The Great Gatsby - SPOX EURO 2016 Special
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The Great Gatsby - SPOX EURO 2016 Special
04-2015 I www.spox.com Farewell Steve Nash The Great Gatsby BASLER BULLEN BERTOMEU Das andere Leipzig Super Mario ist jetzt Chef bei Lok Drohgebärden Was wäre, wenn Red Bull aussteigt? Die Königsklasse Der EuroleagueBoss im Interview SPOX eMAG Steve Nash Mit 41 ging‘s dann doch nicht mehr. Nowitzki-Freund Steve Nash hat Schluss gemacht. David Digili lässt einen der coolsten Typen, den die NBA je hatte, hochleben. 01 Mario Basler Nach seinem Aus als Trainer von RWO war er zwei Jahre ohne Job. Jetzt ist er Geschäftsführer Sport bei Lok Leipzig in der Oberliga. Mit Jochen Tittmar sprach Basler über sein unbekanntes Jobprofil, die Traditionsdebatte und den großen Stadtrivalen. 02 Red Bull 03 Helmut Marko hat mit der Androhung eines Abschieds von Red Bull aus der Formel 1 für großen Wirbel gesorgt. Alexander Maack beantwortet die drängendsten Fragen zum Aufreger der noch jungen Saison, erklärt die Hintergründe und wagt einen Blick in die Zukunft. 04 Maurizio Sarri Was für ein Typ! Wie der FC Empoli Italiens Fußball revolutioniert... 05 Jordi Bertomeu Der Euroleague-Chef über die Partnerschaft mit SPOX, die NBA und innovative Konzepte. 04-2015 I 02 SPOX eMAG Zum Karriereende von Steve Nash The Great Gatsby von David Digili Aus einer kanadischen Fußballerfamilie zum zweimaligen MVP der NBA: Wie Steve Nash einer der besten Passgeber der Liga-Geschichte wurde, zum perfekten Spieler des Uptempo-Basketballs - und zum Beispiel des mündigen, engagierten Sportlers. Dieser Tage gab er im Alter von 41 Jahren sein Karriereende bekannt. Am Ende haben sie doch mehr gemeinsam als auf den ersten Blick angenommen. Steve Nash, dieser filigrane Point Guard, dieser Virtuose am Ball und die elegante Titelfigur des Romans von F. Scott Fitzgerald. Soziales Gewissen. Leidenschaft. Das Überkommen widrigster Umstände. Und so beschreiben Namen die Karriere von Steve Nash am besten. Jermaine O‘Neal. Stephon Marbury. Allen Iverson. Antoine Walker. Ray Allen. Kobe Bryant. Alle mit Nash zusammen in die NBA gekommen, in einem der besten Drafts der Ligageschichte 1996. Alle mit besten Veranlagungen gesegnet, unendlich viel Athletik, Schnelligkeit. Doch dieser Steve Nash hat fast alle von ihnen übertroffen. Kobe Bryant spielt seit jeher in einer eigenen Klasse, Ray Allen ist noch heute, im gehobenen Alter von 38 Jahren, gefürchteter Dreierschütze. Während aber O‘Neal, „The Answer“, Marbury oder auch Walker mittlerweile entweder ihrer einstigen Form hinterherlaufen, im Ruhestand weilen oder im Basketball-Exil ihre letzten Körbe werfen, hat Nash sie alle überdauert. Er, dessen späterer Karriereverlauf an jenem 26. Juni 1996 von allen Draftees, die sich auf das Bild mit Liga-Boss David Stern zwängen durften, wohl am unwahrscheinlichsten schien. Dieser Steven John Nash wächst im kanadischen Victoria in British Columbia auf, im Commonwealth-Staat kommt er fast zwangsläufig erst zu Fußball und Eishockey, übt sich mit seinem jüngeren Bruder Martin. „Natürlich war Wayne Gretzky eines meiner ersten Idole“ sagt er später, „ich habe Diego Maradona geliebt und alle Spieler meines Lieblingsklubs Tottenham Hotspur.“ Im Teenageralter erst findet Nash zum Basketball. „Ich war sofort fasziniert von Magic Johnson, von Isiah Thomas, und ich habe versucht, mich an ihnen zu orientieren.“ Besonders Vater John, selbst Profi-Fußballer, hat in dieser Zeit großen Einfluss auf den jungen Steve, der im südafrikanischen Johannesburg auf die Welt kommt, wo Papa gerade spielt. Er gibt ihm wichtige Ratschläge, hilft seinem Sprössling auf den Weg, ohne ihn in eine Richtung zu drängen. „Ich wusste auch selbst, dass ich nicht der größte, schnellste, sprungkräf04-2015 I 04 tigste Spieler werden würde“, erinnert sich Nash. „Mein Vater wusste genau, wie man aus den gegebenen Möglichkeiten das Beste machen kann: Ein Trick hier, ein Kniff dort - er hatte als Sportler den Blick, Situationen zu antizipieren, das war ein großer Vorteil für mich und auch für meinen Bruder. Er hat uns nicht für tolle Tore gelobt, sondern für feine Pässe. Nicht viele Kinder haben dieses Glück.“ Letztlich tritt aber Martin in die Fußstapfen des Vaters, absolviert bis 2010 sogar 38 Länderspiele für Kanadas Fußballnationalmannschaft. Steve dagegen - trotz diverser Schulauszeichnungen im Fußball - entscheidet sich gegen den Rasensport, die Liebe zum neu gefundenen Basketball ist einfach zu groß. Er arbeitet wie ein Besessener, wird zum Star an der St. Michaels University School, im in Kanada unpopulären Basketball. Als klar wird, dass der Weg des Talents in der Heimat am Ende ist, kommt 1992 der Schritt an die kleine Santa Clara University im Herzen Kaliforniens. Der damalige Head Coach der Broncos, Dick Davey, sah als einziger das Potenzial im 18-Jährigen. „Ich hatte furchtbare Angst, dass uns noch eine der großen Unis diesen Rohdiamanten wegschnappen würde“, erinnert sich Davey. Doch Santa Clara blieb einziger Interessent. Er feiert Achtungserfolge mit dem Team, zeichnet sich als Scorer und Passer aus. Spiele mit der kanadischen Nationalmannschaft und Workouts mit späteren Kollegen wie Jason Kidd formen den „Rohdiamanten“ weiter. 1996 meldet er sich zum Draft, als Santa Claras AllTime-Leader in Assists, Freiwurfquote und getroffenen Dreiern. Die Phoenix Suns wählen ihn an 15. Stelle. Was ein vorläufiger Höhepunkt der jungen Karriere sein sollte, wird von den Suns-Fans zum Spießrutenlauf umgewandelt. Ein Kanadier, noch dazu von einem relativ unbekannten College, ohne große Meriten? Schon bei der Draft-Veranstaltung prasseln Buhrufe und Pfiffe auf den bemitleidenswerten Youngster ein. Der Neuling bekommt auch in der Folge kein Bein auf den Boden, spielt hinter Kevin Johnson, Sam Cassell und später Kidd bestenfalls eine Nebenrolle. Namen, die er Jahre später übertreffen sollte. 3,3 Punkte und 2,1 Assists in nur 10,5 Minuten in Jahr eins, im zweiten steigern sich die Zahlen auf immerhin 9,1 Punkte und 3,4 Vorlagen, Nash steht nun schon knapp 22 Minuten im Schnitt auf dem Feld. Trotzdem: Phoenix scheint eine Sackgasse. Ein Tapetenwechsel soll die Karriere wieder auf Kurs bringen. 1998 wird Nash nach Dallas getradet - und hier startet er durch. Bei den Dallas Mavericks trifft Nash auf einen weiteren Namen, der seine Laufbahn prägen sollte. Ein junger deutscher Forward namens Dirk Nowitzki wurde gerade gedraftet - die enge Freundschaft der beiden hält bis heute. Gern und viel zitiert ist Nowitzkis Beschreibung der Bande: „Es passt einfach zwischen uns, wir hätten uns auch angefreundet, wenn wir uns in einem Supermarkt kennengelernt hätten.“ Auch in Texas lässt der ganz große Auftritt jedoch zunächst auf sich warten, das Team verpasst in seinen ersten zwei Jahren die Playoffs. Nashs Leistungen stagnieren, böse Erinnerungen an Phoenix werden wach, als auch die Mavs-Fans beginnen, den „stets bemühten“ Playmaker auszubuhen. Doch dann zeigt sich: Nash ist zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die Mavs, mit ihrem neuen Besitzer Mark Cuban, dem immer besser werdenden Dirk, dem starken Michael Finley und Nash sind die perfekte Erfolgskonstellation. Dazu steht mit Don Nelson ein alter Trainerfuchs an der Seitenlinie, dessen Philosophie dem stürmischen Aufbau optimal entgegenkommt. Nash blüht in der Saison 2000/2001 auf, startet in allen seinen 70 Spielen, SPOX eMAG steigert seinen Punkteschnitt auf 15,6 und verteilt dazu 7,3 Assists - unzählige davon auf seinen Lieblingsmitspieler mit der Nummer 41, Dirk Nowitzki. Lohn der merklichen Steigerung: die erste PlayoffTeilnahme für Dallas seit 1990. Zwar ist dann in den Conference Semifinals gegen die San Antonio Spurs Schluss (1-4 in der Serie), doch das Ausrufezeichen war gesetzt, auch für die kommenden Jahre. Das Trio begeistert nicht nur deutsche Fans, die sich die Nächte um die Ohren schlagen. Plötzlich zählt Dallas zu den besten Teams der Liga, offensivstark, tief besetzt, unterhaltsam, spektakulär. Nash wächst spielerisch immer weiter über sich hinaus, ist gleichzeitig umsichtiger Dirigent und Turbomotor der Offense. Schon im Folgejahr gibt es ein großes Lob: die Nominierung zum All-Star Game - die erste von insgesamt acht. Nash, der Starspieler, setzt zunehmend Zeichen - auch außerhalb des Platzes.Der Politikinteressierte nutzt über die Jahre seine Popularität für soziale und karitative Zwecke. „Steve ist einfach nur ein ganz normaler Typ, der eben sehr, sehr gut in seinem Job ist,“ sagte Mavs-Assistant-Coach Del Harris einmal - und verkannte mit seinem Lob für den Charakter des 1,91-Meter-Mannes aber den Steve Nash hinter dem Basketballer.Er enga- giert sich für Umweltschutz und plant mit seinem Schuhsponsor einen ökologisch nachhaltigen Basketballschuh zu einem günstigen Preis. Er bildet den Gegenentwurf zum juwelenbehangenen, gesellschaftspolitisch unbedarften Stereotyp des NBA-Spielers. Nash erlaubt sich Meinungen. 