Eine unglaubliche Reise

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Eine unglaubliche Reise
17-2015 I www.spox.com
Die Warriors sind NBA-Champion
Eine unglaubliche Reise
LEBRON
RIBERY
STANISLAWSKI
Wo ist der Makel?
Titel futsch! James
ist trotzdem groß.
Erbe gesucht
Acht Kandidaten
für den FC Bayern
Neulich bei REWE
Kommt er zurück?
Stani im Interview
SPOX eMAG
Die Warriors
Opferbereitschaft
und Demut: Zum
ersten Titel Golden States seit
40 Jahren haben
alle ihren Beitrag
geleistet. Was
man vom neuen
Champion lernen
kann...
01
LeBron James
Er hat sein sechstes NBAFinale gespielt und zum
vierten Mal verloren. Doch
Häme ist nicht angebracht,
genauso wenig wie JordanVergleiche. LeBron James
ist ein Ausnahmeathlet.
Das muss man einfach mal
anerkennen.
02
Best of NBA-Playoffs
03
Okay, es gab ein paar Serien, denen
komplett die Spannung abging. Okay,
es war echt bitter, dass sich so viele
tolle Spieler verletzt hatten und zum
Zuschauen verdammt waren. Okay,
Hack-a-DeAndre-Jordan-oder-DwightHoward nervt. Aber: Die Postseason
2015 war dennoch legendär. Fragen
Sie doch nur mal „The Truth“.
04
Stanislawski
Supermarkt statt Buli wie geht es Stani?
Und: Kommt er zurück?
05
Riberys Nachfolge
Der Superstar ist verletzt - und
der FC Bayern sucht Ersatz.
Hier sind acht Kandidaten.
17-2015 I 02
SPOX eMAG
Golden State gewinnt die NBA-Finals
„Als würde sich der
Kreis schließen“
von Stefan Petri
Mut, Demut, Opferbereitschaft. Zum ersten NBA-Titel der Golden State
Warriors seit 40 Jahren haben alle ihren Beitrag geleistet - vom Front
Office über Coach Steve Kerr bis hin zum Überraschungs-MVP Andre
Iguodala. Was kann die Konkurrrenz vom neuen Titelträger lernen und warum ist Mike D‘Antonis Ehre wiederhergestellt?
„Ich habe diese Trophäe schon so oft im Fernsehen gesehen. Man stellt
sich vor, wie es wohl sein würde, sich selbst mit Champagner zu überschütten. Und jetzt wo dieser Moment da ist, ich die Trophäe halte
und den Champagner im Gesicht spüre, da wird mir alles erst so richtig
klar.“ „Das hier ist Wirklichkeit. Und der beste Champagner, den ich in
meinem ganzen Leben je probiert habe.“
Siebeneinhalb Monate. 103 Spiele. 83 Siege. Vier Playoff-Serien. LeBron. Am Ende einer unglaublichen Reise blieb bei Stephen Curry, seinen Teamkollegen, bei der gesamten Franchise und den Fans nur noch
die pure Freude - ja, Glückseligkeit. Nach 40 Jahren hatten die Dubs
endlich wieder den NBA-Gipfel erklommen und ihre Flagge für die
ganze Welt sichtbar auf das Gipfelkreuz gepflanzt. Ein Start-Ziel-Sieg
für den Favoriten, gleichzeitig jedoch eine unerbittliche Reise, die
nur eines von 30 Teams übersteht. Dieses Team waren in der Saison
2014/2015 die Golden State Warriors. Angeführt von einem RookieCoach in Steve Kerr, von einem Spieler Stephen Curry, den die Liga so
noch nicht gesehen hat. Von einem Kader, der mit der besten Offense
einfach Spaß machte, dabei aber auch die Drecksarbeit nicht vernachlässigte (beste Defense). Style over Substance? Warum nicht beides!
Und so wurden die Schweißtropfen am späten Dienstagabend abgelöst von Schampus auf der Haut, der Dampf der Eisbäder verdrängt
durch Zigarrenrauch.
„Champions!“, brüllte Klay Thompson auf dem Weg in die Kabine.
Während dieser Champion noch feiert, wird anderorts bereits mit
Hochdruck daran gearbeitet, ihn zu entthronen. Und gleichzeitig in
Bars wie Büros darüber diskutiert, wie dieser Champion historisch einzuordnen ist - und was man von ihm lernen kann. Sind die Warriors
der Höhepunkt der Entwicklungen der letzten Jahre? Der erste Schritt
in eine neue Ära? Oder eine Ausnahme? Schließlich stehen die Räder
der NBA niemals still. Offenses verändern sich, Defenses ziehen nach,
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manchmal auch in umgedrehter Reihenfolge. Lineups werden neu aufgestellt, Strategien verändert, Kader durchgewürfelt. Immer auf der Suche
nach dem nächsten Erfolgsrezept. Und natürlich
wird auch kopiert, was das Zeug hält. Bloß nicht
draußen stehen, während der Zug ohne mich abfährt. Was kann man also aus dem Titelgewinn
der Warriors lernen? Natürlich, bewerten ohne
überzubewerten ist zu diesem frühen Zeitpunkt
kaum möglich. Jede Konstellation ist einzigartig
und deshalb nicht ohne weiteres reproduzierbar. Jetzt ist „alles Gold, was glänzt“ - aber treffen LeBron und Co. mehr Würfe, dann war alles
Quatsch?
Wer aber diese Saison des Teams aus der Bay Area
als Ganzes nimmt - und zwar unabhängig vom
Ausgang der letzten zwei Finals-Partien - der
stellt fest, dass in der Franchise eine ganze Menge
richtig gemacht wurde. Vielleicht so viel, dass der
Titel gar als eine logische Schlussfolgerung der
getanen Arbeit angesehen werden kann. Front
Office, Coaches, Spieler - sie alle hatten ihren
Anteil. Es hätte nicht soweit kommen müssen. In
vielen anderen Teams wäre es wohl auch nicht so
weit gekommen. Denn wenn man sich die Situation der Dubs vor einem Jahr anschaut, stellt man
fest: War doch gar nicht übel! Mit Mark Jackson
als Coach hatte man 51 Siege eingefahren und in
den Playoffs in der ersten Runde nur hauchdünn
in Spiel 7 gegen die Clippers den Kürzeren gezogen - also den Spurs 2015 nicht unähnlich. Ein
junger, talentierter Kader noch dazu, da hätten
viele GMs ihren Kurs beibehalten. Deshalb ist es
Warriors-GM Bob Myers hoch anzurechnen, das
ruhige Fahrwasser nicht einfach nur genossen zu
haben. Sich vom bei den Spielern durchaus beliebten Jackson zu trennen, war riskant, auch für
ihn selbst. Aber eben auch der richtige Schritt,
denn Jackson hatte gerade offensiv nicht das
Maximum aus dem Kader herausgeholt.
Diesen dann mit Steve Kerr durch einen RookieCoach zu ersetzen, war ebenfalls ein ungewöhnlicher Schachzug, schlägt das Pendel in solchen
Situationen doch meist in die Gegenrichtung
aus: Für den ebenfalls nicht mit viel CoachingErfahrung gesegneten Jackson hätte ja auch
ein „Mann der alten Schule“ kommen können.
