brennpunkt arznei - Kassenärztliche Vereinigung Hamburg

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brennpunkt arznei - Kassenärztliche Vereinigung Hamburg
BRENNPUNKT ARZNEI
Jhrg. 13, Nr. 4 – Dezember 2008
Pharmakotherapie
Rationale und rationelle Pharmakotherapie in der Praxis
Womit hemme ich am besten
die Thrombozyten meiner Patienten?
Wie wichtig es ist, die Thrombozytenaggregation bei gefährdeten Patienten zu
hemmen, muss hier nicht mehr erklärt werden. Aber womit erreicht man dieses
Ziel am besten und sichersten? Dazu gibt es auf der einen Seite immer wieder
neue Erkenntnisse und auf der anderen Seite immer neue Versuche der Industrie,
die Ärzte mit fadenscheinigen Argumenten zur Verordnung teurer Produkte zu
bewegen – wie beispielsweise beim Clopidogrel. Wir haben das Thema in diesem
Heft in mehreren Beiträgen aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet und
analysiert, ob und wann teuere Präparate sinnvoll sind und wann das gute, alte,
preiswerte und hochwirksame ASS völlig ausreicht:
PRoFESS-Studie: Das Aus für Aggrenox®?
Seite 11
Clopidogrel-Generika ebenso gut wie Originale
Seite 13
Thrombozytenhemmung nach Infarkt und Insult
Seite 16
92 Studien beweisen es:
Alle ACE-Hemmer wirken gleich gut!
In der Werbung und beim Arztbesuch behaupten Pharmavertreter oft, dass
gerade ihr (teurer) ACE-Hemmer der beste von allen ist. Ein neuer CochraneReview straft solche Marketing-Strategien Lügen: Alle ACE-Hemmer senken den
Blutdruck gleich gut. Trotzdem kann man die Unterschiede zwischen den Substanzen zur therapeutischen Entscheidung heranziehen, meint unser Autor: Er
verordnet einen möglichst preiswerten ACE-Hemmer, den der Patient nur einmal
am Tag einnehmen muss. Genauso kann man auch bei den AT1-Antagonisten
vorgehen, denn sie senken den Blutdruck ebenfalls alle gleich gut. Seite 21
Tabakentwöhnung bei COPD
Rauchen steigert nicht nur das Risiko für Herzinfarkt und Bronchialkarzinom, es steht
auch außer Zweifel, dass es der wichtigste Risikofaktor für die COPD ist – auch das
Passivrauchen! Wer einen Raucher von seiner Sucht befreit, vollbringt damit gleich
zwei gute Taten: Eine für den Raucher, eine für seine Umgebung. Doch das ist fast
immer ein sinnloses Unterfangen, werden viele Kollegen einwenden. Keineswegs:
Wer seine Raucher strukturiert motiviert und das Thema immer wieder anspricht,
kann am Ende noch so manchen Erfolg verbuchen.
Seite 4
Von Abdominalkolik bis Zoster
So werden Schmerzen heute behandelt
Den zweiten Teil der hausärztlichen Schmerzleitlinie finden Sie ab
Herausgeber: Kassenärztliche Vereinigung Hessen
Seite 29
Seite 2
KVH • aktuell
Nr. 4 / 2008
Ein Blockbuster wird generikafähig
Editorial
Von Dr. med. Wolfgang LangHeinrich
Eine neue Möglichkeit, wirtschaftlich zu verordnen, ist der Einsatz der neu verfügbaren Clopidogrelgenerika anstelle der Originalpräparate Plavix® und Iscover®.
Gleichzeitig ist dies ein Beispiel dafür, wie die Hersteller von Originalpräparaten
immer wieder versuchen, den Einsatz von Generika zu behindern.
Seit August 2008 sind Clopidogrelgenerika im Handel. Sie enthalten Clopidogrel in
einer anderen Salzform als die Originalpräparate. Daher hatten die Originalhersteller
die Rechtmäßigkeit der Zulassung bestritten, das Verwaltungsgericht Köln hat am
29.07.2008 aber den sofortigen Vollzug der Zulassung angeordnet. Darüber hinaus
verneinen die Originalpräparatehersteller, dass es sich bei den neuen Clopidogrelpräparaten um Generika handeln würde.
Die pharmakologische Wirkung von Clopidogrel ist unabhängig von der Salzform.
Clopidogrel ist ein Pro Drug. Der aktive Metabolit wird nach Salzabspaltung gebildet.
Nur der aktive Metabolit ist für die Thrombozytenaggregationshemmung verantwortlich. Die Salze spielen für die Wirksamkeit keine Rolle. Pharmakologisch ist die
Vergleichbarkeit der Nachfolgepräparate gegenüber den Originalen gegeben.
Unabhängig von der Zulassung der Nachfolgepräparate handelt es sich um wirkstoffgleiche Generika gegenüber den Originalpräparaten Plavix® und Iscover®. Sie
ermöglichen in deckungsgleichen Indikationen eine wirkstoffgleiche, äquivalenzgleiche und preiswertere Verordnung gegenüber den teuren Originalpräparaten.
Der Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung zwischen Kassen und Apotheker, der unter anderem den Ersatz eines unter seinem Produktnamen verordneten
Arzneimittels (in diesem Fall Plavix®/Iscover®) durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel
durch die Apotheke regelt, beinhaltet, dass verschiedene Salzformen eines Wirkstoffes als ein und derselbe Wirkstoff gelten.
Clopidogrelgenerika sind die wirtschaftliche Therapie bei der Clopidogrelmonotherapie, sowie in Kombination mit ASS nach einer Stentimplantation ohne ein vorausgegangenes Ereignis, wobei dies für unbeschichtete und beschichtete Stents gilt.
Für diese Indikation haben weder die Originalhersteller, noch die Generikapräparate
eine Zulassung, es handelt sich um einen routinemäßig durchgeführten Off-LabelUse, der aber medizinischer Standard ist. Bezüglich dieser Off-label-use-Therapie
sind keine Regressanträge oder Prüfanträge bekannt.
Für die Kombinationstherapie mit ASS bei akutem Koronarsyndrom ohne ST-Streckenhebung, einschließlich Patienten, bei denen akut ein Stent implantiert wurde,
sowie Myokardinfarkt mit ST-Streckenhebung, liegt für die Generikapräparate
zurzeit keine Zulassung vor.
Bei allem Ärgernis über Politik und Krankenkassen – wie immer viel Spaß beim Lesen
von KVH aktuell wünscht Ihnen
Ihr
Nr. 4 / 2008
KVH • aktuell
Seite 3
Editorial
2
Tabakentwöhnung bei COPD
S3 Leitlinie, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft
für Pneumologie und Beatmungsmedizin
4
Die PRoFESS-Studie: Das Aus für Aggrenox®?
Dr. med. Günther Egidi
11
Clopidogrel-Generika – ebenso gut wie das Original?
13
Inhaltsverzeichnis
Therapie und Prophylaxe von kardiovaskulären Ereignissen und Schlaganfällen 16
Dr. med. Klaus Ehrenthal
PPI und Clopidogrel: Eine riskante Kombination für Ihre Patienten!
20
Blutdruck mit ACE-Hemmern und AT1-Blockern senken
Alle ACE-Hemmer wirken gleich gut, auch keine Unterschiede bei AT1-Blockern 21
Dr. med. Joachim Feßler
Herz-Kreislauf-Risiko durch Blutdrucksenker reduzieren
Gibt es für ältere Patienten besonders geeignete Medikamente?
Dr. med. Klaus Ehrenthal
Blutzucker-Selbstkontrolle beim Typ-2-Diabetiker
Dr. med. Klaus Ehrenthal
22
24
Rezept des Monats
Gewisse Besserung, aber dennoch ein schwerer Fehler
27
Sicherer verordnen
Dr. med. Günter Hopf
Betäubungsmittel bei Auslandsreisen
28
Hausärztliche Leitlinie Schmerz
Diffuse Schmerzen bei Fieber
Schmerzen bei unkomplizierten Traumata
Schmerzen bei muskuloskeletalen Erkrankungen
Abdominale / viszerale Schmerzen
Kopfschmerzen
Neuropathische Schmerzen
29
30
30
30
36
36
43
Hausärztliche Leitlinie Palliativmedizin – die Tischversion zum Ausschneiden
47
Impressum
Verlag: info.doc Dr. Bernhard Wiedemann und Anne Haschke-Wiedemann GbR, Pfingstbornstr. 38, 65207 Wiesbaden
Herausgeber: Kassenärztliche Vereinigung Hessen, Georg-Voigt-Straße 15, 60325 Frankfurt
Redaktionsstab: Dr. med. Joachim Feßler (verantw.),
Dr. med. Klaus Ehrenthal, Dr. med. Margareta Frank-Doss, Dr. med. Jan Geldmacher, Dr. med. Harald Herholz,
Klaus Hollmann, Dr. med. Günter Hopf, Dr. med. Wolfgang LangHeinrich, Dr. med. Alexander Liesenfeld,
Renata Naumann , Karl Matthias Roth, Dr. med. Michael Viapiano, Cornelia Wachsen, Dr. med. Jutta Witzke-Groß
Fax Redaktion: 069 / 79502 8467
Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. med. Ferdinand Gerlach, Institut für Allgemeinmedizin der Universität Frankfurt;
Prof. Dr. med. Sebastian Harder, Institut für klinische Pharmakologie der Universität Frankfurt
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dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- oder Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Wie alle anderen Wissenschaften sind Medizin und Pharmazie ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere, was
Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in dieser Broschüre eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autor und
Herausgeber große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angaben dem Wissensstand bei Fertigstellung der Broschüre entsprechen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und
Applikationsformen kann vom Herausgeber jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers.
Seite 4
Für Sie
gelesen
KVH • aktuell
Nr. 4 / 2008
Tabakentwöhnung bei COPD
S3 Leitlinie, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft
für Pneumologie und Beatmungsmedizin
Erstellungsprozess
Die Leitlinie wurde nach definierten Kriterien auf dem S3 Niveau (dem methodisch
anspruchsvollsten und aufwendigsten) erstellt. Die Datenbewertung erfolgte in Anlehnung an das Oxford Centre for Evidence-based Medicine [1] von 1 (Metaanalyse
randomisierter Studien oder randomisierte Studie) bis 4 (Fallserien). Die Überleitung
in Empfehlungsgrade erfolgt u.a. unter Bezugnahme auf die Einteilung nach dem
aktuellen NVL Methoden-Report [2] ( bedeutet starke Empfehlung). In zwei
zweitägigen Konsensuskonferenzen wurden die Aussagen und der Text unter Bezug
auf die zugrunde liegende Evidenz modifiziert. Zusätzlich wurde das Dokument im
Delphi-Verfahren mit allen Autoren kommuniziert und überarbeitet.
Epidemiologie des Zigarettenrauchens
Schon eine einzige
Probezigarette
des Kindes
verdoppelt die
Suchtgefahr
Nach den in Deutschland durchgeführten Mikrozensus-Umfragen raucht etwa ein
Drittel der Bevölkerung, wobei ca. 50 Prozent der rauchenden Männer und ca. ein
Drittel der rauchenden Frauen angaben, mehr als 20 Zigaretten täglich zu rauchen.
Das Durchschnittsalter, in dem zum ersten Mal regelmäßig geraucht wurde, wird
unverändert zwischen dem 13. und 14. Lebensjahr angegeben. In der Europäischen
Union ist Deutschland unter den Ländern mit dem höchsten Tabakkonsum.
Die überwältigende Mehrheit der Raucher (80-90 Prozent) will prinzipiell mit dem
Rauchen aufhören [3, 4]. Aber lediglich etwa 30 Prozent unternehmen innerhalb
eines Zwölfmonatszeitraumes mindestens einen ernsthaften Rauchstopp. Hierbei
weisen spontane Aufhörversuche eine höhere Erfolgsquote auf als geplante Rauchstopps [5].
Bei Individuen, die über längere Zeit Nikotin verabreicht bekommen haben, führt
ein Entzug von Nikotin zu Entzugssymptomen wie Dysphorie, Schlafstörungen,
Depressivität, innere und motorische Unruhe,
Angstzustände, Appetitsteigerung, Konzentrationsstörungen u.a. Physiologisch sind
Nikotinentzugssymptome assoziiert mit
Veränderungen im EEG, den Schlafstadien sowie der Katecholamin- und
Cortisolausschüttung. Bereits das
Rauchen einer einzigen Zigarette
Wenn Raucher ihre Sucht
befriedigen, schädigen sie
auch andere. Dass Passivrauchen zu einer COPD
führen kann, ist inzwischen
hochevident.
Foto: AOK
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im Alter von 11 Jahren führt auch noch nach drei Jahren zu einer Verdopplung des
adjustierten relativen Risikos, einen regelmäßigen Tabakkonsum zu beginnen [6].
Über Tabakrauch aufgenommenes Nikotin besitzt die Eigenschaften einer Droge mit hohem Abhängigkeitspotenzial.
(Evidenzgrad 1)
Tabakrauchen verursacht eine Vielzahl
von Lungenerkrankungen
Durch Tabakrauchen wesentlich verursachte oder ungünstig beeinflusste
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge
• COPD: chronische obstruktive Bronchitis, Lungenemphysem
• Lungenkarzinom
Weitere Erkrankungen der Atemwege und der Lunge
Chronisch-entzündliche Erkrankungen der Bronchien
• Asthma bronchiale
• Alpha-1-Antitrypsin-Mangel Emphysem
• Chronische (nicht-obstruktive) Bronchitis
Bösartige Neubildungen
• Karzinome der Nasennebenhöhlen
• Karzinome der Mundhöhle
• Kehlkopfkarzinom
Infektiöse Erkrankungen
• Rhinitis, Sinusitis, Laryngitis
• Pneumonie
• Influenza
Interstitielle Lungenerkrankungen
• Pneumokoniosen
• Idiopathische Lungenfibrose
• Desquamative interstitielle Pneumonie
• Respiratorische Bronchiolitis–assoziierte interstitielle Lungenerkrankung
Tabakrauchen als Ursache der COPD
Die COPD ist augenblicklich weltweit die fünft-häufigste Todesursache mit stark
steigender Tendenz. In der EU ist die COPD-Mortalität bei Männern etwa 2 bis 3
mal höher als bei Frauen [7]. Etwa 8 bis13 Prozent der erwachsenen Bevölkerung
in Europa und Nordamerika leiden aktuellen Studien mit spirometrischen Messungen zufolge an einer COPD [8, 9]. Über 80 Prozent der COPD-Patienten sind einer
aktuellen englischen Untersuchung zufolge nicht diagnostiziert und sind sich ihrer
Erkrankung nicht bewusst [9].
Tabakrauch ist mit einem relativen Risiko von 13 der wesentliche Risikofaktor für die
COPD [8, 10]. Bis zu 50 Prozent der älteren Raucher entwickeln eine COPD [11]. 80
bis 90 Prozent der COPD-Morbidität werden durch das Tabakrauchen verursacht.
Die COPD führt nicht nur zu Veränderungen der Lunge, sondern auch zu kardialen,
muskulären, ossären und sozialen Krankheitsfolgen. Diese Zusammenhänge werden
wahrscheinlich durch die bei der COPD ausgeprägte systemische Inflammation und
neurohumorale Aktivierung vermittelt [12].
In einer Vielzahl von großen epidemiologischen Querschnitt- und Längsschnittuntersuchungen konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass Rauchen zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion führt [13]. Rauchen in der Jugend reduziert die
Zunahme der Lungenfunktion während des körperlichen Wachstums und somit
Die meisten
COPD-Patienten
wissen nichts von
ihrer Krankheit
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die forcierte Einsekundenkapazität (FEV1 ) während des späteren Lebens [14].
Tabakrauchen ist der wesentliche Risikofaktor für die COPD.
(Evidenzgrad 1)
Passivrauchen als Ursache der COPD
In Deutschland sind 27 Prozent der nichtrauchenden Bevölkerung regelmäßig Passivrauch ausgesetzt [15]. Verschiedene Arbeitsgruppen kamen übereinstimmend zu
dem Ergebnis, dass in Deutschland jährlich 3.000 bis 4.000 Nichtraucher an den
Folgen einer Passivrauchexposition versterben [16]. Davon sterben allein über 900
Patienten an einer durch Passivrauchen verursachten COPD [16].
Passivrauchexposition ist ein Risikofaktor für die COPD.
(Evidenzgrad 1)
Tabakrauchen bei Patienten mit COPD
Acht von zehn COPD-Patienten waren langjährige Raucher. Von diesen gelingt es
nur einem Teil, den Tabakkonsum aufzugeben. So findet sich unter COPD-Patienten
immer noch ein höherer Anteil aktiver Raucher als in der Allgemeinbevölkerung.
[9]. Das Vorliegen einer chronischen Atemwegserkrankung erhöht das Risiko einer
Depression [17]. Rauchen kann bei latent depressiven Patienten den Charakter einer
Selbstmedikation annehmen. Diese Zusammenhänge erklären, dass es Patienten mit
COPD besonders schwer fällt, den Tabakkonsum zu beenden.
Rauchende Patienten mit COPD weisen eine
besonders hohe Nikotin-Abhängigkeit auf.
(Evidenzgrad 2)
Anamnese
Voraussetzung für die Unterstützung und die Motivation bei der Tabakentwöhnung von COPD-Patienten ist die vollständige Tabakanamnese. Die Erfassung der
Anamnese führt bereits zu einer Erhöhung der Anzahl der erfolgreich entwöhnten
Patienten [18].
Der Tabakkonsum sollte regelmäßig erfragt
und dokumentiert werden.
Empfehlungsstärke: 
Diagnostik / Fragebogen
Zur Bestimmung des Ausmaßes der Abhängigkeit hat sich international der
Fagerström-Test for Nicotine Dependence – FTND, der sechs Items umfasst [19],
durchgesetzt. Der FTND korreliert mit wichtigen biochemischen Werten (CO-Gehalt
der Ausatemluft, Cotininspiegel) und stellt einen aussagekräftigen Prädiktor zur
Vorhersage der kurz- und langfristigen Abstinenz nach einem Rauchstopp dar [20].
Die strukturierte Erfassung einer eventuellen depressiven Stimmungslage/Disposition
z. B. mit dem HADS-D-Fragebogen ist sinnvoll.
Motivierende Beratung
COPD Patienten sind einer ärztlichen Empfehlung zum Rauchstopp gegenüber
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aufgeschlossen. Diese Empfehlung ist insbesondere wirksam, wenn Symptome
der COPD oder pathologische medizinische Befunde im Zusammenhang mit dem
Tabakkonsum thematisiert werden. Hilfreich ist hier insbesondere die Erläuterung
der Lungenfunktion.
Inhaltliche Strukturierung des Ablaufs der Beratung nach den 5 A [21]
• Abfragen des Rauchstatus (Ask)
• Anraten des Rauchverzichts (Advise)
• Abfragen der Aufhörmotivation (Assess)
• Assistieren beim Rauchverzicht (Assist)
• Arrangieren der Nachbetreuung (Arrange)
Insbesondere wenn der Raucher nicht bereit ist, einen Rauchstopp zu vereinbaren,
soll eine motivierende Intervention zum Einsatz kommen. Das motivierende Interview ist eine Technik zur Änderung von abhängigem Verhalten, die initial erfolgreich
bei der Alkoholentwöhnung eingesetzt wurde [22]. In einer kürzlich mit spanischen
Hausärzten durchgeführten Studie war das Konzept des motivierenden Interviews
5,2 mal so wirksam wie eine herkömmliche Aufforderung das Rauchen zu beenden
[22]. Allerdings beanspruchte das motivierende Interview auch mehr Zeit.
COPD Patienten, die noch rauchen, sollten unabhängig vom
Alter klar, deutlich und mit persönlichem Bezug dazu motiviert
werden, den Tabakkonsum zu beenden.
Empfehlungsstärke: 
Effekte der Tabakentwöhnung
Die Aufgabe des Rauchens führte in prospektiven randomisierten Studien zu einer
Halbierung des jährlichen FEV1-Verlustes [23]. Im ersten Jahr nach der Beendigung
des Tabak-Konsums wurde sogar eine Zunahme des FEV1-Werts um ca. zwei Prozent verzeichnet [23]. Selbst nach elf Jahren lag die jährliche FEV1-Abnahme in
der Gruppe der erfolgreich entwöhnten Raucher deutlich unter derjenigen in der
Gruppe der kontinuierlichen Raucher [24]. Anders ausgedrückt: Bei einem von drei
Rauchern mit leichter bis mittelgradiger COPD kann in den drei folgenden Jahren
eine schwere oder sehr schwere COPD durch die Aufgabe des Rauchens verhindert
werden [9].
Auch lässt sich durch die Tabakentwöhnung die Sterblichkeit und die Krankenhaus-Einweisungen durch die Tabakentwöhnung signifikant senken.
Die Tabakentwöhnung hat einen positiven Effekt auf:
• Lungenfunktion, insbesondere FEV1
• Diffusionskapazität
• Luftnot
• Husten
• Sputumproduktion
• Giemen (Wheezing)
• Bronchiale Hyperreagibilität
• Entzündung / Infekte der Atemwege
• Exazerbationsrate
• Mortalität
Die Tabakentwöhnung zeigt positive Effekte auf die Symptomatik, den Verlauf der Lungenfunktion und die Mortalität bei
Patienten mit COPD.
(Evidenzgrad 1)
Immer wieder
ansprechen, denn:
Steter Tropfen höhlt
den Stein!
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KVH • aktuell
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Rauchreduktion ist keine Alternative zum Rauchstopp
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass eine Rauchreduktion in Hinblick auf die Progression der COPD (jährlicher FEV1-Abfall) keine effektive Strategie darstellt [23, 25,
26]. Für den fehlenden positiven Effekt der Rauchreduktion werden insbesondere
Kompensationsmechanismen verantwortlich gemacht, bei denen ein verändertes
Rauchverhalten (tiefere und längere Inhalation) den Effekt der geringeren Anzahl
an inhalierten Zigaretten aufwiegen [23, 26].
Die Verbesserung der Lungenfunktion und die Minderung der
Beschwerden sind nicht zu erwarten, wenn der Tabakkonsum
lediglich reduziert wird.
(Evidenzgrad 2)
Integrierter Ansatz, Tabakentwöhnungsprogramm
Rauchende COPD-Patienten weisen einen besonders hohen Grad der NikotinAbhängigkeit auf. Die Vielzahl der Einflussfaktoren auf die langfristige Abstinenz
erfordern strukturierte Tabakentwöhnungsprogramme [27], die sowohl medikamentöse als auch nichtmedikamentöse Intervention umfassen, da keine ausreichenden
Daten zur Effektivität unimodaler Konzepte vorliegen [28, 29]. Da symptomatische
Raucher insbesondere dann eine höhere Motivation zum Rauchstopp aufweisen,
wenn sie ihre Symptome in erster Linie auf das Rauchen selbst zurückführen [Bednarek, Thorax 2006 61: 869-73], sollten in einem multimodalen Entwöhnungskonzept neben kognitiven und Sucht-Aspekten auch die subjektiven respiratorischen
Beschwerden des Patienten berücksichtigt werden.
Im Jahre 2004 wurde ein Cochrane-Review zur Tabakentwöhnung von COPDPatienten publiziert [van der Meer, Cochrane Database Syst Rev 2003:CD002999],
aus dem sich die folgenden Aussagen ableiten lassen:
Ein Entwöhnungskonzept, das sowohl medikamentöse Unterstützung als auch psychosoziale Unterstützung umfasst, hat
sich für COPD-Patienten als effektiv erwiesen.
(Evidenzgrad 1)
Ausreichende Studien zur Wirksamkeit der alleinigen psychosozialen Unterstützung bei COPD-Patienten liegen nicht vor.
Für alle COPD-Patienten, die ihren Tabakkonsum beenden wollen, muss eine Tabakentwöhnung mit medikamentöser und
psychosozialer Unterstützung gewährleistet sein.
Empfehlungsstärke: 
Medikamentöse Behandlung
Die Ergänzung psychosozialer Behandlungsformen durch eine medikamentöse Unterstützung erhöht die Abstinenzaussichten bei Patienten mit einer COPD (siehe oben;
zusammenfassende Darstellung siehe Tabelle auf der gegenüberliegenden Seite).
Nikotinersatztherapie
Die Nikotinersatztherapie zielt auf eine Milderung der Entzugssymptomatik und
des Rauchverlangens durch eine vorübergehende, gesteuerte Nikotingabe über ein
schadstofffreies Trägermedium. Die verfügbaren Nikotinersatzprodukte sind apothekenpflichtig, jedoch nicht verschreibungspflichtig (Ausnahme: Nikotinnasenspray
ist in Deutschland verschreibungspflichtig und nur über die internationale Apotheke
zu beziehen). Die Nikotinersatztherapie führt in etwa zu einer Verdopplung der
Erfolgsrate in der Tabakentwöhnung [30].