2003 trägt er während des All-Star Weekends in Atlanta ein T-Shirt mit dem Aufdruck „No War. Shoot for Peace!“ Der Irak-Krieg hatte gerade begonnen. „Es ist beschämend, dass wir auch im 21. Jahrhundert noch immer mit Waffengewalt Konflikte lösen,“ erklärt er. In den nächsten Jahren hält er seine Stats bei mindestens 14,5 Punkten und 7,3 Assists pro Spiel, die Mavs hatten sich in der Liga-Elite etabliert, zum ganz großen Wurf sollte es aber nicht reichen. Spätestens in den Conference Finals ist jedes Jahr Schluss für alle Titelträume, ob gegen die Spurs oder die starken Sacramento Kings. 2004 kommt, unerwartet für Fans und Beobachter, das Aus in Dallas. Nash wird Free Agent, Cuban zögert, dem damals 30-Jährigen einen hoch dotierten Langzeitvertrag anzubieten. Nowitzki, nicht Nash, ist das Gesicht der Franchise. Ausgerechnet bei den Phoenix Suns, diesem Albtraum seiner Rookie-Zeit, sieht man die Chance gekommen und verpflichtet 04-2015 I 06 den verlorenen Sohn für sechs Jahre. Noch heute ein unbefriedigendes Ende. „Damals haben wir die Situation völlig falsch eingeschätzt,“ sagt Cuban. „Besonders seine gesundheitliche Situation haben wir falsch bewertet und heute weiß ich, dass es ein Fehler war.“ Zwar hat Nash schon zu Dallas-Zeiten mit den Rückenproblemen zu kämpfen, die Jahre später letztlich das Karriereende einläuten. Nach Auswechslungen sitzt Nash nicht auf der Bank, sondern liegt auf dem Hallenboden, um Verspannungen zu vermeiden. Doch der Zenit seiner Karriere sollte noch kommen: Der zweite Anlauf in Arizona katapultiert den Rückkehrer endgültig zum großen Star, zu einem dieser Spieler, die nicht nur eine Randnotiz der NBA-Historie bleiben. Nash spielt den besten Basketball seiner Karriere. Auch hier ist es ein Name, der maßgeblich am spielerischen Höhepunkt beteiligt ist: Head Coach Mike D‘Antoni, Offensivguru und Uptempo-Fanatiker. Sein schnelles System ist wie geschaffen für Nash, der Amar‘e Stoudemire und Shawn Marion immer wieder fliegen lässt und - wie zuvor in Dallas - zum Denker und Lenker des attraktivsten Balls der Liga wird. Attraktiv und erfolgreich: Die reguläre Saison beenden die Suns mit der ligaweit besten Bilanz von 62-20 Siegen. 110,4 Punkte produziert die Offense-Maschine pro Spiel, seit zehn Jahren hat kein Team einen ähnlichen Wert erreicht. Nash verteilt 11,5 Assists pro Spiel, trifft aus dem Feld und von der Linie fast automatisch und wird Regular Season MVP 2005. Nur Bob Cousy und Magic Johnson hatten bisher als Point Guards diese Auszeichnung erhalten. In der darauffolgenden Spielzeit steigert er sich erneut, scort mit 18,8 Punkten so viel wie nie zuvor, die 10,5 Assists in jenem Jahr gehen nicht an Stoudemire, der verletzt ist, auch nicht an Joe Johnson, der getradet wurde, sondern an eine Rumpftruppe, die mit 54-28 Siegen trotzdem zur Ligaspitze gehört. Erneut wird Nash MVP, hat damit mehr Maurice-Podoloff-Trophäen im Schränkchen stehen als Kobe Bryant, Shaquille O‘Neal oder Allen Iverson. Dass es das Team erneut bis in die Conference Finals schafft und dort ausgerechnet gegen die Dallas Mavericks verliert, ist Ironie des Schicksals. Näher sollte Nash einer Championship nicht mehr kommen. Auch 2010 ist an gleicher Stelle Schluss, dieses Mal gegen die Los Angeles Lakers. So getrieben Nash jedoch vom Wunsch nach Titeln ist, so sehr ist er sich auch der Verhältnismäßigkeit des Sports bewusst. Sind andere Stars seines Kalibers unnahbar, macht sich der unprätentiöse Nash einen Spaß daraus, während der WM 2010 in einem Straßenfußballspiel mitzumischen, mitten in Berlin. „Ich hätte auch Fußballer werden können“, scherzt er oft, und man will es ihm glauben. Immer wieder organisiert Nash Benefizspiele mit Freunden aus der Sportwelt, drängt seine NBA-Kollegen, mitzuziehen. Es gibt auch noch wichtigere Dinge auf der Welt als Punkte oder Assists und Nash ist sich dessen bewusst. Im Jahr 2010 bezieht er Stellung gegen ein umstrittenes „Gesetz zum Kampf gegen illegale Immigranten“, das in Arizona auf den Weg gebracht wurde und Einwanderer quasi der Polizeiwillkür aussetzt. „Damit wird dem Racial Profiling Tür und Tor geöffnet. Freiheit und Bürgerrechte sind unser höchstes Gut und es ist ein fatales Signal an die Jugend.“ 2012 wurde das Gesetz in vielen Punkten wieder gekippt. Basketball wirkt bei Nash nicht wie einziger Lebensinhalt, sondern wie eine seiner vielen Leidenschaften. Spenden an Krankenhäuser weltweit, das intensive Engagement für Kinder, Ehrendoktorwürden und Auszeichnungen für soziale Verdienste, sie waren und sind keine Imagepflege, ausgedacht von Agenten und PR-Beratern. Jeder Schritt, ob auf dem Court oder in der Öffentlichkeit, scheint nicht wohl kalkuliert, sondern getrieben von Leidenschaft, Emotion, Freude. Am Rande eines Werbetermins in China verkleidete sich Nash einmal mit Pudelmütze und Taucherbrille und spielte bei einem Pick-up-Game mitten in der Stadt mit. Nash genießt Anonymität und Privatsphäre, am liebsten bei einfachen Burgern und gepflegten Getränken. Mit Dirk ist er jahrelang Stammgast im „The Loon“ in Dallas, weil das Bier dort noch in Dosen serviert wird. Al Whitley, Freund aus Kindertagen in Kanada und langjähriger Mavs-Betreuer, erinnerte sich in „Sports Illustrated“ an eine besondere Anekdote: „Kurz vor der Saison 2003 wollten ich und ein weiterer Freund zusammen mit Steve ein paar Bars in Dallas besuchen. Natürlich haben wir ihn dauernd gedrängelt, doch endlich mal wenigstens ein Bier mitzutrinken. Er sagte zu, unter zwei Bedingungen: Nur ein Bier pro Laden - und wir müssten mit ihm von Bar zu Bar sprinten, durch die Straßen von Dallas. Er rannte uns immer davon, war immer mit seinem Bier schon fertig, wenn wir SPOX eMAG gerade erst durch die Tür stolperten, rief uns den Namen der nächsten Bar zu und lief weiter. Eine Bar hatte einen Außenpool, und als wir dort ankamen, schwamm Steve dort schon seine Runden in Straßenklamotten.“ Trotz des „Trainings“ macht Nash der malade Rücken über die Jahre immer mehr zu schaffen, er quält sich, bringt weiter Topleistungen in einem längst nicht mehr konkurrenzfähigen Suns-Team. Im Sommer 2012, mit nunmehr 38 Jahren, geht er zu den Los Angeles Lakers, mit Kobe, Pau Gasol und Dwight Howard soll eine Meistermannschaft her - es bleibt beim Wunschdenken. Zu den Rückenproblemen kommt ein Knochenbruch am Wadenbein hinzu, er läuft in 50 Partien auf, wirkt oft wie ein Fremdkörper. „Es ist jeden Tag ein Kampf, aber zur gleichen Zeit führe ich mir vor Augen, wie sehr ich dieses Spiel liebe. Ich kämpfe, auch wenn es manchmal wirklich hart ist“, sagt er nach erneuten Verletzungsproblemen 2013. sich beim Koffertragen, die Nervenverletzung im Rücken ist zurück. Zum Wohle seiner Gesundheit entscheidet er sich für eine Operation und damit auch für das Karriereende. Nach 1217 Spielen, fünf Mal war er bester Vorlagengeber der Liga, drei Mal im All-NBA First Team. Am Ende hat er 10.335 Assists verteilt. Mehr als Magic Johnson. Oscar Robertson. Kevin Johnson. Tim Hardaway. Isiah Thomas. Gary Payton. Da sind sie wieder, die Namen. Steve Nash bekommt kurz vor Karriereende auch einen. NeuTeamkollege Kobe Bryant nennt ihn nach kurzer Zeit bei den Lakers nur noch wie eben jene Romanfigur von F. Scott Fitzgerald, die wie er nach Höherem strebte. Die sich Chancen nicht entgehen ließ, für die Erfolg nur Mittel zum Zweck der eigenen Leidenschaft war. Auf der Suche nach Erfüllung, Herausforderung und Veränderung zugleich. Gatsby. 