Doch Myers hatte einen Plan. Kerr hatte zwar
noch nie Plays in einem Timeout aufgezeichnet,
brachte aber fünf Meisterschaften als Spieler mit
und hatte mit den „Seven Seconds or less“-Suns
den natürlichen Vorläufer dieses Warrior-Teams
als GM betreut. Würde er das Team auf ein neues Level bringen können? Das war nicht gewiss,
aber er brachte alle Voraussetzungen mit. Der
49-jährige Rookie-Coach machte dann seinerseits
das Beste aus diesen Voraussetzungen - er ruhte
sich nicht auf ihnen aus. Stattdessen sammelte er
ein hochkarätiges Team um sich herum, etablierte eine offene Diskussionskultur und war nicht
zu stolz dafür, Ratschläge anzunehmen. Gleichzeitig sparte er nicht mit Lob - wie sonst hätte
der Name Nick U‘Ren plötzlich seinen Weg in
die Schlagzeilen finden sollen? Kerr traf bei den
Warriors ein bestelltes Feld an - und versäumte
es nicht, sich bei seinem Vorgänger Jackson immer wieder öffentlich zu bedanken. Aber gleichzeitig beschleunigte er die Entwicklung des
Kaders, fand das perfekte Zusammenspiel aus
Suns-Offense und Warriors-Defense. „Sagt Mike
D‘Antoni, dass seine Ehre wieder hergestellt ist!
Wir haben alle in den Hintern getreten, und zwar
mit dem Stil, über den bei ihm immer gemeckert
worden war“, jubelte Assistant Coach Alvin Gentry, der selbst mit D‘Antoni gecoacht hatte und
in der neuen Saison die New Orleans Pelicans betreuen wird.
Dabei blieb das Team jedoch flexibel - und Kerr
bewies den Mut, seine Taktik selbst in Extremsituationen anzupassen, was er gegen die Grizzlies und Cavs dann auch bewies. Zu oft behalten
Coaches stur ihre Strategie bei, nach dem Motto:
„Wir spielen das, was uns hierhergebracht hat,
basta!“ Kerrs Maxime dagegen lautet: „Wir spielen das, was uns weiterbringt.“ Die große Kunst
dabei war es, den Spielern diese Opferbereitschaft, ungewohnte Rollen anzunehmen, auch
zu vermitteln. Mit einer Prise Humor und Selbstironie, aber auch dem nötigen Fachwissen ausgestattet, gewann er den Locker Room. Wer könnte
das Spiel von Curry perfektionieren, wenn nicht
einer der besten Distanzschützen der 90er Jahre?
Und wer könnte den Spielern besser die „Deine
Zeit wird kommen“-Mentalität vermitteln als der
Mann, der den wichtigen Wurf erst dann nehmen konnte, wenn der Ball von Michael Jordan
zu ihm kam? Trotz der guten Arbeit des Front
Office, das Kerr einen hochtalentierten und variablen Kader zusammengestellt hatte, und der
geschickten Arbeit des Coaches, gilt aber auch im
Basketball: Wichtig is aufm Platz. Deshalb weiß
auch Kerr, bei wem er sich bedanken muss. Von
MVP Stephen Curry („Es geht nur um den Sieg.
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Statistiken sind egal.“) über Draymond Green
(„Alle haben Opfer gebracht, das ganze Jahr
über. Wir haben füreinander Opfer gebracht.“)
bis hin zu Bankspieler David Lee oder Center Andrew Bogut, der in den Finals seinen Startplatz
räumen musste: Das ganze Team nahm die zugewiesenen Rollen ohne zu murren an - eine
größere Signalwirkung für konkurrierende Franchises, aber auch für Nachwuchsspieler, kann es
eigentlich nicht geben. Da passt es perfekt, dass
mit Andre Iguodala der Spieler, der das vielleicht
größte Opfer gebracht hatte, letzten Endes auch
mit einer ganz besonderen Ehrung bedacht wurde. 758 Spiele hatte er in seiner Karriere bestritten, bevor er zu den Warriors kam, alle als Starter.
Doch dann saß er über die kompletten 82 Spiele
beim Tip-Off nur auf der Bank. „Der Finals-MVP
hätte an Steph gehen können, oder auch an LeBron“, sagte Kerr nach Spiel 6 auf der Pressekonferenz. „Andre kam in seiner Karriere noch nie
von der Bank, aber er hat seine Rolle geopfert
um Harrison [Barnes] besser zu machen, um unsere Bank besser zu machen. Dass Andre diesen
Award bekommt - es fühlt sich an, als würde sich
ein Kreis schließen.“ „Man will sich und anderen etwas beweisen, deshalb spielt man für sich
selbst. Das liegt in der menschlichen Natur“, so
Iggy selbst. „Aber wenn sich alle zusammentun
und sagen: ‚Wir schaffen das als Team‘, dann ist
das eine unglaubliche Formel für unseren Erfolg
heute. Für die Championship.“ Diese Championship will in der nächsten Saison dann verteidigt
werden. Ist der Erfolg vorprogrammiert, wo man
doch die richtigen Formeln gefunden hat? Nein,
die Konkurrenz wird ein gewichtiges Wörtchen
mitreden, und wie schon in dieser Saison werden auch Glück und Gesundheit eine große Rolle
spielen. Und schon vor Beginn der Playoffs wusste Draymond Green: „Dieses Team wird in dieser
Form wohl nie mehr zusammenspielen. So läuft
das Geschäft nunmal.“
Aber der Boden für weiteren Erfolg ist bereitet.
Durch Mut, Entschlossenheit, Demut, Kreativität, und Opferbereitschaft. Welcher Teameigner, welcher GM, welcher Trainer auch immer da
draußen auf der Suche nach dem richtigen Rezept für seine Franchise ist - mit diesen Qualitäten des NBA-Champions 2014/2015 macht man
ganz sicher nichts falsch.
17-2015 I 06
LeBron James und die NBA-Finals
Bis zum Äußersten
von Max Marbeiter
Die Finals 2015 sind Geschichte, die Golden State Warriors erstmals seit 40 Jahren wieder Champion. LeBron James steht dagegen
erneut ohne Titel da - trotz herausragender Zahlen. Historisches
Denunzieren ist dennoch nicht angebracht.
LeBron James hat es also erneut nicht geschafft. Zum sechsten Mal
hat er versucht, ein NBA-Finale für sich zu entscheiden, zum vierten Mal ist er gescheitert. Michael Jordan wäre das nie passiert,
sagen nun einige. Gut, MJ ist es tatsächlich nie passiert. Er gewann
seine sechs Finals-Auftritte allesamt. Nur hatte Jordan eben auch
stets ein herausragendes Team um sicher herum, entgegnen andere. Vor Scottie Pippen, Horace Grant oder Toni Kukoc habe er
es schließlich nicht einmal bis in die Finals geschafft. Eine Diskussion über LeBrons Leistungen ohne den Blick hinüber zu Jordan
ist mittlerweile unmöglich. Ständig wird abgewogen, verglichen,
teils gestritten - und meist schlechtgeredet. Irgendwie muss die
Leistungen des einen schließlich über die des anderen gestellt
werden. Und das funktioniert nun mal am besten, indem ganz
deutlich herausgestellt wird, weshalb die einen Errungenschaften
wesentlich weniger wert sind als die anderen, weshalb der eine im
Endeffekt einfach nicht an den anderen heranreicht.
