Celestron NexStar 114 GT, aus SuW 2/2005, Seite 66ff. VON
Transcription
Celestron NexStar 114 GT, aus SuW 2/2005, Seite 66ff. VON
Celestron NexStar 114 GT, aus SuW 2/2005, Seite 66ff. VON ERNST VON VOIGT Nachdem wir uns in der letzten Ausgabe dieser Zeitschrift mit einem Einsteigerteleskop von Meade beschäftigt haben, widmen wir uns nun dem entsprechenden Gerät von Celestron: Das NexStar 114 GT ist bezogen auf die freie Öffnung - das zweitgrößte Gerät aus der NexStar-GT-Reihe, welche mit einer GoToSteuerung ausgestattet ist, die dem Neuling den Einstieg in die beobachtende Astronomie erleichtern soll. Zu den Geräten der Baureihe NexStar gehören neben dem hier zu beschreibenden Teleskop auch drei Refraktoren mit Öffnungen von 60, 80 und 102 Millimeter sowie ein Reflektor nach Maksutov. Ein »schnelles« Newton-Teleskop mit 130 Millimeter Öffnung und 650 Millimeter Brennweite rundet das Angebot nach oben ab. Das hier vorgestellte NexStar 114GT ist ein katadioptrisches Newton-Teleskop mit 114 Millimeter Öffnung und 1000 Millimeter Brennweite. Das katadioptrische Prinzip geht auf den tschechischen Physiker und Astronomen Karel Vaclav Zenger zurück und kombiniert einen Spiegel (katoptrische Optik) mit einer Linse (dioptrische Optik). Im Fall des NexStar 114 GT - und anderer Newton-Teleskope gleicher Bauart - wird einem relativ kurzbrennweitigen sphärischen Spiegel (hier etwa f/4.5) eine zweifach vergrößernde Barlowlinse nachgeschaltet. So kann das Teleskop kompakter gebaut werden, was hier in einer Baulänge von 46 Zentimeter resultiert. Eine häufig gestellte Frage in Internet-Foren ist, ob man nicht die Barlowlinse ausbauen könne, um einen schnelles NewtonTeleskop zu erhalten. Dies sollte man nicht tun, denn das Linsenelement hat zusätzlich die Aufgabe, die sphärische Aberration des Spiegels zu kompensieren. Ein Verzicht auf die Linse hätte also eine unschöne Koma zur Folge. Lieferumfang und Aufbau Das NexStar 114 GT wird mit allem Zubehör geliefert, welches für einen raschen Beobachtungsbeginn notwendig ist: So enthält die Verpackung neben der Optik eine azimutale Gabelmontierung, die NexStar-Steuerbox, ein höhenverstellbares Aluminiumstativ mit Ablageplatte sowie zwei Okulare mit 25 und 10 Millimeter Brennweite. Der ebenfalls im Liefer- umfang enthaltene Leuchtpunktsucher ist in der Praxis deutlich hilfreicher als die ansonsten in dieser Teleskopklasse üblichen 6 X 30-mm-Sucher. Zudem liegt eine mit acht 1.5-VBatterien bestückbare Batterietasche bei, mit der sich das Gerät im Feld betreiben lässt. Der Gabelarm der Montierung verfügt über eine Standardbuchse, so dass das Gerät auch mit einem handelsüblichen Netzteil oder über eine Autobatterie betrieben werden kann. Ebenfalls zu erwähnen ist die ausführliche und gut verständliche, deutsche Bedienungsanleitung. Das Teleskop ist ohne Werkzeug schnell aufzubauen: Zunächst stellt man das Stativ auf, setzt den Montierungsarm in die Abschlussplatte des Stativs und befestigt ihn mit der griffigen Verbindungsschraube. Anschließend wird das Teleskop in der klappbaren, aus Metall gefertigten Rohrschelle befestigt. Nun muss noch der Leuchtpunktsucher auf dem Teleskop angebracht und so justiert werden, dass der rote Punkt auf das Objekt zeigt, welches in der Mitte des Okularfeldes zu sehen ist. Dies kann bereits bei Tag, zum Beispiel anhand einer Kirchturmspitze, geschehen. Vor der ersten Benutzung des Teleskops sollte man die verbleibenden Stunden bis zum Einbruch der Dunkelheit nutzen, um die Bedienungsanleitung zu studieren und sich mit den Grundfunktionen der Steuerung vertraut zu machen. Hierbei ist das vom Hersteller mitgelieferte Beiblatt