15 Mal steht er in der abgelaufenen Saison noch auf den Parkett. Die neue Spielzeit sollte der versöhnliche Abschluss einer einzigartigen Karriere werden. Doch bei einer alltäglichen Bewegung bricht die Verletzung wieder auf. Nash verhebt 04-2015 I 08 Mario Basler im Interview „Am Ende geht es nicht um den Fan“ Mario Basler war nach seinem Aus als Trainer von Rot-Weiß Oberhausen über zwei Jahre lang ohne Job. Im Januar 2015 wurde er Geschäftsführer Sport beim Oberligisten 1. FC Lokomotive Leipzig. Im Gespräch mit Jochen Tittmar erzählt der 46-Jährige von seinem unbekannten Jobprofil, seinen Ambitionen als Trainer, der Traditionsdebatte im Fußball und dem Stadtrivalen RB Leipzig. SPOX: Herr Basler, Sie sind seit etwas über einem Monat als Geschäftsführer Sport beim Oberligisten 1. FC Lokomotive Leipzig tätig. Hätten Sie nach Ihrem Aus bei Rot-Weiß Oberhausen gedacht, dass Sie einmal eine solche Aufgabe annehmen werden? Mario Basler: Vorstellbar war so etwas immer. Die Frage war eher, ob ein Verein Interesse haben würde, dass ich diese Aufgabe bei ihm übernehme. Ich war daher froh über die Anfrage. Mir ging es nie um die Ligazugehörigkeit. Wenn ich merke, dass ein Verein ein konkretes Konzept umsetzen möchte und mich damit begeistern kann, dann ist es mir wurscht, in welcher Liga ich arbeite. SPOX: Sie waren zuletzt über zwei Jahre lang ohne Job. Wie haben Sie diese Zeit verbracht? Basler: Ich habe viel fürs Fernsehen gearbeitet, war einige Male auf dem Golfplatz unterwegs und habe mir zahlreiche Fußballspiele in verschiedenen Ligen angeschaut. Und nebenbei wie jeder arbeitsuchende Trainer darauf gewartet, dass mich eine Anfrage erreicht. Diese Zeit war zäh und kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor. SPOX: Wie viele Anfragen kamen denn rein? Basler: Es gab die eine oder andere, auch deutsche Zweitligisten und Vereine aus dem Ausland waren dabei. Es kam auch zu ein paar Verhandlungen, die aber meist am Geld gescheitert sind. Vielleicht habe ich auch mal zu viel verlangt, die genauen Gründe kennt man dann am Ende ja oftmals auch nicht. Manches Mal waren es auch einfach nur Kleinigkeiten, die nicht zusammenpassten. SPOX: Bruno Labbadia erzählte im SPOX-Interview davon, dass er auch das Ausland bereist hat, um sich die dortigen Begebenheiten genauer anzuschauen. Haben Sie das auch gemacht? Basler: Nein. Jeder Trainer geht da anders vor, glaube ich. Natürlich kann man mal eine Woche beim selben Verein das Training beobachten, um neue Eindrücke zu gewinnen. Dafür muss ich jetzt aber nicht extra ins Ausland fahren, das kann ich in Deutschland genauso gut. Ich war beispielsweise beim VfL Osnabrück und dem 1. FC Kaiserslautern. SPOX eMAG 04-2015 I 10 SPOX: Bereits zu Ihrer Zeit bei Eintracht Trier fungierten Sie nebenbei als Sportlicher Leiter, Jahre zuvor waren Sie bei Jahn Regensburg Teammanager. Haben Sie damals bereits ein gewisses Faible für diese Position entwickelt? Basler: Nein, ich habe mich danach eigentlich nie mehr intensiv damit beschäftigt. Ich habe den Fußballlehrer gemacht, um als Trainer und nicht als Sportdirektor zu arbeiten. Ich möchte das daher nach wie vor nicht aus den Augen verlieren. Wenn jetzt ein Erst- oder Zweitligist aus dem Inoder Ausland kommen würde, würde ich schon grundsätzliches Interesse signalisieren. Das weiß man bei Lok auch. SPOX: Sie besitzen also eine Ausstiegsklausel? Basler: Genau. Es ist aber natürlich nicht so, dass ich jetzt hier bin und darauf hoffe, baldmöglichst wieder als Trainer arbeiten zu können. Sonst hätte ich die Aufgabe ja gar nicht erst antreten müssen. SPOX: Inwiefern befinden Sie sich somit in einer Art Lernphase, um das Geschäft aus dem neuen Blickwinkel zu verstehen? Basler: Das trifft schon zu, da mein aktuelles Jobprofil für mich ja neu ist. Das war auch der Grund, weshalb ich zunächst nur für eineinhalb Jahre unterschrieben habe. Der Verein hätte sich gleich einen längerfristigen Vertrag vorstellen können. Ich möchte jetzt aber erst einmal hinein schnuppern und schauen, ob ich diesem Job auch in den nächsten Jahren nachgehen will. Von daher geht es nun vorerst um die Frage: Macht mir dieser Job überhaupt Spaß? SPOX: Wann denken Sie wird ein Zwischenfazit möglich sein? Basler: Nach sechs bis zwölf Monaten werde ich ein Gefühl dafür bekommen haben, ob mich die Aufgabe ausfüllt oder ob ich doch lieber an der Seitenlinie stehen und nach jedem Spiel darum zittern möchte, wieder rauszufliegen (lacht). SPOX: Sie haben einmal gesagt, viele Vereine hätten Angst, prominenten Namen wie Lothar Matthäus, Stefan Effenberg oder Ihnen eine Chance zu geben. Wieso? Basler: Ich glaube einfach, dass viele Präsidenten und Sportdirektoren ein großes Problem mit ehemaligen Spielern haben, deren Persönlichkeit möglicherweise die eigene überstrahlen könnte. Anders ist es ja kaum zu erklären, dass Lothar und Stefan noch nie in der 1. oder 2. Liga trainiert haben. Die Spirale, in der sich Trainer befinden, ist SPOX eMAG nommen und hatte keine finanzielle Möglichkeit, personell nachzurüsten. Der Klassenerhalt wäre jeweils möglich gewesen, aber es hat unter dem Strich die Qualität gefehlt. Und am Ende ist dann eben immer der Trainer schuld. Abgestiegen sind schon viele. SPOX: Thorsten Fink meinte, er wollte nicht arg viel länger als zwei Jahre ohne Job sein. Spielte es bei Ihnen auch eine Rolle, nun endlich mal wieder irgendwo einsteigen zu können? Basler: Nein, das ist mir vollkommen egal gewesen. Ansonsten hätte ich ja schon früher ein Angebot annehmen können. Hätte Lok mir kein schlüssiges Konzept vorlegen können, dann hätte ich auch nicht zugesagt. Die Ambition, bis 2020 in die 3. Liga aufzusteigen, halte ich zusammen mit der Kompetenz des neuen Präsidiums für sehr durchdacht. seit längerer Zeit dieselbe - wenn auch in den letzten zwei, drei Jahren etwas frisches Blut hineingekommen ist: Der eine fliegt hier oder dort raus und heuert dann an anderer Stelle wieder an. SPOX: Ist das nur ein Gefühl oder haben Sie das auch schon am eigenen Leibe erfahren? Basler: Wenn man nicht auf dieses sich ständig drehende Karussell aufspringen kann, hat man es schwer, neue Angebote zu bekommen. Schauen Sie sich Robin Dutt an: Er hatte mit Bremen keinen Erfolg, kann aber wenig später beim VfB Stuttgart einsteigen. Das sehe als problematisch an, weil ich der Überzeugung bin: Lothar Matthäus ist ein super Trainer. Das hat er im Ausland bewiesen, deshalb überrascht es mich, dass er in Deutschland noch nie eine Chance bekommen hat. SPOX: Glauben Sie, dass Sie zuletzt nicht in diesem Karussell auftauchten, weil Sie bei Ihren beiden letzten Stationen bei Wacker Burghausen und Rot-Weiß Oberhausen jeweils aus der 3. Liga abgestiegen sind? Basler: Es mag sein, dass das viele so sehen. Man muss in den konkreten Fällen auch die Hintergründe kennen. Burghausen und Oberhausen habe ich jeweils auf dem vorletzten Platz über- SPOX: Lok-Präsident Heiko Spauke hat Sie über einen gemeinsamen Bekannten aus Regensburg kennengelernt. Hat er Sie mehrere Wochen bearbeitet, bis Sie zugesagt haben? Basler: Nein, das ging alles relativ zügig. Wir haben uns einmal gesehen und bei einem Bierchen über den möglichen Job philosophiert. 14 Tage später haben wir uns offiziell getroffen und über meine konkreten Aufgaben sowie das Finanzielle gesprochen. Ich bin dann von Leipzig in Richtung meiner Osnabrücker Heimat aufgebrochen. Auf Höhe Kassel war‘s für mich entschieden. Da war mir klar, dass ich das Angebot gerne annehmen würde. SPOX: Was haben Sie denn mit dem 1. FC Lokomotive Leipzig bis zuletzt verbunden? Basler: Ich habe 1993 in Bremen mein erstes Bundesligator geschossen, als der Verein noch VfB Leipzig hieß - und im Rückspiel meine erste Rote Karte gegen sie gesehen (lacht). Die Zeit der Insolvenz und Neugründung habe ich aber genauso mitverfolgt wie die Episode 2005, als Lothar Matthäus im Stadtpokal-Halbfinale gegen den SV Ost Leipzig für Lok auflief. In meinen Augen war Lok schon immer ein Thema im Fußball, unabhängig von der Ligazugehörigkeit. Leipzig ist eine tolle Stadt mit großer Fußballbegeisterung, die ich hier bei Lok in den ersten Wochen auch sofort zu spüren bekam. Das ist definitiv ein geiler Verein. SPOX: Ihr Job bei der Lok‘sche ist es, den maroden Klub mit Hilfe von Sponsoren kontinuierlich 04-2015 I 12 zurück in den bezahlten Fußball zu bringen. Doch wer investiert jetzt, wo in der Stadt alle RB Leipzig die Bude einrennen, ausgerechnet in den Stadtrivalen aus der fünften Liga? Basler: Die Frage ist, ob die mittelständischen Unternehmen, die sich momentan bei RB engagieren, auch weiterhin zu ihren Zahlungen in der Lage sind, wenn der Verein erst einmal in die Bundesliga aufgestiegen ist. Dort wird der Klub die Preise unweigerlich anziehen müssen, um seine ambitionierten Ziele zu untermauern. Selbst Audi hat als langjähriger RB-Partner seinen Platz für Porsche und VW räumen müssen. Diesen Weg wird daher nicht jeder Sponsor mitgehen können. SPOX: Und stattdessen dann bei Lok Leipzig aufschlagen? Basler: RB Leipzig soll schnell aufsteigen, da hätte ich nichts dagegen. Zumal die Stadt einen Bundesligisten einfach verdient hätte. Unsere Chancen bei der hiesigen Wirtschaft würde das sicherlich auch erhöhen. Darauf müssen wir momentan ein bisschen bauen. Ich bekomme bei Gesprächen mit diversen Firmen zumindest Signale, dass sie diese Entwicklung bei RB ähnlich prognostizieren und wir uns deshalb noch etwas in Geduld üben müssen. Theoretisch bräuchte RB diese ganzen Sponsoren ja gar nicht, da sie bereits einen Gönner haben, der nicht weiß wohin mit seinem Geld. SPOX: Wenn Sie derzeit zum Telefon greifen oder persönlich vorstellig werden, mit welchen Argumenten für ein Investment bei Lok locken Sie dann? Basler: Wir wollen bei Gesprächen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass zusammen mit dem neuen Präsidium und mir eine neue Zeitrechnung begonnen hat. Wir haben einen klar definierten Weg, um bis 2020 ans Ziel zu kommen und wieder in den Profifußball zurück zu kehren. In der Vergangenheit ist sicherlich einiges schief gelaufen, doch all diese unschönen Vorgeschichten zählen nun nicht mehr. Wir haben die Krawallmacher