Das Problem: Wir tendieren dazu, unserer Bewunderung durch
Abwertung Ausdruck zu verleihen. Natürlich mag das zum allgemeinen emotionalen Sportdiskurs einfach dazugehören, natürlich spielen Sympathien und Antipathien eine Rolle. Dennoch ist
es schade, wenn krampfhaft versucht wird, Leistungen der absolut Besten schlechtzureden, nur um den eigenen Liebling heller
erstrahlen zu lassen. Jordan selbst sagte in einem Interview mit
L‘Equipe kürzlich, dass es schlicht keinen Sinn ergebe „unterschiedliche Ären zu vergleiche“. Und er hat absolut Recht. Denn so sehr
sie auch als Fakt dargestellt sein mögen: Annahmen, MJ hätte bei
heutiger Regelauslegung noch weniger Probleme zu scoren, sind
schließlich ebenso reine Mutmaßung wie solche, LeBron hätte gegen all die hart verteidigenden Big Men der 90er deutlich mehr
Schwierigkeiten gehabt. Fakt ist lediglich, dass James in diesen Fi-
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nals für satte 38,3 Prozent aller Punkte seiner
Cavaliers direkt verantwortlich war, was wiederum tatsächlich einen Vergleich mit Michael
Jordan zulässt. Der erzielte während der 93er
Finals nämlich 38,4 Prozent der Punkte der
Bulls und hält damit den Rekord. Doch was
sagt uns das? Einer mag nun den Egozocker
herauslesen, ein anderer auf heroische Leistungen gestoßen sein. In einem Punkt dürfte
jedoch Einigkeit bestehen: Sowohl LeBron als
auch Jordan besitzen, beziehungsweise besaßen die Fähigkeit, ihre Teams zu führen, sie zu
tragen. Wenn nötig auch bis zum Äußersten.
Das Ultimative, der Titel, war James diesmal
zwar nicht vergönnt. Weniger beeindruckend
sind seine Leistungen deshalb allerdings nicht.
Am Ende waren sie sogar so beeindruckend,
dass eine Finals-Niederlage James erstmals seit
langem Anerkennung statt Häme einbringt.
Anerkennung für 35,8 Punkte im Schnitt, für
13,3 Rebounds und 8,8 Assists. Für den Fakt,
dass er als erster Spieler überhaupt beide
Teams einer Finalpaarung in allen drei großen Kategorien anführte. Kaum einer nimmt
LeBron übel, dass er sich nach Spiel 5 durch-
aus selbstbewusst als besten Spieler der Welt
bezeichnet. Derzeit fehlen schlicht die Gegenargumente. James trug ein Team aus Rollenspielern soweit, dass sich die Cavs tatsächlich
Hoffnungen auf den ersten Titel ihrer Franchise-Geschichte machen durften. Und das
gegen eines der statistisch besten Teams der
Geschichte.
James selbst sprach davon, dass mit Kevin
Love, Kyrie Irving und Anderson Varejao am
Ende einfach „zu viel Talent im Anzug auf der
Bank gesessen“ habe. Entsprechend unterlegen waren die Cavs den Warriors, wenngleich
der Supporting Cast gerade defensiv sicherlich
nicht ganz so schlecht war, wie er häufig dargestellt wurde. Offensiv mangelte es James
meist jedoch an Unterstützung. Vielleicht
wäre eine weniger auf LeBron fokussierte Offense am Ende dennoch effektiver gewesen.
Vielleicht hätte LBJ so bessere Quoten aufgelegt als die überschaubaren 39,8 Prozent aus
dem Feld und 31 Prozent von jenseits der Dreierlinie. Vielleicht hätte James in sechs Spielen
nicht satte 118 Würfe vergeben. Schlussendlich sind derlei Zahlen Ventil für all jene, die
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James‘ Leistungen im Gesamtkontext relativiert sehen wollen, die den Makel suchen.
Einen Makel, den eigentlich nicht einmal der
verpasste Titel zu verursachen vermag. Wieso also danach suchen? Die Cavs und LeBron
haben gegen ein besseres Team verloren. Das
war, ist und wird nie eine Schande sein. Zumal LeBron immerhin vier Stimmen als Finals
MVP erhielt. Viele wollten sehen, wie er die
Bill Russell Trophy überreicht bekommt. James
war der beste Spieler der Finals, also verdient
er auch den Award, heißt es häufig. Diesmal
trafen die Relativierungsversuche Andre Iguodala. Iggy sei bei weitem nicht so gut gewesen
und habe die Serie auf der Bank begonnen.
Und dafür Finals-MVP?
Dabei dürfte LeBron selbst - ganz abgesehen
davon, dass die Auszeichnung für Iguodala
absolut in Ordnung geht - am wenigsten trauern, dass er direkt nach der Niederlage nicht
noch einmal aufs Podium musste. Nicht nur,
weil er sich inmitten feiernder Warriors befunden hätte, in der Niederlage vor einem Millionenpublikum die Fassung hätte bewahren
müssen. Wohl auch, weil er am Ende einer von
zwei Spielern der Geschichte gewesen wäre,
die trotz Finalspleite zum MVP ernannt wurden. Historisch gesehen wäre die Niederlage
wesentlich gewichtiger gewesen - und hätte
diverse Möglichkeiten präsentiert, die Leistung des LeBron James in ein schlechtes Licht
zu rücken. Einer von zwei Verlierern, hätte es
womöglich geheißen. Am Ende gibt es jedoch
nur wenige Ausnahmebasketballer wie einst
Russell, Wilt Chamberlain, Magic Johnson,
Larry Bird, Michael Jordan oder heute LeBron
James.
Lasst uns doch einfach genießen, diesen Ausnahmeathleten bei der Arbeit zuzusehen. Wer
am Ende vielleicht das kleine bisschen besser
war, wer der beste aller Zeiten, der G.O.A.T.,
ist, ist eigentlich vollkommen egal.
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SPOX eMAG
Best of NBA-Playoffs
Buzzer! Brett! Drin!
von Max Marbeiter
Die einen fanden sie einen Tick zu langweilig, die anderen nervten die
vielen Verletzten, die nächsten das Gehacke gegen Howard oder Jordan. Dass die NBA-Playoffs aber jede Menge Stoff für Legenden boten,
sollte auch klar sein. Hier ist das Beste der Postseason.
Clippers gegen Spurs
Drei Mal 4:0. Zwei Mal 4:1. Zwei Mal 4:2. Dazu diverse 3:0-Führungen.
Die erste Runde lieferte in etwa so viel Spannung wie ein Freiwurfduell Steph Curry gegen DeAndre Jordan. Glücklicherweise gab es jedoch diese eine Serie, die beinahe die Ehre einer gesamten PlayoffRunde wiederherzustellen vermochte. Gut, Clippers gegen Spurs passt
tendentiell eher in die Conference Finals als in Runde eins, aber die
Regeln wollten es nun mal so. Den Teams war es ohnehin egal. Sie
spielten einfach, als wären die Playoffs bereits weit fortgeschritten, als
ginge es demnächst tatsächlich um den Titel. Sieben Spiele lang lieferten sowohl Clippers als auch Spurs Basketball vom Allerfeinsten. Beide
Teams steckten Verletzungsprobleme von Schlüsselspielern weg. Beide
Teams steckten Rückschläge innerhalb der Serie weg. So spekulierten
nicht wenige nach Spiel eins, dass die Luft beim damals noch amtierenden Champion aus San Antonio raus sei. Die Clippers hatten schließlich
mehr als deutlich gewonnen. Also stieg Tim Duncan kurzerhand in die
Zauberkugel, kam 15 Jahre verjüngt wieder raus und klaute mit seinen Spurs dank eines 28-11-Double-Doubles den Heimvorteil. Als San
Antonio die Clippers in Spiel 3 dann auch noch mit mächtig Anlauf aus
dem AT&T Center schoss (100:73), wirkte es, als hätte der Champ die
Serie endgültig gedreht. Die Spurs auf dem Weg in Runde zwei?
