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B 61060 · Juni 2016 · Einzelpreis 19,50 € · www.automobil-elektronik.de
05-06/2016
E/E-Entwicklung für Entscheider
Die Automobilindustrie
im radikalen Umbruch
Interview mit Ricky Hudi und Audis E/E-Team
S. 14
ADAS
CONNECTED CAR
HIGHLIGHT
Entwicklungsplattform für
künstliche Intelligenz beim
autonomen Fahren:
S. 30
Datenschutz im Auto:
Herausforderung und
Aufgaben
S. 68
Laserdioden-Treiber für
AR-HuDs auf Basis von
MEMS-Technologie
S. 81
Ferndiagnose
VerkehrsInfotainment
information
Software
Werkstatt
Update
eCall
HACKERANGRIFF
Bezahlsysteme
Apps
Internetservices
CAR2CLOUD
ONBOARD
Safety & security
Ungewollte Zugriffe
werden abgeblockt
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Editorial
EV-Relais
editorial
Kompromisslos
zuverlässig
von Chefredakteur Alfred Vollmer
Große Herausforderungen
W
enn Sie das Cover-Interview
mit Ricky Hudi und Mitgliedern von Audis E/E-Team auf
Seite 14 lesen, dann erkennen Sie, dass
uns eine hochinteressante Zeit bevorsteht, in der äußerst wichtige strategische
Weichenstellungen bevorstehen. In dieser
Ausgabe finden Sie die meisten der aktuell anstehenden Themen der Branche
ganz geballt: Von ADAS und automatisiertem Fahren (Seiten 18 bis 51) über
alternative Antriebskonzepte (Seiten 52
bis 55) bis hin zu Optoelektronik (Seiten
58 bis 67) und dem Connected Car (Seiten
68 bis 77). Der starke Fokus auf den Fahrerassistenzsystemen spiegelt auch den
besonders hohen Entwicklungseinsatz
der Branche im ADAS-Bereich wider.
Dabei beschäftigt sich diese Ausgabe ganz
bewusst nicht nur mit den rein technischen Aspekten sondern auch mit einigen
Randthemen, die aber für den Markterfolg
der technischen Systeme von elementarer
Bedeutung sind. Das Interview mit dem
Audi-Team macht dabei den Anfang. Auf
Seite 48 berichtet ein auf das Thema spe-
zialisierter Rechtsanwalt, wie sich die Versicherungen und die damit zusammenhängenden Geschäftsmodelle durch das
automatisierte Fahren verändern werden.
Continental-Vorstand Helmut Matschi
fasst ab Seite 68 das heiße Eisen „Datenschutz“ an und bezieht eindeutig Stellung
– und zwar in einer Art und Weise, die
mit dem Motto „Do ut Des“ der alten
Römer einen gangbaren Weg für die Branche beschreibt. Wie wichtig ein gutes
Innovationsmanagement per se ist, erklärt
Dr. Dieter Lederer kurz und prägnant auf
Seite 80.
Ich bin mir sicher, dass wir über all diese
Themen am 14. und 15. Juni auf dem mittlerweile 20. AUTOMOBIL-ELEKTRONIKKongress in Ludwigsburg intensiv sprechen werden. Ich freue mich schon darauf,
auf diesem Networking-Kongress wieder
viele gute Gespräche mit E/E-Entscheidern
zu führen!
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Keramikkammer eine perfekte
Schaltperformance, auch im Grenzbereich:
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Komponenten (Haupt- bzw.
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für AR-HuDs
Highlight, Seite 81
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Juni 2016
14
Märkte + Technologien
26
Auf dem Weg zum autonomen
Fahren
Modellbasierte Entwicklung des
automatisierten Fahrerlebnisses
30
Künstliche Intelligenz im
autonomen Fahren
Entwicklungsplattform für
selbstfahrende Autos
06ZVEI-Standpunkt
Nur gemeinsam erfolgreich bei HAF
0 8
10
Top 5
News und Meldungen
Coverstory
14
Die Automobilindustrie im
radikalen Umbruch
Interview mit Mitgliedern des Audi-EE-
18
Wegbereiter für autonomes Fahren
Bildverarbeitung und neuronale Netze
22
Roboterarchitekturen im Fahrzeug
Die DNS für das automatisierte Fahren y
Optoelektronik
Mehr als die Summe der Teile
Sensorfusion in autonomen
Fahrsystemen
Stromversorgung von LEDs im
Vergleich
DC/DC-Topologien für die LED-Fahrzeugbeleuchtung
62
Der Trend geht zu zentralen
Domänen-ECUs
Rote und blaue Farbtöne werden
dunkler
LED-Fahrzeugbeleuchtung
66
Raytracing für fotorealistisches HMI
Cluster und HuD werden effizienter Von der ADAS-Kamera zum
Mobilitätskonzern
Sensorfusion und Softwareentwicklung
38
42
Fahrerassistenz
Hochintegration von ADAS-Funktionen z
46
Mehr Komfort,
geringere Emissionen
Batteriemanagement für das
48-V-Bordnetz
58
34
Teams und EE-Leiter Ricky HudiRu
54
Individuell war gestern
Kfz-Versicherung beim automatisierten
Fahren
Antriebskonzepte
Connected Car
68
Datenschutz im Auto
Herausforderung und Aufgaben
72
Die digitale Welt der
Automobilnutzung
Datenbasierende Geschäftsmodelle im
Flottenbereich
76
Mehrwert für alle Beteiligten
Strategisches Benchmarking bei
Infotainmentsystemen
5248-V-Mild-Hybrid
Serienfertigung läuft binnen 18
Monaten an
Individuell war gestern
46 Kfz-Versicherung
Wie automatisiertes Fahren die
Haftungs- und Versicherungssituation verändern wird.
4
Automobil Elektronik 05-06/2016
www.automobil-elektronik.de
68
RUBRIKEN
03
Editorial
Große Herausforderungen
74
Marktübersicht
HV-Testgeräte, Messequipment und Dienstleistungen
80
Tradition killt Innovation
Dr. Lederers Management-Tipps
81
Highlight
Laserdioden-Treiber für AR-HuDs
82
82
Impressum
Inserenten-/Personen- und
Unternehmensverzeichnis
ODX
OTX
D-Server
Flash Programming
OBD
Entwicklung
D-PDU API
Diagnose-Test
Produktion
VCI
CAN
Simulation
Service
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Automotive-Abkürzungen
Erklärungen zu derzeit über 777 Abkürzungen rund um die
Automobil-Elektronik finden Sie auf www.all- electronics.de
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Märkte + Technologien ZVEI-Standpunkt
Nur gemeinsam
erfolgreich bei HAF
Bild: ZVEI
Hans-Georg Frischkorn ist freier Berater und Mitglied
im ZVEI Steuerkreis Automotive Software.
D
ie Einführung von komplexen
Fahrerassistenzsystemen (ADAS)
ist in vollem Gange; auch wenn
die Zeitleiste für die Einführung von
Hochautomatisierten Fahrzeugen (HAF)
noch Unsicherheiten birgt, so muss sich
die gesamte Industrie heute konkret auf
die neuen Anforderungen einstellen. Die
Einführung von Hochautomatisierten
Fahrzeugen passiert nicht mit einem Paukenschlag, sondern Schritt für Schritt –
und die ersten Schritte haben längst
begonnen; die Serienanläufe der letzten
Jahre zeigen das eindrucksvoll.
Vernetztes hochautomatisiertes Fahren
bedeutet, dass die Komplexität eines „system of systems“ sicher beherrscht werden
muss: die Fahrzeuge sind miteinander vernetzt, aber auch mit der Umwelt und der
Infrastruktur und mit Anwendungen in der
Cloud. Für diese neuen Herausforderungen
muss die gesamte Industrie gemeinsame
Ansätze finden – es ist weder sinnvoll noch
leistbar, wenn jedes Unternehmen bei den
Basistechnologien, Architekturen und Prozessen eigene Wege definiert und damit
signifikante Mehrfachaufwände in der
Wertschöpfungskette verursacht.
SW-Referenzarchitektur für HAF
Kritische Handlungsfelder liegen in der
Entwicklung der Elektronik und Software
von ADAS/HAF und hier speziell auf den
Themen Entwicklungs- und Test-Methodik, Absicherung und Funktionale Sicherheit bis zur Serienreife/Zulassung. Ziel
einer intensiven unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit muss es sein,
kurzfristig eine erste Software-Referenzarchitektur für HAF zu erarbeiten, die
6
Automobil Elektronik 05-06/2016
dann auch als Basis für neue Strategien
zur Validierung und Verifikation dienen
kann. Diese offene Referenzarchitektur
muss funktional orientiert sein und soll
n icht physi ka l ische Sch n it tstel len
beschreiben, sondern logische Abstraktionen entlang der Datenverarbeitungskette (Schnittstellen und Services). Für diese
Objekte können dann Güte- und Qualitätskriterien definiert werden, die wiederum Grundlage für konkrete Testanforde-
Der Dialog über
neue Formen der
Zusammenarbeit
hat begonnen.
rungen und für die Wahl der geeigneten
Testmethoden (von xiL bis zum Test im
Fahrzeug) sind.
Sicherheit einbauen
Dokumentation und Analyse der Testabdeckung übergreifend über die Testaktivitäten unterschiedlicher Partner und
unterschiedlicher Testebenen sind von
entscheidender Bedeutung – genauso wie
das Life-Cycle-Testing: wie erhalte ich die
Leistungsfähigkeit des Systems über die
Lebenszeit. Data-Security und CyberSecurity-Aspekte müssen berücksichtigt
werden. Ein weiteres wichtiges Thema ist
die Weiterentwicklung und Ergänzung der
ISO26262 für automatisiertes Fahren hin
zu „fail operational“ – eine 100 % Korrektheit ist bei stochastischen Themenstellungen und maschinellem Lernen nicht
er­reichbar; mit diesem „Vollständisgkeitsdilemma“ müssen wir gemeinsam umgehen. Die Komplexität dieser Aufgabe zeigt
eindeutig: die Industrie kann diese riesige
Herausforderung nur gemeinsam lösen.
Dazu braucht es neue Formen und Regeln
der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit.
Der Wille zu einer unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit wird auf
Tagungen und in allen Gesprächen mit
Entscheidungsträgern bei OEMs und bei
den großen Zulieferern betont. Große
Gemeinschaftsprojekte wie Pegasus (um
nur eins zu nennen) zeigen die gute
Absicht der Industrie. Aber es ist nicht mit
einem Projekt allein getan – viel wichtiger
ist die Bereitschaft zu einer offenen Kommunikation auch über solche Großprojekte hinaus und die Fähigkeit, die Arbeitsergebnisse anderer als Basis für den jeweils
nächsten Schritt anzuerkennen und aus
dem gewohnten „not invented here“ auszusteigen. Dieser Kulturwandel fällt
schwer – aber genau hier liegt der Schlüssel für mehr Agilität in der Automobilindustrie. Eine realistische Einschätzung,
wo tatsächlich Diffe-renzierungspotentiale liegen, ist erforderlich – nicht alles, was
innovativ und technologisch anspruchsvoll ist, ist deshalb auch differenzierend.
Der Dialog über neue Formen der
Zusammenarbeit hat begonnen – lassen
Sie uns diese Diskussion alle engagiert,
ergebnisoffen und konstruktiv führen, um
HAF erfolgreich auf die Straße zu bringen.
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Unternehmen. Und zum Nutzen für alle
Teilnehmer im Straßenverkehr durch
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Märkte + Technologien Meldungen
Top-FIVE
Die Zeitschrift AUTOMOBIL-ELEKTRONIK finden Sie jeweils als
Komplett-PDF jeder Druckausgabe zeitverzögert und permanent
archiviert unter www.automobil-elektronik.de. Zusätzlich stellen
wir die einzelnen Beiträge unter www.all-electronics.de online.
Über den Filter „Automotive“ oder den Channel „Applikationen /
Automotive“ fokussieren Sie die Auswahl auf Themen rund um
1
Interview mit Matthias Stumpf, QNX
300ael0416
Beitrag der Redaktion
die Automobilelektronik. Die folgenden neuen automotive-relevanten Beiträge wurden in den Monaten April und Mai am häufigsten aufgerufen. Eintippen des Info­DIREKT-Codes auf all-electronics.de führt Sie direkt zum Beitrag.
Das Abkürzungsverzeichnis erreichen Sie jetzt ganz komfortabel,
indem Sie ganz oben auf der Homepage „Abkürzungen“ anklicken.
2
Marktübersicht: Anbieter/Dienstleister Automobilelektronik
3
37. Wiener Motorensymposium
4
Tri-Cam: Premium-Kamerasystem mit drei Objektiven
5
Warum Cybersecurity so wichtig ist + wie man sie umsetzt
399ael0616
313ael0616 Beitrag der Redaktion
Beitrag der Redaktion
321ael0416
ZF TRW
313ael0416Renesas
Automobile Lichttechnik
Hella plant die Eröffnung eines neuen Entwicklungszentrums
für automobile Lichttechnik. Mit dem Aufbau einer neuen Entwicklungsdependance im Raum Stuttgart will das Unternehmen
die wachsende Nachfrage nach LED-Lösungen bedienen und
die Nähe zu den in der Region verwurzelten Kunden intensivieren. Der Schwerpunkt der neuen Einheit soll insbesondere auf
der Entwicklung von LED-Produkten und -komponenten für
Kunden im süddeutschen Raum liegen. Das neue Entwicklungszentrum, das im Herbst 2016 eröffnet werden soll, wird in der
ersten Ausbaustufe rund 25 Mitarbeiter umfassen. Perspektivisch
soll die Zahl der Entwickler dort in den kommenden Jahren auf
über 100 Beschäftigte ansteigen. Mehr per infoDIREKT. (jck) n
Bild: Hella
Hella entwickelt auch in Süddeutschland
Im Labor prüft Hella die Scheinwerfer auf elektromechanische Verträglichkeit, um mögliche Wechselwirkungen mit anderen Fahrzeugkomponenten
auszuschließen.
infoDIREKT 107ael0616
TERMINE
20. Internationaler Fachkongress Fortschritte in der Automobil-Elektronik
14. bis 15.6.2016, Ludwigsburg
automobil-elektronik-kongress.de
Concar Expo
29. bis 30.6.2016
www.concarexpo.com
8
Automated Driving
29. bis 30.6.2016, Düsseldorf
www.vdi-international.com
IAA Nutzfahrzeuge
22. bis 29.9.2016, Hannover
iaa.de
Optische Technologien
im Fahrzeug
6. bis 7. 7.2016, Freising
www.vdi.de/ot-auto
Internationale Zulieferbörse
18. bis 20.10.2016, Wolfsburg
www.izb-online.com
Automobil Elektronik 05-06/2016
Methoden: Aktive Sicherheit
und automatisierte Fahren
26. bis 27.10.2016, Essen
www.hdt-essen.de
Electronica
8. bis 11.11.2016, München
www.electronica.de
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TRUST IS EARNED
VERTRAUEN
MUSS MAN SICH VERDIENEN
Anderen Fahrern zu vertrauen, ist eine Sache. Aber die Kontrolle an das eigene Auto abzugeben
erfordert eine ganz neue Ebene des Vertrauens zwischen dem Fahrer und seinem Fahrzeug.
Die Fahrerassistenzsysteme von ZF TRW bauen schon heute das Vertrauen auf, das die Akzeptanz
autonomer Fahrzeuge von morgen fördert.
KOGNITIVE SICHERHEITSSYSTEME
© ZF TRW 2016
Märkte + Technologien Meldungen
THERMISCHE ZUVERLÄSSIGK EIT UND LEBENSDAUER VON IGBTS
Simulation und Test
densursachen erkennen. „Mentors Micred
Power Tester 600A liefert genaue und
zuverlässige Testergebnisse, die sich auf
reale Anforderungen übertragen lassen“,
konstatiert Roland Feldhinkel , GM der
Mechanical Analysis Division von Mentor.
Umfassende Diagnosen für die thermische Zuverlässigkeit spielen dabei eine
wichtige Rolle. Der Power-Tester bietet
einen Zuverlässigkeitsprüfprozess für die
Lebenszyklus-Bewertung, wobei die Lastwechsel vollständig automatisiert sind.
Das Strukturfunktion-Feature T3Ster
innerhalb des Testers liefert für jeden IGBT
zerstörungsfreie Daten von fortschreitenden Fehlern. Während des Testens zeichnet das System alle Diagnoseinformationen auf: von Strom, Spannung und
Temperaturerfassung bis hin zu Änderungen in der Strukturfunktion, die auf Fehlerursachen in der Package-Struktur hinweisen. So lassen sich die Gehäuseentwicklung, die Zuverlässigkeit und die
Chargenprüfung von eingehenden Komponenten schon vor der Produktion testen.
Entscheidend für eine sichere Zuverlässigkeitsprognose ist eine hohe Simulationsgenauigkeit. Der Micred Power Tester
600A kann IGBT-Module mit Zehntausenden von Zyklen ansteuern und Daten
von fortschreitenden Fehlern in Echtzeit
für Diagnosen zur Verfügung stellen. Dies
reduziert die Zeiten für Tests erheblich und
erübrigt Post-Mortem- oder zerstörende
Bild 1: Der skalierbare Micred
Power Tester
600A testet
Leistungselektronikkomponenten von
Elektro- und Hybrid-Fahrzeugen unter Lastwechsel und ermöglicht eine thermische
Simulation mit hoher Genauigkeit.
Fehleranalysen. Für die genaue thermische
Charakterisierung von IGBTs und Komponenten lassen sich mit Hilfe von Mentors Kalibrierungstechnologie die damit
verbundenen 3D-CFD-Simulationsfehler
(CFD: Computational Fluid Dynamics)
von typischen 20 % auf 0,5 % reduzieren.
Die Skalierbarkeit der Tester ermöglicht
Reihentests mit mehreren Leistungshalbleitern parallel. Bis zu acht Power-Tester
lassen sich kaskadieren, um so gleichzeitig
bis zu 128 IGBTs in einem System mit Lastwechseln zu beaufschlagen. Der Tester
arbeitet unter Last mit 48 V, und die Anwender können Komponenten untersuchen, die
für hohe Flexibilität auf einem externen
Kühlsystem befestigt sind. Der Micred
Power Tester 600A erfüllt auch die Anforderungen des sich abzeichnenden DefactoStandards für das Testen von EV/HEVLeistungselektronik, der den die deutsche
Automobilindustrie derzeit entwickelt. (jwa)
infoDIREKT
801ael0616
Bilder: Mentor Graphics
Als Teil einer umfassenden Lösung für
thermische Simulation und Hardwaretests
bringt Mentor Graphics den Micred Power Tester 600A zum Testen der thermischen
Zuverlässigkeit von simultan bis zu 128
IGBTs für Elektro- und Hybridfahrzeuge
auf den Markt. Der erhöhte Prüfdurchsatz
liefert statistische Fehlerdaten, aus denen
sich Prognosen zur Lebensdauer von Produkten im Feld ableiten lassen.
Der neue „Micred Power Tester 600A“
von Mentor Graphics hilft, die Zuverlässigkeit der Leistungselektronik-Komponenten
von Elektro- und Hybridfahrzeugen (EV/
HEV) unter Lastwechsel zu ermitteln. Entwicklungs- und Zuverlässigkeitsingenieure können damit IGBTs, MOSFETs, diverse Leistungstransistoren und Ladegeräte
hinsichtlich ihrer thermischen Zuverlässigkeit und Lebensdauer testen, um einem
Rückruf bei (H)EVs vorzubeugen. Dabei
besteht die Möglichkeit, viele diskrete Leistungskomponenten oder -module parallel
zu testen. Der erhöhte Prüfdurchsatz liefert
statistische Fehlerdaten, aus denen sich
Prognosen zur Lebensdauer von Produkten im Feld ableiten lassen.
Entwickler von EVs und HEVs müssen
unter anderem die thermische Zuverlässigkeit von Leistungselektronikmodulen
gewährleisten, eine mögliche, durch eine
Reihe standardmäßiger Lastwechsel verursachte Degradierung von IGBTs erkennen sowie die zugrunde liegenden Scha-
Bild 2: Aus Leistungsmessdaten von realen Fahrzyklen lässt sich ein 3DWärmefluss-Modell berechnen und damit die Temperaturverteilung im jeweiligen Bauteil. Der Micred Power Tester 600A unterstützt dabei die Verifikation der Simulationsergebnisse über Hardwaretests, was eine Bewertung
der Zuverlässigkeit und Lebensdauer von IGBTs sicherer und genauer macht.
10
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
Bild 3: Der Power Tester liefert Daten, die in Flotherm zur automatisieren
Kalibrierung eines 3D-CFD eines Packages verwendbar sind. Durch Mentors Kalibrierungsansatz auf Basis der Micred-T3Ster-Technologie lassen
sich Fehler auf 0,5 % reduzieren und eine präzise thermische Modellierung
von IGBTs und Komponenten erzielen.
www.automobil-elektronik.de
Märkte + Technologien Meldungen
37. Wiener Motorensymposium
Auf dem 37. Wiener Motorensymposium blieb der Hybridantrieb Mangelware, rein batterieelektrische Antriebe fehlten ganz. So geriet die zweitägige Veranstaltung primär zum
Schaulaufen der ICEs.
Eine Diverse Infos rund um
d ie Verbren nu ng smotorLösungen von Bugatti (1500 PS
/ 1600 Nm), Aston Martin und
BMW (jeweils V12-Motoren),
Volkswagen (130 PS mit 1 l/100
km weniger Verbrauch), Daimler (Diesel), General Motors
(1,6 l Diesel mit 160 PS), Audi
(V8 TDI mit 48-V-Teilbordnetz)
und andere erfahren Sie in der
sehr ausführlichen Langversion dieses Beitrags per infoDIREKT. Dort finden Sie auch
Zusatzinfos über RDE aus Sicht
des TÜV Nord, die EU-Bestimmungen ab 2020 sowie über
Wasserstoff-Brennstoffzellenfahrzeuge.
„Klar ist: Ohne Elektrifizierung des Verbrennungsmotors
geht in Zukunft nichts mehr“,
stellte Prof. Hans Peter Lenz,
Gründer und Leiter des Wiener
Motorensymposiums, schon in
seiner Eröffnungsansprache
fest. Auch wenn in Wien nur
zwei neue Entwicklungen mit
Hybridantrieb vorgestellt wurden und Elektroautos ganz
fehlten, scheint klar, dass sich
ab der oberen Mittelklasse der
Plug-In-Hybridantrieb durchsetzt. In den Segmenten darunter läuft alles auf den elektrifizierten Antrieb mit Teilbordnetz auf 48-V-Basis hinaus.
Das Mild-Hybridsystem habe
den Vorteil, „zu 30 % der Kosten eines Vollhybrids 70 % von
dessen Funktionen bereitzustellen“, sagte John Fuerst, VP
Engineering bei Delphi Powertrain. Das „Gasoline Techwww.automobil-elektronik.de
nology Car II“ aus der Kooperation von Continental und
Schaeffler ist ein guter Beleg
für diesen Befund. Das Fahrzeug mit 48-V-Hybridsystem
basiert auf einem Ford Focus.
Daimler informierte unter
anderem über die „streckenbasierte Betriebsstrategie“, und
ganz klar kristallisierte sich der
Trend zur Fahrzeug-Vernetzung heraus. Ken Washington,
VP für Forschung und Vorentwicklung bei Ford, fasste die
Herausforderungen für die
Branche in einem einzigen Satz
zusammen: „Vernetzung und
autonomes Fahren werden auf
die Automobilindustrie so disruptive Auswirkungen haben
wie das Auto vor gut 100 Jahren auf die individuelle Mobilität.“ Da müsste die Reduzier ung von Verbrauch und
Bild: ÖVK/Doris Kucera
WENIG IMPULSE AUS DER HYBRIDFRAK TION
Über1000 Motorenexperten und
Topmanager der Autobranche sowie Forscher und Wissenschaftler
konferierten im Kongresszentrum
der Wiener Hofburg zu Fortschritten in der Antriebstechnik.
Schadstoffemissionen doch
machbar sein – auch beim Diesel. ( Wilhelm Missler/av)
infoDIREKT
313ael0616
DRIVING THE
CONNECTED CAR
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AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
11
Märkte + Technologien Meldungen
Stefan Rathgeber
(Continental) löst Simon Fürst (BMW) als
Sprecher von Autosar
ab.
Toshihiko Tanaka ist
der neue President
von Socionext Europe
(SNEU) sowie von Socionext Embedded
Software Austria (SESA). Sein Vorgänger
Shoji Ohashi geht
nach Japan zurück.
Oliver Schubert ist
der neue CEO der
Zizala Lichtsysteme
GmbH. Der bisherige
CEO Hubert Schuhleitner zieht sich ins Privatleben zurück.
Karl Gadesmann
wird zum 1.10.2016
der neue CFO der Leoni AG. Neben den
klassischen Aufgaben
eines Finanzvorstands übernimmt er
auch die Verantwortung für das Ressort
Information Management.
Jochen Hanebeck,
bisher Präsident der
Division Automotive,
wird zum 1. Juli 2016
Vorstand des neu geschaffenen Ressorts
Operations bei Infineon
Horváth-Studie
Wie viel ist ein Autofahrer bereit, für den
Konsum von Mehrwertdiensten in einem
autonomen Fahrzeug zu zahlen? Dieser
Frage haben sich die Managementberatung
Horváth & Partners und das Fraunhofer
IAO in der gemeinsamen Studie „The Value
of Time – Nutzerbezogene Service-Potenziale durch autonomes Fahren“ angenommen. Das Ergebnis lässt aufhorchen.
Für die sechs definierten Bedürfniskategorien Kommunikation, Produktivität,
Grundbedürfnisse, Wohlfühlen, Information und Unterhaltung wurden durchschnittliche Zahlungsbereitschaften von
jeweils zwischen 20 und 40 Euro pro Monat
ermittelt. Daraus wird schon in wenigen
Jahren ein bedeutsamer Markt entstehen:
Allein für Deutschland prognostizieren die
Studienautoren im nächsten Jahrzehnt ein
jährliches Umsatzvolumen von mehreren
Milliarden Euro für Mehrwertdienste während der Fahrt. In Japan und den USA ist
die Zahlungsbereitschaft noch größer.
Auch mit welchen Services und Produkten
die Umsätze erzielt werden, unterscheidet
sich zwischen den Ländern.
„Drei Viertel der befragten 1500 Autofahrer würden für Mehrwertdienste in
einem autonomen Fahrzeug zahlen“, fasst
Ralf Gaydoul, Partner und Leiter des Automotive Centers bei Horváth & Partners,
zusammen. „Wir gehen davon aus, dass
autonome Fahrzeuge sich in den nächsten
zehn Jahren etablieren werden. Je mehr
sich das autonome Fahren durchsetzt, desto größer wird die Nachfrage der Nutzer
nach Services sein, um die frei werdende
Zeit im Auto sinnvoll zu nutzen. Summiert
Bild: Horváth & Partners und Fraunhofer IAO
PERSONEN
AUTONOMES FAHREN GENERIERT MILLIARDENMARKT FÜR DIENSTE
Szenario A
Das automatisierte Auto
Szenario B
Die fahrerlose Kapsel
Befragt wurden 1500 Autofahrer in Deutschland, den USA (Kalifornien) und Japan zu möglichen Aktivitäten während des autonomen Fahrens und der damit verbundenen Zahlungsbereitschaft.
man die Werte über alle Bedürfniskategorien hinweg auf, so kommt man auf einen
monatlichen Betrag von weit über 100 Euro
pro Fahrer.“
Am größten ist die Bereitschaft, Geld
für Angebote rund um Kommunikation
und Produktivität zu investieren. „Diese
Services werden in allen drei untersuchten
Ländern am stärksten nachgefragt, jedoch
mit unterschiedlicher Auspräg ung“,
erklärt Dr. Jennifer Dungs, Leiterin des
Geschäftsfelds Mobilitäts- und Stadtsystem-Gestaltung am Fraunhofer IAO. „In
Japan ist beispielsweise das Interesse an
Social-Media-Diensten während der Fahrt
deutlich höher als hierzulande (64 %
gegenüber 23 %).“ Dementsprechend können Anbieter aus verschiedenen Bereichen
signifikante Umsatzanteile gewinnen.
Mehr zu dieser Studie finden Sie per
infoDIREKT. (jck)
■
infoDIREKT
108ael0616
Kurz & BÜNDIG
Bourns ist der OPEN Alliance (One-Pair Ethernet) beigetreten.
Micronova ist jetzt Mitglied im ASAM e. V.
Bosch hat die Zulassung für ein Kollisionswarnsystem mit automatischer Notbremse erhalten, das in Personen-Straßenbahnen zum
Einsatz kommt.
Lumberg erhielt von Brose den Key Supplier
Award 2016.
12
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
Toyota zeichnete Continental mit dem Annual Technology & Development Award aus – für
die Multifunktionskamera mit Lidar (MFL).
Nexteer hat ein neues Technologiezentrum
und ein drittes Werk am Standort Tychy/Polen
eröffnet: für Lenk und Assistenzsysteme.
Valeo erhielt für seinen elektrischen Kompressor sowie den wassergekühlten Kondensator
einen PACE Award.
BHTC hat in Mexiko eine neue Fertigung eröffnet, um von dort aus Audi, BMW, Daimler, GM,
Volkswagen und andere OEMs im NAFTARaum zu bedienen.
Renesas und Microconsult arbeiten beim Training für die Synergy-Plattform zusammen.
EDAG Engineering GmbH ist die neue Eigentümerin der Duvede-C Europe B.V.
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Märkte + Technologien Meldungen
DIE MESSE FÜR DIE MOBILITÄT DER ZUKUNF T
Es dauert nicht mehr lange,
dann findet am 29. und 30. Juni
2016 auf dem Messegelände in
Düsseldorf erstmals die internationale Fachmesse ConCar-Expo statt. Der VDI versucht dabei, als Veranstalter
den Spagat aus Ausstellung,
internationalen Fachkonferenzen und einem Messeforum
mit insgesamt mehr als 100
Vorträgen zu schaffen. Dabei
stehen automatisiertes Fahren
und ADAS, Navigation sowie
Telematik, C2x-Kommunikation, HMI, Bedienung und
Anzeige sowie die dafür benötigten Komponenten und Systeme wie etwa Sensoren und
Controller, aber auch Software, Car-IT und Infrastrukt u r te c h nolog ien ( Ne t z e,
Cloud, Big-Data Analytics,
Infotainment) im Mittelpunkt.
Als Aussteller sind unter anderem BMW, Microsoft, Tomtom,
ESG , Vodafone, Continental
oder Nvidia in Düsseldorf vertreten.
Aber n icht nur f ü r d ie
Schwergew ichte, sonder n
auch für junge, innovative
Unternehmen sieht der VDI
die Con-Car-Expo als die richtige Präsentationsplattform,
und dafür hat er eine eine
Start-up-Area geschaffen. So
zeigt Vimcar eine Lösung, um
ein Fahrtenbuch bei privater
Nutzung des Fahrzeugs regelkonform zu führen; durch die
Nutzung von Fahrzeugdaten
führt der Dienstwagen automatisiert sein Fahrtenbuch
selber. Ein weiteres Beispiel ist
die Navigations-App der Graphmasters aus Hannover. Alle
15 Sekunden optimiert die
App die Route und sorgt so
immer für eine möglichst optimale Streckenführung und
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aktualisierte Ankunftszeit.
In einem Usability Experience Hub führen Automobilexperten von SBD (Secured By
Design Ltd) Fahrzeugpräsentationen durch. Die Messebesucher vergleichen einzelne
Features miteinander und
erstellen so ein Benchmark der
Fahrzeuge Seat Ibiza, Tesla
Model S und Volvo XC 90. In
einem Research Hub können
sich die Besucher über unterschiedliche Technologien, wie
etwa Connectivity, Automatisierung, Sicherheit und EcoSysteme informieren.
Im Car-Pav illon zeigen
Automobilhersteller und Lieferanten neue Entwicklungen
und Zukunftsstudien zu den
unterschiedlichsten Themen.
So etwa ein Auto ohne Rückspiegel von Continental. Die
Bilder von mehreren Kameras
geben dem Fahrer auf einem
Display sämtliche Informationen, die er zum Fahren oder
Manövrieren benötigt. Mit der
oh ne Au ßenspiegel st römungsoptimierten Karosserie
sinken zudem Kraftstoffverbrauch und Geräuschpegel.
Der VDI veranstaltet neben
den Vorträgen auf dem Messeforum – zum Beispiel über
neue Geschäftsmodelle oder
juristische Aspekte – parallel
und in direkter räumlicher
Nähe zum Messegeschehen
außerdem noch vier internationale Fachkonferenzen, die
sich mit automatisiertem Fahren, HMI und Connectivity,
IT-Sicherheit und Sicherheitssystemen beschäftigen. Die
Keynote zur gemeinsamen
Eröffnung aller Fachkonferenzen im Rahmen der Con-CarExpo hält Elmar Frickenstein
von BMW.
C
M
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K
Bild: VDI
Con-Car-Expo 2016
Die Con-Car-Expo findet erstmals am 29. und 30. Juni 2016
auf dem Messegelände in Düsseldorf statt.
Darüber hinaus lädt ITS auf
der Con-Car-Expo zum zweitägigen Workshop „Öffentlicher Verkehr 4.0“ ein, auf dem
es um den aktuelle Stand und
die Vernetzungschancen von
Fahrzeugen mit der Infrastruktur geht. (jck/av)
■
infoDIREKT
mentor_general_102x146mm_rev1.pdf 2 04.04.2016 09:18:59
111ael0616
Titelinterview Audi
Interview mit Mitgliedern des Audi-EE-Teams und EE-Leiter Rick y Hudi
Die Automobilindustrie
im radikalen Umbruch
Audi sieht sehr große Veränderungen auf die Branche zukommen. AUTOMOBIL-ELEKTRONIK
sprach mit Mitgliedern des Audi-EE-Teams und EE-Leiter Ricky Hudi über die großen HerausAutor: Alfred Vollmer
forderungen und wie die Beteiligten sie meistern können.
Wie ist die aktuelle Situation in der Branche, Herr Hudi?
Ricky Hudi: Zum einen haben wir in der angestammten Branche
weiterhin einen sehr sportlichen Wettbewerb, auf der anderen
Seite bringen neue große Technologiegiganten aus dem Silicon
Valley und aus Asien Verschiebungen. Diese neuen Player kommen mit ganz revolutionären Ansätzen, nicht nur für Fahrzeuge,
sondern auch für eine komplette User-Experience inklusive
Smart-Mobility mit entsprechenden End-to-End-Konzepten.
Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?
Ricky Hudi: Auf den ersten zwei Seiten unseres Smartphones haben
wir unsere meistgenutzten Apps; die organisieren ein Stück weit
unser gesamtes Leben. In unserer Branche haben wir bisher eher
eine von dieser Welt separierte Car-Experience – und die ist aus
Sicht der User-Experience oft nicht durchgängig und nicht immer
optimal. Die große Aufgabe besteht jetzt darin, den Schritt von
der Car-Experience zur User-Experience zu machen, bei der der
Kunde im Mittelpunkt steht, während wir das Fahrzeug – ich
Ricky Hudi (rechts, neben seinem Assistenten Andre Hainzlmaier): „Derzeit
erfolgt der Wandel von der Car-Experience zur User-Experience. Dabei wird
sich die gesamte Technologiekette End-to-End massiv verändern – auch
die Zusammenarbeitsmodelle mit den Lieferanten und Technologiepartnern. Einen derart großen Umbruch hatten wir noch nie. All das passiert
jetzt mit riesiger Geschwindigkeit.“
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Automobil Elektronik 05-06/2016
provoziere einmal stark – einmal auf die Bedeutung einer App
reduzieren. Das ist provokant, aber zu einem bestimmten Zeitpunkt hat das Auto gerade nicht mehr Aufgaben zu erfüllen als
irgendeine von diesen Apps. Das Auto muss mit einem MobilityService im Hintergrund personalisierbar sein, es parkt in Zukunft
selbständig ein, lädt seine Batterien selber auf und so weiter. Da
muss eine ganze Welt zusammenspielen.
Ohne eine schnelle Online-Anbindung funktioniert gar nichts
mehr. Das gilt für die User-Experience genauso wie für das pilotierte oder autonome Fahren. Der nächste große Innovationshub
wird nur mit Cloud, Daten und dem passenden End-to-EndGeschäftsmodell möglich sein. Diese End-to-End-Architektur
werde ich vom Produkt her kommend über die interne Konfiguration bis zum Kundenerlebnis im Rahmen meiner Keynote in
Ludwigsburg darstellen (auf dem 20. Fachkongress „Fortschritte in der Automobil-Elektronik“ am 14. und 15.6.2016, die Redaktion): vom Cloud-Backend über das OEM-Backend, die 5G-Übertragungsstrecke bis zum Zugangspunkt – inklusive Domänen-
Marcus Keith (links): „Das Fahrzeug, das wir ausliefern, wird nach zwei bis
vier Jahren im Betrieb eine ganz andere Intelligenz und andere Softwareanteile haben als zum Zeitpunkt der Auslieferung.“
Jens Kötz (rechts): „Die Domänenrechner-Architekturen sind nur der Übergang zu funktionalen Rechenclustern...Die klassischen Domänenrechner
‚Komfort‘, ‚Fahrwerk‘, ‚Antrieb‘ etc. wird es auf der Ebene der Rechencluster in Zukunft nicht mehr geben.“
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Titelinterview Audi
Dr. Peter Steiner (ganz
links neben Alfred Vollmer): „Jetzt gilt es, offene Plattformen zu
schaffen, ... damit das
Auto ein Teil der digitalen Lebenswelt wird.“
Bilder: Alfred Vollmer
Alfons Pfaller (ganz
rechts): „Als nächsten
Schritt entwickeln wir
gerade den CockpitComputer, der das gesamte digitale Interieur aus dem Zentralrechner heraus treibt –
inklusive aller
Displays.“
architektur vom Fahrzeug bis hinunter auf die Halbleiterebene
oder auch umgekehrt, mit der folgenden Hauptbotschaft: Wir
brauchen neben der klassischen Mikrocontroller-Architektur
jetzt auch eine Computing-Plattform im Fahrzeug, ein Großhirn,
um aus dieser fest vordefinierten Welt der Mikrocontroller hin
zu einem Fahrzeug-Computer zu kommen. Die Zeit dafür ist
absolut reif.