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Bupropion
Zu Patienten mit COPD gibt es zwei Studien mit dem Nachweis einer Wirksamkeit
nach sechs Monaten [32]. Die Wirksamkeit von Bupropion im Vergleich zu Placebo
in einem allgemeinen Raucherkollektiv wird mittlerweile auf der Basis von 19 Studien beurteilt (OR 2,06; 95 Prozent CI: 1,77 – 2,40). Während einer Behandlung mit
Bupropion treten Nebenwirkungen wie Schlafstörungen, Schwindel und Mundtrockenheit auf. Das Risiko für epileptische Anfälle ist erhöht.
Vareniclin
Bisher gibt es zu Vareniclin keine Daten zu Patienten mit COPD. Eine entsprechende Studie wird allerdings augenblicklich durchgeführt. Vareniclin wurde 2007 in
Deutschland für die Behandlung der Tabakabhängigkeit zugelassen. Vareniclin ist
ein partieller Nikotin-Agonist am α4α2-Nikotin-Rezeptor. Vareniclin ist apothekenpflichtig und verschreibungspflichtig, aber nicht erstattungsfähig. Vareniclin ist
wirksamer als Bupropion mit einer OR von 1,7 (95 Prozent CI: 1,3 – 2,2) [33]. Als
Nebenwirkungen werden Schwindel, Übelkeit, lebhafte Träume, Kopfschmerzen,
Erbrechen, Schlaflosigkeit und Flatulenz genannt.
Prävention und gesundheitsökonomische Aspekte
Unter Berücksichtigung bereits publizierter Erfahrungen und eigener Daten [10,
34] errechnen sich für die Tabakentwöhnung Kosten von etwa 300 bis 1200 € pro
gewonnenem Lebensjahr. Die Kosten pro gewonnenem Lebensjahr betragen z.B. für
die Hämodialyse bei chronischer Niereninsuffizienz etwa 60.000 €, für die operative
Myokardrevaskularisation 20.000 € und für die medikamentöse Therapie des
Tabelle: Pharmakotherapie bei Tabakentwöhnung
Wirkstoff
Applikationsform Dosierungen
Besonderheiten
Nikotin
Pflaster
3 Stärken (unterschiedlich je nach
Hersteller)
über 16 oder 24 Stunden anwendbar
Kombinationstherapie mit anderen Nikotinersatzpräparaten möglich
UAW: Hautreaktion
Kaugummi
2mg, 4 mg
maximal 25 Stück (2 mg), bzw. 15 Stück
(4 mg) / Tag
problematisch bei Zahnprothesen-Trägern
4 mg: insbesondere zur Verhinderung einer
Gewichtszunahme und bei starken Rauchern
(>20 / Tag). UAW: Sodbrennen, Mundreizung
Sublingualtablette
2 mg
maximal 30 Stück / Tag
rascher Wirkeintritt
UAW: Mundreizung
Lutschtablette
1 mg, 2 mg, 4 mg
maximal 30 Stück / Tag (2 mg Tbl.)
rascher Wirkeintritt
UAW: Mundreizung
Nasenspray
0,5 mg pro Hub; je Nasenloch 1 Hub,
maximal zweimal / Stunde
verschreibungspflichtig; in Deutschland nur
über internationale Apotheke beziehbar
UAW: Schleimhautreizung, Abhängigkeits­
potential
Vareniclin
Tablette
0,5 mg 1xtgl. für 3 Tage
0,5 mg 2xtgl. für 4 Tage
danach Rauchstopp
danach 1 mg 2x tgl. für mindestens 11
Wochen
bislang keine abgeschlossene Studie bei COPD
UAW: Übelkeit, lebhafte Träume
Bupropion
Tablette
150 mg 1xtgl. für 7 Tage, danach Rauch- UAW: cerebrale Krampfanfälle (Häufigkeit
stop, danach 150 mg 2x tgl. Gesamt1:1000), Übelkeit, Schlafstörungen
Behandlungsdauer: 8 Wochen
UAW: unerwünschte Arzneimittelwirkung
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arteriellen Hypertonus 50.000 €. Insgesamt ist die Tabakentwöhnung unzweifelhaft
eine der effektivsten medizinischen Interventionen. Trotzdem ist der Stellenwert der
Tabakentwöhnung im Deutschen Gesundheitssystem unzureichend berücksichtigt.
Die Einordnung medikamentöser Entwöhnungshilfen als nicht erstattungsfähige
Lifestyle-Präparate in § 34 Sozialgesetzbuch V und der Arzneimittelrichtlinie wird
den Notwendigkeiten der evidenzbasierten Behandlung nicht gerecht.
Zusammengefasst wird in Deutschland im Widerspruch zur internationalen Datenlage und Erfahrung die Tabakentwöhnung marginalisiert.
Die Tabakentwöhnung ist die wirksamste und kosteneffektivste Einzelmaßnahme, um das Risiko der COPD-Entstehung
herabzusetzen und das Voranschreiten der Erkrankung zu
stoppen.
(Evidenzgrad 1)
Daher muss die Tabakentwöhnung nachhaltig auf allen Versorgungsebenen gefördert werden.
Empfehlungsstärke: 
S. Andreas, A. Batra, J. Behr, H. Berck, J-F. Chenot, A. Gillissen, T. Hering, F. Herth, R. Meierjürgen,
S. Mühlig, D. Nowak, M. Pfeifer, T. Raupach, K. Schultz, H. Sitter, H. Worth
Federführender Autor:
Prof. Dr. Stefan Andreas
Lungenfachklinik Immenhausen / Kassel
Pneumologische Lehrklinik der Universität Göttingen
[email protected]
Interessenkonflikte: keine
Vollversion in Pneumologie 2008; 62:255-272
Die vollständige Leitlinie finden Sie im Internet unter
www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/020-005l.htm
Literatur:
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2 Bundesärztekammer (BÄK), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF),
Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV): Nationales Programm für Versorgungs-Leitlinien. Methoden-Report. 2004.
3 Nelson CB HU Wittchen, Smoking and nicotine dependence. Results from a sample of 14- to 24-year-olds in Germany.
Eur Addict Res 1998; 4: 42-9.
4 Cigarette smoking among adults – United States, 1995. MMWR Morb Mortal Wkly Rep 1997; 46: 1217-20.
5 West R T Sohal, „Catastrophic“ pathways to smoking cessation: findings from national survey. Bmj 2006; 332: 458-60.
6 Fidler JA, J Wardle, NH Brodersen, MJ Jarvis, et al., Vulnerability to smoking after trying a single cigarette can lie dormant for three years or more. Tob Control 2006; 15: 205-9.
7 Tonnesen P, L Carrozzi, KO Fagerstrom, C Gratziou, et al., Smoking cessation in patients with respiratory diseases: a
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Bmj 2004; 328: 1519.
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lung disease. Chest 2005; 128: 3618-3624.
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15 Janson C, N Kunzli, R de Marco, S Chinn, et al., Changes in active and passive smoking in the European Community
Respiratory Health Survey. Eur Respir J 2006; 27: 517-24.
16 Lifting the smoke screen - 10 reasons for a smoke free Europe. 2006, European Respiratory Society: Brussels. p. 28 ff.
17 Wagena EJ, RM van der Meer, RJ Ostelo, JE Jacobs, et al., The efficacy of smoking cessation strategies in people with
chronic obstructive pulmonary disease: results from a systematic review. Respir Med 2004; 98: 805-15.
18 Batra A, P Lindinger C Schütz, Tabakbedingte Störungen „Leitlinie Tabakentwöhnung“. 2004, Arbeitsgemeinschaft der
Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
19 Heatherton TF, LT Kozlowski, RC Frecker KO Fagerstrom, The Fagerstrom Test for Nicotine Dependence: a revision of the
Fagerstrom Tolerance Questionnaire. Br J Addict 1991; 86: 1119-27.
20 Fiore MC, Treating tobacco use and dependence: an introduction to the US Public Health Service Clinical Practice
Nr. 4 / 2008
KVH • aktuell
Seite 11
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21 A clinical practice guideline for treating tobacco use and dependence: A US Public Health Service report. The Tobacco Use
and Dependence Clinical Practice Guideline Panel, Staff, and Consortium Representatives. Jama 2000; 283: 3244-54.
22 Soria R, A Legido, C Escolano, A Lopez Yeste, et al., A randomised controlled trial of motivational interviewing for
smoking cessation. Br J Gen Pract 2006; 56: 768-74.
23 Scanlon PD, JE Connett, LA Waller, MD Altose, et al., Smoking cessation and lung function in mild-to-moderate chronic
obstructive pulmonary disease. The Lung Health Study. Am J Respir Crit Care Med 2000; 161: 381-90.
24 Anthonisen NR, JE Connett RP Murray, Smoking and lung function of Lung Health Study participants after 11 years. Am
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25 Godtfredsen NS, J Vestbo, M Osler E Prescott, Risk of hospital admission for COPD following smoking cessation and
reduction: a Danish population study. Thorax 2002; 57: 967-72.
26 Simmons MS, JE Connett, MA Nides, PG Lindgren, et al., Smoking reduction and the rate of decline in FEV(1): results
from the Lung Health Study. Eur Respir J 2005; 25: 1011-7.
27 Raupach T, L Shahab, K Neubert, D Felten, et al., Implementing a hospital-based smoking cessation programme:
Evidence for a learning effect. Patient Educ Couns 2007.
28 Wagena EJ, MP Zeegers, CP van Schayck EF Wouters, Benefits and risks of pharmacological smoking cessation therapies in chronic obstructive pulmonary disease. Drug Saf 2003; 26: 381-403.
29 van der Meer RM, EJ Wagena, RW Ostelo, JE Jacobs, et al., Smoking cessation for chronic obstructive pulmonary
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30 Silagy C, T Lancaster, L Stead, D Mant, et al., Nicotine replacement therapy for smoking cessation. Cochrane Database
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31 Organization WH, Regulation of Nicotine Replacement Therapies: An Expert Consensus. 2001, Copenhagen: Regional
Office for Europe.
32 Wagena EJ, PG Knipschild, MJH Huibers, EFM Wouters, et al., Efficacy of Bupropion and Nortriptyline for Smoking Cessation Among People at Risk for or With Chronic Obstructive Pulmonary Disease. Arch Intern Med 2005; 165: 2286-2292.
33 Cahill K, LF Stead T Lancaster, Nicotine receptor partial agonists for smoking cessation. Cochrane Database Syst Rev
2007: CD006103.
34 Felten D, T Raupach, C Sessler, L Luthje, et al., Efficacy of a cognitive-behavioral program with pharmacological support
to achieve smoking cessation. Dtsch Med Wochenschr 2006; 131: 197-202.
Raucherentwöhnung: Auch mal bei der Kasse nachfragen!
Vorschlag der Redaktion: Veranlassen Sie den Patienten auch einmal, bei seiner
Krankenkasse nachzufragen, ob sie Raucherentwöhnungskurse fördert oder
selbst anbietet. Solche Kurse sind keine Erfolgsgarantie, aber wer’s nicht versucht, wird auch nichts erreichen.
Die PRoFESS-Studie
Das Aus für Aggrenox ?
®
Für Sie
gelesen
Dr. med. Günther Egidi
Die schon etwas in die Jahre gekommenen KollegInnen werden sich noch an die
Präparate Persantin® und Asasantin® erinnern – Dipyridamol-haltige Medikamente, die vorübergehend zum Einsatz bei KHK-Patienten vermarktet wurden. Beide
verschwanden, als Studienergebnisse ergaben, dass darunter durch einen so genannten „Steel-effect“ pektanginöse Beschwerden eher zunahmen. Dipyridamol
führte zu einer Dilatation der nicht stenosierten Koronargefäße mit der Folge, dass
die stenosierten Arterien eher noch schlechter durchblutet wurden.
Im Jahr 2000 titelte das arznei-telegramm: „Endlich - Dipyridamol (PERSANTIN®
u.a.) soll vom Markt“ [1].
Kurz darauf war die Substanz als Aggrenox® wieder da – diesmal mit der Indikation, zerebrale (Re-) Insulte zu verhindern. Kritiker [2] monierten, dass die Erfolge
der 1995 veröffentlichten ESPS-2-Studie [3] auf einem unfairen Vergleich basierten:
Der in Aggrenox® enthaltenen Kombination aus ASS + Dipyridamol stand in der
Vergleichsgruppe ASS in einer Dosierung von nur 50 mg gegenüber – große Untersuchungen [4] hatten zuvor belegt, dass die Wirkung von ASS unterhalb einer
Schwelle von 75 mg deutlich nachlässt.
Mit ESPRIT [5] kam 2006 erneut Unterstützung für Aggrenox®: 2739 Patienten
nach TIA oder kleinerem Insult erhielten entweder ASS in einer Dosierung von
Studie mit sinnloser
Vergleichsgruppe
Seite 12
Jeder dritte
Aggrenox®-Patient
brach die Studie ab
KVH • aktuell
Nr. 4 / 2008
30 bis 325 mg/d (im Schnitt 75 mg/d) allein oder in Kombination mit Dipyridamol.
Untersucht wurde das Eintreten eines Sammelendpunktes aus Tod durch kardiovaskuläre Ursache, Schlaganfall, Infarkt oder größerer Blutung.
Nach 3,5 Jahren hatten absolut drei Prozent weniger Patienten diesen Endpunkt
erreicht (13 vs 16 Prozent).
Wiederum wurde kritisiert [6], dass bei durchschnittlicher ASS-Dosierung 75 mg die
Hälfte der Patienten in der Kontrollgruppe unterdosiert worden war. Zudem wurde
methodisch bemängelt, dass die Studie offen durchgeführt wurde – die Studienärzte
konnten die ASS-Dosis nach Gusto festlegen. 34 Prozent der Aggrenox®-Patienten
hatten die Studie abgebrochen – dagegen nur 13 Prozent in der Kontrollgruppe –
und es bleibt unklar, wie das Studienergebnis angesichts dieser Tatsache interpretiert
werden sollte.
Trotz dieser Kritikpunkte schaffte es Aggrenox® in die Leitlinienempfehlungen der
Deutschen Gesellschaft für Neurologie [7], aber auch des renommierten britischen
NICE-Institutes [8]. Seither macht das Medikament mit jährlichen VerordnungsSteigerungen um 40 Prozent auf sich aufmerksam [9].
In den Entlassungs-Empfehlungen vieler neurologischer Kliniken löste Aggrenox®
inzwischen Clopidogrel ab – obwohl ASS meist völlig ausreichend wäre. Die hartnäckig immer wieder vorgebrachte Kritik, das Ergebnis der CAPRIE-Studie [10]
rechtfertige nicht den Einsatz dieser auch als Generikum immer noch fast 70-mal
so viel wie ASS kostenden Substanz, hatte schließlich Erfolg: dass sich unter fast
20.000 Patienten in dieser Studie die Schlaganfall-Häufigkeit nur um 37 Fälle
unterschied (509 unter Clopidogrel, 546 unter ASS), veranlasste schließlich den
Gemeinsamen Bundesausschuss 2004 zur Aussage [11]: „Das Umsetzen von ASS
auf Clopidogrel aufgrund eines vaskulären Ereignisses („Versagertherapie“) ist …
nicht durch Studiendaten begründbar.“ Im Jahr 2008 wurde diese Aussage durch
ein Rundschreiben der KBV [12] noch verschärft: die Verordnung von Clopidogrel
als Monotherapie gilt außer bei symptomatischer pAVK und ASS-Unverträglichkeit
seither als unwirtschaftlich.
Ende August 2008 wurde nun im New England Journal of Medicine mit PRoFESS [13]
eine Studie veröffentlicht, die möglicherweise in der Lage ist, den Neurologen-Empfehlungen zu Gunsten von Dipyridamol einen empfindlichen Stoß zu versetzen.
Diese mit 20.332 Patienten große Multicenter-Studie untersuchte, ob die 2x tägliche Gabe der in Aggrenox® enthaltenen Kombination von 25 mg ASS + 200 mg
Dipyridamol der Einnahme von 75 mg Clopidogrel überlegen war. Eingeschlossen
wurden über 55-jährige Patienten mit Schlaganfall im letzten Vierteljahr (nach 6000
eingeschlossenen Patienten erweiterte man den Kreis der Untersuchten auf über
50-Jährige mit Schlaganfall in den letzten 4 Monaten).
Der primäre Endpunkt bestand im Auftreten eines erneuten Schlaganfalls, der
sekundäre war ein Sammelendpunkt aus Schlaganfall, Herzinfarkt oder kardiovaskulärem Tod. Die Untersuchung lief 2,5 Jahre.
Unter Aggrenox®
signifikant mehr
Hirnblutungen
Ergebnis: Unter Aggrenox® erlitten 916 Patienten (9,0 Prozent) einen Reinsult, unter Clopidogrel waren es 898 (8,8 Prozent). Bezüglich des sekundären Endpunktes
unterschieden sich die beiden Substanzen überhaupt nicht. Unter Aggrenox® traten
tendenziell mehr größere Blutungs-Komplikationen auf: 4,1 vs 3,6 Prozent (95-Prozent-Vertrauensbereich 1,00-1,32). Hirnblutungen waren unter der Kombination
sogar signifikant häufiger (HR 1,42 – 95-Prozent-Vertrauensbereich 1,11-1,83).
Parallel zu dieser Untersuchung wurde bei denselben Patienten eine Behandlung
mit 80 mg Telmisartan gegen Placebo verglichen [14]. Einschlusskriterien und Endpunkte waren dieselben wie im Studien-Arm zur Plättchenhemmung.
Der mittlere Blutdruck bei Randomisierung betrug 144,1/ 83,8 mm Hg. 47
Nr. 4 / 2008
KVH • aktuell
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Prozent der Patienten erhielten ein Statin, 37 Prozent einen ACE-Hemmer, 21
Prozent ein Diuretikum, 24,5 Prozent einen Calciumantagonisten und 21 Prozent
einen Betablocker.
Unter Telmisartan erlitten 8,7 Prozent einen Reinsult, unter Placebo waren es
9,2 Prozent. Der Unterschied ist nicht signifikant. Auch der sekundäre Endpunkt
„kardiovaskuläre Ereignisse“ trat nicht signifikant unterschiedlich auf (13,5 vs 14,3
Prozent – HR 0,94 – 95 Prozent-Vertrauensbereich 0,87-1,01).
Die Kombination aus 25 mg Ass + 200 mg Dipyridamol (Aggrenox ) nützt nicht
mehr gegen einen erneuten Schlaganfall als Clopidogrel.
Der Einsatz von Clopidogrel unterscheidet sich hinsichtlich eines Rezidiv-Insultes
nicht signifikant von dem von ASS. Eine entsprechende Verordnung ist unwirtschaftlich.
Unter dem Eindruck der PRoFESS-Studie ist auch die Verordnung von Aggrenox®
als unwirtschaftlich anzusehen.
Sartane nützen bei nur leicht erhöhtem Blutdruck nach Schlaganfall nicht.
ASS bleibt in den allermeisten Fällen Mittel der Wahl!
®
Bedeutung
für
unsere
Praxis
Interessenkonflikte: keine
Literatur:
1 arznei-telegramm 2000;7:31
2 Donner-Banzhoff N, Lelgemann M: Ein neuer Maßstab – Aktuelle Studien verlangen veränderte Beurteilungskriterien ZaeFQ 2003;97:301–306
3 Diener HC, Cunha L, Forbes C, et al. 1995 European Stroke Prevention Study 2. Dipyridamole and acetylsalicylic
acid in the secondary prevention of stroke. J Neurol Sci 143: 1–13
4 Antithrombotic Trialists’ Collaboration 2002 Collaborative meta-analysis of randomised trials of antiplatelet
therapy for prevention of death, myocardial infarction and stroke in high risk patients. BMJ 324: 71–86
5 The ESPRIT Study Group: Aspirin plus dipyridamole versus aspirin alone after cerebral ischaemia of arterial origin
(ESPRIT): randomised controlled trial Lancet 2006; 367: 1665–73
6 Arzneitelegramm 6/2006 S. 55-56
7 Primär- und Sekundärprävention der zerebralen Ischämie. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. 3. Überarbeitete Auflage 2005, ISBN 3-13-132413-9;Georg Thieme-Verlag Stuttgart
8 http://www.nice.org.uk/Guidance/TA90
9 Schwabe U, Paffrath D: Arzneiverordnungsreport 2006 S. 432, Arzneiverordnungsreport 2007 S. 394, Springer Verlag
10 CAPRIE Steering Committee: A randomised, blinded, trial of clopidogrel versus aspirin in patients at risk of
ischaemic events (CAPRIE). Lancet 1996; 348: 1329–39
11 Beschluss einer Änderung der Anlage 4 der Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertrags­
ärztlichen Versorgung (Arzneimittelrichtlinien/AMR) vom 15. Juni 2004
12 Beschluss einer Änderung der Anlage 10 der Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertrags­
ärztlichen Versorgung (Arzneimittelrichtlinien/AMR) vom 4.6.2008
13 Sacco RL, Diener H-C, Yusuf S et al: Aspirin and Extended-Release Dipyridamole versus Clopidogrel for Recurrent
Stroke N Engl J Med 2008;359
14 Yusuf MB, Diener H-C, Sacco RL et al: Telmisartan to Prevent Recurrent Stroke and Cardiovascular Events. N Engl
J Med 2008;359.
Clopidogrel-Generika ebenso gut
wie Originale?
Die Markteinführung von zwei neuen Clopidogrelpräparaten – CLOPIDOGREL
HEXAL und CLOPIDOGREL-RATIOPHARM – hat für viel Wirbel gesorgt. Die Firma
Sanofi-Aventis, Zulassungsinhaber des Originalpräparates PLAVIX, reagierte prompt
mit einem Rundschreiben [1] an 100.000 Ärzte und Apotheker, in dem die Rechtmäßigkeit der Zulassung dieser Nachfolgepräparate in Zweifel gezogen wird. Auch
Bristol-Myers Squibb (Anbieter von ISCOVER) versendet großflächig Schreiben mit
anwaltlichen Hinweisen [2]. Dies hat zu großer Verunsicherung geführt. Wir stellen
die wichtigsten Fakten zusammen und geben unsere Einschätzung:
Die beiden neuen Clopidogrelpräparate unterscheiden sich von den Originalpräparaten lediglich durch das verwendete Salz (PLAVIX / ISCOVER: Clopidogrelhydrogensulfat; CLOPIDOGREL HEXAL/RATIOPHARM: Clopidogrelbesilat). Nach dem
Der
Gastbeitrag
KVH • aktuell
Seite 14
Pharmakologisch
kein Unterschied
zwischen den
Clopidogrel-Salzen
Nr. 4 / 2008
Arzneimittelrecht gelten verschiedene Salze eines Wirkstoffs als „ein und derselbe
Wirkstoff, es sei denn, ihre Eigenschaften unterscheiden sich erheblich...”[3]. Pharmakologisch ist jedoch kein Wirkunterschied zwischen den beiden Clopidogrelverbindungen zu erwarten, da die Salze jeweils nach Aufnahme dissoziieren und die
Wirksubstanz nicht mehr mit dem abgespaltenen Salzanteil interagiert. Ein Einfluss
des Salzanteils auf die Pharmakodynamik ist daher unwahrscheinlich.
Die Bioverfügbarkeit von täglich 75 mg Clopidogrel als Besilat entspricht der des
Originals: Der Verlauf der Plasmakonzentrationen von Clopidogrel nach Einnahme der
Mittel per os ist nahezu identisch [4]. Daher ist von Wirkstoffgleichheit auszugehen,
auch wenn die beiden neuen Clopidogrelpräparate nicht, wie bei Generika üblich, mit
bezugnehmender Zulassung, sondern wie neue Arzneimittel zugelassen worden sind
[5]. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass in den Fachinformationen [6,7] auf Daten
des Originalpräparates (CAPRIE-Studie; a-t 1998; Nr. 8: 70-1) verwiesen wird.
Die beiden neuen Clopidogrelpräparate sind zugelassen zur Prävention atherothrombotischer Ereignisse bei Patienten mit Herzinfarkt (wenige Tage bis 35 Tage zurückliegend), ischämischem Schlaganfall (sieben Tage bis sechs Monate zurückliegend)
oder nachgewiesener peripherer arterieller Verschlusskrankheit [6,7]. Die Originalpräparate ISCOVER und PLAVIX haben neben diesen identisch formulierten Indikationen auch eine Zulassung für das akute Koronarsyndrom in Kombination mit
Azetylsalizylsäure (ASS; ASPIRIN, Generika) [8,9].
Für Patienten mit chronischer koronarer Herzkrankheit, bei denen elektiv ein koronarer Stent gelegt wird, besteht für die Kombinationsbehandlung mit ASS weder
für die Originalpräparate PLAVIX / ISCOVER noch für die von ratiopharm oder Hexal
vertriebenen Clopidogrelprodukte eine Zulassung [6-9].
Umstellung auf
Generikum in
zugelassenen
Indikationen
unproblematisch
Wirkstoff
Clopidogrel
Die Preisvorteile der beiden neuen Clopidogrelpräparate gegenüber den Originalen
betragen nach zwischenzeitlicher Preisreduktion bezogen auf Packungen zu 100
Tabletten bei beiden Generika 33 Prozent. Sie sind damit immer noch 50-mal teurer
als ein ASS-Generikum (siehe unten stehende Tabelle).
