Dialoge – Das Audi Technologiemagazin 01/2015
Transcription
Dialoge – Das Audi Technologiemagazin 01/2015
Das Audi-Technologiemagazin 1/2015 PILOTED DRIVING Volles Renntempo, auch ohne Fahrer: Audi zeigt, was die Technologie kann. Gentlemen, Start Your Engines! → Seite 16 Dark Rider → Seite 26 Mr. Rush → Seite 42 Family of the Year → Seite 52 Auto findet Stadt! → Seite 54 Das große Wettbrennen → Seite 60 Zündkopf → Seite 70 Bobby Car → Seite 74 Der Speed Master → Seite 82 Die Schriftgelehrten → Seite 90 Magazin → Seite 98 Turn, Turn, Turn → Seite 102 Im Dauertest → Seite 108 Silver Eye → Seite 114 Die roten Hosen → Seite 122 E-Bull → Seite 130 Die Fantastischen Vier → Seite 138 Das Audi-Technologiemagazin 1/2015 Dialoge online – Das Audi-Technologiemagazin im Web Erleben Sie die Themen und Videos dieser Ausgabe auf Dialoge online – dem Themenportal der Audi Kommunikation. Dazu viele weitere Geschichten aus den Bereichen Technologie, Marke und Umwelt. Dank Responsive Webdesign läuft Dialoge online auf allen Endgeräten, unabhängig von der TechnikPlattform. audi-dialoge.de Dialoge – Das Audi-Technologiemagazin im Abo Zweimal im Jahr präsentiert Ihnen Dialoge spannende Storys aus der Technologiewelt von Audi. Sie können das Dialoge Technologiemagazin abonnieren – völlig kostenlos und unverbindlich. Schicken Sie einfach eine E-Mail mit Ihrer Adresse an: [email protected] Editorial bei Audi leben wir „Vorsprung durch Technik“. Wir erarbeiten ihn jeden Tag, mit unserer gesamten Kompetenz, Erfahrung und Leidenschaft für Technik. Je komplexer das Umfeld wird, in dem wir agieren, desto mehr ist unsere Innovationskraft gefordert. Wir investieren deshalb in den nächsten Jahren gezielt in die Technische Entwicklung. Vor allem schaffen wir kreative Freiräume für unsere Ingenieure, damit sie sich auf innovative Technologien, Premium-Produkte und Dienste für die automobile Zukunft konzentrieren können. Unsere Designsprache erneuern wir, unsere Innovati onsführerschaft stärken wir – bei klassischen und alternativen An trieben, in der Lichttechnologie, bei Fahrerassistenz, Konnektivität und pilotiertem Fahren. So gestalten wir den entscheidenden Unterschied, der Audi ausmacht. In dieser Ausgabe des Dialoge Magazins stellen wir Ihnen die ganze Bandbreite unserer aktuellen Entwicklungsarbeit vor. Lesen Sie zum Beispiel über die Konzeptstudie Audi prologue, unser elegant und zugleich sehr sportlich gezeichnetes Coupé, mit dem wir einen Ausblick auf künftige Modelle geben. Ein großes Kapitel widmen wir der CO₂-neutralen Mo bilität der Zukunft. Eine langfristige Perspektive zeigen wir im Audi A7 Sportback h-tron quattro, unserem neuesten Brennstoff zellen-Konzept. Die Zukunft der Antriebstechnologien liegt in ihrer Vielfalt. Und in der gelungenen Kombination von Leistung, Sportlichkeit und Effizienz. Für die Zukunftsfähigkeit der klassischen Verbrennungsmotoren liefert der Audi RS 5 TDI concept einen starken Beleg: Erstmals treibt ein sparsamer Diesel ein HighPerformance-Modell an. Leistungsstark und effizient sind auch unsere Systeme für das pilotierte Fahren. Wir wollen die Ersten sein, die damit in Serie gehen. Einen Weltrekord auf diesem Zielpfad haben wir schon errungen: Den Technikträger Audi RS 7 piloted driving concept haben wir fahrerlos und hochpräzise über den Hockenheimring gesteuert – mit bis zu 240 km/h. In noch höherem Tempo fahren wir ins Jahr 2015. Mit „Vorsprung durch Technik“ und konsequenter