Kommt dann analog zum PC ein CC, also ein Car-Computer?
Ricky Hudi: Ja, da möchte ich unsere Branche ziemlich aufrütteln,
denn die neuen Player denken genauso. Die neue Struktur reicht
von den ganzen I/Os auf der unteren Ebene, die wir intelligent
verwenden müssen, bis zum darüber liegenden Großhirn. Im
Rahmen der menschlichen Evolution hat sich über Millionen von
Jahren herauskristallisiert, dass die Sensorik und Aktuatorik des
Menschen, oft unbewusst im Körper einfach ablaufen. Das vegetative Nervensystem steuert das ganze; in der Analogie zum
Fahrzeug wäre das die Mikrocontroller-Architektur. Das Großhirn, das sich im Laufe der Jahrmillionen zunehmend herausbildete, setzte den Menschen letztendlich an die Spitze. In der
Analogie zum Fahrzeug wäre das nun die zentrale Computing
Einheit.
Es kommt ein weiterer Punkt hinzu, denn die Menschen haben
sich nicht nur als Einzelperson durchgesetzt, sondern ganz besonders dann, wenn sie in Gruppen aufgetreten sind, dann waren
sie besonders stark: Das ist die Schwarmintelligenz, und die kommt
in der Fahrzeugwelt aus der Cloud. Auch dafür ist die Zeit absolut reif. All das hat beachtliche Auswirkungen auf die Organisation und die Prozesse eines klassischen Automobilherstellers.
Dr. Peter Steiner: So wie der Mensch das Lernen gelernt hat, müssen
auch die Systeme das Lernen lernen; Machine-Learning und
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neuronale Netze sind daher wichtig, denn so können die Systeme wie beim Gehirn durch Eindrücke und phänomenologische
Verarbeitung intelligenter werden und sich an Situationen anpassen.
Marcus Keith: Mit unserem Computing-Plattformansatz können
wir das sehr gut abbilden, denn das Fahrzeug, das wir ausliefern,
wird nach zwei bis vier Jahren im Betrieb eine ganz andere Intelligenz und andere Softwareanteile haben als zum Zeitpunkt der
Auslieferung.
Wie sieht das in der Praxis aus?
Marcus Keith: Schon zum Zeitpunkt der Auslieferung ist dabei die
Funktionssoftware bedingt vorhanden. Per Function-on-Demand
lassen sich dann weitere Funktionspartitionierungen nachladen,
von denen wir einige frei zur Verfügung stellen werden, während
wir für andere etwas verlangen. Ein gutes Beispiel dafür sind die
Scheinwerfer, in denen die gesamte Hardware bereits bei der
Auslieferung vorhanden ist. Für einen definierten Betrag kann
der Kunde die Freigabe des intelligenten Fernlicht-Assistenten
mit dem Matrix-Scheinwerfer nachträglich hinzukaufen. Genauso besteht beispielsweise die Möglichkeit, per Software einen
30-kW-Boost über die E-Maschine zu realisieren. Damit entleert
sich natürlich die Batterie schneller, aber der Kunde kann sportlicher fahren. Mit derartigen Optionen wird das Fahrzeug über
die Lebenszeit attraktiver.
Für Function-on-Demand sind OTA-Updates, also Updates
über die Luftschnittstelle, erforderlich. Analog dazu haben wir
mit OTA-Updates die Möglichkeit, neue Skins im HMI zu implementieren, und selbst bei eventuellen Qualitätsthemen steht uns
OTA für zügige Updates zur Verfügung, ohne dass der Kunde
dafür in die Werkstatt muss.
Automobil Elektronik 05-06/2016
15
Titelinterview Audi
Was heißt das in Bezug auf die Steuergeräte und die Architektur?
Ricky Hudi: Wir werden viele intelligente I/Os haben, aber die funktionale Seite verlagern wir zunehmend in das Großhirn, also in
die Domänenrechner. Diese Domänenrechner verschmelzen zu
einem einzigen Großhirn, der „Zentralen Computing Einheit“,
das aus zwei Hälften besteht. Denn eine Hälfte alleine wird aus
Redundanzgründen nicht ausreichen. Die beiden Gehirnhälften
sind dann analog zu den Nervenbahnen über HochleistungsDatenverbindungen miteinander verbunden.
Jens Kötz: Die Domänenrechner-Architekturen sind nur der Übergang zu funktionalen Rechenclustern. Ein gutes Beispiel für das
Zusammenspiel der Domänen „Antrieb“ und „Fahrwerk“ sind
E-Antriebe. Rekuperation verzögert das Fahrzeug, die Funktion
„Bremsen“ war bisher dem Fahrwerk zugeordnet, aber jetzt ist
diese Funktionalität ganz eng mit der Antriebseinheit verwoben.
Derzeit ist hier im Rahmen der Entwicklung sehr viel Rechen- und
Kommunikationsaufwand erforderlich. Wenn wir aber Antrieb,
Längs- und Querregelung in einem funktionalen Rechencluster
vereinen, dann entsteht auch viel Potenzial für neue Funktionen,
die zuvor überhaupt nicht realisierbar waren. Die klassischen
Domänenrechner „Komfort“, „Fahrwerk“, „Antrieb“ etc. wird es
auf der Ebene der Rechencluster in Zukunft nicht mehr geben.
Über welchen Zeithorizont sprechen wir hier?
Alfons Pfaller: Ich denke, das ist ein sukzessiver Prozess, zumal
dieser Ansatz auch nicht ganz neu ist, denn in der Infotainment-
Besonders wichtige Themen sind eine ordentlich funktionierende Virtualisierung sowie die Echtzeit-Funktionalität und Endto-End-Security. Neben dem Cloud-Computing werden Machine-Learning und Sensorfusion riesengroße Themen für die Automobilhersteller sein. Auch ohne Datenkompression wird es nicht
gehen, denn wir werden Vorverarbeitungen auf der Clientseite
im Fahrzeug durchführen müssen, um die Datenmengen zu
beschränken und nicht einfach alles nur wild hoch zu streamen.
Derzeit erfolgt der Wandel von der Car-Experience zur UserExperience. Dabei wird sich die gesamte Technologiekette Endto-End massiv verändern – auch die Zusammenarbeitsmodelle
mit den Lieferanten und Technologiepartnern. Einen derart großen Umbruch hatten wir noch nie. All das passiert jetzt mit riesiger Geschwindigkeit.
Wann kommt es dabei zu größeren Schritten?
Jens Kötz: Bei der Architektur muss man sich ein Zieltarget setzen.
Da bietet sich bei einem OEM immer der nächste Baukasten an.
Wenn die neue Architektur erst einmal entsprechend in einem
Fahrzeug umgesetzt ist, lassen sich darauf aufbauend auch viele
Funktionalitäten noch nachträglich aufsetzen.
Vorher erfolgen Zwischenschritte. Wir sind es inzwischen
gewohnt, dass solche Schritte, wie im Infotainment, auch in
anderen Domänen vorher einfließen, damit es keinen Big-Bang
mit der neuen Plattform gibt und man das Risiko minimiert
einsetzt. Bestimmte Technologien werden vorher einfließen und
im Proof-of-Concept die Serientauglichkeit vorher nachweisen.
Wir OEMs müssen
„bereit sein, größer zu
denken und lernen, mit
Partnern im Wettbewerb
zu stehen und gleichzeitig
zu kooperieren. Dann
erst werden Möglichkeiten entstehen, die bisher
als unmöglich galten.“
Ricky Hudi
welt sind wir damit schon länger unterwegs. Noch vor fünf oder
sechs Jahren war das Infotainment noch ein Verbund aus sechs
bis zehn Steuergeräten, die mittlerweile alle in einen Zentralrechner migriert sind. Als nächsten Schritt entwickeln wir gerade den „Cockpit-Computer“, der das gesamte digitale Interieur
aus dem Zentralrechner heraus treibt – inklusive aller Displays.
Ricky Hudi: Der MIB und das zFAS sind die Vorläufer dieser Großrechner, die wir für Computing-Architekturen brauchen. Dabei
spielen einige Technologien eine zentrale Rolle. Das Thema Gigabit-Ethernet wird absolute Schlüsseltechnologie sein, wobei die
Geschwindigkeit auf 20, 30 oder noch mehr Gigabit/s ansteigen
wird. Hierfür benötigen wir die passenden Switches und Übertragungsstrecken. Twisted-Pair wird dann definitiv nicht mehr
funktionieren. Außerdem brauchen wir die passende Toolkette.
16
Automobil Elektronik 05-06/2016
Was kommt auf die Zulieferer zu?
Jens Kötz: Die Zulieferer sind es heute gewohnt,
in ihrem Businessmodell eine Funktion in einer
Box anzubieten – möglichst noch in Kombination mit einer Sensorik. Das wird sich ändern, und
dazu müssen wir die Zulieferer intensiv mit einbinden.
Ricky Hudi: Schon beim zFAS haben wir die alte
Struktur aufgebrochen, erstmals kommen die
Sensoren und die Rechenlogik nicht aus einer
Hand. Das Herz des Ganzen ist die ZentraleSensorfusion, die auf dem zFAS läuft, und diese
zentrale Sensorfusion machen wir selber, denn
das ist das absolute Schlüssel-Know-how. Von der zentralen
Sensorfusion bekommt das Fahrzeug sein Umfeldmodell. Wenn
dieses Umfeldmodell morgen durch einen anderen oder weiteren
Sensor besser wird, dann verbessert sich auch die Funktion.
Damit existiert eine Abstraktionsschicht. Ich muss oben im Großhirn nicht jeden kleinen Nervenstrang kennen, der Impulse nach
oben liefert.
Dr. Peter Steiner: Im Infotainment haben wir solche Modelle schon
lange, aber die Player kommen dabei zum Teil aus der Consumerwelt. Heutzutage ist eine Media-Engine stets eine Software,
und der Verkäufer erwartet, dass ich eine passende Hardware
habe. Ähnlich ist es mit der Spracherkennung und vielen anderen Funktionen: Das ist Software, die der Lieferant auch an einen
Mobilfunkanbieter, an die Could-Welt oder sonstwo hin verkauft.
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Titelinterview Audi
Wie wirkt sich die Ende-zu-Ende-Security auf die Zusammenarbeit
innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette aus?
Ricky Hudi: Die klassische IT beim Fahrzeughersteller, die ja schwerpunktmäßig das Thema Backend bearbeitet, und die gesamte
Fahrzeugwelt müssen aus einem Guss kommen. Wer das nicht
organisatorisch und prozessmäßig umsetzt, wird zu den Verlierern gehören.
immens große Anteile im Backend rechnen. Mit garantierten
Reaktionszeiten können wir riesige Rechenleistungen im Backend
nutzen, die wir niemals im Fahrzeug installieren können.
Ich werde daher in Ludwigsburg bewusst auch auf die Themen
User-Experience und End-to-End-Dienste eingehen, denn wir
stehen mit unseren Netzwerken, Partnerschaften und dem Ökosystem vor einem gigantischen Umbruch.
Wo können wir in der E/E-Community mehr zusammenarbeiten,
um auch im internationalen Wettbewerb besser zu bestehen?
EEs, die für die Vernetzung sorgen, und die Partner in den AntrieRicky Hudi: Genau auf diese Punkte werde ich in Ludwigsburg
ben, den Fahrwerken und so weiter nutzen die Funktion. Um
ebenfalls eingehen. Wir haben an einem Teil des E/Es schon viel
erreicht: bei Autosar, Übertragungsprotokollen,
etc., aber da ist die Welt noch viel zu proprietär.
Am anderen Teil des E/Es arbeiten wir schon
sehr gut zusammen. Ich bin seit 25 Jahren in der
„Besonders wichtige
Branche, ich habe so eine spitzenmäßige und
Themen sind eine ordentgute Zusammenarbeit wie beim Thema „HERE“
bisher noch nicht erlebt – und zwar über die
lich funktionierende
OEM-Grenzen hinweg. So wie sich in der PCVirtualisierung sowie die
Welt sehr erfolgreiche Standards von Intel, IBM
Echtzeit-Funktionalität
und Microsoft etabliert haben, gibt es auch ein
und End-to-End-Security.“
sehr großes Potenzial in der Automobilindustrie
für Standards, aber nur, wenn wir intensiv
Ricky Hudi
zusammenarbeiten. Dazu müssen wir OEMs
bereit sein, größer zu denken und lernen, mit
Partnern im Wettbewerb zu stehen und gleichzeitig zu kooperieren. Dann erst werden Möglichkeiten entstehen, die bisher als unmöglich galten.
Schwarmintelligenz zu nutzen, muss man sich weitere Partner
suchen. Wir haben hierzu mit BMW und Daimler gemeinsam
das Unternehmen HERE erworben. Peter Steiner steuert bei mir
Mehr online
die gesamten Aktivitäten für Audi und den Volkswagen-Konzern
Weitere Informationen erhalten Sie in der Langversion dieses
rund um das HERE-Konsortium, wo er auch den Vorsitz im TranInterviews, das Sie bequem per infoDIREKT-Nummer 300ael0616
sition Support Team hat. Außerdem benötigen wir schnelle Beiauf www.all-electronics.de erreichen. In dieser Langversion geht
boote – organisatorisch gesehen.
es unter anderem ausführlich um die Ende-zu-Ende-Security
und ihre Implementierung, Intrusion-Detection, RessourcenDr. Peter Steiner: Jetzt gilt es, offene Plattformen zu schaffen, damit
Aufteilung zwischen Frontend und Backend, 5G-Kommunikaandere auf unserer Hardware und Software zusätzliche Mehrtion, Quality of Service sowie um das Software Defined Car. n
wertdienste im Sinne des Kunden realisieren können, damit das
Auto ein Teil der digitalen Lebenswelt wird. Das ist für mich die
nächste Revolution, die gerade ansteht. Da muss man von der
Interviewer
Alfred Vollmer
Hardware kommend schon einen weiten Weg gehen, um in dieChefredakteur AUTOMOBIL-ELEKTRONIK
ser Welt anzukommen.
Ricky Hudi: Es gibt einen Wandel von der Car-Experience zur EndDie Interviewpartner
to-End-User-Experience. Wir haben erkannt, dass wir die HalbRicky Hudi,
leiterlieferanten als Technologiepartner ins Spiel bringen mussLeiter Entwicklung Elektrik/Elektronik der Audi AG
ten, denn die Halbleiter sind die Basis für Innovationen.
Alfons Pfaller,
Leiter Entwicklung Infotainment der Audi AG
Marcus Keith: Es geht hier um eine ganz neue Servicequalität mit
Marcus Keith,
Rückfallebenen. Das Fahrzeug weiß dann, wie aktuell die KarLeiter Entwicklung Anzeige, Bedienung und Audi connect der Audi AG
tendaten sind; dass dort zum Beispiel vor 20 Sekunden FahrzeuJens Kötz,
ge entlang gefahren sind, und es weiß auch wie sicher das ÜberLeiter Elektrik/Elektronik Vernetzung und Energiesysteme der Audi AG
Dr. Peter Steiner,
tragungsnetz ist. Mit der passenden Machine-Learning-KomGeschäftsführer der Audi Electronics Venture GmbH
ponente erhält ein autonomes Fahrzeug so deutlich mehr an
Fahrvermögen, als jemand, der sein Leben lang Millionen von
Kilometern auf den Straßen dieser Welt verbracht hat, jemals in
seinem Gehirn verarbeiten kann.
infoDIREKT 300ael0616
Ricky Hudi: Mit der passenden Quality-of-Service können wir
In einer Hand beim OEM?
Ricky Hudi: Ja, da gibt es eine zentrale Verantwortung, das sind die
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Automobil Elektronik 05-06/2016
17
Fahrerassistenz Bildverarbeitung
Wegbereiter für autonomes Fahren
Bildverarbeitung und neuronale Netze
Auf dem Weg hin zum autonomen Fahren spielt die Bildverarbeitung eine entscheidende Rolle, damit Fahrzeuge Objekte wie Fußgänger und Straßenmarkierungen erkennen und komplexe Aufgaben wie das Identifizieren von Verkehrszeichen ausführen können. Neuronale Netze leisten dabei einen wertvollen Beitrag.
Autor: Jeff VanWashenova
F
Eck-Daten
Neuronale Netze, die komplexe Bilder zuverlässig erkennen können,
helfen Entwicklern, die Herausforderungen bei der Bildverarbeitung
im Fahrzeug zu meistern. Als Basis für eine anspruchsvolle Bildverarbeitung im Auto lässt sich der Imaging- und Vision-Prozessor CevaXM4 heranziehen.
umsicht ermöglichen und damit ADAS-Anwendungen unterstützen (Tabelle 1). Da die fahrzeuginternen Systeme routinemäßig immer mehr Entscheidungsaufgaben übernehmen, steigt
der Bedarf an effizienten, stromsparenden Rechnerplattformen,
die eine optische Erkennung mit minimaler Latenz ermöglichen.
Bilder: Ceva
ahrerassistenzsysteme unterstützen Autofahrer in
bestimmten Fahrsituationen, machen das Fahren sicherer
und steigern den Fahrkomfort. Aktuelle Systeme führen
grundlegende Aufgaben autonom aus und bilden die Basis für
künftiges autonomes Fahren.
Der Weg hin zum autonomen Fahren beinhaltet Entwicklungen in drei Schlüsseltechnologiebereichen. Dazu zählen die
Sensorik einschließlich Radar, LiDAR und visuelle Überwachung mittels Kamera, hochauflösende Landkarten sowie die
Lokalisierung mit genauer Darstellung der aktuellen Fahrzeugumgebung.
Dabei spielen die Möglichkeiten der Bildverarbeitung eine
wesentliche Rolle. Bild 1 zeigt, wie Kameras heute eine Rund-
18
Automobil Elektronik 05-06/2016
www.automobil-elektronik.de
Fahrerassistenz Bildverarbeitung
Dies ist erforderlich, damit das Fahrzeug Fußgänger und Straßenmarkierungen erkennen und mit zunehmendem Fortschritt
im Bereich autonomes Fahren komplexere Aufgaben wie das
Identifizieren und Deuten von Verkehrszeichen ausführen kann.
Kamera
ADAS-Anwendungen
Frontkamera
FCW Forward Collision Warning
(Auffahrwarnsystem)
AEB Autonomous Emergency Braking
(Autonome Notbremsung)
Wirtschaftliche Bildverarbeitungsplattformen
Der Energieverbrauch der Fahrzeugelektronik rückt aus vielerlei
Gründen immer mehr in das Zentrum der Aufmerksamkeit. Dies
umfasst auch die Abmessungen sowie das Gewicht und die Kosten, die mit dem Betrieb ineffizienter Systeme einhergehen. Durch
die Zunahme elektrischer Antriebe in Hybrid- und vollelektrischen Fahrzeugen erfährt der fahrzeuginterne Energieverbrauch
zunehmende Beachtung, da er mit für die Reichweite der Fahrzeuge verantwortlich ist. Während Hersteller ihre Fahrzeuge
zunehmend mit ADAS-Funktionen ausstatten, erhöht die Notwendigkeit für kosteneffiziente Lösungen den Bedarf an wirtschaftlicheren Plattformen für die Bildverarbeitung.
Damit Bildverarbeitungsanwendungen für den Automobilbereich effizient arbeiten, müssen sie Objekte wie Fußgänger, Fahrzeuge, Straßenmarkierungen und Verkehrszeichen genau identifizieren können. Zudem müssen sie mit den rauen Umgebungsbedingungen im Automotivebereich zurecht kommen.
Neuronale Netze, die sich darauf trainieren lassen, komplexe
visuelle Bilder mit hoher Genauigkeit zu erkennen, sind eine
Lösung, um die Herausforderungen von Bildverarbeitungsanwendungen im Automobil zu meistern. Vor allem CNNs (Convolutional Neural Networks) mit mehreren Ebenen trainierbarer
Neuronen bieten die Möglichkeit schnellen Lernens und effizienten Erkennens. Diese Techniken haben sich bereits in Bereichen
wie Bildverarbeitung und Spracherkennung bewährt.
ACC Adaptive Cruise Control
(Abstandsregel-Tempomat)
LDW Lane Demparture Warning
(Spurhalteassistent)
TSR Traffic Sign Recognition
(Verkehrszeichenerkennung)
BLD Brake Light Detection
(Bremslichterkennung)
FCW Forward Collision Warning
(Auffahr-Warnsystem)
LKS Lane Keeping Support
(Spurhalteassistent)
PD Pedestrian Detection
(Fußgängererkennung)
Externe Seitenkameras
BSD Blind Spot Detection
(Toter-Winkel-Erkennung)
TSR Traffic Sign Rcognition
(Verkehrszeichenerkennung)
PD Pedestrian Detection
(Fußgängererkennung)
Innenkamera
DCD Driver Condition Detection
(Fahrerüberwachung)
Rückfahrkamera
PLA Parking Lot Assessment
(Parkplatzassistent)
CNNs für die Bildverarbeitung
Tabelle 1:
CNNs kommen häufig in Automotive-BildverarbeitungsanwenBedeutende ADAS-Anwendungen auf der Basis der Bildverarbeitung.
dungen zum Einsatz. Daher sind die Prozesse und Hardwareplattformen entscheidend, die zum Implementieren jeder Phase diewerk. Nach Abschluss des Trainings besteht der herkömmliche
ser Systeme dienen. Die Umsetzung von CNNs unterteilt sich in
Ansatz darin, das Netzwerk zu generieren und Prototypen auf
drei Phasen: Training und Übersetzung sowie die ImplementieCPUs, Grafikeinheiten oder einem FPGA zu erstellen, die mit
rung von CNNs in eine kosteneffiziente Serienlösung. Die NutFließkommaarithmetik für hohe Genauigkeit arbeiten.
zung von Systemen, die am vorteilhaftesten für jede Phase sind,
Eine Kombination aus hoher Leistungsfähigkeit und geringem
ist notwendig, um eine wirtschaftliche und kostengünstige
Energieverbrauch ist beim Einführen von CNNs in die SerienLösung zu erhalten, die sich für Serienfahrzeuge eignet.
fertigung autonomer Fahrzeugsysteme entscheidend. Nvidia hat
Das Training erfolgt meist offline mit CPU-basierenden Sysbereits eine Rechenplattform für autonomes Fahren demonstriert,
temen, Grafikeinheiten oder FPGAs. Diese Systeme eignen sich
die auf Deep Learning mit Caffe basiert und auf Supercomputeraufgrund ihrer hohen Rechenleistung und ihres Bekanntheitsartigen SoC-Prozessoren (System on Chip) läuft. Für den Masgrads unter Entwicklern für das Training. Allerdings weisen
senmarkt benötigen Fahrzeughersteller jedoch
diese Lösungen hinsichtlich Recheneffizienz
eine erschwinglichere und energiesparendere
und Kosten Einschränkungen auf und sind
Lösung, die sich für Embedded-Implementiedaher für die Serienfertigung ungeeignet. In
rungen eignet.
der Trainingsphase nutzen Entwickler Frameworks wie Caffe, um CNNs zu modellieren
und zu optimieren. Caffe ist ein Deep LearNetzwerkgenerator
ning Framework aus der Entwicklung des Berübersetzt trainiertes Netz
(Convolutional Neural
keley Vision and Learning Centers (BVLC)
Um diese Anforderungen zu adressieren, hat
Networks) besteht die Mögund weiteren Unterstützern. Eine ReferenzCeva den Imaging- und Vision-DSP Cevalichkeit schnellen Lernens und
Image-Datenbank dient zum Bestimmen der
XM4 eingeführt und einen Netzwerkgeneraeffizienten Erkennens.
optimalen Neuronengewichtung im Netztor entwickelt, der ein trainiertes Netzwerk
Mit
CNNs
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Automobil Elektronik 05-06/2016
19
Fahrerassistenz Bildverarbeitung
Network Structure
Floating-Point
Network + Weight
Input
Network
Weights
2
Image
Database
Fixed-Point
Customized Network + Weights
Caffe
CEVA
Network
Generator
Training Stage
(Offline)
Detection Stage
(real-time)
Hidden
Output
„DOG“
EXTERIOR
SIDE VIEW
CAMERAS
FORWARD
RACING
CAMERAS
1
1 Kameras ermöglichen eine Rundumsicht
und treiben die Weiterentwicklung
aktueller ADAS-Anwendungen voran.
REAR VIEW
CAMERAS
2 Das rechenintensive Fließkomma-CNN wird
in eine effiziente Festkomma-Äquivalente
umgewandelt, die Echtzeit-Leistungsfähigkeit bei eingeschränkten Energiebudgets
bietet.
EXTERIOR
SIDE VIEW
CAMERAS
übersetzt, damit es effizient auf dem DSP läuft. Der Netzwerkgenerator von Ceva arbeitet mit einer trainierten Netzwerkstruktur, die auf einer leistungsfähigen Fließkomma-CPU, GPU oder
hybriden Plattform basiert, und wandelt diese in ein schlankes,
kundenspezifisches Modell um. Dieses basiert dann auf Festkomma-Arithmetik, die die Anforderungen von EmbeddedPlattformen hinsichtlich Energieverbrauch und Leistungsfähigkeit erfüllt.
Bild 2 zeigt den Ablauf, beginnend mit dem Erstellen des herkömmlichen Netzes mit Caffe und dem nachfolgenden Einsatz
des Ceva Netzwerkgenerators zur Realisierung des kundenspezifischen Echtzeit-Netzwerks.
Das vom Netzwerkgenerator erzeugte Modell kann nun auf
energiesparenden Embedded-Plattformen mit dem Ceva-XM4
laufen. Diese Kombination eignet sich für die Serienfertigung.
Der Nachteil, der sich durch die Einbindung hochleistungsfähiger neuronaler Datenverarbeitung in das moderate Energiebudget heutiger Serienfahrzeuge ergibt, ist lediglich eine minimal
geringere Bilderkennungsgenauigkeit. Diese liegt bei unter 1 %
im Vergleich zum Originalnetzwerk.
lokaler Daten, was den Energieverbrauch beim Datentransfer in
und aus dem Speicher verringert.
Um die Leistungsfähigkeit eines Systems auf Basis des CevaXM4 zu demonstrieren, hat der Anbieter ein 24-schichtiges CNN
mit 224 x 224 Eingangsgröße und 11 x 11, 5 x 5 und 3 x 3 Faltungsfiltern auf dem Ceva-XM4 implementiert. Dieses CNN bietet fast
die dreifache Leistungsfähigkeit vergleichbarer CNNs, die auf
einer typischen Hybrid-GPU/CPU-Verarbeitungs-Engine implementiert sind. Dabei ist nur ein Fünftel der Speicherbandbreite
erforderlich. Außerdem konnte der Energieverbrauch gesenkt
werden.
Eine Entwicklungsplattform ist ebenfalls erhältlich. Sie umfasst
Hardware-Entwicklungskit und Software-Toolset, ein Applikations-Entwicklungskit mit Ceva Deep Neural Network Framework (CDNN) sowie Bildverarbeitungs- und ADAS-Software
mit Quellcode.
Deep Learning und neuronale Netzwerke bieten das Potenzial,
autonomes Fahren eines Tages zu ermöglichen. Als kostengünstige, energiesparende Lösung ermöglicht die Plattform von Ceva
neuronale Echtzeit-Faltungsnetze, die sich in erschwingliche effiziente Systeme für die Serienfertigung integrieren lassen. (hb) n
Funktionen zum Energiesparen
Das umgewandelte Netzwerk läuft auf dem Ceva-XM4 und nutzt
CNN-Layer, Software-Bibliotheken und APIs. Der Ceva-XM4
bietet zudem eine Reihe von Funktionen, die beim Energiesparen
helfen und die Bilderkennung verbessern. Dazu zählen eine
Befehlssatzarchitektur, die für eine herkömmliche Bildverarbeitung zusätzlich zu CNNs ausgelegt ist, eine Leistungsskalierungseinheit für dynamische Spannungsanpassung sowie Funktionen wie automatischer Datenabruf und Wiederverwendung
20
Automobil Elektronik 05-06/2016
Autor
Jeff VanWashenova
Director Automotive Segment Marketing bei
Ceva
infoDIREKT315ael0616
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www.dspace.com
Innovative Fahrerassistenzsysteme –
auf dem Weg zum autonomen Fahren
Die Vision vom autonomen Fahren bietet wesentliches Innovationspotential.
Trotz hoher Komplexität muss der Entwicklungsaufwand aber beherrschbar
bleiben. Die Lösung: eine abgestimmte Werkzeugkette für die Entwicklung von
Multisensor-Anwendungen. Sei es bei Funktionsentwicklung, virtueller Absicherung oder Hardware-in-the-Loop-Simulation. Profitieren Sie von Tools aus einem
Guss, die über alle Entwicklungsschritte hinweg reibungsfrei zusammenarbeiten.
Egal ob es gilt, Umfeldsensoren und V2X-Kommunikation einzubinden, Fahrzeuge
und Verkehrsszenarien zu modellieren oder Testfahrten virtuell zu simulieren.
Bringen Sie Ihre autonomen Fahrfunktionen sicher auf die Straße!
Multisensor-Anwendungen
erleben!
www.dspace.de/rtmaps
Fahrerassistenz Architektur
Roboterarchitekturen
im Fahrzeug
Bilder: Elektrobit
Die DNS für das automatisierte Fahren
Die aktuelle Fahrzeuggeneration hat mit Funktionen wie Spurhalte- und Spurwechselassistenten, Notfallbremsung und Abstandsregeltempomat bereits erste Schritte zum automatisierten
Fahren getan. Doch noch besteht jede dieser Funktionen aus einem relativ abgeschlossenen,
unabhängigen System. Für ein teil-, hoch- oder gar vollautomatisiertes Fahrzeug ist die KoopeDr.-Ing. Björn Giesler, Dr.-Ing. Michael Reichel
ration dieser Systeme aber unbedingt erforderlich.
J
edes der heute üblichen Assistenzsysteme lässt sich zwar gleichzeitig mit
anderen Fahrerassistenzfunktionen
ausführen, doch eine beabsichtigte
Kooperation findet nicht statt. Die Lösung
hierfür ist keine einfache Aufgabe, denn
unter anderem fehlt eine passende, skalierbare Systemarchitektur, die alle Fahrerassistenzfunktionen im Fahrzeug
abdeckt und einfach zu einem vollautomatischen System integriert.
Heutige Fahrerassistenzsysteme
Die heutigen Systeme sind – bestimmt
durch Faktoren wie Kosten, Skalierbarkeit
und Einbausituation – meist auf möglichst
wenige Pakete im Fahrzeug verteilt und
führen ausschließlich die ihnen zugedachte Aufgabe aus. Durch diese Anordnung
lässt sich, unter anderem aufgrund der
Nähe zu den relevanten Sensoren, viel
Platz sparen. Gleichzeitig sind die einzelnen Funktionen voneinander unabhängig,
22
Automobil Elektronik 05-06/2016
was den separaten Verkauf an Endkunden
ebenso vereinfacht wie den Einsatz verschiedener Zulieferer. Das bedeutet große
Kostenvorteile für den Automobilhersteller. Auch das Testen der einzelnen Funktionen kann unabhängig voneinander
erfolgen, was diesen Prozess erheblich
vereinfacht und wenig Aufwand für die
Integration der Funktionen untereinander
verursacht. In der Landau-Notation für
die Komplexität von Algorithmen in der
Eck-Daten
Die heutigen Fahrerassistenzsysteme weisen zwar den Weg zum automatisierten
Fahren, allerdings fehlt dazu noch die Kooperation dieser Systeme. Eine Lösung hierfür bieten Software-Architekturen wie sie
bei Robotern üblich sind und die neben der
Verteilung von Funktionen auf einzelne
Steuergeräte auch auf Standardisierung und
Reduzierung von Schnittstellen großen
Wert legen.
Informatik beträgt die Komplexität für die
Integration von n Funktionen bei dieser
Vorgehensweise daher O(n).
Dieses Prinzip funktioniert sehr gut,
solange die einzelnen Systeme weitgehend
unabhängig voneinander agieren können
und dem Fahrer lediglich assistieren.
Sobald es jedoch darum geht, das Fahrzeug automatisch fahren zu lassen, ist eine
Vernetzung der Systeme notwendig. Am
vereinfachten Beispiel der zwei Funktionen
Abstandsregeltempomat und Notbremsassistent lässt sich erkennen, wie schnell
die Komplexität ansteigt, wenn viele verschiedene Funktionen untereinander
kommunizieren müssen.
In diesem Fall benötigen die Steuergeräte ein Koordinator-Modul, das verhindert, dass sich die Funktionen gegenseitig
behindern. Sollen bei diesem Systemaufbau die Funktionen in verschiedenen
Kombinationen verfügbar sein, so wächst
der Aufwand für das Testen und die Zerwww.automobil-elektronik.de
Aus Gründen der Sicherheit sind situationsabhängige Verhaltensfunktionen in ein ArbitrierungsFramework eingebettet
tifizierung aller möglichen Kombinationen
exponentiell – die Komplexität für k Systeme wird dabei ausgedrückt durch O(2k1). Auch der Einsatz von Modulen verschiedener Zulieferer, wie es meistens der
Fall ist, erschwert den Prozess oft noch.
Aktuelle Trends
Um diese Komplexität zu beherrschen,
geht der aktuelle Trend in der Automobilindustrie dahin, zentrale Steuergeräte
für jeweils ein Aufgabengebiet wie zum
Beispiel Fahrerassistenz zu entwickeln.
Zur Fusion verarbeitet ein Steuergerät die
Sensordaten zunächst zentralisiert und
stellt sie dann, je nach Bedarf, mehreren
Funktionen zur Verfügung. Der Vorteil
dabei ist, dass der Automobilhersteller
eine Trennung von Hardware und Software erreicht, interessanterweise unter
Beibehaltung einer Verantwortungsteilung nach Steuergeräten. Damit wachsen
zwar die Möglichkeiten zur Optimierung
der Zuliefererwahl, doch die Skalierbarkeit sinkt, da das zentrale Steuergerät in
jedem Fall verbaut werden muss, unabhängig von der ausgewählten Funktionskonfiguration durch den Endkunden. Die
Komplex ität hingegen steig t, denn
zusätzlich zu der Integration der Funktionen untereinander muss die Integration
in das zentrale Steuergerät erfolgen.
Daher können zentrale Steuergeräte nur
eine Übergangslösung auf dem Weg zum
automatisierten Fahren sein.
In der Softwareentwicklung sind verschiedene Mechanismen für den Umgang
m it hoch komplexen A rch itekt u ren
bekannt, wobei Abstraktion, Polymorphie
und Standardisierung besonders vielversprechend für den Einsatz im AutomotiveUmfeld sind.
www.automobil-elektronik.de
Abstraktion
Wenn eine Softwarekomponente mit zu
vielen Partnern kooperieren muss, ist es
hilfreich, ein Modul zwischenzuschalten,
das sich lediglich um diese Koordination
kümmert. Im Fahrzeug könnte das beispielsweise ein Bewegungsmanager sein,
der den Zugang zur Motorsteuerung und
zum Bremssteuergerät abstrahiert. Dieses
Modul nimmt Beschleunigungs- oder Verzögerungsbefehle von den Fahrerassistenzsystemen an, entscheidet aber nach
einer eigenen internen Logik, welcher
Befehl auszuführen ist und auf welche
Weise dies erfolgen soll, beispielsweise
eine Geschwindigkeitsreduzierung durch
die Radbremse oder durch Einsatz der
Motorbremse.
Dieses neue Modul verringert die Komplexität enorm, denn die KoordinatorModule für Motor und Bremse sind nicht
mehr notwendig, nachdem ihre Aufgaben
ebenfalls der Bewegungsmanager übernimmt. Vor allem aber müssen die Funktionen und die Aktoren jeweils nur noch
einen Kommunikationskanal bedienen,
nämlich den zum Bewegungsmanager.
Damit verhält sich die Komplexität abhängig von der Zahl der Funktionen nicht
mehr exponentiell, das heißt O(2k-1), sondern linear, also O(k). So kann auch eine
große Anzahl von Systemen, wie sie für
das automatisierte Fahren erforderlich ist,
relativ einfach zusammenarbeiten.
Zentrales PlattformSteuergerät für
Fahrerassistenz
TTA Drive
• Hochintegration
verschiedener
Assistenzsysteme auf
einer Plattform
• Ethernet-basierte
On-board-Vernetzung
sicherheitsrelevanter
Fahrfunktionen
• Bestmögliche
Objekterkennung dank
sensorübergreifender
Datenfusion
• Skalierbare Architektur
• Zentrale Diagnose
aller Systeme
TTA Drive
Polymorphie
Aus der objektorientierten Systementwicklung stammt das Konzept der Polymorphie. Softwarekomponenten, die ähnliche Aufgaben übernehmen, auch wenn
ihre internen Strukturen erheblich voneinander abweichen, sollen über die gleiche
[email protected]
tttech.com/ADAS-ECU
Fahrerassistenz Architektur
Zwischen der Abstraktion von Sensordaten und Bewegungsmanager liegt ein Funktionsumfang, den
es in kleine Teile aufzuteilen gilt.
le verschiedener Hersteller einfach gegeneinander austauschen lassen. Damit reduzieren sich die Entwicklungskosten und das
Risiko, aber auch die Zulieferer und Komponentenentwickler profitieren. Mit einer
standardisierten Schnittstelle lässt sich ein
einmal entwickeltes Softwaremodul an
mehrere Automobilhersteller verkaufen.
Test- und Toolanbieter können sich bei der
Wertschöpfung auf den Inhalt und weniger
auf individuelle Schnittstellenanpassungen
konzentrieren. Im Bereich der Automobilsoftware gehören Autosarund Adasis zu
den wichtigsten Standards, ebenso wie der
zukünftige Sensoris-Standard für Cloudbasierte Mapping-Architekturen, dessen
Entwicklung gerade beginnt.
Beispiel Autobahnfahrt
Ein Bewegungsmanager abstrahiert den Zugriff auf die Aktoren.
Schon die Koordination zwischen Brems- und Motorsteuergerät verdeutlicht die Komplexität in der
Kommunikation beider Systeme.