erfolgreich ausgegrenzt, es gab seit einem Jahr keine Ausschreitungen mehr. Das neue Lok Leipzig muss potentiellen Sponsoren jetzt vernünftig kommuniziert und schmackhaft gemacht werden. SPOX: Greifen Sie in diesen Gesprächen momentan auf Ihr eigenes Netzwerk zurück? Basler: Nein. Ich stelle mich bei Firmen vor, die ich nicht näher kenne. Da sitzt man dann zusammen im Büro oder trifft sich zu einem Kaffee. Es gibt auch einige Anfragen an den Verein, dass man sich gerne einmal mit mir an einen Tisch setzen möchte, um über ein mögliches Sponsoring zu diskutieren. Ich bin positiv davon überrascht, wie die Gespräche bislang vonstattengehen. SPOX: Der Gedanke, mit RB Leipzig in irgendeiner Art zu kooperieren, liegt ja auf der Hand. Sie sagten, Sie werden sich sicherlich einmal mit Ralf Rangnick unterhalten. Ist das bereits geschehen? Basler: Nein, wir sind uns noch nicht über den Weg gelaufen. Ich würde mich aber sofort mit ihm austauschen und mir gerne Ratschläge einholen, da er auf diesem Gebiet ja bereits große Erfahrung besitzt. SPOX: Rangnick sagte uns, er könne sich nicht vorstellen, dass eine Zusammenarbeit zwischen RB und Lok den Menschen vermittelbar sei. Wie könnte man in Ihren Augen dennoch voneinander profitieren? Basler: Auf offiziellem Wege ist es in der Tat unvorstellbar. Da würden sicherlich beide Fanlager durchdrehen. Aber man könnte ja auch einen inoffiziellen Weg einschlagen. Man muss ja als Fan auch nicht immer alles wissen. Am Ende geht es nämlich immer um den Verein und nicht um den Fan. Wenn der Fan sieht, dass es dem Verein gut geht und er einen Spieler bekommt, der sportlich weiterhilft, dann würde er sich auch nicht beschweren. SPOX: Während Lok vor Fußballromantik nur so strotzt, personifiziert Rivale RB für viele Fußballfans regelrecht das Böse. Können Sie das nachvollziehen? Basler: Es gibt vom DFB klare Richtlinien für die Lizenzunterlagen und -erteilung. Wenn man der Prüfung des DFB standhält, dann sehe ich da keinerlei Problematik. Ich finde es positiv, dass es Menschen gibt, die ihr Geld in deutsche Fußballvereine investieren. Ich sehe keine Bedrohung für diesen Sport, sondern durch RB Leipzig eher eine Bedrohung für Vereine wie den FC Bayern oder den VfL Wolfsburg. SPOX: Können Sie Verständnis für diejenigen aufbringen, die die Ursprünglichkeit ihres Sports von konzerngesteuerten Vereinen bedroht sehen? Basler: Nein, überhaupt nicht. Das muss jeder Verein und Fan letztlich auch irgendwo für sich selbst entscheiden. Ein Dietmar Hopp stört mich nicht, er hilft ja beispielsweise auch nebenbei kleineren SPOX eMAG Vereinen. Ob ein Verein besonders stark subventioniert wird oder nicht - sportlich muss er erst einmal die entsprechende Leistung bringen. Man sieht es ja in Hoffenheim: Dort hat man noch kein einziges Mal international gespielt und dürfte aller Voraussicht nach auch in den nächsten Jahren nicht Meister werden. Auch RB Leipzig hat im Winter noch einmal Millionen ausgegeben und kommt derzeit auf keinen grünen Zweig. SPOX: Der Fußball hat sich mittlerweile zu einem globalen Milliardengeschäft entwickelt, die Spirale dreht sich unaufhörlich weiter. Glauben Sie, dass man sich dem Gang der Dinge einfach anzupassen hat oder sehen Sie bald die Grenzen des Zumutbaren erreicht? Basler: Es kommt darauf an, in welche Richtung man sich bewegen möchte. Bayern bekommt als Meister weniger Fernsehgeld als der Letzte der Premier League. Da ist es irgendwo verständlich, dass man die Kommerzspirale weiterdrehen möchte, um international gut da zu stehen. Allerdings sollte man darauf achten, sie nicht überzustrapazieren. Wenn das Ziel ist, von Montag bis Sonntag nur Fußball im Fernsehen zu zeigen, sollte man eventuell einmal darüber nachdenken, ob man die Leute damit nicht überfüttert. SPOX: Im Zuge der Fernsehgeld-Debatte wird momentan über veränderte Anstoßzeiten diskutiert, weil man Gefahr zu laufen scheint, der Entwicklung nicht mehr Schritt halten zu können. Auch die Sportschau könnte ihren Status als heilige Kuh verlieren. Würden Sie solche Veränderungen begrüßen? Basler: Man hat leider kaum Einfluss auf die Entscheidungsträger und ist praktisch gezwungen, die Entwicklung abzuwarten. Für viele ist die Sportschau der Zeitpunkt am Wochenende, um gemütlich auf der Couch zu liegen und Fußball zu schauen. Andererseits hat sich auch das 18.30-UhrSpiel bereits etabliert. Man müsste möglicherweise darüber nachdenken, auch Samstag um 22 Uhr zu spielen. Oder die Winterpause abzuschaffen, da es die heutigen Stadien einfach hergeben und man dann in den Sommerferien eine längere Pause hätte. Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem letztlich mehrere Szenarien möglich sind. Man darf jedoch das Publikum bei allen neuen Überlegungen nicht vollkommen außen vor lassen. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, das sollte man nicht vergessen. 04-2015 I 14 SPOX eMAG Red Bull droht mit Formel-1-Ausstieg Audi verleiht Flügel von Alexander Maack Helmut Marko sorgte kürzlich mit der Androhung eines Abschieds von Red Bull aus der Formel 1 für Wirbel. Alexander Maack beantwortet die fünf wichtigsten Fragen zum Aufreger des Saisonstarts in der Königsklasse, erklärt die Hintergründe und wagt einen Blick in die Zukunft. Warum droht Red Bull mit dem Ausstieg? Kein Verantwortlicher eines Formel-1-Teams stellt sich heutzutage vor die Kameras der TV-Sender und Mikrofone der schreibenden Journalisten und rastet ungeplant aus. Was Motorsportberater Helmut Marko äußert, mag zwar österreichisch unverblümt erscheinen. Es steckt aber ein Plan dahinter. Red Bull betreibt seine Formel-1-Teams nicht ohne Grund. Mit 1,3 Milliarden Euro gab Besitzer Dietrich Mateschitz gegenüber der NZZ schon 2011 das Marketingbudget seines Konzerns an, rund 600 Millionen flossen in Event- und Sportmarketing. Die Autokonzerne betreiben Imagetransfer von der Rennstrecke zur Straße, Red Bull von der Rennstrecke zur Dose. „Für ein Waschpulver, das Omo heißt, ist ein Rennstall kaum sinnvoll. Das muss schon passen. Red Bull ist ein Energydrink, damit sind wir für den Sport und die Formel 1 prädestiniert. Der Vorteil, den wir marketingmäßig haben, besteht darin, dass wir einen anderen Ansatz haben“, so Mateschitz: „Wir kaufen uns nicht einfach für einen Koffer voller Geld einen Kotflügel, um ihn mit unserem Logo zu bekleben, wir betreiben unseren eigenen Rennstall, wir übernehmen selbst die Verantwortung.“ Das Engagement muss sich für den Selfmade-Milliardär rechnen. „Es geht ja auch um die Qualität einer Markenpräsenz und um Imagetransfer. Wenn wir Eishockey oder Fußball spielen und dabei gewinnen, wenn wir Formel 1 fahren und Weltmeister werden, dann ist der Effekt viel größer“, erklärte das Marketinggenie, das früher Zahnpasta vertrieb: „Die Medien berichten im redaktionellen Teil darüber, wir sind es selber, die den Erfolg feiern. Diesen Ansatz haben wir über zwanzig Jahre durchgezogen.“ Es sind diese zwei Punkte, die derzeit durch das Investment in Red Bull Racing und Toro Rosso nicht erfüllt werden: Die eigene Verantwortung bringt keinen Erfolg, weil die Formel 1 der neuen Hybridära von der Leistungsstärke der Powerunits bestimmt wird, Red Bull als RenaultKundenteam aber nur das Chassis baut. Die Berichterstattung über ein Mittelklasseteam verringert sich aber sukzessive. 04-2015 I 16 Den fehlenden Werbewert sportlicher Misserfolge musste zuletzt Sauber feststellen. Die Schweizer verloren vor der Saison 2015 gleich mehrere Sponsoren an Force India. Dasselbe Schicksal ereilte Lotus, die ihre Geldgeber an Williams abtreten durften. Red Bull Racings Vorpreschen ist daher verständlich. Verliert Mateschitz die Lust an seinem teuren Mäzenatentum, sind die Arbeitsplätze von rund 650 Mitarbeitern in Milton Keynes gefährdet. Schon jetzt verhandelt Red Bull mit Renault über einen Verkauf von Toro Rosso. Allerdings führen die Franzosen auch bestätigte Gespräche mit Force India. Sauber bestätigt Kontakt, der seit längerer Zeit existiert. Zudem soll auch bei Lotus zwecks einer Übernahme angefragt worden sein. Welche Folgen hätte das für den Sport? Die Motorsport-Welt bricht nicht zusammen - zumindest wird sie sich jedoch deutlich verändern. Ein kleines Rechenspiel gefällig? 