Kundenorientierung starten wir unsere Modelloffensive, mit der wir das Audi-Produkt portfolio bis zum Ende des Jahrzehnts auf 60 Modelle und Vari anten erweitern. Einen Eindruck von dieser Dynamik vermittelt dieses Magazin. Je komplexer das Umfeld wird, in dem wir agieren, desto mehr ist unsere I nnovationskraft gefordert. Wir investieren deshalb in den nächsten Jahren gezielt in die Technische Entwicklung. Vor allem schaffen wir kreative Freiräume für unsere Ingenieure, damit sie sich auf innovative Technologien, Premium-Produkte und Dienste für die automobile Zukunft konzentrieren können. Dr. Ulrich Hackenberg Prof. Dr.-Ing. Ulrich Hackenberg Mitglied des Vorstands der AUDI AG Technische Entwicklung 2 Dialoge Technologie 3 Dialoge Technologie Inhalt Mindset. 16 108 Gentlemen, Start Your Engines! Werkstattgespräch: Die Antriebs-Strategie von Audi 74 Passion. 60 108 Das große Wettbrennen 25 Jahre TDI – Rückblick und Ausblick 70 26 Dark Rider Das Showcar Audi prologue mit seinem wegweisenden Design 42 114 74 122 82 52 Der Speed Master Heinz Hollerweger, Chef der quattro GmbH, am Nürburgring Family of the Year Der neue Audi TT und seine möglichen künftigen Derivate 90 54 Die Schriftgelehrten Die Entwicklung des Audi MMI für China Auto findet Stadt! Die Sieger im Audi Urban Future Award Im Dauertest Mensch gegen Maschine auf der langen Strecke Zündkopf Was Rudolf Diesel (vielleicht) zum TDI sagen würde Bobby Car Audi hat das sportlichste pilotiert fahrende Auto der Welt Mr. Rush Daniel Brühl fährt im neuen Audi TTS Roadster durch Berlin 114 Skills. 98 Silver Eye Was Audi und Leica gemeinsam haben Die roten Hosen DRE – die Motorrad-Fahrschule von Ducati 130 E-Bull Der Gran Turismo Asterion von Lamborghini 138 Die Fantastischen Vier 1914 bis 2014: Renn-Legenden von Audi 148 Impressum Magazin Technologie-News aus aller Welt 122 102 Turn, Turn, Turn Schwungmassenspeicher bei Audi 16 26 5 90 130 70 138 Dialoge Technologie DNA Erste Ausfahrt am Pazifik: Das Showcar Audi prologue über den Lichtern von San Francisco. → Seite 26 Showcar Audi prologue Audi startet in eine neue Design-Ära. Das große Coupé gibt den Markenwerten Sportlichkeit, Leichtbau und quattro eine neue, hochemotionale Gestalt. 4,9 Sekunden, und der Audi TTS Roadster* ist aus dem Stand auf Tempo 100. Vor der nächtlichen Hauptstadt-Kulisse macht er aber schon im Stand eine hervorragende Figur. → Seite 42 Audi TTS Roadster Bei einer Ausfahrt durch Berlin mit Schauspieler Daniel Brühl am Steuer geizt der neue Audi TTS Roadster auch bei kühlen Temperaturen nicht mit Fahrspaß. *Audi TTS Roadster 2.0 TFSI quattro S tronic: Kraftstoffverbrauch kombiniert in l/100 km: 7,1 – 6,9; CO₂-Emission kombiniert in g/km: 166 –159 1,1 g war die maximale Querbeschleunigung des pilotiert fahrenden Audi RS 7 bei seiner Runde auf dem Hockenheimring. Sie bewies, welches Potenzial in der Technologie steckt. → Seite 74 Audi RS 7 piloted driving concept Selbstfahrer auf der Rennstrecke: Audi hat dem pilotierten Fahren die Sportlichkeit beigebracht – und zeigt, was damit möglich ist. 0,2 Millimeter schmal sind die Radien der Gehäusekanten einer Leica T. Dies vermittelt das Gefühl höchster Präzision. → Seite 114 Audi Produkt Design Die Audi-Designer realisieren ihre hohen Maßstäbe in Innovation und Perfektion nicht nur bei den Automobilen mit den Vier Ringen. Zusammen mit Kooperationspartnern wie Leica Camera entstehen ausgezeichnete Produkte aus anderen Welten. MINDSET