Weit gefehlt! L.A. schlug umgehend zurück, die Serie war wieder offen. Es konnte nur eine Form der Entscheidung geben: Spiel 7! Der
ultimative Weg der Entscheidungsfindung. Alles oder nichts. Win or
go home. Nach Hause wollte jedoch niemand. Und so erhielt diese epische Erstrundenserie, die dank ihres Mix aus sensationellem Basketball
und unglaublicher Dramatik als eine der besten in die Geschichte der
Playoffs eingehen wird, das verdiente, das einzig mögliche Ende. Mit
noch 8 Sekunden zu spielen hatte Duncan von der Linie soeben ausgeglichen, als Chris Paul rechts an der Birne den Ball bekam. Nun hatte
sich CP3 bereits früh im Spiel am Oberschenkel verletzt, war im Grunde
nur noch auf einem Bein unterwegs, dennoch setzte er gegen Danny
Green zum Drive an. Als dann auch noch Duncan zu Hilfe eilte, hatte
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Paul endgültig zwei der fähigsten Spurs-Verteidiger an den Hacken. Egal. CP ließ den Floater los.
Drin! Entscheidung! Was für eine Serie!
Anthony Davis
Die gesamte Association war gespannt. Wartet
in Runde eins etwa ein Vorgeschmack? Bekommen die Warriors etwa eine erste Kostprobe von
der grenzenlosen Dominanz, die der Liga in den
kommenden Jahren drohen könnte? Oder einfacher: Wie würde sich Anthony Davis in seinen
ersten Playoffs anstellen? Um es kurz zu machen,
AD stellte sich hervorragend an. Nach einigen
Startschwierigkeiten in Spiel eins fand Davis sein
Spiel und dominierte die Zone nahezu nach Belieben.
Egal, wer da kam, ob nun Andrew Bogut, Festus Ezeli oder Draymond Green - AD schüttelte
sie einfach ab. Am Ende der Serie hatte er im
Schnitt überragende 31.5 Punkte sowie 11 Rebounds und 3 Blocks aufgelegt. Sein Player Efficiency Rating (28,54) war das beste der gesamten
Association. Ja, auch besser als jenes des LeBron
James (25,54). Der kollektiven Basketballkunst
der Warriors waren die Pelicans am Ende zwar
hoffnungslos unterlegen, allein Anthony Davis
sorgte jedoch dafür, dass Golden State im einen
oder anderen Spiel doch etwas mehr investieren
musste als vielleicht erwartet worden war. Die
Liga darf sich warm anziehen.
Der Wille der Rockets
Die Houston Rockets sind ein sonderbares Team.
Nach und nach verletzten sich Schlüsselspieler
(Terrence Jones, Donatas Motiejunas, Patrick
Beverley) oder Stars (Dwight Howard), und dennoch steuerte der zweifache Champ unbeirrt
Richtung Rang zwei der Western Conference.
Vor den Spurs. Vor den Clippers. Vor Memphis.
Wirklich ernst nahm Houston dennoch niemand.
In Runde eins wurden die Mavs zwar relativ souverän nach Hause geschickt, Dallas plagten am
Ende aber einfach zu viele Sorgen, als dass das
4:1 als klarer Ausdruck Rockets‘scher Stärke verstanden worden wäre.
Also ging Houston als Außenseiter ins Zweitrundenduell gegen die Clippers. Klare Sache? Klare
Sache! Zumal L.A. nach vier Spielen 3:1 vorne
lag. Die Serie war durch, daran bestand eigentlich überhaupt kein Zweifel. Schließlich hat auch
noch niemand Greg Ostertag bei intensiven Vor-
bereitungen auf den Slam-Dunk Contest beobachtet. Gewisse Dinge passieren einfach nicht.
Tun sie doch. Denn die Rockets interessierte
herzlich wenig, dass man bei 1:3 eigentlich kaum
mehr Chancen auf die nächste Runde hat. Speziell wenn man zwar auf 2:3 verkürzt, auswärts
vor dem Schlussviertel aber mit 13 Punkten zurückliegt. Houston war‘s einfach egal. Sie gewannen den letzten Abschnitt von Spiel 6 in L.A. mit
40:15 und holten sich schlussendlich auch Spiel 7.
Ein spezielles Team, diese Rockets.
Die Buzzerbeater
Viele Serien verliefen ein wenig zu deutlich. Wer
nach Spannung suchte, wurde bei einzelnen
Spielen aber definitiv fündig. Auf die Spitze trieben es die Bulls und Cavs. Am Freitag erhielt Derrick Rose Sekunden vor dem Ende den Ball. Ein
erfolgreicher Wurf brächte den Sieg, klatscht der
Ball nur auf den Ring, ginge es immerhin noch
in die Verlängerung. Doch Rose hatte nur wenig
Lust auf Überstunden. Über Tristan Thompson
hinweg wurde er den Dreier los. Buzzer! Brett!
Drin! Das United Center explodierte - und war
kaum zwei Tage später auch schon wieder so still,
dass man Karl Malone beim Freiwurf vor sich hin
murmeln hätte hören können. Wieder deutete
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einiges auf Verlängerung hin. Wieder war noch
Zeit für einen letzten Wurf. Wieder war er drin.
Diesmal hatte jedoch LeBron James über Jimmy
Butler getroffen und damit den Anfang vom
Playoff-Ende der Bulls eingeleitet. Man musste
allerdings nicht zwingend einen Platz im United
Center eingenommen haben, um bis zur Schlusssirene über den möglichen Ausgang des Spiels im
Unklaren gelassen zu werden. So trafen sich die
Wizards und Hawks Sekunden vor dem Ende bei
101 Punkten. Und in solchen Fällen zählt nun mal
nur die Wahrheit und nichts als die Wahrheit.
Paul Pierce bekommt also den Ball, wird seinen
Wurf trotz engster Verteidigung der Hawks los
und trifft. Die Wizards gewinnen und Pierce legt
los...
Paul Pierce
„Ich sauge all das immer noch auf. So viele Erfahrungen dieser Art werde ich ja nicht mehr
machen“, sagte Paul Pierce nach seinem Buzzerbeater gegen die Hawks. Und tatsächlich.
Der ehemalige Celtic genoss die Playoffs 2015 in
vollsten Zügen. Da war die Erstrundenserie gegen Toronto, vor der er sich erst einmal den Groll
ganz Kanadas auf sich zog, indem er den Raptors
absprach, das „gewisse Etwas“ zu besitzen. „The
Truth“ beließ es jedoch nicht bei verbalen Provokationen, er machte auf dem Court weiter. Spiel
eins sicherten sich die Wizards vor allem dank
der hervorragenden Vorstellung des Paul Pierce.
Der Ton für eine überraschend einseitige Erstrundenserie war gesetzt. Wirklich aufgedreht hat
Pierce allerdings erst in Runde zwei. Dort traf er
nicht nur besagten Buzzerbeater, verbal setzte
„The Truth“ noch einen drauf. Ob er vor seinem
Wurf, der nur über das Brett seinen Weg durch
die Reuse gefunden hatte, „Bank“ angesagt
habe, wollte ESPN-Reporter Chris Broussard nach
der Partie wissen. „I called game“, antwortete
Pierce mit der trockenen Selbstverständlichkeit
eines Veteranen.
Und Pierce war noch nicht fertig. Als Dennis
Schröder den Buzzerbeater auf der Pressekonferenz als „Glückswurf“ bezeichnete, konfrontierte ihn der Finals-MVP von 2008 mit seiner Version
der Wahrheit. „Wahrscheinlich sagt er das, weil
er noch etwas jung ist“, sagte Pierce. „Er hat das
während der vergangenen 17 Jahre eben noch
nicht live mitbekommen“. Wahrscheinlich habe
es Schröder bei 2k versucht, aber nicht geschafft.
Pierce mag zwar nicht mehr der Jüngste sein, in
entscheidenden Situation macht ihm aber immer
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SPOX eMAG
noch niemand etwas vor - ob spielerisch oder verbal.
