grammatikalischen Fehlern (“Z. 28”), die die
Standeszugehörigkeit der Handelnden charakterisieren. Am Anfang der Szene
wird die Körpersprache Marie's und vor allem des Kindes in Regieanweisungen
beschrieben, dies dient der Wertung Maria's Handlungen durch Büchner über
das noch unmündige Kind, welches das Gesicht hinter der Hand vergräbt und
die Schandtat daher nicht wahrhaben will.
Woyzeck's Sprache ist militärisch gedrillt kurz und sehr einfach, er spricht
auch häufig unvollständige Sätze, was auf geringe Bildung, Stress oder
Nervosität oder auch richtiges Einschätzen der Situation zurückgeführt werden
kann.
Der Hauptkonflikt der Szene ist die Lüge Marie's und die Reaktion ihrer
Umwelt darauf. Sie reflektiert am Anfang ihre Armuts-Situation und
rechtfertigt damit ihre Affäre als Ausdruck ihrer Lust und der Hoffnung auf ein
besseres Leben. Jedoch gesteht sie sich eine Teilschuld ein, an der allerdings
das Kind keinen Anteil haben soll, es soll seinen Blick von der Mutter, der
Sünderin, abwenden, damit es nicht durch sie verdorben wird. Sie singt dann
ein Kinderlied, welches sich auf die Entführung ins “Zigeunerland” bezieht,
wenn das Mädchen nicht den “Fensterladen” zumacht. Marie bezieht sich
damit auf ihre Affäre mit dem Major, denn sie ist es, die sich entführt fühlt
von ihm, sie weist also wieder alle Schuldgedanken von sich und beschuldigt
damit unterschwellig den Major. Dann kommt ihre Arroganz, Selbstverliebtheit
und Oberflächlichkeit zum Ausdruck, sie beschreibt sich als so hübsch wie die
“reichen Madamen”, weil sie die Ohrringe trägt und rote Lippen hat. Auch ihr
Selbstmitleid kommt wieder zum Tragen.
Als Woyzeck eintritt, fühlt sich ertappt, wird sich ihrer Schuld bewusst,
gesteht sich aber weder sich noch Woyzeck ein und belügt ihn über die
Herkunft der Ohrringe, will sie gar verstecken, um unliebsamen Fragen
auszuweichen. Als Woyzeck dann doch fragt, wie sie denn ein Paar Ohrringe
finden konnte, fragt sie ihn dreist, ob er sie denn der Lüge bezichtige, sie will
genau wissen, wie weit sie gehen kann. Doch Woyzeck bleibt beherrscht,
wiegelt ab und will nichts über die Herkunft der Ohrringe wissen. Entweder er
weiß längst Bescheid, er ahnt es und will es nicht wahrhaben oder er hat
wirklich keine Ahnung. Woyzeck wiegelt also ab und kritisiert Marie's
schlechte Pflichterfüllung als Mutter, weil das Kind mit Schweiß auf der Stirn
schläft und dass der Stuhl ihn drückt. Dann setzt er noch eins drauf und legt
Marie provokant, falls er von der Affäre bereits weiß, das Geld auf den Tisch.
Marie soll vielleicht sich ihrer Schuld und Unmoralität bewusst werden.
Maire bedankt sich und macht sich als Woyzeck schon weg ist dann doch
Gedanken über ihre Schuld, darüber, dass sie doch ein schlechter Mensch ist
und warum sie das ist. Dabei verleugnet sie wieder ihre Schuld, sie schreibt
es der “Welt” zu, also der Gesellschaft. Büchner nutzt dieses Mittel, um seine
eigene Kritik an der Gesellschaft anzubringen, jedoch hat die Gesellschaft
sicherlich einen großen Anteil an Marie's Schuld, aber sie selbst nutzt ja die
Fehler der Gesellschaft, um ihr Verhalten zu verantworten, was ich noch
falscher finde.
Büchner bricht hier mit dem klassischen Drama, es gibt kein richtiges Ende
und keinen “positiven Held”, es handelt sich daher um ein offenes Drama.
Woyzeck ist ein einfacher Mann, hat keine besonders hervorstechenden
Eigenschaften und ist auch nicht übermäßig schlau. Und doch hat ihn Büchner
zum Protagonisten gemacht. Damit stellt er eindeutig seinen aufgeklärten und
revolutionären Standpunkt dar. Er will weder mit den Klassikern noch mit den
Regierenden etwas gemein haben und möchte auch mit seinen Werken die
Menschen zu einer fortschrittlichen Denkweise animieren und die bestehende
Gesellschaft reformieren.