27,7 Prozent der in Melbourne startberechtigten Fahrer kamen mit Red-Bull-Unterstützung in die Formel 1. Einer von zwei Champions der Langstrecken-WM WEC ist Sebastien Buemi, früherer Toro-Rosso-Pilot und heutiger Red-Bull-Test- und Ersatzfahrer. Steigt Red Bull aus der Formel 1, hätte auch das eigene Juniorteam keine Daseinsberechtigung mehr. Warum sollte der Konzern junge Talente aufbauen, die für andere Teams die Erfolge einfahren, die im schlechtesten Fall wie Mercedes für einen direkten Marktkonkurrenten werben? Zieht sich Red Bull aus der Nachwuchsförderung zurück, ist das eine Hiobsbotschaft für große, aber weniger gut betuchte Talente. Offiziell beschäftigt Red Bull derzeit nur Pierre Gasly, Callum Ilott und Dean Stoneman in den Nachwuchsklassen. Allein für die GP2-, GP3- und Formel3-Euroseries-Cockpits der drei Fahrer werden bei vorsichtiger Schätzung 3,2 Millionen Euro fällig. Im Vergleich zur Formel 1 sind das Peanuts. Wer sich aber vor Augen führt, dass die letzten drei GP2-Champions allesamt aufgrund fehlender Fördergelder kein Einsatzcockpit fanden, erkennt das Problem. Selbst eine Saison mit Manor dürfte mittlerweile nicht weniger als fünf Millionen Euro kosten. Zudem geht die Unterstützung junger Rennfahrer seitens Red Bull über die Lackierung ganzer Autos hinaus. Den Simulator in Milton Keynes nutzen auch Talente, die ohne Bullen-Aufkleber herumfahren. So jettet etwa das 14-jährige Karttalent Sophia Flörsch aus München schon vor ihrem für 2016 geplanten Aufstieg in die neue Formel 4 regelmäßig ins Werk des Formel-1-Teams. Wie kann das Problem gelöst werden? Red Bull fordert Reglementänderungen, die FIA soll eingreifen. Der öffentlichkeitswirksame Ausraster Markos war nur der letzte Tropfen einer Reihe von Äußerungen, die die Führungsspitze in den letzten Wochen platzierte. Die Forderungen nach der Wiedereinführung des V8-Verbrennungsmotors haben Marko und Mitstreiter mittlerweile eingestellt. Stattdessen fordert das Team nun ein Eingreifen des Automobilweltverbands. Ex-Technikdirektor Adrian Newey und Teamchef Christian Horner erinnerten unabhängig voneinander in Melbourne einstimmig an die Verbote von Doppeldiffusor, Coanda-Auspuff, flexiblen Flügeln und Motorensoftware. Die Botschaft: Wir waren nie so überlegen, wie Mercedes aktuell ist. „Die FIA hat innerhalb der Regeln einen Ausgleichsmechanismus. Ich denke, dass sie sich das angucken sollten“, forderte Horner ein Eingreifen zur Angleichung der Leistungsfähigkeit: „Nehmt Mercedes nichts weg, sie haben einen super Job gemacht. Sie haben ein gutes Auto, einen fan- SPOX eMAG tastischen Motor und zwei sehr gute Fahrer. Das Problem ist: Die Lücke ist so groß, dass wir dreigeteilte Rennen bekommen. Das ist nicht gesund für die Formel 1.“ Was also ist gesund? Wenn alle Motorenhersteller an der Spitze um Siege kämpfen. So wie es zu Zeiten der V8-Motoren war, als die anfänglichen Leistungsunterschiede über Jahre durch eine Hintertür im Reglement fast vollständig ausgeglichen wurden. In der Formel 1 darf jedes Teil des Antriebs verbessert werden, wenn die Änderung der verbesserten Haltbarkeit dient. Gleichzeitig kann so Leistung gewonnen werden. Da Red Bull nach der Insolvenz von Caterham und dem Wechsel von Lotus zu Mercedes der einzige verbliebene Kunde von Renault ist, wäre zu erwarten gewesen, dass die Franzosen sich komplett auf ihr Beinahe-Werksteam konzentrieren und jeden Wunsch erfüllen. Das ist aber nicht geschehen. Warum attackiert Red Bull weiter Renault? Red Bull fuhr neben der Ausstiegsdrohung und der Forderung nach einem Balancing of Power deutliche Kritik an Renault, forderte einen Umbau der Organisation. Wer den eigenen Partner, mit dem man vier Jahre lang Weltmeister wurde, derart heftig über einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten öffentlich diffamiert und ihm die alleinige Schuld zuspricht, muss mehr wollen. Würde Renault zusichern, jeden Wunsch aus Milton Keynes zu realisieren, wäre schnell Ruhe. Doch das machen sie nicht. Die brennende Frage: Wo bleibt Red Bull, wenn Renault wieder ein eigenes Werksteam hat? Die öffentlichen Aussagen von Motorsportdirektor Cyril Abiteboul mögen verhalten klingen - Renault prüfe, ob sie den Etat erhöhen oder verringern. Die Franzosen zeigen aber sehr eindeutig, dass sie starkes Interesse an einem werksseitigen Comeback haben. Sie besuchten in den letzten Wochen die Werke mehrerer Teams und Force India berichtete offen über die Gespräche betreffend einer Übernahme. Zudem hat Renault Bob Bell verpflichtet, der bis Ende 2014 als technischer Direktor den Aufstieg von Mercedes verantwortete. Der Vorteil daran: Das Budget steigt. Das Formel1-Engagement jedes Automobilkonzerns setzt sich aus den Töpfen für Motorsport und Marketing zusammen. Fährt ein Auto komplett in der Lackierung des eigenen Konzerns, erhöht sich die Geldsumme, die die Controller bereitstellen. Red Bull Racing wäre plötzlich ein ganz normales Kundenteam wie Williams. Die Franzosen würden 04-2015 I 18 SPOX eMAG komplett für ihren eigenen Rennstall entwickeln, Red Bull müsste das eigene Auto für das Konzept anpassen wie Williams und Force India bei Mercedes oder Sauber und Manor bei Ferrari. Reicht das den erfolgsverwöhnten Österreichern? Wohl kaum. Der einzige Ausweg aus der Abhängigkeit? Einen eigenen Motor bei Red Bull Engineering entwickeln. Dann würde der Markenclaim „Red Bull verleiht Flügel“ wirklich zutreffen. Das will das Team aber nicht. Logisch: Es fehlt das technische Fachwissen. Das könnte sich das Team zwar teuer zukaufen. Aber Erfolg ist nicht garantiert. Da der eigene Vertrag mit Renault Ende der Saison 2016 ausläuft, ist interessant, wie Red Bull sich weiter verhält. Das Tischtuch zu Renault scheint mittlerweile kurz vor dem Reißen. Abiteboul forderte in Melbourne mehr Respekt. Hofft das Team aus Milton Keynes, dass Honda, Mercedes oder Ferrari es beliefern? Bis eine Entscheidung getroffen werden kann, ist Druck auf die Regelhüter nur logisch. Bekommen die Verfolger mehr Freiheiten bei der Weiterentwicklung der Powerunits, wird die Aerodynamik wieder wichtiger, bis sie bei gleicher Leistung aller Motoren wieder allein über den Sieger entscheidet. Dann schlägt Red Bulls Stunde. Weitere Alternativen könnten nur der Aufbau einer eigenen Rennserie oder das Sponsoring der Formel 1 als Namensgeber sein. Dabei würde aber die Mateschitz-Vorstellung der Eigenverantwortung mit einem teilnehmenden Team nicht erfüllt werden. Ein Einstieg in die WEC und damit die Teilnahme an den 24 Stunden von Le Mans würde ebenfalls die Entwicklung eines eigenen Hybridmotors bedingen, ist also ebenfalls sehr unwahrscheinlich. Steckt hinter der Drohung ein Masterplan? Red Bull braucht zunächst einen Abnehmer für sein Team. Die investierten Unsummen wird selbst Dietrich Mateschitz nicht vernichten wollen, ohne eine Ablöse mitzunehmen. Wer allerdings sollte das hochgezüchtete Team übernehmen? Volkswagen will nicht, weshalb Audi nicht darf. Ist ein Ausstieg deshalb ausgeschlossen? Mitnichten. Mateschitz stieß 2001 auch seine Zwei-Drittel-Beteiligung an Sauber ab, weil das Team nur hinterherfuhr. Die Königslösung für Red Bull Racing wäre trotzdem ein Einstieg der Ingolstädter - eventuell als Motorenlieferant nach Vorbild von McLarenHonda. Die Voraussetzungen dafür sind nicht schlecht. Das derzeitige Engagement von Audi in der WEC sollte kein Hindernis darstellen, Volkswagen hat mit Porsche schließlich eine weitere Marke an den Start gebracht. Der Zeitplan passt perfekt: Aufbau in den Jahren 2014 und 2015, spätestens in der Saison 2016 muss der Titel das Ziel sein. Dann wäre Audi für die Markenpräsenz in Le Mans nicht mehr nötig. Zufälligerweise läuft Red Bulls Vertrag mit Renault zeitgleich aus. Und: Das derzeitige Motorenreglement ist in der Saison 2017 nicht mehr gültig. Ein Einstieg wäre bei grundlegenden Änderungen oder mehr Entwicklungsfreiheit der Hersteller attraktiv, weil jeder Neuling mit der aktuellen Regelung Schwierigkeiten hat, den Vorsprung von Mercedes, Ferrari und Renault aufzuholen. McLaren-Honda drängte nicht umsonst darauf, sein Aggregat während der Saison weiterentwickeln zu dürfen. Den Finanzkontrolleuren von VW dürften die derzeitigen Ausgaben für zwei Langstreckenprojekte ohnehin ein Dorn im Auge sein. Dass Ex-Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali nach seiner Einstellung bei Audi lange in der Abteilung für Dienstleistungen und Mobilität arbeitet, glaubt niemand. Zumal der frühere Rennleiter seit Dezember 2014 Chef der FIA-Single-Seater-Kommission ist. Offiziell in seiner Freizeit, doch Gerhard Berger gab das Amt ab, weil es zu zeitintensiv war. Laut BBC und Auto, Motor und Sport führte Domenicali in den vergangenen Monaten eine Machbarkeitsstudie durch, die dem Vorstand im Dezember vorgestellt wurde. Das Fazit soll positiv ausgefallen sein. Es gibt aber ein Hindernis: Bernie Ecclestone. Der VW-Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piech legte bei jedem geplanten Formel-1-Einstieg sein Veto ein. Er arbeitet seit 1993 bei Volkswagen. Schon 2008 waren Red Bull und der niedersächsische Automobilkonzern in weit fortgeschrittenen Gesprächen. Angeblich traut Piech dem Chefpromoter nicht über den Weg, seit der Mitte der 70er mit Porsche über einen Motorenlieferung für sein Brabham-Team verhandelte. Solange Ecclestone nicht seinen Hut nimmt, wird der mächtige Piech kaum einem Einstieg zustimmen. Der Engländer wirtschaftet allerdings nicht mehr in die eigene Tasche, ist Angestellter des