Überraschend geglänzt
Sie gehören zu den Playoffs wie einst der Shimmy
Shake zu Mark Jackson: Die, mit denen eigentlich
niemand rechnet, die plötzlich aber eine ganz
zentrale Rolle einnehmen. Der vielleicht prominenteste machte LeBron James‘ Leben während
der Finals so schwer, wie es gegen einen vierfachen MVP im Alles-oder-Nichts-Modus eben geht
und stand am Ende im Zentrum des Titels der
Warriors. Gerechnet hatte damit selbstverständlich niemand. Immerhin war Andre Iguodala bis
zu Spiel vier der Finals während der gesamten
Saison nicht einmal gestartet. Drei Spiele und einige herausragenden Leistungen später war er
nicht nur Champion sondern wurde auch noch
zum Finals-MVP ernannt.
Ganz so weit brachten es Corey Brewer und Josh
Smith zwar nicht. Dafür sorgten die beiden dafür, dass die Rockets überhaupt noch Chancen
auf die Conference Finals hatten. In Spiel 6 gegen
die Clippers lag Houston deutlich zurück, James
Harden und Dwight Howard saßen auf der Bank.
Also legte Brewer im letzten Viertel eben 15
Punkte auf und J-Smoove traf unfassbare 4 seiner 7 Dreier. Der Rest ist bekannt. Der Ausgang
der Finals ebenfalls. Dass auf der größten Bühne
ein kleiner Australier einen für die Cavs derart
positiven Einfluss nehmen könnte, damit konnte
allerdings keiner rechnen. Matthew Dellavedova
durfte nach Kyrie Irvings Verletzung starten und
bereitete Steph Curry kurzzeitig nicht zu erwartenden Probleme. Damit setzte Delly seinen in
den Playoffs zuvor bereits guten Leistungen die
Krone auf. Am Ende ging allerdings ein wenig
die Luft aus.
Derrick Rose
Wer hätte das gedacht? Im Februar wurde bei
Derrick Rose die dritte schwere Knieverletzung
binnen drei Jahren diagnostiziert. Meniskusriss.
6 Wochen Pause. Zu den Playoffs würde D-Rose
also zurück sein - aber wie würde er spielen?
Mitunter richtig gut.
Er attackierte, schloss akrobatisch ab, war kaum
zu verteidigen - zeitweise jedenfalls. Rose hat es
noch in sich. Bleibt zu hoffen, dass er nun endlich
gesund bleibt.
LeBron James
Beinahe hätte es LeBron James geschafft. Am Ende
fehlten zwei Siege und LBJ hätte ein unglaublich
dezimiertes Cavs-Team zum Titel geführt. Dabei
hatte LeBron während der ersten beiden Runden
noch sehr wacklig performt, dominanten Vorstellungen gern auch mal etwas schwächere folgen
lassen. In den Finals drehte James dann aber auf,
führte beide Teams bei Punkten, Rebounds und
Assists an. Als erster Spieler der Geschichte. LeBron machte sicher nicht alles richtig, wie er sich
gegen die Warriors stemmte, war jedoch beeindruckend.
Golden State Warriors
Es ist eigentlich unglaublich. Da holt eine Franchise ihren ersten Titel seit 40 Jahren, mit einem
Team, das mitunter historisch gut spielt und einige haben nichts besseres zu tun, als die Meisterschaft schlecht zu reden. Gegner der Warriors
hätten immer mit Verletzungen zu kämpfen gehabt, mit Kevin Love und Kyrie Irving wäre die
Meisterschaft nach Cleveland - und überhaupt
hätten die Dubs nur Glück gehabt, dass sie gesund blieben und die Gegner eben nicht. Ein
Großteil solcher Argumente beruht auf Fakten.
Nur sollten diese Fakten nicht schon wieder verwendet werden, um den Erfolg der Warriors mies
zu machen. Immerhin haben sie es geschafft,
Antworten zu finden, wenn das Momentum
nach Mike Conleys Rückkehr in Richtung Memphis auszuschlagen schien, wenn LeBron und die
Cavs ihnen größere Probleme bereiteten als erwartet und mit 2:1 in Führung gingen. Golden
State ging mit allem um, passte sich an, spielte im
Kern aber immer sein Spiel. Und so ist am Ende
der Saison das beste Team auch Champion. Völlig
verdient.TextText
Natürlich mangelte es an Konstanz, natürlich
hatte auch Rose seinen Anteil am enttäuschenden Aus der Bulls, zeitweise erinnerte der Playmaker jedoch wieder an jenen Derrick Rose, der
der Association einst den Atem geraubt hatte.
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Holger Stanislawski im Interview
„Ich kann vom
Supermarkt lernen“
Holger Stanislawski leitet seit mehr als einem halben Jahr einen
Supermarkt, Trainerangebote bekommt er aber noch immer regelmäßig. Mit Jochen Tittmar spricht die St. Pauli-Legende über die
mögliche Rückkehr in den Fußball, tägliche Herausforderungen im
Büro und neue Perspektiven aufs Profigeschäft.
SPOX: Herr Stanislawski, Sie leiten seit über einem halben Jahr
zusammen mit Ex-HSV-Profi Alexander Laas einen Supermarkt
in Hamburg. Dort sind Sie Herr über eine Gesamtfläche von fast
8000 Quadratmetern, 130 Angestellten und erwirtschaften einen
Jahresumsatz von 30 Millionen Euro. Wenn Ihnen dies jemand vor
drei Jahren prognostiziert hätte, was hätten Sie entgegnet?
Holger Stanislawski: Dass das nicht unbedingt in meinen Planungen auftaucht (lacht). Als wir uns letztlich dafür entschieden haben, wussten wir aber, welche Herausforderung wir annehmen
- Management auf hohem Niveau. Wir haben ja keinen kleinen
Krämerladen, sondern ein Sortiment von rund 50.000 Artikeln.
Mit zwei Stunden vor Ort sein und dann wieder nach Hause gehen
ist es nicht getan.
SPOX: Sondern?
Stanislawski: Ich bin durchschnittlich sechs Tage die Woche zwischen zehn und zwölf Stunden im Laden. Dieses Geschäft ist sehr
zeitintensiv. Ich bin ja nicht nur im Markt zugegen, sondern auch
vor Ort bei Lieferanten und Höfen, die uns beispielsweise mit
Fleisch oder Eiern beliefern. Da ist immer etwas zu tun, so dass
meine Bürozeiten häufig recht unterschiedlich sind.
SPOX: Wie fielen denn anfangs die Reaktionen aus der Fußballbranche aus?
Stanislawski: Der Wechsel vom Fußballtrainer zum Unternehmer
hat den einen oder anderen sicherlich erstaunt. Die Rückmeldung
war dennoch zumeist positiv. Diejenigen, die mich gut kennen,
wussten sowieso, dass mir eine solch in Anführungszeichen schräge Sache zuzutrauen ist. Ich hatte zwar auch genügend Anfragen
aus dem Fußball, aber ich fand es sehr reizvoll, mir in meiner Heimatstadt ein solches Standbein aufzubauen.
SPOX: Ist der Laden nicht voll von St. Pauli-Fans, die Sie gerne
einmal treffen möchten?
Stanislawski: Ich treffe immer mal wieder Leute, mit denen man
über die Hamburger Vereine quatscht und die dann ein Auto17-2015 I 18
gramm haben oder ein Foto schießen wollen.
Fußball ist bei uns natürlich ein großes Thema. Ich bin ja weiterhin voll dabei und über
die kompletten Abläufe im Profifußball informiert.
SPOX: Wenn Sie jetzt ein kurzes Zwischenfazit ziehen müssten, worin bestand für Sie die
größte Herausforderung im neuen Job?
