CNC-Integration: Roboter ist Teil der Maschine

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CNC-Integration: Roboter ist Teil der Maschine
54 Maschinenkomponenten
CNC-Integration:
Roboter ist Teil der Maschine
Die konsequente CNC-Integration macht Roboter zur integralen Komponente der Werkzeugmaschine. Damit entfällt
der Unterschied beim Bedienen und Programmieren und die so gewonnene Effizienz und Flexibilität beim Rüsten,
Laden und maschinennahen Materialfluss ermöglicht den schnellen Wechsel zwischen Holz, Composites und anderen
Materialien. PETER HOFSÄSS
Die Firma Maka Systems GmbH in
Nersingen, circa 10 km westlich von
Ulm, ist Spezialist für anspruchsvolle und
intelligente Fertigungslösungen für Holz,
Aluminium und Composite-Materialien.
Das Unternehmen bietet Gesamtlösungen
an, die individuell auf die Anforderungen
des Betreibers zugeschnitten sind und häufig auch die Fertigungsautomatisierung und/
oder die Linienintegration umfassen.
Aufgrund von Kundenanforderungen in
den Bereichen Alu- und Composite-Bearbeitung hat das Unternehmen schon frühzeitig
Knickarmroboter in seine Lösungen integriert. Das war lange Zeit sogar ein Alleinstellungsmerkmal und wurde mit einem hauseigenen, proprietären Automatisierungssystem realisiert. Diese Erfahrungen bringt
Maka nun verstärkt in das Branchensegment
Holz ein: Je mehr auch in Holz verarbeitenden Betrieben Composite-Materialien und
Alu verarbeitet werden, desto häufiger ergibt sich wegen der wechselnden Materialeigenschaften (und Handlingstechniken)
auch die Notwendigkeit, den maschinennahen Material- und Teilefluss nicht nur
effizient, sondern auch differenziert und
flexibel zu gestalten. Hier ist die Variabilität und Vielseitigkeit der Knickarmroboter
7/8.2015
von großem Vorteil. Das demonstrierte das
Unternehmen auf der diesjährigen Ligna
mit einer Kombination des 5-Achs-Bearbeitungszentrums MK7 und einem KukaKnickarmroboter des Typs KR 60-3. Nach
freier Wahl der Messebesucher bearbeitete
die Maschine Holz, Composite- und Aluminium-Werkstücke, die zudem auf unterschiedlichen Vorrichtungen aufgespannt
waren. Dazu brachte der Roboter je zwei dieser Werkstücke in die Nullpunkt-Spannvorrichtungen auf dem Maschinentisch ein, wo
die verschiedenen Teile von der MK7 dann
unmittelbar nacheinander bearbeitet wurden. Währenddessen holte der Roboter auf
Wunsch Wasserflaschen für durstgeplagte
Messebesucher aus dem Kühlschrank und
zeigte so en passant den einfachen Wechsel
zwischen Synchronbetrieb zur Werkzeugmaschine und freiem Betrieb.