Sanofi-Aventis führt in seinem Rundschreiben an die Fachkreise aus [1], dass
die Rechtmäßigkeit der neuen Zulassung noch nicht endgültig geklärt sei.
Tatsächlich ist sie für die beiden neuen Mittel bereits im Mai ergangen, wurde
jedoch aufgrund eines Widerspruchs des Originalherstellers zwischenzeitlich
ausgesetzt. Mit Entscheidung vom 29. Juli 2008 hat das Verwaltungsgericht
Köln die sofortige Vollziehbarkeit der Zulassung erlaubt. Ungeachtet des noch
schwebenden Verfahrens ist daher die Verordnungssicherheit gegeben. Die neuen
Clopidogrelpräparate sind amtlich zugelassen, im Handel und dürfen somit auch
verordnet werden.
In den zugelassenen Indikationen erscheint uns die Umstellung von einem Clopidogrel-Original auf eines der beiden neuen Präparate sowohl unter medizinischen
als auch unter rechtlichen Aspekten unproblematisch. Zu beachten ist jedoch, dass
auch für die neuen Präparate die vom Gemeinsamen Bundesausschuss ursprünglich
für das Original beschlossenen Beschränkungen in der Verordnungsfähigkeit zu
Lasten der Gesetzlichen Krankenkassen gelten dürften, wonach Clopidogrel bei
Handelsname
CLOPIDOGREL HEXAL 75 mg
CLOPIDOGREL-RATIOPH. 75 mg
PLAVIX / ISCOVER 75 mg
Azetylsalizylsäure ASS 100 HEXAL
* Die Firma Hexal hat diesen Preis für den 15. Sept. 2008 angekündigt.
Hersteller
Hexal
ratiopharm
Sanofi-Av. / Bristol MS
100 Tbl.
100 Tbl.
100 Tbl.
Hexal
100 Tbl.
Euro
180,49*
180,49
268,12
3,58
Nr. 4 / 2008
KVH • aktuell
Seite 15
chronischer Atherosklerose nur erstattet wird, wenn eine symptomatische periphere
arterielle Verschlusskrankheit oder eine ASS-Unverträglichkeit vorliegt [10].
Aus medizinischer Sicht spricht unseres Erachtens aber auch nichts gegen den
Ersatz des Originals durch eines der neuen Präparate in der Subakutphase nach
akutem Koronarsyndrom oder elektiver Stenteinlage. Haftungsrechtlich
bestehen jedoch beim Off-label-Gebrauch nach akutem Koronarsyndrom besondere Anforderungen an die umfassende Aufklärung der Patienten, weil hier mit
Clopidogrelhydrogensulfat eine zugelassene Alternative verfügbar ist, die aus wirtschaftlichen Gründen ersetzt wird. Klagen hinsichtlich der Verordnungsfähigkeit von
Clopidogrelbesilat zu Lasten der Gesetzlichen Krankenkassen in dieser Indikation
dürften nicht zu erwarten sein. Nach elektiver Stenteinlage ist keines der Mittel
zugelassen. Der Off-label-Gebrauch von Clopidogrel in dieser Indikation ist aber
auch haftungsrechtlich medizinischer Standard (vgl. a-t 2004; 35: 25-6).
In der Apotheke kann statt des Originals eines der beiden neuen Clopidogrelpräparate abgegeben werden, wenn auf dem Rezept nur der Wirkstoff Clopidogrel
vermerkt ist. Bei Angabe des Handelsnamens auf dem Rezept ist eine Austauschbarkeit zwischen Original- und Nachfolgepräparaten nicht gegeben, da die Indikationen
nicht vollständig übereinstimmen [11].
Ungeachtet der Diskussion um die neuen Clopidogrelpräparate hat sich an der Datenlage zum therapeutischen Stellenwert von Clopidogrel nichts geändert. Nach wie
vor ist Azetylsalizylsäure bei chronischen atherosklerotischen Erkrankungen Mittel
der ersten Wahl. Auch nach Eintreten eines akuten Ereignisses unter ASS sehen wir
keine Indikation für Clopidogrel: Ein Vorteil gegenüber der fortgesetzten Therapie
mit ASS ist bei diesen Patienten nicht belegt (zur differenzierten Bewertung siehe
auch a-t 2006; 37: 101-2, 107-9).
Die beiden neuen Clopidogrelpräparate der Firmen Hexal und ratiopharm sind trotz Verwendung eines anderen Salzes gegenüber den
Originalpräparaten (PLAVIX, ISCOVER) als wirkstoffgleich anzusehen.
Die Anwendung ist in den für die neuen Präparate zugelassenen Indikationen unproblematisch und nach ausführlicher Aufklärung auch in der
Subakutphase nach akutem Koronarsyndrom oder elektiver Stenteinlage
– off-label – möglich.
Azetylsalizylsäure (ASS, ASPIRIN, Generika) bleibt auf Grund der guten
Datenlage und des weiterhin deutlich niedrigeren Preises bei chronischen atherosklerotischen Erkrankungen Mittel der ersten Wahl.
Literatur:
1 Sanofi-Aventis: Rundschreiben vom 1. Aug. 2008
2 Bristol-Myers Squibb: Schreiben vom 18. Aug. 2008
3 Arzneimittelgesetz § 24b, Absatz 2
4 Hexal AG: Zusätzliche Angaben zur Bioverfügbarkeit von CLOPIDOGREL HEXAL 75 mg Filmtabletten;
http://www.hexal.de/subdomains/unternehmen/praep/fi/fi_75mg_fta_641813_beschnitten.pdf
5 Hexal AG: Telefonische Mitteilung vom 20. Aug. 2008
6 Hexal AG: Fachinformation CLOPIDOGREL HEXAL, Stand Juni 2008
7 ratiopharm GmbH: Fachinformation CLOPIDOGREL-RATIOPHARM, Stand Mai 2008
8
9
10
11
Sanofi-Aventis: Fachinformation PLAVIX 75 mg, Stand Juni 2008
Bristol-Myers Squibb: Fachinformation ISCOVER 75 mg, Stand Aug. 2008
Gemeinsamer Bundesausschuss: Pressemitteilung vom 19. Jan. 2007
http://www.g-ba.de/informationen/aktuell/pressemitteilungen/99/
GRÄFE, K.A.: Pharm. Ztg. 2008; 153: 314
Nachdruck aus a-t 2008; 39 (Nr. 9): 91-2 mit freundlicher Genehmigung
der Redaktion und des Verlages des arznei-telegramm.
Trotz ClopidogrelGenerikum:
In den meisten Fällen
ist ASS genauso gut!
KVH • aktuell
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Für Sie
gelesen
Nr. 4 / 2008
Therapie und Prophylaxe von
kardiovaskulären Ereignissen und
Schlaganfällen
Dr. med. Klaus Ehrenthal
In KVH aktuell Pharmakotherapie Nr. 4/2007 (Dezember 2007) berichteten wir
über die Oxforder EXPRESS-Studie und wiesen darauf hin, dass bei einer TIA oder
einem leichten Schlaganfall angesichts der vielen nachfolgenden großen Apoplexien
binnen drei Monaten unbedingt eilige Diagnostik und eine möglichst umgehende
Behandlung erforderlich sind. In diesem Heft lesen Sie nun einiges über die therapeutischen Aspekte.
Zur Behandlung und Prophylaxe solcher Fälle erschien kürzlich eine Übersichtsarbeit aus der Schweiz zur Effektivität von Thrombozytenhemmern [1], die hier
referiert wird.
ASS
Als Grundpfeiler der Behandlung sowohl in der Akutphase bei kardiovaskulären
Ereignissen als auch in der Langzeit-Sekundärprophylaxe ist Acetylsalicylsäure (ASS)
anzusehen, während es zur Primärprophylaxe nur bei Patienten mit zusätzlichen
Risikofaktoren, bei Vorhofflimmern und bei niedrigem Schlaganfallrisiko einzusetzen ist. Es wird weltweit am häufigsten als Thrombozyten-Aggregationshemmer
eingesetzt, es ist nebenwirkungsarm und kostengünstig.
ASS hemmt irreversibel die Cyclooxigenase (COX) der Thrombozyten und bremst
dadurch die Produktion von Thromboxan A2 (TX A2). Dazu genügen schon
Die Pathophysiologie der Gefäßverschlüsse
Schon seit vielen Jahren ist die hohe Sterblichkeit durch Folgen arteriosklerotischer kardiovaskulärer
Erkrankungen bekannt [2]. So starben daran in Deutschland 1997 immerhin etwas über 400.000
Menschen (Angaben des Statistischen Bundesamtes). Folgende Mechanismen der Atherogenese
spielen sich dabei ab: In der Akutphase kommt es in erster Linie zu Plaque-Rupturen, daraufhin
folgt eine Gerinnungsaktivierung und lokale Thrombusbildung. Diese, den Blutstrom verschließende
Thrombusbildung gilt es zu beeinflussen. Das ist möglich durch
Hemmung der Thromboxan-Synthese (mittels Acetylsalicylsäure),
Hemmung des ADP-Rezeptors P2Y12 (mittels Thienopyridinen wie Clopidogrel oder früher
Ticlopidin),
Hemmung des GP-IIb/IIIa-Rezeptors (mittels Abciximab, Tirofiban, Integrilin),
Hemmung der Adenosin-Wiederaufnahme (mittels Dipyridamol).
Außerdem kommt eine Vielzahl anderer antithrombotisch wirkender Medikamente (wie Heparin,
thrombolytische Substanzen) zur direkten oder indirekten Hemmung der Plättchenfunktion zum
Einsatz, was hier nicht besprochen wird.
Thrombozyten initiieren durch Kontakt an der Läsionsstelle mit dem subendothelialen Bindegewebe
per Adhäsion, Aggregation, Sekretion und Interaktion mit Gerinnungsfaktoren die hämostatischen
Vorgänge, die zu einem Gefäßverschluss führen. Durch das subendotheliale Bindegewebe werden die
Thrombozyten massiv stimuliert, sie haften an Kollagenfasern an, sie sezernieren ADP und Thromboxan, was zur Kettenreaktion mit weiteren Thrombozyten führt. Diese aktivierten Thrombozyten binden
über das reichlich vorhandene Glycoprotein IIa/IIIb (GP IIa/IIIb) Fibrinogen. Das so stimulierte Fibrinogen kann dadurch GP-IIa/IIIb-Rezeptoren zu einer Brücke zwischen zwei Thrombozyten verbinden.
Im weiteren Verlauf vernetzt sich immer mehr Fibrinogen mit Thrombozyten, durch Quervernetzung
und Rezeptor-Clustering wird das wachsende Plättchenaggregat stabilisiert.
Nr. 4 / 2008
KVH • aktuell
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geringe Mengen ASS (75-100mg) durch Acetylierung eines Aminosäurerestes (Serin 529) in der Nähe des aktiven Zentrums der COX. Darüber hinaus reduziert ASS
proinflammatorische Zytokine (z.B. Interleukin-6) und inflammatorische Marker
(z.B. C-reaktives Protein).
Beim akuten Koronarsyndrom (Myokardinfarkt) ist bei gesichertem therapeutischen Effekt das Kosten-Nutzen-Profil positiv: Bei 17.187 Patienten mit akutem
Herzinfarkt wurde Placebo-kontrolliert nach fünf Wochen eine um 23 Prozent
hochsignifikant reduzierte Mortalität gefunden, für Streptokinase allein um 25
Prozent und für beide Substanzen in der Kombination um 43 Prozent [3]. Weitere Untersuchungen belegten den positiven Effekt von ASS bei instabiler Angina
pectortis und beim Myokardinfarkt ohne ST-Hebung. Deswegen empfehlen die
US-amerikanischen Leitlinien (American College of Cardiology, American Heart
Association) beim akuten Herzinfarkt die sofortige Initialdosis von 162,5 – 325 mg
nicht retardiertes ASS, gefolgt von täglich 75-162,5 mg [4]. In Deutschland wäre
dafür die Standarddosis 100 mg ASS.
Beim ischämischen Schlaganfall (= cerebrovaskulären Insult, CVI) konnte der
positive Effekt von ASS ebenfalls in zwei großen Studien belegt werden [5, 6].
Obwohl die Wirkung von ASS beim CVI etwas geringer ausfiel (Risikoreduktion in
den Studienarmen 5,3 Prozent versus 5,9 Prozent und 11,3 Prozent versus 12,4
Prozent), reduzierte ASS beim akuten CVI Mortalität und Rezidivrate. Es sollte beim
Schlaganfall so rasch wie möglich mit Ladedose und Folgetherapie (s.o. [4]) gegeben
werden, sobald eine cerebrale Blutung ausgeschlossen ist.
Clopidogrel
Beim akuten Koronarsyndrom bietet Clopidogrel einen zusätzlichen Nutzen bei
instabiler Angina pectoris besonders nach Stentimplantation (bei unbeschichteten
Stents für drei Monate, bei beschichteten Stents für sechs Monate). Hierzu wurden
verschiedene Studien publiziert, die alle einen Benefit für ASS plus Clopidogrel in
der Reduktion von Reinfarkten und Mortalität zeigten. Die Blutungshäufigkeit stieg
unterschiedlich an.
In der CURE-Studie [7] wurden über 12.000 Patienten mit akutem Koronarsyndrom (instabile Angina pectoris, Myokardinfarkt ohne ST-Hebung) innerhalb 24
Stunden randomisiert mit ASS (300 mg Initialdosis, dann Fortsetzung mit 75 mg
täglich) oder mit ASS plus Clopidogrel behandelt. Nach neun Monaten wurde der
primäre Endpunkt hauptsächlich durch Verhinderung von Reinfarkten von 11,4
auf 9,3 Prozent reduziert gefunden. Allerdings stieg das Risiko für größere (nicht
lebensbedrohliche) Blutungen signifikant von 2,7 auf 3,7 Prozent an. Wegen dieser
erhöhten Blutungskomplikationsrate bei ungenügender Wirkungssteigerung wird
eine Kombination von ASS mit Clopidogrel in der routinemäßigen Sekundärprophylaxe nicht empfohlen (CAPRIE-Studie [8]; dabei wurde ASS gegen Clopidogrel
geprüft.).
In der Sekundärprävention beim Schlaganfall zeigten Vergleiche von ASS und
Clopidogrel [8] nur einen geringen Vorteil für Clopidogrel (NNT 200!). Bei dieser
Indikation sollte die Kombination von ASS und Clopidogrel wegen eines erhöhten
Blutungsrisikos (MATCH-Studie [9]) vermieden werden.
Nach einem Apoplex unter ASS und bei Aspirin-Unverträglichkeit ist Clopidogrel das Mittel der Wahl. „Resistenzen“ oder Non-Responder auf ASS aber auch
auf Clopidogrel wurden beschrieben. Die entsprechende Labordiagnostik ist derzeit
noch unbefriedigend, und es wird gegenwärtig keine Empfehlung zu Laborkontrollen bei Verdacht auf ASS- oder Clopidogrel-Resistenz gegeben [13].
Kombination
von ASS mit
Clopidogrel
ist
nach Schlaganfall
zu vermeiden
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Da das Prodrug Clopidogrel über das P-450-Isoenzym CYP 3A4 in die aktive Form
umgewandelt wird, sind Interaktionen z.B. mit etlichen Statinen, die ebenfalls Substrat für CYP 3A4 darstellen, im Sinne einer Hemmung möglich, hier soll Pravastatin
gegenüber Atorvastatin etwas günstiger abschneiden [8]. Andere Untersuchungen
zeigen keine Unterschiede zwischen einzelnen Statinen [14].
Die Thienopyridine Clopidogrel und dessen Vorläuferpräparat Ticlopidin (das vor
allem wegen der UAW Leukopenie durch Clopidogrel verdrängt wurde) blockieren
irreversibel die Bindung von ADP an den plättchenspezifischen Rezeptor P2Y12
und bremsen so die Bildung der Plättchenaggregate. Bei Clopridogrel-Unverträglichkeit kann das ansonsten gut wirksame Ticlopidin angewendet werden.
Wann ist eine Kombinationstherapie ASS plus Clopidogrel sinnvoll?
Insbesondere nach Stentimplantation bei Patienten mit instabiler Angina pectoris ist
die Kombination von ASS mit Clopidogrel unzweifelhaft nützlich. In der LangzeitSekundärprävention der übrigen kardiovaskulären Risikofälle ergibt sich nur ein
geringer Vorteil durch Clopidogrel gegenüber ASS. Akzeptierte Indikationen für
Clopidogrel sind ASS-Unverträglichkeit, Status nach gastrointestinaler Blutung und
ein unter ASS erfolgtes kardiovaskuläres Ereignis.
Die Kombination ASS und Clopidogrel als generelle Sekundärprophylaxe (besonders
nach Schlaganfall und bei Vorhofflimmern) wird wegen vermehrter Blutungskomplikationen und fehlenden besseren Outcomes nicht empfohlen. „Resistenzen“ bei
ASS und auch bei Clopidogrel sind beschrieben, entsprechende gesicherte Labornachweismethoden liegen derzeit nicht vor.
Was darf der Kassenarzt in der GKV verordnen?
Der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat am 22.02.08
die Verordnungsfähigkeit von Clopidogrel in der Monotherapie zu Lasten der GKV
in der Sekundärprophylaxe auf Patienten mit pAVK bei Claudicatio intermittens
oder Amputationen und bei ASS-Unverträglichkeit eingeschränkt [17].
Das BMG hat durch Änderung der Arzneimittelrichtlinie vom 29.07.08 [18] die
Verordnungsfähigkeit von Clopidogrel zu Lasten der GKV anerkannt
zur Prävention bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom, bei denen Clopidogrel
in Kombination mit ASS angewendet wird,
bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom ohne ST-Hebung (instabile Angina
pectoris, Non-wave-Myocardinfarkt), einschließlich Patienten mit perkutaner
Stentimplantation,
bei Patienten mit Myocardinfarkt mit ST-Hebung und bei Notwendigkeit einer
thrombolytischen Therapie.
Abciximab u.a. (Glycoprotein-IIb/IIIa-Antagonisten)
Hierbei handelt es
sich um Präparate
für den klinischen
Bereich
Bei akutem Koronarsyndrom (ACS) können GP-IIa/IIIb-Antagonisten sehr potent
die Plättchenaggregation hemmen. Abciximab ist intravenös zu verabreichen (oral
wirken diese Substanzen nicht). In den meisten Untersuchungen wurden GP-IIb/
IIIa-Inhibitoren kombiniert mit ASS und Heparin eingesetzt und zeigten hierbei für
die kardiologischen Indikationen (ACS , PTCA mit/ohne Stent) gute bis sehr gute
Ergebnisse. Patienten mit niedrigem Risikoprofil sollten wegen der Nebenwirkungen (vor allem Blutungen und Thrombozytopenie) besser nicht mit einem GP-IIb/
IIIa-Antagonisten behandelt werden. GP-IIb/IIIa-Inhibitoren wirken gut beim akuten
Koronarsyndrom.
Glycoprotein-IIb/IIIa-Antagonisten (Abciximab u.a.) werden beim akuten Ko-
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ronarsyndrom angewendet bei Hochrisikopatienten und vor perkutaner Koronarintervention. Als Nebenwirkungen werden Blutungskomplikationen und Thrombozytopenie genannt.
Diese Präparate sind, da engmaschige regelmäßige intravenöse Gaben, Kontrollen auf Blutungen und zeitnahe Laborkontrollen erforderlich sind, eher stationär
anzuwenden.
Dipyridamol
Bei einem akuten Apoplex scheint zusätzliches Dipyridamol einen geringen Nutzen zu haben. Der Wirkmechanismus ist noch unklar. Es wird vermutet, dass Dipyridamol die Aufnahme von Adenosin in den Thrombozyten hemmt, wodurch eine
Kaskade mit Erhöhung der cAMP-Spiegel und dadurch die Mobilisierung von freiem
Kalzium verhindert wird. Damit wird ein wichtiger Schritt in der Plättchenaktivierung
gehemmt [10]. Da in einer Metaanalyse [11] die Zugabe von Dipyridamol zu ASS
keine Reduktion bei vaskulären Ereignissen (Myocardinfarkt, Schlaganfall) und der
kardiovaskulären Todesfällen zeigte, beschränkt sich der Einsatz in der Kardiologie
auf die Ischämiediagnostik bei Stress-Echocardiografie und Stress-Szintigrafie.
In der Sekundärprophylaxe nach Apoplex wurde in der ESPRIT-Studie [12]
durch eine Kombination von ASS mit Dipyridamol der kombinierte Endpunkt (Tod
durch vaskuläre Ursache, nicht tödlicher Schlaganfall, nicht tödlicher Myocardinfarkt, schwere Blutungskomplikationen) signifikant erniedrigt gesehen (13 Prozent
versus 16 Prozent, ARR 1,0 Prozent pro Jahr). Die in der Leitlinie der Deutschen
Gesellschaft für Neurologie deswegen ausgesprochene Therapieempfehlung war
allerdings nicht in der entsprechenden Dosierung in der ESPRIT-Studie [12] überprüft worden.
Der Wert der Aussagen aus der ESPRIT-Studie [12] muss wegen erheblicher Kritik
an der Studie (verschiedene Mängel, unter anderem: offenes Design, hohe Abbruchraten von 34 Prozent in der Kombinationsbehandlung ASS plus Clopidogrel,
suboptimale Dosierung von ASS) kritisch gesehen werden [15, 16].
Als Nebenwirkung der Kombination von ASS mit Dipyridamol waren Kopfschmerzen häufiger Grund für das Absetzen der Medikation. Da der Benefit der Kombination ASS mit Dipyridamol insgesamt nicht sehr groß ist, wird diese Therapie nicht
überall breit angewandt.
ASS bleibt die wichtigste Substanz
ASS ist die wichtigste Substanz in der Behandlung atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankungen. Sie wirkt sicher sowohl beim akuten Myokardinfarkt als auch
beim Schlaganfall. Sie sollte nach Ausschluss einer Blutung sofort nach dem Ereignis
gegeben werden (Empfehlung der US-amerikanischen Leitlinien: Initialdosis von
etwa 165-325 mg, gefolgt von täglichen Dosen von etwa 75-165 mg).
In der Langzeit-Sekundärprophylaxe hat ASS ebenfalls einen anerkannten Nutzen.
In der Primärprophylaxe ist der Nutzen auf Patienten mit multiplen Risikofaktoren, sowie auf Patienten mit Vorhofflimmern und niedrigem Schlaganfallrisiko
beschränkt. Zu beachten sind das erhöhte gastrointestinale Blutungsrisiko und
Unverträglichkeiten.
Interessenkonflikte: keine
Literatur:
1 Neuhaus M, Steffel J, Beer, HJ. Thrombozytenhemmer Eine Übersicht. Schweiz Med Forum 2008;8:50-57
2 Hennekens CH, Dyken ML, Fuster V, Aspirin as a therapeutic agent in cardiovascular disease: a statement for
health-care professionals from the American Heart Association. Circulation.1997;96(8):2751-3
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Alter Wein in neuen
Schläuchen?
Siehe auch Seite 11.
Bedeutung
für
unsere
Praxis
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Sudlow C. What is the role of dipyridamole in long-term secondary prevention after an ischaemic stroke or
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Saw J, et al. Lack of evidence of a clopidogrel-statin interaction in the CHARISMA trial. J Am Coll Cardiol. 2007
Jul 24;50(4):291-5
Aggrenox nach Schlaganfall? Leitlinien und Standard arznei-telegramm 2006;37:21-2
Aggrenox mit höchster Empfehlungsstärke? arznei-telegramm 2007;38:77
http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/zum-unterausschuss/2/.
Das Bundesministerium für Gesundheit. Bekanntmachung einer Änderung der Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinien/AMR). BAnz.
29.07.2008;112:2748
PPI und Clopidogrel: Eine riskante
Kombination für Ihre Patienten!
Bei vielen Patienen wird in der Entlassungs-Medikation des Krankenhauses ein
Protonenpumpenhemmer (PPI) empfohlen. Die Weiterverordnung des Magensäureblockers ist aber oft nicht wirtschaftlich. Und sie ist auch aus medizinischen
Gründen fragwürdig, wie eine bei der diesjährigen Jahrestagung der American Heart
Association vorgestellte retrospektive Kohortenstudie* ergab.
Bevor Clopidogrel antithrombozytär wirken kann, muss es in der Leber oxidiert
und hydrolysiert werden. Das Leberenzym, das dies bewerkstelligt, wird durch
Protonenpumpeninhibitoren gehemmt. Das hat ganz praktische Folgen, wie die
genannte Studie mit 14 383 Patienten zeigte: Nimmt ein Patient neben Clopidogrel noch einen Protonenpumpenhemmer ein, steigt sein kardiovaskuläres
Risiko beträchtlich an.