Es ist der Mut zur Innovation, der Audi an die Spitze gebracht hat. Das Unternehmen will den Vorsprung weiter ausbauen, mit immer neuen Ideen und einer klaren Grundhaltung. —— Gentlemen, start your engines! Werkstattgespräch: Die Antriebs-Strategie von Audi 16 14 dark rider Das Showcar Audi prologue mit seinem wegweisenden Design family of the year Der neue Audi TT und seine möglichen künftigen Derivate 26 52 Mr. RUsh Daniel Brühl fährt im neuen Audi TTS Roadster durch Berlin Auto findet Stadt! Die Entscheidung im Audi Urban Future Award ist gefallen 42 54 Dialoge Technologie 15 Dialoge Technologie Gentlemen, start your Strom der Zeit: Der Stator der starken E-Maschine, die im nächsten e-tron-Modell von Audi zum Einsatz kommt. Text Johannes Köbler Fotos Ulrike Myrzik engines! TDI, TFSI, e-tron und g-tron – Audi hat sich bei den Antriebstechnologien der Zukunft breit aufgestellt. Entwicklungsvorstand Prof. Dr. Ulrich Hackenberg und sein Team erklären die Strategie. 17 Dialoge Technologie Wie groß ist die Reichweite beim R8 e-tron, dem rein elektrisch angetriebenen Sportwagen? Herr Dr. Hackenberg, 2020 kommt in der EU das Flottenverbrauchslimit von 95 Gramm CO₂ pro Kilometer. Mit welchen Maßnahmen beim Antrieb will Audi es erreichen? Dr. Hackenberg: Wir treiben die Entwicklung auf drei Feldern voran. Das erste von ihnen ist die weitere Opti mierung der konventionellen Antriebe, also der Ottound Dieselmotoren, der Getriebe und des restlichen Antriebsstrangs. Bei den Motoren konzentrieren wir uns hier auf die Weiterentwicklung des Brennverfah rens, der Auflade- und Einspritztechnologien und des Thermomanagements sowie auf die Reduzierung der Reibleistung. Bei den Getrieben arbeiten wir intensiv an Maßnahmen zur Wirkungsgradsteigerung, damit meine ich etwa die bedarfsgerechte Schmierung oder auch neue Leichtlauföle. Das zweite Feld ist die Entwicklung unseres Modell portfolios. Hier sehen wir große Potenziale für unsere TDI-Motoren in den USA – unsere clean diesel-Offensive trägt hier bereits große Früchte. Auch in China sind wir schon mit den ersten clean diesel-Modellen unterwegs, wir beobachten dort die weitere Entwicklung sehr genau. Und von der g-tron-Technologie, dem nachhaltigen Gasantrieb, versprechen wir uns auch noch einiges. Das dritte Feld ist dann doch sicher die Elektrifizierung? Dr. Hackenberg: Ja, und sie hat sehr große Bedeutung, sie wird schon bis 2020 etwa 30 Prozent zur Verbrauchs einsparung beitragen. Wir werden die Elektrifizierung in unserem Produktportfolio in großer Breite von sogenannten Mildhybrid-Systemen bis hin zu rein batterieelektrischen Antrieben realisieren. Unterm Strich bringt der Antrieb zwei Drittel der CO₂-Einsparung auf. Der Rest entfällt auf die Fahrzeugseite, wo wir die Fahr widerstände weiter senken werden. Bei der Elektrifizierung fahren Sie zweigleisig – mit rein elektrischen Antrieben und mit Plug-in-Hybriden. Welcher Weg verspricht auf lange Sicht mehr Erfolg? Dr. Hackenberg: Der Plug-in-Hybrid, also die PHEVTechnologie, ist auf dem heutigen Stand die Königs disziplin, weil er die Vorteile und auch die Komplexität des Verbrennungsmotors und des elektrischen Antriebs miteinander verbindet. Er erlaubt lokal emissionsfreies Fahren und löst zugleich das Reichweitenproblem. Foto oben: Experten unter sich, im Vordergrund der Sportprototyp R 18 e-tron quattro. Foto unten: Detail des aktuellen 3.0 TDI als Schnittmotor. Wie viel Reichweite braucht ein