Stanislawski: Hier geht es unheimlich viel um
Logistik, die Warenverfügbarkeit muss kontinuierlich sichergestellt werden. Man spricht
mit Lieferanten und hinterfragt sein eigenes
Sortiment, reflektiert die Wünsche der Kunden. Parallel dazu läuft die Personalplanung,
die mit der einer Fußballmannschaft ja überhaupt nicht zu vergleichen ist. Es ist eine große Anstrengung, all diese Dinge unter einen
Hut zu bekommen. Man arbeitet sich Tag für
Tag ein Stückchen weiter. Es macht mir wirklich großen Spaß.
SPOX: Wie sehr wird denn an Ihnen gezerrt,
wieder in den Fußball-Kreislauf zurück zu
kehren - oder ebben die Angebote ab?
Stanislawski: Nein, ich hatte in der abgelaufenen Saison fünf, sechs Anfragen vorliegen.
Ich habe immer gesagt, dass ich mich dem
Fußball niemals lossagen werde. Das ist wie
Fahrradfahren, wenn man das von der Pike
auf gelernt hat, dann verlernt man es nicht
mehr. Ich bin über das aktuelle Geschehen
stets informiert. Wenn etwas kommt, das zu
mir passt, dann würde ich mir das unabhängig
von der Ligazugehörigkeit sicherlich gerne
anhören. Hier im Laden besteht für mich die
Möglichkeit, in einem solchen Fall den Posten
als Geschäftsführer ruhen zu lassen, aber Teilhaber zu bleiben. Ich habe keine Druck-Situation, alles machen zu müssen und bin deshalb
relativ frei in meiner Entscheidung.
SPOX: Wie sähe denn Ihr Wunschangebot aus?
Stanislawski: Mir ist wichtig, dass ein Verein
eine grundsätzliche Vision verfolgt. Ich bin
mir zwar bewusst, dass der Fußball immer ein
Wochengeschäft bleiben wird und es anders
als oft behauptet selten darum geht, langfristig etwas aufzubauen. Ich habe aber Gespräche mit Klubs geführt, bei denen sich die
Philosophie grundlegend verändert, sobald
andere handelnde Personen am Werk sind. So
darf es nicht sein. Es geht darum zu sehen,
wie der Verein ausgerichtet ist und ob meine
Art von Fußball dazu passt. Das sind viele kleine Bausteine, die man in mehreren Gesprächen abklopfen müsste.
SPOX: Sie haben mittlerweile einige Absagen
verteilt. Liegt das auch an den in manchen
Vereinen recht verworrenen Machtstrukturen, die die von Trainern erwünschte Kontinuität erschweren?
Stanislawski: Mitunter. Ich bin schon aus Gesprächen gekommen und dachte mir im Nachhinein, dass das alles etwas nebulös erschien.
Ein Verein sollte eine feste Struktur und Basis
mitbringen, was das Personal angeht. Es muss
ein Korsett geben, das nicht beim kleinsten
Gegenwind wieder auseinanderfällt.
SPOX: Sie standen vor einem Jahr kurz vor einem Engagement beim 1. FC Nürnberg, konnten aber nicht Ihre beiden Co-Trainer mitbringen.
Stanislawski: Es ging mir damals nicht darum,
all meine Vorstellungen umgesetzt sehen zu
wollen. Dennoch gibt es ein, zwei Punkte, die
grundsätzlich einfach passen müssen. Das war
in diesem Fall leider nicht gegeben, so dass
SPOX eMAG
ich es dann lieber gelassen habe, bevor man
sich sechs Wochen gegenüber steht und diskutiert, wieso es nicht funktioniert. Das hat
für mich auch etwas mit Loyalität meinen CoTrainern gegenüber zu tun.
SPOX: Wenn Sie jetzt in diesem Moment aus
dem Bauch heraus entscheiden müssten, würde Sie dann eher wieder die Arbeit mit den
Stollenschuhen auf dem grünen Rasen reizen
oder doch lieber der Bürojob ohne Sportbekleidung?
Stanislawski: Ich bin zwar Fußball durch und
durch und habe über längere Zeiträume
schon in allen Bereichen gearbeitet, aber das
könnte ich jetzt gar nicht genau eingrenzen.
Es würde sich wohl aus etwaigen Anfragen
und den Gesprächen ergeben, welcher Posten
dann besonders interessant wäre.
SPOX: Ihre letzte Station als Trainer liegt nun
zwei Jahre zurück. Nach dem Aus beim 1. FC
Köln im Mai 2013 haben Sie sich über ein Jahr
lang aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.
Das tat gut, oder?
Stanislawski: Eindeutig. Ich habe anfangs erst
einmal die Ruhe gesucht und mich neu sor-
tiert. Im Oktober haben wir uns dann schon
die ersten Gedanken in Richtung Supermarkt
gemacht. Es war in dieser Zeit eigentlich immer etwas los - ich habe nur nicht in der Öffentlichkeit stattgefunden. Ich liebe das Verborgene und mache meine Dinge gerne still
und heimlich. Ich habe beispielsweise auch
bei Sami Hyypiä in Leverkusen hospitiert. Als
es mit der Übernahme des Marktes losging,
war ich den Rest der Zeit gleich ziemlich eingespannt.
SPOX: Fiel es Ihnen leicht, nach all der Zeit
vom Fußball loszulassen?
Stanislawski: Ich habe immer weiter Fußball
geschaut. Davon kann ich nicht loslassen, ob
ich jetzt direkt involviert bin oder nicht. Man
erholt sich als Trainer ja am Ende einer Saison. Schauen Sie sich mal die Trainer am Anfang und am Ende einer Saison an. Da ist zum
Schluss jedem anzumerken, wie anstrengend
dieser Beruf ist, weil man vor allem gedanklich
in viel mehr Bereiche eingebunden ist wie als
Spieler. Das heißt aber nicht, dass man nach
drei, vier Wochen Urlaub nicht schon wieder startklar wäre, um weiter zu machen. Ich
wollte nicht untätig sein, sondern habe mich
17-2015 I 20
SPOX eMAG
einfach anders orientiert. Trainer sein mit 60
Jahren will ich nicht, das ist nicht mein Plan.
Es war ein guter Zeitpunkt und meine Triebfeder, für mich in Hamburg etwas zu schaffen,
das von Dauer ist.
SPOX: Wie wichtig war es Ihnen, wieder einer
echten Beschäftigung nachgehen zu können?
Manche arbeitsuchenden Trainerkollegen geraten ja bisweilen in Gefahr, ständig nur auf
den einen erlösenden Anruf zu warten.
Stanislawski: Das war mir in der Tat sehr wichtig. Ich will unabhängig vom Fußball, aber
auch jederzeit wieder in der Lage sein, mich
die nächsten zwei, drei Jahre dem Fußball
widmen zu können. Ich bin gern Herr meiner
eigenen Entscheidungen und möchte als Trainer nicht warten müssen. Dazu habe ich mir
nun etwas geschaffen, bei dem ich nicht von
einem Telefonanruf abhängig bin, um dann
als siebter Kandidat Gespräche mit einem
Verein führen zu müssen.
SPOX: Glauben Sie, dass Sie sich als Mensch
verändert haben, seitdem Sie sich nicht mehr
im Fußballkreislauf aufhalten?
Stanislawski: Ich würde zumindest behaupten, dass ich mittlerweile viele Dinge gelassener aufnehme und mir eine gewisse Entspanntheit angeeignet habe. Man bekommt
dann so eine innere Ruhe, weil man weiß,
dass man schon deutlich angespanntere Situationen erlebt und gemeistert hat. Ich glaube auch, dass ich bei einer Rückkehr in den
Fußball viele Dinge mit Sicherheit entspannter sehen würde als noch vor drei oder vier
Jahren. Diese persönliche Weiterentwicklung
tut mir auch gut. Wenn ich jetzt von außen
auf den Profifußball schaue, nehme ich einige Dinge manchmal schon mit Verwunderung
wahr und denke: Schau an, in diesem Kreislauf warst du auch gefangen.