Von den Studien-Patienten, die Clopidogrel zusammen mit einem PPI eingenommen
hatten, erlitten 32,5 Prozent im folgenden Jahr ein größeres kardiovaskuläres Ereignis (Hospitalisierung wegen Schlaganfall, Herzinfarkt, Angina oder Bypassoperation).
Ohne PPI waren es nur 21,2 Prozent. Daraus errechnet sich eine adjustierte Odds
Ratio von 1,79 (95-Prozent-Konfidenzintervall 1,62-1,97).
Fazit: Die Wechselwirkung zwischen PPI und Clopidogrel führt zu einem Wirkverlust
von Clopidogrel. Die Gefahr eines Infaktes steigt. Es ist deshalb abzuwägen, wie
Hol
wichtig der Magensäureblocker für den Patienten wirklich ist.
*
Ronald E. Aubert: Proton Pump Inhibitors Effect on Clopidogrel Effectiveness: The Clopidogrel Medco Outcomes
Study.
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Blutdruck mit ACE-Hemmern und AT1-Blockern senken
Alle ACE-Hemmer wirken gleich gut,
auch keine Unterschiede bei AT1-Blockern
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Für Sie
gelesen
Dr. med. Joachim Feßler
Aktuell sind zwei Cochrane Reviews erschienen, die sich mit der Frage beschäftigen,
ob es in der blutdrucksenkenden Wirksamkeit zwischen den einzelnen ACE-Hemmern [1] bzw. AT1-Blockern [2] Unterschiede gibt, oder ob der blutdrucksenkende
Effekt jeweils gleich mit allen Vertretern der einzelnen Gruppen zu erzielen ist.
So wurden in dem Review über die ACE-Hemmer 92 randomisierte kontrollierte
Studien eingeschlossen, die eine Dosis-Wirkungsbeziehung bei 14 ACE-Hemmern
untersuchten (Enalapril, Cilazapril, Trandolapril, Benazepril, Captopril, Perindopril, Ramipril, Fosinopril, Lisinopril, Spirapril, Moexipril, Quinapril, Imidapril, Temocapril).
In den Review über die AT1-Blocker gingen 46 randomisierte kontrollierte Studien
ein, die eine Dosis-Wirkungsbeziehung bei neun AT1-Blockern untersuchten (Lorsartan, Valsartan, Irbesartan, Telmirsartan, Candersartan, Eprosartan, Olmesartan,
Tasosartan, KT3-671).
Die Studiendauer betrug drei bis zwölf Wochen, sodass lediglich die erreichte
RR-Senkung beurteilbar war, nicht jedoch Endpunkte wie Mortalität oder Lebensqualität. Auch lassen sich bei diesen kurzen Untersuchungsdauern keine sicheren
Aussagen zu Nebenwirkungen machen.
Ergebnis: Sowohl für die ACE-Hemmer-Gruppe wie für die AT1-BlockerGruppe gilt, dass in jeder Gruppe alle Substanzen gleich gut den Blutdruck
senken, sodass bei der Verordnung wirtschaftliche Aspekte durchaus zur
Auswahl der entsprechenden Wirksubstanz herangezogen werden können.
Darüber hinaus gilt für beide Gruppen, dass jeweils mit einem Achtel oder einem
Viertel der empfohlenen Maximaldosis 60 bis 70 Prozent der blutdrucksenkenden
Wirkung erzielt werden können.
Ich verordne eine wirtschaftliche Substanz mit Einmalgabe am Tag
Bei der Auswahl der Substanzen lasse ich mich zum einen von wirtschaftlichen Aspekten leiten. Zum anderen wähle ich eine Substanz mit Einmalgabe pro Tag aus,
um die Adhärenz bzw. die Compliance zu erhöhen.
Darüber hinaus kann ich bei Auftreten von Nebenwirkungen neben einem Absetzen der Therpie auch eine Dosisreduktion in Erwägung ziehen. Es bleibt ein großer
Teil der blutdrucksenkenden Wirkung erhalten und die Nebenwirkung verschwindet
vielleicht.
Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass ich hiermit meistens auch den Dosierungsbereich verlasse, mit dem die Endpunktstudien zu den jeweiligen Substanzen durchgeführt wurden und für den eine Besserung der Morbidität und Mortalität in den
einzelnen Indikationsgebieten (Hypertonie, Herzinsuffizienz) nachgewiesen wurde.
Darüber hinaus gibt es nicht für alle Substanzen Endpunktstudien.
Interessenkonflikte: keine
Literatur
1 Heran BS, Wong MMY, Heran IK, Wright JM. Blood pressure lowering efficacy of angiotensin converting enzyme
(ACE) inhibitors for primary hypertension. Cochrane Database of systematic Reviews 2008, Issue 4. Art. No.:
SD003823. DOI: 10.1002/14651858.CD003823.pub2
2 Heran BS, Wong MMY, Heran IK, Wright JM. Blood pressure lowering efficacy of angiotensin receptor blockers
for primary hypertension. Cochrane Database of systematic Reviews 2008, Issue 4. Art. No.: SD003822. DOI:
10.1002/14651858.CD003822.pub2
Bedeutung
für
unsere
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Nr. 4 / 2008
Herz-Kreislauf-Risiko durch Blutdrucksenker reduzieren
Gibt es für ältere Patienten
besonders geeignete Medikamente?
Dr. med. Klaus Ehrenthal
Im Mai 2008 erschien im BMJ eine Metaanalyse von 31 Studien zur relativen Risikoreduktion größerer kardiovaskulärer Ereignisse durch unterschiedliche Blutdrucksenkungsmaßnahmen mit insgesamt 190.606 Patienten, unterteilt in Patienten unter 65
Jahren und darüber [1]. Es sollte dabei geprüft werden, ob und wie unterschiedliche
Therapiemaßnahmen in den beiden Altersgruppen die Ergebnisse beeinflussten.
Beobachtungsstudien hatten gezeigt, dass die Höhe des Blutdrucks eng mit dem
relativen Risiko eines Schlaganfalls oder einer koronaren Herzerkrankung korrelierte
[2] und dass die Korrelation mit zunehmendem Alter abnahm [3]. Aus einer großen
vorherigen Analyse von insgesamt 61 Studien mit einer Million Patientendaten
war hervorgegangen, dass bei 50- bis 59-Jährigen das Apoplexrisiko durch eine
systolische Blutdrucksenkung von 20 mm Hg um 62 Prozent sank, während bei
80- bis 89-Jährigen die Senkung des systolischen Blutdrucks um 20 mm Hg nur
mit einer Senkung der Schlaganfallhäufigkeit um 33 Prozent einherging [4]. In der
vorliegenden Metaanalyse sollte nun herausgefunden werden, ob es besondere
Medikationen zur Blutdrucksenkung für Ältere gibt, die bessere Resultate für kardiovaskuläre Mortalität und Morbidität ergeben [1].
In den untersuchten Studien wurde der Effekt verschiedener Medikamentenklassen
auf die jeweiligen Altersgruppen untersucht. Dabei wurden nur Studien in die Analyse aufgenommen, die mindestens 1.000 Patientenjahre überprüften. Die Patienten
wurden in zwei Gruppen aufgeteilt, je nachdem, ob sie bei Studieneintritt < 65
Jahre oder ≥ 65 Jahre alt waren. Als primärer Endpunkt wurden schwerwiegende
kardiovaskuläre Ereignisse gewählt (nicht-fataler Schlaganfall oder Tod durch ein cerebrovaskuläres Ereignis) sowie Herzinfarkt (nicht tödlich oder tödlich einschließlich
plötzlichem Herztod) und Herzerkrankung mit Krankenhauseinweisung. Sekundäre
Endpunkte waren Schlaganfall, koronare Herzerkrankung, Herzinsuffizienz, kardiovaskulärer Tod und die Gesamtmortalität.
Sieben Behandlungsregime wurden analysiert:
a ACE-Hemmer versus Placebo
b Calciumantagonisten versus Placebo
c strengere Blutdrucksenkung versus milderen Maßnahmen zur Blutdrucksenkung
d Angiotensinrezeptorblocker versus Kontrollregime
e ACE-Hemmer versus Diuretika/Betablocker
f Calciumantagonisten versus Diuretika/Betablocker und
g ACE-Hemmer versus Calciumantagonisten
Zusätzlich wurden Vergleiche der Wirkung von Diuretika und Betablockern in den
verschiedenen Altersgruppen vorgenommen. Dabei handelte es sich um
a ACE-Hemmer oder Calciumantagonisten versus Betablocker und
b ACE-Hemmer oder Calciumantagonisten versus Diuretika.
Ergebnisse
Nach sorgfältiger statistischer Analyse der Ergebnisse aus 31 von 37 Studien (sechs
Studien hatten keine ausreichend geführten Protokolle) fanden sich 96.466 Patienten unter 65 Jahren und 94.140 Patienten mit mindestens 65 Jahren, was
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einem mittleren Alter von
a 57 Jahren bei den Jüngeren (58 Prozent Männer) und
b 72 Jahren bei den Älteren (51 Prozent Männer) entsprach.
Der Basisblutdruck war bei den Älteren höher als bei den Jüngeren.
Die verschiedenen blutdrucksenkenden Medikamentenregime ergaben weder für
die primären Endpunkte (alle großen kardiovaskulären Ereignisse) noch für die sekundären Endpunkte einen statistisch gesicherten Unterschied in der Senkung des
relativen Risikos. Es fand sich auch kein Unterschied im relativen kardiovaskulären
Risiko in den verschiedenen Altersgruppen.
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Alle
BehandlungsVarianten
waren gleichwertig
Trotz der großen Zahl von 190.606 Patienten in den 31 Studien ist die statistische
Aussagekraft zu gering gewesen, um durch eine Subgruppenanalyse möglicherweise vorhandene Wirkungsunterschiede als kleine Vorteile für das eine oder andere
Therapieregime herauszuarbeiten bzw. statistisch zu sichern.
Wegen des nachgewiesenen Ausmaßes der möglichen kardiovaskulären Risiko­
minderung durch eine generelle Blutdrucksenkung weisen die Autoren ausdrücklich
darauf hin, dass nicht nur jüngere, sondern besonders auch ältere Patienten davon
profitieren und deswegen auch behandelt werden sollten.
Wirtschaftlichkeit und individuelle Besonderheiten entscheiden
Da die Autoren ausdrücklich darlegten, dass sie bei der blutdrucksenkenden
Therapie keine Vorteile für bestimmte Medikamentenregime nachweisen und
insbesondere auch für bestimmte Altersgruppen keinen Vorteil einer bestimmten
Medikamentenklasse erkennen konnten, ist es entscheidend, dass beim Hypertoniker überhaupt eine Blutdrucksenkung durchgeführt wird. Bei der Auswahl
der Therapie für den Einzelfall sollte ärztlicherseits besonders auf folgende Kriterien
geachtet werden:
individuelle Besonderheiten der Patienten (z.B. Medikamentenunverträglichkeiten bzw. Wirkstoffkontraindikationen, Niereninsuffizienz, Diabetes,
Asthma usw.)
Probleme der Lebensführung (z. B. Bewegungsmangel, Übergewicht, Stoffwechselentgleisungen, Schlafmangel, Nikotinabusus usw.)
Verbesserung der Compliance (z. B. sorgfältiges Erklären des Verschreibungsgrundes, möglichst kleine tägliche Tablettenzahl, lesbare Tablettenpläne
schreiben, ggf. Dosett verwenden, ggf. Angehörige oder Pflegende hinzuziehen
usw.)
Neben den individuellen Auswahlkriterien steht angesichts der Vergleichbarkeit auch der wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund.
Interessenkonflikte: keine
Literatur:
1 Turnball F et al., Blood Pressure Lowering Treatment Trialists’ Collaboration, George Institute for International
Health, University of Sydney, Australia. BMJ 2008;336; 1121-1123, doi:10.1136/bmj.39548.737368.BE
2 MacMahon S, Peto R, Cutler J, Collins R, Sorlie P, Neaton J et al. Blood pressure, stroke, and coronary heart
disease. Part 1. Prolonged differences in blood pressure: prospective observational studies corrected for the
regression dilution bias. Lancet 1990;335:765-74
3 Prospective Studies Collaboration. Cholesterol, diastolic blood pressure, and stroke: 13.000 strokes in 450.000
people in 45 prospective cohorts. Lancet 1995;346:1647-53
4 Prospective Studies Collaboration. Age-specific relevance of usual blood pressure to vascular mortality: a metaanalysis of individual data for one million adults in 61 prospective studies. Lancet 2002;360:1903-13
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für
unsere
Praxis
Kriterien für die
Auswahl der
Blutdrucksenker
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Blutzucker-Selbstkontrolle
beim Typ-2-Diabetiker
Dr. med. Klaus Ehrenthal
Angesichts zunehmender Kosten für Blutzucker-Selbstmessungen insbesondere
durch Typ-2-Diabetiker (siehe Kasten auf der gegenüberliegenden Seite) wurden
jüngst zwei Studien im British Medical Journal veröffentlicht, die den Nutzen solcher
Selbstuntersuchungen beim Typ-2-Diabetiker hinterfragten [1, 2].
In der von Farmer et al. [1] 2007 publizierten Studie (DiGEM) wurden 453 Patienten
mit Typ-2-Diabetes, der bei ihnen seit durchschnittlich drei Jahren bekannt war, über
vier Jahre untersucht und randomisiert in drei Gruppen aufgeteilt:
1. 151 Fälle mit intensivem BZ-Selbstmonitoring,
2. 150 Fälle mit wenig intensivem BZ-Selbstmonitoring,
3. 152 Kontrollfälle nur diätetische Behandlung ohne BZ-Selbstmessung.
Schlechtere
Lebensqualität
durch
Selbstkontrolle:
Mehr Schaden als
Nutzen?
Es wurden BZ-Selbstkontrollen mit Training in der Interpretation der Werte und der
daraus resultierenden Maßnahmen zur Anpassung der Therapie nach zwölf Monaten verglichen mit der Vergleichsgruppe ohne BZ-Selbstkontrolle. Ein signifikanter
Unterschied für das HbA1c konnte dabei nicht gefunden werden.
Eine Nachauswertung des Datenmaterials durch Simon et al. [3] zeigte, dass BZSelbstkontrollen mit dem entsprechenden Trainingsprogramm die Kosten erhöhen
und die Lebensqualität einschränken. Dabei wurden vermehrte Ängstlichkeit und
depressive Verstimmung der Probanden beobachtet.
In der 2008 von O’Kane et al. [2] durchgeführten randomisierten kontrollierten
Studie bei 184 Patienten unter 70 Jahren mit neu entdecktem Typ-2-Diabetes
wurden die HbA1c-Werte alle drei Monate in den verschiedenen Kollektiven
überprüft:
1. In der Interventionsgruppe wurde viermal pro Woche eine BZ-Selbstmessung
nüchtern und postprandial durchgeführt, die Patienten wurden angewiesen,
auf zu hohe oder zu niedrige Werte diätetisch und/oder mit körperlicher
Belastung zu reagieren.
2. In der Vergleichsgruppe wurde keine BZ-Selbstmessung durchgeführt.
Beide Gruppen wurden gleich geschult und bei erhöhten Blutzuckerwerten nach
dem gleichen Regime diätetisch und medikamentös therapiert. Alle drei Monate
wurden die HbA1c-Werte und mit Hilfe von Scores die Therapiezufriedenheit und
das Wohlbefinden überprüft.
Trotz Selbstmessung
kein besserer HbA1c
Die Auswertungen dieser Studie zeigten:
In der Interventionsgruppe veränderte sich der Ausgangswert des HbA1c von 8,8
Prozent nach zwölf Monaten auf 6,9 Prozent.
In der Vergleichsgruppe ohne BZ-Selbstmessung betrug der Ausgangswert des
HbA1c 8,6 Prozent, er sank nach zwölf Monaten ebenfalls auf 6,9 Prozent.
Kein Unterschied zwischen beiden Gruppen fand sich bei der Häufigkeit von
Hypoglykämien, beim BMI und beim Gebrauch von oralen Antidiabetika.
Depressive Verstimmungen wurden in der Interventionsgruppe signifikant häufiger gefunden (p = 0,011).
Es wurde in der Interventionsgruppe ein Trend zu größerer Ängstlichkeit ermittelt
(p = 0,07).
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Als Ergebnis dieser sorgfältig durchgeführten randomisierten kontrollierten Studien
[1, 2, 3] ist festzuhalten:
Die langfristigen Werte des HbA1c und des Blutzuckers wurden durch die Blutzucker-Selbstmessung gegenüber einer Vergleichsgruppe ohne Selbstmessung
nicht verbessert.
Die mit Blutzucker-Selbstmessung behandelten Patienten wiesen signifikant höhere
Werte im Depressionsscore und tendenziell höhere Werte im Angstscore auf.
Daraus folgerte Gulliford (4) in einem Editorial, dass die Vertretbarkeit der Kostenübernahme für eine BZ-Selbstmessung zu Recht [5] infrage zu stellen ist.
Eine Blutzucker-Selbstkontrolle ist in folgenden Fällen sinnvoll:
1. bei Typ-1-Diabetikern (als GKV-Leistung),
2. bei Diabetikern, bei denen die Insulingabe von den Messwerten abhängt
(als GKV-Leistung),
3. bei Neueinstellungen von Typ-2-Diabetikern (als GKV-Leistung in einigen
KVen),
Bedeutung
für
unsere
Praxis
Teststreifen beanspruchen bereits über ein Drittel der Verordnungkosten
Auslöser für die beiden hier referierten Studien waren steigende Kosten für Blutzuckerteststreifen in
Großbritannien (2001 ca. 137 Millionen €1, 2003 ca. 170 Millionen €2). Auch in Deutschland steigen
die Kosten für BZ-Teststreifen. Die untenstehende Grafik zeigt beispielhaft die Daten aus Hessen: 2007
- Umsatz wurden BZ-Teststreifen für 58,8 Millionen € verordnet. Die Kosten für orale Antidiabetika und Insuline
beliefen sich im gleichen Zeitraum insgesamt auf 106.662.164 €. Von den gesamten Verordnungskosten
für Antidiabetika und BZ-Teststreifen verschlingen die Streifen bereits mehr als ein Drittel.
Diabetes: Bluttests
20
2003
2004
54.550.390
30
51.903.450
40
48.135.661
50
47.025.603
Mio. Euro
60
2005
2006
58.819.438
70
10
2007
Blutzucker-Testreifen, Beispiel Hessen: Die Kosten steigen erheblich an, ihre Verordnung scheint
allerdings längst nicht in allen Fällen sinnvoll (Datenquelle: Insight-Health).
1 Die Euroangabe entspricht der Angabe in Pfund Sterling, umgerechnet nach dem Durchschnittswert des Euro für das Jahr 2001, Quelle:
Bundesbank
2 Die Euroangabe entspricht der Angabe in Pfund Sterling, umgerechnet nach dem Durchschnittswert des Euro für das Jahr 2003, Quelle:
Bundesbank
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Seite 26
Nr. 4 / 2008
4. bei ausgewählten Patienten mit Diabetes Typ 2 als eine die Compliance
fördernde Maßnahme (keine generelle Leistung der GKV).
Dagegen haben die hier referierten Studien eine erneute Diskussion über den
Stellenwert der kostenträchtigen Blutzucker-Selbstmessung beim oral behandelten
Typ-2-Diabetes ausgelöst. Sicherlich gibt es Einzelfälle, bei denen aus den oben
genannten Gründen die BZ-Selbstmessung für eine sichere Therapie erforderlich
sein kann. Voraussetzungen sind jedoch:
Dokumentation der Messwerte und
direkte Konsequenzen aus den jeweiligen Werten (z.B. Umstellung der oralen Medikation, Diätänderung, vermehrte Bewegung etc). Anders als die
Anpassung der Insulindosis sind diese Konsequenzen jedoch nur langfristig
ändernd wirksam. Hieraus resultiert auch die Diskussion über den Nutzen.
Zum Aufspüren
einer postprandialen
Hyperglykämie
reichen
Urin-Teststreifen
Allen anderen nicht mit Insulin behandelten Typ-2-Diabetikern kann der
Arzt aufgrund dieser Studienergebnisse durchaus guten Gewissens die
regelmäßige Blutzucker-Selbstmessung erlassen.
Die Diabetes-Schulungen sollten das in Zukunft berücksichtigen. Zum Aufspüren
einer Hyperglykämie sind auch die kostengünstigen Urinzucker-Teststreifen postprandial geeignet
Bitte beachten Sie: Blutzucker-Teststreifen gehen (entgegen den Beteuerungen
mancher Hersteller) in das Arzneimittelbudget des verordnenden Arztes ein!
Einzelne KVen setzen bei der BZ-Selbstmessung von Typ-2-Diabetikern unterschiedliche Wirtschaftlichkeitsgrenzen für Blut-Teststreifen für den verordnenden Arzt
an, jenseits derer eventuell mit Regressanträgen der Krankenkassen zu rechnen
ist. Hier folgen einzelne Beispiele derzeitiger Prüfungsentscheidungen und KVEmpfehlungen:
KV Berlin: BZ-Teststreifen sind in der Regel beim Typ-2-Diabetes nicht erforderlich,
Dokumentation der Werte ist erforderlich.
KV Hessen: Bei oral behandelten Typ-2-Diabetikern (von Ausnahmen abgesehen)
gilt die Verordnung von Blutzucker-Teststreifen als unwirtschaftlich. Die wichtigsten
Ausnahmen sind die Neueinstellung und die Therapieänderung.
KV Nordrhein: Verordnung von BZ-Teststreifen nur in Ausnahmefällen bei Folgeerkrankungen oder pathologischer Nierenschwelle, dann höchstens 50 pro Quartal.
KV Rheinland-Pfalz: Als Anhaltszahlen gelten 50 BZ-Teststreifen pro Quartal.
KV Sachsen-Anhalt: In der Regel ist keine BZ-Selbstmessung erforderlich, bei Neuund Ersteinstellung auf orale Medikation werden rund 250 Teststreifen für etwa
sechs Wochen akzeptiert, in Sondersituationen wie akute Erkrankung, Kortisontherapie, Remissionsphase, Gewichtsveränderungen werden rund 50 BZ-Teststreifen
pro Quartal akzeptiert.
KV Westfalen-Lippe: Bis zu 50 BZ-Teststreifen pro Quartal bei begründeten Ausnahmefällen.
Interessenkonflikte: keine
Literatur:
1 Farmer A, Wade A, Goyder E, Yudkin P, French D, Craven R, Kinmonth AL, Neil A. Impact of self monitoring of
blood glucose in the management of patients with non-insulin treated diabetes: open parallel group randomised trial. BMJ 2007;335:132-9, doi:10.1136/bmj.39247.447431.BE
2 O’Kane MJ, Bunting B, Copeland M, Coates VE on behalf of the ESMON study group. Efficacy of self monitoring
of blood glucose in patients with newly diagnosed type 2 diabetes (ESMON study): randomised controlled trial.
BMJ 2008;336:1174-7; doi:10.1136/bmj.39534.571644.BE
3 Simon J, Gray A, Clarke P, Wade A, Neil A, Farmer A: on behalf of the Diabetes Glycaemic Education and Monitoring Trial Group: BMJ 2008;336:1177-80
4 Gulliford M.: Editorial. BMJ 2008;336:1139-40, doi:10.1136/bmj.39538.469421
5 arznei-telegramm 2008;39, Nr.7:78
Nr. 4 / 2008
KVH • aktuell
Gewisse Besserung, aber dennoch
ein schwerer Fehler
Die obige Entlassungs-Medikation empfahl das Krankenhaus für einen Patienten,
der wegen eines Grand mal Anfalls stationär aufgenommen worden war. Die Dia­
gnosen:
Symptomatische Epilepsie mit Grand mal bei Multiinfarkt-Syndrom
residuale Hemiparese rechts und Aphasie
Arterielle Hypertonie
Diabetes mellitus Typ 2
M. Parkinson
pAVK
Die Entlassungs-Medikation der Krankenhäuser ärgert viele niedergelassene Kollegen: Oft werden nicht nur Unmengen von Medikamenten aufgelistet, sondern
auch noch teure Originalpräparate, die jeden Niedergelassenen direkt in den Regress
führen würden. Hier war das Krankenhaus immerhin so freundlich, auf die Austauschbarkeit der Markenpräparate hinzuweisen – das ist ein gewisser Fortschritt.
Der Hausarzt des Patienten war angesichts der Liste dennoch erschrocken. Sein
Kommentar: „Die empfohlene Behandlung stellt schlichtweg eine Patientengefährdung dar. Leider muss ich es so sehen, wenn gleich zwei AT1-Blocker (Votum
20, Blopress 16), zwei Betablocker (Nebilet, Metoprolol ret. 100 mg) sowie zwei
Levodopa-Präparate (Madopar, Dopadura) in angegebener Dosierung zur selben
Tageszeit verabreicht werden. Darüber hinaus ist es unwirtschaftlich und in der
Praxis nicht praktikabel, über zwei Tage Gabapentin der Tablettendosis 200 mg zu
empfehlen, um dann ab dem 3. Tag auf eine Tablettendosis von 300 mg zu steigern. Packungsgrößen von sechs Tabletten gibt es bekanntlich nicht. Da wäre die
Empfehlung 300 mg für die ersten beiden Tage alltagstauglicher gewesen.“
Seite 27
Rezept
des
Monats
Seite 28
Sicherer
verordnen
Dr. med.