Schnittstelle mit der Außenwelt kommunizieren. Diese sogenannten Polymorphismen können auch in der Fahrzeugarchitektur von Nutzen sein, denn die Kommunikationswege bieten ein großes Potenzial zur Komplexitätsreduktion. Der Entwickler einer Softwarekomponente, die
mit verschiedenen Partnern mit ähnlichen
Befehlen kommunizieren muss, müsste
dann nicht für jede Art von Befehl neuen
Code schreiben, da sich eine standardi-
24
Automobil Elektronik 05-06/2016
sierte Schnittstelle für die Kommunikation mit verschiedenen anderen Komponenten nutzen lässt. Dadurch verringert
sich die Komplexität von O(k) zu O(1).
Standardisierung
Noch einen Schritt weiter in der Komplexitätsreduktion geht die Standardisierung.
Der Automobilhersteller kann bei seinen
Ausschreibungen auf Standards referenzieren, sodass sich Funktionen und Modu-
Die drei Konzepte Abstraktion, Polymorphie und Standardisierung wendet man in
der Softwareentwicklung in den unterschiedlichsten Bereichen bereits seit langem an. Doch wie sieht das im Automobil
aus? Letztendlich ist ein automatisiertes
Fahrzeug nichts anderes als ein autonomer,
mobiler Roboter. Das Fahrzeug muss Folgen komplexer Handlungen ausführen, um
sich im Straßenverkehr zu bewegen. Für
die Fahrt auf der Autobahn muss eine solche Folge zum Beispiel sicherstellen, dass
das Fahrzeug einem vorausfahrenden Auto
folgt und dabei die Spur hält. Ein Überholvorgang soll dann erfolgen, wenn das vorausfahrende Auto zu langsam wird und
die linke Spur frei ist. Nach dem Überholen
soll das Fahrzeug wieder auf die ursprüngliche Spur zurückkehren, und wenn die
Spur blockiert ist und keine andere Spur
frei ist, eine Notbremsung durchführen.
Dafür benötigt das Fahrzeug erstens ein
präzises Abbild seiner Umgebung mit Hindernissen, Spurmarkierungen und anderen
Verkehrsteilnehmern, und zweitens muss
es dazu in der Lage sein, seine Längs- und
Querführung auf eine für die Insassen
möglichst komfortable Weise auszuführen.
Dazu ist die Koordination vieler verschiedener Sensoren und Fahrzeugfunktionen
notwendig, was eine höchst komplexe
Aufgabe darstellt. Mit diesen Abstraktionen auf Steuergeräteebene lässt sich durch
den Bewegungsmanager und die Sensordatenfusion die Komplexität stark verringern. Übrig bleibt ein Funktionsumfang,
den man sinnvollerweise in kleinere,
www.automobil-elektronik.de
besser beherrschbare Teile aufteilen möchte.
Roboterarchitekturen
Ein aktueller Ansatz hierfür ist
eine Softwarearchitektur in der
verhaltensbasierten Robotik,
die gleichzeitig Funktionen
aktiviert, die verschiedene Teile des Roboters bewegen, und
dann die Ausgaben an die
Aktuatoren zusammenfasst.
Einfachere und komplexe Verhaltensfunktionen sind in dieser Architektur hierarchisch
geordnet. Besonders wichtig
ist, dass die Funktionen über
standardisierte Schnittstellen
verfügen, nämlich eine Eingangsschnittstelle für die Aktivierung oder Inhibition der
Funktion, einen Ausgang für
das Aktivitätslevel und einen
Ausgang für das Rating. Dieser
Rating-Ausgang macht eine
Aussage über die Wahrscheinlichkeit, dass der Befehl der
richtige für die aktuelle Situation ist. Mit diesem einfachen
Systemaufbau ist es möglich,
sehr komplexe Verhaltenssysteme zu modellieren, zu verwalten und zu überwachen.
Eine solche verhaltensbasierte Roboterarchitektur ließe
sich im Fahrzeug umsetzen,
indem man den verbliebenen
Funktionsumfang im Beispiel
der Autobahnfahrt in eine Reihe von einfachem Verhalten
aufteilt. Dazu kommt die
Funktion „Safe State Handling“, die das Fahrzeug im Falle eines Systemausfalls verlangsamt und auf dem Seitenstreifen zum Stillstand bringt.
Diese einzelnen Verhaltensfunktionen sind bereits als
Spurhalteassistent, Abstandsregeltempomat und Notbremsassistent in aktuellen Fahrzeugen etabliert. Sie werden in
einer verha ltensbasier ten
Architektur genauso funktionieren, nur ihre Schnittstellen
ändern sich.
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Da Anforderungen an die
funktionale Sicherheit besonders im Automobilbereich eine
große Rolle spielen, erhalten
die Verhaltensfunktionen keinen direkten Zugang zum
Bewegungsmanager, sondern
sind in einen ArbitrierungsBlock eingebettet, der ihre
Interaktionen steuert, überwacht und absichert. Dieser
Block übernimmt noch eine
andere Aufgabe: Er entscheidet
anhand eines festgelegten
Regelsatzes, wann welche
Funktion zum Einsatz kommen darf. Diese Regeln sind
situationsabhängig, so kann es
beispielsweise unterschiedliche Verhaltensmuster geben
für Situationen, in denen ein
Fahrer selbst fährt, und für
Fahrsituationen, die das Fahrzeug automatisch bewältigt.
In dieser Struktur gibt es für
jede Verhaltensfunktion nur
vier Kommunikationswege:
zum Umfeldmodell, zum Bewegungsmanager, zum HMI und
zum Arbitrierungs-Framework.
Dank der standardisierten
Schnittstellen in dieser Architektur ändert sich das nicht,
unabhängig von der Anzahl der
Verhaltensfunktionen.
Weitere Details zu Softwareverteilung und Autosar
finden Sie in der Langversion
des Beitrags bequem per infoDIREKT. (pet)
■
Autoren
Dr.-Ing. Björn Giesler
Head of Driver Assistance bei der
Elektrobit Automotive GmbH
Dr.-Ing. Michael Reichel
Head of Technology and Innovation Driver Assistance bei der Elektrobit Automotive GmbH
infoDIREKT
Socionext was born from the system LSI
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Automobil Elektronik
Kongress
Ludwigsburg, 14 - 15 June
Booth 28
401ael0616
eu.socionext.com
Auf dem Weg zum autonomen Fahren
Modellbasierte Entwicklung des automatisierten Fahrerlebnisses
Autonomes Fahren ist ein wichtiger Punkt auf der Agenda der Automobilfirmen und stellt völlig neue
Herausforderungen an die Entwicklung zukünftiger Fahrzeugsysteme. Die modellbasierte Entwicklung
mit Matlab und Simulink kann hierbei einen wertvollen Beitrag leisten, um technologische Aufgabenstellungen zu lösen und diese neue Ära der Mobilität erfolgreich zu gestalten. Autoren: Thorsten Gerke, Marco Roggero
D
as autonome Fahren wird viele
Vorteile mit sich bringen, sowohl
für den Endverbraucher als auch
für kommerzielle Kunden. Im privaten
Bereich kann der Fahrer durch das neue
Fahrerlebnis die Aufgaben der Verkehrsüberwachung und Fahrzeugkontrolle entspannt dem System überlassen. Dadurch
gewinnt er Freiraum für andere Dinge wie
Entertainment, E-Mail-Bearbeitung oder
andere Aktivitäten, die ihn ohne Automatisierung von seiner eigentlichen Aufgabe,
den Verkehr zu überwachen und das
Fahrzeug zu steuern, ablenken würden.
Für kommerzielle Anwendungen, wie
zum Beispiel den Mietwagenverleih, ergeben sich dadurch erheblich verbesserte
Serviceleistungen, denn das Fahrzeug
kann beispielsweise autonom zu einer
dedizierten Zeit zum Nutzer kommen
und nicht umgekehrt.
Ein weiteres Ziel des autonomen Fahrens besteht in der weiteren Reduzierung
der Verkehrsunfälle, die meistens auf
menschliches Versagen zurückzuführen
sind. Im Durchschnitt erfolgt alle 7,5 Millionen Kilometer auf deutschen Autobahnen ein schwerwiegender Unfall aufgrund
menschlichen Versagens. Dies zeigt aber
auch gleichzeitig die Herausforderung, mit
der sich die Automobilindustrie zu
26
Automobil Elektronik 05-06/2016
beschäftigen hat: neben der Vermeidung
dieses einen Fahrfehlers muss das Fahrzeugsystem nun auch all das richtig
machen, was der menschliche Fahrer auf
einer Strecke von 7,5 Millionen Kilometern
bereits fehler- beziehungsweise unfallfrei
geschafft hat. Bis dahin sind noch einige
Aufgaben in der Entwicklung zu meistern.
Evolution der Funktionalitäten
Für die Automobilindustrie ist es eine große Herausforderung, diese Ziele mit all
ihren Vorteilen zu erreichen. Dabei geht
es nicht nur darum, dass ein Fahrzeug
autonom von A nach B fahren kann, sondern dass dies absolut zuverlässig, fehlerfrei und ohne Kollision mit anderen Objekten im Straßenverkehr erfolgt. Bis hin zum
vollständig autonomen Fahren wird es
daher eine Evolution der Funktionalitäten
geben. Wenn man den SAE-Standard
J3016 zugrunde legt, kann man hier den
Grad der Automatisierung in sechs verschiedene Level unterteilen. Bis zum Level
2 übernimmt der Fahrer selbst das Monitoring des Verkehrs und erhält durch eine
Design Verification
Code Verification
Entdecken vo Designfehlern
Absicherung des genenerierten C Codes
Die modellbasierte und ISO-26262-konforme Softwareentwicklung trägt wesentlich zur funktionalen
Sicherheit des Fahrsystems bei.
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Bild: RioPatuca Images – Fotolia
Fahrerassistenz Modellbasierte Entwicklung
Fahrerassistenz Modellbasierte Entwicklung
Bei der Entwicklung automatischer Fahrsysteme nimmt mit steigender Autonomie die
Komplexität der Aufgaben drastisch zu. Vor
allem das Testen ist ein aufwendiger Prozess, der sich nur durch komplexe Simulationsverfahren zufriedenstellend bewerkstelligen lässt. Systeme wie Matlab und Simulink unterstützen die modellbasierte Entwicklung autonomer Mobilitätslösungen.
teilweise Automatisierung Unterstützung
beim Fahrvorgang. Der Fahrer muss
jedoch selbstständig erkennen, ob sich die
Verkehrssituation kritisch entwickelt, und
muss erforderlichenfalls das Fahrzeug
selbst steuern.
Der Übergang zu einem Level-3-System
stellt eine große Herausforderung dar, da
in diesem Fall das Fahrzeugsystem die
Verkehrssituation erkennt und den Fahrer
rechtzeitig auf eine kritische Situation hinweist, die das System nicht mehr selbstständig auflösen kann. Der Fahrer muss
in diesem Fall die Steuerung des Fahrzeugs
wieder selbst übernehmen. Ab dem Level
4 übernimmt das Fahrzeugsystem sowohl
die Erkennung der Verkehrssituation als
auch die eigenständige Handhabung des
Fahrmanövers ohne Eingriffe des Fahrers.
Das Umgebungsmodell als
entscheidende Komponente
Bilder: Mathworks
Eine grundlegende Voraussetzung für eine
hohe beziehungsweise vollständige Automatisierung des Fahrens ist die einwandfreie und vorausschauende Erkennung der
Verkehrssituation um das Fahrzeug herum. Daher ist ein Umgebungsmodell
erforderlich, das sämtliche Informationen
enthält, um daraus eine Situationsanalyse
abzuleiten und eine Manöverplanung
durchführen zu können. Als Beispiel dient
der Fußgänger am Fahrbahnrand, der telefonierend den Fußgängerweg auf und ab
geht und eventuell die Straße überqueren
möchte oder einfach nur auf den Bus wartet. Das Fahrzeugsystem muss zum einen
den Fußgänger als Objekt erkennen und
zum anderen entscheiden, ob es notwendig ist, das Fahrzeug abzubremsen oder
auszuweichen, weil der Fußgänger die
Straße überqueren möchte oder ob gar kein
eingreifendes Manöver notwendig ist. Zur
Erstellung des Umgebungsmodells verwendet man die Daten aus verschiedenen
über das Fahrzeug verteilten Sensoren.
Bereits heute ist eine klare Zunahme beim
Umfang wie auch bei der Diversifikation
der Sensorik für Automobile zu erkennen.
Somit lassen sich die spezifischen Stärken
jedes einzelnen Sensortyps zur komplementären Vervollständigung des Umgebungsmodells als auch zur Verifikation
der Objektdaten aus unterschiedlichen
Sensoren gegeneinander mittels Redundanz nutzen. Diesen Schritt, bei dem
Radartechnik, Kameras, LIDAR, Ultraschall, GPS und weitere Sensoren zum
Einsatz kommen können, bezeichnet man
als Sensor-Daten-Fusion.
Die Objektlisten aus den unterschiedlichen Sensoren enthalten Daten zur
Beschreibung der detektierten Objekte
bezüglich Typ (Auto, Fußgänger), Position
Log vehicle data
Data storage
SW candidate
Usual iteration path
Eck-Daten
Re-simulation
Automatic situation
detection
Full scale
improvements
Generate statistics and compare candidates
Local improvements
with direct feedback
Analyze of situations
Als Re-Simulation bezeichnet man den modellbasierten Open-Loop-Test der Algorithmen.
(Straße, Gehweg), Geschwindigkeit und
eine Reihe weiterer Informationen. Eine
zusätzliche Existenzwahrscheinlichkeit
als Teil der Objektdaten unterstützt die
Entscheidungsfindung, ob es sich bei dem
detektierten Objekt wirklich um einen
Verkehrsteilnehmer handelt oder ob durch
mögliches Rauschen oder Sensorausfall
eine Fehldetektion vorliegt. Auf dem Weg
zum autonomen Fahren wird auch eine
massive Weiterverwendung und Erweiterung von bekannten Fahrerassistenzfunktionen (ADAS) erfolgen, welche aber an
Datenfusion,
Situationsanalyse,
Entscheidungslogik
Matlab und Simulink unterstützen den Gesamtworkflow
der Komponenten-Entwicklung.
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Automobil Elektronik 05-06/2016
27
Fahrerassistenz Modellbasierte Entwicklung
Radar
Fusionierte Liste der detektierten
& klassifizierten Objekte
Kamera
Radar
Radar
Sensor
Daten Fusion
GPS
Lidar
Radar
Radar
Fußgänger
Fahrzeug
Hindernis
Verkehrszeichen
Kamera
Objektlisten mit Zeitstempel zur
Synchronisation der Information
Fahrspur
Vorausschau
Umgebungsmodell
Die Sensor-Daten-Fusion dient dem Erstellen eines Umgebungsmodells.
einigen Stellen noch hinsichtlich ihrer
Genauigkeit deutlich zu verbessern sind.
So wird für das automatisierte Fahren auch
eine zuverlässige automatische Erkennung
von Tempolimits, beispielsweise mittels
Verkehrszeichenerkennung, notwendig
sein, um die maximale Geschwindigkeit
automatisch an das zulässige Tempolimit
anzupassen.
Modellbasierte Entwicklung
mit Matlab und Simulink
Eine der großen Schwierigkeiten bei der
Entwicklung des automatisierten Fahrens
ist das Testen. Schätzungen gehen von
Größenordnungen von mehreren hundert
Millionen Testkilometern aus, die man
abspulen müsste, um einen realen Prototypen erschöpfend zu testen. Sowohl wirtschaftlich als auch vom zeitlichen Aufwand
her wäre dies von den Automobilfirmen
nur sehr schwierig zu bewältigen, bediente man sich ausschließlich eines realen
Fahrzeugprototypen. Die modellbasierte
Entwicklung mit Matlab und Simulink
ermöglicht es den Automotive-Entwicklern bereits in einem frühen Stadium, Fahrzeugkomponenten als auch komplette Systeme im Kontext des automatisierten Fahrens zu testen. Dadurch lassen sich frühzeitig systematische Implementierungsfehler oder Fehler in den Anforderungen
aufdecken, Verbesserungen einpflegen und
ins System integrieren.
Für die Entwicklung der Sensorik und
der zugehörigen Algorithmen für die Signalverarbeitung stehen leistungsstarke
Toolboxen zur Verfügung, beispielsweise
für die Bereiche Radar und Kamera. Antenna Toolbox, Phased Array System Toolbox
28
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
und SimRF unterstützen die effiziente
Entwicklung von Radarapplikationen. Für
kamerabasierte Sensorik stehen dem Entwickler unter anderem mit Image Processing Toolbox und Computer Vision System
Toolbox umfangreiche Möglichkeiten für
die sensornahe Bildverarbeitung beziehungsweise die nachgelagerte videobasierte Objekterkennung zur Verfügung.
Die Fusion der Sensordaten ist ein Prozess, der sich vorteilhaft direkt in einer
Programmiersprache formulieren lässt, da
dort häufig Schleifenkonstrukte und Matrix-Vektor-Operationen bei der Konsolidierung und Analyse der Daten notwendig
sind. Matlab eignet sich mit seiner umfangreichen Programmiersprache und Funktionen zur Analyse, Visualisierung und automatischen C-Code-Generierung sehr gut,
um diese Aufgabe effizient zu lösen.
Die anschließende Situationsanalyse
und Entscheidungslogik repräsentieren
einen komplexen Zustandsautomaten, der
mit den aus dem Umgebungsmodell abgeleiteten Informationen das Verhalten der
Für eine Virtualisierung der Umgebung
hat Simulink Schnittstellen zu Tools
Thorsten Gerke, Mathworks
Systemfunktionen für das automatisierte
Fahrmanöver festlegt. Stateflow in Simulink ist dabei das passende Werkzeug für
die modellbasierte Entwicklung von Entscheidungslogiken mittels Zustandsautomaten.
Die aus der Entscheidungslogik festgelegten Manöver sind dann von der Fahrzeugregelung in Bezug auf Brems-, Lenkund Motoreingriffe umzusetzen und eventuelle Änderungen sind kontinuierlich und
umgehend im Fahrszenario anzupassen.
Auch für den Entwurf und Test der regelungstechnischen Algorithmen bietet
Simulink eine umfassende modellbasierte Lösung. Ein Blockschaltbildentwurf in
Simulink oder die Formulierung einer
Zustandsmaschine in Stateflow, die das
Verhalten des Reglers unter verschiedenen
Arbeitspunkten definiert, liefern dem Entwickler zusammen mit einer automatischen Reglersynthese in Simulink Control
Design die richtigen Werkzeuge für einen
zügigen Reglerentwurf und einem frühzeitigen funktionalen Test der modellierten Reglerkomponente.
Systemsimulation und
virtuelles Fahrszenario
Zusätzlich zum modellbasierten Design
der einzelnen Komponenten lassen sich
diese Teilfunktionen nach erfolgreichem
Test zu einem Gesamtsystem integrieren
und in Verbindung mit einem Fahrzeugmodell plus Umgebung (beispielsweise
Straße, Häuser, Personen, Verkehrsschilder) in einem vollständig virtuellen Fahrvorgang testen.
Für eine Virtualisierung der Umgebung
hat Simulink Schnittstellen zu Simulationswerkzeugen von verschiedenen Partnerunternehmen. Eine Gesamtsimulation
des automatisierten Fahrvorgangs bietet
dem Entwicklerteam eine ganze Reihe von
Vorteilen, wie beispielsweise gefahrloses
Closed-Loop-Testen von kritischen Fahrwww.automobil-elektronik.de
Level 0
Level 1
Level 2
Level 3
Level 4
Level 5
FUNKTIONALE SICHERHEIT
FÜR HÖCHSTE ANSPRÜCHE.
Renesas Chassis- und Sicherheitssysteme.
Gemäß SAE gibt es für das autonome Fahren sechs Automatisierungslevel.
situationen, frühzeitige Validierung und
Verifikation auf Fahrzeugebene durch
modellbasierte Integration, Beschleunigung des Innovationszyklus durch rapide
Designiterationen und flexible Anpassung
von Umgebungsbedingungen. Auch die
Reproduzierbarkeit der Testergebnisse und
die Re-Simulation aufgezeichneter Sensordaten sind möglich.
Ein komplementärer Ansatz zur vollständigen Closed-Loop-Simulation ist der
modellbasierte Open-Loop-Test der Algorithmen zur Sensordatenfusion und Situationsanalyse unter Einbeziehung aufgezeichneter Messdaten aus einem realen
Fahrzeugtest, was man auch als Re-Simulation bezeichnet. In einem ersten Schritt
analysiert man die aufgezeichneten Fahrzeugdaten dahingehend, ob die Algorithmen die Objekte und die Verkehrssituation korrekt erkannt haben. An Stellen, an
denen die Algorithmen die Sensordaten
fehlerhaft analysiert haben, beispielsweise wenn sie ein vorhandenes Objekt nicht
detektiert haben, korrigiert der Entwickler
den Fehler im Algorithmus und appliziert
den verbesserten Algorithmus mittels
einer Simulation erneut auf die aufgezeichneten Sensordaten zur Verifikation.
Automatisiertes Fahren
und funktionale Sicherheit
Beim automatisierten Fahren beschäftigen
sich die Entwickler häufig mit Systemen
und Funktionen, die nach ISO 26262 die
Anforderungen von ASIL D erfüllen müssen. Je höher der Grad der Automatisierung, desto größer werden die Anforderungen an die funktionale Sicherheit.
Mathworks unterstützt die Entwickler von
www.automobil-elektronik.de
sicherheitsrelevanten Applikationen durch
einen vorqualifizierten Workflow zur
modellbasierten Entwicklung von Funktionen, die man für die Implementierung
auf dem Steuergerät anschließend mihilfe von Embedded Coder automatisiert in
C-Code übersetzt.
Der Workflow deckt zum einen die
Design-Phase ab, in der man das Modell
der Software entwickelt und testet. Bereits
in dieser Phase erfolgt über den funktionalen Test hinaus die Überprüfung des
Modells sowohl auf strukturelle Korrektheit m it tels einer model lbasier ten
Coverage-Analyse als auch durch weitere
statische Analysen auf mögliche spätere
Laufzeitfehler, zum Beispiel eine Division
durch Null. Nach erschöpfendem Testen
des Modells geht man zur eigentlichen
Code-Generierung über, an welche sich
dann die Code-Verifikations-Phase
anschließt, die dazu dient, den Code noch
einmal abzusichern und die Äquivalenz
zwischen generiertem Code und Modell
zu verifizieren. (pet)
■
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darauf ankommt. Schnell. Zuverlässig. Ohne Ausnahme.
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Thorsten Gerke
Automotive Industry Manager EMEA bei
Mathworks
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Marco Roggero
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403ael0616
Fahrerassistenz Deep Learning
Künstliche Intelligenz
im autonomen Fahren
Entwicklungsplattform für selbstfahrende Autos
OEMs, Internetfirmen und Startups der Automobilbranche nutzen zur Umsetzung von autonomen Fahrzeugkonzepten auf Grafikprozessoren basierende
tiefe neuronale Netze (DNNs). Komplettlösungen zur Entwicklung und Simulation von Prototypen erlauben, autonome Systeme schneller und verlässlicher als
Autor: Joachim Langenwalter
bisher auf die Straße zu bringen.
D
eep Learning, Maschinenlernen
oder maschinelles Lernen ist ein
Teilbereich der künstlichen
Intelligenz und hat sich in diesem Umfeld
zu der am schnellsten wachsenden Disziplin entwickelt. Auf der Basis von DeepLearning-Algorithmen lernen Maschinen, die Welt zu erkennen und zu verstehen, um sich darin bewegen und Entscheidungen treffen zu können. Das
Deep-Learning-Konzept basiert auf tiefen neuronalen Netzen (Deep Neural
Networks, DNNs), die aus einer Struktur
von einfachen, trainierbaren mathematischen Einheiten (Neuronen) bestehen
und lernen können, komplexe Funktio-
nen, wie zum Beispiel autonomes Fahren,
auszuführen.
Als Deep Learning bezeichnen Fachleute den Prozess, der Daten in Entscheidungen eines Computerprog ramms
umsetzt. Im Gegensatz zu einem aus
mathematischen Algorithmen bestehenden System wird beim Deep Learning eine
DNN-Struktur definiert, die erlernt,
bestimmte Aufgaben zu erfüllen. Das Aufgabenspektrum erstreckt sich von der Bildund Spracherkennung über das Durchführen von Drohnentransporten bis hin
zu Fahrzeugen, die sich selbstständig fortbewegen können. Das Deep-LearningKonzept bedient sich dabei der gleichen
Eck-Daten
Künstliche Intelligenz (KI), basierend auf Deep-Learning-Architekturen (DL) wie dem Deep Neural
Network (DNN), findet in der Automobilindustrie weltweit Anwendung in Bereichen wie zum
Beispiel Computer Vision, Sprach- und Objekterkennung sowie autonomes Fahren. Die Plattform
Nvidia-Drive kombiniert Deep Learning, Sensorfusion und Rundumsicht und ermöglicht somit
ein verändertes Fahrerlebnis.
30
Automobil Elektronik 05-06/2016
Methoden, mit denen das menschliche
Gehirn Dinge erlernt. So lassen sich Muster und Zusammenhänge erkennen, Sprache verstehen und Mehrdeutigkeiten verhindern.
Neuronale Netze (NNs) sind parallel
aufgebaut und bestehen aus Neuronen
und deren Verbindungen (Synapsen), die
mit unterschiedlichen Verstärkungsfaktoren (Weights) versehen sind. Wegen der
parallelen Anordnung passen NNs gut zu
Grafikprozessoren (GPUs). Moderne
GPUs haben hunderte bis tausende von
Rechenkernen, die Aufgaben parallel abarbeiten können. Grafikprozessoren sind in
vielen Bereichen zu finden. Dazu zählen
Konsumerprodukte, Computerspiele,
Roboter, Drohnen, CAE- und CAD-Systeme sowie Produkte für die Automobilindustrie.
Die Image-Net-Bibliothek
Ein Beispiel für die Fortschritte im Bereich
Deep Learning ist der ILSVRC-Benchmark
www.automobil-elektronik.de
Fahrerassistenz Deep Learning
(Image-Net Large Scale Visual Recognition Challenge). Dabei findet ein Vergleich
verschiedener Algorithmen und Methoden
zum Erkennen von Objekten auf Fotos und
Szenen aus einer Bibliothek von tausenden
Bildern und Videos statt. Bis 2012 hat sich
die Erkennungsrate, basierend auf klassischen Computer-Vision-Algorithmen
(CV), nur langsam auf 70 % erhöht. Im
Jahr 2012 konnten Experten diese Rate
sprunghaft um über 10% verbessern. Ausschlaggebend war der Einsatz von Deep
Learning, wodurch zwischenzeitlich über
95 % der Objekte auf den Bildern richtig
erkannt und damit sogar bessere Werte
als von Menschen erreicht werden konnten. Alle Teilnehmer der Challenge setzen
heute auf das Deep-Learning-Konzept,
das damit die CV-Algorithmen als Methode in diesem Benchmark komplett ersetzt
hat (Bild 1).
Deep Learning
in der Hightech-Industrie
Facebook hat als eines der ersten Unternehmen Grafikprozessoren zur Entwicklung seiner auf DNNs basierenden Applikationen adaptiert. DNNs und GPUs sind
wichtige Bestandteile der Computerplattform „Big Sur“ des FAIR-Projekts (Facebook Artificial Intelligence Research) und
kommen speziell im Training der Systeme
zum Einsatz. Erklärtes Ziel von Facebook
ist, die Fortschritte in der Entwicklung der
künstlichen Intelligenz voranzutreiben und
100%
IMAGENET
Accuracy Rate
Traditional CV
Deep Learning
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
wie E-Mail, Natural Language Processing,
Kartendiensten und der Entwicklung von
Robotern. Zur Realisierung dieser Anwendungen verwendet Google tausende
GPUs, die bis zu zehnmal schneller sind
als vergleichbare Mikroprozessoren. Laut
Anelia Angelova – bei Google im Bereich
maschinelle Lernsysteme tätig – setzt ihr
Unternehmen auch DL in kaskadierten
DNNs bei der Entwicklung eines autonomen Fahrzeugs ein, zum Beispiel zum
Erkennen von Fußgängern.
10%
0%
2010 2011 2012 2013 2014 2015
Bild 1: Fortschritte von Computer Vision (CV)
und Deep Learning (DL) im Image-Net-Benchmark. Mit dem DL-Konzept ließen sich zwischenzeitlich über 95 % der Objekte auf Bildern richtig
erkennen.
trainierte DNNs zur verbesserten Kommunikation von Menschen einzusetzen.
Auch Google investiert zunehmend in
Deep-Learning-Prozesse. So hat das
Unternehmen mit Tensor-Flow sein
maschinelles Lernsystem der zweiten
Generation entwickelt, um große Datenmengen und Modelle verstehen und bearbeiten zu können. Tensor-Flow basiert auf
einer flexiblen Architektur und kommt bei
Wahrnehmungs- und Sprachverständnisproblemen zum Einsatz. So zum Beispiel
bei der Sprach- und Texterkennung, zur
Klassifizierung in Google-Applikationen
Ablauf beim autonomen Fahren
Mit dem Schema in Bild 2 (Self Driving
Loop) lassen sich die Schritte zum autonomen Fahren vereinfacht darstellen. Das
Ziel besteht darin, das gesamte Fahrzeugumfeld mithilfe von Kameras, Lidar,
Radar und Ultraschallsensoren zu registrieren. Dadurch kann der Algorithmus
ein 360-Grad-Umfeldmodell, also die
genaue und echtzeitfähige Abbildung der
Fahrzeugumgebung, erstellen und sämtliche statische und dynamische Objekte
dreidimensional erfassen. Mit DNNs für
die Sensor-Datenfusion – das Zusammenführen der unterschiedlichen Sensordaten
in ein Gesamtumfeld – lässt sich die Qualität des Umfeldmodells weiter verbessern.
Dies ist möglich, da sich die Zuverlässigkeit beim Bestimmen des Objekts erhöht
(Image-Net-Benchmark).
Die dabei erzeugten und verarbeiteten
Daten nutzt das System zum Wahrnehmen
Fahrerassistenz Deep Learning
Der Deep-Learning-Prozess
Map
Sens
Localication
Plan
Control
Perception
Bild 2: Vereinfachte Darstellung der Schritte zum autonomen Fahren (Self Driving Loop).
Low-level features
Mid-level features
High-level features
Input
Output
“Audi A7”
Deep Neural Network
Bild 3: Deep Neural Networks (DNNs) bestehen aus mehreren Schichten von neuronalen Netzen und
erkennen je nach Schicht Kanten, geometrische Figuren und komplexe Objekte. In diesem Beispiel
wurde ein Audi A7 erkannt.
des Umfelds (Perception), zum Bestimmen
der Position (Localization) sowie zur Planung (Plan) der Bewegung (zum Beispiel
Fahrspurwechsel). Dabei beinhaltet der
Schritt Perception die Integration der Sensor-Fusion-Daten (Kombination von unterschiedlichen Sensordaten), die Objekterkennung (da ist ein Objekt), die Klassifizierung (es ist ein Fußgänger), die Segmentierung (auf der rechten Seite) sowie das
Tracking (Objekt bewegt sich nach links).
Im Schritt Localization erfolgt die
Zusammenführung von unterschiedlichen
Kartenquellen, verschiedener Orientierungspunkte sowie die Triangulation von
GPS-Daten. Die Bestimmung der genauen Position ist äußerst wichtig, um ein
Fahrzeug im Straßenverkehr sicher zu
bewegen. So ermöglicht die Integration
der Kartendaten des Herstellers Here beispielsweise, dass das System das Fahrzeug
sicher auf der Fahrbahn halten und durch
komplexe Verkehrsszenarien leiten kann.
Sicheres Fahrvergnügen
Im letzten Schritt legt das System bei der
Planung der Fahrtrichtung das Verhalten
des Fahrzeugs fest. Ein fahrerloses Auto
muss in einem dynamischen Verkehrsum-
32
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
feld zuverlässig um mögliche Gefahren
herumsteuern können. Ausgefeilte Algorithmen, die den freien Raum (Free Space)
sowie dessen Veränderungen vorhersehen
können, dienen zum Bestimmen der Fahrzeugbewegung. Darüber hinaus muss sich
ein autonom fahrendes Auto fließend im
Verkehr bewegen, um nicht durch abrupte Manöver die eigenen Passagiere und
andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden
oder zu behindern. Die Fahrspurberechnung muss dies berücksichtigen, damit ein
sicheres Fahrvergnügen gewährleistet ist.
Es zeigt sich also, dass eine intelligente
Kamera für autonomes Fahren nicht ausreicht. Jeder Schritt des Self Driving Loops
benötigt auch DNNs für Perception, Localization und Planung. Das System muss
Objekte und Orientierungspunkte erkennen, das Fahrverhalten anpassen und Entscheidungen treffen, um das Fahrzeug
zuverlässig zu bewegen. Zusätzlich repräsentieren DNNs eine offene Plattform, mit
der OEMs und Tier-1-Zulieferer ihre
DNNs definieren, trainieren, erweitern
und warten können, um so eine eigene
Lösung zu entwickeln und sich auf dem
Markt von anderen Anbietern zu unterscheiden.
DNNs bestehen aus mehreren Schichten
von neuronalen Netzen. Die erste Schicht
von Neuronen (Bild 3) erkennt Kanten,
sprich Hell-Dunkel-Übergänge. Die Neuronen der zweiten Schicht wiederum
erkennen bereits erste Strukturen wie
Dreiecke, Quadrate und Kreise. In der dritten Ebene lassen sich komplexere Objekte
unterscheiden, die zum Beispiel aus den
vorher erkannten Strukturen bestehen.
Auf diese Art setzt sich der Prozess über
weitere Schichten fort. In der letzten Ebene erfolgt die Bestimmung des Objekts,
wie zum Beispiel ein Audi A7 in Bild 3.
Letztendlich ist die richtige Anzahl von
Neuronenschichten und -charakteristika
(DNN-Typ) für die Lösung eines speziellen Problems zu wählen.
Die Entwicklung eines autonomen Fahrzeugs ist eine große Herausforderung, da
die Fahrsituation in den heutigen, überfüllten Millionenstädten sehr komplex und
schwer vorhersehbar ist. Deshalb müssen
so viele Eingangsdaten (Sensoren, Karten,
GPS und ähnliches) wie möglich kombiniert werden, um höchstmögliche Zuverlässigkeit zu erreichen. Dieses Szenario ist
perfekt für die Verwendung von Deep
Learning. In Bild 3 wurde der DNN-Typ
Caffe für das Training gewählt. Das Caffe
Framework wurde vom Berkeley Vision
and Learning Center gemeinsam mit Freiwilligen entwickelt, insbesondere mit
Fokus auf seine Ausdrucksfähigkeit, Ausführgeschwindigkeit und Modularität.
Darum eignet es sich sehr gut für die
Anforderungen des autonomen Fahrens.
Trainer für neuronale Netze
Nach der Auswahl eines geeigneten DNNs
muss das Netz zum Beispiel für die Aufgabe Objekterkennung und -klassifizierung trainiert werden. Wie beim Training
im Sport benötigt man hierzu einen Trainer, der dem neuronalen Netz sagt, wie es
auf ein Ereignis (Trigger) zu reagieren hat.
Das Trainingssystem verwendet eine
Bewertungsfunktion, die die Differenz
zwischen gewünschter und tatsächlicher
Antwort bestimmt (Bild 4). Proportional
zur Abweichung passt das System die Verstärkungsfaktoren (Weights) der Neuronenverbindungen (ähnlich der Synapsen
von Nervenzellen) an und kalibriert somit
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Fahrerassistenz Deep Learning
DATASET
e.g. Images
Feed in raw
data sample
MODEL
Update model
parameter (e.g.
weight) in response
to error
e.g. Caffe DNN
Feed in reference
e.g. image label
Predict
something
e.g. Car
Bilder: Nvidia
Scoring Function
e.g. how good is the model
Bild 4: Das DNN-Training erfolgt mithilfe eines Trainers, der dem neuronalen Netz mitteilt, wie es auf ein Ereignis (Trigger) reagieren soll. Das Trainingssystem nutzt eine Bewertungsfunktion (Scoring Function), die die Abweichung zwischen gewünschter und tatsächlicher Antwort bestimmt.
das Netzwerk für den Anwendungsfall.
Daraus folgt, dass das DNN-Netzwerk mit
immer kleineren Fehlern auf die jeweiligen
Ereignisse reagiert. Das Optimieren der
Weights erfolgt beim Training der DNNs
durch das Einlesen unterschiedlicher
Fahrszenen automatisch und ohne direktes Eingreifen eines Entwicklers.
Um ein Training durchzuführen, ist
zunächst eine Datenbank aus Trainingsdaten zu erstellen. Diese Daten beinhalten
unter anderem Fahrszenen, eine Beschreibung der Objekte (Audi A7 rechts geparkt)
sowie die individuelle Entscheidung eines
Fahrers in der jeweiligen Situation (links
am A7 vorbeifahren). Sobald die Datenbank erstellt ist, kann das Training beginnen. Als Endergebnis liegt das Netz mitsamt seiner Struktur und den jeweiligen
Verstärkungen vor, die sich in Fahrsituationen testen lassen.
Kontinuierliches Training
Die Verifikation des neuronalen Netzes
findet zunächst in Fahrsimulationen statt.
Sollten dabei Fehler auftreten, lässt sich
das Netzwerk mit den nicht korrekt
erkannten und/oder ausgeführten Fahrsituationen weiter trainieren und damit
verbessern. Nachdem diese Optimierungsschleifen erfolgreich abgeschlossen
sind, können die Verantwortlichen das
trainierte DNN auf eine Embedded-ECUPlattform im Fahrzeug herunterladen. Das
System im Fahrzeug lässt sich jetzt auf
einer Teststrecke und anschließend im
öffentlichen Straßenverkehr testen. Die
gleichen Schritte gelten für alle Bereiche,
in denen DNNs im autonomen Fahrzeug
zum Einsatz kommen sollen (zum Beispiel
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Bild 5: Realistische Fahrsituation. Der untere Teil des Bildes zeigt die vom
System erkannte Verkehrssituation.
Fahrspurplanung). Um dies effizient
durchzuführen, ist ein integriertes System
zum Trainieren und Testen sowie zur
Anwendung von neuronalen Netzwerken
erforderlich.
Bild 5 zeigt eine realistische Fahrsituation, bei der in der oberen Hälfte die tatsächliche Verkehrssituation zu sehen ist.