SPOX: Können Sie ein Beispiel dafür nennen,
was Sie verwundert hat?
Stanislawski: Es kam zum Beispiel schon vor,
dass einen Vereine nach dem 2. Spieltag angerufen haben und den Trainer wechseln
wollten. Da denkt man sich schon, wo denn
jetzt die Kontinuität geblieben ist, die man
ja sicherlich zusammen leben wollte. Wenn
nach zwei Spieltagen schon über den Trainer
nachgedacht wird, dann kann im gesamten
Verein nicht wirklich alles sauber sein. Zu solchen Dingen entwickelt man sozusagen als
Außenstehender einen anderen Bezug und
ist auch ganz glücklich, wenn man es für sich
ausschließen kann, in einem solchen Umfeld
zu arbeiten.
SPOX: Ist es möglich, dass bei Ihnen nach dem
Fußball und jetzt dem Supermarkt in Zukunft
noch ein drittes Betätigungsfeld hinzukommen könnte?
Stanislawski: Das kann durchaus sein, ja. Es
ist zwar noch nichts ausgereift und erst recht
nicht spruchreif, aber ich habe im Hintergrund zwei, drei Projekte in der Mache. Ich
bin an so vielen Dingen interessiert, dass ich
mir ständig Gedanken mache und mich mit
verschiedenen Themen beschäftige. Wenn
ich aber etwas angehe, dann möchte ich es
aus Überzeugung tun. Der Supermarkt ist für
mich aktuell so horizonterweiternd, dass ein
Angebot aus dem Fußball erst einmal interessanter sein muss. Vielleicht sage ich eines
Tages aber auch, dass ich mit dem Supermarkt
und einem möglichen neuen Projekt so viel zu
tun habe und so glücklich damit bin, dass ich
gar nichts mehr mit dem Fußball zu tun haben
möchte. Auch der umgekehrte Fall kann eintreten. Es ist ganz und gar nicht ausgeschlossen, dass ich vielleicht in zwei Monaten wieder im Fußball zu sehen bin.
SPOX: Typisch Holger Stanislawski, werden
viele jetzt sagen. Sie hatten häufig bereits etwas für die „speziellen“ Wege übrig.
Stanislawski: Ein deutliches Ja. Ich war schon
immer anders und auch froh darüber. Ich
habe seit jeher in etwas andere Richtungen
gedacht. Deshalb bin ich jetzt auch der erste
Trainer, der einen Supermarkt führt (lacht).
Ich kann vom Supermarkt lernen - fürs Leben
und für den Fußball. Ich habe aber auch durch
den Fußball Dinge gelernt, die ich im Supermarkt einsetze. Ich bin momentan so wie es
ist glücklich.
17-2015 I 22
SPOX eMAG
Bayern sucht den Ribery-Nachfolger
Superstar gefällig?
von Andreas Lehner und Fatih Demireli
Franck Ribery schlägt sich weiter mit einer rätselhaften Verletzung
herum und wird große Teile der Saisonvorbereitung verpassen. Der
Franzose ist in München zwar weiter Publikumsliebling, doch nicht
mehr unantastbar. Der Klub sucht bereits seinen Nachfolger. Hier
sind mögliche Anwärter. Könnte einer von ihnen den Frazosen sofort ersetzen?
Angel Di Maria
Galt für einige Wochen als der Top-Kandidat beim FC Bayern.
Kann auf beiden Flügeln spielen, hat seine besten Leistungen im
Trikot von Real Madrid aber auf einer Halbposition im Mittelfeld
gemacht. Wäre mit seiner Flexibilität auf jeden Fall ein Typ nach
Pep Guardiolas Geschmack. Hat aber gerade mal eine Saison bei
Manchester United hinter sich und war für 75 Millionen Euro auch
erst im Sommer 2014 von Madrid nach England gewechselt. „Es
war eine harte Saison für mich“, sagte der Argentinier neulich.
„Jetzt spiele ich die Copa America und dann kehre ich nach Manchester zurück, um in der nächsten Saison mein Bestes zu geben.“
Ein Abschied aus dem Old Trafford scheint damit erstmal vom
Tisch, zumal sein Vertrag noch bis 2019 läuft. Ohnehin schien die
Preiskategorie (Ablöse 60-70 Millionen Euro) nicht zum FC Bayern
zu passen. Zumal Di Maria von Jorge Mendes beraten wird, der für
hohe Ablösesummen und hochdotierte Verträge seiner Klienten
bekannt ist.
Kevin De Bruyne
Einer der besten Bundesligaspieler der abgelaufenen Saison muss
auf dem Zettel des Meisters stehen. So ist das auch bei De Bruyne. Der Belgier stellte mit 20 Assists in der Liga einen neuen Rekord auf. Allerdings spielte er überwiegend im zentral-offensiven
Mittelfeld. Nur in der Anfangsphase der Saison wich er vereinzelt auf den linken Flügel aus, als Aaron Hunt noch eine Rolle
bei Dieter Hecking spielte. Hat nicht die explosive Dynamik Riberys, aber durchaus Qualitäten im Eins-gegen-eins. Wobei seine
hervorstechenden Stärken die Übersicht und das Einsetzen seiner
Mitspieler sind. Diese Eigenschaften wird De Bruyne aber aller
17-2015 I 24
Voraussicht nach auch kommende Saison im
Trikot der Wolfsburger auf den Platz bringen.
Die Bayern haben öffentlich Abstand von einer Verpflichtung genommen. „Er ist ein fantastischer Spieler, der eine sensationelle Entwicklung beim VfL Wolfsburg genommen hat.
Aber die Wolfsburger haben sich klar geäußert und dementsprechend haben wir das zu
respektieren“, sagte Matthias Sammer. Auch
De Bruynes Berater kündigte einen Verbleib
beim VfL an. Der Vertrag soll verlängert und
das Gehalt des 23-Jährigen ordentlich aufgestockt werden.
ein Zentrumsspieler, der sich am liebsten um
einen zweiten Stürmer herum bewegt. Seine
Fähigkeiten im Dribbling sind mit denen Riberys nicht zu vergleichen. Seine Stärke ist nicht
das Vorbereiten von Toren, sondern der eigene Abschluss. In dieser Saison brachte er es auf
22 Treffer, aber nur auf einen Assist und 23
Torschussvorlagen - in 37 Spielen. Als Eins-zueins-Ersatz für Ribery ist sein Landsmann also
eher nicht geeignet. Aber nach dem voraussichtlichen Abschied von Claudio Pizarro wird
beim FC Bayern auch ein Platz im Sturmzentrum frei.
Filip Kostic
War vor der abgelaufenen Saison der Königstransfer des damaligen VfB-Sportdirektors
Fredi Bobic, kam für sechs Millionen Euro vom
FC Groningen. Hatte zu Beginn seines Engagements aber Probleme. Die Umstellung von
der Eredivisie auf die Bundesliga gelang ihm
nur langsam, Trainer Armin Veh brachte den
Serben lieber als Joker. „Es kann ja auch Taktik
sein, mal Spieler draußen zu lassen, mit denen
man ein Spiel verändern kann. Bei ihm weiß
ich: Wenn ich ihn bringe, dann tut sich was“,
sagte Veh einmal. Unter Huub Stevens wurde
es erst einmal noch schlechter, seine Einsatzzeit ging zurück.