Günter Hopf
KVH • aktuell
Nr. 4 / 2008
Betäubungsmittel bei Auslandsreisen
Patienten dürfen von einem Arzt verschriebene Betäubungsmittel in einer der Dauer
der Reise angemessenen Menge als persönlichen Reisebedarf grenzüberschreitend
mit sich führen. Dies gilt zumindest für Mitgliedstaaten des Schengener Abkommens
(EU) bei Reisen bis zu 30 Tagen und mit einer vom verordnenden Arzt ausgefüllten
und von der zuständigen Landesgesundheitsbehörde beglaubigten Bescheinigung
(siehe Faksimile – Formular beim BfArM erhältlich).
Leider bestehen keine international harmonisierten Bestimmungen bei Fernreisen
(z.B. uneinheitliche Importgenehmigungen und Mengenbeschränkungen bis hin
zum Mitnahmeverbot). Eine ärztliche Bescheinigung in englischer Sprache könnte
hilfreich sein, eine Rückfrage bei der zuständigen diplomatischen Vertretung des
Reiselandes in Deutschland vor Antritt einer Reise ist dringend zu empfehlen. Dies
gilt auch für Sonderfälle wie
eine Substitutionstherapie
von opiatabhängigen Patienten (z.B. generelles Verbot der
Einfuhr von Methadon und
Buprenorphin in die USA).
Auch Ärzte dürfen Betäubungsmittel als ärztlichen
Praxisbedarf in angemessener Menge mit sich führen,
z.B. zum Zweck der ärztlichen Berufsausübung im
Rahmen karitativer Einsätze
oder als Erste-Hilfe-Leistung.
Da auch in diesen Fällen die
Rechtsgrundlagen international nicht harmonisiert sind,
empfiehlt sich eine Rückfrage bei der zuständigen diplomatischen Vertretung in
Deutschland.
Quelle: Dtsch.Apo.Ztg. 2008; 148: 2696
Dieses Formular brauchen
Patienten, die Betäubungsmittel auf Reisen in die
EU-Staaten mitnehmen
müssen. Es kann von der
Web-Seite www.bfarm.de
heruntergeladen werden (mit
Suchfunktion nach „Betäubungsmittel“ und „Schengen“ suchen, dann geht es
über den Beitrag „Hinweise
zur Mitnahme von Betäubungsmitteln“ weiter.
Nr. 4 / 2008
KVH • aktuell
Seite 29
Hausärztliche Leitlinie
Schmerz
Therapie von Schmerzen
Konsentierung Version 3.00
17. Oktober 2007
Revision bis spätestens
2010
Version 3.03 vom 28.01.2008
Hausärztliche Leitlinie
Anmerkung:
Schmerz
Die Leitlinie Schmerz umfasst insgesamt 70 Seiten. Wir
Therapie
von Schmerzen
veröffentlichen
angesichts
des Umfangs nur die wichtigsten Aspekte. Details finden Sie im Internet.
Im letzten Heft hatten wir einen Überblick über die
Leitlinien-Inhalte, die hausärztlichen Schlüsselfragen und
Konsentierung
Version
3.00über die Behanddie Schmerzdiagnostik
gegeben
sowie
lung schwerer
Schmerzen informiert. In die17. chronischer
Oktober 2007
sem Heft finden Sie Hinweise zur Behandlung leichterer
Schmerzen, Schmerzen bei muskuloskelettalen ErkrankunRevision
spätestens
gen, abominaler
und bis
viszeraler
Schmerzen, Kofschmerzen
2010
sowie neuropathischer
Schmerzen .
Die im Text erwähnten Anhänge und Literaturstellen (Ziffern in Klammern), die hier nicht abgedruckt sind, finden
Sie in der vollständigen Leitlinie. Sie ist im Internet unter
Version 3.03 vom 28.01.2008
www.pmvforschungsgruppe.de
verfügbar. Auf dieser
Webseite bitte den Cursor in der Menü-Leiste im oberen
Teil der Seite auf Publikationen positionieren und im
aufklappenden Untermenü auf Leitlinien klicken. Dann
können sie die gesamte Leitlinie einsehen bzw. als PDFDatei auf Ihren Computer herunterladen. Eine weitere
Bezugsquelle finden Sie unter www.leitlinien.de. Dort
auf Leitlinienanbieter klicken, dann Leitlinien aus dem
ambulanten Bereich/vertragsärztliche Qualitätszirkel
auswählen, anschließend führt der Link unten auf der
Seite zu den hausärztlichen Leitlinien.
F. W. Bergert
M. Braun
K. Ehrenthal
J. Feßler
J. Gross
K. Gundermann
H. Hesse
J. Hintze
U. Hüttner
B. Kluthe
W. LangHeinrich
A. Liesenfeld
E. Luther
R. Pchalek
J. Seffrin
T. Sitte
A. Sterzing
G. Vetter
H.-J. Wolfring
U. Zimmermann
F. W. Bergert
M. Braun
K. Ehrenthal
J. Feßler
J. Gross
K. Gundermann
H. Hesse
J. Hintze
U. Hüttner
B. Kluthe
W. LangHeinrich
A. Liesenfeld
E. Luther
R. Pchalek
J. Seffrin
T. Sitte
A. Sterzing
G. Vetter
H.-J. Wolfring
U. Zimmermann
KVH • aktuell
Seite 30
Nr. 4 / 2008
Diffuse Schmerzen bei Fieber
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen
oder diese unterstützen
Arzneitherapie
nach [14] {eR}, [169] {eR}; Dosierung s. Anhang
Kinder bis 12. Lebensjahr:
ƒ Kühlen [149] {B, Ia}, (jedoch insgesamt nur
wenige Studien) Flüssigkeit geben, beruhigen
Kinder bis 12. Lebensjahr:
Schwangere:
ƒ Kühlen
ƒ Flüssigkeit geben
ƒ Ruhe
Schwangere und Stillende:
ƒ
ƒ
Paracetamol (strenge Indikationsstellung)
Cave: ASS und NSAR kontraindiziert
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Paracetamol
ASS, Ibuprofen [94] {A, Ib}
Andere NSAR nicht erste Wahl
Metamizol: Reservemedikation wegen
Agranulozytoserisiko
ƒ
ƒ
Paracetamol: alters-/gewichtsabhängig dosieren
[13] {A, Ib} (Cave: kein ASS)
Ibuprofen ab 6. Lebensmonat, alters-/gewichtsabhängig dosieren [13] {A, Ib}
Beratungsursache 2:
Schmerzen beiÄltere
unkomplizierten
Traumata
Ältere ab 12. Lebensjahr, Erwachsene:
ab 12. Lebensjahr, Erwachsene:
Flüssigkeit geben
Ruhe
Schmerzen bei unkomplizierten Traumata
Beratungsursache 3:
Schmerzen bei muskuloskelettalen Erkrankungen
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen
oder diese unterstützen
Arzneitherapie
nach Dosierung s. Anhang
Kühlen [193] {A, Ib}, ruhig stellen, ggf.
Kompression, ggf. Hochlagerung
ƒ Paracetamol [156] {A, Ia}
[47] {A, Ia}
ƒÌ Ibuprofen
Arthrose
nicht
{A, Ia}
ƒ Diclofenac [47] aktiviert
ggf.
zusätzlich
Opioide
ƒ
Pause Eis Compression Hochlagern (PECH)
Schmerzen bei muskuloskelettalen Erkrankungen
Arthrose nicht aktiviert
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen
oder diese unterstützen
Arzneitherapie
Arthrose nicht aktiviert [130]
Arthrose nicht aktiviert
ƒ Paracetamol ausreichend hoch dosiert (3-4 g/d!)
[208] {A, Ia}
ƒ Wenn unzureichende Wirkung: bedarfsweise
NSAR [221] {A, Ia}
ƒ Bei Notwendigkeit von ASS als Thrombozytenaggregationshemmer,
sollteI ASS-Gabe
Version 3.03
28. Januar 2008
mind. 2 Stunden vor NSAR erfolgen
ƒ Ulkusprophylaxe mit PPI beachten [233] (Risikopatienten, z. B. Ulkusanamnese, Patienten über
60 Jahre, gleichzeitige Kortikoidgabe). Kombination von NSAR und Steroiden möglichst
vermeiden [171]
ƒ Wenn unzureichende Wirkung zusätzlich
schwachwirksame Opioide (z. B. Tramadol,
Übergewicht abbauen [77] {B, R}, [76] {III}
ƒ »Bewegung ja - Belastung nein«, d. h. Bewegung ohne große Impulsbelastung; Bewegung
ohne Extrembewegungen der Gelenke, insbesondere ohne Rotationen; Bewegung mit gleichHausärztliche
»Therapie
von Schmerzen«
mäßig Leitlinie
rhythmischen
Bewegungen
und geringen
Bewegungsenergien [83, 84]
ƒ Abwechseln zwischen Be- und Entlastung (zur
Rehydrierung des Knorpels sind 4-6 Std. Pause
nötig)
ƒ Gehhilfen benutzen, unebene Wege meiden,
Schuhe mit weichen Sohlen (Pufferabsätze)
ƒ Kälte und Nässe meiden, Gelenke warm halten
ƒ Kraul- und Rücken-Schwimmen in warmem
09
gung ohne große Impulsbelastung; Bewegung
ƒ Wenn unzureichende Wirkung: bedarfsweise
NSAR [221] {A, Ia}
ohne Extrembewegungen der Gelenke, insbesondere ohne Rotationen; Bewegung mit gleich- ƒ Bei Notwendigkeit von ASS als ThromboNr. 4mäßig
/ 2008
Seite 31
KVH • aktuell
zytenaggregationshemmer, sollte ASS-Gabe
rhythmischen Bewegungen und geringen
mind. 2 Stunden vor NSAR erfolgen
Bewegungsenergien [83, 84]
ƒ Abwechseln zwischen Be- und Entlastung (zur ƒ Ulkusprophylaxe mit PPI beachten [233] (Risikopatienten, z. B. Ulkusanamnese, Patienten über
Maßnahmen,
diedes
derKnorpels
Arzneitherapie
Rehydrierung
sind 4-6vorangehen
Std. Pause Arzneitherapie
60 Jahre, gleichzeitige Kortikoidgabe). Kombioder
diese unterstützen
nötig)
nation von
NSAR
und Steroiden möglichst
Gehhilfen
benutzen,
ƒArthrose
nicht
aktiviertunebene
[130] Wege meiden,
Arthrose
nicht
aktiviert
[171]
Schuhe mitabbauen
weichen Sohlen
Paracetamol
ausreichend hoch dosiert (3-4 g/d!)
ƒ vermeiden
Übergewicht
[77] {B, (Pufferabsätze)
R}, [76] {III}
Wenn
unzureichende
Wirkung zusätzlich
ƒ
und
Nässe
meiden,
Gelenke
warm
halten
ƒƒ Kälte
[208]
{A,
Ia}
»Bewegung ja - Belastung nein«, d. h. BeweOpioide
(z. B.
Tramadol,
und Rücken-Schwimmen
in warmem
ƒ KraulWenn unzureichende
Wirkung:
bedarfsweise
gung ohne
große Impulsbelastung;
Bewegung
ƒ schwachwirksame
Tilidin
[163]
{A,
Ib}
Wasser
(ungünstig Brustschwimmen)
[159]
{B,
NSAR [221] {A, Ia}
ohne Extrembewegungen
der Gelenke,
insbeBei schweren Dauerschmerzen starkwirksame
ƒ
Ib}
(nur
wenige,
spezifische
Studien)
sondere ohne Rotationen; Bewegung mit gleich- ƒ Bei Notwendigkeit von ASS als ThromboOpioide
Radfahren
ƒ Aquajogging,
zytenaggregationshemmer, sollte ASS-Gabe
mäßig rhythmischen
Bewegungen und geringen
Intraartikuläre
Injektionen
von
ChondroprotekKrankengymnastik
[175]
{A,
Ia}:
Trainieren
und
ƒ
ƒ Bewegungsenergien [83, 84]
mind. 2 Stunden
vor NSAR
erfolgen
tiva,
z.
B.
Hyaluronsäure,
ergaben
einer
derzwischen
Muskulatur.
zu Eigenmit PPI beachten in
[233]
(RisikoAbwechseln
Be-Anleitung
und Entlastung
(zur
ƒ Ulkusprophylaxe
ƒ Kräftigen
Metaanalyse
keine
nennenswerten
Verbesaktivität
und
Bewegungsübungen
[160]
{Ib}
patienten, z. B. Ulkusanamnese, Patienten über
Rehydrierung des Knorpels sind 4-6 Std. Pause
serungen.
Als Zielkriterium
diente die VeränReizstrom,
TENS
[162]
{A,
Ia},
ƒ Elektrotherapie,
60 Jahre, gleichzeitige
Kortikoidgabe).
Kombinötig)
derung
der
Schmerzintensität
nach
zwei
bis drei
Wärme,
Kälte,
Triggerpunkt-Anästhesie,
u.
U.
nation von NSAR und Steroiden möglichst
benutzen, unebene Wege meiden,
ƒ Gehhilfen
Monaten
[109,
133,
155].
Wegen
InfektionsAkupunktur
[188] {B, Sohlen
Ib}
vermeiden [171]
Schuhe mit weichen
(Pufferabsätze)
werden diese Injektionen
von der LeitMassagen
im
Allgemeinen
nicht
sinnvoll,
ƒƒ Kälte und Nässe meiden, Gelenke warm halten ƒ gefahr
Wenn unzureichende
Wirkung zusätzlich
liniengruppe
nicht
empfohlen.
erforderlich vor der Bewegungstheschwachwirksame Opioide (z. B. Tramadol,
Kraul- und Rücken-Schwimmen
in warmem
ƒ manchmal
rapie
bei
ausgeprägten
Myogelosen
[96]
{A,
Ib}
Tilidin [163] {A, Ib}
Wasser (ungünstig Brustschwimmen) [159] {B,
ƒ Bei schweren Dauerschmerzen starkwirksame
Ib} (nur wenige, spezifische Studien)
Hinweis:
NSAR
(incl.
Cox-2
Hemmer)
können
September
vom Markt
vom
Markt 2004
genommen
wurde genommen
[6, 151, 152,wurde
157].
Hinweis:
NSAR (incl.
Cox-2 Hemmer) können zu
Opioide
Aquajogging,
Radfahren
ƒ kardiovaskulären
zu
Nebenwirkungen
wie
ischä[6,
151,
152,
157].
Die
EMEA
[69] benennt
für
Die
EMEA
[69]
benennt
für
Coxibe
KHK
und
kardiovaskulären
Nebenwirkungen
wie
ischämiIntraartikuläre
Injektionen
von
Chondroprotek[175] {A, Ia}: Trainieren und
ƒ
ƒ Krankengymnastik
mischen
Komplikationen, arterieller Hypertonie, Coxibe KHK und Schlaganfall als KontraindikaSchlaganfall
als Kontraindikation,
dieinArzneimittelschen
Komplikationen,
arterieller
Hypertonie,
Herztiva, z. B. Hyaluronsäure,
ergaben
einer
Kräftigen
der Muskulatur.
Anleitung
zu EigenÌ Arthrose
aktiviert
Herzinsuffizienz
und Ödemen
führen
[7, 150, tion,
die Arzneimittelkommission
erweitert dies
kommission
erweitert
dies
noch
auf
Patienten
mit
insuffizienz
und
Ödemen
führen
[7,
150,
229].
Metaanalyse
keine
nennenswerten
Verbesaktivität
undsind
Bewegungsübungen
[160] {Ib} und noch auf Patienten mit kardiovaskulärem Risiko
229].
Coxibe
ähnlich im Wirkungskardiovaskulärem
Risiko [7].diente
Naproxen
scheint
Coxibe
sind ähnlich Reizstrom,
im Wirkungsund[162]
Nebenwirserungen. Als Zielkriterium
die VeränTENS
Ia},
ƒ Elektrotherapie,
Nebenwirkungsspektrum
wie
NSAR
[5,{A,189],
[7].
Naproxen scheint
unter den
NSAR
das
geunter
den
NSAR
das
geringste
kardiovaskuläre
kungsspektrum
wie
NSAR
[5,
189],
wobei
Rofederung
der
Schmerzintensität
nach
zwei
bis
drei
Wärme,
Kälte, höhere
Triggerpunkt-Anästhesie,
u. U.
wobei
Rofecoxib
kardiovaskuäre Nebenringste kardiovaskuläre Risiko aufzuweisen [151,
Risiko
aufzuweisen
[151,
152,
157]. Infektionscoxib
höhere kardiovaskuäre
Monaten
[109, 133,
155].
Wegen
Akupunktur
[188]
{B, Ib} Nebenwirkungsraten
wirkungsraten
als Celecoxib
aufzeigte und im 152,
157].
als
Celecoxib
aufzeigte
und
im
September
2004
gefahr
werden
diese
Injektionen
von der Leitƒ Massagen im Allgemeinen nicht sinnvoll,
liniengruppe nicht empfohlen.
manchmal erforderlich vor der Bewegungsthe-
Beratungsursache 3:
Schmerzen bei muskuloskelettalen Erkrankungen
rapie bei aktiviert
ausgeprägten Myogelosen [96] {A, Ib}
Arthrose
Maßnahmen,
derCox-2
Arzneitherapie
Hinweis:
NSARdie
(incl.
Hemmer) vorangehen
können zu
oder
diese
unterstützen
kardiovaskulären Nebenwirkungen wie ischämiHausärztliche Leitlinie »Therapie von Schmerzen«
schen
Komplikationen,
arterieller Hypertonie, HerzArthrose
aktiviert
insuffizienz
und Ödemen (s.
führen
[7, nicht
150, 229].
Arthrose
ƒ Allgemeinmaßnahmen
Coxibe
sind ähnlich im Wirkungs- und Nebenwiraktiviert)
kungsspektrum
189], wobei
akutem[5,Zustand
[27] {A,RofeIa}
ƒ KältetherapiewiebeiNSAR
coxib(nur
höhere
kardiovaskuäre
Nebenwirkungsraten
wenige
Studien)
als
und[107]
im September
2004
Tapen desaufzeigte
Kniegelenks
{A, Ib}
ƒ Celecoxib
ƒ Zur physikalischen Therapie siehe Heilmittelkatalog
ƒ Therapeutischer Ultraschall (bei kalzifizierender
Tendinitis der Schulter [64] {A, Ib}
ƒ u. U. Akupunktur, Ultraschall am Knie [74] {A},
Hausärztliche
LeitlinieMagnetfeldtherapie
»Therapie von Schmerzen«
für gepulste
und Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT) findet
sich kein Beleg für den Nutzen
Schwere chronische destruierende Arthrose
Schnittstelle:
Überweisung
zum Spezialisten
Schwere
chronische
destruierende
Arthrose
Schnittstelle: Überweisung zum Spezialisten
11
Arzneitherapie
vom Markt genommen wurde [6, 151, 152, 157].
Die EMEA [69] benennt für Coxibe KHK und
Version 3.03 I 28. Januar 2008
Schlaganfall
als Kontraindikation, die
ArzneimittelArthrose
aktiviert
erweitertDiclofenac
dies noch[114]
auf {A,
Patienten
mit
NSAR: Ibuprofen,
Ib},
ƒkommission
kardiovaskulärem
Risiko [7]. Naproxen
scheint
Naproxen, NSAR-Auswahlkriterien
beachten,
unter
den NSAR das geringste kardiovaskuläre
s. Anhang!
Risiko
aufzuweisen
Opiate
s. Anhang[151, 152, 157].
ƒ
ƒ
Medikamentenwahl s. oben
11
Version 3.03
I
28. Januar 2008
Seite 32
KVH • aktuell
Nr. 4 / 2008
Einteilung der Rückenschmerzen, Yellow and red flags
Für die Leitlinie erfolgt eine Einteilung der Rückenschmerzen nach folgender Systematik [7, 43]
Unspezifische Rückenschmerzen
70-80Prozent [18] akut/chronisch.
Diese Kreuzschmerzen sind nicht auf eine
erkennbare spezifische Pathologie zurückzuführen.
Hierauf liegt der Fokus der Leitlinie.
Spezifische Rückenschmerzen
1. radikulär (z. B. Bandscheibenprolaps, Spinalkanalstenose, Spondylolisthesis)
2. Rückenschmerzen aufgrund anderer Erkrankungen (s. red flag; z. B. Osteoporose,
Knochenmetastasen).
Befunderhebung zum Ausschluss von Warnzeichen (red flags) und eines neurologischen Defizits
sowie zur Erfassung der funktionellen Beeinträchtigung [43].
Unspezifische Rückenschmerzen erfordern keine
bildgebenden Verfahren [43, 154], da sie die Ursache der Beschwerden meist nicht erklären und
damit ohne therapeutische Konsequenz sind.
Eine Überdiagnostik sollte auch wegen der Gefahr
der Fixierung des Patienten auf das Krankheitsbild
vermieden werden.
Junge, symtomfreie Menschen (ohne Rückenschmerzen) zeigen bis zu 27% im bildgebenden Verfahren eine Protrusion, 14% einen
Prolaps [112].
Ältere Patienten haben häufig deutliche Veränderungen an der Wirbelsäule, ohne dass diese
zu Schmerzen führen.
Hinweise für drohenden chronischen Verlauf
(Yellow flags) [3, 7]
Höheres Alter
Degenerative Prozesse
Psychosoziale Überforderung/Traumatisierung
Emotionale Beeinträchtigungen (Depression,
Angst)
Schwerarbeit (Tragen, Heben schwerer Lasten)
Monotone Körperhaltung
Geringe berufliche Qualifikation
Berufliche Unzufriedenheit
(Mikro-)Traumen
Passive Grundeinstellung
Inadäquate Krankheitsvorstellungen
Rauchen, Übergewicht
Geringe körperliche Kondition
Hinweise auf komplizierte Rückenschmerzen
(Red flags) [7, 18]
Alter < 20 Jahre oder > 50 Jahre
Mehrere Nervenwurzeln betroffen oder das
Kauda-Equina-Syndrom (Reithosenanästhesie,
Blasen- und Mastdarmstörung)
Ausgeprägte neurologische Ausfälle z. B. Reflexauffälligkeiten, motorische und sensible
Ausfälle im Bereich eines Dermatoms
Zunehmender, nicht bewegungsabhängiger
Schmerz oder Persistenz der Beschwerden
trotz Therapie
Schlechter Allgemeinzustand
Fieber (z.B. Hinweis auf paraspinalen Abszess)
Bekannte Tumorerkrankung
Adäquates Trauma, das eine Fraktur wahrscheinlich macht
Intravenöser Drogenmißbrauch
Fortgeschrittene HIV-Infektion, Immunsuppr.
Systemische Steroidmedikation oder bekannte
Osteoporose (WS-Sinterungsfraktur)
Hinweise auf entzündlich rheumatische Erkrankungen
Rückenschmerz: Therapieziele und Schnittstellen
Der Rückenschmerz ist ein häufiger Besuchsanlass
in der Allgemeinarztpraxis [170].
Therapieziele
Der Patientenführung, den Vorbeugemaßnahmen
und der adäquaten Behandlung beim Rückenschmerz kommen eine große sozioökonomische
Bedeutung zu [1, 2]. Die Leitliniengruppe empfiehlt,
Therapieziele so genau wie möglich zu benennen
und mit dem Patienten unbedingt realistische Ziele
zu vereinbaren (»mit Schmerzen leben lernen« vor
»garantierte Schmerzfreiheit«). Bei chronischem
Verlauf ist auf die Bedeutung der körperlichen Aktivität als Therapiegrundlage hinzuweisen.
Therapieziele sind:
Schmerzreduktion (VAS)
Verbesserung der Beweglichkeit und Mobilität
Reduktion des Analgetikabedarfs
Berufliche (Re-)Integration, d. h. Arbeits- und Erwerbsfähigkeit wiederherstellen und erhalten
Verbesserung der Lebensqualität in Alltag
Nr. 4 / 2008
KVH • aktuell
und Beruf (Sozialkontakte, Selbständigkeit,
Freizeitaktivität)
Reduktion der Inanspruchnahme medizinischer
Leistungen (Arztbesuche, operative Leistungen, Physiotherapie, Psychotherapie)
Besondere Herausforderung: Chronifizierung
vermeiden.
Definition [nach 7]: Wenn das Schmerzgeschehen
mehr als drei Monate anhält, seine Alarmfunktion
verloren hat und zunehmend psychologische Begleiterscheinungen mit veränderter Schmerzwahrnehmung und Schmerzverarbeitung aufweist. Es
ist schließlich von einem eigenständigen Krankheitsbild »chronische Schmerzkrankheit« auszugehen. Es ist geprägt durch körperliche Symptome
(Schmerzen, zusätzliche sekundäre Symptome),
psychische Beeinträchtigungen (Angst, Depressivität), Veränderungen im Verhalten (Schon- und
Vermeidungsverhalten) und zeigt soziale Auswirkungen (Arbeitsplatzverlust, soziale Isolation).