Mit dieser Situation wird das DNN „gefüttert“ (kombinierte Daten aus Kamera,
Radar, Lidar). Im unteren Teil ist die vom
System erkannte Situation zu sehen. Der
95 %
der Objekte auf Bildern
lassen sich mit DeepLearning erkennen
weiße Wagen im unteren Bildteil stellt das
eigene Fahrzeug dar. Darüber hinaus
erkennt das System zwei grau dargestellte Fahrzeuge auf der linken Seite und eines
schräg hinten rechts richtig. Auf der
Grundlage der relativen Position, der
Geschwindigkeit und weiterer Daten
bestimmt das System mögliche Fahrmanöver (grüne Linien) und entscheidet sich
letztendlich für ein Manöver (zum Beispiel
geradeaus fahren), das dann ausgeführt
wird.
Die Nvidia-Drive-Lösung
Für Entwicklung, Training, Test und
Anwendung in autonomen Fahrzeugen
gibt es die integrierte Plattformlösung
Nvidia Drive. Mit ihr können Fahrzeughersteller, Tier-1-Zulieferer und im Automobilmarkt engagierte Forschungsunter-
nehmen Systeme entwickeln, die sehen,
denken und lernen können. Die Ende-zuEnde-Lösung besteht aus der Deep-Learning-Plattform Nvidia DGX-1 zum Training von digitalen neuronalen Netzen mit
Daten aus echten Fahrsituationen, die über
viele Jahre in Testfahrten aufgezeichnet
wurden. Die Umsetzung für selbstfahrende Autos erfolgt über Nvidia-Drive PX 2,
mit dessen Hilfe sich das trainierte System
zuverlässig auf die Straße bringen lässt.
Drive PX 2 unterstützt verschiedene
Datenformate für die Integration unterschiedlicher Eingangsformate und -systeme, wie zum Beispiel Kamera, Radar,
Lidar, Ultraschallsensoren, Ethernet-Busse und eine Vielzahl von Ausgabesystemen
(Ethernet, CAN, Bildschirme). Das Bindeglied bildet Nvidia Drive-Works, eine
Sammlung aus Softwaretools, Bibliotheken und Modulen zur beschleunigten Entwicklung, Simulation und zum Testen
autonomer Fahrzeuge sowie zur Integration von hochauflösenden Karten. Mit
Drive-Works lassen sich die Sensoren kalibrieren, 360-Grad-Umgebungsdaten aufnehmen und Datenquellen (Fusion) synchronisieren und verarbeiten.
Mehr über Deep-Learning und wie die
Lösung im KITTI-Benchmark abgeschlossen hat, erfahren Sie in der Langversion
dieses Beitrags per infoDIREKT. (hb) n
Autor
Joachim Langenwalter
Director of Automotive Software, Nvidia
infoDIREKT 317ael0616
Automobil Elektronik 05-06/2016
33
Fahrerassistenz Von der Forschung zur Serie
1
2
Von der ADAS-Kamera
zum Mobilitätskonzern
Sensorfusion und Softwareentwicklung
Im aktuellen Astra versorgt das Opel-Eye sieben kamerabasierende Funktionen mit
Daten. Die Zusammenführung ist das Ergebnis effektiver Entwicklungsprozesse. Mit
ihnen sind OEMs auch gut für andere Herausforderungen wie Car-2-X und automatiAutoren: Bruno Praunsmändel, Dr. Ulrich Eberle, Gernot Wiese,
siertes Fahren gerüstet.
Dr. Alexander Weitzel, Frank Bonarens, Dr. Stefan Drogies, Dr. Johannes Huth
D
ie ersten Kameras setzte Opel 2009 im Astra und Insignia ein. In Takt mit dem rasanten Fortschritt in der Bildverarbeitung und
Prozessortechnologie fügten die Entwickler danach
mit jedem Modellzyklus weitere Funktionen hinzu.
In der jüngsten Generation des Opel-Eye stechen
dabei die Steuerung des Intellilux LED genannten
Matrix-Lichts und die kamerabasierende Notbremsassistenzfunktion hervor.
Um die Demokratisierung der Assistenzsysteme
voranzutreiben, erweitern die Rüsselsheimer Ingenieure die von der Kamera mit Informationen versorgten Funktionen beständig und erhöhen damit den
Mehrwert für Kunden. Im aktuellen Astra stehen
sieben kamerabasierende Einzelfunktionen zur Verfügung. Parallel dazu entlasten der konzernweite
Einsatz der Kameratechnologie und die damit verbundenen Skaleneffekte die Kostenseite.
Darüber hinaus bindet Opel die Monokamera auch
in fusionierte Systeme ein, um so unter anderem den
34
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
gestiegenen Marktanforderungen gerecht zu werden.
Die Kombination mehrerer Sensorkonzepte schafft
erweiterte Funktionalität. Sensorfusion ist zudem
ein Grundkonzept, um automatisiertes Fahren zu
ermöglichen.
Global ausgerichteter Entwicklungsprozess
Die Entwicklung aktiver Sicherheitssysteme für weltweit verwendete Fahrzeugplattformen erfordert einen
ebenso global ausgerichteten Prozess, um die Vielfalt
an Fahrzeugprogrammen und die Varianz zwischen
Regionen in Einklang zu bringen. Zudem müssen die
Eck-DATEN
Ein standardisierter Prozess nach dem V-Modell bildet bei
Opel und GM die Basis der globalen Fahrzeugentwicklung. Er ermöglicht die Integration neuer Funktionen in
vorhandene Fahrzeugarchitekturen und -strukturen.
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Fahrerassistenz Von der Forschung zur Serie
1 Das Opel-Eye beliefert im neuen Astra sieben
Systeme mit Daten. Dazu gehören die Steuerung
des blendfreien Fernlichts, Lane-DepartureWarning, Verkehrszeichenerkennung und
Abstandswarnung, Notbremsassistent und
Frontkollisionswarner.
2 Heutige Fahrerassistenzsysteme beruhen weitgehend auf der Onboard-Sensorik. Die Car-2-XTechnologie stellt dagegen externe Informationen für Fahrer bereit.
3 Das V-Modell gibt die Arbeitsschritte der Softwareentwicklung von der Definition der Anforderungen bis zur Validierung im Fahrzeug vor.
3
aktiven Sicherheitsfunktionen auf verschiedene Systemausprägungen applizierbar sein. Vorteilhaft ist
hier die im GM-Konzern verwendete globale elektrische Architektur, die eine größtenteils markenunabhängige Funktionsentwicklung ermöglicht.
Das Entwicklungsteam nutzt dabei einen am
V-Modell-Prozess orientierten Ansatz. Detailliert und
konkret definiert es die allgemeingültigen Verhaltensanforderungen der aktiven Sicherheitsfunktionen
auf Systemebene. Aus der Allokation der funktionalen Elemente auf Subsysteme und gegebenenfalls
bestehende Komponenten leitet es die Schnittstellenanforderungen an die beteiligten Steuergeräte ab. Auf
diesem Weg lässt sich das Gesamtsystem innerhalb
der vorgegebenen E/E-Architektur realisieren. Dies
entspricht der linken Seite des V. Auf die Implementierung in die beteiligten Komponenten folgt die
Sicherstellung der Anforderungen in umgekehrter
Reihenfolge, als rechte Seite des V-Modells. Beginnend auf Komponentenebene überprüft das Validierungsteam die Einhaltung der Anforderungen, danach
ebenso auf Systemebene. Schließlich kommt es auf
Fahrzeugebene zur Validierung und Abstimmung.
Im Beispiel des Spurhalteassistenten bestimmt das
Engineering-Team detailliert die Verhaltensanforderung im Fahrzeug auf System- und Komponentenebene und teilt sie so auf, dass eine Spezifikation
zur Implementierung in die welt weiten Softwarearchitekturen und -strukturen von GM möglich
ist. Damit wird ein weiterer Validationsschritt nötig,
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um die Softwareimplementierung gegen ihre Spezifikation zu prüfen, bevor sie in die Komponente
integriert wird.
Eine entsprechende virtuelle Validierungsumgebung ist also notwendig. Sie muss die Softwareentwicklung über den gesamten V-Modell-Prozess per
Simulation begleiten. Von der Überprüfung der
Anforderungen bis hin zur Verhaltensabstimmung
lässt sich somit ein Teil der Ressourcen-intensiven
Arbeit vom Fahrzeug auf die virtuelle Umgebung
verlagern. Dieser Ansatz ersetzt jedoch nicht die
finale Überprüfung und Abstimmung im Auto.
Interdisziplinäres Vorgehen
Aus dieser Methodik ergibt sich die Notwendigkeit,
neben den typischen Ingenieursdisziplinen im Automobilbau zunehmend auch regelungstechnische und
systemtheoretische Expertisen aufzubauen. Darüber
hinaus erweitert sich der interdisziplinäre Anteil der
Entwicklung mit fortschreitender Fahrzeugautomatisierung beständig auch in nicht-technische Bereiche.
Es kommen psychologische, medizinische, gesellschaftliche und rechtliche Aspekte hinzu, die Einfluss
auf die Anforderungen nehmen.
So stellen die Psychologen im Entwicklungsteam
für Notfallsituationen sicher, dass Fahrer mithilfe von
Warnungen in der Lage sind, einen Unfall möglichst
selbst zu verhindern. Gelingt das nicht, unterstützt
ein automatisierter Eingriff so, dass der potentielle
Unfall verhindert oder abgemildert wird. Nach der
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
35
Fahrerassistenz Von der Forschung zur Serie
Bild 4: Ampelassistent
und automatisiertes
Ausweichen sind
Schwerpunkte des
Projekts URBAN. Opel
arbeitet mit an dem
öffentlich geförderten Projekt.
36
in Richtung Car-2-X-Technologie führen sollen und
Warnung ist die aus dem Eingriff resultierende Fahrdie für den Infrastruktur-Aufbau bedeutsam sind.
dynamik der wichtigste Kommunikationskanal zum
Heute werden diese Trends noch überwiegend
Menschen. Somit hat das Design des Eingriffs hohe
unabhängig voneinander bearbeitet. Das automatiRelevanz. Er trägt maßgeblich dazu bei, dass der Fahsierte Fahren beruht weitgehend auf der Onboardrer das System unterstützt, oder aber im Fehlerfall
Sensorik. Die Car-2-X-Technoabbricht.
logie stellt dagegen externe
Diese interdisziplinäre HerDie
Zielsetzung
des
Informationen bereit, die über
angehensweise stellt sicher,
autonomen Fahrens
die Mensch-Maschine-Schnittdass auch die rechtlichen
stelle an den Fahrer weitergeAnforderungen gewahrt bleierfordert sowohl
geben werden. Der große Techben. Der Fahrer kann das Autoevolutionäre als auch
nologiewandel in der Automomationssystem überstimmen
disruptive Ansätze
bilindustrie wird aber erst
oder abschalten, wie es ja die
Bruno Praunsmändel, Opel
durch die intelligente und auch
Wiener Konvention fordert.
kommerziell sinnvolle ZusamOpel geht davon aus, dass sich
menführung dieser Leittrends
die gesellschaftliche Akzeptanz
kommen. Dann werden sich auch komplett neue Eineines automatisierten Eingriffs über die deutliche
satzmöglichkeiten und Geschäftsmodelle bieten.
Absenkung der Unfallschwere oder sogar die Unfallverhinderung ergibt. Eine hohe Kontrollierbarkeit für
den technisch abgesicherten Fehlerfall schafft ebenVorbereitet auf branchenfremde Ansätze
falls Vertrauen.
In der Endausbaustufe werden sich diese Technologiestränge gemeinsam im Rahmen der weiteren
Marktdurchdringung bis hin zu einer kooperativen
Autos als Teil des Internets der Dinge
Entscheidungsfindung der Fahrzeuge entwickeln,
Seit einigen Jahren zeichnen sich die Fahrzeugautoauch unter Nutzung der verfügbaren Informationen
matisierung, die intuitiv bedienbare Konnektivität und
der Verkehrsleitzentralen. Dabei müssen alle Beteidie kooperative Mobilität als die drei großen Automoligten von der Autoindustrie über die Anbieter von
bil-Leittrends ab. Das teil- und später auch vollautozukünftigen vernetzten Mobilitätsangeboten bis hin
matisierte Fahren wird schrittweise über eine Weiterzu den Betreibern der Infrastruktur immer im Auge
entwicklung der aktuellen Fahrerassistenzsysteme
behalten, dass die Vernetzung einen technisch-funkvorangetrieben. Im Bereich der Konnektivität wird das
tionalen Mehrwert für die automatischen FahrfunkAutomobil über Telematik-Dienste wie Opel Onstar
tionen oder einen Komfort- beziehungsweise Sichersowie die Einbeziehung von Smartphones und Tabletheitsgewinn für Fahrer darstellen sollte. Zudem müsRechnern via Intellilink, Apple Carplay und Android
sen die Hersteller einen Flickenteppich einzelner
Auto zu einem mobilen Bestandteil des Internets der
Technologieaspekte vermeiden, sondern vielmehr
Dinge. Opel und General Motors beteiligen sich zudem
beide Technologiestränge zu einem integrierten Sysaktuell im Rahmen der kooperativen Mobilität an vortem verknüpfen.
wettbewerblichen Projekten, die zu ersten Schritten
Automobil Elektronik 05-06/2016
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Fahrerassistenz Von der Forschung zur Serie
Opels Kamerahistorie
Fernlichtassistent mit funktionsspezifischem Sensor
Fernlichtassistent
Intelligente Leuchtweitenregulierung
Blendfreier Fernlichtassistent
Abstandsanzeige
Kollisionswarnung
Notbremsassistent
Bilder: Opel
Verkehrszeichenerkennung
Spurverlassenswarnung
Spurhalteassistent
Bild 5: Opels Kamerahistorie
GM und Opel gehen zwar von einer schritt- oder
stufenweisen Einführung der neuen Technologien
auf dem Weg zum fahrerlosen Auto aus, das damit zu
einem integralen Teil des Internets der Dinge wird.
Nichtsdestotrotz müssen beide Unternehmen vorbereitet sein, wenn Branchenfremde dieses Ziel auf
einem revolutionären Weg statt mit dem evolutionären Ansatz erreichen wollen. Hierbei spielt auch eine
Anpassung der Geschäftsmodelle eine große Rolle.
GM und Opel haben sich deswegen auf den Weg
zu einem Mobilitätskonzern gemacht. Hierzu gehört
das Ausrollen von Onstar über die gesamte OpelFahrzeugflotte. Dazu zählen auch die Einführung
und Unterstützung von Shared-Economy-Konzepten
wie Mobilfunk-Apps für Carsharing von privat an
privat und ein Investment in die Mitfahrvermittlung
Flinc. Zudem hat sich GM jüngst an Lyft beteiligt.
Dieses US-Unternehmen bietet eine Vielzahl von
Fahrdiensten an. GM erhofft sich in der Endausbaustufe eine fruchtbare Synergie zwischen der Fahrzeugautomatisierung, den Potentialen der Vernetzung
sowie den genannten Shared-Economy-Konzepten.
URBAN und Adaptive
Da ein solch nahtloser Übergang der Technologien
regional sehr unterschiedlich sein kann, spielen Förderprojekte zur vorwettbewerblichen Zusammenarbeit eine große Rolle. Im Rahmen eines automatisierten vernetzten Transportsystems müssen Fahrzeuge
sowohl untereinander als auch auch mit den Betreibern der Verkehrsinfrastruktur sowie den Betrieben
des öffentlichen Verkehrs Informationen austauschen.
Das können Daten zu Verkehrsfluss, Straßenzustand
oder Wetter sein, aber auch Tarifdaten und Fahrpläne.
Ein sehr gutes Beispiel ist das Projekt URBAN des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Fortschrittliche Technologien wie Ampelassistent und
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automatisiertes Ausweichen für den städtischen Raum
wurden im Herbst 2015 in Düsseldorf präsentiert.
In internationalem Rahmen erarbeiten die Projektpartner aus Industrie und der akademischen Welt
beim EU-Flaggschiff-Projekt Adaptive einen rechtlichen Rahmen für die Einführung des automatisierten
Fahrens. Weiter definieren sie eine Systemklassifikation als gemeinsame Sprache. Bereits gestartet sind
die Projekte Ko-HAF zum kooperativen hoch-automatisierten Fahren sowie Pegasus zur Entwicklung
komplett neuartiger Strategien für die Absicherung
der Automation. Das Bundeswirtschaftsministerium
unterstützt diese Projekte. Solche vorwettbewerbliche
Zusammenarbeit führt in ihrem Verlauf und besonders
nach Projektende zu Standards, die dann wiederum
die Basis für zukünftige Serienentwicklungen darstellen. (lor/av)
■
Autoren
Bruno Praunsmändel, Senior Manager – EE Advanced Technology, Active Safety & Controls bei der Adam Opel AG
Dr. Ulrich Eberle, Projektleiter „Neue Technologien“ bei der
Adam Opel AG
Gernot Wiese, Systemingenieur Kamerasysteme bei der
Adam Opel AG
Dr. Alexander Weitzel, Freigabeingenieur Fahrerassistenzsysteme bei der Adam Opel AG
Frank Bonarens, Senior Projektleiter Konsortialprojekte
„Automatisiertes Fahren“ bei der Adam Opel AG
Dr. Stefan Drogies, Softwareentwickler Fahrerassistenzsysteme bei der Adam Opel AG
Dr. Johannes Huth, Funktionsverantwortlicher Aktiver Fußgängerschutz bei der Adam Opel AG
infoDIREKT
312ael0616
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
37
Fahrerassistenz Sensorfusion
Mehr als die Summe der Teile
Sensorfusion in autonomen Fahrsystemen
Viele Autos, die heute auf unseren Straßen fahren, aber mehr noch die Autos, die heute in den
Schaufenstern der Autohäuser zu sehen sind, besitzen sensorbasierte Fahrerassistenzsysteme
(ADAS). Der Anteil der so ausgerüsteten Fahrzeuge wird weiter steigen, wenn verschiedene
Länder neue Gesetze verabschieden, die entsprechende Systeme vorschreiben. Damit steigt
auch die Zahl der Sensoren im Fahrzeug, die sich durch sinnvolle Kombination für anspruchsAutor: Hannes Estl
volle autonome Funktionen nutzen lassen.
I
n den USA wird die Ausstattung von Autos mit einer Rückfahrkamera bald Vorschrift sein. Auch die Rabattstrukturen
von Versicherungsunternehmen und die Einstufung der
Sicherheit der Autos durch Organisationen wie NHTSA und
Euro-NCAP machen einige Assistenzsysteme zwingend notwendig oder sorgen zumindest dafür, dass die Kunden sie als
Ausstattungsoptionen nachfragen.
Autonome Fahrfunktionen wie Einparkautomatik, adaptive
Geschwindigkeitsregelung und Notbremsautomatik sind in
hohem Maße auf Sensoren angewiesen, meist Kameras beziehungsweise Ultraschall- oder Lidar-Sensoren. Dabei kommt es
nicht allein auf Art und Anzahl der Sensoren an, sondern darauf,
wie man diese Sensoren nutzt.
Die meisten Fahrerassistenzsysteme der heutigen Autos arbeiten unabhängig voneinander, tauschen also kaum Informationen
untereinander aus. Die wenigen Fahrzeuge der Ober- und Luxusklasse mit besonders anspruchsvollen autonomen Funktionen
sind hier gegenwärtig noch echte Außenseiter. Stattet man ein
Fahrzeug mit mehreren unabhängigen Systemen wie Rückfahrkameras, Surround-View-Systeme, Abstandsradar und Frontkameras aus, kann man dem Fahrer mehr Informationen zur Verfügung stellen und in einem gewissen Umfang autonome Funktionen realisieren. Allerdings kann man mit dem, was sich realistischerweise umsetzen lässt, auch an Grenzen stoßen.
Warum Sensorfusion?
Individuelle Unzulänglichkeiten der einzelnen Sensortypen lassen sich nicht wettmachen, indem man denselben Sensortyp
mehrfach verwendet. Vielmehr ist es notwendig, Informationen
Eck-Daten
Die markante Zunahme von Fahrerassistenzsystemen bedeutet auch,
dass diese derzeit noch unabhängig voneinander arbeitenden Systeme die Basis für neue Assistenzfunktionen sein können, wenn man
durch Sensorfusion, also die Kombination der Sensoren, deren Stärken
nutzt. Ob die Intelligenz der Sensordaten-Verarbeitung dabei zentral
oder dezentral zu platzieren ist, das diskutiert dieser Beitrag.
38
Automobil Elektronik 05-06/2016
von verschiedenen Sensortypen zusammenzuführen, denn alle
Sensortypen weisen ihre spezifischen Stärken und Schwächen
auf. Ein im sichtbaren Spektrum arbeitender CMOS-Bildsensor
liefert beispielsweise bei dichtem Nebel, Regen, Sonnenblendung
oder Dunkelheit kaum brauchbare Bilder, und Radarsysteme können nicht mit der hohen Auflösung heutiger Bildsensoren aufwarten. Kombiniert man nun die Signale verschiedener Sensoren
und Sensortypen so miteinander, dass die Umgebung insgesamt
präziser wahrgenommen wird, lassen sich bessere und vor allem
sicherere Entscheidungen treffen, als es mit unabhängigen Systemen möglich wäre. Man spricht in diesem Fall von Sensorfusion. Der Radartechnik mangelt es zwar an der Auflösung lichtbasierter Sensoren, sie eignet sich jedoch hervorragend zum Messen
von Entfernungen und sie kann Regen, Schnee und Nebel durchdringen. Derartige Umgebungen oder fehlendes Licht sind hingegen ungünstig für Kameras, die dafür aber Farben erkennen
können und eine hohe Auflösung mitbringen, was zum Detektieren von Verkehrsschildern und Straßenmarkierungen wichtig
ist. Schon jetzt kommen in Fahrzeugen Bildsensoren mit einer
Auflösung von ein Megapixel zum Einsatz, und in den kommenden Jahren wird der Trend zu zwei oder gar vier Megapixel gehen.
Dieses Beispiel von Radarsystem und Kamera zeigt, wie sich
verschiedene Sensortechnologien ausgezeichnet ergänzen können und wie ein fusioniertes System mehr leisten kann als die
Teilsysteme für sich alleine. Der Einsatz unterschiedlicher Sensoren ermöglicht auch ein gewisses Maß an Redundanz gegenüber Umgebungsbedingungen, bei denen alle Sensoren eines
Typs ausfallen würden. Ein auf Sensorfusion basierendes System
könnte außerdem beim Versagen eines Sensors eine gewisse
Notlauf-Funktion beibehalten, denn solange ein System noch
reine Warnfunktionen wahrnimmt oder der Fahrer zur Übernahme der Aufgaben bereit ist, ist der Ausfall eines Sensors
möglicherweise nicht so kritisch. Weitreichend oder völlig autonome Systeme müssen dem Fahrer allerdings eine hinreichend
lange Zeitspanne einräumen, um die Kontrolle wieder zu übernehmen, und in dieser Zeit ist es notwendig, dass das System ein
Mindestmaß an Kontrolle aufrecht erhält.
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Bilder: Texas Instruments
Fahrerassistenz Sensorfusion
1
3
2
Beispiele für
Sensorfusions-Systeme
Die Sensorfusion kann auf zwei verschiedenen Komplexitätsebenen und mit Daten unterschiedlichen Typs erfolgen. Beispiele hierfür sind eine Kombination aus Rückfahrkamera und Ultraschall-Abstandsmesser sowie eine Kombination aus Frontkamera und Multimode-Frontradar. Realisieren lassen sich diese
Beispiele durch geringfügige Modifikationen an bereits vorhandenen Systemen oder durch Hinzufügen einer separaten Sensorfusions-Steuereinheit.
Die auf ultraschall-basierende Einparkhilfe ist inzwischen ausgereift und genießt große Akzeptanz bei den Kunden, da sie akustisch oder optisch vor Hindernissen beim Einparken warnt. Wenn
nun wie in den USA alle Neufahrzeuge ab 2018 mit Rückfahrkameras ausgerüstet sind, lassen sich durch das Kombinieren von
Informationen beider Systeme neue, ausgefeiltere Einparkhilfen
realisieren, die mit einem System allein nicht möglich sind. Beispielsweise liefert die Kamera dem Fahrer ein klares Bild dessen,
was sich hinter dem Fahrzeug befindet, während BildverarbeitungsAlgorithmen den Randstein, Straßenmarkierungen und Hindernisse erkennen können. Ergänzt durch das Ultraschallsystem lässt
sich nun die Distanz zu den detektierten Objekten exakt ermitteln,
sodass eine Näherungswarnung auch bei schlechten Lichtverhältnissen oder völliger Dunkelheit sichergestellt ist.
Eine weitere leistungsfähige Kombination ist die Zusammenführung von Frontkamera und Frontradar. Hierbei ist das Frontradar in der Lage, bei jedem Wetter die Geschwindigkeit und
den Abstand von Objekten auf bis zu 150 m zu messen. Die
Kamera dagegen eignet sich hervorragend zum Erkennen und
Unterscheiden von Objekten wie beispielsweise Verkehrsschildern
und Straßenmarkierungen. Durch die Verwendung mehrerer
Bildsensoren mit unterschiedlichen Sichtfeldern und verschiedenen Optiken sind auch Fußgänger oder Radfahrer sowie andere Objekte in einer Entfernung von 150 m oder mehr vor dem
Fahrzeug identifizierbar. Funktionen wie die automatische Notbremsfunktion oder ein Stop-and-go-fähiger Tempomat für den
Stadtverkehr lassen sich hiermit zuverlässig implementieren.
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1
Bei der Sensorfusion kommt es auf richtige Kombination aus zentraler und dezentraler Verarbeitung an.
2
In einem dezentralen System erfolgt die Aufbereitung
der Sensordaten bereits in den Sensormodulen, während die zentrale ECU die Entscheidungen trifft.
3
In der zentralen Verarbeitungseinheit laufen die
Daten der Satelliten-Sensormodule ohne Eigenintelligenz zusammen.
Unter genau definierten Bedingungen lassen sich bestimmte
ADAS-Funktionen auch mit einem Sensortyp oder individuellen
Systemen realisieren, was aber möglicherweise nicht ausreicht,
um auch unter den unvorhersehbaren Bedingungen des Straßenverkehrs zuverlässig zu funktionieren. Die Sensorfusion macht
nicht nur komplexere und autonome Funktionen möglich, sondern
kann auch bei bestehenden Features die Zahl der Falsch-Positivund Falsch-Negativ-Meldungen verringern.
Zentrale oder dezentrale Intelligenz
In einem fusionierten System führt nicht mehr jedes Einzelsystem
eigenständig seine jeweiligen Warn-/Kontrollfunktionen aus; stattdessen fällt eine einzige Instanz die finale Entscheidung darüber,
welche Aktion ausgeführt werden soll. Es stellt sich dabei die entscheidende Frage, wo die Verarbeitung der Daten erfolgt und wie
Pro dezentrales System
Zwischen Sensormodulen und ECU reicht eine einfachere, kostengünstigere Schnittstelle mit geringerer Bandbreite aus. Häufig genügt ein CAN-Bus mit weniger als 1 MBit/s.
Da das zentrale Steuergerät nur Objektdaten fusionieren muss, benötigt es weniger Verarbeitungsleistung, und für einige Systeme
reicht ein fortschrittlicher Sicherheits-Mikrocontroller aus. Da das
Modul kleiner ist, nimmt es außerdem weniger Leistung auf. Das Hinzufügen von Sensoren lässt die Performance-Ansprüche an die zentrale ECU nicht übermäßig ansteigen, da ein großer Teil der Verarbeitung im Sensor selbst erfolgt.
Contra dezentrales System
Die Sensormodule benötigen einen Applikationsprozessor und werden dadurch größer und teurer und verbrauchen mehr Strom. Die
Funktionssicherheits-Anforderungen im Sensormodul sind wegen
der lokalen Verarbeitungs- und Entscheidungsfindungs-Funktionen
größer. Selbstverständlich ist auch das Nachrüsten zusätzlicher Sensoren mit hohen Kosten verbunden.
Die zentrale, für die Entscheidungen zuständige ECU verfügt ausschließlich über Objektdaten und hat keinen Zugriff auf die wirklichen Sensordaten. Es ist dadurch schwierig, interessierende Bereiche
genauer unter die Lupe zu nehmen.
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
39
Fahrerassistenz Sensorfusion
Frontradar mit adaptiver
Geschwindigkeitsregelung
und Abstandswarner
Frontkamera und
Frontradar
Rückfahrkamera und
Ultraschall-Abstandssensor
Die Fusion von Frontradar und Frontkamera oder von Rückfahrkamera und
Ultraschall-Abstandswarner ermöglichen neue Arten von Assistenzsystemen.
die Daten von den Sensoren zur zentralen ECU gelangen.Bei der
Zusammenführung mehrerer Sensoren, die auf das gesamte Auto
verteilt sind, erfordern die Kabel und Steckverbinder zum zentralen Steuergerät besondere Beachtung. Gleiches gilt für die Platzierung der Datenverarbeitungs-Instanz, da sie sich auf die Implementierung des gesamten Systems auswirkt. In dem Spektrum
möglicher System-Partitionierungen gibt es zwei Extremfälle: die
zentralisierte Verarbeitung sowie ein völlig dezentrales System.
Surround-View-System mit
Anzeige im InfotainmentDisplay
Frontkamera mit visueller
oder haptischer Warnung
Totwinkel-Radar mit
visueller Warnung
Fahrerüberwachung mit
akustischer oder haptischer
Warnung
Derzeit sind Fahrerassistenzsysteme als einzelne, unabhängige
Zusatzausstattungen implementiert.
Dezentrales System
Bei einem vollständig dezentralen System ist ein großer Teil der
Datenverarbeitung und in gewissem Umfang auch der Entscheidungsfindung an die Sensormodule ausgelagert. Es überträgt
ausschließlich Objektdaten oder Metadaten – diese beschreiben
Objekteigenschaften und/oder identifizieren Objekte – an eine
zentrale Fusions-ECU, die die Daten zusammenführt und die
finalen Entscheidungen bezüglich der notwendigen Aktionen
oder Reaktionen fällt.
Zentralisierte Verarbeitung
Bei der zentralisierten Variante erfolgt die gesamte Datenverarbeitung und Entscheidungsfindung an einem Ort. Die verschiedenen
Sensoren übermitteln dazu die benötigten Daten im Rohformat.
Pro zentralisierte Verarbeitung
Die Sensormodule sind klein und kostengünstig und verbrauchen
nur wenig Strom, da nur die reine Sensorfunktion und die Datenübertragung erforderlich sind. Die Sensoren lassen sich flexibel anbringen und benötigen nur wenig Platz. Auch die Kosten für den
Austausch von Sensoren sind gering. Wegen des Fehlens von Verarbeitungs- oder Entscheidungsfunktionen werden an diese Sensormodule außerdem meist geringere Anforderungen in Sachen funktionale Sicherheit gestellt.
Eine zentrale Verarbeitungs-ECU verfügt über alle benötigten Daten,
da keine Daten durch Vorverarbeitung oder Kompression im Sensormodul verlorengehen. Die niedrigen Kosten und kleinen Abmessungen ermöglichen die Installation von mehr Sensoren.
Contra zentralisierte Verarbeitung
Zu den Sensormodulen ist eine breitbandige Kommunikationsverbindung bis zu mehreren GBit/s erforderlich, um den großen Umfang an Sensordaten in Echtzeit abzuwickeln. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit elektromagnetischer Interferenzen (EMI).
Die zentrale Verarbeitungs-ECU benötigt mehr Verarbeitungsleistung und Geschwindigkeit, um alle ankommenden Daten zu bewältigen. Dies erhöht den Stromverbrauch und die Wärmeentwicklung
infolge der vielen breitbandigen I/Os und anspruchsvollen Applikationsprozessoren. Das Hinzufügen von Sensoren erfordert auch eine
höhere Leistungsfähigkeit der zentralen ECU. Einige Nachteile lassen
sich mit Interfaces wie zum Beispiel FPD-Link III beheben, mit denen
sich Sensordaten und Stromversorgung sowie Steuer- und Konfigurationsdaten als bidirektionaler Rückkanal über ein einziges Koaxialkabel übertragen lassen, was den Verdrahtungsaufwand des Systems entscheidend verringert.
40
Automobil Elektronik 05-06/2016
Der goldene Mittelweg
Abhängig von Typ und Anzahl der in einem System zum Einsatz
kommenden Sensoren, von den Skalierbarkeits-Anforderungen
für unterschiedliche Automodelle sowie von den Upgrade-Optionen, kann eine Mischung aus den beiden gerade beschriebenen
Topologien die optimale Lösung darstellen. Viele Fusionssysteme
nutzen heute Sensoren mit lokalen Verarbeitungsfunktionen für
Radar, Lidar und die zur Bildverarbeitung dienende Frontkamera. Ein rein dezentrales System kann die vorhandenen Sensormodule in Kombination mit einer ECU zur Objektdaten-Fusion
nutzen. Sensormodule ohne Eigenintelligenz für Systeme wie die
Surround-View- und Rückfahrkameras lassen sich in ein Fusionssystem mit vielen weiteren Fahrerassistenz-Funktionen wie
beispielsweise Fahrerüberwachung oder Kameraüberwachung
integrieren, ohne das Prinzip der Sensorfusion anzutasten.
Das Plattform-Management, die anvisierten Fahrzeugsegmente sowie Flexibilität und Skalierbarkeit sind wichtige wirtschaftliche Faktoren, wenn es um die Partitionierung und das Design
eines Fusionssystems geht. Das daraus resultierende System muss
nicht unbedingt die optimale Implementierung für eine bestimmte Variante sein. Dennoch kann es mit Blick auf die Plattform
oder die gesamte Fahrzeugflotte die beste Lösung darstellen.
Die Nutzung der Sensordaten
Im Zusammenhang mit den Fahrerassistenzsystemen blieben
zwei Aspekte bisher unerwähnt, nämlich die informativen und
die funktionalen Fahrerassistenzsysteme. Erstere dienen dazu,
die Sinne des Fahrers zu erweitern, während dieser nach wie vor
die uneingeschränkte Kontrolle über das Fahrzeug hat. Beispiele sind Surround-View- und Nachtsicht-Systeme. Bei den funktionalen Fahrerassistenzsystemen handelt es sich dagegen um
www.automobil-elektronik.de
Fahrerassistenz Sensorfusion
Bildverarbeitungs-Systeme, die es dem Auto ermöglichen, seine
Umgebung wahrzunehmen und eigenständig zu entscheiden
und zu handeln, zum Beispiel per Notbremsautomatik oder Spurhalteassistent. Die Sensorfusion ermöglicht das Zusammenwachsen der informativen und der funktionalen Systeme.
Damit einher geht die Möglichkeit, ein und denselben Sensor
für verschiedene Zwecke zu nutzen, auch wenn man sich dies mit
der Einschränkung der Alternativen für die beste IntermodulKommunikation und die Platzierung der Verarbeitungseinheit
erkauft. Nehmen wir als Beispiel das Surround-View-System, das
dem Fahrer mithilfe von Video-Zuspielungen auf ein zentrales
Display ein Sichtfeld von 360° bietet. Was spricht dagegen, die
Bilder dieser Kameras auch einem Bildverarbeitungssystem zuzuführen? Die rückwärtige Kamera kann für das Rückwärtsfahren
oder das automatische Einparken genutzt werden, während sich
die seitlichen Kameras neben der Totwinkelerkennung und -warnung auch für die Einparkautomatik verwenden lassen.
Wird sie allein eingesetzt, nutzt die Bildverarbeitung die lokale Verarbeitung im Sensormodul, um dann Objektdaten oder
sogar Befehle über eine einfache Verbindung geringer Bandbreite wie beispielsweise CAN zu übertragen. Für einen vollständigen Video-Stream reicht diese Verbindung jedoch nicht aus, denn
der Bandbreitenbedarf lässt sich zwar per Kompression verringern, allerdings nicht bis in den Bereich von 1 MBit/s. Eine breitbandige Verbindung und der Verzicht auf Datenverarbeitung im
Kameramodul können das Problem für den Videobereich lösen,
jedoch sind dann zusätzliche Verarbeitungsfunktionen im zentralen Steuergerät notwendig, um die Bildverarbeitung dort vorzunehmen. Mangelnde Verarbeitungsleistung in der Zentraleinheit oder thermische Restriktionen können sich als Engpass für
diese Lösung erweisen. Technisch wäre es durchaus möglich, die
Verarbeitung im Sensormodul mit breitbandigen Kommunikationsverbindungen zu kombinieren, jedoch sprechen die Gesamtkosten, der Stromverbrauch und der Platzbedarf gegen diese
Variante.
Sicherung der Betriebszuverlässigkeit
Da viele Fusionssysteme in der Lage sind, bestimmte Funktionen
des Autos ohne Zutun des Fahrers autonom zu steuern, sind
Überlegungen hinsichtlich der funktionalen Sicherheit anzustellen, um unter verschiedenen Bedingungen und über die gesamte Nutzungsdauer des Autos hinweg einen sicheren und zuverlässigen Betrieb zu gewährleisten. Details hierüber erfahren Sie
in der Langversion des Beitrags per infoDIREKT. (pet)
■
Autor
Hannes Estl
Sector General Manager Automotive System
Engineering bei Texas Instruments.
infoDIREKT
404ael0616
Skalierbare Automotive-Netzwerk-Lösungen
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Microchip bietet seit über zehn Jahren robuste, automotive-qualifizierte CAN-, LIN-, Ethernet-, MOST®-Technik und USB-Lösungen für
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Der Name Microchip und das Logo, das Microchip-Logo und MPLAB sind eingetragene Warenzeichen der Microchip Technology Incorporated in den USA und in anderen Ländern. Alle anderen hier erwähnten Marken sind im Besitz der
jeweiligen Eigentümer. © 2015 Microchip Technology Inc. Alle Rechte vorbehalten. MEC2023Ger/07.15
Fahrerassistenz Domänensteuergeräte
Der Trend geht zu
zentralen Domänen-ECUs
Hochintegration von ADAS-Funktionen
Die rasant wachsende Zahl an neuen
Anwendungen und Funktionen im
Automobil – von modernen Fahrerassistenzsystemen bis hin zum künftigen
autonomen Fahren – lässt sich mit herkömmlichen Elektronikarchitekturen
kaum mehr darstellen. Zudem steigen
die Anforderungen an Rechenleistung
derart rasch, dass bisher verwendete Mikrocontroller kaum mehr in Frage kommen. Die Lösung liegt in der Integration
zahlreicher Funktionen in einem einzigen Plattform-Steuergerät. Autor: Marc Lang
M
oderne Autos müssen eine ständig steigende Zahl an
elektronischen Funktionen in allen Fahrzeugdomänen bieten. Dazu zählen solche wie ADAS (Advanced Driver Assistance Systems), Infotainment, Fahrzeugdynamik und Hybrid- oder Elektroantriebe. Die Zeiten, in denen für
jede neue Kunden-Funktion ein weiteres Steuergerät (ECU)
hinzugefügt wurde, sind aufgrund von Mehrkosten, aufwendigerer Verkabelung und Einschränkungen beim Packaging
vorbei. Deswegen geht der Trend immer stärker in Richtung
Modularisierung von automotiven elektronischen Systemen
und der Implementierung von neuen Funktionen auf Softwareebene. Das senkt die Zahl der ECUs oder lässt sie zumindest nicht weiter wachsen.