Finanzinvestors CVC, der die Rechte an der Formel 1 im Jahr 2005 übernommen hat. Das Unternehmen ist dafür bekannt, Anteile weiterzuverkaufen, sobald sich eine lukrative Möglichkeit ergibt. Und: Ecclestone ist mittlerweile 84 Jahre alt. 04-2015 I 20 SPOX eMAG Empoli-Trainer Maurizio Sarri im Porträt Der qualmende Visionär von Andreas Inama Einst war er ein kettenrauchender Bankangestellter. Nun revolutioniert Maurizio Sarri mit dem FC Empoli den italienischen Fußball - mit Hilfe von Polemik, Wissenschaft und seinem Aschenbecher. Zdenek Zeman ist in Italien ein Mythos. „Il boemo“, der Böhmer, wie er genannt wird, steht im Land des Catenaccios für HimmelfahrtskommandoFußball. Zwei, drei, vier Gegentore? Egal, Hauptsache man hat eines mehr geschossen als der Gegner. Die Revolution, die der Kettenraucher in der Serie A umsetzen wollte, gilt schon lange als gescheitert und Zeman eher als Maskottchen denn als ernstzunehmender Trainer. Ein auf Offensive ausgerichtetes System kann laut dem gemeinen italienischen Fußballromantiker einfach nicht mit einer guten Defensive vereinbart werden. Diese fragwürdige Erkenntnis hat man eben besagten Zeman zu verdanken. In einem kleinen Städtchen in Mittelitalien scheinen Ansätze dieser revolutionären Gedanken dennoch einen neuen Chefideologen gefunden zu haben: Maurizio Sarri, Coach des Aufsteigers FC Empoli. Und dabei war der 56-Jährige vor nicht allzu langer Zeit noch Angestellter einer Bank. Der in Neapel geborene und in der Toskana aufgewachsene Sarri ist in den Tiefen des italienischen Amateurfußballs gestartet: „Ich war ein rustikaler, respekteinflößender Innenverteidiger mit wenig fußballerischem Talent.“ Ein Spieler, der zwischen Ball und Schienbeinen selten einen Unterschied machte. Es kursiert die Legende, dass einige Stürmer sich nur deswegen krank gemeldet haben, damit man nicht gegen ihn spielen müsse. Dass ausgerechnet eine eigene Verletzung den Schrecken der italienischen Offensivreihen schlussendlich zum Karriereende zwang, war wohl Schicksal. Es folgte der Wechsel an die Seitenlinie, zuerst 1990 bei U.S. Stia, einem Dorfverein, der in der zweitniedrigsten Spielklasse Italiens (9. Liga) kickte. Damals war Sarri nur Hobby-Trainer und tagsüber in führender Funktion bei der Bank Montepaschi angestellt, um sich dort seine Brötchen zu verdienen. Es sollte elf Jahre dauern, bis der ambitionierte Coach aus Figline Valdarno schließlich den Entschluss fasste, seinem großen Traum endgültig zu folgen. Nach dem Aufstieg in die fünfte italienische Spielklasse mit dem AC Sansovino kündigte Sarri seinen „normalen“ Job und setzte sich hauptberuflich auf die Trainerbank. „Ich wusste, dass wir den nötigen Qualitätssprung nur dann schaffen, wenn ich mein Hobby zum Beruf mache. Meine Familie hat mich darin unterstützt. Ich habe schließlich den Beruf gewählt, den ich auch ohne Bezahlung machen würde.“ Der Qualitätssprung folgte in der Tat, innerhalb von zwei Jahren stieg man von der fünften in die vierte und niedrigste der Profiligen Italiens auf. Danach zog es den Wandervogel weiter: Neun Stati04-2015 I 22 onen waren es - unter anderem Arezzo, wo er 2006 einen gewissen Antonio Conte ablöste - bis er schließlich 2012 bei Empoli anheuerte. Als Sarri die Mannschaft damals übernahm, startete man die Saison mit gerade mal vier Punkten aus neun Spielen, um dann einen fulminanten Lauf einzulegen. Schließlich ergatterte man einen Platz in den Playoffs um den Aufstieg in die Serie A, scheiterte dort jedoch an Livorno. In der nächsten Saison folgte dann das Undenkbare: Maurizio Sarri, der ehemalige Bankangestellte und Amateurtrainer, stieg mit Empoli nach einem 2:0-Erfolg über Delfino Pescara am letzten Spieltag in die höchste italienische Spielklasse auf. „Er ist seit 15 Jahren Trainer, in der neunten Liga mit viel Leidenschaft gestartet. Jetzt ist er in der Serie A. Er soll sie genießen, niemand verdient es sich so wie er“, waren die Worte des Präsidenten Fabrizio Corsi. Für Sarri hatte die Serie A aber nie wirklich Priorität. Es ist das Spiel selbst, das es ihm so angetan hat: „Die Serie A ist für mich nur eine Ergänzung zu meiner restlichen Karriere. Sie ist mir nicht so wichtig. Mein Wunsch war es, meine Leidenschaft zur Arbeit zu machen, und das hatte ich schon davor geschafft. Der Fußball verändert sich zwar, je höher man aufsteigt. Es ist aber nicht gesagt, dass die Emotionen und die Genugtuung größer werden.“ „L‘impiegato“ - den Angestellten nennen sie ihn. „Als ob ich mich dafür schämen müsste. Mir geht das ganze Gerede um mein Privatleben auf die Nerven, nur um mich irgendwie abzustempeln.“ Er gilt in der Trainerszene als Homo Novus, ein Emporkömmling in der exklusiven Kaste der Profi-Fußballehrer - eine Schublade, aus der er sich nicht mehr herauszwängen kann. Immer wieder wird er auf seine berufliche Vergangenheit angesprochen. Gleiches gilt für seinen Zigarettenkonsum: „Ich zähle nicht, wie viele Zigaretten ich rauche. Auf der Bank darf ich sowieso nicht. Manchmal lässt mich ein Fan im Stadion in Empoli einen Zug nehmen. Außerdem werde ich so oft auf die Tribüne geschickt, dass ich nicht lange ohne auskommen muss.“ In der Tat gilt Sarri als mürrisch, direkt und impulsiv. Eine weiteres Etikett, das ihm an die Stirn geheftet wurde. Seine Rechtfertigung: „Ich bin Toskaner. Wir sind aufrichtig, polemisch, aber wenigstens authentisch.“ Aber Sarri passt gut in dieses professionelle Umfeld. Er gilt als akribisch, analysiert am PC Gegner und die eigene Mannschaft bis ins letzte Detail. Zu jedem einzelnen Spieler wird jede Woche ein Bericht angefertigt: Wo liegen seine technischen Schwächen, gibt es taktischen Defizite, wie steht es um seine Psyche. Seine Methoden werden in Italien als „wissenschaftlicher Fußball“ bezeichnet. Bis zu 13 Stunden täglich verbringt Sarri mit Fußball. Nichts wird dem Zufall überlassen. Jeder Laufweg, jeder Schritt, jede Bewegung - alles hat seinen Zweck. Es gibt kaum einen Trainer in Italien, dem man seine Handschrift in den Spielen so ansieht wie Sarri. Das liegt auch daran, dass nur wenige so eine klare Vorstellung von ihrem System haben: „Ich mochte früher die Dreierkette. Bis mir klar wurde, dass man mit vier Verteidigern offensiver spielen kann, da die Flügelspieler nicht gezwungen sind, sofort auf Defensive umzuschalten. Der Ball soll so kurz wie möglich in einem Bereich des Spielfeldes sein. Daher müssen meine Spieler das Spiel schnell vertikal gestalten oder nach hinten abspielen. Die Außen sollten gemieden werden. Die Flügel müssen in die Räume laufen, während hinter dem Mittelstürmer ein Spieler sein muss, der sowohl Zehner als auch hängende Spitze ist.“ War diese Aussage noch auf ein 4-2-3-1 bezogen, hat der Toskaner sein System mittlerweile auf 4-3-1-2 umgestellt und Flügelspieler total aus seiner Spielidee gestrichen. Durch hohes Pressing, einem dominanten Dreiermittelfeld rund um den „Pirlo aus der Provinz“, Mirko Valdifiori, und einem enorm schnellen Umschaltspiel erinnert die Spielweise von Empoli an Mannschaften wie Red Bull Salzburg oder nun Bayer Leverkusen unter Roger Schmidt. Der Punkt, in dem er sich von seinem Vorbild Zeman unterscheidet, liegt in der Ausrichtung der Viererkette, die nach alter italienischer Schule taktisch bestens aufgestellt ist und SPOX eMAG sich so gut wie gar nicht in die Offensive mit einschaltet. Die Innenverteidiger dienen nur als erste Station nach dem Torwart und letzte Station, bevor der Ball ins Mittelfeld, meist zu Valdifiori, weitergegeben wird. Die Außenverteidiger haben bei Ballbesitz rein entlastende Aufgaben als dritte mögliche Anspielstation. In der Rückwärtsbewegung muss so nur der Sechser sofort zurückkommen, um das von Sarri geforderte stabile 4+1-Defensivmodell zu bilden. So hat man Mannschaften wie die Roma, Lazio, Fiorentina, Milan oder Inter besiegt oder an den Rand einer Niederlage gebracht. Dabei verlangt diese Ausrichtung den Spielern ein ungeheures taktisches Verständnis und Laufbereitschaft ab. Sarri verbindet damit den Kampf und die Aufopferung des Provinzfußballs mit der Professionalität und Disziplin der Profis. Seine Spieler folgen ihrem Coach überall hin, sein Wort ist Gesetz. Große Wertschätzung erfährt Sarri auch dadurch, dass nur rund 35 Prozent seines Kaders aus Legionären besteht. Er ist einer von den wenigen Trainern in Italien, der Spieler vornehmlich aus der eigenen Jugend einsetzt und Empoli so zu einem Sprungbrett für viele junge Kicker aus der Region macht. Sein erfrischender Fußball begeistert und weckt die Hoffnung, dass es in Italien langsam ein Umdenken bezüglich der Spielweise und vor allem der Förderung der Jugend gibt: „Bei uns spielen viele Toskaner. Wenn man sich mit seinem Umfeld identifizieren kann, funktioniert das auch bei der Mannschaft. Legionäre sollte man nur holen, wenn sie den Unterschied ausmachen.