AllroundElektroauto, um von den Kunden akzeptiert zu werden? Enzinger: Beim R8 e-tron 2.0 machen wir gegenüber der Vorgängerversion einen richtig großen Entwick lungsschritt. Bislang waren es 215 Kilometer im NEFZZyklus, jetzt reden wir von deutlich mehr als der doppelten Reichweite. Wir verdanken das der Optimierung von Antrieb und Fahrwiderständen, aber in allererster Linie der neuen Batterietechnologie. Und wie sieht die aus? Kötz: Das Package – die Geometrie, die Kühlung, das Gewicht und die Einbindung ins Chassis – ist praktisch gleich geblieben. Aber bei den Zellen haben wir auf eine weiterentwickelte Technologie umgestellt, die auf BEV-Anwendungen zugeschnitten ist. Sie lässt sich im Automotive-Bereich ebenso nutzen wie bei ConsumerGeräten, wo sie schon etabliert ist. Bei der neuen ZellGeneration geht die Leistung etwas zurück, dafür wächst die Energie erheblich. Wegen der Größe unserer Batte rie ist die etwas geringere Leistung kein Problem, und das Plus an Energie bringt uns die hohe Reichweite. Sind die Consumer-Zellen der Standard der Zukunft? Hudi: Momentan liefern Rundzellen im Modul etwa 360 Wattstunden Energie pro Liter Volumen, was schon sehr attraktiv ist. Aber auch bei den prismatischen Zellen und den sogenannten Pouch-Zellen geht die Ent wicklung sehr schnell voran. In absehbarer Zukunft werden Automotive-Zellen durch ihre Packvorteile auf Modulebene ein deutliche höhere volumetrische Ener giedichte erreichen als Rundzellen. Die CO₂-Reduzierung ist eine Pflicht, die wir gern erfüllen. Aber die Kür ist es, unsere Kunden mit neuen Tech nologien, mit Emotion und Fahrspaß zu begeistern. Das ist der AudiWeg, auf dem wir noch stärker werden wollen. Prof. Dr. Ulrich Hackenberg Audi Vorstand Technische Entwicklung ANTRIEBSSTRATEGIE Dr. Knirsch: Heute sind es die Kunden gewohnt, mit einer Tankfüllung etwa 500 Kilometer weit zu fahren. Diese Erwartung richten sie auch an ein batterieelekt risches Fahrzeug, ein BEV. Die Weiterentwicklung der Batterietechnologie wird ein entscheidender Faktor zur Erreichung dieses Ziels sein. Wenn dann noch das Thema Nachladen gelöst ist – durch eine ausreichende Ladeinfrastruktur und das induktive Laden, an dem wir auch arbeiten –, kann rasch der Wendepunkt erreicht sein, an dem sich das Kaufverhalten ändert und die Elektromobilität stark zum Zug kommt. Wann das passieren wird, kann jedoch derzeit niemand voraussagen. 18 Dialoge Technologie Prof. Dr. Ulrich Hackenberg, 64, ging 1985 zu Audi. Von 1998 bis 2002 und von 2007 bis 2013 arbeitete er für Volkswagen, zuletzt als Entwicklungsvorstand, im Juli 2013 kehrte er in der gleichen Funktion nach Ingolstadt zurück. Darüber hinaus verantwortet Prof. Dr. Hackenberg die markenübergreifende Entwicklungssteuerung des Volkswagen-Konzerns. 19 Dialoge Technologie E-ANTRIEB Beim R8 e-tron 2.0 haben wir im Vergleich zur Vorgängerversion die Reichweite mehr als verdoppelt. Wir haben alle Antriebskomponenten weiterentwickelt und die Batterie auf eine neue ZellTechnologie umgestellt. Markus Enzinger Leiter Entwicklung Elektrifizierung Antrieb Markus Enzinger, 47, kam 1994 als Motorkonstrukteur zu Audi. Seit 2012 leitet er die Entwicklung der AntriebsElektrifizierung. Kötz: Wir erleben hier eine zügige Entwicklung. Im PHEV-Segment sind die Energiedichten in den letzten drei, vier Jahren um 30 Prozent gewachsen, gleichzeitig sind die Kosten signifikant gesunken. PHEVs stellen im Übrigen die höchsten Anforderungen an