Standard-Roboter wird mit StandardCNC gesteuert Anders als früher hat Maka
zur Integration des Roboters in die Werkzeugmaschine die Option Run My Robot des
CNC-Systems Sinumerik 840D sl von Siemens eingesetzt. Diese Option setzt CNCBefehle in Steuerbefehle für die Roboterfernsteuerung Kuka.Remote um und in-
terpretiert deren Rückmeldungen aus Sicht
der CNC. So kann der Roboter vollständig
über die CNC-Oberfläche bedient, programmiert, diagnostiziert und in Betrieb genommen werden. Selbst die Roboter-eigenen Sicherheitsfunktionen werden auf diese Weise
nahtlos in die Safety-Integrated-Funktionalität der CNC eingebunden. Die damit bewerkstelligte Integration ist so weitgehend,
dass sich der Maschinenbediener sowie der
Programmierer ausschließlich mit der gewohnten Bedienoberfläche auseinandersetzen müssen. Projektingenieur Alexander
Hiller bestätigt dies: „Die Inbetriebnahme
der Roboteranbindung einschließlich der
integrierten Sicherheitsfunktionen wurde
innerhalb kurzer Zeit und ausschließlich
mithilfe der Siemens-Tools umgesetzt.“
Unter der Sinumerik-Option Run My
Robot bewegt sich der Roboter im gleichen
Koordinatensystem wie die CNC. Ob manuell im Jog- oder im programmierten Automatik-Modus: Der Roboter verfährt ohne
weiteres Zutun des Bedieners oder Programmierers entlang der Maschinen- beziehungsweise Werkstückachsen. Das NC-Programm
für den Roboter – normaler DIN/ISO-Code
beziehungsweise normale NC-Zyklen – läuft
dabei in einem eigenen Kanal der CNC. Auf
Maschinenkomponenten 55
(links) Effizienz und Flexibilität in der Fertigung: Knickarmroboter können dazu einen wichtigen Beitrag leisten
– insbesondere, wenn sie sich als CNC-gesteuerte Maschinenkomponente nahtlos in die vertraute Bedienung und
Programmierung einfügen (Bilder: Siemens)
t
(rechts) Wer hat Durst? Die Besucher der Ligna 2015 nahmen im Fall der Fälle gern ein erfrischendes Angebot an
t
Das Programm für den Roboter besteht aus Standard-DIN/
ISO-Befehlen und läuft parallel zum Teileprogramm in einem
eigenen NC-Kanal. Die Grundfunktionen der CNC übernehmen die Koordinatentransformation und synchronisieren
die Aktionen der Werkzeugmaschine und des Roboters
u
diese Weise kann eine CNC auch mehrere
Roboter steuern.
Die Synchronisation des Roboters mit
den Maschinenbewegungen leistet die standardmäßige NC-Kanalsynchronisation der
CNC. So gelten im synchronen Betrieb zum
Beispiel stets die gleichen Override-Einstellungen für Maschine und Roboter – auch
beim ,Dreh am Knöpfchen‘ bleiben Maschine und Roboter exakt synchron. Alexander Hiller, Projektingenieur bei Maka,
demonstrierte dies in Hannover, indem er
Spindel und Roboter das gleiche NC-Programm ausführen ließ – lediglich ein minimaler Offset in X-Richtung war eingestellt:
Spindel und Roboterkopf vollführten vis-àvis exakt die gleichen Bewegungen. Dabei
schien es, als könne man einen Zahnstocher
dazwischen klemmen, ohne dass er bricht
oder herunterfällt.
Der Anwender profitiert von dieser einfachen, unmittelbaren Synchronisation: Der
Roboter kann einen neuen Rohling gegen
das fertige Werkstück einwechseln, während
die Bearbeitung des anderen Werkstücks
läuft – auch wenn (wie bei der Maka MK7)
Maschinenachsen im Tisch liegen und der
Tisch sich beim Roboterzugriff entsprechend
der Vorgaben des aktiven NC-Programms
bewegt. Dazu wird nicht einmal eine gesonderte Programmierung des Roboters
zum Nachvollziehen der Tischbewegungen
benötigt: Die Koordinatentransformation
der Steuerung bewirkt, dass der Roboter
das Werkstück-Koordinatensystem nutzt –
dieses fährt mit der Aufspannung mit, der
Roboter folgt den Tischbewegungen ohne
weiteres Zutun von Programmierer oder
Bediener. Der Roboter verhält sich somit
im Synchronbetrieb wie ein integraler Teil
der Maschinenkinematik.