mit den Menüs der Software sehr hilfreich. Abbildung 01 (links): Das NexStar 114 GT ist ein Komplettpaket und enthält neben dem Teleskop eine computergesteuerte GoToMontierung mit Stativ. Abbildung 02 (unten rechts): Celestron liefert statt des häufig in dieser Teleskopklasse anzutreffenden kleinen Sucherfernrohrs einen Leuchtpunktsucher. Damit lassen sich die für das Alignment notwendigen Sterne wesentlich leichter auffinden. Ausrichtung des Teleskops Die eine zuverlässige Positionierung ist eine genaue Initialisierung des Teleskops - auf neudeutsch wird dieser Prozess auch »Alignment« genannt. Hierfür bietet das NexStar 114GT drei Verfahren, deren erster Schritt jeweils darin besteht, das Teleskop nach dem Anschalten mittels der Richtungstasten waagerecht und mit der Öffnung nach Norden auszurichten. Die größte Positioniergenauigkeit ist erfahrungsgemäß mit dem »Auto Alignment« zu erreichen. Hier wählt man zunächst aus einer Datenbank die nächstgelegene größere Stadt oder gibt sofern bekannt - die geographischen Koordinaten des eigenen Standorts ein. Anschließend muss man noch das aktuelle Datum und die genaue Uhrzeit angeben. Nun sucht die Steuerung zwei geeignete helle Sterne aus, die man im Okular zentriert und mit einem Druck auf die Align-Taste bestätigt. Je mehr man sich zuvor beim Ausrichten des Teleskop waagerecht nach Norden Mühe gibt, desto geringer ist natürlich die Abweichung zwischen der tatsächli- chen Position des Sterns und der Richtung, in die das Teleskop zeigt. Will man einen anderen Stern auswählen - etwa weil ein Hindernis die Sicht auf den vorgeschlagenen Stern nimmt oder der zweite vorgeschlagene Stern zu nahe am ersten steht - so kann man die Steuerung zu weiteren Vorschlägen veranlassen. Hat man nun zwei Sterne sorgfältig im Okular zentriert und ihre Position bestätigt, so kann die Beobachtung auch beginnen. Das Alignment bewirkt, dass Missweisungen des Teleskops rechnerisch ausgeglichen werden und die Steuerung das Zielobjekt korrekt anfährt. Dies gelingt dem NexStar 114GT sehr gut, wobei eine entsprechende Sorgfalt bei der Initialisierung mit einer hohen Positioniergenauigkeit belohnt wird. Sollte das Alignment nicht befriedigen, so kann man die Steuerung jederzeit durch die Anwahl eines Sterns mit Eigennamen neu initialisieren. Wer die Namen der hellsten Sterne kennt, kann das Teleskop mit dem »Two Star Alignment« initialisieren: Hierbei bestimmt der Benutzer die Referenzsterne selbst und fährt das Teleskop manuell mit den Richtungstasten an die entsprechende Position. Die Eingabe von Datum und Uhrzeit entfällt, so dass dieses Verfahren zwar ebenfalls sehr genau arbeitet, für die Planetenbeobachtung jedoch nicht verwandt werden kann. Beim »Quick Alignment« nimmt die Steuerung an, dass die Basis der Montierung waagerecht steht und das Teleskop nach Norden zeigt. Dieses Verfahren ist die schnellste Methode, um mit der Beobachtung zu beginnen und eignet sich, um einen schnellen Blick auf ein helles Objekt, etwa den Mond, zu werfen. In der Praxis funktionierten die beschriebenen Verfahren sehr zuverlässig und schnell, wobei sich die Möglichkeit der Neu-Initialisierung als sehr praktisch erwiesen hat. Am Anfang war sowohl beim Alignment als auch beim Anfahren von Objekten - die Eigenart des NexStar 114GT sehr irritierend, mit einer schnellen Bewegung loszulegen und in der Nähe des Objektes bereits frühzeitig auf eine geringere Geschwindigkeit herunter zu schalten. So vergehen mehrere Sekunden der scheinbaren Untätigkeit, bis das Objekt schließlich im Okular erscheint. Dies ist jedoch kein Manko, sondern lediglich gewöhnungsbedürftig. Datenbanken