Parallel hierzu lässt sich auch eine Veränderung der Zulieferkette und verschiedener Kooperationsmodelle beobachten. Bisher lieferte fallweise ein einzelner Tier1-Zulieferer ein komplettes „Closed-box“-System. Das ist angesichts der extrem hohen
Komplexität im Bereich ADAS jedoch kaum mehr möglich, weil
ein einzelner Lieferant nicht mehr alle Bereiche als „best in
class“ abdecken kann. Deshalb setzen die OEMs zunehmend
auf die besten Zulieferer für Einzelelemente wie Sensoren und
deren Verarbeitungssoftware, ECU-Hardware und PlattformSoftware, Applikationen und Aktuatoren. Aus einer Vielzahl
an Tier1- und Software-Lieferanten wählt man die besten aus
und integriert das Komplettsystem entweder selbst oder mit
Partnern.
42
Automobil Elektronik 05-06/2016
Trend zur offenen Architektur
Beide Trends führen zur Entstehung von zentralen DomänenECUs, die auf offenen Plattform-Architekturen basieren. So führt
zum Beispiel in der ADAS-Domäne die Anforderung optimaler
Sensordatenfusion naturgemäß zu einer zentralen Fusion und
einer Reihe von darauf basierenden Funktionen. Offene Plattformen sind notwendig, um die Wiederverwendung von Funktionssoftware in mehreren verschiedenen Automodellen zu
ermöglichen, was umgekehrt wiederum notwendig ist, um die
hohen Kosten und Aufwände für die Funktionsvalidierung besser und breiter verteilen zu können.
Aufgrund dieses veränderten Zusammenarbeitsmodells und
der dramatisch angestiegenen technischen Komplexität erhält in
diesem Szenario die neue Rolle des Software-Integrators völlig
neue Bedeutung. Darüber hinaus sind die Anforderungen an die
Domänenarchitektur, die Softwareplattform und den Integrationsprozess um ein vielfaches höher als bei traditionellen ECUs.
Wunsch nach weniger ECUs
Die Fahrzeughersteller (OEMs) müssen sich mit der Tatsache
auseinandersetzen, dass bisher eingesetzte Mikrocontroller die
Anforderungen von ADAS hinsichtlich Rechenleistung und Speicherkapazität kaum mehr erfüllen können. Zumindest theoretisch
sind zwar fast alle neuen ADAS-Funktionen auch in diskreten
Lösungen darstellbar, dem steht aber der Wunsch nach weniger
ECUs an Bord entgegen. Die Integration weiterer ECUs ist indes
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Fahrerassistenz Domänensteuergeräte
Die Aufwände zur Absicherung der Echtzeitkommunikation für
Standard-Ethernet sind sehr hoch, dagegen sind beim deterministischen Ethernet die höchstmöglichen Echtzeitgarantien bereits per Design gegeben.
Eck-DATEN
Bei der weiteren Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen werden offene Plattform-Architekturen eine wichtige Rolle spielen. Mit seiner Middleware setzt TTTech auf
die Weiterentwicklung bestehender Konzepte und Architekturen hin zu Fail-Operational-Plattformen für autonomes Fahren.
aufwendig und erhöht die Komplexität des Bordnetzes. Insbesondere der Aufwand für sicherheitsrelevante Funktionen steigt
sprunghaft an. Deshalb ist die Hochintegration an Stelle verteilter Netzwerke sowie der Einsatz von Domänensteuergeräten
immer mehr im Fokus der OEMs. Das gilt derzeit insbesondere
für die Bereiche Entertainment/Infotainment, ADAS und Chassis Control/Body Control. Weitere Domains, bis hin zum im
Automobil verbauten Server, werden in Zukunft folgen. Mit dieser Entwicklung gehen weitere Trends beziehungsweise Notwendigkeiten einher: Die Backbone-Kommunikation für zuverlässigen Datenverkehr zwischen den ECUs gewinnt enorm an
Bedeutung und die sichere Intra-ECU-Kommunikation wird
wichtiger. Extrem hochleistungsfähige Multicore-SoCs, die bisher im Automobil eher unüblich waren, kommen zum Einsatz,
und auch diese verlangen nach entsprechender Vernetzung.
Auf Grundlage der bisher gewonnen Erfahrungen mit sicheren
vernetzten Echtzeitsteuerungen für Luftfahrt-, Industrie- und
Automobilanwendungen hat TTTech einen zentralen Ansatz zur
Hochintegration aller ADAS-Funktionen gewählt und weiterentwickelt. Das Ergebnis ist eine Plattform-ECU namens TTADrive, die verschiedene Fahrerassistenzfunktionen aufnehmen
und gleichzeitig höchste Sicherheitsstandards garantieren kann.
Middleware für Plattform-ECU
Diese Architektur ist sehr gut skalierbar. Je nach Anzahl und
Leistungsbedarf der vollständig voneinander isoliert eingesetzwww.automobil-elektronik.de
ten Applikationen lässt sich die Ausstattung mit unterschiedlichen Multi-Core SoCs entsprechend dem tatsächlich benötigten
Ressourcenbedarf anpassen. Die SoCs können auch nebeneinander mit verschiedenen Betriebssystemen, wie Autosar, VxWorks,
Linux und ähnlichen, laufen.
Das Herzstück der Plattform-ECU ist die von TTTech entwickelte Middleware TTIntegration. Sie sorgt für die Abstraktion
der Hardware in Richtung der einzelnen Applikationen. Diesen
sind entsprechend ihren Maximalanforderungen genau definierte und feststehende Ressourcen wie Speicher, CPU-Zeit und
andere zugeteilt. Da die Mikrocontroller-Hardware von den
Applikationen entkoppelt ist und zudem auf allen Betriebssystemen ein Autosar-Interface bereitgestellt wird, lassen sich die
Applikationen auch beliebig zwischen den Embedded Cores
verschieben.
Die Middleware gewährleistet unter anderem die Partitionierung, das heißt die strikte Zuteilung von Systemressourcen an
die einzelnen Applikationen, ohne jede Überschneidungsmöglichkeit, die gleichzeitige Berücksichtigung unterschiedlicher
ASIL-Sicherheitslevels (A bis D), die jederzeit klare Nachvollziehbarkeit von Datenherkunft und Datenfluss für den Systemtest sowie die jederzeit volle Location Transparency, das heißt
Funktionen lassen sich zwischen CPU-Kernen dank Entkopplung
der Datenverwendung von der Datenherkunft verschieben.
Vom Entwicklungsbeginn der Plattform an standen Verbesserungen gegenüber den herkömmlichen, häufig ereignisgesteuAUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
43
Fusion
Applikation
Aktuatoren
Fahrassistent
Antriebsstrang
Notfallbremsung
Bremse
Spurhalteassistent
Lenkung
Frontcamer
Kartenfusion
Area View
Radar
Objektfusion
Laser
App1
SWC
App2
SWC
App3
SWC
App4
SWC
App5
SWC
App6
SWC
TTIntegration Middleware
OS
Core 1/2/3 SoC
OS
Core 1/2/3/4 SoC
OS
Core 1/2 SoC
OS
Core 1/2 SoC
_ _ _
Ultrasonic, Nano Radar
e-Horizon
Funktion X
Deterministic Ethernet Backbone
Bei High-end-ADAS-Systemen steht die Fusion verschiedener
Assistenzsysteme im Mittel
Die SWC-Lieferanten integrieren und testen die verschiedenen
Applikationen individuell im Rahmen der vorgegebenen Grenzen.
erten ECU-Konfigurationen im Fokus, insbesondere mit Blick
auf die Testbarkeit und Integration. So bietet die Plattform eine
Reihe von Vorteilen wie beispielsweise die Beobachtbarkeit jeder
einzelnen Funktion über das Intra-ECU-Ethernet-Netzwerk, die
wesentlich verbesserte Testbarkeit und die effiziente Integration
durch ein stabiles deterministisches Integrationsverhalten. Auch
die Co-Simulation von Funktionen am PC und das Datalogging
auf Funktionsebene sind möglich.
Simulation vorgesehen, die weitere Zeitersparnis bedeutet. Durch
die Definition durchgängiger Tools und Prozessketten werden
die Aufwände überschaubarer und besser planbar. Durch die
zeitliche und räumliche Entkoppelung der Applikationen ergibt
sich auch automatisch Rückwirkungsfreiheit, was den Aufwand
für Test und Fehlersuche noch weiter reduziert.
Der Lieferant einer Applikation, der eine Funktion fertig entwickelt hat, übergibt diese an den Systemintegrator als Object
Files. TTTech übernimmt diese Rolle als Integrator bereits bei
einer Reihe von Projekten, aber auch andere Dienstleistern können diese Rolle auf Basis der TTTech-Plattform wahrnehmen.
Mithilfe des von der Plattform zur Verfügung gestellten PreIntegration-Environments werden für jede Funktion in Isolation,
das heißt gegen Simulationsmodelle, vielfältige Testvektoren
(Inputs und erwartete Outputs) und Test Reports erstellt. Der
Systemintegrator führt dann alle Funktionen auf der finalen
Hardware mit den erhaltenen Testvektoren aus und stellt sicher,
dass die Funktionen nicht nur einzeln, sondern auch gemeinsam
auf der Plattform wunschgemäß funktionieren.
Die wichtigsten Vorteile der eingesetzten Middleware TTIntegration, die eine Klammer über verschiedene SoCs und Betriebssysteme bildet, sind die Verbindung von Safety und High Performance, die Konformität zu Standard-SW (Autosar), die Wiederverwendung bestehender SW-Komponenten und ein definierter und in punkto Aufwand genau planbarer Integrationsprozess. Hinzu kommt ein Serviceangebot von TTTech, das
Planung, Consulting und Erstellung der Plattform, umfangreiches
Tooling und Integration, Maintenance und SW-Releases umfasst.
Der Integrationsprozess
Diese Vorteile und das Prinzip der Partitionierung auf Softwareebene tragen aus mehreren Gründen zu einer Zeit- und Kostenersparnis bei der Integration bei. Es müssen sich nicht alle Applikationen zur gleichen Zeit auf der gleichen Entwicklungsstufe
befinden, und daher muss man auch nicht das Erreichen bestimmter Meilensteine abwarten, wie es bei der sequenziellen Integration von Applikationen der Fall ist, häufig auch noch auf einer
provisorischen Hardware ohne konfigurierte Execution Frames.
Durch den deterministischen Ansatz bei der TTTech-Lösung
lässt sich das Zeitverhalten wesentlich früher als bei anderen
Architekturen vorgeben und bestimmen, weil diese Lösung
zeitliche Eigenschaften bereits von Anfang an integriert und
nicht wie sonst üblich aus dem dann bereits fertigen System
herausmessen und überprüfen muss. Gerade Letzteres führt
oft zu einem unvorhersehbaren Aufwand bei der Fehlersuche
im Nachhinein.
Auch das oft praktizierte Optimieren, um mit den vorhanden
Ressourcen in Bezug auf Rechenleistung und Speicher auszukommen, führt zu einem unkalkulierbaren Personal- und Kostenaufwand. Im Unterschied dazu wird die TTTech-PlattformECU von vornherein so vorkonfiguriert, dass jeder Applikationslieferant bei der Integration bereits in genau dem Bereich
innerhalb der konfigurierten Execution Boundaries und mit
genau den Systemressourcen arbeitet, die später auch in der
fertiggestellten ECU für die jeweilige Applikation zum Tragen
kommen werden. Der Projektrahmen und die Systemressourcen
(Rechenzeit, Speicher, Stack, I/O) sind also bereits im Vorfeld
definiert und konfiguriert.
Die unterschiedlichen Funktions-Lieferanten können ihre
Anpassungen und die Integration gleichzeitig und völlig unabhängig voneinander vorantreiben. Zusätzlich ist eine PC-Co-
Deterministisches Ethernet
Bilder: TTTech Computertechnik
Sensoren Vorverarbeitung
Framework Tools
Fahrerassistenz Domänensteuergeräte
100
95
75
Ein weiterer Grundpfeiler des Plattformsteuergerätes TTADrive
ist neben TTIntegration der Einsatz von deterministischem Ethernet. Die zuverlässige und echtzeitfähige Ethernet-BackboneLösung ermöglicht einerseits den Datenaustausch zwischen den
einzelnen SoCs innerhalb der ECU und andererseits auch die
Kommunikation zur Simulationsumgebung und die PC-basierte Funktionsentwicklung.
Dabei ist auch ein Datenaustausch zwischen den einzelnen
Funktionen mit unterschiedlichen Sicherheits- und Echtzeitanforderungen möglich. Die verfügbare Bandbreite ist in drei Kommunikationsklassen unterteilt: Neben Standard-Ethernet-Traffic
25
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44
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
www.automobil-elektronik.de
Fahrerassistenz Domänensteuergeräte
als Best Effort stehen auch AVB-/TSN-Streaming-Kommunikation sowie zeitgesteuerte Kommunikation für harte Echtzeitanforderungen zur Verfügung. Die dritte Kommunikationsklasse
nutzt man in der ECU für alle sicherheitsrelevanten EchtzeitFunktionen.
Funktionssicherheit
Die vielfältigen Eingriffsmöglichkeiten moderner Fahrerassistenzsysteme bringen eine stetig wachsende Abhängigkeit von
der Verlässlichkeit des elektronischen Systems mit sich. Während
heute beim Ausfall eines Assistenzsystems der Fahrer stets in
der Regelschleife und letztendlich in der Verantwortung bleibt,
wird das beim künftigen autonomen Fahren anders sein. Neben
der ISO-26262-konformen Sicherheit des Systems muss unter
allen Umständen auch die Verfügbarkeit zumindest von Teilfunktionen gewährleistet sein. Das gilt insbesondere, wenn während der Fahrt kein einfacher, beispielsweise durch eine Abschaltung erreichbarer, sicherer Zustand erreichbar ist und eine Fortsetzung des Betriebs auch im Fehlerfall unbedingt erforderlich
ist. Eine solche Auslegung ist etwa in der modernen Luftfahrt
zum Beispiel in Fly-by-wire-Systemen schon länger etabliert.
Solche Fail-Operational-Systeme sind im automotiven Bereich
heute noch selten, da bisher die aktuellen Fail-Silent-Systeme,
kombiniert mit dem Vorhandensein eines mechanischen Backups,
meist ausreichen. Fail-Operational-Systeme erfordern ein
bestimmtes Maß an Redundanz in der System-Auslegung, um
die Funktion trotz eines aufgetretenen Einzelfehlers weiterhin
erfüllen zu können. Ein intelligentes Konzept dazu lässt sich auch
als Weiterentwicklung bestehender Konzepte in einer automotiven Kostenstruktur umsetzen.
reaktionen zur Wahl. Wie bei bisherigen und als sicher eingestuften Fail-Silent-Design-Ansätzen lässt sich im Fehlerfall
durch eine einfache Abschaltung der sichere Zustand einnehmen. Umgekehrt kann man natürlich zu Gunsten der Verfügbarkeit versuchen, den Betrieb mit voller Funktionalität (failoperational) aufrecht zu erhalten. Diese erhöhte Verfügbarkeit
führt indes stets zu einer höheren Komplexität des Systems. Als
dazwischenliegende Lösung kann man im Fehlerfall auch in
einen Degraded Mode wechseln, sodass sich eine Teilfunktion
aufrecht erhalten lässt. Auch hier ist aber die Komplexität höher
als beim Fail-Silent-Ansatz.
Ist ein Fail-Operational-Ansatz zwingend erforderlich, sind
die Sicherheitsziele mit den Verfügbarkeitsanforderungen zu
vereinen und die entsprechende System-Architektur muss sämtliche relevanten Fehlerfälle beherrschen. Sehr wichtig sind dabei
die Common Cause Failures, also jene Fehler, die trotz vorgesehener Redundanzen zu einem Ausfall auf Grund einer gemeinsamen Ursache führen können, wie etwa Unterbrechung der
Versorgungsspannung, Clock-Ausfall oder Kommunikationsausfall.
TTTech treibt derzeit mit Hochdruck die Weiterentwicklung
bestehender Konzepte und System-Architekturen hin zu FailOperational-Plattformen für autonomes Fahren in mehreren
Projekten mit verschiedenen Endkunden voran. Erste Serienanwendungen sind für 2020 in unterschiedlichen Fahrzeugmodellen geplant. (pet)
■
Autor
Marc Lang
Director Sales & Marketing bei der TTTech
Computertechnik.
Design-Entscheidungen
Die System-Design-Entscheidungen, die bisher meist nach dem
Motto „im Fehlerfall abschalten“ erfolgten, sind zu überdenken.
Dabei stehen meist zwei diametral entgegengesetzte System-
infoDIREKT
405ael0616
Fahrerassistenz ADAS und Kfz-Versicherung
Die Beitragsberechnung wird
überflüssig, wenn der individuelle Versicherungsvertrag durch
neue, nutzungsabhängige
Deckungsformen verdrängt wird
Bild: stockWERK – Fotolia
Individuell war gestern
Kfz-Versicherung beim automatisierten Fahren
Wettbewerbsdruck und Effizienz sind auch in der Versicherungswirtschaft die Gründe dafür,
die Verarbeitung und den Ver- sowie Betrieb ihrer Produkte weitgehend zu automatisieren. Zusammen mit der Veränderung der Automobiltechnik wird diese Digitalisierung die Kfz-VersiAutor: Dr. Stefan Segger
cherung erheblich beeinflussen.
N
och ist die Kfz-Versicherung ein
stark standardisiertes Produkt.
Der Versicherer kalkuliert seine
Prämie abhängig vom individuellen
Schadenfreiheitsrabatt, also der Unfallhistorie des Versicherungsnehmers
(Fahrzeughalters), von der Einstufung
des Fahrzeugs in Typklassen und der Einstufung in Regionalklassen abhängig
vom Wohnort des Halters. Dieses System
bildet neben zahlreichen weiteren, unternehmensindividuellen „weichen Tarifmerkmalen“, wie zum Beispiel eine Garage oder ein selbst genutztes Einfamilienhaus, die Grundlage für die Prämienkalkulation. Neben diesem klassischen Kfz-
46
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
Versicherungsgeschäft haben sich in den
letzten Jahren Kooperationen mit den
Fahrzeugherstellern als lukrativere Formen der Autoversicherungen herausgestellt. Dabei bieten die kooperierenden
Versicherer beim Neuwagenkauf in der
Händlerorganisation des Fahrzeugherstellers ihre Versicherungen zusammen
mit dem Fahrzeug direkt am sogenannten Point of Sale an. Oftmals sind hier
schon teil- beziehungsweise vollautomatisierte Lösungen im Einsatz, mit denen
der Kunde entweder selbst oder über das
Verkaufspersonal die not wendigen
Angaben für seinen Versicherungsschutz
EDV-mäßig erfasst.
Teilschuld beim
teilautomatisierten Fahrzeug?
Fahrzeuge werden durch die Ausstattung
mit Assistenzsystemen zunehmend teilautomatisiert. Weil diese den Fahrer nur ihn
in bestimmten Fahrsituationen unterstützen
aber nicht überflüssig machen, wird dies noch
nicht unmittelbar zu einer Revolution der KfzVersicherung führen. Der individuelle Schadenfreiheitsrabatt behält seine Berechtigung,
denn weiterhin wird es maßgeblich auf die
subjektive Schadenshistorie des Halters
ankommen, der statistisch die Fehlerquelle
Nummer 1 für Unfälle bleiben wird. Zwar
werden sich teilautomatisierte Fahrzeuge
positiv auf die Unfallstatistik auswirken, der
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SMARTE
Eck-DATEN
Durch die Automatisierung der Versicherungswirtschaft und der durch sie versicherten Fahrzeuge wird sich die individualisierte Versicherungspolice zu einer Versicherung des Mobilitätsrisikos verändern. Die Versicherung wird in starkem Umfang nutzungsabhängig ausgestaltet
werden und damit das bisherige Kalkulationssystem nach Typ und Regionalklassen ablösen.
Der Trend zur mobilitätsabhängigen Kalkulation würde es tendenziell sogar ermöglichen, das
gesamte System der individuellen Kfz-Versicherung abzulösen und die Autoversicherung als
ein „in das Fahrzeug eingebautes Feature“ zu verstehen. Der Fahrzeughalter wird vor allem
aber beim vollautomatisierten Fahrzeug die damit verbundenen Haftungsrisiken über eine
Haftpflichtversicherung abdecken können. Mittelfristig kann sogar darüber nachgedacht werden, die bestehende Produkthaftpflichtversicherung der Fahrzeugausrüster und Zulieferer sowie Fahrzeughersteller mit der Kfz-Versicherung zusammenzuführen. Dies würde insbesondere für diejenigen Versicherungsunternehmen, die neben der Kfz-Versicherung auch die Industrieversicherung betreiben, attraktiv erscheinen, weil nicht unerhebliche Effizienz- und Kostensparmöglichkeiten damit verbunden sind. Sind sämtliche Risiken einer „Lieferkette“ bei ein
und demselben Versicherer versichert, wird sich für ihn ein komplizierter und kostenträchtiger
Regress erübrigen.
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Medienbeanspruchung
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auf verschiedenen Substraten
subjektive Fehler des Fahrers wird jedoch
weiterhin möglich und auch vorherrschend
bleiben, und die Auswirkung auf die KfzVersicherungen dadurch beschränkt.
Doch welche Auswirkungen wird ein Versagen von technischen Assistenzsystemen
auf die Haftungs- und Versicherungssituation haben? Nach derzeitiger Rechtslage
kann sich ein Fahrer beziehungsweise Halter dem Geschädigten gegenüber nicht auf
ein technisches Versagen seines Fahrzeuges
berufen, sondern hat für das technische Versagen seines Fahrzeuges einzustehen. Dies
betrifft auch technische Assistenzsysteme
des teilautomatisierten Fahrens. Damit ist
jedoch im Innenverhältnis die Frage nach
der Verantwortung noch nicht beantwortet.
Hier ist davon auszugehen, dass Regressprozesse der Kfz-Versicherer auf die Fahrzeughersteller, insbesondere auf die Zulieferer der Assistenzsysteme, zukommen
werden, die – nach den Behauptungen interessierter Parteien – einen Unfall verursacht
haben sollen. Allerdings ist zu erwarten,
dass der Nachweis im gerichtlichen Regressprozess nur sehr schwer gelingen wird,
denn letztverantwortlich bleibt der Fahrer.
Diese Schwierigkeiten werden dazu führen,
dass die Regresse nicht erfolgreich geführt
werden und etwaige Unfälle, die auf ein Versagen beziehungsweise eine Fehlfunktion
teilautomatisierter Systeme zurückzuführen
sind, in aller Regel von der Solidargemeinschaft der Versicherten getragen werden.
Damit ist beim teilautomatisierten Verfahren insgesamt noch nicht mit einer
grundlegenden Veränderung der Haftungsund Versicherungssituation zu rechnen.
Lediglich vereinzelt könnte die Produktwww.automobil-elektronik.de
haftpflichtversicherung des Fahrzeugausrüsters beziehungsweise Zulieferers
angesprochen werden. Nämlich dann,
wenn zunächst behauptet und später
gegebenenfalls auch bewiesen wird, dass
Fehlfunktionen oder Versagen der vom
Zulieferer beziehungsweise Fahrzeugausrüster gelieferten technischen Einheiten zu Unfällen geführt haben.
Innovative Lösungen
beim MAF-Sensor
für Die-Attach
und Verguss
Schadensfreiheitsrabatte werden
überflüssig
Tiefgreifende Veränderungen auf der
Ebene der Haftungs- und Versicherungssituation sind dann zu erwarten, wenn
vollautomatisierte Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Zunächst wird sich die etablierte Kfz-Versicherungstechnik verändern, die derzeit im Wesentlichen an die
persönliche Schadenshistorie anknüpft.
Kurz gesagt: Es kommt darauf an, wie
lange der Fahrzeughalter schadenfrei
gefahren ist. Die Anknüpfung an die subjektive Schadenhistorie ist plausibel, weil
menschliches Versagen bislang Unfallursache Nummer 1 ist. Beim vollautomatisierten Fahrzeug fällt ein Fahrerversagen aber weg. Bereits dies wird die KfzVersicherung grundlegend verändern,
denn der Schadensfreiheitrabatt des Halters und Versicherungsnehmers wird als
Kalkulationsgrundlage künftig entfallen.
Aber auch die anderen Kalkulationsgrundlagen (Typklasse und Regionalklasse) des Versicherers werden nicht
unerheblich betroffen sein: Ein vollautomatisiertes Fahrzeug kann nämlich hinsichtlich seines geographischen Aufenthaltsortes und seiner konkreten Nutzung
Fixierung und
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Fahrerassistenz ADAS und Kfz-Versicherung
zungen dafür liefert spätestens das vollautomatisierte Fahrzeug.
Bild: Monkey Business – Fotolia
Weniger Unfälle,
mehr Serienschäden
Die gute Nachricht des automatisierten Fahrens:
Der Mensch wird als Unfallursache Nummer 1
ausscheiden, die Zahl der Unfälle zurückgehen.
genau erfasst werden. Es ist daher in der
Versicherungskalkulation weder notwendig noch geboten, auf relativ grobe Einteilungen wie Typklassen oder Regionalklassen zurückzugreifen. Zudem wird sich
der Fahrstil vereinheitlichen, da vollautomatisierte Fahrzeuge nicht über einen
individuellen Fahrstil verfügen. Damit
entfällt jedenfalls teilweise auch die
Berechtigung einer Typklasseneinstufung.
Schon jetzt gibt es Versicherungstarife,
die aufgrund der Fahrzeugelektronik oder
nachgerüsteter Blackboxes eine nutzungsabhängige Prämienkalkulation ermöglichen. Diese „Pay-as-you-drive“- oder
„Pay-how-you-drive“-Tarife werden bei
einem vollautomatisierten Fahrzeug eine
noch größere Bedeutung erlangen, da das
vollautomatisierte Fahrzeug die einzelnen
Fahrzeugbewegungen ohnehin schon
nahezu alle erfasst.
Im äußersten Fall wird bei dieser Fahrzeugform ein Versicherungsschutz im
Sinne eines Dauerschuldverhältnisses des
Halters zu seinem Versicherer völlig überflüssig werden. Vielmehr wird es möglich
sein, die Versicherungsaufwände in den
Fahrzeug- oder Mobilitätspreis einzukalkulieren beziehungsweise nutzungsabhängig auszugestalten.
Es bleibt dabei abzuwarten, ob die über
viele Jahrzehnte implementierte Praxis
der Autoversicherung, die einen individuellen, dauerhaften Versicherungsvertrag zwischen Versicherungsnehmer und
Versicherer vorsieht, durch neue, nutzungsabhängige Deckungsformen verdrängt wird. Die technischen Vorausset-
Teil- und vollautomatisierte Fahrzeugsysteme funktionieren zuverlässiger und fehlerfreier als der Mensch, wodurch die
Anzahl der Unfälle mittelfristig zurückgehen wird. Der Umstand, dass auch mit
ihnen keine vollständige Unfallfreiheit
erreicht werden wird, steht dem nicht entgegen. Versicherer arbeiten seit jeher mit
dem Gesetz der großen Zahl und es wird
sich für die Versicherungswirtschaft positiv bemerkbar machen, wenn es den Fahrzeugsystemen gelingt, Unfallwahrscheinlichkeiten zu reduzieren.
Beim vollautomatisierten Fahrzeug wird
sich aber die Charakteristik von Schäden
verändern, die von diesem Fahrzeug verursacht wurden. Solange der Fahrer als
Pay
as/how
you drive:
Solche Tarife
werden zunehmen
Unfallursache Nummer 1 im Mittelpunkt
steht, wird es sich bei jedem Unfall um ein
individuelles Geschehen handeln, das keinerlei Serienschadencharakter trägt. Fußt
jedoch die Unfallursache in einer systematischen Fehlfunktion der Assistenzsysteme, liegt in aller Regel ein Serienschaden
vor. Für die Versicherer sind Serienschäden
schwieriger zu handhaben, weil es sie vor
erhebliche (Kumul-) Risiken stellen wird.
Auch die Ursachenforschung wird aufwendiger: Scheidet der Mensch als Unfallursache aus, wird sich bei jedem Unfall das
Bedürfnis ergeben, die Unfallursache
genau aufzuklären, gegebenenfalls auch
durch Analyse der entsprechenden Programmierungen. Für die Zulieferer beziehungsweise Fahrzeugausrüster ist diese
Situation durchaus gefährlich.
In der Vergangenheit erschien selbst bei
dem Verdacht, dass ein technisches Versagen eines Assistenzsystems zum Unfall
beigetragen haben sollte, der Regress
gegen den Hersteller dieser Systeme unattraktiv. Verglichen zum Einzelschaden
müsste ein relativ hoher Aufwand betrieben werden, um die Verantwortlichkeit
des Herstellers festzustellen. Liegen aber
Serienschäden auf der Ebene des Fahrzeugherstellers vor, die Gegenstand eines
möglichen Regressanspruches gegen den
Fahrzeugausrüster oder Zulieferer sein
könnten, wird sich das wirtschaftliche Verhältnis von Aufwand und kumulierter
Schadensumme besser rechnen. Die Zulieferer und Ausrüster müssen daher damit
rechnen, dass in Zukunft in stärkerem
Maße Regressprozesse gegen sie erhoben
werden, was nicht nur sie, sondern gerade
auch ihre Produkthaftpflichtversicherer
betrifft.
Reparaturaufwand nimmt zu
Gegenläufig zur grundsätzlich positiven
Entwicklung der Unfallstatistik wird sich
der Reparaturaufwand entwickeln, der
bei einem Fahrzeug mit teil- oder vollautomatisierten Systemen entstehen wird.
Solche Systeme bestehen aus hochkomplexen elektronischen Bauteilen, die am
Fahrzeug an exponierter Stelle verbaut
werden. Bei einem Fahrzeug aus der Vergangenheit war dort bei einer leichten
Kollision lediglich der Stoßfänger auszutauschen, was praktisch von jedermann
mit dem passenden Schraubenschlüssel
erledigt werden konnte.
Künftig werden komplexe Reparaturen
den Aufwand deutlich erhöhen. Dies
betrifft sowohl die Materialkosten, wenn
Bauteile ersetzt werden müssen, als auch
die Arbeitskosten, da der Einbau und die
Kalibrierung entsprechender Systeme
Spezialisten verlangen. Beides wird dazu
führen, dass die Versicherer stärker mit
den Herstellern der Fahrzeugelektronik
zusammenarbeiten werden wollen, um
das im Schadenbereich erhebliche Einsparpotenzial zu realisieren. (il)
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Alternative Antriebskonzepte 48-V-Technologie
1
2
48-V-Mildhybrid
Serienfertigung läuft binnen 18 Monaten an
Spätestens jetzt ist es klar: 48 V ist gesetzt. Delphi hat auf dem internationalen Wiener
Motorensymposium sein 48-V-Mildhybrid-Antriebskonzept vorgestellt und am Beispiel
Autor: Alfred Vollmer
eines umgebauten Honda Civic mit 1,6-Liter-Motor präsentiert.
E
in Vorstoß der E/E-Leiter von Audi,
BM W, Daimler, Porsche und
Volkswagen, der auf dem 15. Fachkongress „Fortschritte in der AutomobilElektronik“ im Juni 2011 in Ludwigsburg
seinen Anfang nahm, trägt jetzt intensive
Früchte. Nach Continental und Bosch hat
jetzt auch Delphi ein 48-V-System vorgestellt Das 48-V-Mildhybrid-Antriebskonzept von Delphi könnte sich laut Anbieter
für Autohersteller als wegweisend erweisen, da es die Einhaltung strenger Abgasvorschriften ermöglicht, ohne Abstriche
an der Fahrdynamik hinnehmen zu müssen und sich für Automodelle unterschiedlicher Fahrzeugsegmente eignet.
Delphi geht davon aus, dass sich mit dem
48-V-Mildhybrid-Antriebskonzept der
Treibstoffverbrauch und die Emissionen
des Individualverkehrs nachhaltig senken
lassen. Delphi zufolge gibt es bereits eine
Zusammenarbeit mit zwei weltweit tätigen Automobilherstellern, und innerhalb
der nächsten 18 Monate soll bereits die
Serienfertigung anlaufen.
Intelligente Elektrifizierung
Die Vorteile seiner 48-V-Mildhybrid-Technologie, die „intelligente Elektrifizierung“
ermöglicht, demonstrierte Delphi auf dem
diesjährigen internationalen Wiener
Motorensymposium in einem umgebauten
Honda Civic mit 1,6-Liter-Motor als Seri-
52
Automobil Elektronik 05-06/2016
en-Referenzfahrzeug. Durch die modifizierte Fahrzeugarchitektur lies sich die
Nutzung von 48-V-Elektrifizierung maximieren und die Belastung des Motors
minimieren. So verbessert sich die Leistung bei gleichzeitig um über 10 % geringeren CO2-Emissionen. Ingenieure des
Unternehmens haben diese Werte noch
vor dem Ende der Kalibrierungsphase in
ersten Tests festgestellt.
„Dies ist nicht nur ein deutlicher Schritt
vorwärts bei der Neuerfindung der dualen
elektrischen Architektur, sondern vor
lebnis. Außerdem liefert er die zusätzliche
elektrische Leistung für aktive Fahrsicherheitssysteme und das automatisierte Fahren sowie die Fahrzeugvernetzung beziehungsweise Kommunikation.“
48-V-Turbolader
Durch diese Lösung erhalten Automobilhersteller mehr Spielraum für Innovationen, ohne für das Mehr an benötigter
Leistung auf größere Motoren zurückgreifen zu müssen. Die Technologie optimiert den auch als E-Charger bekannten
„Delphi (kann) etwa 85 % der Bewegungsenergie während des WLTPZyklus wieder in elektrische Energie
umwandeln, ohne dabei den Fahrkomfort des Antriebsstrangs zu
beeinträchtigen.“
Jeff Owens, Delphi
allem auch ein Triumph der Software“,
erklärt Jeff Owens, Delphis Chief Technology Officer. „Der intelligente Ansatz für
das Management von Kraftquellen – Elektrizität und Verbrennung – der Bordnetzarchitektur und für die Kommunikation
verbessert nicht nur den Wirkungsgrad
beim Treibstoff sondern auch das Fahrer-
Ansatz des elektrischen Turboladers für
einen verbesserten Fahrzeug vortrieb.
Beim Demofahrzeug von Delphi erhöht
der elektrische Turbolader das Drehmoment im niedrigen Drehzahlbereich um
durchschnittlich 25 %. In Kombination
mit dem Abgasturbolader kann der elektrisch betrieben Turbolader gerade im
www.automobil-elektronik.de
Bilder: Delphi
Bild 1: DC/DC-Wandler
(links) und Batterie in
dem DemonstratorFahrzeug.
Bild 2: Mit der neuen
Bordspannung von 48
V zieht nach schwarz
und rot die neue Farbe
Blau in Niedervolt-Verkabelung.
Bild 3: Delphis 48-V-Demofahrzeug basiert auf
einem Honda-Modell.
3
unteren Drehzahlbereich seine Wirkung
entfalten. Das Fahrzeug entwickelt über
den gesamten Drehzahlbereich eine
dynamische und treibstoffschonenende
Dynamik. Gerade im urbanen Umfeld
dürfte das Konzept von Delphi sein Potenzial zur Schonung der Umwelt und Einsparung von Ressourcen voll entfalten.
Dieser hochdynamische Turbolader läuft
mit einer Nennspannung von 48 V.
Delphi bezeichnet sein System als zweite Technologiegeneration, da der Tier-1 es
von Grund auf als integriertes Gesamtsystem mit passenden Regelalgorithmen
nur für den Einsatz in 48-V-Mildhybriden
entwickelte. Basis hierfür sei unter anderem „die Erfahrung der Entwickler bei
modellbasierten Regelarchitekturen, die
noch präziser und mit noch weniger
Latenzzeit arbeiten“, betont Jeff Owens.
Exakt diese Eigenschaften sind bei einem
48-V-Mildhybrid-System gefragt.
„Dank der ausgeklügelten Regelalgorithmen kann Delphi etwa 85 % der Bewegungsenergie während des WLTP-Zyklus
wieder in elektrische Energie umwandeln,
ohne dabei den Fahrkomfort des Antriebsstrangs zu beeinträchtigen“, hebt Jeff
Owens hervor. Andere Pluspunkte sind
für Owens die kaum spürbaren Stopp/
Start-Vorgänge und „der große Fahrspaß,
den die Passagiere spüren“.
„Als High-Tech-Unternehmen, das
sowohl Fahrzeugelektronik und -elektrik,
insbesondere Leistungselektronik sowie
Technologien für den Antriebsstrang entwickelt, verfügt Delphi bei der Entwicklung von 48-V-Mildhybrid-Systemen über
den Vorteil eigener Kompetenzen in den
Bereichen Systementwicklung, Entwicklung der Motorsteuerung, Software-Entwicklung und Auslegung elektrischer
Architekturen“, lobt Owens sein Unternehmen.
www.automobil-elektronik.de
So lassen sich über die Vorteile des Hybrid-Konzeptes hinaus durch entsprechende Auslegung und Architektur der Komponenten die Verlustleistung reduzieren,
der Bauraum und das Gewicht verringern
und 48-V-Komponenten in ein Mehrspannungs-Bordnetz integrieren.