Subjektive Bewertungen der Patienten (Krankheits-, Selbsterklärungen, Erleben schmerzbedingter Beeinträchtigungen) sind für den weiteren
Seite 33
Krankheitsverlauf von großer Bedeutung.
Daneben darf nicht übersehen werden, dass
chronische Verläufe auch durch den sekundären
Krankheitsgewinn ausgelöst und verstärkt werden
können (Arbeitsunfähigkeit, Rehamaßnahmen bis
hin zur Frühverrentung). Diese Patienten werden
nach erfolgter Verrentung im Allgemeinen nicht
mehr durch Kreuzschmerzen auffällig.
Unterstützende Maßnahmen gegen Chronifizierung:
Ergonomie am Arbeitsplatz
Rückenschule
Sportliche Betätigung
Auswahl der Matratze, Bürostuhl, Autositz
Geeignetes Schuhwerk
Schnittstellen
Rechtzeitiges Erkennen einer drohenden Chronifizierung. Bei therapieresistentem Verlauf nach ca.
2 Wochen Re-evaluation. Weitere Diagnostik (z.
B. Röntgen- oder Laboruntersuchungen, wie BSG)
können sinnvoll sein [18]. Ggf. Überweisung zum
Spezialisten.
Nichtradikuläres Schmerzsyndrom:
Unspezifische Kreuzschmerzen und Lumbago
Alter 20-50 Jahre
Lumbosakrale Schmerzen, evtl. mit dermatomübergreifender Ausstrahlung in das Gesäß
oder die Oberschenkel
Bewegungsabhängige Schmerzen: Positionsänderungen können zu einer Besserung oder
Verschlechterung führen
Guter Allgemeinzustand
Lumbago
Der Hexenschuss (Lumbago) stellt eine akute Form
des lokalen Lumbalsyndroms dar [124].
Hinweis
Die Prognose des nicht radikulären Rückenschmerzes ist gut [164] {A}.
Radiologische Untersuchungen werden zu
häufig angefordert [43, 112]. Nur bei akuten
radikulären oder therapieresistenten Schmerzen ist eine weitergehende bildgebende Diagnostik erforderlich [7].
Behandlung des akuten unspezifischen Kreuzschmerzes
Nichmedikamentöse Maßnahmen
Frühzeitige Mobilisierung
Stufenbett
Wärme
Aufklärung über Ursache und zu erwartenden
Verlauf der Beschwerden
Medikamentöse Maßnahmen
Nichtopioid-Analgetika (z. B. Paracetamol [45])
NSAR [120] {A, Ia} Vorsicht: Nicht i. m. injizieren, großes Potenzial multipler Nebenwir-
kungen! Zulassungsvorschriften beachten (s.
Anhang).
Triggerpunktanalgesie oder Quaddeln mit
Lokalanästhetikum [179] {B, III}
Opioide (strenge Indikationsstellung), wenn
andere Analgetika nicht wirken: kurzfristig 1
bis 3 Tage [7]; ggf. in Kombination mit NSAR
Steroide (i.m.) helfen nicht bei Lumbago [85] {A}
Muskelrelaxantien [184] {A, Ib}, [216] {Ia}:
Cave: kritisch wegen Sedierungs- und Abhängigkeitsrisiko
Seite 34
Nr. 4bergen
/ 2008
KVH • aktuell
Hinweise
ƒ Fortgesetzte Arbeitsunfähigkeitsatteste
Gefahr der Chronifizierung.
ƒ Zurückhaltender Einsatz der Schmerzmittel;
nichtmedikamentöse Maßnahmen stehen im
Behandlung
Vordergrund! unspezifischer chronischer Kreuzschmerzen
Maßnahmen, die der Arzneitherapie
vorangehen oder diese unterstützen
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Ausführliche psychosoziale Anamnese und Gespräche zum Krankheitsverständnis [20] {BI}
Patienteninformation/-schulung [31] {A} [127]
z. B. Patientenflyer der DEGAM
[www.degam/leitlinien/patinfo_kreuz.pdf]
Physikalische Therapie (manuelle Therapie [9,
10, 12, 213, 214]. Bewegungstherapie [101,
102, 103, 138, 187, 195, 202]
Empfehlenswerte Sportarten: Rad fahren,
Schwimmen [4] (Brustschwimmen vermeiden),
Jogging, Walking, Rückentraining
Neue, anatomisch angepasste Matratzen können die Schmerzen bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen reduzieren [123]
TENS
Akupunktur (auch »Schein«-Akupunktur)
scheint wirksam zu sein [26, 67, 137, 206]
Gezieltes Training von Arbeits- und Gebrauchsbewegungen
Arbeitsplatzsanierung
Evtl. auch weiterführende psychologische Interventionen [211]
Hinweise
Operationen
Zurückhaltender
Einsatz der
Schmerzmittel;
Operationen
bei chronischen
Rückenschmerzen
nichtmedikamentöse
Maßnahmen
stehenzur
im
zeigen keine Verbesserungen im Vergleich
Vordergrund!
Fortgesetzte Arbeitsunfähigkeitsatteste bergen
Gefahr der Chronifizierung.
Arzneitherapie
ƒ
Nichtopioide Analgetika (Paracetamol [7, 45],
Metamizol)
ƒ
NSAR (in niedrigst wirksamer Dosierung und
möglichst kurzer Dauer wg. Nebenwirkungen [7],
ggf. Magenschutz mit PPI [7])
Trizyklische Antidepressiva (z. B. Amitriptylin)
[183] {A, Ia}
Opioide, strenge Indikationsstellung, wenn
andere Analgetika nicht wirken: 2-3 Wochen [7];
Effektivität bei chronischem Schmerz begrenzt
[51, 140]
Cave: Analgetikamissbrauch: Dauertherapie
vermeiden!
ƒ
ƒ
ƒ
Operationen
Rehabilitation mit intensiver Übungsbehandlung
Operationen
bei chronischen
Rückenschmerzen
und Verhaltenstherapie
sowie
psychologischer
zeigen
keine
Verbesserungen
im
Vergleich zur
Betreuung [75] {B}.
Rehabilitation mit intensiver Übungsbehandlung und Verhaltenstherapie sowie psychologischer Betreuung [75] {B}.
Radikuläre Rückenschmerzen
Bandscheibenprotrusion/Bandscheibenvorfall/ Spondylolisthesis:
Man unterscheidet [zitiert nach 124]:
Bandscheibenprotrusion: Der Anulus fibrosus
ist nochLeitlinie
intakt. »Therapie
Eine Möglichkeit
zur RückverlaHausärztliche
von Schmerzen«
gerung des dislozierten Bandscheibenmaterials
ist gegeben. Die Protrusion ist keine Ursache
für Schmerzen!
Bandscheibenvorfall (Prolaps): Das verlagerte
Bandscheibengewebe ist durch eine Perforation des Anulus fibrosus hindurchgetreten,
eine Rückverlagerung ist nicht möglich. Eine
Rückbildung ist jedoch möglich.
Spondylolisthesis: Das Wirbelgleiten führt
unter dem Gleitwirbel zu einer Gelenk- und
Nervenirritation mit meist doppelseitiger Ischialgie.
16
Pseudoradikuläre Phänomene imitieren eine Wurzelläsion ohne dass eineVersion
solche3.03
vorliegt
unkom2008
I 28.(s.Januar
plizierter Rückenschmerz) [113].
Radikuläres Lumbalsyndrom
Häufigste Ursache des radikulären Lumbalsyndroms ist der Bandscheibenprolaps:
Nicht jeder Bandscheibenvorfall muss (sofort) operiert werden! [43, 224]:
Eine neuere Untersuchung zeigt, dass bei
Bandscheibenvorfall mit frühzeitiger Operation
es zwar zu einer schnelleren Schmerzlin-
Nr. 4 / 2008
KVH • aktuell
derung im Vergleich zur konservativen Behandlung kommt, jedoch sind die Ergebnisse
nach einem Jahr identisch [168].
Der Vergleich von chirurgischer und nicht-operativer Behandlung mit lumbalem Bandscheibenvorfall ohne neurologische Ausfälle ergab
in der randomisiert durchgeführten SPORTStudie nach 2 Jahren keinen Unterschied [80,
223, 224]. Patienten mit lumbalem Bandscheibenvorfall ohne neurologische Ausfälle, die
der Randomisierung nicht zustimmten und
sich freiwillig operieren ließen, waren in den
ersten Monaten nach der Operation deutlich
beschwerdeärmer (SPORT-Studie) [80].
Epidurale Injektion von Steroiden bringt bei
Nervenkompressionssyndrom keine längerfristige Besserung [228] [A].
Bei der Spondylolisthesis mit Spinalkanalstenose und radikulärer Ausstrahlung scheint
die operative Behandlung der konservativen
überlegen zu sein [222].
Seite 35
Die Leitliniengruppe empfiehlt:
Bei Bandscheibenvorfall mit motorischen
Ausfällen ist im allgemeinen eine Operation
notwendig.
Bei Bandscheibenvorfall ohne motorische
Ausfälle ist die Operation nur bei therapieresistenter Schmerzsymptomatik zu erwägen.
Nach Ausschluss einer OP-Indikation: medikamentöse Schmerzbehandlung, Mobilisierung,
ggf. Stufenbettlagerung.
Das Vorgehen gilt auch für zervikales radikuläres Schmerzsyndrom, wobei hier auch sensible
Ausfälle eine Operationsindikation darstellen
können.
Schnittstelle: Radikuläres Schmerzsyndrom
Abklärung der OP-Indikation und Dringlichkeit
durch Spezialisten (Neurochirurg/Neurologe)
Fibromyalgie
Trias:
chronisch ausgedehnte Schmerzen an oberer
und unterer Körperhälfte, zu beiden Seiten der
Symmetrieebene; mit oft wechselnder Lokalisation und wechselnder Intensität
Multiple vegetative Begleiterscheinung
Depressive Symptomatik
Nichtmedikamentöse Maßnahmen
Aufklärung
Physikalische Maßnahmen: Wärme, Bäder,
Ganzkörpertraining (aktive Bewegung) [32]
Autogenes Training, Verhaltenstherapie, Psychotherapie
Keine Kälte, keine Krankengymnastik
Medikamentöse Therapie
Antidepressiva (Amitriptylin)
Inadäquat: Steroide und NSAR
Nichtviszerale Thoraxschmerzen
Thoraxschmerzen (kurze, scharfe, stechende
Schmerzen, die atemabhängig sind und weniger
als 30 s dauern) werden vom Patienten häufig
mit Herzkrankheit assoziiert und sind daher meist
angstbesetzt.
Bewegungsabhängige Myalgien
vertebragene Schmerzen der BWS (Interkostalneuralgie), Torsionsskoliose der BWS
Tietze-Syndrom
Therapie: möglichst ursachenorientiert.
Als häufige Ursachen kommen unter anderem in
Betracht:
Definierte chronisch entzündliche Erkrankungen
Beispiele: rheumatoide Arthritis, Spondylitis ankylosans, Diszitis, Osteomylitis.
Schnittstelle: Diagnostik, allgemeine Maßnahmen und Therapie in enger Zusammenarbeit mit
dem Rheumatologen/Orthopäden.
Seite 36
KVH • aktuell
Nr. 4 / 2008
Schmerzen
Kontrovers diskutiert wird, ob Schmerzmittel
vor
ƒAbdominale/viszerale
ƒ Psychosomatische (Mit-)Ursachen (z. B.
Abschluss der Diagnostik bei akuten Bauch-
Ängste) abklären.
schmerzen gegeben
werden sollen.
von Entzugsschmerzen.
Abdominale
Schmerzen
ohne lebensbedrohliche
ƒ AusschlussNotfälle
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen
oder diese unterstützen
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Beruhigen!
Ruhe
Entspannung
Ggf. Nahrungskarenz, Flüssigkeit parenteral,
Eis/Wärme je nach Indikation
Ggf. abführende Maßnahmen
Kontrovers diskutiert wird, ob SchmerzmitAchtung:
tel vor
der Diagnostik
bei akuten
ASSAbschluss
wegen Blutungsgefahr
verabreichen
ƒ Kein
Bauchschmerzen
gegeben
werden
Spastik),
ƒ Bei Koliken kein Morphin (verstärkt diesollen.
ggf.
Psychosomatische
(Mit-)Ursachen
(z.
B. ÄngsPethidin (Dolantin®) [106] {A, Ib} verabreite)
abklären.
chen
Ausschluss von Entzugsschmerzen.
Achtung:
Kein ASS wegen Blutungsgefahr verabreichen
Arzneitherapie
nach [88] {R}
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Paracetamol
Butylscopolaminiumbromid (z. B. Buscopan®)
Metamizol, zusätzlich spasmolytisch wirksam
(Reservemedikation wegen Agranulozytoserisiko, Hypotoniegefahr bei zu schneller i.v.Gabe)
Opioide in regelrechter Dosierung nur im akuten
Notfall und bei strenger Indikationsstellung [115]
Bei Koliken kein Morphin (verstärkt die SpasSchnittstelle:
ggf.abdominellen
Pethidin (Dolantin®)
{A, Ib}
Beitik),
akuten
anhaltenden[106]
Schmerzen:
verabreichen
Überweisung zu Pädiatern, Internist/Chirurg/Gynäkologen; ggf. Klinikeinweisung.
Schnittstelle:
Bei akuten abdominellen anhaltenden Schmerzen:
Überweisung zu Pädiatern, Internist/Chirurg/Gynäkologen; ggf. Klinikeinweisung.
Kopfschmerzen
Klassifikation
Kopfschmerzen vom Spannungstyp ebenso wie
Migräne mit und ohne Aura sind sehr häufig
auftretende Erkrankungen. Die Betroffenen
behandeln sich überwiegend mit rezeptfreien
Schmerzmitteln: Mehr als 80% der Patienten mit
Kopfschmerzen vom Spannungstyp und etwa 2/3
der Migränepatienten konsultierte noch nie einen
Arzt wegen ihrer Beschwerden [62].
Erhebungen in niedergelassenen Praxen und
Klinikambulanzen zeigen, dass Migräne und
Spannungskopfschmerzen etwa 70% bis 80%
aller primären Kopfschmerzsyndrome ausmachen
[142].
Im ersten Leitlinie
Schritt sind
durch
den Hausarzt
Hausärztliche
»Therapie
von Schmerzen«
Diagnose und Ursachen abzuklären, das bedeutet zu
erkennen, ob es sich um primäre oder sekundäre
Kopfschmerzen handelt. Die Leitliniengruppe
empfiehlt hierbei die Nutzung der internationalen
Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen [70,
121, 205].
Die IHS-Klassifikation teilt die Kopfschmerzen in
14 Gruppen ein und unterscheidet zwischen primären und sekundären Kopfschmerzen [70].
IHS-Klassifikation [70]
Primäre Kopfschmerzerkrankungen
1. Migräne
2. Kopfschmerz vom Spannungstyp
3. Clusterkopfschmerz und andere trigeminoautonome Kopfschmerzerkrankungen
4. Andere primäre Kopfschmerzen (z. B. bei Husten, körperlicher Anstrengung, bei sexueller
Aktivität, schlafgebundener Kopfschmerz)
19
Sekundäre Kopfschmerzerkrankungen (Kopfschmerz zurückzuführen
Versionauf
3.03...)I 28. Januar 2008
5. Ein Kopf- und/oder HWS-Trauma
6. Gefäßstörungen im Bereich des Kopfes oder
des Halses
7. Nichtvaskuläre intrakranielle Störungen (z. B.
Tumore; Anm. Leitliniengruppe)
8. Eine Substanz oder deren Entzug
9. Eine Infektion
Nr. 4 / 2008
KVH • aktuell
10.Eine Störung der Homöostase, z. B. bei Hypoxie, Schlafapnoe, hypertensive Krise
11.Erkrankungen des Schädels sowie von Hals,
Augen, Ohren, Nase, Nebenhöhlen, Zähnen,
Mund oder anderen Gesichts- oder Schädelstrukturen
12.Psychiatrische Störungen
Seite 37
Neuralgien und sonstige Kopfschmerzen
13.Kraniale Neuralgien und zentrale Ursachen von
Gesichtsschmerzen
14.Andere Kopfschmerzen, kraniale Neuralgien,
zentrale oder primäre Gesichtsschmerzen
Erstdiagnose
Die sorgfältige Anamnese ist Voraussetzung
für die richtige Diagnose. Die neurologische und
internistische Untersuchung und die apparativen
Zusatzuntersuchungen dienen im Einzelfall nur
zum Ausschluss beziehungsweise zum Nachweis
von sekundären Kopfschmerzen. Der behandelnde
Arzt sollte unbedingt bei der Erstdiagnose von
Kopfschmerzen eine körperliche Untersuchung
vornehmen. Die körperliche Untersuchung kann
die im Folgenden aufgeführten Elemente beinhalten [71], die auch in der Hausarztpraxis in kurzer
Zeit durchzuführen sind:
Neurologische Untersuchung unter besonderer
Berücksichtigung des Hirnnervenstatus, Reflexstatus, Sensibilität in den Grundqualitäten, Koordination und Motorik, neuropsychologische
Grundtestung.
Untersuchung der HWS (Beweglichkeit der
oberen HWS-Segmente, Druckschmerzhaftigkeit der perikranialen Muskulatur) und Inspektion der gesamten Wirbelsäule.
Untersuchung der Kieferfunktionen und des
Zahnstatus inklusive der Schleimhäute.
Messung des Blutdrucks.
Erhebung eines Gefäßstatus (A. temporalis,
Auskultation der A. carotis).
Auskultation von Herz und Lunge.
Tastbefund des Abdomens (besonders bei
Kindern).
Inspektion der Haut.
Merke: Für alle Kopfschmerzarten gilt:
Sekundäre Ursachen ausschließen (z. B. Augen,
Nasennebenhöhlen, Halswirbelsäule, Kauapparat,
Tumor, Hochdruck, Schlaganfall, TIA, SAB usw.)
bzw. gezielt behandeln.
Bei folgenden Situationen können die Kopfschmerzen auf einen gefährlichen Verlauf hinweisen [97,
98], wenn Kopfschmerzen:
Wenn sie
täglich oder fast täglich auftreten,
mit weiteren Symptomen wie Lähmungen,
Gefühls-, Seh-, Gleichgewichtsstörungen,
Augentränen oder starkem Schwindel einhergehen,
mit psychischen Veränderungen wie Störungen des Kurzzeitgedächtnisses oder Störungen
der Orientierung zu Zeit, Ort und Person einhergehen,
erstmals im Alter von über 40 Jahren auftreten,
in ihrer Intensität, Dauer und/oder Lokalisation
unüblich sind,
erstmals während oder nach körperlicher Anstrengung auftreten, sehr stark sind und in den
Nacken ausstrahlen,
von hohem Fieber begleitet sind,
nach einer Kopfverletzung, z. B. einem Sturz
auftreten,
trotz Behandlung an Häufigkeit, Stärke und
Dauer zunehmen,
zusammen mit einem epileptischen Anfall und
Bewusstlosigkeit auftreten,
nicht mehr auf die bisher wirksamen Medikamente ansprechen.
Die einzelnen Kopfschmerztypen
Spannungskopfschmerz
Spannungskopfschmerz ist der häufigste Kopfschmerz. Die bevölkerungsbezogene Lebenszeitprävalenz beträgt beim episodischen Kopfschmerz
vom Spannungstyp 66% [71, 200].
sodische Spannungskopfschmerzen. Jeden 13.
Betroffenen quälen sogenannte chronische Spannungskopfschmerzen. Diese Menschen leiden im
Durchschnitt ca. alle 2 Tage unter Schmerzen.
Meistens treten die Beschwerden nur an wenigen
Tagen im Monat auf, deshalb nennt man sie epi-
Kriterien für Spannungskopfschmerz [71]
Ein Spannungskopfschmerz liegt vor, wenn
Seite 38
KVH • aktuell
die Kopfschmerzdauer zwischen 30 Minuten
und 7 Tagen liegt,
der Kopfschmerz mindestens zwei der folgenden Charakteristika aufweist:
1. beidseitige Lokalisation
2. Schmerzqualität drückend oder beengend,
nicht pulsierend
3. leichte bis mittlere Schmerzintensität
4. keine Verstärkung durch körperliche Routineaktivitäten wie Gehen oder Treppensteigen,
die beiden folgenden Punkte erfüllt sind:
1. keine Übelkeit oder Erbrechen (Appetitlosigkeit kann vorkommen, bei der chronischen
Verlaufsform auch Übelkeit)
Der Hausarzt sollte die Selbstmedikation des
2. Photophobie oder Phonophobie, nicht jePatienten kennen und wissen, welche Informadoch beides, kann vorhanden sein.
tionen der Patient über die Kopfschmerzen hat.
Nr. 4 / 2008
Beratungsursache 5:
Kopfschmerzen
Der Kopfschmerz nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen ist.
Die Intensität des Spannungskopfschmerzes
ist in der Regel leicht bis mittelschwer. Der
normale Tagesablauf wird
dadurch zwar nicht
Ì Spannungskopfschmerz
(Fortsetzung)
verhindert, aber in vielen Fällen erheblich
behindert. Der Schmerz ist im Hintergrund
fühlbar und wird als ständiger unangenehmer
Begleiter wahrgenommen [63].
Auslöser oder verstärkende Faktoren können
Stress, fieberhafte Infekte, aber auch muskuläre
Fehlbelastung sein [200].
Beim
unterscheidet
man
Der Spannungskopfschmerz
Hausarzt sollte auch den
psychosozialen
drei verschiedene Verlaufsformen:
Hintergrund für häufige Kopfschmerzen erfragen.
weniger als 12 Tage pro Jahr: sporadisch auftretender episodischer Kopfschmerz vom
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen
oder diese unterstützen
Arzneitherapie
Eine nichtmedikamentöse Therapie reicht häufig
aus. Sie sollte in jedem Fall, auch bei eingeleiteter
medikamentöser Zusatztherapie fortgesetzt werden
[217] {A, Ia}.
ƒ Schmerztagebuch (chronischer Kopfschmerz)
[54]
ƒ Information über auslösende Faktoren (z. B.
Schlafstörung, Alkohol, Koffein) [52]
ƒ Psychotherapie (z. B. Stressbewältigungstraining), Schlafstörungen erfragen [165] {A,
eR}, [166] {Ia}
ƒ Entspannungstraining (Jacobson), autogenes
Training [199] {A, Ia}, biofeedbackgesteuertes
Entspannungstraining [33] {A, Ib}
ƒ Sporttherapie (Ausdauersport: Joggen, Radfahren, Schwimmen)
ƒ Akupunktur [136] {B, R}, [134, 218], Akupressur
ƒ TENS [191] {A, Ib}
ƒ Chirotherapie [23] {A, Ib}
ƒ Physikalische Therapie [139] {B, IIb}
ƒ Ätherische Öle (z. B. Pfefferminz) auf die
Schläfen/die Stirn [91] {A, Ib}
Bei akutem Auftreten
ƒ Paracetamol [174] {A, Ib}, Einzeldosis 5001000 mg, maximal 4.000 mg/d
ƒ Ibuprofen [60] {A}, Einzeldosis 400-800 mg,
maximal 2.400 mg/d
ƒ ASS [197] {A, Ib}, Einzeldosis 500-1000 mg,
maximal 3.000 mg/d
ƒ Metamizol [141] {A, Ib} (Reservemedikation
wegen Agranulozytoserisiko), oral 1-4 mal tgl.
500-1000 mg
ƒ Neuraltherapie
Triptane und Ergotamine wirken hier nicht!
Prophylaxe bei chronischem Kopfschmerz vom
Spannungstyp
ƒ Antidepressiva: z. B. Amitriptylin [207] {A, Ia};
1. Woche: abends 25 mg; 2. Woche: abends
50 mg; Ab 5. Woche: Dosierung nach Nebenwirkungen und Therapieerfolg, mittlere Dosis 50100 mg; Höchstdosis 150 mg [235]. Anhebung
der Schmerzschwelle; Wirkung setzt frühestens
nach ca. 14 Tagen ein, der Erfolg kann frühestens nach ca. 6 Wochen bei ausreichender
Dosierung beurteilt werden; erst dann ist das
Umsetzen auf ein anderes Medikament sinnvoll.
ƒ Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer
wirken nicht.
ƒ Bezüglich der Therapie bei Kindern lässt die
Datenlage eine Empfehlung nicht zu [200].
ƒ Cave: Analgetikaabusus! Aufklären und
Analgetika absetzen! (s. Analgetikakopfschmerz)
23
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KVH • aktuell
Spannungstyp
12 bis 180 Tage pro Jahr: häufig auftretender episodischer Kopfschmerz vom Spannungstyp
mehr als 15 Tage pro Monat: chronischer
Kopfschmerz vom Spannungstyp.