die Batterie, weil sie sowohl hohe Reichweite als auch hohe Leistung verlangen. Mit dem Technikträger RS 5 TDI concept haben wir dargestellt, welches Potenzial der elektrische Turbolader in Verbindung mit einem TDI-Motor bietet. Aber auch bei den Ottomotoren würde diese Technologie Sinn machen. Baut Audi die Batterien für den R8 e-tron selbst? Dr. Stefan Knirsch Leiter Entwicklung Aggregate Hudi: Ja, in unserem Hochvolt-Batterietechnikum in der Nähe des Werksgeländes. Es handelt sich um eine exemplarische Eigenfertigung, die uns hilft, die Pro zesskette vom Anfang bis zum Ende zu verstehen und zu durchdringen. Mit der Kompetenz, die wir hier aufbauen, können wir bei späteren Kaufteilen zu optimalen Lösungen kommen. ANTRIEB Und wie sieht es mit der Serienfertigung aus? Hudi: Wir haben alle Batterien für den R8 e-tron in unserem Projekthaus produziert. Was größere Stück zahlen für künftige Modelle angeht, werden wir die Entscheidung zu gegebener Zeit treffen. Im Übrigen ist vor einigen Wochen ein neues Projekthaus gestartet, das sich ausschließlich mit der BEV-Technologie beschäftigt. Alle Bereiche und Disziplinen aus der Tech nischen Entwicklung und dem Unternehmen arbeiten hier auf engem Raum zusammen. Welche Fortschritte gibt es beim R8 e-tron 2.0 sonst noch? Enzinger: Wir haben alle Antriebskomponenten weiterentwickelt – die Leistungselektroniken, die Getriebe und natürlich die beiden radnahen Hochleistungs-Elek tromotoren. Bei der Leistungsdichte und den Wirkungs graden haben wir jetzt ein sehr gutes, sehr performan tes Niveau erreicht. Dr. Stefan Knirsch, 48, trat 1990 in die Motorenkonstruktion von Audi ein. Nach Stationen bei der Porsche AG und der KSPG AG trat er im Mai 2013 sein Amt als Leiter Entwicklung Aggregate bei Audi an. Wann kommt nach dem R8 e-tron das zweite reine Elektroauto von Audi? Dr. Knirsch: Wir können uns vorstellen, ein Langstrecken- BEV im Zeitraum 2017/2018 auf die Straße zu bringen. Das wird ein Modell mit einer sehr eigenständigen Archi tektur und einem begeisternden Antrieb sein, das in seinem Charakter perfekt zu Audi passt. Auf der Los Angeles Auto Show hat Audi den h-tron als Showcar gezeigt – einen A7 Sportback mit Brennstoffzellenantrieb. Welches SerienPotenzial hat diese Technologie? Kutschera: Sie ist sehr interessant, weil sie für den Kun den keinerlei Einschränkungen bei der Reichweite und der Dauer das Tankvorgangs mit sich bringt. Als Pre miumhersteller fühlen wir uns unserem Technologie anspruch verpflichtet, solche Innovationen in einer Audi-typischen Ausprägung voranzutreiben – obwohl ja heute noch keine Wasserstoff-Infrastruktur existiert. Wir entwickeln die Brennstoffzelle so weit, dass wir sie in Serie bringen können, wenn es die Kunden wünschen. Für uns ist der h-tron nicht nur ein kundenfreundliches Null-Emissions-Fahrzeug für Langstrecken, sprich eine CO₂-Pflichterfüllung. Vielmehr ist er mit seinen wettbewerbsüberlegenen Leistungsdaten ein konsequenter Schritt zur sportlichen Emotionalität – und damit passt er perfekt zu unserer Markenidentität. 20 Dialoge Technologie Wie sieht die Roadmap bei den Plug-in-Hybrid modellen aus? Dr. Hackenberg: Den Anfang hat der in diesem Jahr eingeführte A3 Sportback e-tron gemacht. 