und geführte Tour Der Nutzen eines GoTo-Teleskops hängt im Wesentlichen davon ab, wie sinnvoll die Objektauswahl der Datenbank ist und wie leicht der Zugriff auf ein bestimmtes Objekt erfolgt. Ob wirklich jedes der 4000 eingespeicherten 0bjekte in der Reichweite des Teleskops liegt, mag dahin gestellt bleiben. Jedoch ist der Zugriff aufgrund der übersichtlichen Menü-Struktur sehr einfach: Die wichtigsten Kataloge - Messier, Caldwell, NGC, Planeten und SAOSterne können direkt über eine entsprechend beschriftete Taste erreicht werden. Weitere thematisch gegliederte Kataloge - Objekte und Sterne nach Eigennamen, Variable Sterne und Doppelsterne sowie Asterismen - können zusätzlich über die »List«-Taste aufgerufen werden. Ist der gewünschte Katalog ausgewählt, gibt man mit der Zifferntastatur der Steuerung entweder die Nummer des Objekts ein oder scrollt durch das Angebot. Bestätigt man schließlich die Auswahl mit »Enter«, setzt sich das Teleskop in Bewegung und fährt das Ziel an. Unter den Menüs befinden sich zwei Kataloge, die der Erläuterung bedürfen: Der CaldwellKatalog ist eine Liste von 109 Objekten, die Patrick Moore 1995 zusammengestellt hat. Sie ist hauptsächlich als eine Anregung für ambitionierte und erfahrene Amateurastronomen zu verstehen, die eine über den Messier-Katalog hinausgehende Auswahl wünschen. Die Caldwell-Liste ist immer wieder der Kritik ausgesetzt - unter anderem, weil die Auswahl unsystematisch und willkürlich erscheint. So werden die mit dem bloßen Auge sichtbaren Hyaden im Stier (Caldwell 41) aufgeführt, und am anderen Ende der Skala befinden sich Objekte wie der Planetarische Nebel S 155 (Caldwell 9), der selbst mit großem Gerät eine echte Heraus- forderung darstellt. Sicher schadet es nicht, diesen Katalog anzubieten, doch sollte man sich als Anwender dessen bewusst sein, dass der Nutzen begrenzt ist. Eine andere Liste umfasst Asterismen, also Sternansammlungen mit Eigennamen. Diese sind - worauf das Handbuch auch hinweist - im anglo-amerikanisehen Sprachraum üblich und daher dem deutschsprachigen Benutzer nicht unbedingt bekannt. Trotzdem ist es ganz nett zu sehen, welche Phantasie Amerikaner bei der Benennung einprägsamer Formationen an den Tag legen. Für den Einsteiger ist die geführte Tour empfehlenswert. Hier schlägt die Steuerung Objekte vor, die gerade am Himmel sichtbar sind. Die Auswahl der Objekte war - zumindest bei den durchgeführten Stichpunkten - sinnvoll. will man Näheres über das gerade gezeigte Objekt erfahren, so können mit der „Info“-Taste Informationen abgerufen werden. Dazu gehören die Position in äquatorialen Koordinaten, Helligkeit und scheinbare Größe, Typ und Eigenname des Objektes sowie das Sternbild, in dem es sich befindet. Bei manchen Objekten läuft zusätzlich noch ein allgemeiner, erläuternder Text durch das Display. Ist das Teleskop einmal zu einem Objekt geschwenkt - sei es im Rahmen einer geführten Tour oder durch direkte Auswahl über die Menüs - so führt es selbstständig auf dieses Objekt nach. Dabei ist die Nachführgenauigkeit noch verbesserungsbedürftig, da die Montierung minimal »nachgeht«. Der Fairness wegen muss aber gesagt werden, dass sich diese Ungenauigkeit erst nach längerer Zeit bemerkbar macht, so dass sie an einem normalen Beobachtungsabend kaum ins Gewicht fallen dürfte. Weitere Funktionen Die NexStar-Steuerung bietet zahlreiche weitere Funktionen, welche das Handbuch ausführlich beschreibt. Darunter finden sich nützliche Features wie der einstellbare Getriebespielausgleich, mit dem sich eventuell auftretende mechanische Unzulänglichkeiten kompensieren lassen. Für Anwender, die auch längere Teleskope an