Seite 39
Der Hausarzt sollte die Selbstmedikation des Patienten kennen und wissen, welche Informationen
der Patient über die Kopfschmerzen hat. Der Hausarzt sollte auch den psychosozialen Hintergrund
für häufige Kopfschmerzen erfragen.
Migräne
Die Prävalenz der Migräne beträgt in der Bevölkerung 6% bis 8% für Männer und 12% bis 14%
für Frauen [142]. Migräne ist eine der häufigsten
Kopfschmerzformen. Die Migräne ohne Aura
(»einfache« Migräne) ist am häufigsten. Rund
10% bis 15% der Patienten leiden unter einer
Migräne mit Aura (»klassische« Migräne). Andere
Migräneformen sind sehr selten (Basilarismigräne,
retinale Migräne, Migräne mit prolongierter Aura,
familiär hemiplegische Migräne [142].
Wichtige differenzialdiagnostische Fragen, die für
die Diagnose einer Migräne sprechen, sind
eine familiäre Häufung,
die Beeinflussung der Kopfschmerzen durch
hormonelle Veränderungen (Menstruation,
Ovulation, Schwangerschaft, Stillzeit) und
Stress
sowie vor allem Zunahme der Kopfschmerzen
unter körperlicher Belastung, wie Treppenlaufen und Lasten heben.
Vorliegen von Triggerfaktoren wie Nahrungsmittel, Schlafmangel u. a.
Ein sehr sensitives Symptom für eine Migräne ist
die Osmophobie, sie tritt allerdings nur bei bis zu
30% der Migränepatienten auf. Wichtiger als ein
einzelnes Symptom (wie Halbseitigkeit der Kopfschmerzen) sind die Kombination der Schmerzen
mit vegetativen Symptomen und die für Migränekopfschmerzen typische Zeiteinheit (zur Klinik s.
nebenstehende Auflistung).
Sensitivstes Symptom für die Unterscheidung
einer Migräneaura von einem Schlaganfall
ist die schrittweise Ausbreitung der Symptome bei
der Aura (z. B. der visuellen Phänomene oder der
Parese), während neurologische Ausfallssymptome im Rahmen eines zerebralen Insults schlagartig
auftreten [142].
Klinik der Migräne [mod. nach 142]
Prodromi
 Gähnen, Befindlichkeitsstörung, Heißhunger
 Symptome beginnen Stunden bis maximal
einen Tag vor der eigentlichen Attacke
Aura
Remittierende, neurologische Reiz- oder Ausfallssymptome, üblicherweise vor dem Kopfschmerz auftretend, Dauer ca. 20-40 Min.
Art des Schmerzes
attackenförmig
Frequenz
1-8/Monat, in selteneren Fällen auch häufiger
Dauer
4 bis 72 h
Lokalisation
bei etwa zwei Drittel der Patienten einseitig,
kann zwischen oder innerhalb der Attacken
die Seiten wechseln
meist im Nacken beginnend, dann nach vorne
ausstrahlend; daher oft mit HWS-Beschwerden
verwechselt
Charakter
pulsierender, pochender Schmerz
Schmerzintensität, Quantifizierung durch Visuelle
Analog Skala (VAS)
mittelschwer bis schwer
vegetativ
Appetitlosigkeit (> 80%)
Nausea,Vomitus (40-50%)
Triggerung
individuell verschiedene Faktoren (Hormone,
Stress, Alkohol, Flickerlicht, Gerüche, tryptophanhaltige Lebensmittel etc.)
zusätzlich durch körperliche Anstrengung
verstärkt durch andere Begleitsymptome
Phono-(50%), Photo-(90%), Osmophobie
(30%)
Mnestische Störungen
Seite 40
KVH • aktuell
Nr. 4 / 2008
Migräne bei Kindern
Migräne bei Kindern [62]: Bis zum neunten Lebensjahr leiden etwa 2,5% der Kinder unter Migräne,
bis zum zwölften Lebensjahr sind es sogar 5% der
Kinder. Neuere Studien lassen erkennen, dass die
Neuerkrankungen bei Kindern in den vergangenen
20 Jahren deutlich zugenommen haben.
Die kindliche Migräne ist der Migräne bei Erwachsenen sehr ähnlich, zeigt aber Besonderheiten:
Die Attacken sind eher kürzer (1-6 h maximal).
Attacken sind oft verbunden mit vegetativen
Beschwerden (Bauchschmerzen, Übelkeit und
Erbrechen).
Im Kindesalter werden verschiedene Varianten der
Migräne beobachtet. Es können kopfschmerzfreie
Schwindelattacken mit Übelkeit und Erbrechen
auftreten. Ebenfalls ohne Kopfschmerzen bleibt
die abdominelle Migräne, bei der die Kinder
plötzlich in der Frühe über Übelkeit klagen und
danach Erbrechen. Die hemiplegische Migräne
ist charakterisiert durch reversible neurologische
Störungen.
Therapieempfehlung bei Kindern
Attacken:
Paracetamol 15 mg/kg KG,
ASS (> 12 Jahre) 10-15 mg/kg KG,
Ibuprofen 10 mg/kg KG [72]
Antiemetika: Domperidon, 1 Tropfen/kg, maximal
33 Tropfen/Dosis (für Kinder nicht zugelassen)
(MCP: > 14 Jahre)
Beratungsursache 5:
Kopfschmerzen
Prophylaxe:
Nichtmedikamentös:
Verhaltenstherapie, AusÌ Migräne:
Therapieübersicht
dauersport, regelmäßige Mahlzeiten, ausreichend Schlaf
Medikamentös: Betablocker (Propranolol oder
Metoprolol 1-2 mg/kg/Tag in 1-2 Dosen) [21]
Migräne: Therapieübersicht
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen
oder diese unterstützen
Arzneitherapie
Schmerztagebuch, Schmerzkalender [53, 54]
Im Anfall (ausreichend hoch dosieren):
ƒ ASS [128] {A} 1.000 mg oral oder i.v.
ƒ Paracetamol [132] {A, Ib} 1.000 mg
ƒ NSAR (z. B. Naproxen [209] {A, Ib} 5001.000 mg, Ibuprofen), 200-600 mg [61]
ƒ Metamizol (zweite Wahl) [142]
Zusätzlich: 15 Minuten vor Analgetikumgabe
MCP oder Domperidon
ƒ Ergotamine [143] {B} [204] {B, eR}
ƒ Sumatriptan [143] {A} oder andere Triptane [78]
{A, Ia}
(bei besonders schweren Attacken, wenn die
klassischen Migränemittel nicht ausreichen)
Im Anfall:
ƒ Ruhe
ƒ Abschirmung gegen Noxen (Licht, Lärm,
Gerüche, Kälte usw.)
Achtung: Kontraindikationen und maximale
Tagesdosis beachten; keine Kombination Ergotamin/Triptan!
Hinweis zu Triptanen (s. auch Anhang)
Hinweis
zu Triptanen (s.Vasospastische
auch Anhang) und arteKontraindikationen:
Kontraindikationen:
Vasospastische
und arterioriosklerotische Gefäßkrankheiten (einschl.
KHK),
sklerotische
Gefäßkrankheiten
(einschl.
KHK),
Schwangerschaft,
Stillzeit, schlecht
eingestellte
Schwangerschaft,
Stillzeit,
schlecht eingestellte
Hypertonie, schwere
Niereninsuffizienz.
Hypertonie, schwere Niereninsuffizienz.
Hinweis zu MCP:
Hinweis
zu MCP:
Die
i.v. Gabe
von MCP (z. B. 10 mg langsam)
Die
i.v.
Gabe
von und
MCPSchmerzen
(z. B. 10 mg
langsam)
verbessert Übelkeit
bei Migräne.
verbessert
[48,
105]. Übelkeit und Schmerzen bei Migräne.
[48, 105].
Nr. 4 / 2008
KVH • aktuell
Migräneprophylaxe
Migräneprophylaxe
Bei häufigen Migräneattacken (3 und mehr Anfälle/
Bei häufigen
(3 und mehr
AnMonat)
und Migräneattacken
sehr langanhaltenden
Attacken
fälle/
Monat)
und
sehr
langanhaltenden
Attacken
(> 72 h) sollte eine Migräneprophylaxe begonnen
(> 72 h) sollte eine Migräneprophylaxe begonnen
werden [61, 142] {A}. Ausreichend lange (3-9
werden [61, 142] {A}. Ausreichend lange (3-9 MoMonate) durchführen, ausschleichend beenden:
Seite 41
Allerdings gibt es keine allgemein akzeptierte
Indikation für den Start einer Migräneprophylaxe.
Allerdings
gibt es mit
keine
Sie sollte sorgfältig
demallgemein
Patienten akzeptierte
abgestimmt
Indikation
für
den
Start
einer
Migräneprophylaxe.
werden [73].
Sie sollte sorgfältig mit dem Patienten abgestimmt
werden [73].
nate) durchführen, ausschleichend beenden:
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen
oder diese unterstützen
Arzneitherapie
Auf Auslöser achten:
ƒ Vermeidung tryptophanhaltiger Lebensmittel
(Schimmelkäse, Schokolade [89] {A, Ib}), oder
anderer Triggerstoffe wie Alkohol (schwefelhaltige Weine) oder Natriumglutamat (auch in
Konserven)
ƒ Schlafrhythmus normalisieren [29] {A, Ib}
ƒ Genussgifte meiden [153] {B, eR}
Migräneprophylaktika der ersten Wahl sind [61]
ƒ die Betablocker {A} Metoprolol (50-200 mg) und
Propranolol (40-240 mg)
ƒ der Calciumantagonist Flunarizin {A} 5-10 mg,
und
ƒ die Antikonvulsiva Valproinsäure {A} 500600 mg und Topiramat {A} 25-100 mg.
Limitierend für die Behandlung mit Topiramat sind
zentrale Nebenwirkungen [61].
ƒ
ƒ
Akupunktur reduziert die Häufigkeit von
Migräneattacken. Scheinakupunktur hat dabei
die selbe Wirksamkeit wie klassische Akupunktur [61, 68].
Verhaltenstherapie {A} (besonders bei häufigen
Migräneanfällen) und Ausdauersport {B} wie
Schwimmen, Joggen oder Fahrradfahren sollte
medikamentöse Therapie ergänzen [61, 122].
Migräneprophylaktika der zweiten Wahl sind [61]
ƒ Bisoprolol {B} 5-10 mg,
ƒ Amitriptylin {B} 50-150 mg
Als Prophylaxe kann Magnesium in einer Dosierung
von 2 x 300 mg/d zum Einsatz kommen {C}. Die
Wirksamkeit ist jedoch umstritten [61].
Die Wirksamkeit anderer nichtmedikamentöser
Verfahren wurde in kontrollierten Studien kaum
untersucht [61] {C}.
Clusterkopfschmerz
Clusterkopfschmerz [90] {R}, [143]: Die Prävalenz
liegt bei 0,1% bis 0,9% [55]. Bei der überwiegend
vorkommenden episodischen Form des Clusterkompfschmerzes (80%) werden symptomatische
Perioden (meist vier bis zwölf Wochen), von symptomfreien Zeitspannen unterschiedlicher Länge
(mindestens 2 Wochen, meist wenige Monate)
unterbrochen.
Es sind Attacken eines sehr schweren (VAS bis
10), streng einseitigen, seitenkonstanten SchmerHausärztliche Leitlinie »Therapie von Schmerzen«
zes orbital, supraorbital, temporal oder in einer
Kombination dieser Lokalisationen mit 15-180
Minuten Dauer und einer Häufigkeit von einer bis
zu mehreren Attacken pro Tag.
Begleitsymptome: Ipsilaterale
konjunktivale Injektion,
Lakrimation,
nasale Kongestion,
Rhinorrhoe,
vermehrtes Schwitzen im Bereich von Stirn und
Gesicht,
Miosis,
Ptosis, Lidödem.
Während der Attacken sind die meisten Patienten
unruhig oder agitiert.
27
Aufgrund der relativen Kürze der Attacken ist eine
Version 3.03
Januarnicht
2008
Medikation in Tablettenform
in der
Regel
I 28.
geeignet (zur Attackenkupierung s. rechte Spalte).
Das Hauptaugenmerk der Therapie liegt auf der
Prophylaxe.
Attackenkupierung [55]:
Inhalation von Sauerstoff mittels Gesichtsmaske (7-15 l/min über 15-20 min) [81] {A}
Seite 42
KVH • aktuell
6 mg Sumatriptan s.c. (Mittel der Wahl)
bei langen Attacken 20 mg Sumatriptan nasal
intranasale Applikation von Lidocain 4%.
Prophylaxe [55]
Mittel der ersten Wahl bei episodischem und chronischem Cluster-Kopfschmerz:
Verapamil: 3-4 x 80 mg täglich.
Stationäre Aufnahme erforderlich:
Zur Ersteinstellung auf Sauerstofftherapie
Nr. 4 / 2008
Zur Erstdiagnose eines atypischen Falles
Nach Versagen von zwei prophylaktischen
Substanzen
Die Leitliniengruppe empfiehlt bei unsicherer
Diagnose die stationäre Einweisung zur Abklärung
einer Aneurysmablutung.
Da die Erkrankung in der hausärztlichen Praxis
eher selten ist, wird neurologisches Konsil empfohlen, ebenso bei Versagen der Prophylaxe.
Arteriitis temporalis (cranialis) Horton
Granulomatöse Riesenzellarteriitis mit bevorzugtem Befall der Temporalarterien – aber auch
Befall anderer supraaortaler (Takayasu) Arterien
möglich (Vaskulitiden der großen Gefäße), führt
zu Wandverdickung und Gefäßverschluss. Genese
unklar. Meist über 50-Jährige betroffen (Inzidenz:
2,5 bis 4,6/100.000 [185], Frauen erkranken doppelt so häufig wie Männer [186]. Möglicherweise
besteht eine hohe Dunkelziffer. Differenzialdiagnostik ist insbesondere bei multimorbiden älteren
Patienten schwierig, da die Symptomatik uneinheitlich ist und im Verlauf variieren kann [185].
Leitsymptom
Ein-, beidseitiger oder diffuser Kopfschmerz, verdickte und druckschmerzhafte Temporalarterie(n),
Fieber, Abgeschlagenheit, Schlaflosigkeit, Sehstörung bis zur Erblindung.
Labor: BSG-Erhöhung (1. Stunde meist
>50mm/h)
Mindestens drei der folgenden Kriterien müssen
erfüllt sein [185]:
Alter des Patienten ab 50 Jahre
Neu auftretender Kopfschmerz
Auffällige Arteria temporalis
Erhöhte BSG, in der ersten Stunde mindestens
50 mm/h)
Histologische Zeichen einer Vaskulitis in der
Temporalarterienbiopsie
Diagnosesicherung: Temporalisbiopsie
Bei dringendem Verdacht, Sehstörung bzw. zerebralen Ausfällen auch ohne histologischen Befund
behandeln, um drohende Erblindung bzw. irreversible kraniale Ischämien zu vermeiden.
Erkrankung heilt innerhalb weniger Jahre aus
[185].
Therapie
1. Wahl: Glucocorticoide: 1 mg Prednisolon/kg
KG, je nach Verlauf und BSG langsam reduzieren.
ASS (mit Ulkusschutz) 100 mg zur Thrombozytenaggregationshemmung (zit. nach [185]).
Bei hohem Dauerbedarf an Glucocorticoid zusätzlich Methotrexat 10-20 mg 1 x pro Woche oral
oder parenteral (plus Folsäure), evtl. Azathioprin
oder Cyclophosphamid (Achtung: widersprüchliche Datenlage [185]).
Schnittstelle
Zur Mitbehandlung: Augenarzt; bei Sehstörung
oder zentralnervösen Ausfällen sofortige stationäre Einweisung.
Analgetikakopfschmerz
Der sog. Analgetikakopfschmerz [201] {R}, [92],
meist über Tage anhaltender dumpf drückender
Kopfschmerz im Bereich von Stirn, Schläfe und
Hinterkopf, wird in der aktuellen IHS-Klassifikation als Kopfschmerz umschrieben, der auf den
Übergebrauch von Schmerzmitteln bei primären
Kopfschmerzen zurückzuführen ist. Typisch ist
die Entstehung eines Dauerkopfschmerzes durch
den und während des Analgetikaübergebrauchs.
Potentiell können alle Analgetika bei Überge-
brauch Dauerkopfschmerzen auslösen [234]. Auch
wenn Studien mit einer fixen Dreifachkombination
eine 50%ige Schmerzfreiheit einige Minuten früher erreichen als Monopräparate [19, 196, 203],
muss die Problematik eines analgetikainduzierten
Kopfschmerzes bei Empfehlung einer solchen
Kombination berücksichtigt werden.
Mit Ausnahme der Monopräparate (mind. 15
Tage) gilt nach Expertenmeinung für alle Substanzen eine Grenze von mindestens 10
zurückzuführen ist. Typisch ist die Entstehung
eines Dauerkopfschmerzes durch den und während des Analgetikaübergebrauchs.
eine Grenze von mindestens 10 Tagen Einnahme
pro Monat über wenigstens 3 Monate, um diesen
Kopfschmerz auslösen zu können [70, 121].
Potentiell können alle Analgetika bei Übergebrauch
auslösen
[234]. Auch3
Tagen Dauerkopfschmerzen
Einnahme pro Monat
über wenigstens
wenn
Studien
mit
einer
fixen
Dreifachkombination
Monate, um diesen Kopfschmerz auslösen zu
eine
50%ige
einige Minuten früher
können
[70,Schmerzfreiheit
121].
Schnittstelle
Kooperation mit Psychiater/Psychotherapeuten,
Schnittstelle
stationärer Entzug.
Kooperation
mit Psychiater/Psychotherapeuten,
Nr. 4 / 2008
KVH • aktuell
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen
oder diese unterstützen
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Wichtig: Medikamentenanamnese (OTCPräparate)!
Zunächst Führen eines Kopfschmerz-Tagebuches, Protokollieren der Medikamenteneinnahme
Ausführliche Aufklärung
Koffeinmissbrauch beenden [236] {C}
Patienten aktivieren (z. B. Sport)
Psychische Führung durch den Arzt mit Rückmeldungen und nachgehenden Kontrollen [219]
und klarer Therapievereinbarung
Ein ambulanter Medikamentenentzug kann unter
Ein ambulanter Medikamentenentzug kann unter
folgenden Voraussetzungen versucht werden
folgenden
Voraussetzungen versucht werden [99]:
[99]:
wenn
Patient
motiviert
ist, ist,
ƒ wenn Patienthoch
hoch
motiviert
ƒ bei kurzfristigem Verlauf (< 5 Jahre),
Seite 43
stationärer Entzug.
Arzneitherapie
ƒ
ƒ
ƒ
Antiemetika bei Bedarf (MCP, Domperidon)
Bei Migräne als Ursache des Kopfschmerzes:
Schmerzmittel abrupt absetzen, Tranquilizer
oder Antidepressiva in Abhängigkeit von der
Ausgangsdosis über 2-6 Wochen langsam ausschleichen. Nach dem Entzug eine medikamentöse Prophylaxe beginnen (wie oben angegeben) [63].
Bei Spannungskopfschmerz als Ursache des
Kopfschmerzes: Schmerzmittelentzug und Gabe
von Amitriptylin (25-50 mg) oder Amitriptylinoxid
(30-60 mg) in einer Einzeldosis vor dem Schlafengehen [63].
bei kurzfristigem Verlauf (< 5 Jahre),
wenn vorher keine Einnahme von Mischpräwenn vorher keine Einnahme von Mischpräpaparaten
mitCodein
Codeinoder
oderTranquilizern
Tranquilizern bestand,
raten mit
bestand,
Mithilfe
durch
die
Familie
Freunde.
ƒ Mithilfe durch die Familieoder
oder
Freunde.
ƒ
Neuropathische Schmerzen
Allgemeines, medikamentöse Therapie
Der neuropathische Schmerz [42] entsteht durch
Schädigung peripherer oder zentraler Nerven
(chemische, toxisch-metabolische, traumatische
Noxen). Leitlinie »Therapie von Schmerzen«
Hausärztliche
Schmerzcharakter:
brennend
kribbelnd
Schraubstockgefühl
kurz einschießend, stechend
inadäquate Schmerzempfindung (z. B. Hyperästhesie, Hyperalgesie)
Typische neuropathische Schmerzsyndrome sind:
Zosterneuralgie
Trigeminusneuralgie
Polyneuropathie
Neuroborreliose
Medikamentöse Therapie neuropathischer
Schmerzen
Die einfachen Analgetika wirken bei neuropathischen Schmerzen deutlich schwächer als bei
nozizeptiven Schmerzen. Es hat sich bewährt,
Ko-Analgetika zu verordnen:
bei neuropathischen, brennenden Schmerzen:
Antidepressiva
bei neuralgiformen,Version
einschießenden
Schmer3.03 I 28. Januar
2008
zen: Antikonvulsiva
30
Antidepressiva [182]
Es gibt eine Reihe von Antidepressiva, die als
Komedikation für die Behandlung von neuropathischen Schmerzen eingesetzt werden. Die beste
Evidenz besteht für Amitriptylin. Eine begrenzte
Evidenz besteht für die Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRIs). Hier fehlen noch mehr Studien. Der Effekt auf den Schmerz ist unabhängig
von einer bestehenden Depression.
Antikonvulsiva [225, 226, 227]
Carbamazepin ist wirksam beim neuropathischen Schmerz, der Zosterneuralgie, Trigeminusneuralgie und diabetischen Polyneuropathie. Die Studien sind nicht umfangreich. Die
Nebenwirkungen zwingen nicht selten zum
Therapieabbruch. Die Substanz ist unwirksam
beim akuten Schmerz.
Seite 44
KVH • aktuell
Gabapentin ist ebenfalls wirksam beim neuropathischen Schmerz. Es ist unwirksam beim
akuten Schmerz. Eine bessere Wirkung als
Carbamazepin ist nicht belegt [226].
Lidocaine und Analoga (Mexiletin, Tocainid) [39]
Die intravenöse Gabe von Lidocain oder die orale
Gabe von Lidocain-Analoga ist effektiver als Placebo, eine Überlegenheit gegenüber den vorgenannten Substanzen besteht nicht.
Nr. 4 / 2008
Opioiden beim neuropathischen Schmerz widersprüchlich. Die länger durchgeführten Studien
zeigen eindeutige Überlegenheit gegenüber Placebo. Auch hier sind noch randomisierte Studien
erforderlich, um zu beweisen, dass der Effekt die
Lebensqualität verbessert.
Beratungsursache 6:
Neuropathische Schmerzen
Ì Zosterschmerz
Tramadol in Dosierungen von 100-400 mg ist ein
gut belegtes Medikament für den neuropatischen
Schmerz [108].
Opioide [65]
Kurzzeitstudien belegen die Wirksamkeit von
Zosterschmerz
Zosterschmerz
Der Herpeszoster ist eine Reaktivierung einer laDer Herpeszoster ist eine Reaktivierung einer
tenten Varizelleninfektion in Spinalganglien oder
latenten
Varizelleninfektion
in Spinalganglien
Ganglien
von befallenen Hirnnerven
– meistoder
sind
Ganglien
von
befallenen
Hirnnerven
–
meist sind
ältere Patienten betroffen.
ältere
Patientenz.betroffen.
Risikofaktor:
B. geschwächtes Immunsystem,
Risikofaktor: z. B. geschwächtes Immunsystem,
Stress, Malignom. Auch ohne Hauterscheinungen
Stress, Malignom. Auch ohne Hauterscheinungen
auftretend
oder diesen öfter vorangehend, dann
auftretend oder
diesen öfter vorangehend,
schwierige
Diagnosefindung.
Schmerz kanndann
der
schwierige
Diagnosefindung.
Schmerz
Effloreszenz einige Tage vorausgehen. kann der
Effloreszenz einige Tage vorausgehen.
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen
oder diese unterstützen
Arzneitherapie
Akuter Zosterschmerz
Akuttherapie
ƒ Systemische virustatische Therapie nach
Symptombeginn spätestens nach 48-72
Stunden [95]
ƒ Starke Schmerzen müssen immer rechtzeitig
und ausreichend therapiert werden, um Chronifizierung vorzubeugen
ƒ NSAR (z. B. Ibuprofen), Metamizol und/oder
Opioide (Tramadol [108], ggf. retardiertes
Morphin)
ƒ Topische Therapie mit Lidocainsalben
ƒ Beachte: Lokale virustatische Therapie
unwirksam
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Körperliche Schonung
Lokale Polsterung zum Hautschutz
Prophylaxe von Lokalinfektionen
An Begleitenzephalitis denken!
Zosterkranke/Windpocken-Erkrankte müssen
Kontakt zu Schwangeren vermeiden.
Chronischer Zosterschmerz
Eine Standardschmerztherapie gibt es nicht.
ƒ Schmerzmittel wie bei Akuttherapie (s. o.)