2015 wird der Q7 e-tron folgen, und danach bringen wir in rascher Folge weitere Plug-in-Hybridmodelle auf den Markt, in jedem Jahr eines. Sie basieren auf dem MLB evo, dem Modularen Längsbaukasten der zweiten Generation, wobei sich ihre Antriebe deutlich voneinander unterscheiden. Der MLB evo ist gut auf die neuen Techno logien vorbereitet. Grundsätzlich können wir uns alle Ausprägungen eines elektrifizierten Fahrzeugs vorstellen, von der Triebstrang-integrierten E-Maschine bis zu Konzepten, in denen es E-Maschinen an Vorder- und Hinterachse gibt. Speziell im Performance-Bereich wäre so etwas schon sehr interessant. Ist auch ein Audi R8 mit Hybridantrieb denkbar? Dr. Knirsch: Natürlich können wir uns das vorstellen, denn gerade hier lassen sich die Vorteile der beiden Welten besonders gut miteinander kombinieren. Das Zusammenspiel einer E-Maschine, die bei niedrigen Drehzahlen viel Drehmoment liefert und bei hoher Last zuboosten kann, mit einem hoch emotionalen Ver brennungsmotor könnte durchaus eine reizvolle Kom bination sein. 21 Dialoge Technologie Wie eng arbeiten Sie mit ihnen zusammen? Baretzky: Das Zusammenspiel ist so fruchtbar, dass uns die Wettbewerber darum beneiden. Wir wollen möglichst viel über die kommenden Herausforderungen in der Serie erfahren, um die Motorsport-Reglements entsprechend weiterzutreiben. Schon von 2011 an haben wir mit den Veranstaltern in Le Mans über das Effizienzreglement diskutiert, das 2014 dann in Kraft getreten ist. Es gewährt allen beteiligten Teams große Freiheiten – und ich denke, dass wir sie gut genutzt haben. Wir haben den Verbrauch im Vergleich zum Vorjahr um etwa 22 Prozent gesenkt und das Rennen wieder gewonnen. Ricky Hudi, 46, wechselte 1997 von BMW zu Audi und baute hier die Vorentwicklung Elektrik/Elektronik auf. Danach folgten Stationen in der Serienentwicklung, beim Infotainment und in der Produktion. Seit 2009 leitet Hudi die Entwicklung Elektrik/Elektronik. Wir haben die Batterien für den R8 e-tron in unserem Hochvolt-Batterietechnikum selbst produziert. Es handelt sich um eine exemplarische Eigenfertigung, die uns hilft, die Prozesskette vom Anfang bis zum Ende zu durchdringen. Ricky Hudi Leiter Entwicklung Elektrik/Elektronik HOCHVOLTSYSTEME Hohe Leistung und starkes Drehmoment: Hudi, Dr. Hackenberg und Dr. Knirsch (von links) am Modell der Getriebe-integrierten E-Maschine. Welche wichtigen Impulse aus der Rennmotorenentwicklung sind bislang in die Serie eingeflossen? Enzinger: Elektrifizierung bedeutet ja nicht, dass wir uns auf BEVs oder PHEVs beschränken. Wir entwickeln einen breiten Technologiebaukasten, der alle Ausprä gungen vom Mildhybriden auf 12- und 48-Volt-Basis bis zu den Hochleistungs-Elektrifizierungskonzepten abdeckt. Baretzky: Ein Paradebeispiel ist sicherlich der TFSI, der Benzinmotor mit Aufladung und Direkteinspritzung. 2001 haben wir ihn erstmals in Le Mans eingesetzt, drei Jahre später ist er in Serie gegangen. Auch beim TDIMotor liefern wir wichtige Impulse, beispielsweise die Stahlkolben. Im Zusammenspiel mit einer neuartigen Zylinderkopfarchitektur erlauben sie uns enorm hohe Zünddrücke und damit extreme Effizienz – das Ganze in einem leichten Aluminiummotor. Unsere maximalen Einspritzdrücke liegen oberhalb von 2.800 bar. Hudi: Das 48-Volt-Teilbordnetz ist eine Technologie, die hohen Stellenwert hat. Der Schritt von 12 auf 48 Volt ist absolut fällig, nur mit ihm können wir die neuen dynamischen Hochleistungsverbraucher wie den elektrischen Turbolader realisieren. Dr. Knirsch: Oder nehmen Sie die integrierten StarterGeneratoren, die wir demnächst in Serie bringen werden. Mit ihnen erzielen wir Rekuperationsleistungen über 10 kW – das