Warum 48-V-Hybride?
„Autokäufer werden 48-V-Mildhybride
wegen der zusätzlichen Leistung kaufen.
Autohersteller werden die Technologie auf
den Markt bringen, weil sie auf diese Weise leichter Emissionsstandards einhalten
können“, konstatiert Owens. Er geht davon
aus, dass 2025 jedes zehnte Fahrzeug ein
48-V-Mildhybrid sein wird: „Um diese
Zahl einzuordnen – das sind elf Millionen
Einheiten pro Jahr, also drei Mal so viele,
wie die Hersteller jährlich Pickups verkaufen, oder halb so viele Einheiten wie der
weltweite Diesel-Pkw-Markt.“
Aus Sicht des Umweltschutzes bietet
diese Entwicklung laut Owens ein großes
Einsparpotenzial. Mit elf Millionen
48-V-Mildhybriden würde sich seiner Meinung nach der Erdölverbrauch über die
gesamte Lebensdauer der Fahrzeugflotte
hinweg um über 15 Milliarden Liter verringern. Laut US-Energieministerium
(DOE) entspricht dies der Kohlenstoffbindung eines Waldes der Größe Islands. Auf
die Treibhausgasemissionen hätte es laut
DOE den gleichen Effekt, als würden rund
20 Millionen Kubikmeter Kohle weniger
verbrannt.
■
Autor
Alfred Vollmer
Chefredakteur
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Alternative Antriebskonzepte 48-V-Technologie
Mehr Komfort,
geringere Emissionen
Batteriemanagement für das 48-V-Bordnetz
Von der vorheizbaren Klimaanlage bis zu Boost-Funktionen – ein zusätzliches
48-V-Bordnetz mit einer 48-V-Lithium-Ionen-Batterie bietet in technischer
Hinsicht viele Vorteile. Mit dem passenden Batteriemanagement lassen sich
Autoren: Dr. Joachim Wagner, Dipl.-Kfm. Ronald Schaare
langlebige Systeme realisieren.
D
er Weltklimagipfel im vergangenen Dezember in Paris wurde weltweit als historisches
Ereignis gewertet. Das Ende des fossilen
Zeitalters mit Öl als Energielieferant für Mobilität
liegt nach wie vor in weiter Ferne. Doch muss die
Automobilindustrie schon jetzt mit innovativen
Antriebssystemen nachhaltig dazu beitragen, den
gefährlichen Klimawandel zu verhindern. Zwar
haben sich zuverlässige E-Mobility-Lösungen, wie
Vollhybride oder reine Elektrofahrzeuge, schon
längst jenseits der Forschungslabore auf den Straßen
bewährt. Ohne jedoch eine vollständige Neuentwicklung des gesamten Antriebsstranges zu realisieren, lassen sich mit einer 48-V-Architektur bis zu
Eck-DATEN
48-V-Systeme für konventionelle Verbrennungsfahrzeuge haben gegenüber Hochvoltsystemen für rein elektrische Fahrzeuge einen deutlichen Kosten-/Nutzenvorteil. Zwar leistet eine 48-V-Batterie nur etwa 11 kW. Sie ist im Vergleich zu einer
450-V-Batterie mit 100 kW jedoch viel preiswerter (zirka ein Fünftel). Weitere Kosten
entfallen, da im Vergleich zu HV-Batterien wegen der kleineren Spannung keine zusätzlichen Hochvolt-Schutzmaßnahmen, galvanischen Trennungen oder kostspielige Hochstromstecker erforderlich sind. Dies führt unterm Strich zusätzlich zu einer
Gewichtsreduktion. Mit Unterstützung von effizient gemanagten 48-V-Systemen
gelingt es Fahrzeugen mit einem Verbrennungsmotor in einer Übergangsphase neben PHEV-Fahrzeugen mit einer leistungsstarken HV-Batterie (EV), die ambitionierten Klimaziele auf dem Weg zur reinen Elektromobilität zu unterstützen.
54
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
einem gewissen Grad die Potenziale zur CO2-Minimierung und Schadstoffreduktion erreichen. Jeder
Marketingexperte weiß allerdings: Neben der
Umweltrelevanz sind den Kunden Faktoren wie
Komfort und Fahrspaß genauso wichtig. Die Folge:
Die Zahl der elektrischen Verbraucher im Fahrzeug
nimmt explosionsartig zu.
Hingen früher nur Anlasser, Glühlampen oder
Radio am Bordnetz, haben in den vergangenen beiden
Jahrzehnten mikroelektronische Steuergeräte und
andere Verbraucher Einzug ins Fahrzeug gehalten.
Zugleich hat die Autoindustrie unter dem Druck, den
CO2-Ausstoß zu verringern, Nebenaggregate immer
stärker elektrifiziert. Servolenkungen oder Kühlmittelpumpen sind in der Regel elektrisch betrieben und
holen ihre Energie nicht mehr mechanisch aus dem
Verbrennungsmotor des Fahrzeugs. Aufgrund des
enorm gestiegenen Leistungsbedarfs stoßen Entwickler aber zunehmend an ihre Grenzen. Der Energievorrat in einem konventionellen 12-V-Batteriesystem
ist begrenzt, und die Leitungsquerschnitte der Kabelbäume lassen sich aufgrund von Gewichtszunahme
nicht beliebig größer gestalten.
Lösungsansätze basieren auf Entwicklungen, die
zugleich zusätzliche elektrische Leistung ermöglichen,
leicht sind und sich den geringen Platzverhältnissen
sowie dem Fahrzeugdesign flexibel anpassen. Paralwww.automobil-elektronik.de
Alternative Antriebskonzepte 48-V-Technologie
lel dazu sollen sie robust gegen Umweltbelastungen
sein und nicht zuletzt dabei helfen, den CO2-Ausstoß
von Fahrzeugen zu minimieren. Zu den innovativen
Konzepten zählen 48-V-Systeme an Bord von konventionellen Verbrennungsfahrzeugen, die neben
dem12-V-System existieren. Wichtiges Element eines
derartigen 48-V-Sytems ist eine BatteriemanagementTechnologie, wie sie beim Automobilzulieferer Preh
aus Bad Neustadt an der Saale bereits Serienreife
erlangt hat.
Die Aufrüstung mit einem 48-V-Bordnetz erleichtert
den Einsatz größerer elektrischer Verbraucher im
Fahrzeug. Die Quadratur des Kreises wird auf einmal
möglich: Keine Kompromisse beim Komfort und
zugleich die Reduzierung der Umweltbelastung durch
einen geringeren CO2-Ausstoß. So können mit der
48-V-Energieversorgung leistungsfähigere E-Motoren
im Hybridfahrzeug zur Unterstützung des Verbrennungsmotors zum Einsatz kommen
. Der Vorteil: Ein Verbrennungsmotor muss erst
höhere Drehzahlen erreichen, bevor er eine hohe
Leistung abgeben kann. Der Elektromotor hingegen
stellt schon beim Anfahren das maximale Drehmoment zur Verfügung. Durch Kombination der beiden
Motoren kann das Fahrzeug bei gleicher Systemleistung schneller beschleunigen (elektrisches Boosten).
So genügt bei gleicher Beschleunigung ein kleinerer
Verbrennungsmotor; das gleicht Nachteile des Downsizing aus. Mehr Effizienz bieten auch die umweltschonenden Start-/Stopp-Funktionen, da ohne eine
spürbare Verschlechterung der Fahreigenschaften das
Boosten beim Überholen und das Segeln bei ausgeschaltetem Verbrennungsmotor während der Fahrt
möglich werden. Wichtig dabei ist natürlich, dass der
Bild: Preh
Mehr Energie, weniger Umweltbelastung
Motor danach schnell wieder auf Touren kommt,
sodass der Neustart beim Fahren kaum auffällt. Ein
leistungsfähiger Elektromotor hilft dabei.
Prinzipieller Aufbau
des Batteriemanagement-Systems
48 V: teilweise viermal so effizient wie 12 V
Das alles gilt auch für den 12-V-Bereich, mögen Kritiker nun bemerken. Das ist richtig. Richtig ist aber
auch, dass die Zahl der elektrischen Verbraucher und
deren Leistungsfähigkeit im zusätzlichen 48-V-System
zu einem sehr gute Preis-/Leistungsverhältnis deutlich gesteigert werden kann. Auch lässt sich mit einer
größeren Batterie wirkungsvoller rekuperieren, also
mehr Bremsenergie zurückgewinnen. Durch die vierfache Spannung des Bordnetzes im Vergleich zum
12-V-System erzielt man eine bis zu viermal höhere
Rekuperationsrate. Ein 48-V-Start-/Stopp-System,
beispielsweise am Keilriemen, ermöglicht erste Untersuchungen zufolge eine CO2-Reduzierung von bis zu
7 %. Nicht zuletzt eröffnet die 48-V-Batterie die kon-
Weiter auf Seite 57 ▶
Ultrakondensatoren sind kompakte Energiespeicher, die sich durch schnelle
Energieabgabe, einen hohen Wirkungsgrad und hohe Leistungsdichte auszeichnen.
Sie werden zur Bordnetzstabilisierung, als Backup-Speicher, für die aktive
Fahrwerksregelung oder zur Bremsenergie-Rückgewinnung eingesetzt.
Weltweit sind sie in über 1.7 Million Fahrzeugen als Schlüsselkomponente des
Start-Stopp-Systems zu finden.
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Google Germany GmbH
Prof. Detlef Zühlke
Direktor des Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI)
naggregate vom Motor zu entkoppeln und
sie umweltfreundlicher elektrisch zu
betreiben.
Batteriemanagementsystem als
Herzstück des Systems
schwere HV-Relais notwendig sind. Preh
nutzt hierfür die neusten Multi-Core-Prozessor-Generationen zum Einsatz mit
einer Autosar-Software-Architektur sowie
eine hochgenaue Stromsensortechnologie,
die mit 0,1 % Anfangskalibrierung eine
Genauigkeit von 0,5 % erreicht – auch noch
nach zehn Jahren. Damit misst der PrehSensor um den Faktor drei genauer als
bisherige Systeme.
Herzstück der 48-V-Systeme ist ein ausgefeiltes Batteriemanagementsystem. Im
unterfränkischen Bad Neustadt an der
Saale hat der Automobilzulieferer Preh
eine nach dem anspruchsvollen Standard
Software-Sharing
ASIL B der ISO 26262 konzipierte
Für OEMs interessant ist auch die Mög48-V-BCU (Battery Control Unit) entwilichkeit des Software-Sharing. So ist es
ckelt, welche die Funktionen einer Battery
dem Automobilhersteller möglich, Preh
Management Unit (BMU) und einer hocheine Software zur Integration zur Verfügenauen Cell Supervising Sensor Unit
gung zu stellen, die nur auf dem QM-Stan(CSSU) eines Hochvoltdard der ISO26262BMS vereint. Zusätzlich
Nor m basier t. Die
enthält die 48-V-BCU
Absicherung dieser
die Vorladeschaltung,
Software nach dem
die Batterietrennung
höheren ASIL-Sicherund die Strommessung
heitsstandard in Bezug
integriert. Die Technoauf Ü berspannung,
Dauerbetriebsstrom sowie
logie zur BatterieüberÜ berh it zu ng u nd
0,5 % Genauigkeit der Stromwachung (Spannung,
Überstrom implemensensoren nach zehn Jahren:
das sind die Eckdaten der BCU
Strom und Temperatur)
tiert Preh. Für den
hat die Abmessungen
Kunden bedeutet das
150 mm x 120 mm bei
ei nen wesent l ich
30 mm Dicke.
geringeren Entwicklungs- und TestaufWelche Aufgaben erledigt die BCU? Die
wand bei der Software-Entwicklung.
48-V-Li-ionen-Batterie im konventionellen
Preh ist bereits Serienlieferant für die
Verbrennungsfahrzeug ist permanenten
Steuergeräte des Batteriemanagements im
Belastungen ausgesetzt – sowohl durch
BMW i3 und i8 sowie in verschiedenen
den Energieverbrauch beim Fahren oder
Active-Hybrid-Modellen. Anders als bei
durch die zusätzlichen Verbraucher als
diesen Typen, deren Batterie acht Module
auch durch die Energie-Rückgewinnung
– jeweils bestehend aus BMU und CSSU
beim Bremsen. Zudem weisen die Batte– verwenden, kommt die 48-V-Batterie mit
riezellen typischerweise in Abhängigkeit
einem Modul aus, das zwölf Lithiumvon Alterungsgrad und FertigungstoleIonen-Zellen überwachen kann; sogar 13
ranzen unterschiedliche Ladungsniveaus
Batteriezellen sind möglich. Die 48-V-BCU
auf. Deshalb überwacht die BMU permavon Preh ist für Batteriespannungen bis
nent jede einzelne Batteriezelle hinsicht70 V und maximale Dauerbetriebsströme
lich Spannung und Temperatur. Diese
von 350 A sowie Spitzenströme bis zu 500
BMU verarbeitet die Messwerte und gleicht
A ausgelegt. (av)
■
unterschiedliche Ladezustände in den Zellen gezielt an (Balancing). Die Elektronik
Autoren
erhöht aber auch die Kühlleistung, wenn
Dr. Joachim Wagner
Leiter der Vorentwicklung im Bereich Batteriedie Elektronik einen Anstieg der Tempemanagement und E-Mobilität bei Preh in Bad
ratur in den Batteriezellen feststellt oder
Neustadt
aktiviert sogar final die BatterietrennDipl.-Kfm. Ronald Schaare
schalter. Dabei kommt es zu einer TrenLeiter Marketing bei Preh in Bad Neustadt
nung der Batteriekontakte zur Fahrzeugseite hin, was beim 48-V-System auf der
BMU über MOSFET-Schalter gelöst wurde, während bei einem Hochvoltsystem
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48 V
und 350 A
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Prof. Dr. Hubert Waltl
Vizepräsident
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Dr. Rolf Bulander
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AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
57
Optoelektronik LED-Topologien
Stromversorgung
von LEDs im Vergleich
DC/DC-Topologien für die LED-Fahrzeugbeleuchtung
Der Blinker leuchtet nicht nur einfach auf. Nein – die LED-Lichtleiste
weist heutzutage in die entsprechende Richtung. Was früher einfach nur
geblinkt hat, ist zu einem wichtigen Designmerkmal einer Automarke
geworden: Vom Blinker bis zur gesamten Fahrzeugbeleuchtung. Mit
zunehmendem LED-Einsatz wächst auch die Bedeutung der WandlerAutor: Andre Sudhaus
topologie, mit der die Ansteuerung erfolgt.
L
ED-Fahrzeugbeleuchtungen erlauben aufgrund ihrer hohen Flexibilität, das Design einer Fahrzeugmarke mit neuen Merkmalen zu prägen. Durch
ihre Effizienz und lange Lebensdauer gibt
es auch technische Gründe für den LEDEinsatz. Dabei haben die verschiedenen
LED-Anwendungen wie Blinker, Rückleuchten, Abblendlicht oder Bremslicht
durchaus unterschiedliche Anforderungen an die Stromversorgung – und exakt
diese Anforderungen muss die Topologie
der Schaltung möglichst gut erfüllen.
Zudem setzen die Weiterentwicklungen
bei den LEDs, einerseits steigende
Lichtausbeuten bei bereits wenigen 10
mA, andererseits Einzel-LEDs bis in den
Bereich mehrerer Ampere, unterschiedliche Ansprüche an die LED-Ansteuerung.
Eine universelle Topologie, die für alle
Anwendungen optimal hinsichtlich Kosten und Wirkungsgrad ist, gibt es somit
nicht und kann es auch nicht geben. Umso
mehr kann es nützlich sein, die IC-Entwickler solcher Stromversorgungen bei
deren Auswahl und Integration in die
Anwendung zu Rate zu ziehen.
LEDs erreichen ihre maximale Lebensdauer nur bei guter Kühlung und Betrieb
mit konstantem Strom. Diese Grundan-
58
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
forderungen werden sich in den nächsten
Jahren mit der Einführung von OLEDTechniken noch verstärken, denn OLEDs
weisen gegenüber der bestehenden LEDTechnik eine noch höhere Empfindlichkeit
für zu hohe Stromdichten auf. Außerdem
profitieren OLEDs von analoger Stromeinstellung anstelle digitaler Steuerung per
Pulsbreitenmodulation (PWM).
LED-Beleuchtungsf unktionen mit
höherer Leistung wie Fern- und Abblendlicht benötigen fast zwingend getaktete
Leistungssysteme. Elektronisch gesteuerte effiziente Schaltwandler können die
anfallende Verlustleistung vermindern.
Weil LEDs und Elektronik empfindlicher
für hohe Temperaturen sind als klassische
Glühlampen, ist der erforderliche Bauraum, beispielsweise für die Kühltechnik,
auch eine Frage der Wandlungseffizienz.
Randbedingungen
Typische Herausforderungen im Fahrzeug
sind der weite Versorgungsspannungsbereich sowie vielfältige Kombinationen von
LED-Spannung und -Strom. In der Regel
beeinflussen Start-Stopp-Systeme den
Versorgungsspannungsbereich, der am
LED-Modul meist bei etwa 4 V beginnt;
das kann für die Elektronik hinter dem
Bild: Matthias Enter – Fotolia
Verpolschutz oft nur noch 3 V bedeuten.
Daraus ergeben sich steigende Eingangsströme bei niedriger Spannung, weil die
Ausgangsleistung konstant geregelt wird.
Um diesem Effekt entgegen zu wirken,
existieren Forderungen in Lastenheften
nach geeigneten Derating-Mechanismen
(beispielsweise eine lineare Stromreduzierung im Leuchtmittel bei niedriger Versorgungsspannung). Analoge kontinuierliche Mechanismen helfen dabei, LeuchtUnterbrechungen zu vermeiden. Technisch sinnvoll sind diese Maßnahmen
auch zur wirtschaftlichen Auslegung der
Maximalströme des Verpolschutzes und
der EMV-Filterkomponenten.
Die Wunschbereiche für den Betrieb von
IC-Lösungen gehen in der Regel von
Brennspannungen der LED-Serienschaltungen von 2 V bis mehr als 55 V aus. Hinzu kommen Strombereiche, die analog im
Verhältnis von größer 10:1 einstellbar sein
sollen. Sie enden in der Regel bei 1,5 A,
erreichen aber im experimentellen Stadium bereits den Bereich von 3 A und 6 A
mit Einzeldioden für Punktleuchtquellen
mit mehr als 1000 lm.
Welche Topologien kommen für welche
LEDs in Frage? Die folgenden Beispiele
zeigen einige anwendungsspezifische koswww.automobil-elektronik.de
Optoelektronik LED-Topologien
tenangepasste Topologien und deren
potenzielle Anwendungsbereiche. Ausgangsbasis ist der Wunsch eines Applikationsentwicklers, eine bestimmte Kombination von Konstantstrom und Spannung
am Leuchtmittel zu erzeugen. Dazu stehen
viele Wege offen.
Lineare Topologien
Für kleine Ströme und Leistungen können
Stromquellen-ICs durchaus geeignet sein,
zum Beispiel für Blinkleuchten, Rückleuchten, Nebellicht oder ein einfaches LowCost-Tagfahrlicht. Diese Stromquellen-ICs
verursachen nur geringe Gesamtkosten,
und sie sind typischerweise sehr einfach
anwendbar. Prinzipiell erzeugen Stromquellen-ICs nur eine geringe Abstrahlung,
sodass kaum EMV-Filter notwendig sind.
Die für Schaltlösungen erforderlichen
induktiven Speicher fallen hier nicht an.
Diese Vorgehensweise ist meist durch die
Leistungen begrenzt, die neben der LED
im Treiber anfallen. Eine Grenze für den
sinnvollen Einsatz von linearen Stromtreibern in Fahrzeugen liegt üblicherweise im
Bereich von 40 bis 70 mA. Darüber hinaus
müssen Entwickler Maßnahmen ergreifen,
damit sich die Treiberbausteine nicht unzulässig erwärmen. Heute gibt es entsprechende Lösungen zum Wärmemanagement, um diese Leistungsgrenze auf mehr
als 150 mA zu erhöhen. Gute Beispiele für
passende Lösungen sind die LED-Regler
(Linearregler) E522.80/81/82/83 von Elmos
Semiconductor, die sich mit drei integrierten Stromquellen für einen Gesamtstrom
von bis zu 450 mA eignen.
Des Weiteren unterstützen die Bausteine dieser Serie Betriebsmodi zur Imitation
des Fehlverhaltens einer Glühbirne. Ohne
weitere externe Komponenten lassen sich
Leuchtdioden-Cluster hinsichtlich ihrer
Fehlerbehandlung zusammenfassen. Weltweit gibt es unterschiedliche Zielstellungen
Die Buck-to-Battery-Topologie kann durch
kleinere Spannungshübe am Leistungsschalter
helfen, die Schaltverluste in den Flanken sowie
die Abstrahlung durch hohe Schaltpegel zu reduzieren.
Die Boost-to-Battery-Topologie (Boost-2-Bat)
kann aus einer weitgehend beliebigen Eingangsspannung beliebige Ausgangsspannungen erzeugen; es muss allerdings ein differenzieller Strommessverstärker vorhanden sein.
oder gesetzliche Vorgaben zur Behandlung
einzelner LED Ausfälle – von der Toleranz
des Fehlers bis zur kompletten Deaktivierung des unvollständigen Leuchtmittels.
Alternativ kann bei einem lokalen Controller ein PWM-Signal mögliche Hardware-Defekte präzise identifizieren und
an das Steuergerät zurückmelden.
gigkeit von LEDs ist dieses Fenster kaum
technisch nutzbar.
Nicht zuletzt erfordern Ausgangspannungen ab 60 V besondere Maßnahmen,
um einen ausreichenden Berührschutz zu
gewährleisten. Im Zuge von OLED-Stapeln mit größerer Vorwärtsspannung
könnte Boost-Wandlern allerdings wieder
eine wichtigere Rolle zufallen. Lösungen
für Boost-Wandler für LED-Ansteuerungen sind beispielsweise die Elmos-Bausteine E522.31/32/33/34.
Boost-2-GND-Topologie
Boost-2-GND ist eine klassische Topologie, auch Hochsetzsteller oder Step-UpConverter genannt. Sie ist sehr effizient
und in der Regel EMV-freundlich. Allerdings ist sie nur dann einsetzbar, wenn
die Lastspannung in jedem Betriebsfall
größer ist als die Eingangsspannung. Deshalb kommt sie in der Fahrzeugbeleuchtung kaum zum Einsatz.
Eingangsströme von Boost-Wandlern
sind infolge ihres induktiven Speichers
an der Versorgung weitgehend konstant
und daher einfacher zu filtern als bei
anderen Topologien. Hinsichtlich der verwendbaren Lastbereiche, unter Einbeziehung der Jumpstart-Forderung (Versorgung über längere Perioden mit bis zu 28
V) bleiben Spannungen von 30 bis 60 V.
Aufgrund der hohen Temperaturabhän-
Eck-DATEN
Die Ansteuerung von LEDs für die Fahrzeugbeleuchtung ist ein technisch vielfältiges Thema. Es
entwickelt sich in verschiedene Richtungen: Auf der einen Seite gibt es steigende Lichtausbeuten im unteren zweistelligen Milliampere-Bereich, auf der anderen Seite finden wichtige Weiterentwicklungen bei Einzel-LEDs bis in den Bereich mehrerer Ampere statt. Dieser Beitrag vergleicht sieben mögliche Topologien und erläutert deren Leistungsfähigkeit sowie die möglichen
Einsatzbereiche. Die Entwickler haben dabei die Auswahl zwischen mehreren anwendungsspezifischen und kostenangepassten Topologien. Es gibt aber keine universelle Topologie, die für alle
Einsatzbereiche optimal hinsichtlich Kosten und Effizienz ist.
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Boost-to-Battery-Topologie
In dieser Topologie, die im Grundprinzip
dem klassischen Booster ähnelt, bezieht
sich der Fußpunkt der LED-Last nicht auf
die Masse sondern auf die Versorgungsspannung. Diese auch Boost-to-Batteryoder kurz Boost-2-Bat-Topologie kann aus
einer weitgehend beliebigen Eingangsspannung beliebige Ausgangsspannungen
erzeugen. Somit ist sie technisch gesehen
eine Buck-Boost-Topologie.
Der Lowside-Schalter lädt in einer ersten Phase Strom in die Induktivität, in der
zweiten Phase (Lowside abgeschaltet)
wird die gespeicherte Energie über die
Freilaufdiode zum Ausgang zurück kommutiert. Kapazitäten helfen, die Ströme
zu glätten und der – im Allgemeinen durch
den LED-Hersteller aufgestellten – Forderung nach kleinen Wechselstromanteilen
nachzukommen.
Zwingende Voraussetzung für den Einsatz dieser Topologie ist ein differenzieller
Strommessverstärker, der über weite
Gleichtakt-Spannungsbereiche präzise
misst. Die LED-Treiber E522.31/32/33/34
von Elmos enthalten spezielle Verstärker
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
59
Optoelektronik LED-Topologien
+12V from Battery (VBAT)
Buck-to-Ground-Topologie
Die zweite klassische Topologie, die Buckto-Ground- oder kurz Buck-2-GNDTopologie, ist der Tiefsetzsteller oder
Abwärtswandler (Step-Down- oder BuckConverter). Er kann Lasten mit einem
Spannungsbedarf, der kleiner ist als die
Eingangsspannung, sinnvoll bedienen.
Der Wandler eignet sich in der Regel für
ein bis zwei LEDs mit hohen Strömen. Im
Gegensatz zur Boost-Topologie stellen
sich beim Abwärtswandler auf der Ver-
Für kleine Ströme und Leistungen bis etwa 40 bis 70 mA wie
zum Beispiel bei Blink- oder
Rückleuchten können Stromquellen-ICs wie die Linearregler
E522.80/81/82/83 geeignet sein.
60
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
Front Light Application
Bild: Elmos Semiconductor
und messen im Bereich von 4 bis 55 V mit
weniger als 3 mV Offset-Spannung über
den gesamten Temperaturbereich bis 150
°C. Für kosteng ünstige geschaltete
Anwendungen stellen sie ein festfrequentes Strom-Regelprinzip bereit. Ferner bieten sie auch die Möglichkeit zur externen
Frequenz-Synchronisation sowie eine
optional verwendbare interne SpreadSpectrum-Modulation (Frequenzspreizungs-Modulation), die bei hohen EMVAnforderungen hilft, die Grenzwerte,
etwa nach CISPR25, einzuhalten.
Ergänzende Eigenschaften sind verschiedene Diagnosefunktionen innerhalb
des Bausteins und in der Außenbeschaltung, zusätzlich eine Spannungsfestigkeit
bis 60 V, aber auch digitale sowie analoge
Dimm-Funktionen. Interne AutomotiveSpannungsregler (LDOs) ermöglichen es,
Controller oder analoge Hilfsschaltungen
mit gleichzeitig 3,3 V und 5 V zu versorgen.
Randbedingungen und Anforderungen an die Front-Fahrzeugbeleuchtung mit LEDs und
Lösungsmöglichkeiten mit verschiedenen Elmos-Controllern der Typen E522.xx.
sorgungsseite Ströme ein, die mit dem
Laststrom nach oben begrenzt sind.
Daher sind hier Derating-Mechanismen
für die Spannung nicht so sehr erforderlich wie bei Boost-Strukturen.
Anwendungen für Abwärtswandler können Tagfahrlicht (DRL), Nebellicht,
Abblendlicht oder Bremsleuchten sowie
das Rückfahrlicht sein. Für den Markt gibt
es bereits entsprechende Beleuchtungen,
beispielsweise für Ströme bis 2 A auf Basis
des Abwärtswandlers E522.10 von Elmos.
Für LED-Ströme bis 6 A eignen sich Lösungen auf Basis von Schaltregler-ICs, die eine
flexible Wahl des On-Widerstands in externen Treibertransistoren erlauben. Damit
lassen sich diese Anwendungen weiter
kostenoptimieren. Eine mögliche Topologie
kann Buck-to-Battery sein, zum Beispiel
mit den LED-Reglern E522.31/32/33/34.
Buck-to-Battery-Topologie
Eine weitere Topologie, in der LowsideController mit N-Typ-Transistoren zum
Einsatz kommen, ist der Buck-Wandler
mit Bezug zur Versorgung (Buck-to-Battery- oder kurz Buck-2-Bat-Topologie).
Dabei erha lten d ie
LED-Lasten bezogen
auf die Batterie negative Ladungen,
wodurch sich ihr Potenzial immer zwischen der
Batterieversorgung und der
Masse befindet. Geglättete Ströme
aus der Induktivität versorgen dabei
die mit den LEDs in Reihe geschaltete
Last, während die Ladung und Entladung
der Energie im Wechsel über den LowsideSchalter oder die Freilaufdiode erfolgt.
Durch kleinere Spannungshübe am
Leistungsschalter kann diese Topologie
helfen, die Schaltverluste in Flanken sowie
die Abstrahlung durch hohe Schaltpegel
zu verringern. Die Lösung ist flexibel, weil
sie sich über den externen Schalter immer
auf gegebene Strom- und Spannungsbedingungen anpassen lässt. Bei der Komponentenauslegung müssen Entwickler in
dieser Topologie immer das maximale
Tastverhältnis (Duty Cycle) beachten, das
der Wandler bereitstellt.
Elmos empfiehlt, diese Topologie mit
der klassischen Buck-Topologie zu vergleichen, die meist ein Tastverhältnis von 100
% erlaubt und damit den verwendbaren
Eingangsspannungsbereich nach unten
besser ausnutzen kann. Weil auch die
Buck-to-Battery-Topologie differenzielle
Verstärker benötigt, unterstützt Elmos die
Entwickler bei der Implementierung, beispielsweise mit fertigen, vollständigen
Demonstrationsschaltungen.
Eine vielfach unterschätzte Anforderung
sind die Effektivwerte der Ströme in den
Kondensatoren zur Pufferung von Versorgungsspannungen. Bei Buck-Wandlern
(und Buck-to-Battery) sind diese Ströme
trapez- oder rechteckförmig. Am Beispiel
von 50 % Tastverhältnis eines Buck-Wandlers führt dies zu einem effektiven RMSStrom in Höhe des halben Laststromes auf
der Ausgangseite.
Insbesondere bei der EffektivstromProblematik können die LED-Wandler
E522.32/34 mit zwei integrierten Regelkreisen helfen; sie sind auch für Mehrphasensysteme einsetzbar. Sowohl durch
einen Versatz der Phasen der Leistungskreise um 180° als auch durch die Aufteiwww.automobil-elektronik.de
Optoelektronik LED-Topologien
lung des Stromes lassen sich die EffektivLeistungen in verschiedenen Komponenten deutlich vermindern.
Sepic-Topologie
Die Sepic-Topologie benötigt prinzipbedingt lowside-schaltende Wandler, wie
zum Beispiel die LED-Regler-Familie
E522.31/32/33/34. Spannungsanforderungen für Transistoren und Dioden in einer
Sepic-Anwendung leiten sich sowohl von
der Ein- als auch von der Ausgangsspannung ab (in der Regel die Summe aus beiden). Deshalb ist der Einsatz von externen
Leistungsschaltern empfehlenswert. Diese stehen am Markt in hoher Qualität und
Vielfalt zur Wahl und können sowohl in
Spannungsfest igkeit a ls auch vom
Arbeitsstrom flexibel ausgewählt werden.
Für die Wahl der Koppelkondensatoren
spielen hohe RMS-Stromanforderungen
ein Rolle, werden daher typischerweise
keramisch ausgeführt.
Vielfach stellt sich die Frage, ob eine
Kopplung beider Spulen erforderlich ist.
Vom Arbeitsprinzip ist dies nicht erfor-
derlich, aber: Durch die Kopplung auf
einem Kern arbeitet dieser, vereinfacht
gesagt, gegen den Stromanstieg in beiden
Spulen. Aus diesem Zusammenhang
ergibt sich, dass eine gekoppelte Spule
nur den halben Induktivitätswert gegenüber der Lösung mit zwei getrennten Spulen aufweisen muss. Oftmals stellt sich
damit heraus, dass aufgrund dieses
Zusammenhangs die gekoppelte Spule
sowohl hinsichtlich Bauraum als auch in
Bezug auf die Kosten vergleichbar ist.
Regelungstechnisch ist die Kopplung
ebenfalls vorteilhaft, weil sie die Komplexität relevanter Polstellen reduziert.
Zeta, der unbekannte Wandler
Ein Zeta-Wandler ist im Prinzip ein auf
den Kopf gedrehter Sepic-Wandler. Er verwendet im Gegensatz zum Sepic einen
Highside-Schalter. Ein zur Sepic-Topologie vergleichbares Netzwerk transferiert
die Energie zum Ausgang. Der Vorteil dieser Topologie ist die geringere Spannungsfestigkeit, die für den koppelnden Kondensator zwischen den Spulen notwendig
wird. Darüber hinaus gelten weitestgehend vergleichbare Prinzipien wie bei der
Sepic-Topologie, auch für Kopplung zwischen den induktiven Speichern.
Generell eignen sich Buck-Wandler-ICs,
um sie in Zeta-Topologie zu betreiben. Der
Leistungsschalter muss bezüglich des
Massepotenzials des Wandlers eine negative Drain-Spannung in Höhe der Ausgangsspannung tolerieren. Aus diesem
Grund sind synchrone Treiberstufen ungeeignet; vielmehr müssen Treiber mit externen P-FETs oder integrierten Transistoren
mit freiem Drain-Anschluss zum Einsatz
kommen. In Frage kommen hier die Controller E522.01-09 und E522.10 von Elmos.
Mehr über die Zeta-Wandler erfahren
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Andre Sudhaus, Elmos Semiconductor
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Optoelektronik LEDs im Überblick
Rote und blaue Farbtöne
werden dunkler
LED-Fahrzeugbeleuchtung
Die LED-Technik ermöglicht nicht nur eine technische Verbesserung der Fahrzeugbeleuchtung. Zu den Technik-Trends kommen je nach Fahrzeughersteller auch gewisse
Licht-Trends auf, die auf die spektrale Ebene zielen, etwa wenn Bremslichter dunkelroter werden oder die Ambientebeleuchtung in dunklere Blautöne abdriftet. Der
LED-Hersteller Everlight Electronics aus Taiwan beschreibt aktuelle Entwicklungen
und Herausforderungen bei der LED-Fahrzeugbeleuchtung. Autor: Andreas Schimmelpfennig
I
m Jahr 1992 sind die ersten Autos mit LEDund andererseits auf RGB-Leuchtdioden in der AmbiBeleuchtung für Schluss- und Bremslichter auf die
entebeleuchtung, mit denen sich alle Farben durch
Straße gerollt, aber erst 15 Jahre später kamen
eine einzige LED darstellen lassen. Der Haupt-Fokus
auch LED-Scheinwerfer für das Fern- und Abblendliegt hier auf dem Fußraum, aber auch die Seitenteile
licht dazu. Die technische Entwicklung bei den LEDs
sind entsprechend ausgestattet.
treibt die Umwälzungen in der
Fahrzeuge mit einer AmbientebeFahrzeugbeleuchtung voran, aber
leuchtung verfügen meist über etwa
auch der Umstand, dass LEDzehn RGB-Leuchtdioden. Nachdem
Beleuchtungen ein Design-Merksie zunächst in den Oberklasse-Fahrist nicht gleich Weiß. Um
mal geworden sind.
zeugen zum Einsatz kamen, halten sie
LEDs mit mit gleichem
nun auch in Mittelklassefahrzeugen
Weißpunkt zu haben, ist
Weiß-Binning angesagt
immer mehr Einzug. An der spektralen
Trends bei
Charakteristik der LEDs bei der Ambider Innenbeleuchtung
entebeleuchtung mit RGB-LEDs scheiIm Fahrzeuginnenraum, beim
den sich allerdings die Geister. Allgemein liegt der
Armaturenbrett und bei der Fahrraumbeleuchtung
gewünschte Bereich für Rottöne bei 620 bis 633 nm,
(Bild 1) ist ein leicht abnehmender Einsatz von LEDbei Grüntönen bei 520 bis 535 nm und bei blauem
Packages zugunsten einzelner Multifunktionsdioden
Licht bei 447 bis 471 nm. Eingeschränkt liegt der
zu beobachten. Der Rückgang der Nachfrage beruht
Wunsch bei den Grundfarben oft bei maximal ± 4
auf zwei Faktoren: einerseits auf dem stärkeren Einnm. Doch gerade bei blauen LEDs gibt es Unterschiesatz von TFT-Technologie im Cluster/Cockpit-Bereich
Weiß
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de, denn je kurzwelliger das Blau, umso dunkler ist
es. Einige Fahrzeughersteller legen daher Wert auf
blaues Licht bis 456 nm, andere liegen deutlich darüber. Aus diesem Grund hat Everlight jetzt insgesamt
vier kundenspezifische RGB-Versionen für verschiedene Fahrzeughersteller eingeführt.
Bei weißen LEDs für den Innenraum steigen die
Anforderungen an die Lichtqualität, vor allem die
jeweiligen Weiß-Farborte. Hier stehen viele Zulieferer
vor dem Problem, dass ihre Lichtleiter aus Kunststoff
Bild 1: Im Fahrzeuginnenraum ist
ein leicht abnehmender Einsatz
von LED-Packages zugunsten
einzelner Multifunktionsdioden
zu beobachten.
Eck-DATEN
Im Fahrzeuginnenraum zeichnet sich ein leicht abnehmender Einsatz von LED-Packages zugunsten einzelner Multifunktionsdioden ab, und bei weißen LEDs wünschen Fahrzeughersteller geringere Farbort-Abweichungen (besseres Binning). Bei der LED-Außenbeleuchtung nimmt die
Nachfrage stark zu. LEDs mit PLCC-Gehäuse werden besonders gerne für Heckleuchten eingesetzt, LEDs mit Keramikgehäuse sind für hellere Anwendungen unverzichtbar. LEDs mit EMC-Gehäuse (Epoxy Molded Compound) bieten im mittleren Leistungsbereich eine kostengünstige Alternative im Vergleich zu den bisherigen LED-Lösungen.