“ Mittelfeldspieler Riccardo Saponara war schon beim AC Milan und ist vorerst auf Leihbasis diesen Winter zurückgekehrt, der erst 20-jährige Innenverteidiger Daniele Rugani wurde von Juventus Turin ausgeliehen. Durch seine hervorstechenden Leistungen in Sarris System soll Massimiliano Allegri nach dessen Rückkehr fest mit ihm planen und ihn an die Stammelf heranführen. Die nötige Erfahrung bringen mit Massimo Maccarone und Francesco Tavano zwei altbekannte Haudegen in die Mannschaft. Sarri selbst sagt man trotz seines Alters noch eine große Karriere voraus. Noch hat er nie angedeutet, Empoli verlassen zu wollen, doch der AC Milan soll ihn schon als Nachfolger von Pippo Inzaghi für die nächste Saison holen wollen. Bis dahin gilt es aber, Empoli weiter erfolgreich von den Abstiegsrängen fernzuhalten und die italienische Fußballlandschaft weiterhin mit seiner Mannschaft zu begeistern. Denn eine Schublade wird er sich wohl noch gefallen lassen müssen: Sein Fußball ist das Beste, was Italien in den letzten Jahren erleben durfte. 04-2015 I 22 SPOX eMAG Jordi Bertomeu im Interview „Ryder Cup im Basketball ist eine Idee“ Europas Königsklasse des Basketballs und SPOX sind ab jetzt ein Team - und Euroleague-CEO Jordi Bertomeu erklärt im Gespräch mit Chefredakteur Haruka Gruber die Hintergründe für die Premium Media Partnership und die Bedeutung Deutschlands für den gesamten Basketball in Europa. Außerdem: Sein Traum vom Open-Air-Highlight und ein Duell gegen die NBA. SPOX: Herr Bertomeu, an diesem Montag geben die Turkish Airlines Euroleague und SPOX eine weitreichende Premium Partnerschaft bekannt: Ab jetzt begleitet SPOX als offizielle deutsche Destination die europäische Königsklasse des Basketballs. Was erhoffen Sie sich von der Kooperation? Jordi Bertomeu: Die höchste Priorität bei unserer Gesamtstrategie ist es, mehr Fans für die Turkish Airlines Euroleague und den Basketball an sich zu gewinnen. Früher war das Fernsehen das wichtigste Instrument dafür, doch heutzutage gibt es dank der digitalen Medien neue Plattformen, die sich genauso wie wir für die Sportart engagieren und viele potenzielle Fans ansprechen. Deswegen analysierten wir in Europa die einzelnen Märkte und machten ein oder zwei Medien aus, die zu uns passen, eine signifikante Reichweite besitzen und vor allem für Qualität bürgen. Dieser Weg hat sich in Ländern wie Frankreich mit „L‘Equipe“ oder in Italien mit „La Gazzetta dello sport“ als sehr erfolgreich erwiesen. Für Deutschland hätten wir mit SPOX keinen besseren Partner finden können, um die Ziele gemeinsam anzugehen. SPOX: Es fällt auf, wie die Turkish Airlines Euroleague die Möglichkeiten der neuen Medien bestmöglich nutzen möchte. Neben euroleague. livebasketball.tv und den digitalen Partnern statten Sie während einer Partie bereits Schiedsrichter mit Trikot-Kameras aus, in Bälde sollen Fans sogar aus Spieler-Perspektive das Geschehen verfolgen können. Was steckt dahinter? Bertomeu: Die Zukunft wird digital. Es heißt immer, dass die Leute weniger Zeitungen lesen und weniger Fernsehen schauen, trotzdem konsumieren wir immer mehr Medien als jemals zuvor. Daher wollen wir uns wie die junge Generation zu hundert Prozent zu Digital bekennen und vielleicht sogar diesen Trend mitgestalten. Jeder Basketball-Fan weiß, dass man im Internet alle erdenklichen Infos bekommt. Jetzt geht es darum, darüber hinaus Inhalte zu liefern, die die User von heute erwarten. Das gilt einerseits für Qualität und Hintergründe, die die Premium Partner wie SPOX gewährleisten. Andererseits wollen wir im Bewegtbild-Bereich vorne dabei sein. Daher experimentierten wir letztes Jahr mit den Google Glasses und dieses Jahr mit den Jersey-Cams. Und das soll nur der Beginn sein. SPOX: Immer mit dem Ziel, dass der Basketball vor Handball oder Eishockey zur Nummer-zwei-Sportart in Europa wird? 04-2015 I 24 Bertomeu: Bei allem Respekt für die anderen Sportarten: Die Frage stellt sich nicht, weil der Basketball bereits die Nummer zwei auf dem Kontinent ist. In einigen Ländern ist der Basketball vielleicht nicht an Nummer eins oder zwei, aber zumindest an drei oder vier. Welche Sportart hat so eine Verbreitung abgesehen vom Fußball? SPOX: Deutschland ist der wichtigste europäische Markt, wobei es anders als im Handball oder Eishockey nach wie vor keine Konstanz in der Live-Übertragung gibt. Mal läuft ein Spiel im Free-TV, mal im Pay-TV, mal nur für ein Entgelt von fünf Euro im Internet. Wie hinderlich ist die TV-Situation in Deutschland für ein weiteres Wachstum? Bertomeu: Vorweg: Wenn wir uns an die Lage vor zehn Jahren erinnern, ist die TV-Situation deutlich besser. Deutschland war schon immer ein sehr schwieriger Markt, was die Live-Übertragungen anbelangt. Natürlich würden wir eine ausgewogenere Mischung aus Free und Pay bevorzugen, das ist das Paradies für jede Sportliga, doch welche Sportart abgesehen von Fußball ist in so einer Position? Wir sind davon weit entfernt und wir versuchen, bestmöglich mit der Realität umzugehen. Und gemessen an den Umständen haben wir für die Gegenwart die beste Kombination gefunden. Wir glauben ohnehin, dass sich Live-Übertragungen immer mehr Richtung Pay-Angebote bewegen werden. In Spanien war es lange Religion, dass Formel 1 und MotoGP frei empfänglich sind, und selbst diese Sportarten wanderten in den Pay-Bereich. Daher richten wir uns schon jetzt darauf ein, dass Free-TV zunehmend an Bedeutung verliert und wir die wegfallende Reichweite durch neue Kooperationen kompensieren oder überkompensieren. SPOX: Um den deutschen Markt zu stützen, vergab die Euroleague in den letzten drei Jahren jeweils eine Wild Card an einen BBL-Klub. Wird Deutschland weiter von der Turkish Airlines Euroleague protegiert? Bertomeu: Protegieren klingt mir zu negativ. Es wirkt, als ob die BBL schwach wäre und beschützt werden müsste. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Alba Berlin bekam zweimal und der FC Bayern einmal die Wild Card - und in allen drei Fällen qualifizierten sie sich für die Top 16. Daher möchte ich es anders ausdrücken: Deutschland ist einer der größten Märkte überhaupt und wenn der gesamte europäische Basketball als Wirtschaftssystem wachsen soll, benötigen wir Hilfe. Daher boten wir der BBL unsere Unterstützung an, damit die deutschen Klubs wiederum uns unterstützen. Das ist die Idee hinter den Wild Cards und unsere Intention ist es, dies in den nächsten Jahren weiter fortzuführen. SPOX: Wie groß sind die Chancen, dass die BBL stattdessen einen zweiten fixen Startplatz erhält, so dass nicht nur der Deutsche Meister sicher qualifiziert ist? Bertomeu: Damit ein zweiter Startplatz möglich ist, müsste ein BBL-Klub die A-Lizenz erhalten. Allerdings basiert das auf unterschiedlichsten Kriterien. Daher ist das eher unwahrscheinlich. Am bestehenden System wird sich kurzfristig nichts ändern und was mittelfristig sein wird, werden wir schauen. SPOX: Das bedeutet umgekehrt: Wenn die Brose Baskets Bamberg an der Turkish Airlines Euroleague teilnehmen möchten, gibt es nur einen Weg: Meister werden. Denn die Wild Card dürfte ansonsten immer für Berlin oder München reserviert sein. Bertomeu: Bevor ein falscher Eindruck aufkommt: Alle deutschen Teams sollten wissen, dass sie nur sicher teilnehmen können, wenn sie Meister werden. Es ist nicht automatisch eine Wild Card verfügbar, weil es in bestimmten Konstellationen sein kann, dass Teams aus anderen Ländern berücksichtigt werden. Speziell zu Bamberg: Die Baskets sind eine der professionellsten Organisationen in Europa und wir haben es genossen, dass sie viele Jahre ein Teil der Turkish Airlines Euroleague waren. Aber wir haben Kriterien wie Einwohnerzahl und Arenagröße, die immer berücksichtigt werden. SPOX eMAG SPOX: Unter den deutschen Basketball-Fans wird spätestens seit dem deutlichen Ausscheiden von Bamberg und den Bayern im Achtelfinale des Eurocups, vergleichbar der Fußball-Europa-League, kontrovers diskutiert, wie wettbewerbsfähig die BBL-Klubs in Europa sind. Wie bewerten Sie die Leistungsfähigkeit? Bertomeu: Absolut positiv - und darüber kann es keine zwei Meinungen geben! Natürlich ist der letzte Eindruck am meisten präsent, nehmen wir nur die Bayern: Sie wurden in eine unglaublich schwierige Euroleague-Gruppe ausgelost, dann kamen viele Verletzungen hinzu und im Eurocup erwischte man gegen Valencia zwei schwache Abende. Doch das darf nicht das Gesamtbild verfälschen - und das besagt: In den letzten drei Jahren, von 2012/13 bis 2014/15, erreichten vier deutsche Teams das Top 16! Und jetzt hat Alba sogar noch Chancen auf das Viertelfinale! Das war vor fünf Jahren undenkbar. Zum Vergleich: In den drei Jahren zwischen 2009/10 und 2011/12 gab es keinen einzigen Top-16-Klub aus der BBL. Die Leistungen der deutschen Teams haben sich dramatisch verbessert. SPOX: Um mehr Aufmerksamkeit zu erzeugen, sind neben Erfolgen auch bekannte Namen unabdingbar. Glauben