Griezmann wäre zumindest ein Kandidat, der
auch auf diese Rolle passen würde. Allerdings
hat Atletico kein Interesse an einem Transfer
Griezmanns, der erst 2014 für 30 Millionen
Euro von Real Sociedad nach Madrid kam.
Vielmehr will Atletico den noch bis 2020 laufenden Vertrag verlängern und die Ablösesumme von 60 Millionen Euro auf 140 Millionen Euro hochschrauben.
Aber in der Endphase der Saison, als der VfB
plötzlich mitreißenden Offensivfußball bot,
platzte auch bei Kostic der Knoten. Er beeindruckte mit seiner starken Physis, seinem
Durchsetzungsvermögen und seinem Zug zum
Tor. Auf einmal wurde auch klar, warum er in
Groningen in Anlehnungen an einen seiner
Vorgänger „Arjen“ genannt wurde. Der ExPaderborn-Trainer Andre Breitenreiter sagte
über Kostic sogar: „Er war der beste Spieler,
der in dieser Saison in diesem Stadion gespielt
hat.“
Felipe Anderson
Lazio Rom - das ist nicht nur Miroslav Klose,
sondern vielmehr Felipe Anderson. Der Brasilianer spielte eine überragende Saison, erzielte in 32 Spielen zehn Tore und assistierte zu
acht Toren. Ihm ist es zu verdanken, dass die
Römer nach Jahren wieder in der Champions
League mitmischen dürfen. Gerüchte, dass der
FC Bayern Interesse hat, gab es bereits in der
finalen Phase der abgelaufenen Saison. Vom
Profil her würde Felipe Anderson die perfekte Figur als Ribery-Nachfolger hergeben: Er
ist beidfüßig, technisch äußert begabt und er
ist vor allem schnell. Seine Torgefährlichkeit
ist sogar ausgeprägter als die des Franzosen.
Aber selbstverständlich haben auch andere
Top-Klubs in Europa längst herausgefunden,
dass Felipe Anderson ganz gut kicken kann.
Antoine Griezmann
Ein Franzose als Nachfolger für einen Franzosen? Ribery war 24 Jahre alt, als er nach München wechselte, auch Griezmann ist gerade
einmal 24 Jahre alt. Das war es dann aber auch
schon mit den Parallelen. Griezmann kann
zwar auch auf dem Flügel eingesetzt werden,
er ist aber eher eine hängende Spitze. Also
Der 22-Jährige hat zwei ganz besondere Mentoren: Das ist zum einen Neymar, der ihn in der
gemeinsamen Zeit beim FC Santos wie einen
Bruder behandelte und der große Pele, der
den jungen Burschen, der aus armen Verhältnissen kam, quasi beim Klub anmeldete und
hochzog. Fraglich ist, ob der FC Bayern Felipe Anderson den sofortigen Sprung zutraut.
SPOX eMAG
17-2015 I 26
Paul-Georges Ntep (r.) spielt seit dem
Winter 2013/2014 bei Stade Rennes
SPOX eMAG
Ganz billig wäre er nach der starken letzten
Saison ohnehin nicht.
Yacine Brahimi
Wer an die WM 2014 zurückdenkt, denkt auch
an das Achtelfinalspiel der deutschen Mannschaft gegen Algerien. Die Nordafrikaner
kämpften nicht nur tapfer, sie spielten lange
Zeit auch richtig schicken Fußball. Hauptprotagonist der Truppe von Vahid Halilodzic war
damals Yacine Brahimi, der überragend aufspielte, die deutsche Viererkette mehrmals in
Verlegenheit brachte und eigentlich nur an
seiner eigenen Abschlussschwäche scheiterte.
Dass Brahimi sich auf diesem Niveau behaupten kann, zeigte er später beim FC Porto.
Die Bayern konnten sich in den direkten Duellen in der Champions League davon überzeugen, auch wenn Brahimi nur im Hinspiel überzeugen konnte. Dennoch sind fünf Tore und
drei Assists in der ersten Champions-LeagueSaison eine Hausnummer. Brahimi, der in Paris
geboren wurde und bis zur U21 für die Auswahl Frankreichs spielte, hat beim FC Porto
noch bis 2019 Vertrag. Die Portugiesen sind
zwar nicht dafür bekannt, an ihren Spielern
zu kleben, sondern sie gewinnbringend zu
verkaufen. Dennoch erscheint es unrealistisch,
dass die Bayern von der Ausstiegsklausel, die
bei 50 Millionen Euro liegt, Gebrauch machen.
Sadio Mane
Der Senegalese ist den Bayern schon länger
bekannt, spielte er doch vor seiner Zeit in England, wo er seit 2014 für den FC Southampton tätig ist, bei den Freunden der Münchener
von RB Salzburg. In dem einen oder anderen
Testspiel wusste Mane gegen die Münchener
zu überzeugen und landete folglich in den
Notizblöcken der bayerischen Beobachter. In
England setzte der Flügelspieler seinen guten
Lauf fort, kam im ersten Premier-League-Jahr
auf 30 Liga-Einsätze, zehn Tore und vier Assists. Gerüchte kamen um den 23-Jährigen bereits auf.
Auf 14 Millionen Euro wird sein Marktwert taxiert, die Bayern müssten wohl das Doppelte
hinblättern, um den schnellen und impulsiven
Spieler, der beide Seiten spielen kann, aus sei-
nem bis 2018 datierten Vertrag rauszukaufen.
Dass Mane es manchmal gar nicht schnell genug gehen kann, zeigte er in der abgelaufenen Saison gegen Aston Villa, als er innerhalb
von zwei Minuten und 56 Sekunden drei Tore
erzielte und damit den schnellsten Hattrick
der Premier-League-Geschichte erzielte.
Paul-Georges Ntep
Frankreichs Neu-Nationalspieler ist der jüngste Zugang in der Gerüchteküche. Laut „Bild“
sollen die Bayern den 22-jährigen gebürtigen
Kameruner, der bislang anderthalb Jahre Erstligaerfahrung bei Stade Rennes gesammelt
hat, mehrfach beobachtet haben. Im Unterschied zu den anderen Kandidaten wäre Ntep
vermutlich ein Schnäppchen. Sein Vertrag in
Rennes läuft bis 2017, sein Marktwert dürfte
in der Gegend von zehn Millionen Euro liegen. Zumindest theoretisch wäre Ntep der
perfekte Ribery-Nachfolger. Er ist zwar variabel im Angriff einsetzbar, doch auf der linken
Außenbahn am gefährlichsten. Sein Antritt ist
phänomenal, seine Sprint- und Dribbelfähigkeiten außergewöhnlich. Zudem ist Ntep extrem robust und durchsetzungsstark und nicht
nur in der Lage, mit seinem starken rechten
Fuß zu flanken oder abzuschließen. 14 Tore
und 7 Assists in 45 Ligue-1-Einsätzen können
sich durchaus sehen lassen. Starke Standards
schießt er obendrein.
Die Liebe zum Eins-gegen-eins-Duell ist seine
größte Stärke und zugleich seine Schwäche.
Egoismus und Arroganz werden ihm bisweilen unterstellt, von Mitspielern und Gegnern
gleichermaßen. Er selbst weiß, dass er noch
lange nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen ist: „Ich habe noch viel Raum für
Verbesserungen in meinem Spiel“, sagt er und
spricht taktische und insbesondere defensivtaktische Aspekte an. Man möchte meinen,
dass die Bayern für den sicher hochbegabten,
aber noch unerfahrenen Youngster (mindestens) ein Jahr zu früh kämen. Mittelfristig sollte Ntep aber den Weg zu einem europäischen
Hochkaräter finden. Das Talent dafür bringt
er definitiv mit.
17-2015 I 28
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