Tiefgreifende Integration erschließt
neue Rationalisierungspotenziale So
ist der Roboter bei einer Integration mit
Run My Robot mit dem Be- und Entladen
von Werkstücken, Vorrichtungen oder Paletten fast schon unterfordert. Bei Maka
denkt man daher längst über eine erweiterte Nutzung nach. Alexander Hiller hat
bereits darüber hinausgehende Lösungen
realisiert: Ein mit einer Spindel ausgerüsteter Roboter kann Bohrbearbeitungen an
Stirn und Flanken des Werkstücks durchführen, während die Maschinenspindel
die Oberfläche schlichtet – auch während
sich der Tisch bewegt. In größeren Maschinen kann er die Werkzeugwechselzeiten
verkürzen, indem er der Spindel auf dem
Weg zur nächsten Bearbeitungsposition
folgt und das Werkzeug On the Fly tauscht.
Mitfahrende Werkzeugmagazine kann ein
derart integrierter Roboter hauptzeitparallel bestücken – zumal er durch die Integration in die CNC-Steuerung und CAD/
CAM-Kette Störkonturen ebenso wie den
Werkzeugkopf der Maschine berücksichtigt und umfährt.
Ein mit Barcode-, Matrix-, RFID-Leser
oder Kamera ausgestatteter Roboter kann
die bereitstehenden Paletten oder Vorrichtungen und die Werkstücke identifizieren,
sodass die CNC automatisch das benötigte Teileprogramm lädt und abarbeitet. Der
Bediener muss lediglich die (gegebenenfalls
vorgerüsteten) Rohlinge auf einen freien
Platz im Abholbereich des Roboters bereitstellen – der Rest läuft ohne sein weiteres Zutun ab. In einer solchen Umgebung
lassen sich auch Fertigungsaufträge mit
Losgröße 1 und/oder unterschiedlichen
Materialien hocheffizient und in dichter
Folge bearbeiten – ein wichtiger Beitrag
zur Flexibilität der Fertigung.
Maka-Geschäftsführer Klaus Kern umreist die strategische Perspektive: „Die konsequente CNC-Integration mit Run my
Robot erschließt dem Anwender sehr weit-
gehende Rationalisierungspotenziale. Die
CAD/CAM-Prozesskette kann nun so erweitert werden, dass sie parallel zum NCProgramm standardmäßig auch das Steuerprogramm für den Roboter generiert. Eine
solche Prozesserweiterung könnte den Roboter nicht nur für das Teilehandling, den
maschinennahen Materialfluss oder Linienintegration nutzen, sondern auch direkt
in die Fertigung einbinden. Sinumerik Run
My Robot hat damit das Potenzial, mittelfristig unser hauseigenes System zur Roboteranbindung zu erweitern.“
Chancengleichheit für europäische
Holzbearbeiter Das Potenzial eines mit
Sinumerik Run my Robot betriebenen Roboters geht deutlich über zeitoptimiertes
Rüsten, Be- und Entladen hinaus; zusätzlich zur Verkürzung der Nebenzeiten erschließt diese Lösung auch Möglichkeiten,
die Hauptzeiten zu reduzieren. Kern stellte
schon im Vorfeld der Ligna verstärktes Interesse an der robotergestützten Fertigungsautomatisierung fest – und zwar in Asien:
„Langfristig denkende Unternehmen in diesen Regionen reagieren bereits auf das auch
dort steigende Lohnniveau. Das werte ich
als klares Signal für europäische Holz und
Composites bearbeitende Unternehmen,
dass der vermeintliche Wettbewerbsvorteil fernöstlicher Betriebe mit intelligent
optimierten Fertigungslösung aufgewogen
wird.“ Neben Maßnahmen zur Steigerung
der Energieeffizienz – beispielsweise mit Sinumerik Ctrl-Energy – und einem System
zur betriebsdatengestützten Optimierung
der Produktivität ist die CNC-gestützte
Roboterintegration für Maka einer der Ansatzpunkte zur Steigerung der Effizienz und
der Flexibilität europäischer Fertigungen.
Ein wirklich wichtiger Ansatz, der mit Sinumerik Run my Robot nun sehr einfach
realisierbar ist.
u www.siemens.de/holz
WWW.HOB-MAGAZIN.COM
www.hob-magazin.com
HOB
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