Sie, dass es mehr Superstars nach Deutschland ziehen wird, nachdem den Bayern mit Bo McCalebb eine der prominentesten Verpflichtungen der BBL-Geschichte gelungen war? Bertomeu: Die BBL ist nach dem Wachstum der letzten Jahre definitiv wettbewerbsfähiger und ich bin sicher, dass in naher Zukunft mehr Spieler von der Kategorie eines Bo McCalebb nach Deutschland kommen werden. Und was noch wichtiger ist: Ich glaube, dass es den BBL-Klubs immer besser gelingen wird, die Stars und die größten Talente in der Liga zu halten. Vor dieser Saison mussten das einige europäische Klubs schon erfahren. SPOX: Um das Wachstum des Basketballs zu fördern, möchten Sie das Final Four 2016 oder 2017 in Deutschland austragen. In Frage dürften nur Berlin, Köln oder Hamburg kommen. Bertomeu: Das stimmt, theoretisch sind diese drei Städte möglich - wobei Berlin und Köln in der besten Position sind. Sie besitzen tolle Arenen und verfügen über Erfahrung für ein solch großes Event. SPOX: München würde wohl gerne das Final Four austragen, nur wird die von Red Bull geplante neue Arena frühestens 2018 fertiggestellt sein. Was ist mit der Idee von Bayerns Geschäftsführer Marko Pesic, in der Allianz Arena ein Basketball-Event zu veranstalten? Bertomeu: Ich teile Markos Idee und wir prüfen die 04-2015 I 26 Möglichkeit, das Final Four in einer Fußball-Arena auszutragen. Wir unterhielten uns beispielsweise mit den Verantwortlichen der Amsterdam Arena. Eine Voraussetzung muss allerdings immer gewährleistet sein: Das Stadion ist inklusive des Spielfelds komplett überdacht, damit die Witterung keine Rolle spielt. Das ist in Amsterdam, aber nicht in München gegeben. Daher begrüßen wir die Initiative von Red Bull sehr. Wenn die neue Arena steht, wird München ein großartiger Kandidat für das Final Four sein. und rechtlich, sondern vor allem kulturell eine gigantische Umstellung. Wir möchten eine Kultur der Transparenz und eine Kultur des nachhaltigen Managements einführen. Dass das Financial Fair Play in Deutschland oder Frankreich leichter eingeführt werden kann, ist klar. Das ist in anderen Ländern nicht von heute auf morgen machbar und wir müssen auf lokale Gewohnheiten Rücksicht nehmen. Dennoch werden ab 2015/16 die Regelungen verbindlich eingeführt, indem die Sanktionen Schritt für Schritt implementiert werden. SPOX: Es gibt seit Jahren unbestätigte Gerüchte, wonach Red Bull im Basketball ein ähnliches Projekt umsetzen möchte wie jetzt mit Leipzig im Fußball. Wissen Sie etwas darüber? Bertomeu: Nein, davon habe ich noch nie gehört. SPOX: Ein weiteres großes Thema im europäischen Basketball ist der Konflikt zwischen der Turkish Airlines Euroelague und dem Weltverband FIBA. Die FIBA hatte beschlossen, dass ab 2017 ein neuer Rahmenspielplan gilt, wonach mitten in der Klub-Saison im November und Februar Qualifikationsspiele ausgetragen werden. Zuletzt war von der sehr emotional geführten Diskussion wenig zu vernehmen. Wie geht es weiter? Steht der europäische Basketball vor einer Zerreißprobe? Bertomeu: Dass die FIBA einen neuen Rahmenterminkalender möchte, ist verständlich. Nur über die Zeitfenster sind wir uns komplett uneinig. Daher ließen wir der FIBA einen Gegenvorschlag zukommen, bei der die Länderspiel-Termine kompatibel wären zu unserem Kalender. Im Juni wird die FIBA ihr nächstes Executive Committee Meeting abhalten und ich glaube, dass eine Einigung gefunden wird. SPOX: BBL-Geschäftsführer Jan Pommer hatte vor zwei Jahren Gespräche mit Schalke und Dortmund geführt, um sie wie die Bayern von einem Engagement im Spitzenbasketball zu überzeugen. Was halten Sie davon? Besteht die Gefahr, dass der Basketball durch die Fußball-Marken an Identität verliert? Bertomeu: Nein, im Gegenteil: Es könnte die Zukunft des Basketballs sein. Denn ein großartiger Brand ist und bleibt ein großartiger Brand. In der Turkish Airlines Euroleague beweisen wir seit Jahren, wie fruchtbar eine gesunde Mischung aus Brands mit unterschiedlichen Gewichtungen sein kann. Maccabi Tel Aviv oder Alba sind eine klare Basketball-Marke, ZSKA Moskau und die griechischen Klubs werden ebenfalls mehr über den Basketball als über den Fußball wahrgenommen. Barca, Real Madrid, die Bayern und die türkischen Klubs wiederum sind mehr für den Fußball bekannt. So werden gegenseitig neue Zielgruppen erschlossen. SPOX: Um die Wettbewerbsfähigkeit von wirtschaftlich gesund geführten Klubs aus Ligen wie Deutschland und Frankreich zu fördern, will die Turkish Airlines Euroleague nach dem Vorbild der UEFA das Financial Fair Play einführen. Anders als im Fußball ist davon noch nicht viel bemerkbar. Wie ist der Status? Bertomeu: Man darf nie vergessen, dass die UEFA viele Jahre gebraucht hat, um auf dem heutigen Stand zu sein und das Financial Fair Play effektiv einzuführen. Das hat nichts mit dem Willen der UEFA zu tun, sondern vielmehr mit den weitreichenden Konsequenzen einer solchen Regelung. Daher haben wir ebenfalls eine Übergangsphase vereinbart, die nach dieser Saison endet. Wir dürfen nicht vergessen: Es ist nicht nur organisatorisch SPOX: Wenn nicht: Ist das Szenario realistisch, wonach die Länderspiele ohne die Spieler der Euroleague-Teams stattfinden? Dass kein NBA-Profi abgestellt wird, steht bereits fest. Bertomeu: Ich möchte nichts verkünden, solange ich an einen Kompromiss glaube. Sollte das misslingen, sprechen wir über Konsequenzen - so sehr uns das missfällt. Wenn wir Basketball promoten wollen, sollten bei Länderspielen die größten Stars spielen und ihr Land repräsentieren. Alles andere macht keinen Sinn. Daher bin ich zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden, bei der alle Interessen berücksichtigt werden. SPOX: Ob deren Gebarens verglichen Sie die FIBA mit der FIFA. Sind Sie etwas versöhnt? Bertomeu: Zu dem Vergleich stehe ich weiterhin. Die FIBA plant Projekte, ohne daran zu denken, wer die wahren Katalysatoren des Basketballs sind: die Klubs. Es hat etwas mit fehlendem Respekt zu tun. Die Klubs sind alles und es kann nie funktionieren, wenn ein Verband nicht auf die Klubs achtet. Warum auch immer klappt es im Fußball und die FIFA kann sich benehmen, wie sie möchte. Aber SPOX eMAG wer weiß, wie lange noch? Die Kontroverse um die WM-Vergabe könnte dazu führen, dass sich die FIFA grundsätzlich überdenken muss. Die FIBA sollte den gleichen Fehler nicht begehen. SPOX: Wie ist es wiederum mit dem Verhältnis zwischen der Turkish Airlines Euroleague und der NBA bestellt, seit deren neuer Commissioner Adam Silver in Amt ist? Bertomeu: Viel hat sich nicht verändert, Adam war etliche Jahre David Sterns rechte Hand und wir kennen uns sehr gut. Ich glaube, dass beide Ligen sogar enger zusammenrücken. Adam war schon früher interessiert daran, bestehende Kooperationen zu stärken und es gibt deutliche Indizien dafür, dass Adam dem Basketball als Ganzes weltweit helfen möchte. Das wäre ein signifikanter Wechsel der Policy. nisatorischen Hindernisse sollten nicht unterschätzt werden. Wenn wir wirklich ein Spiel wollen, das sportlich etwas bedeutet, darf es nicht Anfang Oktober stattfinden, wenn das europäische Team erst in die Saison gestartet und das NBA-Team mitten in der Vorbereitung ist. SPOX: Eine weitere Idee, obwohl da die Verbandsund Klubebenen kooperieren müssten: Im Sommer könnte man einen Ryder Cup einführen, bei dem wie im Golf die besten europäischen Spieler gegen die besten amerikanischen Spieler antreten. Bertomeu: Diese Idee haben wir seit vielen Jahren im Hinterkopf, jedoch ist es schwer umzusetzen. Wir sehen, was die Zeit bringt. SPOX: Was ist mit den Überlegungen, eine Art Supercup zwischen dem amtierenden NBA- und Euroleague-Champion zu institutionalisieren? Bertomeu: Wir sind immer gesprächsbereit, das Interesse der NBA ist hingegen überschaubar. SPOX: Weil die NBA aus Image-Gründen keine Niederlage riskieren möchte? Bertomeu: Das kann ein Grund sein. Und die orga04-2015 I 28 Impressum Perform Media Deutschland GmbH ADRESSE: AUTOREN: Perform Media Deutschland GmbH Beta-Straße 9a 85774 Unterföhring Deutschland Haruka Gruber, David Digili, Alexander Maack, Jochen Tittmar, Andreas Inama GRAFIK: Helena Leitner Telefon: +49 (89) 200014 - 3290 allgemeine eMail-Adresse: [email protected] Registergericht: Amtsgericht München Handelsregisternummer: München HRB 167683 Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE254496447 Steuer-Nr: 143/170/10800 Vertretungsberechtigte Geschäftsführer: Dirk Ifsen (Verantwortlich i.S.d. § 5 TMG) REDAKTION: Haruka Gruber (Content Director, verantwortlich für den Inhalt i.S.d. § 55 II RStV) Oliver Wittenburg (Mitglied der Chefredaktion) Benjamin Wahlen Alexander Maack QUELLENHINWEIS: Die Perform Media Deutschland GmbH verwendet Bild und Textmaterial der Agenturen, Nachrichtendienste & Fotoagenturen: SID Sport-Informations-Dienst GmbH & Co. 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