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Optoelektronik LEDs im Überblick
Bild 3: Im ExteriorBereich nimmt die
Nachfrage nach LEDBeleuchtungen stark
zu.
eine Verschiebung des Weißpunkts bewirken; die
Fahrzeughersteller wünschen aber ein möglichst einheitliches Weiß, also geringe Farbort-Abweichungen.
Die Lösung dieses Problem liegt dann in einer Qualifizierung eines bestimmten Weiß-Farbortes. Um
diese Anforderungen der Fahrzeughersteller zu erfüllen, müssen sich der LED-Hersteller und der jeweilige Automobil-Zulieferer gut abstimmen.
Bisher war ein Single-Bin von weißen LEDs der
beste Weg, entsprechende LEDs mit relativ geringen
Abweichungen beim Weiß-Farbort zu erhalten. Doch
selbst so ein Single-Bin lässt sich problemlos nochmals
in vier Sub-Bins splitten (Bild 2). Damit ein solches
„feines Weiß-Binning“ für Kunden und Hersteller
Vorteile bietet, sind Gespräche zur Klärung von Details
sehr hilfreich.
Trends bei der Außenbeleuchtung
Bei der Außenbeleuchtung von Fahrzeugen nimmt
die Nachfrage nach LEDs stark zu. Den Außenbereich
Mess- und Prüftechnik
Die LED-Messtechnik ermittelt Lichtstrom, Lichtstärke, Farbparameter, Spektrum
und Abstrahlcharakteristik der LEDs. Nahezu jede Bauteile-Qualifizierung mit den
entsprechenden Tests führt Everlight in unternehmenseigenen Laboren durch,
um so Produkte sowohl auf der Materialseite als auch beim Produktionsprozess
stetig zu verbessen. Alle Produkte sind auf ihre Zuverlässigkeit nach AEC-Q101
qualifiziert. Die Unternehmensprozesse unterliegen mehreren Managementsystem-Zertifizierungen einschließlich der Normen TS-16949, OHSAS 18001 und ISO
14001. Die Zielrichtung aller dieser Maßnahmen ist letztlich die Nullfehler-Rate bei
den ausgelieferten LEDs und eine möglichst lange LED-Lebensdauer, das heißt
mehr als 10.000 Stunden.
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Automobil Elektronik 05-06/2016
beherrschen nach wie vor die Farben Rot und Gelb
sowie Weiß. Absolute Schwefelresistenz der LEDs gilt
heute als Grundvoraussetzung für eine Qualifizierung. Dies gelingt durch den Einsatz von Gold beim
Leadframe Plating (Beschichten des Anschlussrahmens für den LED-Chip). Dazu gibt es verschiedene
Materialien und Verfahren. Die am häufigsten verwendete Kombination beim PLCC-Leadframe besteht
aus einer Kupfer-Basis, die üblicherweise eine 0,4 bis
2,0 μm starke Beschichtung aus Nickel und zum
Abschluss eine entsprechende Gold-Beschichtung
bekommt. Zur Gold-Beschichtung gibt es zwei Verfahren, die galvanische und die chemische Vergoldung; die galvanische Vergoldung hat etwa die doppelte Schichtdicke wie die chemische.
Wie im Innenbereich kommen oft die bewährten
PLCC-Gehäuse zum Einsatz, vor allem bei den Heckleuchten. Für hohe Helligkeiten und damit hohe
Betriebsströme sind jedoch Keramikgehäuse unverzichtbar. Interessant ist aber auch der Leistungsbereich, der dazwischen liegt. Bei solchen AußenAnwendungen sind EMC-Gehäuse (Epoxy Molded
Compound) sehr empfehlenswert, zumal sie ein sehr
gutes Preis-/Leistungsverhältnis haben. Die Kombination aus hohen Lumenwerten, hoher Zuverlässigkeit
und einem attraktiven Preisniveau spricht sehr für
die Daseinsberechtigung dieser EMC-LEDs.
Bei roten LEDs für Heckleuchten und die dritte
Bremsleuchte fragen OEMs und Tier-1s zunehmend
auch dunklere Rottöne mit Wellenlängen von 626
oder gar 633 nm anstatt der üblichen 618 nm an.
Größere Wellenlängen (dunklere Rottöne) gehen
aber mit einem geringeren Wirkungsgrad einher,
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Optoelektronik LEDs im Überblick
0,320
y-Coordinate
0,300
0,280
0,260
0,240
0,220
0,200
0,200
0,220
0,240
0,260
0,280
0,300
vorher alle einfacheren Möglichkeiten in Betracht
ziehen.
Bei amber-gelben Farbtönen für die Blinker setzen
Fahrzeughersteller stark zunehmend nur noch PCAmber (Phosphor Converted Amber) ein. Der Vorteil
liegt hier in einer größeren Helligkeit vor allem bei
höheren Temperaturen. Zudem sind PC-Amber-LEDs
deutlich farbstabiler. Dies hat ihre Attraktivität schon
in Anwendungen ab 0,5 W zunehmend erhöht.
Beim Tagfahrlicht und bei den Frontscheinwerfern
hat Everlight neue, zuverlässige Lösungen als fertig
bestückbare Module sowie auch als Komponentenlösung auf den Markt gebracht. Die Module oder LEDs
sind in einer Zwei-, Drei-, Vier- oder Fünf-Chip-Version erhältlich. (dw)
■
Bild 2: Beim verfeinerten Weiß-Binning von LEDs teilt Everlight einen bisherigen Single-Bin in vier Untergruppen (1-4)
auf, um Unterschiede bei den Weiß-Farborten zu vermindern.
Autor
was im Extremfall zu Designänderungen führen
könnte. Natürlich können effizientere LEDs (mit
größerer aktiver Chipfläche) oder mehr LEDs diesen
Nachteil ausgleichen, aber damit das vorhandene
Layout unverändert bleiben kann, sollten Anwender
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AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
65
Optoelektronik HMI
Beispiel für eine Clusterdarstellung.
Raytracing für fotorealistisches HMI
Cluster und HuD werden effizienter
Nach ihrem erfolgreichen Einsatz in der Film- und TV-Branche will die Raytracing genannte Grafiktechnologie
jetzt auch die Automobilbranche erobern – und zwar mit fotorealistischen Darstellungen per CGI, die sich mit
Autor: Bryce Johnstone
erheblich weniger Leistungsaufwand realisieren lassen.
J
e komplexer Autos werden, desto mehr Informationen müssen ihre Fahrer immer schneller aufnehmen, zunehmend
auch in grafischer Darstellungsweise. Mit dieser Komplexität
wächst für den Designer aber auch die Herausforderung, dem
Fahrer lediglich eindeutige und genaue grafische Information
anzubieten.
Raytracing ist eine Grafiktechnologie für Mensch-MaschineSchnittstellen (HMI), die es ermöglicht, foto- beziehungsweise
hyperrealistische Grafiken auf einem Bildschirm wiederzugeben,
allerdings unter Berücksichtigung des Leistungsbedarfs für solche Funktionen, denn die Grafik soll in einen Fahrzeugraum
übertragen werden.
Raytracing kam schon vor einigen Jahrzehnten als Grafiktechnologie zum Einsatz. Die meisten High-End-Filme und TV-Shows,
die mit Computer-Generated-Imaging (CGI) entstehen, beruhen
auf Raytracing und erzeugen erstaunliche Effekte; Star Wars und
Jurassic Park sind gute Beispiele für die Nutzung von CGI.
Hieraus ist eine Technologie als Teil der Grafikfamilie PowerVR entstanden, die den Rechenaufwand für die Strahlenverfolgung senkt. Obwohl der spezielle Algorithmus erheblich weniger
66
Automobil Elektronik 05-06/2016
Rechenleistung benötigt, entstehen damit qualitativ hochwertige Grafiken, ohne die Leistungsbilanz über Gebühr zu erhöhen.
Damit eignet sich diese Lösung für den mobilen Einsatz und für
Fahrzeuge. Eine vergleichbare Technologie, die zum Beispiel auf
einer High-End-Grafikkarte läuft, würde ein Drittel oder ein
Fünftel der Strahlleistung erzeugen und dafür 250 W verbrauchen,
während die Power-VR-Lösung nur 4 bis 5 W benötigt.
Eck-Daten
Power-VR-Raytracing macht in Kombination mit Power-VR-Grafiktechnologie echte High-End-Grafik erlebbar. Nach Angaben des Autors hat
„ein Anwender nie zuvor derart erstaunliche fotorealistische oder hyperrealistische HMIs gesehen“. Raytracing Grafiken repräsentieren den
nächsten Schritt der automotiven Grafiken und sie folgen den gut angelegten Pfaden der Film- und Fernsehindustrie. Raytracing hilft auch,
Kosten und Komplexität bei HUD/HMI-Systemen zu reduzieren. Mit
der Technologie von Imagination Technologies können OEMs und Zulieferer erstaunliche Grafiken auf multiplen Projektionsflächen rund
um das Cockpit darstellen ohne den Fahrer zu überfluten.
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Bilder: Imagination Technologies
Optoelektronik HMI
Host
CPU
Bus
Raytracing ermöglicht besonders fotorealistische
Darstellungen.
System
Memory
Bus
Das Blockschaltbild des Power-VR GR 6500 zeigt das Zusammenspiel zwischen den
Raytracing-Elementen und den Standard-Grafikprozessoren.
So funktioniert Raytracing
angepasste Rendering, das sogenannte Foveated Rendering,
dazu, die größte Auflösung in das Zentrum des Auges zu legen,
Das Raytracing folgt grundsätzlich der Physik des Lichts. Wir
denn in seinem zentralen Bereich, der Sehgrube oder Fovea,
stellen uns eine Szene vor, in die Strahlen geschickt werden. Bei
nimmt das Auge die meisten Details in einem Winkel von 30 bis
der Durchquerung des Raums treffen die Lichtstrahlen auf Objek40° auf, während der umliegende Rest weniger Details wahrte, und die Treffer lösen Shader aus; das sind kleine Programme,
nimmt. Mit Raytracing in einer AR-Brille lassen sich zudem über
die Lichteffekte, Oberflächeneigenschaften, Reflexionen und
Sensoren die Augenbewegungen sowie die
Lichtbrechungen berechnen können. Die Shameisten der im Zentrum fokussierten Strahlen,
der-Information mit den Angaben, ob sich der
wohin das Auge gerichtet ist, verfolgen. Daraus
Schnittpunkt im direkten Licht oder Schatten
ergibt sich ein effizienterer Einsatz der notwenbefindet, wird dann dem Strahl hinzu addiert.
sowie
das
restliche
HMI
digen Strahlenleistung, weil das Auge dort mehr
Nachdem der Strahl vom Objekt „abprallt“,
werden mit Raytracing
Details erfasst, wo sie sinnvoll sind.
durchquert er die Szene weiter, trifft auf weitefotorealistisch
Mit dieser Technik lässt sich die HUD-Inforre Objekte und löst weitere Shader aus. Das
mation jederzeit auf das Zentrum des Blickfelds
Ergebnis sind schließlich entsprechend eingekonzentrieren. Da die Blickrichtung des Fahrers verfolgt wird,
färbte Pixel in der Szene, mit realistischen Reflexionen, Lichtbrekann er zudem akustisch gewarnt werden, sobald er für einige
chungen und raffinierten Lichteffekten wie Globale Beleuchtung.
Zeit nicht in Fahrtrichtung schaut.
Das Endresultat erscheint dann nahezu fotorealistisch, bestimmt
Für den HMI/UI-Entwickler ergibt sich mit Raytracing zudem
durch die Anzahl der „Treffer“.
der Vorteil, dass es oft einfacher ist, hiermit einen Effekt zu erzielen als verschiedene Rendering-Techniken einzusetzen, die dem
Raytracing vereinfacht HuDs
Raytracing nur nahe kommen. Zudem gibt es viele Effekte, zum
Die Raytracing-Technologie ermöglicht nicht nur fotorealistische
Beispiel die Reflexion in der Reflexion, die sich nur auf diese
Bilder im Instrumentencluster sondern sie eröffnet auch einfache
Weise erzeugen lassen und mit Standardtechniken unmöglich
Wege, das an das Head-up-Display (HUD) gesendete Bild derart
realisierbar sind.
zu modifizieren, dass es auf einer gewölbten Oberfläche (zum
Jeder HMI-Entwickler, der mit Werkzeugen des Typs Unity 3D
Beispiel der Windschutzscheibe) wie auf einem Flachbildschirm
5.4 arbeitet, kann schon jetzt die Vorteile des Raytracing für die
erscheint. Das spart Kosten für die sonst notwendige SpezialEntwicklung von Lightmaps erfahren, indem er Light-Maplinse. Tatsächlich könnte so ein einziges System mit nur geringen
Baking nutzt. Damit wird die Änderung von Lichteffekten in
Änderungen am Algorithmus scharfe HMI-Darstellungen auf
wenigen Sekunden möglich, während konventionelle Technolojeder Projektionsfläche abbilden, sodass ein HUD für viele Fahrgien hierfür mehrere Minuten benötigen. (av)
zeuge von unterschiedlichen Herstellern verwendbar wäre.
■
Raytracing kann auch zur Verbesserung gerasterter Grafiken
durch vernünftige Abwägung in einer Hybridlösung zum Einsatz
kommen: von der realistischen Schattierung einer Szene (SchärAutor
feeinstellung von Skalen und Anzeigenadeln) bis zur fotorealisBryce Johnstone
tischen Darstellung des Fahrzeugs im Infotainmentsystem.
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HuD
Imagination Technologies
Raytracing und AR
Eine zweite Anwendung ist die Augmented-Reality (AR, erweiterte Realität) mit AR-Brille. Hier dient das an die Sehgrube
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AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
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Connected Car Vom Umgang mit .....
Bild 1: Remote Vehicle
Diagnostics (RVD) sind
ein Beispiel für den Nutzen, den eine klar definierte Datenweitergabe
ermöglichen kann.
1
Bilder: Continental
Bild 2: Im Rahmen der
Schwarmintelligenz
können Fahrzeuge dank
Datenaustausch um die
Ecke blicken.
2
Datenschutz im Auto
Herausforderung und Aufgaben
Digitale Dienste auf der Basis einer umfassenden Fahrzeugvernetzung erfordern das Abwägen zwischen einer neuen Qualität des Fahrernutzens und der Datenhoheit des Fahrers.
Autor: Helmut Matschi
Dies kann nicht in einem Alleingang gelingen.
S
chon seit den 1980er Jahren rückt die Digitalisierung
zunehmend ins Zentrum der Automobilentwicklung.
Momentan hat mit der Vernetzung über das einzelne
Fahrzeug hinaus die dritte und vermutlich weitreichendste Welle der Digitalisierung begonnen: die Phase der digitalen Dienste. Wegen derenTragweite und Bedeutung für den Verkehrsfluss
insgesamt sowie für die Sicherheit, Effizienz und den Komfort
des Autofahrens wird sie von Diskussionen begleitet. Dabei geht
es häufig um die Themen Datenerhebung, Datenhoheit und
Datenschutz. Angesichts der aktuellen Gemengelage aus Unsicherheit, hohem Innovationstempo und hohen Erwartungen soll
eine Rückbesinnung die Entwicklungslinien zur heutigen Situation aufzeigen.
Im Grunde ist die Digitalisierung eine kontinuierliche Erfolgsgeschichte, denn sie ermöglicht ständig neue Funktionen. Ihr
Qualitätsbeitrag sind eine höhere Zuverlässigkeit auf Systemebene (einschließlich Diagnosefähigkeit), wesentlich präzisere
Steuer- und Regelvorgänge (beispielsweise bei Einspritzung und
Verbrennung, Rohemissionen, Abgasnachbehandlung, CO2Ausstoß, Effizienz), mehr Komfort (etwa durch merk- und lernfähige Systeme) sowie eine bessere Informations- und Bedienqualität für den Fahrer (nicht erst im Stau vom Stau erfahren,
holistische Mensch-Maschine-Schnittstelle mit dynamischen
Elementen).
Mechatronik: Bits und Bytes im Auto
Am Anfang der Digitalisierung stand die elektronische Ertüchtigung einzelner Komponenten durch eine Steuerung auf der
Basis von Mikroprozessoren und Sensoren. Sie haben im Fahrzeug ab Mitte der 80er Jahre aus gutem Grund Einzug gehalten.
Bei nüchterner Betrachtung ist die „gute alte“ Mechanik nämlich
68
Automobil Elektronik 05-06/2016
nie sonderlich gut gewesen, wenn man heutige Maßstäbe an
Zuverlässigkeit und Genauigkeit anlegt. De facto war die Mechanik im Auto fehleranfällig, ungenau, träge und verschleißbehaftet. Außerdem ist jede Mechanik starr auf eine einzige Funktion
begrenzt – von Intelligenz oder situativ angepasster Fahrerunterstützung keine Spur.
Das änderte sich erst durch Mikroprozessoren, Steuergeräte
und Kommunikation. Beispiele liefern neben längst fest etablierten Systemen wie dem ABS seit den 90er Jahren auch andere
Funktionen wie digitalisierte Zugangskontrollsysteme, digitale
Reifendruckinformationssysteme und digitale Kombinationsinstrumente, um nur einige wenige Beispiele aus dem InteriorBereich von Continental zu nennen. Die Liste ließe sich auf Fahrzeugebene nahezu endlos fortsetzen. Mit jeder Ausweitung der
Digitalisierung war für den Fahrer entweder ein Gewinn an
Sicherheit, an Effizienz, an Komfort oder an allen dreien verbunden – und diese Feststellung gilt bis heute.
Digitalisierung auf Systemebene
Mit immer leistungsfähigeren Prozessoren und der Verknüpfung
einzelner mechatronischer Produkte zu Systemen begann die
zweite Welle der Digitalisierung. Salopp könnte man sie als Phase der Inselvernetzung bezeichnen, denn die Vernetzung erstreckt
sich hier bis an die Grenzen des einzelnen Fahrzeugs, jedoch
nicht darüber hinaus. Zu den typischen Innovationen dieser
Phase zählen die Advanced Driver Assistance Systems (ADAS),
die heute einen großen Beitrag zur Fahrsicherheit leisten. Zugleich
stellen sie neue Ansprüche an die Mensch-Maschine-Schnittstelle (das HMI), weil neue Inhalte und Informationsqualitäten
abgebildet werden müssen. Dazu ist heute idealerweise ein holistisches HMI-Konzept erforderlich, das über alle HMI-Elemente
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Bild 3: Digitalisierung in
drei Wellen: Von der Komponente über das System
zum vernetzten Fahrzeug.
3
Eck-Daten
Reizwort Datenschutz
Personenbezogene Daten im Auto gehören dem Fahrer. Gleichzeitig
zeigt die weltweite Vernetzung via Computer, Smartphone und Internet, dass Mauerbau und Konnektivität nicht zusammenpassen. Die
Welt ist längst vernetzt. Es geht um die Frage der Rollen und Rechte im
Auto. Es muss beispielsweise definiert werden, ob einige rückführbare
Daten aus einem übergeordneten Interesse (Verkehrsfluss, Sicherheit)
heraus in Zukunft eine rechtliche Sonderstellung bekommen. Diese
Daten gilt es dann, durch Kryptografie und/oder Anonymisierung besonders zu schützen. Für alle personenbezogenen Daten jenseits dieses heute noch zu definierenden Umfangs gilt das Vertragsprinzip des
„Do ut des“. Dabei legt der Fahrer selbst fest, welche Daten er preisgibt, um eine Gegenleistung in Form eines Dienstes zu erhalten.
hinweg die Kommunikationskanäle zum Fahrer und die Inhalte
der Kommunikation dynamisch an die Verkehrssituation sowie
den Zustand des Fahrer anpasst. Vernetzung im Fahrzeug ist also
auf vielen Ebenen Voraussetzung für mehr Sicherheit, mehr Effizienz und mehr Komfort. Ein weiteres Beispiel ist die intelligente Mehrfachnutzung von Sensorsignalen für unterschiedliche
Anwendungen.
Mit wachsendem Funktionsreichtum und der Vernetzung im
Fahrzeug steigt die Bedeutung der Software stark an. Auch für
das Technologieunternehmen Continental hat dies über die Jahrzehnte einen großen Umbruch bewirkt: Heute befinden wir uns
zumal in der Division Interior mitten im Wandel auch zu einem
Softwareunternehmen. Auch auf Gesamtunternehmensebene
zeigt sich das: Mit insgesamt über 13.000 Softwareentwicklern
erwirtschaftet Continental rund 60 % seines Umsatzes mit digitalisierten Produkten; und die Software-Umfänge steigen ständig.
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Es gibt kaum Stimmen, die sich gegen diese Digitalisierung
der Phase 2 aussprechen, weil die damit verbundenen Daten nur
innerhalb des Fahrzeugs erzeugt und verwertet werden. Eine
Datenerhebung findet lediglich direkt in der Werkstatt statt, wenn
das Personal Fehlercodes der Onboard-Diagnose ausliest, um
gezielt reparieren zu können.
Knackpunkt personenbezogene Daten
Mit der dritten Phase der Digitalisierung hat eine sinnvolle und
notwendige Diskussion über im Fahrzeug erzeugte persönliche
Daten begonnen, denn die Vernetzung über die Fahrzeuggrenze
hinaus bringt neue Chancen und Herausforderungen mit sich, die
auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene gelöst werden sollten.
Die Vernetzung von Fahrzeugen untereinander (V2X) und mit
einer Backend-Infrastruktur (zum Beispiel via globales Mobilfunksystem GSM) bildet die Voraussetzung für intelligente Verkehrssysteme, bei denen Fahrzeuge sowohl Echtzeit-Sensoren
(Fahrzeugzustände und ADAS-Umfeldsensorik) für den aktuellen Verkehrszustand als auch Informationsempfänger sind.
Diese Doppelrolle geht einher mit einem Datenfluss aus dem
Fahrzeug heraus und zurück in das Fahrzeug hinein. Damit stellt
sich die Frage nach dem Datenschutz, denn dieser bidirektionale Datenfluss von auf bestimmte Kfz bezogenen Informationen
ist laut Bundesdatenschutzgesetz als eine Erhebung personenbezogener Daten einzustufen.
Der große Gewinn dieser Vernetzung – so sie denn klar standardisiert ist – liegt in der Schwarmintelligenz, die sie ermöglicht.
Fahrer, die laufend Echtzeitdaten über die Strecke vor sich, die
dortigen Straßen- und Verkehrszustände bekommen, haben ganz
andere Reaktionsmöglichkeiten als Fahrer, die rein auf Sicht fahren. Je besser die Informationsbasis, desto sicherer, sparsamer
Automobil Elektronik 05-06/2016
69
Connected Car Vom Umgang mit .....
Teil des Gateway-Key-Konzepts
zum Einbinden von Smart Devices in ein Zugangssystem ist eine End-to-End-Verschlüsselung.
und komfortabler kann Autofahren werden. Auch für hoch- und
vollautomatisiertes Fahren ist die Vernetzung von Fahrzeugen
eine zentrale Voraussetzung, um das Sichtfeld des Fahrzeugs über
den Wahrnehmungsbereich der Sensoren hinaus zu erweitern.
Rechtlich sensibel sind in diesem Zusammenhang alle Daten,
die man über die Identifizierung des Fahrzeugs anhand der Fahrzeugidentifikationsnummer auf eine Person rückführen kann.
Es ist eine gesamtgesellschaftliche Frage, ob man eine solche
Erhebung allgemeiner Fahrzeugdaten wie zum Beispiel Position
oder Geschwindigkeit eines Fahrzeugs überhaupt zulässt. Manche nützliche Basisfunktion der intelligenten Mobilität lässt sich
durch vollständig anonymisierte Daten realisieren, etwa eine
Stauwarnung. Allerdings bleibt die Frage, wie sich Fahrzeuge
dann als glaubhafte Informationsquelle für die Cloud ausweisen
können. Natürlich können dabei beispielsweise Pseudonymisierungsverfahren zum Einsatz kommen, bei denen nicht die echte
Fahrzeugidentifikationsnummer zur Identifikation dient. Aber
zumindest theoretisch sind auch solche Systeme dort angreifbar,
wo die Entschlüsselung erfolgt, und somit auch nach aktuell
gültigen datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten nicht ausreichend, um eine Datenverarbeitung ohne Zustimmung der Betroffenen zu legitimieren.
Dieser Punkt ist also eine Herausforderung. Im Interesse der
intelligenten Mobilität wäre zu überlegen, ob man manche allgemeinen personenbezogenen Fahrzeugdaten öffentlich verfügbar machen will. Allerdings darf das nur einvernehmlich in
einem gesamtgesellschaftlichen Konsens erfolgen. Dazu bedarf
es neuer Standards und einer nachgeschärften Gesetzgebung,
die auf die veränderte Situation vernetzter Fahrzeuge eingeht.
Der Vorteil bestünde darin, dass eine wesentlich umfangreichere Unterstützung für Fahrer möglich wird, weil die Datenbasis
präziser und lokal genauer anwendbar ist. Der E-Horizon erfordert beispielsweise als Vernetzungskonzept keine gläsernen
Fahrer, sondern standardisierte und anerkannte Pseudonymisierungsverfahren.
Klare Verhältnisse des „Do ut des“
Unverändert gilt: Personenbezogene Daten gehören dem Fahrer.
Da jedoch bestimmte rückführbare oder sogar direkt personenbezogene Daten erst die Voraussetzung schaffen, dem Fahrer
nützliche Dienste anzubieten, kann hier zusätzlich ein Vertrags-
70
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
verhältnis die grundlegenden Rollen und Rechte der Datenhoheit
und des Datenschutzes ergänzen. Nach dem Prinzip „Do ut des“,
kann der Fahrer mit einem Dienstanbieter ein Zug-um-ZugGeschäft vereinbaren: „Ich gebe, damit Du gibst“.
Mit anderen Worten: Der Fahrer kann seine Datenhoheit auch
in der Form ausüben, dass er manche Daten gezielt preisgibt,
um eine erwünschte Form der Unterstützung zu bekommen.
Dabei muss klar sein, worin das „Do“ und worin das „des“
besteht. Im Interesse einer Akzeptanz solcher Dienste auf Basis
personenbezogener Daten sollte eine transparente und jederzeit
widerrufbare Willensbekundung der Fahrer vorgesehen sein.
Es obliegt dem Dienstanbieter, die Leistung so zu gestalten, dass
mit einem Minimum an personenbezogenen Daten ein Maximum an Nutzen für den Fahrer entsteht. Nur dann werden sich
viele Fahrer überzeugen lassen.
Was zunächst abstrakt und formelhaft klingt, wird am Beispiel
schnell deutlich: Lässt ein Fahrer beispielsweise zu, dass sein
Fahrzeug Diagnosedaten an einen autorisierten Empfänger überträgt, so kann dieser Empfänger im Gegenzug beispielsweise
einen Dienst namens Remote Vehicle Diagnostics (RVD) leisten.
Für den Fahrer bedeutet das eine höhere Fahrzeugverfügbarkeit
beziehungsweise eine bessere Planbarkeit von Reparaturmaßnahmen. Im Sinne einer vorausschauenden Instandhaltung können nach diesem Verfahren sich anbahnende Probleme rechtzeitig behoben werden, ehe der Fahrer womöglich außerplanmäßig
in die Werkstatt muss. Ein solches Vertragsverständnis kann
besonders für Firmenfahrzeuge und Fuhrparks ein Beitrag zur
Fahrsicherheit und Wirtschaftlichkeit sein.
Beispiel Zugangssysteme
Ein weiteres Argument pro Vernetzung besteht in Nutzervorteilen, die erst durch Vernetzung in Verbindung mit End-to-EndVerschlüsselung entstehen. Der in Entwicklung befindliche Gateway Key als schlüsselloses Zugangssystem beispielsweise zielt
insbesondere darauf ab, Informationen vom Fahrzeug auf das
Smartphone oder ein anderes Endgerät zu übertragen. Neben
der Übertragung von Informationen wie GPS-Daten, Verriegelungsstatus oder Reifendruck kann der Fahrer über sein Smartphone auch die Türen und Fenster öffnen oder schließen. Während der Schlüssel mittels Low Frequency (LF) oder Radio Frequency (RF) mit dem Fahrzeug kommuniziert, erfolgt die Verwww.automobil-elektronik.de
bindung zwischen Schlüssel und mobilem Endgerät per Near
Field Communication (NFC) oder Bluetooth Low Energy (BLE).
Der Gateway Key kann zudem die Sicherheit eines Telematiksystems erhöhen. In diesem Fall erfolgt die Speicherung der zur
Kommunikation zwischen Smartphone und Fahrzeug notwendigen Informationen ausschließlich im Gateway Key und im Fahrzeug. Das Smartphone schickt den Benutzerbefehl an den Gateway
Key, der diesen verschlüsselt und an das Smartphone zurück
sendet. Von dort geht der Befehl dann über das globale Mobilfunksystem zum Internet Service Provider (ISP) und danach über
Ethernet an den Telematik Service Provider (TSP). Dieser schickt
den Befehl per Ethernet an einen ISP, welcher ihn über GSM wiederum an das Fahrzeug übermittelt. Hier erfolgt schließlich die
Entschlüsselung. Damit existiert eine End-to-End-Verschlüsselung
zwischen Gateway Key und Fahrzeug, die sich durch ein Hacken
von Smartphone oder Server nicht mehr kompromittieren lässt.
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Ausblick
Mauerbau passt nicht mehr in die heutige vernetzte Welt. Es ist
schwer einzusehen, warum ausgerechnet das Fahrzeug von dieser Entwicklung ausgenommen sein soll, wenn doch erst die
Vernetzung die Grundlage für eine intelligente Mobilität schafft.
Umso wichtiger sind natürlich Verschlüsselung, Datenschutz
und Datentransparenz als Voraussetzung für die fahrzeugübergreifende Vernetzung.
Dies jedoch ist nicht nur eine branchenweite Aufgabe, sondern
eine gesamtgesellschaftliche Fragestellung. Mobilität spielt für
uns heute eine so große Rolle, dass es allemal gerechtfertigt ist,
einen neuen grundlegenden Konsens herbeizuführen, welche
Daten wofür verwendet werden dürfen. Damit wäre schon viel
gewonnen.
Einerseits geht es darum, den Gegenwert für die transparente
und kontrollierte Freigabe personenbezogener Daten zu erläutern.
Andererseits ist es zumindest vorstellbar, dass im Verlaufe der
anstehenden Diskussion entschieden wird, manchen personenbezogenen Daten aus dem Kfz eine Sonderstellung zu geben. Es
kann ja durchaus ein überwiegendes Interesse des Gemeinwohls
bestehen, das in Zukunft dazu führen kann, solche personenbezogenen, aber im Gemeinwohlinteresse wichtigen Daten für die
intelligente Mobilität nutzbar zu machen.
Voraussetzung ist aber, dass ein solcher neuer Use Case gesetzlich verankert wird. Hier steht die Gesetzgebung vor der Herausforderung, die technische Entwicklung aufzugreifen und
einen transparenten Rahmen zu schaffen. Die Automobilindustrie kann mit konkreten Innovationen zu dieser Diskussion
beitragen, indem sie klar aufzeigt, worin das „Do ut des“ besteht,
denn nur dann können Autofahrer ihre Rolle als Dateneigentümer und ihre Rechte ausüben. (av)
■
Autor
Datenleitungen,
Steuerleitungen,
geschirmt
Dipl.-Ing. (FH) Helmut Matschi
Vorstandsmitglied der Continental AG und
Leiter der Division Interior
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Connected Car Flottenfahrzeuge
Die digitale Welt
der Automobilnutzung
Datenbasierende Geschäftsmodelle im Flottenbereich
Die bei der Benutzung von modernen Fahrzeugen entstehenden Daten lassen sich auf vielfältige
Weise nutzen; nicht immer zum Vorteil der Fahrer oder Halter der Fahrzeuge. Insbesondere im
Firmenwagenbereich entstehen aufgrund des besonderen Verhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer als Fahrer und dem Arbeitgeber als Halter unterschiedliche Problemfelder, die eines ausAutor: Dr. Roland Vogt
gewogenen Lösungsansatzes bedürfen.
Auch fahrverhaltensabhängige Versicherungstarife mit sensiblen Daten gewinnen im Flottenbereich
an Bedeutung.
Wesentlichen um technische Betriebsdaten, die auch
Rückschluss über die Nutzung und den Umgang mit
dem Fahrzeug zulassen.
Darüber hinaus erzeugen die Kommunikationsund Entertainmentsysteme persönliche, geschäftliche
und private Daten, wie beispielsweise E-Mails, Telefonate und Daten aus dem Navigationssystem wie
Adressen und Bewegungsströme. Nicht zuletzt generieren auch mitgeführte Geräte wie Smartphones
äußerst vielfältige Daten wie Bewegungsprofile,
Beschleunigungs- und Verzögerungswerte sowie
Daten der Kommunikationsnutzung. Erste Telemati-
Bild: Uli-B – Fotolia
D
ie Datengenerierung im Bereich der Mobilität erfolgt auf vielfältige Weise. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen Daten, die
durch das Fahrzeug, durch im Fahrzeug eingebaute
Zusatzgeräte sowie durch im Fahrzeug mitgeführte
Geräte wie beispielsweise Smartphones erzeugt, aufgezeichnet und übermittelt werden. Wer ein modernes Fahrzeug betreibt, erzeugt Daten, die sich durch
Sensoren im Fahrzeug und der Bordelektronik speichern und auslesen lassen. Sie können je nach
Anzahl der verbauten Steuergeräte im Fahrzeug
unterschiedlich umfangreich sein. Dabei geht es im
Connected Car Flottenfahrzeuge
kanbieter konzentrieren sich daher für ihre Telematiklösungen primär auf die mobilen Endgeräte anstelle der Fahrzeuge.
Bei der geschäftlichen Mobilität gibt es naturgemäß
zwei Interessensgruppen (Stakeholder) im engeren
Sinne, wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer und deren
Vertreter, sowie eine Vielzahl von externen Stakeholdern im weiteren Sinne. Während die externen Stakeholder üblicherweise Geschäftsmodelle mit der Datennutzung verbinden, stehen bei den internen Interessensgruppen primär die Mobilität der Unternehmensmitarbeiter unter wirtschaftlich sinnvollen Rahmenbedingungen im Vordergrund. Zu den externen Stakeholdern zählen in diesem Zusammenhang beispielsweise Leasinggesellschaften, Flottenmanagementgesellschaften, Fahrzeughersteller und deren Werkstattorganisationen, Kfz-Versicherungen, Telematikanbieter, Unfallforscher und nicht zuletzt hoheitliche
Interessensgruppen wie die Staatsanwaltschaft.
Arbeitgeber haben unterschiedliche Zielsetzungen,
die sie mit der Bereitstellung von Firmenfahrzeugen
verbinden. Die Spanne reicht vom Firmenwagen als
Gehaltsbestandteil ohne nennenswerte geschäftliche
Nutzung, beispielsweise für das Management, über
Geschäftswagen mit überwiegender geschäftlicher
Nutzung aber auch privaten Anteil, beispielsweise für
Außendienst- und Vertriebsmitarbeiter, bis hin zum
vollumfänglich geschäftlich genutzten Fahrzeug, beispielsweise im Service und Lieferverkehr. Ergänzt
werden die Nutzungsarten teilweise von Pool-Nutzungsmodellen, und zunehmend sind bei einigen
Unternehmen auch Mischformen zu finden.
Typische Geschäftsmodelle
im Flottenbereich
Bezüglich des Umgangs mit Fahrzeug- und Fahrerdaten lassen sich aktuell bereits einige Geschäftsmodelle ausmachen. Leasing- und Flottenmanagementunternehmen können per Telemetrie den Wartungsbedarf der bei ihnen geleasten oder gemanagten Fahrzeuge erhalten, beispielsweise durch die RemoteVehicle-Diagnose (RVD), und auf diese Weise die
Fahrer an ein entsprechendes Werkstattnetz vermitteln. Versicherungen bieten zunehmend Deckungskonzepte wie Usage-Based-Insurance (UBI) an, die
die Versicherungsprämie über das Fahrverhalten und
Fahrumfang ermitteln. Telematik-Dienstleister bereiten diese Informationen entsprechend auf und stellen
sie den Beteiligten Vertragspartnern zur Verfügung.
Ein weiteres Geschäftsmodell ist das bei einigen Flotten implementierte Corporate Carsharing, das die
Kosten über die Nutzungsarten nach privaten und
geschäftlichen Fahrten aufteilt. Auch zur Optimierung der Fahrer- und Fahrzeugauslastung sowie zur
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Bild: georgejmclittle – Fotolia
Die betroffenen Stakeholder
Routenoptimierung lassen sich Beladungszustand,
Fahrzeugposition sowie Lenk- und Ruhezeiten erfassen und daraus von zentraler Stelle Entscheidungen
ableiten. Alle diese Geschäftsmodelle haben eines
gemein: Es sind sowohl Arbeitnehmer als auch deren
Arbeitgeber involviert.
Corporate Car Sharing
erfordert eine klare
Definition über die
Nutzung der erforderlichen persönlichen Daten.
Problemfelder im Datenumgang
Durch die zumindest theoretische Zugriffsmöglichkeit des Arbeitgebers auf sensible Daten des Arbeitnehmers entsteht ein besonderes Bedürfnis nach verbindlichen und gesicherten Vereinbarungen über den
Umgang mit diesen Daten.
Laufen beispielsweise bei Leasinggesellschaften
die Wartungs- und Reparaturkosten für Fahrzeuge
auf oder sind Leasinggesellschaften bei Service-Leasing-Verträgen sogar im Risiko, so hat die Gesellschaft
auch das berechtigte Interesse, diese Wartungskosten
möglichst gering zu halten. Daher gibt es Modelle,
die die Fahrzeuge in eigene Partnerwerkstattnetze
steuern. Ein vergleichbares Interesse liegt auch beim
Fahrzeughersteller vor, der mit Hinweis auf Garantie,
Gewährleistung und Kulanz oftmals auch das Recht
proklamiert, Eigentümer der Daten zu sein. Daneben
hat auch der Fahrzeughalter oder das von ihm eingesetzte Fuhrparkmanagementunternehmen das Interesse, Einfluss auf die Höhe der Kosten zu nehmen.