der Montierung benutzen wollen, ist die Einstellung einer oberen und unteren Begrenzung der Höhenachse sinnvoll: Sie verhindert, dass zum Beispiel ein Refraktor am Montierungsboden anschlägt. Objekte, die sich außerhalb dieser Grenzen befinden, bietet die Steuerung dem Benutzer dann nicht an. Insgesamt bietet die Steuerung der NexStar-Teleskope nicht den Funktionsumfang vergleichbarer Geräte. Allerdings gibt es auch keine wichtige Funktion, die man wirklich vermissen würde. Gut gefallen hat die Zifferntastatur, welche sowohl die direkte Eingabe von Objektnummern als auch ein sofortiges Aufrufen der Menüs erlaubt. Dem NexStar 144 GT liegt eine CD mit einer Software-Sammlung bei. Diese enthält eine vereinfachte Version des Planetariumprogramms »The Sky« von Software Bisque sowie die Freeware »NexStar Observer List« von Michael Swanson. Damit lässt sich das Teleskop über die integrierte serielle RS-232-Schnittstelle von einem Laptop - und seit neuestem auch von einem Pocket-PC - fernsteuern. Optische Qualität Bei aller Software-Funktionalität stellt sich natürlich die Frage, was von der Optik zu halten ist: Das Testexemplar kam in gut kollimiertem Zustand an, so dass keinerlei nachträgliche Justage notwendig war. Der Okularauszug ist - wie in dieser Teleskopklasse üblich - aus Kunststoff, läuft jedoch weich und gleichmäßig. Die mitgelieferten Okulare sind von ordentlicher, aber nicht überragender Qualität. Dabei bietet das 25-mm-Okular die bessere Abbildungsleistung. Beide Okulare weisen ein zu geringes Gesichtsfeld für eine komfortable Beobachtung auf. Das Teleskop selbst eignet sich gut für helle Objekte wie Mond und Planeten, aber auch für nicht zu enge Doppelsterne und helle Sternhaufen. Auch einige helle Nebel, wie der Hantelnebel (M 27) oder der Orionnebel (M42), sind in der »Reichweite« der Optik. Dabei sind aufgrund der großen Obstruktion durch den Fangspiegel (40mm Durchmesser) keine Wunder an Kontrastschärfe zu erwarten. Insgesamt bietet das Teleskop die Bilder, die man von einem Gerät dieser Größenordnung und Bauart erwarten kann. Plattform-Gedanke Erfreulich ist, dass Celestron und der deutsche Importeur das Konzept einer kompakten GoTo-Montierung zu Ende gedacht hat und mit der optional erhältlichen Universalklemme die Möglichkeit bietet auch andere Teleskope mit einer Gesamtmasse von bis zu 3.5 Kilogramm an der GTMontierung zu betreiben. So lassen sich kleine 5pektive oder Refraktoren ebenso anschließen wie eine Russentonne. Da die Montierung auch ohne Teleskop erhältlich ist, kann man auf diese Weise eine vorhandene Optik auf einfache Weise leicht zum GoTo-fähigen Reisegerät aufrüsten. Abbildung 03: Hier wurde statt des Newton-Teleskops eine »Russentonne« an der Gabelmontierung befestigt. Ein Universaladapter und eine GP-kompatible Schwalbenschwanzschiene ermöglichen es, Geräte mit einer maximalen Gesamtmasse von 3.5 kg mit der NexStar-Montierung zu verwenden. Fazit Jedes Teleskop hat bekanntlich seinen Himmel. So hat die Beobachtung mit dem NexStar 114GT durchaus Spaß gemacht. Insbesondere bei »Spaziergängen« durch die sommerliche Milchstraße hat es seine Stärken nicht zuletzt aufgrund seiner leichten Handhabbarkeit ausspielen können. Die Verarbeitung sowohl des Tubus' als auch der Montierung macht insgesamt einen guten und wertigen Eindruck. Vor allem aber die Möglichkeit, auch andere Kleinteleskope an der Montierung betreiben zu können, machen das NexStar zu einem universell einsetzbaren Gerät. Ernst von Voigt ist ein engagierter Amateurastronom, der sich in den zahlreichen wolkenverhangenen Nächten des Rhein-Main-Gebietes dem Bau astronomischer Geräte widmet.