ƒ Antikonvulsiva (z. B. Carbamazepin, Gabapentin
[225])
ƒ Versuch mit trizyklischen Antidepressiva (z. B.
Amitriptylin) [182]
Schnittstelle
Schnittstelle
Bei Zoster ophthalmicus unverzügliche Vorstellung
Bei Zoster ophthalmicus unverzügliche Vorstellung
beim Augenarzt, bzw. bei Zoster oticus beim
beim Augenarzt, bzw. bei Zoster oticus beim HNO-
HNO-Arzt, bzw. Neurologen, ggf. Einweisung. Bei
Arzt, bzw. Neurologen, ggf. Einweisung. Bei
Schmerzpersistenz Überweisung zum SchmerzSchmerzpersistenz Überweisung zum Schmerztherapeuten.
therapeuten.
Nr. 4 / 2008
KVH • aktuell
Seite 45
Trigeminusneuralgie [79] (eR)
Trigeminusneuralgie
Attackenweise
stärkste einseitig einschießende
Schmerzen. Evtl. durch Trigger auslösbar, z. B.
Trigeminusneuralgie [79] (eR): Attackenweise stärkste einseitig einschießende Schmerzen. Evtl. durch
Kauen,
Trigger Berührung.
auslösbar, z. B. Kauen, Berührung.
Beratungsursache6:
6:
Beratungsursache
Neuropathische
Schmerzen
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen Neuropathische
Arzneitherapie
Schmerzen
oder diese unterstützen
ƒ
ƒ
Auslöser – soweit vorhanden – vermeiden
Für Akupunktur gibt es keinen evidenzbasierten
Wirksamkeitsnachweis, das Gleiche gilt für
Kälte- oder Wärmetherapie
Antikonvulsiva
(primär Carbamazepin, bei
Polyneuropathie
ƒÌ Polyneuropathie
Ì
Gabapentin, Lamotrigin),
Ì Unverträglichkeit
Nervenkompressionssyndrom
Ì Nervenkompressionssyndrom
Dosisanpassung bis Wirkeintritt [225]
ƒ Evtl. therapeutische Nervenblockade durch
Spezialisten [110] {B, IIb}
Schnittstelle
Schnittstelle
Bei nichtbeherrschbarem Schmerz: stationäre Einweisung, Neurologe bei Therapieresistenz, ggf. OpeBei
nichtbeherrschbarem
Schmerz: stationäre
ration.
Zahnarzt für Differentialdiagnose.
Einweisung, Neurologe bei Therapieresistenz,
Polyneuropathie (z. B. alkoholische P., diabePolyneuropathie
(z. B. alkoholische
P., diabeggf. Operation. Zahnarzt
für Differentialdiagnose.
tische P., idiopathische P.) [11] (eR)
tische
P., idiopathische P.) [11] (eR)
Polyneuropathie
Initial strumpfförmige distal symmetrische SensibiliInitial strumpfförmige distal symmetrische Sensibilitätsstörung,
später motorische
Störungen
möglich.
Z.
B. alkoholische
diabetische
P., idiopathische
tätsstörung,
später P.,
motorische
Störungen
möglich. P.) [11] (eR): Initial strumpfförmige distal symmetrische
Sensibilitätsstörung, später motorische Störungen möglich.
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen Arzneitherapie
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen Arzneitherapie
oder diese unterstützen
oder diese unterstützen
Nach Diagnostik Therapie der Grundkrankheit
Nach Diagnostik Therapie der Grundkrankheit
Diagnostik Therapie der Grundkrankheit
Diagnostik Therapie der Grundkrankheit
ƒƒ Nach
ƒƒ Nach
optimieren (bei Diabetes) [59] {A, Ib}
optimieren
optimieren (bei Diabetes) [59] {A, Ib}
optimieren
Noxen vermeiden
Außer der Behandlung der Grundkrankheit ist
ƒ
ƒ
Noxen
vermeiden
der Behandlung der Grundkrankheit ist
ƒ Verletzungs-, Mykoseprophylaxe,
ƒ Außer
keine kausale Therapie bekannt
ƒ
Mykoseprophylaxe,
keine kausale Therapie bekannt
ƒ Verletzungs-,
Kontrolle der Füße und des Schuhwerks
Versuch mit trizyklischen Antidepressiva (z. B.
ƒ
ƒ
Kontrolle
der
Füße
und
des
Schuhwerks
mit trizyklischen Antidepressiva (z. B.
ƒ Anleitung zur Fußpflege [16] {A, Ib} [30, 131] ƒ Versuch
Amitriptylin, Desipramin [182]
ƒ
Amitriptylin, Desipramin [182]
ƒ Anleitung zur Fußpflege [16] {A, Ib} [30, 131]
Antikonvulsiva (z. B. Carbamazepin, Gabapentin
ƒ
(z. B. Carbamazepin, Gabapentin
ƒ Antikonvulsiva
[225]
[225]
abends Ibuprofen [46] {A, Ib}, Tramadol [108],
ƒ
Ibuprofen [46] {A, Ib}, Tramadol [108],
ƒ abends
Metamizol
Metamizol
Alpha-Liponsäure (auch als Infusion) unwirksam
ƒ
(auch als Infusion) unwirksam
ƒ Alpha-Liponsäure
[237] {A, Ib}
[237] {A, Ib}
Nervenkompressionssyndrome
Nervenkompressionssyndrome
Schmerzen durch mechanische Irritation peripheNervenkompressionssyndrom
Schmerzen
durch mechanische Irritation peripherer Nerven: z. B. Karpaltunnelsyndrom, Ulnarisrinrer
Nerven:
z. B. Karpaltunnelsyndrom,
UlnarisrinSchmerzen
mechanische
Irritation
peripherer Nerven: z. B. Karpaltunnelsyndrom, Ulnarisrinnennensyndrom,durch
Lagerungs-,
Gipsschaden.
nensyndrom,
Lagerungs-,
Gipsschaden.
syndrom, Lagerungs-,
Gipsschaden.
33
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen Arzneitherapie
Maßnahmen, die der Arzneitherapie vorangehen Arzneitherapie
oder diese unterstützen
oder diese unterstützen
Hausärztliche Leitlinie »Therapie von Schmerzen«
Version 3.03 I 28. Januar 2008
Nach neurologischer Diagnostik stadiengerechte ƒ Ggf. abschwellende antiphlogistische
Therapie
neurologischer Diagnostik stadiengerechte ƒ Ggf. abschwellende antiphlogistische Therapie
ƒƒ Nach
Therapie: ggf. Versuch der Druckentlastung
mit Diclofenac, Ibuprofen
Therapie: ggf. Versuch der Druckentlastung
mit Diclofenac, Ibuprofen
durch Lagerung (nächtliche Lagerungsschiene),
durch Lagerung (nächtliche Lagerungsschiene),
Reizstrom, Vermeiden von Auslösern, ggf. OP
Reizstrom, Vermeiden von Auslösern, ggf. OP
[87] {A, Ib}
[87] {A, Ib}
Schnittstelle
Schnittstelle
Neurologe
(Diagnostik EMG), operative Fächer.
Schnittstelle
Neurologe (Diagnostik EMG), operative Fächer.
Neurologe (Diagnostik EMG), operative Fächer.
Seite 46
KVH • aktuell
Nr. 4 / 2008
Neuroborreliose
Neuroborreliose [180]: In vielen Industrieländern
führt eine zunehmende Zahl von Patienten Allgemeinsymptome wie Schmerzen, Abgeschlagenheit
oder auch kognitive Störungen auf eine frühere
Infektion mit Borrelia burgdorferi zurück. Ein
Nachweis von IgG-Antikörpern im Serum wird
als Beweis für eine aktive Erkrankung gesehen,
obwohl er in Wirklichkeit nur anzeigt, dass das
Immunsystem Kontakt zum Erreger hatte, aber
nicht, wie diese »Auseinandersetzung« ausging.
Stadien der Borreliose
1. Erythema migrans (max. 80-90%)
2. akute Neuroborreliose (betroffen: überwiegend
das Nervensystem, auch Gelenke, seltener
Herz)
3. nach Jahren chronische Manifestation (Haut,
Nervensystem, Gelenke)
Häufigkeit der Krankheitsbilder
1 Jahresstudie in Würzburg:
Inzidenz 111 Borreliosefälle/100.000 Einwohner
Frühmanifestation
Erythema migrans 89%
Neuroborreliose 3%
Borrelien-Lymphozytom 2%
Chronische Manifestation
Lyme Arthritis 5%
Acrodermatitis 1%
chron. Neuroborreliose (Stadium 3) wurde
nicht gefunden
Untersuchungen
Vor diesem Hintergrund wird empfohlen, die
Borrelienserologie nur bei begründetem Verdacht
auf eine Borrelienätiologie durchzuführen. Unspezifische Symptome sind dagegen keine Indikation
für eine Borrelienserologie, da der prädiktive Wert
eines positiven serologischen Befundes hier sehr
gering ist. Positive serologische Nachweise finden
sich in Endemiegebieten in Deutschland und Österreich bei 5% bis 25% gesunder Probanden.
Neuropathische Symptome/Krankheitsbild
Radikulitis > 80% nächtlich betont
Augenmuskelparesen > 80%
Weitere ohne % Angabe
Meningitis
Neuritis (periphär)
Enzephalitis
Myelitis
Acrodermatitis
Die Symptome treten wenige Wochen bis Monate
nach dem Zeckenbiss auf.
Verlauf der Neuroborreliose
Akut: Symptomdauer < 6 Monate (90-95%)
Chronisch: Symptomdauer > 6 Monate (510%)
Die Diagnosesicherung erfolgt durch eine
Liquorpunktion.
Therapie (zit. nach [180])
Akute Neuroborreliose
Cefotriaxon 1 x 2 g/d i.v. 14 Tage oder
Cefotaxim 3 x 2 g/d i.v. 14 Tage oder
Penicillin G 18-24 E/d i.v. 14 Tage
Doxycyclin 2-3 x 100 mg/d p.o. 14-21 Tage (optimale Tagesdosis und Therapiedauer unklar)
Chronische Neuroborreliose
Cefotriaxon 1 x 2 g/d i.v. 14 Tage oder
Cefotaxim 2 x 3 g/d i.v. 14 Tage oder
Doxycyclin 2-3 x 100 mg/d p.o. 14-21 Tage
Bei allen Therapiearten ist die optimale Tagesdosis
und Therapiedauer unklar.
Schnittstelle
Einweisung in Neurologische Klinik.

Tischversion
KVH • aktuell
Dyspnoe
Häufiges und sowohl für die Patienten als auch für ihre
Angehörigen sehr belastendes Symptom, das mit Fortschreiten der Erkrankung deutlich zunehmen kann.
Neben onkologischen Patienten sind auch Patienten
mit einer weit fortgeschrittenen therapie-refraktären
KHK, Herzinsuffizienz, COPD, Niereninsuffizienz und
neurodegenerativen Erkrankungen betroffen. Häufigste Ursache für Luftnot: erhöhte Atemarbeit, Angst
und Hyperkapnie, seltener eine Hypoxie.
Therapie: Vorrangig sind Maßnahmen, die eine Abnahme der Atemarbeit, der Atemfrequenz und des
Sauerstoffbedarfs bewirken:
ƒ Nichtmedikamentöse Maßnahmen: Patienten beruhigen! Das Öffnen von Fenstern und Türen oder
der Einsatz eines Ventilators, Vermeidung von
enger Kleidung und aufrechte sitzende Position
sind häufig effektive Maßnahmen.
ƒ Medikamentöse Therapie: Symptomorientierte
Therapie: Opioide und Benzodiazepine. Sie bewirken im Atemzentrum eine Erhöhung der Toleranz des Kohlendioxidpartialdrucks (pCO2), wirken
anxiolytisch und senken die Atemfrequenz. Seltener werden Nicht-Opioide wie z. B. Bronchodilatatoren, Glukokortikoide, Sekretolytika, Antibiotika
oder Anticholinergika eingesetzt. Es besteht in der
Regel keine Indikation zur Sauerstoffgabe.
Gastrointestinale Symptome
Mundtrockenheit ist ein häufig auftretendes Symptom
und wird von den Betroffenen als starke Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität empfunden. Ursache: Dehydratation, Nebenwirkung vieler Medikamente wie
z. B. trizyklische Antidepressiva, Antiemetika, Opioide,
Spasmolytika, Anticholinergika, Antihistaminika, Neuroleptika, Diuretika. Therapie: Notwendigkeit der Verordnung überprüfen, ggf. Dosis reduzieren oder Gabe
beenden. Vorsorge und Behandlung erfolgt durch
„gewissenhafte“ aber auch „einfühlsame“ Mundpflege.
Schluckstörungen (Dysphagie) kommen bei Tumorpatienten und bei Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie z. B. Schlaganfall, amyotropher
Lateralsklerose, Multipler Sklerose, Parkinson und
Demenz häufig vor. Primäres Behandlungsziel ist es,
die orale Nahrungsaufnahme für die Lebensqualität
und den Genuss im Alltag der Patienten zu erhalten.
Seite 3
Palliativversorgung
Wird der Schluckakt zu belastend, kann je nach Fortschritt der Erkrankung in Abstimmung mit dem Patienten eine enterale Sondenernährung indiziert sein. Bei
weit fortgeschrittener Erkrankung kann die Ernährung
auch eingestellt werden. In den Richtlinien der Bundesärztekammer wird ausdrücklich festgehalten,
dass zur Basisbetreuung nicht immer Nahrungsund Flüssigkeitszufuhr gehören müssen, da sie für
Sterbende eine schwere Belastung darstellen können. Hunger und Durst als subjektive Empfindungen hingegen müssen gestillt werden.
Übelkeit und Erbrechen
Ursachen unterschiedlicher Genese:
ƒ Gastrointestinal: Soor (Mund oder Speiseröhre),
Gastritis, Ulzera, NSAR, Blut im Magen, gastrale
Stase (z. B. Opioide, Anticholinergika, Aszites)
ƒ Brechzentrum: Hyperkalzämie, Urämie
ƒ Medikamente: Opioide, Antikonvulsiva, Glykoside,
Antibiotika, NSAR, Zytostatika
ƒ zerebral: Hirndruck (z. B. durch Raumforderungen
oder Meningeosis)
ƒ psychisch: Angst, Schmerz, Aufregung, Depression
Nichtmedikamentöse Ansätze: Unterstützend sind
das Anbieten kleiner, appetitlicher Speisen und die
Vermeidung unangenehmer Gerüche.
Medikamentöse Therapie: Unabhängig von der Klärung der Ursache sollte unverzüglich eine medikamentöse, symptomatische Therapie mit einem Antiemetikum begonnen werden, die nach einem festen Zeitschema entsprechend der Wirkdauer verordnet wird.
Bei unzureichender Wirkung sollten Antiemetika unterschiedlicher Wirkorte und Wirkmechanismen kombiniert werden.
Beipiele für Antiemetika
ƒ Metoclopramid: Gastrostase, medikamenteninduzierte Übelkeit, nicht bei Obstruktion.
ƒ Dimenhydrinat: Obstruktion, medikamentös induzierte oder zentral bedingte Übelkeit.
ƒ Levomepromazin, Haloperidol: Obstruktion,
medikamentös induzierte oder zentral bedingte
Übelkeit.
ƒ Dexamethason: zentral bedingte Übelkeit.
ƒ Ondansetron (Reservemedikation): medikamentös
induzierte oder zentral bedingte Übelkeit.
Cave: NW Obstipation
Korrespondenzadresse
Ausführliche Leitlinie im Internet
Hausärztliche Leitlinie
PMV forschungsgruppe
Fax: 0221-478-6766
Email: [email protected]
http:\\www.pmvforschungsgruppe.de
www.pmvforschungsgruppe.de
> publikationen > leitlinien
www.leitlinien.de/leitlinienanbieter/deutsch/pdf/
hessenpalliativ
»Palliativversorgung«
Tischversion: Teil 1 1.00
Sept. 2008
info.doc Verlag GbR, Pfingstbornstr. 38, 65207 Wiesbaden
PVSt Deutsche Post AG,
Entgelt bezahlt,
68689
Tischversion
Tischversion
Epidemiologische Studien zeigen einen Zusammenhang
zwischen dem Auftreten von Herz-Kreislauferkrankungen
und hohen Serumcholesterinwerten. Diese bzw. die Höhe
Definition der Palliativmedizin
Palliativmedizin ist die aktive ganzheitliche Behandmehreren Risikofaktoren dar. Deshalb empfiehlt sich für
lung von Patienten mit einer nicht heilbaren, progreden Hausarzt bei Vorliegen einer Dyslipidämie die Einteilung
dienten und weit fortgeschrittenen Erkrankung mit bein eine Risikogruppe anhand von systematischen Algogrenzter Lebenserwartung. Sie strebt die Besserung
rythmen oder Scores (NCEP, PROCAM). Somit erfolgt eine
körperlicher Krankheitsbeschwerden an und berückAbschätzung des Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse
sichtigt psychische, soziale und spirituelle Probleme
(10-Jahresrisiko) und darauf die Festlegung der Behand(Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP)).
der HDL- und LDL-Werte stellen jedoch nur einen von
lungsstrategie mit dem Patienten. Für die Risikoeinstufung
orientiert
sich durch
die Leitliniengruppe
Hessen an der folgenden
Begleitung
den Hausarzt
Einteilung
der NCEP
(National
Cholesterol
Education
Wenn Patienten
zu Hause
sterben
möchten,
ist der
Program
Heart,
Lung, and Blood
Hausarztdes
einNational
wichtiger
Ansprechpartner
für Institute,
ihn und
http://www.nhlbi.nih.gov/guidelines/cholesterol/index.htm):
seine Angehörigen. An die Hausärzte wird die hohe
Anforderung gestellt, dem Patienten in der letzten
1. Hohes Risiko (10-Jahresrisiko über 20%): a) Bestehende
Lebensphase eine bestmögliche Lebensqualität und
koronare Herzkrankheit (KHK), b) KHK-Äquivalente, c)
ein Sterben möglichst ohne Schmerzen und Angst in
Diabetes mellitus, d) 2 oder mehr Risikofaktoren**:
vertrauter Umgebung in Würde zu ermöglichen. Dabei
2. Mäßig hohes Risiko (10-Jahresrisiko 10-20%): ≥2 Risikoerleben bei
viele
Ärzte gerade
das „Aushalten müssen“ an
faktoren*
errechnetem
Risiko**.
der
Grenze
des
ärztlichen
Handelns
belastend.
Bei
3. Moderates Risiko (10-Jahresrisiko <als
10%):
≥2 Risikoschwer bei
lösbaren
medizinischen
aktoren*
errechnetem
Risiko**. Problemen sind eine
ambulante
(Mit-)Behandlung
durch spezialisierte Pal4. Niedriges Risiko: 0-1 Risikofaktor*
liativmediziner Zigaretten
oder eine rauchen,
kurze stationäre
Behandlung
*Risikofaktoren:
Hypertonie,
niedriges
HDL-Cholesterin
unter 40mg/dl,
auf einer Palliativstation
sinnvoll.familiäre Belastung mit
vorzeitiger KHK, Alter (Männer über 45 Jahre, Frauen über
Die in der Region vorhandenen Versorgungsstrukturen
55 Jahre); **errechnetes Risiko: Bsp. mit PROCAM Score
können
in den
kontinuierlich
aktualisierten
Wegweisern
(s.
Rückseite)
oder
elektronischem
NCEP-Risikokalkulator
zur
Hospizund
Palliativmedizin
in
Deutschland
eingeAnmerkung: Diabetiker ohne KHK oder KHK-Äquivalente
sehen
werden.
und
ohne
zusätzliche Risikofaktoren profitieren bei einem
http://www.hospizbewegung.de/adressen/hospizLDL<115 mg/dL - laut der jetzigen Studienlage - nicht von
palliativfuehrer.html
einer
Therapie mit einem CSE-Hemmer.
Therapieschritte
Diagnostik
nach
“International
Task
Force
for
Prevention
Coronary Heart
Disease”:
Vor jeder ofBehandlung
sollte
eine genaue Anamnese
und Untersuchung
durchgeführt
werden, um
Basis
sind nichtmedikamentöse
Maßnahmen,
diereversible
auf eine
Veränderung
Lebensstils
Ursachen zudes
erkennen
und zielen:
zu therapieren. Nicht ver-
Erhalten
des normalen
Körpergewichtes
oder
werden
sollte dabei
die Inspektion
ƒgessen
der
Gewichtsreduktion
Übergewicht
Mundhöhle
und des bei
Rachens
(z. B. Soor oder MuSteigerung
körperlichen
Aktivität
ƒkositis),
die der
Auskultation
der
Thoraxorgane (z. B.
Lungenödem, Pneumonie, Pneumothorax, Herzrhyth-
Fettstoffwechselstörung Dyslipidämie
Palliativversorgung
Empfehlungen für eine
ƒ Einhaltung von diätetischen
„Herzgesunde Ernährung“
Nur mäßiger Konsum von Alkohol und Vermeidung von
musstörungen),
Palpation und Perkussion des AbdoNikotin
ƒ
mens (z. B. Harnverhalt, Subileus, Aszites, Hepato-
Indikationsstellung für eine medikamentöse Therapie
megalie, intraabdominelle Raumforderungen).
Umfassende, unmittelbare medikamentöse Behandlung
Invasive
und belastende
therapeualler Patienten
mit hohemdiagnostische
Risiko (Gruppe oder
1: 10-Jahrestische
Maßnahmen
sollten
nur
dann
durchgeführt
risiko >20%) und Anstreben eines LDL von 100 mg/dl.
werden,
wenn diese
diebei
Symptome
und
damit
Medikamentöse
Therapie
Patienten der
Gruppe
2 die
Lebensqualität
des Patienten
verbessern.
und 3 nach individueller
Entscheidung
unter Berücksichtigung der Lipidwerte und nach Erprobung lebensstilSymptome
ändernder Maßnahmen.
Palliativmedizin wird oftmals mit Schmerztherapie
Für Patienten der Risikogruppe 4 (0-1 Risikofaktor) sind
gleichgesetzt.
Diese hat
zwar einen
sehr hohen
lebensstilmodifizierende
Maßnahmen
im Allgemeinen
Stellenwert,
dennoch umfasst die palliative Versorgung
ausreichend.
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weit mehr, z. B. die Behandlung gastrointestinaler, re-
Je nach Risikogruppe wird ein LDL von 100 mg/dL (Gruppe
spiratorischer, neurologischer/psychiatrischer Sympto1), 130 mg/dL (Gruppe 2+3) bzw. 160 mg/dL (Gruppe 4)
me, von Wunden. Diese Tischversion behandelt Dysangestrebt.
pnoe und gastrointestinale Probleme. Zum Thema
Arzneimittelauswahl:
Es sollten
Wirkstoffe
eingesetzt
„Schmerz“ wird eine eigene
Tischversion
erstellt.
werden, für die Endpunktstudien mit günstiger NNT und NNH
Symptomkontrolle
In der Palliativversorgung steht im Regelfall die Sympund 40 mg) und Pravastatin (40 mg) ist eine Senkung sowohl
tomkontrolle im Vordergrund, obwohl es auch beim
der Gesamtmortalität als auch der kardiovaskulären MortaPalliativpatienten einen Notfall, z. B. eine akute Blindlität belegt. Bei Multimorbidität und Multimedikation sollte die
darmentzündung, geben kann. Die Symptomkontrolle
Indikation für eine medikamentöse lipidsenkende Therapie
hat ein Ziel: die Lebensqualität in der verbleibenden
besonders streng gestellt werden.
Zeit so weit wie möglich zu bewahren, zu verbessern
Merke:
oder wieder herzustellen.
vorliegen (Simvastatin, Pravastatin). Für Simvastatin (20 mg
ƒ
Bei medikamentöser Therapie: CK kontrollieren!
(Rhabdomyolyse
möglich!)
Nichtmedikamentöse
Maßnahmen
VorKeine
allenKombinationstherapie
medikamentösen CSE-Hemmer
und invasiven+ Fibrate/
Strategien
Makrolide/Azol-Antimykotika.
steht die Begleitung der Patienten und auch ihrer AnWechselwirkungen auch mit anderen Medikamenten
gehörigen.
Oft reicht es, den Patienten zu beruhigen
möglich!
und für ihn da zu sein. Der Patient und die AngehöBei Makrolidtherapie CSE-Hemmer pausieren!
rigen müssen sich sicher sein, rasch den Arzt erStatine vor chirurgischen Eingriffen und bei akut auftrereichen zu können. Viele unerledigte Angelegenheiten
tenden schweren Erkrankungen vorübergehend aberschweren
Sterben.achten,
Sorgen
setzen! Aufdas
Compliance
aufverstärken
abendlichehäufig
Einnah-die
Beschwerden.
Wichtig ist
vor allem die Vermittlung der
me des CSE-Hemmers
hinweisen.
Gewissheit,
dass
Symptome
ausreichend
gelindert
Evidenzbasierte Patienteninformationen
sind unter
werden
können.
www.gesundheitsinformation.de
abrufbar.
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