Schließlich ist da noch der Fahrer, dessen in Form
eines Firmenfahrzeugs teuer bezahlte Motivation
nicht durch ein allzu enges Korsett eingeschränkt
werden soll. Das Recht an der Erstverwertung der
Eck-DATEN
Die im Rahmen der Mobilität generierten Daten können neben ihrem unbestrittenen Nutzen auch Stoff für Konflikte liefern – vor allem, wenn bei Firmenfahrzeugen das Interesse an der Datennutzung seitens der Arbeitgeber beziehungsweise
die Datenschutzinteressen seitens der Arbeitnehmer aufeinander treffen. Daher ist
es notwendig, das Thema einmal von verschiedenen Seiten der Flottennutzung zu
betrachten.
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
73
Connected Car Flottenfahrzeuge
ganz besonders hohen Wert darauf, dem Arbeitgeber
möglichst wenig oder eben keine Einblicke in ihre
persönlichen Daten zu geben. Da dieser Umstand in
den meisten Unternehmen von herausragender
Bedeutung ist, tun sich viele datenbasierende
Geschäftsmodelle auch bei den Belegschaftsvertretern in der Umsetzung oft schwer.
Bild: georgejmclittle – Fotolia
Lösungsansätze zur Vertrauensbildung
Flottenfahrzeuge
erzeugen vielfältige
Daten während der
beruflichen und
privaten Nutzung.
74
Daten nehmen dabei oft alle beteiligten Stakeholder
für sich in Anspruch, und in gewisser Weise liegen
dabei alle auch ein Stück weit richtig. Allseits anerkannte Regelungen hierzu gibt es aber noch nicht.
Die UBI-Versicherungskonzepte erheben sensible
Daten über das Fahrverhalten, wobei es in der Regel
nicht erforderlich ist, dass der Arbeitgeber personenbezogene Einsicht in diese Daten hat, sondern lediglich
der Versicherungsdienstleister. Dennoch hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse, den Erfolg des Gesamtprojektes beurteilen zu können. Daher ist genau abzugrenzen, was wer mit welchen Daten zu welchem Zweck
unternimmt. Nachdem das UBI-Thema mittlerweile
dem Versuchsstadium entwachsen ist und die Marktführer den Verbraucherbereich damit bedienen, zumindest bei Fahranfängern, gewinnt das Thema auch für
den Flottenbereich besonders an Relevanz.
Beim Corporate-Carsharing zeichnet man zur
Ermittlung der Zuzahlung des Mitarbeiters für Privatfahrten die privaten Anteile der Fahrten auf und
stellt sie der Gehaltsbuchhaltung zur Verfügung. Auch
hier muss der Vorgesetzte nicht involviert sein, aber
er ist verständlicherweise am Erfolg der Umstellung
interessiert.
Bei der Optimierung der Fahrten bezüglich Wirtschaftlichkeit, Pausenverhalten und Fahrzeugauslastung ist man noch auf dem Weg, Erfahrungen zu
sammeln, wie der „ferngesteuerte Fahrer“ langfristig
psychisch und körperlich darauf reagieren wird.
Neben Verwertungsrechten, Einhaltung von
Datenschutz und Themen der Datensicherheit besteht
hier die Hauptproblematik im Vertrauensverhältnis
zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Während
mittlerweile viele Menschen im Alltag wenig Probleme darin sehen, den Leasinggesellschaften, Versicherungen und Telematik-Dienstleistern Einsicht
in ihre persönlichen Daten zu geben, so ist das im
Berufsleben völlig anders. Hier legen Arbeitnehmer
Automobil Elektronik 05-06/2016
Als vertrauensbildender Dritter müsste eine unabhängige Instanz auftreten, der keine eigenen
Geschäftsmodelle aus dem Bereich der beteiligten
Stakeholder innehat. Hier sind grundsätzlich drei
Qualitäten denkbar. Zum einen steht hier eine technische Überprüfung und Sicherstellung, dass alle
Daten gemäß den Vereinbarungen fließen und sich
nur zu den vereinbarten Zwecken verarbeiten lassen.
Der Dienstleister müsste eine Instanz sein, die dergleichen technisch realisieren kann und gleichzeitig
bei den Bürgern eine hohe vertrauensvolle Reputation genießt. Die Aufgabe kann je nach Geschäftsmodell durchaus höchst komplexe Ausmaße annehmen
und hätte den Nachteil, dass die Mitarbeiter der beteiligten Stakeholder die Technik nicht fassen und nachvollziehen können, was hinderlich für die Vertrauensbildung sein kann. Zudem sind die Kombinationen
Technik-Kompetenz und höchst vertrauensvolles
Ansehen äußerst selten zu finden.
Eine zweite Lösungsvariante ist die Zertifizierung
und Auditierung von fest vereinbarten Prozessen im
Bereich der Steuerung und Verarbeitung der Daten
durch eine anerkannte Prüfungsinstitution. Dies hätte den Vorteil, dass man auf eine bestehende Grundlogik und Institutionen zurückgreifen kann, die aus
Bereichen wie Qualitätsmanagement bekannt und
eingeführt sind. Nachteilig zu sehen ist bei dieser
Variante, dass man auf diese Weise üblicherweise
nur für eine große Wahrscheinlichkeit sorgen kann,
nicht aber für die Sicherheit, dass mit den Daten genau
und ausschließlich das passiert, was zwischen den
Beteiligten verabredet ist.
Der dritte Lösungsansatz zielt auf die Sicherstellung
und somit auf die Gewährleistung des vereinbarungsgemäßen Umgangs mit den vertraulichen aber zur
Erfüllung des Geschäftsmodells notwendigen Daten
ab. Dies könnte durch einen Datentreuhänder mit
fachlicher Qualifikation geschehen, der die Aufgabe
hat, als sogenannter Trusted Data Handler die ersten
Verarbeitungsschritte der Daten zu übernehmen. Im
Anschluss leitet dieser ausschließlich aggregierte
Daten an die weiterverarbeitenden Projektteilnehmer
weiter. Mit diesen Daten, beispielsweise die Prämienhöhe über alle Mitarbeiter an die Versicherung, der
Privatanteil an Fahrzeugkosten an die Gehaltsbuchhaltung und ähnliche, lassen sich zwar die erforderlichen Aufgaben bewerkstelligen, sie enthalten aber
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Connected Car Flottenfahrzeuge
keine Möglichkeit, personenbeziehbare Auswertungen im sensiblen Bereich zu erstellen.
Ein Beispiel hierfür ist bei UBI die Aufbereitung der
Telematikdaten zur Ermittlung der Risikoprofile und
eine ausschließliche Weiterleitung der Profilergebnisse oder gar nur der Versicherungsprämie der
gesamten Flotte an die Versicherung und den Arbeitgeber. Bei Corporate-Carsharing wäre dies die Aufbereitung der Daten des Telematik-Dienstleisters und
die ausschließliche Weiterleitung der Bezahlbeträge
der einzelnen Mitarbeiter an die Gehaltsbuchhaltung
der Unternehmen.
Einige der involvierten Mobilitäts-Dienstleister
könnten das bereits heute technisch und fachlich leisten, sie sind aber jeweils Bestandteil der unterschiedlichen Geschäftsmodelle und können daher nicht
neutral und ausschließlich das Interesse des Fahrers
in den Mittelpunkt stellen. Organisationen wie TÜV,
Notare, Rechtsanwälte, Verbraucherschutzorganisationen oder unabhängige Mobilitätsspezialisten mit
hoher Reputation könnten hingegen eine derartige
Funktion übernehmen.
nämlich den Fahrer, ganz gleich ob im privaten Fahrzeug oder als Firmenmitarbeiter, lässt die Diskussion
über Erstverwertungsrechte oder wem die Daten
gehören in den Hintergrund treten. Daher wird es
zukünftig erforderlich sein, dass der Autofahrer beispielsweise beim Kauf seines Fahrzeuges differenziert
entscheiden kann, der Nutzung welcher Daten zu
welchem Zweck er zustimmen möchte oder nicht.
Allerdings ist aktuell diese Auswahl beim Kauf des
Fahrzeugs meist nur en bloc wählbar. Mit einer freien Entscheidungsmöglichkeit ist auch der Fahrer im
Flottenbereich mit hoher Wahrscheinlichkeit gerne
bereit, sich auf die Nutzung moderner Mobilitätsformen, Versicherungsabrechnungen, Online-Fahrertrainings oder Werkstattsteuerungen einzulassen.
Auch Telematikanbieter, Diagnosesystemanbieter
sowie Flotten- und Leasinganbieter sollten in ihren
Systemen und Prozessen die Möglichkeiten vorsehen,
dass Dritte bei der Sicherstellung der vertrauensbildenden Maßnahmen mitwirken und somit den Erfolg
von datenbasierten Geschäftsmodellen ermöglichen
können. (pet)
■
Autor
Dr. Roland Vogt
Managing Partner
und Geschäftsführer
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Ausblick und Erwartungshaltung
Der Grundsatz, das schwächste Glied bei der Generierung von Fahrzeug-Bewegungsdaten zu schützen,
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Mehrwert für alle Beteiligten
Strategisches Benchmarking bei Infotainmentsystemen
Bei der Kaufentscheidung für ein Fahrzeug spielt das von den Autokäufern in immer mehr
Fahrzeugklassen und Ausstattungsvarianten erwartete Infotainmentsystem eine zunehmend
wichtigere Rolle. Für die Hersteller von Infotainmentsystemen bringt dieses Szenario eine ReiAutoren: Günther Kraft, Krunoslav Orcic
he von Herausforderungen mit sich.
I
nfotainmentsysteme für Fahrzeuge sollten in möglichst allen
Modellreihen eines Herstellers enthalten sein und sich hinsichtlich Funktionsumfang und Kosten flexibel gestalten lassen (Bild 1). Insbesondere die Wiederverwendung möglichst vieler Komponenten und Baugruppen (Re-Use) spielt bei der Kontrolle der Kosten eine wichtige Rolle. Aufgrund der langen Vorlaufzeiten bei der Markteinführung neuer Fahrzeuge ist es wichtig, das richtige Infotainmentsystem mit der passenden Architektur und Leistungsfähigkeit zum richtigen Zeitpunkt anbieten
zu können. Da die Entwicklungszyklen in der Automobilindustrie bislang wesentlich länger als im Infotainmentbereich waren,
verfügten die angebotenen Infotainmentsysteme selten über die
bestmöglichen Leistungsmerkmale und waren schnell veraltet.
Eine Lösungsmöglichkeit für diese Problematik liegt in einem
umfassenden strategischen Benchmarking-Ansatz.
Fortlaufende Analysen
Damit sich die gesamte Struktur eines neuen Infotainmentsystems später optimal abstimmen lässt und die maximal mögliche
Leistungsfähigkeit bietet, bewertet Harman zunächst die einzelnen relevanten Parameter des Infotainment-Technologieprozesses getrennt voneinander. Zu diesem Basis-Benchmarking
gehören die unterschiedlichen Prozessoren von der CPU über
die GPU bis hin zur Digital- und Vektorsignalberechnung, die
Module mit Arbeits- und Datenspeichern, die Schnittstellen
sowie die Connectivity und die Vernetzung. Durch diese fortlaufenden Analysen können die verantwortlichen Ingenieure die
künftige Entwicklung der Einzelkomponenten für die Infotainm e nt s y s t e m e i n
Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit und
Kompatibilität
Bild
er:
Har
m
an
Bild 1: Im Bereich Automotive entwickelt, produziert und vertreibt Harman als Erstausrüster Elektronik- und Infotainmentsysteme
für Automobilhersteller. Die Infotainmentsysteme des Unternehmens enthalten Informations- und Entertainment-Komponenten mit Funktionen wie zum Beispiel GPS-Navigation,
Verkehrsinformation, Telefonie mit Sprachsteuerung, Klimaautomatik,
Rear Seat Entertainment, WLAN-Internetzugang sowie Sound-Systeme.
76
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
Eck-DATEN
Um seine Infotainmentsysteme genau zum benötigten Zeitpunkt und
zum bestmöglichen Preis anbieten zu können, hat Harman eine Infotainment-Benchmarking-Strategie entwickelt. Kernbestandteil der
Strategie ist der kontinuierliche Dialog mit den Automobil- und IT-Herstellern in allen Phasen der Entwicklung. Diese ganzheitliche Abstimmung bietet allen Beteiligten erhebliche Vorteile.
absehen. Dies erleichtert die Planung künftiger Systeme, da die
Entwickler einen Automobilhersteller im Vorfeld einer Neuentwicklung bezüglich ihrer Wünsche optimal beraten oder ihm
Möglichkeiten zu noch mehr Systemleistung und damit besseren
Ausstattungsmerkmalen aufzeigen können.
Wenn die Entwickler in einer kommenden Systemgeneration
eine bestimmte Idee für Navigation oder HMI umsetzen möchten, können sie bereits vorab verifizieren, ob und wann die zur
Implementierung erforderliche Leistungsfähigkeit in Bereichen
wie zum Beispiel Grafik- oder Arbeitsspeicher gegeben ist und
ob die Hardware die nötigen Funktionen und IPs unterstützt.
Entsprechend lassen sich die Perspektiven für kommende Systemgenerationen einschätzen. Harman kann so seine nächsten
Systemwechsel präzise vorausplanen und im Dialog mit dem
jeweiligen OEM genau auf die real existierenden Möglichkeiten
in den nächsten Jahren eingehen. Durch diese Kenntnis der
jeweiligen Möglichkeiten und Grenzen der Infotainmentsysteme
der nächsten und übernächsten Generation kann die Beratung
optimal erfolgen. OEMs und damit die Fahrer künftiger Modellbaureihen können daher die jeweils besten Lösungen in der
jeweiligen Systemarchitektur nutzen.
Hierbei kann Harman die Automobilhersteller auch vor falschen
Erwartungen und Planungen schützen. So werden beispielsweise die Speichermodule der nächsten Generation nicht vor
2018/2019 für Automotive-SOP zur Verfügung stehen. Entsprechend macht es derzeit keinen Sinn, die 2017/2018 verbauten
SoCs mit CPUs und GPUs der nächsten Generation zu bestücken
oder Entwicklungen zu forcieren, die zwar die maximal mögliche
Rechenleistung nutzen können, aber ohne entsprechende Arbeitsspeicher nicht funktionieren würden. Im Rahmen der vorausschauenden Analysen ist beispielsweise abzusehen, dass heute
vollständig autonom fahrende Autos aufgrund der notwendigen
Hardware in der Massenfertigung technisch nicht vor dem Jahr
2020 verfügbar sind.
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Connected Car Infotainment
Bild 2: Blick in die Entwicklungsabteilung von Harman.
Bild 3: Blick in die Produktion
bei Harman.
Kurze Entwicklungszeiten
Hohe Flexibilität
Gleichzeitig erlaubt das kontinuierliche Benchmarking Harman
auch, Einfluss auf die Entwicklung der bewerteten Einzelkomponenten zu nehmen. So kann das Unternehmen Ingenieure
nachgeordneter Teilbereiche gezielt auf bestimmte Leistungsreserven hinweisen, um so die Gesamtleistung eines Systems
zu verbessern. Ist zum Beispiel die CPU- und Grafikleistung für
eine bestimmte Lösungsidee mehr als ausreichend gegeben,
erhalten etwa die Bereiche für Virtual Reality oder Softwarebasierte ADAS-Lösungen die Aufforderung, die Leistungsreserven auszuschöpfen, damit das bestmögliche Gesamtsystem
entsteht.
Gleichzeitig kann Harman zum Beispiel feststellen, ob alle
Komponenten die gleiche Leistungsfähigkeit aufweisen oder
mangelnde Fähigkeiten einer bestimmten Einzelkomponente die
Entwicklung einer geplanten Lösung gefährden oder unmöglich
machen. In Gesprächen mit dem Hersteller der Komponente,
zum Beispiel ein Chipsatz, oder mit den eigenen Entwicklern
lässt sich sicherstellen, dass die nächste Technologiegeneration
eine entsprechend höhere Leistungsfähigkeit bietet. Angesichts
zunehmend vernetzter Infotainmentsysteme steigen aktuell vor
allem die entsprechenden Sicherheitsanforderungen überproportional, womit der Hypervisor-Entwicklung momentan eine
sehr hohe Priorität zukommt.
Basierend auf den eigenen Anforderungen an die künftige
SoC-Architektur sowie spezifischen Modellen der Automobilhersteller entwirft Harman im Rahmen seiner BenchmarkingStrategie mögliche Anwendungsszenarien. Bei den dabei vorgenommenen Leistungsabschätzungen spielen die Entwickler
verschiedene Marktsegmente wie Infotainment, Telematik, Cluster oder ADAS sowie unterschiedliche Skalierungen von Einstiegs- bis Premiumprodukten durch. Hierbei definieren die
Verantwortlichen die notwendige Leistungsfähigkeit sowie die
Anforderungen an alle Bauteile einschließlich Schnittstellen.
Außerdem definieren die Ingenieure, was die Software leisten
muss und in welcher Qualität welche IT-Komponenten vorliegen
müssen, um die jeweiligen Kundenwünsche zu erfüllen. Dies ist
mit der wichtigste Schritt der gesamten Strategie und kann, bei
einem entsprechend präzisen Entwicklungsansatz, bereits in
dieser Phase die endgültige Infrastruktur beinhalten. Sobald klar
ist, welche Leistungsparameter ein System erfüllen muss, übermittelt die zuständige Abteilung die entsprechenden Spezifikationen an den SoC-Hersteller.
In dieser Phase des Abstimmungsprozesses klären die Entwickler von Harman gemeinsam mit dem SoC-Hersteller, wie leistungsfähig die kommende SoC-Generation in welchen Teilbereichen sein wird und vor allem wo sich die technischen Grenzen
befinden werden. Sollten sich Defizite abzeichnen, versucht Harman, im Vorfeld gemeinsam mit den SoC-Hersteller die geplante Chiparchitektur zu optimieren und so eine bessere Lösung für
die kundenseitig benötigte Leistungsfähigkeit zu entwickeln.
Harman favorisiert hierbei keinen bestimmten Hersteller, sondern strebt stets danach, die bestmögliche SoC-Lösung für die
benötigten Bedürfnisse zum bestmöglichen Preis zu erhalten.
Neben der Frage der technischen Machbarkeit müssen sich die
verschiedenen SoC-Lieferanten in diesem Dialog auch an ihren
eigenen Vorstellungen und Zielmärkten orientieren und können
entsprechend nicht alle Wünsche berücksichtigen. Es ist daher
durchaus möglich, dass im Einzelfall ein anderer SoC-Lieferant
die beste Lösung für das jeweilige Vorhaben bietet. Gerade im
Premium-Segment kommt es dabei auf die spezifischen Leistungsdetails an. Im direkten Vergleich mehrerer SoCs zeigt sich
immer wieder, dass sich eine von vielen vergleichbaren Lösungen
für eine spezifische Anwendung als jeweils beste Möglichkeit
erweist. Um eine möglichst hohe Flexibilität zur Erfüllung aller
denkbaren Wünsche der Autohersteller zu erreichen, versucht
Harman stets, mehrere gute Lösungen zu erhalten beziehungsweise bei Bedarf abrufen zu können.
Nach der Evaluierung der in Frage kommenden SoC-Lösungen
entscheiden die Ingenieure, Einkäufer und Qualitätsverantwortlichen der verschiedenen Harman-Bereiche gemeinsam, welches
SoC letztendlich zum Einsatz kommt.
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Weitere Details und Fazit
Weitere Details – zum Beispiel über die einheitliche IP-Plattform
oder das Basismodul für zahlreiche Lösungen – finden Sie in der
Langversion, die Sie bequem per infoDIREKT erreichen. (hb) n
Autoren
Günther Kraft, Vice President, CoC Systems, Harman International
Krunoslav Orčić, Senior Principle Engineer, CoC Systems, Harman International
infoDIREKT353ael0616
Automobil Elektronik 05-06/2016
77
Hochvolt-Messgeräte Marktübersicht
Mark tübersicht HV-Testgeräte, Messequipment und Dienstleistungen
Test von Hochvolt-Systemen
Anbieter
HV-MessRacks
HV-Testsysteme
Hochspannungs- kundenspezi- ATE für
Andere HV-MultiHiL-Systeme
fische HVHV-Anwen- HV-Test- meter
Prüfstände dungen
systeme
ja
ja
ja
Bertrandt
bis zu 40
HVAnalogkanäle Gesamtsystem,
/ 20 kHz /
Teilsystem und
CAN / Flexray Komponenten
ja
ja
comemso
ja
ja
ja
Ametek CTS
ASAP Holding
ja
CSM ComputerSysteme-Messtechnik
Deutronic Elektronik
Dewetron
ja
Digatron Power
Electronics
dSPACE
ETAS
ja
ja
Batterie-Emulator,
E-Fahrzeug-Tester
ja
ja
ja
BMS,
HiL für BMS
ja
Hochvolt-Messgeräte
Messsysteme Geräte zur
HV-Signal- und HV-Strom- Messgeräte für Vier-Quadranfür HVIsolationsHV-Funktions- versorgun- elektronische ten-HV-StromBatterien
überwachung generatoren gen
HV-Lasten
versorgungen
ja
ja
ja
ja
ja
ja
6-kanalig, 2 Batterietester ja
MS/s, 5 MHz bis 850 V und
Bandbreite, max. 1200 A
0,05% Messgenauigkeit
ja
ja
Temperaturmessmodule
ja
ja,
Batterieemula- Batterietester
Batterietester tor bis 850 V
bis 850 V und
bis 850 V und und max. 600 A max. 1200 A
max. 1200 A
ja
ja
ja
ja
ja
ja
EVA Fahrzeugtechnik
ja
ja
ja
Federal-Mogul
FuelCon
Gigatronik
ja
Heinzinger
electronic
ja
ja
ja
Datenlogger
ja
ja
HTV Halbleiter-Testund Vertriebs-GmbH
IPETRONIK
Jakob Mooser
Klaric
ja
ja
ja
Isolaltionstester bis 5 kV
ja
ja
ja
ja
ja
ja
Messung von
I, U, Temperatur
1 bis 4
Kanäle bis
1000 VDC
Messung von
Strom und
Spannung
DMM bis
1000 V
ja
elektronische
DC-Lasten bis
200 V/ 200 A
ja
ja
Langer EMV-Technik
MBtech Group
MCD Elektronik
ja
ja
ja
Phoenix Testlab
Rigol Technologies
Rood Microtec
Rosenberger Hochfrequenztechnik
SAB BRÖCKSKES
Schulz-Electronic
Softing Automotive
Tektronix
78
auch
kombiniert
DMM
SGS Germany
Smart Testsolutions ja
Toellner Electronic
Instrumente
ZSE Electronic
Bau + Einbau
von AC-LadeMessboxen
Regatron, TCP Höcherl &
Regatron, TC,
Hackl, ZS-Serie GSS
ja
ja
ja
Automobil Elektronik 05-06/2016
1- 420 Kanäle bis 1400 V
ja
AirbagTestsystem
DMM
ja
ja
ja
Source-Messung, I/Uversorgungen
I-/U- Versor- Sourcegungen
MeasureEinheiten
SourceMeasureEinheiten
ja
ja
ja
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Hochvolt-Messgeräte Marktübersicht
Rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge lassen sich nur mit Hochvolt-Systemen sinnvoll realisieren. Doch Hochspannung im Auto
hat auch ihre Tücken: Jenseits von 60 V DC sieht der Gesetzgeber
– zu Recht – eine elektrische Gefährdung durch Körperdurchströmung und Lichtbogen bei Arbeiten an Fahrzeugen. Doch
auch die Messtechnik muss sich anpassen: vom einfachen MulGeräte für HV-Messboxen Andere HV4-Draht-Tests zur Integration Mess(HV-Kelvin) in Testfahrzeuge geräte
HV-Schalter
für Messgeräte
ja
ja
ja
ja
ja
ja
bis 1050 A
PowerAnalysator
ja
ja
Gesamtvalidierung:
Komponen­ten
und Systeme
ja
ja
isolierende
HV-Sonden
ja
ja
HV-Kabel­-­
Schutzschläuche
ECU zur PWMAnsteuerung im
400-V-Kreis
Batteriesimula­
tion, Testsyste­
me für Wandler
Strom- und
Spannungsadapter
ja,
MehrphasenMesssystem
(Klari-3Phase)
Bau und Einbau (Ein)Bau von
von HVBreakMessboxen
out-Boxen
Tests von
HochvoltBatterien
HV-Dienstleistungen
Tests von
SicherheitsWeitere HVHV-Bautraining für Perso- Dienstleistunelementen nal im HV-Bereich gen + Produkte
ja
GesamtGesamtja
validierung validierung
der Systeme
Validierung und
Erprobung aller
HV-Komponenten
HochvoltThermolei­tung
Strom- und
Span­nungs­
messung, Logger
ja
ja: Prüfadapter ja
fürs AC/DC-Laden
bis 1050 VDC
ja
ja
einbaufertige
Elektronik­
komponente
ja
HV-Mess-Peripherie
HV-Tastköpfe / HV-Sensor- Andere AusHV-Tests als
Probes, HVelemente
rüstungen für Dienstleistung
Messadapter
Mess-Peripherie allgemein
ja, Batteriezellen-Emulator,
EV-Ladezustandsmessgeräte (verschiedene
Standards)
isolierende
HV-Sonden
ja
timeter bis zum komplexen HiL-Prüfstand ist komplett neue
Technik gefragt. Die Redaktion hat die entsprechenden Firmen
befragt und auf dieser Basis die folgende Übersicht zusammengestellt.Eine ausführlichere Variante dieser Tabelle mit zusätzlichen HV-relevanten Produkten und Dienstleistungen finden Sie
auf www.all-electronics.de per infoDIREKT 999ael0616.
n
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
Test-, Consultingund EngineeringDienstleistungen
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
kundenspezifische Adapter
ja, z.B. niederohmige
Widerstände
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
HV-Tests
ja
HV-Tests
Regatron,
TC, GSS
ja
ja
ja
ja
ja, HV-Kabel
ja
ja
ja
Sicherheit, Bord- in eigener Ladesystem, ja
netz, komplettes Kammer + Komponente
HV-System
im Fahrzeug + Peripherie
ja
ja
Entwicklung,
Alterungs- und
Zyklus-Tests
ja
I- und U-Adap- Stromter für Hochvolt- Proben
Messmodule
ja
ja
inkl. kundenspez.
Entwicklung
kalibrierte HVRSteckverbinder
ja, EMV-Tests
Aufbau und
Konfiguration der
Mess-Peripherie
EMV-Mess- und
Testsysteme
LE/EM-System- und Komponententest
Qualifikation etc.
ja
ja
Matrix- und
HV-Testbox,
Multiplexer(differenzielle)
Umschaltsysteme Tastköpfe, TMDP
der Serien 700,
2700, 3700 und
7000
Source-Measure-Einheiten, DMMs
ja
www.automobil-elektronik.de
ja
ja
Simultane
Messungen
Automobil Elektronik 05-06/2016
79
Frisch vom Lederer
Tradition killt Innovation
Karikatur: Heinrich Schwarze-Blanke
Dr. Lederers Management-Tipps
A
ls 2007 das erste iPhone von Apple auf den Markt kam, nahm
Nokia das sehr gelassen: „Wir
haben das beste HMI und sind technologisch ein Jahr voraus. Weiter so, wie bisher!“ Als 2010 die vierte iPhone-Generation auf den Markt kam und Nokias Anteil
am Smartphone-Neugeschäft um 30 %
zurückgegangen war, lautete der Plan:
„Wir werden ein Ökosystem erschaffen,
basierend auf unserem eigenen Betriebssystem.“ Der Rest ist Geschichte.
Als Tesla 2012 das Model S auf den
Markt brachte und Ladestationen ankündigte, wurde milde gelächelt. Inzwischen
schreiben wir 2016, Ladestationen sind
installiert, Zulassungsstatistiken sprechen
ihre eigene Sprache, gerade wurde das
Model 3 vorgestellt. Und die Reaktion? Die
Technik sei veraltet und die Aktie völlig
überbewertet, die Zukunftsperspektive
fraglich, ist aus dem Kreis etablierter Auto-
80
AUTOMOBIL ELEKTRONIK 05-06/2016
mobilisten zu hören. Dem selbstfahrenden
Auto von Google ergeht es nicht besser:
Mit einem eiförmigen Auto ohne Lenkrad
und Pedale könne man die Welt nicht
beglücken.
Wissen, was (nicht) geht
Viele Unternehmen sind gut darin, sich
auf dem Markt umzusehen und dann
genau zu wissen, was nicht geht. Nur
wenige sind gut darin, Strömungen und
Trends frühzeitig aufzunehmen und in
ihren eigenen Produktkonzepten widerzuspiegeln. Doch genau das zeichnet
Innovationsführer aus. Für diejenigen, die
vorne mitspielen wollen, lohnt sich ein
Blick auf die Erfolgsrezepte von Tesla,
Google und Co.:
• Tradition spielt keine Rolle: Der größte
Hemmschuh für Innovation ist das illusionäre Festhalten an Bewährtem, auch
wenn es nicht in die Zukunft trägt. Hier
hilft nur das konsequente Abschneiden
solcher Zöpfe.
• Ziele setzen und handeln: Es gib keine
stärkere Motivation als klare und greifbare Ziele, auf die mit aller Kraft hingearbeitet wird. In vielen Unternehmen sind Ziele hoch volatil und das Handeln wenig
darauf ausgerichtet.
• Die Kunden begeistern: Dazu gehört ein
Produkt, das die Kunde wollen, eine
Geschichte, die Emotionen weckt, und ein
charismatischer Auftritt.
Ich wünsche Ihnen den Mut und die
Entschlossenheit, diese Punkte umzusetzen – als Basis für Ihre Zukunftsfähigkeit.
(av)
■
Autor
Dr. Dieter Lederer
Unternehmensberater, Keynote-Speaker
und Veränderungsexperte.
www.automobil-elektronik.de
Highlight Halbleiter
Vier K anäle auf einem Chip
Laserdioden-Treiber für AR-HuDs
ein Design-in“, berichtet Kohler auf Anfrage der Redaktion, und schon im Sommer
2017 soll nach seinen Angaben ein japanisches Fahrzeug SoP haben, das mit
einem AR-HuD auf Basis des ISL78365
ausgestattet ist. Das AR-HuD stammt
dabei von einem janischen Tier-1.
Der vierkanalige ISL78365 ist eine Komplettlösung zur Ansteuerung von Lasern
in Scanned-MEMS-Laserprojektionssystemen, wie sie in kommende Fahrzeuge
verbaut werden. „Er ist der branchenweit
einzige Lasertreiber mit einem vierten
Kanal, der eine Vielzahl von LaserdiodenKonfigurationen unterstützt“, hebt Kohler
hervor. „Entwickler können damit die
gewünschte Helligkeit und Schärfe, satte
Farben und hohen Kontrast erzielen. Der
ISL78365 bietet Anstiegs- und Abfallzeiten
von unter 1,5 ns und somit schnellere
Schaltgeschwindigkeiten als andere Bausteine. Damit ergibt sich eine hohe Bildrate für HD-Farbbilder.“
Der Baustein bietet auch 10-Bit Farbund 10-Bit-Stufenauflösung für verschiedene Kontraststufen auf jedem Treiberkanal. Seine synchrone parallele Videoschnittstelle unterstützt Pixelraten bis zu
150 MHz oder 1900 Pixel pro Zeile.
Das dynamische Power-Management
des ISL78365 optimiert die Stromversor-
Edward Kohler: „Wir haben in den ARHuDs von mehreren Tier-1s in Europa
und Japan bereits ein Design-in.“
gung der Laserdiode und bietet drei
Stromsparmodi für einen höheren Wirkungsgrad und eine geringere Verlustleistung, um so die thermischen Anforderungen des Systems zu erfüllen, was beim
Einsatz im Armaturenbrett ein besonders
kritischer Faktor ist. „Die programmierbare Multi-Puls-RTZ-Funktion (Return to
Zero) verringert Rauschflecken, und das
Wettable-Flank-QFN-Gehäuse vereinfacht die Integration in kompakte Laserprojektions-HUDs“, ergänzt Kohler. Als
Interface für den gemäß AEC-Q100 qualifizierten Baustein dient eine serielle Dreidraht-Schnittstelle. (av)
n
infoDIREKT
389ael0616
Bilder: Intersil
Intersil hat mit dem ISL78365 einen Laserdiodentreiber für Automotive HuDs (Headup-Displays) angekündigt, der vier Hochleistungslaser mit jeweils bis zu 750 mA
zur Projektion eines Full-HD-Farbbildes
auf die Windschutzscheibe ansteuert.
„Damit ist der Ansteuerstrom fast doppelt
so groß wie die einzige andere vergleichbare Lösung, die automotive-qualifiziert
ist“, erklärt Edward Kohler, Strategic Marketing Manager bei Intersil im Gespräch
mit AUTOMOBIL-ELEKTRONIK. „Die
einzige Alternative wäre eine diskrete
Lösung. Der höhere Strom und die schnellere Schaltgeschwindigkeit des ISL78365
ermöglichen die Realisierung von HUDs
mit hoher Auflösung, großer Farbtiefe und
einer Projektion mit hoher Bildrate.
Der Baustein verfügt über eine interne
interne Kompensationsschaltung zum
Regeln der Slew-Rate (Flanken-Anstiegsgeschwindigkeit) und des möglichst konstanten Stromverlaufs während des Einschaltzustands. Hierfür verwendet Intersil „mehrere voneinander unabhängige
DACs zur Steuerung und Regelung des
Stroms“, betont Kohler. Damit schalten
die Treiber jeweils binnen 1 ns und 5 ns
ein beziehungsweise aus.
„Wir haben in den AR-HuDs von mehreren Tier-1s in Europa und Japan bereits
Der vierkanalige ISL78365 ist eine Komplettlösung zur Ansteuerung von
Lasern in Scanned-MEMS-Laserprojektionssystemen.
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Schon im Jahr 2017 soll das erste Fahrzeug mit einem AR-HuD auf Basis des
ISL78365 auf den Markt kommen.
Automobil Elektronik 05-06/2016
81
Impressum/Verzeichnisse
Inserenten
Bergquist61
DELO47
Dräxlmaier53
dSPACE21
Green Hills Software
7
Infineon Technologies 2. US
Macnica45
Maxwell55
Mentor Graphics
13
Messe Frankfurt
63
Microchip Technology
MKU - Metrofunk
Panasonic Electric Works
Renesas Electronics
Socionext Europe
41
71
3
29
25
Softing5
Süddeutscher Verlag
50
Synopsys 31
TE Connectivity
11
TTTech Automotive 23
VDI 49, 75
Vector Informatik ZF Friedrichshafen
4.US
9
Unternehmen
Ametek78
Android34
Apple
34, 80
ASAP78
Aston Martin
11
Audi 3, 11-12, 14, 30, 52
Audi Electronics Venture14
Bertrandt78
BHTC12
BMW
11-13, 52, 54
Bosch
12, 52
Bourns12
Brose12
Bugatti11
BVLC18
Ceva18
CMS Hasche Sigle
46
Comemso78
Continental3, 11-13, 52, 68
CSM78
Daimler
11-12, 52
Delphi
11, 52
Deutronic78
Dewetron78
Digatron78
dSPACE78
EDAG12
Elektrobit22
Elmos58
ESG13
ETAS78
EVA Fahrzeugtechnik 78
Everlight62
Federal-Mogul78
Fleetcompetence72
Flinc34
Ford11
12
Fraunhofer IAO
FuelCon78
General Motors
11, 34
Gigatronik78
GM12
Google
30, 80
Graphmasters13
Harman International 76
Heinzinger78
Hella8
HERE14
Honda52
Horváth & Partners
12
HTV78
IBM14
Imagination Technologies
66
Infineon12
Intel14
Intersil81
IPETRONIK78
ITS13
Jakob Mooser
78
Jens Kötz
14
John Fuerst
11
Klaric78
Langer EMV
78
Leoni12
Lumberg12
Lyft34
Marcus Keith
14
Mathworks26
MBtech78
MCD78
10
Mentor Graphics
Microconsult12
Micronova12
Microsoft13-14
Nexteer12
Nokia80
Nvidia
13, 30
Opel34
Phoenix Testlab
78
Porsche52
Preh54
QNX8
8, 12
Renesas
Rigol Technologies
78
SAB BRÖCKSKES
78
SBD13
Schaeffler11
Schulz-Electronic78
Seat13
SGS78
Smart Testsolutions
78
Socionext12
Softing78
Tektronix78
Tesla
13, 80
Texas Instruments
38
Toellner78
Tomtom13
Toyota12
TTTech Computertechnik
42
11
TÜV Nord
Valeo12
VDI13
Vimcar13
Vodafone13
Volkswagen
11-12, 52
Volvo13
8
ZF TRW
Zizala Lichtsysteme 12
ZSE78
ZVEI6
Fürst, Simon
12
Gadesmann, Karl
12
Gaydoul, Ralf
12
Gerke, Thorsten
26
Giesler, Björn
22
Hainzlmaier, Andre
14
Hanebeck, Jochen
12
Hudi, Ricky
3, 14
Huth, Johannes
34
Johnstone, Bryce
66
Kohler, Edward
81
Kraft, Günther
76
Lang, Marc
42
Langenwalter,
Joachim30
Lenz, Hans Peter
11
Matschi, Helmut
3, 68
Missler, Wilhelm
11
Ohashi, Shoji
Orcic, Krunoslav
Owens, Jeff
Pfaller, Alfons
Praunsmändel, Bruno
Rathgeber, Stefan
Reichel, Michael
Roggero, Marco
Schaare, Ronald
Schimmelpfennig,
Andreas62
Schubert, Oliver
12
Schuhleitner, Hubert 12
Segger, Stefan
46
Steiner, Peter
14
Stumpf, Matthias
8
Sudhaus, Andre
58
Tanaka, Toshihiko
12
VanWashenova, Jeff
Vogt, Roland
Wagner, Joachim
Washington, Ken
Weitzel, Alexander
Wiese, Gernot
Personen
Bonarens, Frank
34
Drogies, Stefan
34
Dungs, Jennifer
12
Duvede-C12
Eberle, Ulrich
34
Estl, Hannes
38
Feldhinkel, Roland
10
Frickenstein, Elmar
13
Frischkorn, Hans-Georg 6
12
76
52
14
34
12
22
26
54
18
72
54
11
34
34
Impressum
www.automobil-elektronik.de
ISSN 0939-5326
14. Jahrgang 2016
REDAKTION
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Redaktion:
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Jennifer Cathrin Kallweit (jck)
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82
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