bringt im realen Kundenbetrieb noch deutlich mehr Verbrauchsvorteil als im NEFZ-Zyklus. Noch dazu steigern wir mit dem 48-Volt-Teilbordnetz den Komfort: Unser Kunden merken kaum noch, dass der Motor an- und ausgeht, sie können mit ausgeschaltetem Aggregat segeln. Und dann haben wir eben auch noch die Möglichkeit, den elektrisch unterstützten Turbolader einzuführen, wie Ricky Hudi schon sagte. Wann kommt er in Serie? Dr. Knirsch: Ich gehe davon aus, dass es in den nächsten fünf Jahren eine ganze Reihe Serienmodelle mit dieser neuen Technologie geben wird. Mit dem Tech nikträger RS 5 TDI concept haben wir gezeigt, welches Potenzial der elektrische Turbolader in Verbindung mit dem TDI-Motor bietet. Auch bei den Ottomotoren würde er Sinn machen, speziell bei Aggregaten mit hoher spezifischer Leistung. Beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans hat Audi mit der Hybridtechnologie große Triumphe gefeiert. Wie kann der Motorsport der Serienent wicklung helfen? Baretzky: Bei Audi Sport haben wir in den letzten Jahren eine Menge über die Zusammenarbeit der beiden Antrie be im Sportprototypen gelernt. Ihr Management hilft uns nicht nur, den Verbrauch stark zu senken, sondern auch, die Längs- und Querdynamik zu verbessern – wo bei uns das Reglement hier leider enge Grenzen setzt. Prinzipiell aber gilt: Was sich in Le Mans bewährt, taugt auch für unsere Kunden. In vielen Fällen können wir für die Serien-Kollegen Türen im Unternehmen öffnen. 22 Dialoge Technologie Kutschera: Beim Serien-TDI erreichen wir heute 2.000 bar. Nächstes Jahr gehen die 2.500 bar in Serie, und für 2020 schauen wir uns 3.000 bar an. Je höher der Einspritzdruck, desto präziser die Gemischbildung. Baretzky: Ich möchte noch erwähnen, dass unser exter ner Common Rail-Systempartner vor Jahren das Thema Einspritzdruck bei 2.000 bar als beendet betrachtet hat. Wir sind mit viel Hartnäckigkeit über diese Grenze hinausgegangen und auf diese Weise zum Treiber der Entwicklung geworden. Hudi: Wenn man über das Motormanagement spricht, spricht man immer auch über die Prozessoren. In der Serie profitieren wir hier stark von unserem Progressive Semi Conductor Program, in dem wir strategische Partnerschaften mit den weltweit wichtigsten Halb leiter-Herstellern pflegen. Wir diskutieren direkt mit ihnen und nicht nur mit den Systemlieferanten. Das PSCP trägt stark dazu bei, dass wir innovative Lösungen früh erkennen können. Ein weiteres wichtiges Technikfeld bei den Verbrennungsmotoren ist die Aufladung. Welche Pfeile haben Sie dort im Köcher? Kutschera: Wir interessieren uns sehr für neue, leichtere Werkstoffe vor allem auf der Turbinenseite. Sie ver bessern das Übergangsverhalten weiter und erlauben damit eine höhere Dynamik und eine präzisere Anpas sung der Betriebspunkte in dynamischen Fahrzyklen. Für die kommenden Abgasbestimmungen ist sie unerlässlich. Und der elektrische Turbolader bildet in der Jens Kötz, 45, leitet seit 2009 die Abteilung Vernetzung und Energiesysteme bei Audi. 23 Dialoge Technologie Mächtiger Energiespeicher: Die Batterie des Audi R8 e-tron 2.0 füllt den Mitteltunnel und den Bereich vor der Hinterachse. Wir erleben eine zügige Entwicklung. Die PHEV-Batterien haben in den letzten Jahren 30 Prozent Energiedichte zugelegt, bei sinkenden Kosten. Jens Kötz Leiter Vernetzung und Energiesysteme bei Audi BATTERIESYSTEME MOTORSPORT Eine Technologie, die sich im harten Renn einsatz in Le Mans bewährt, eignet sich prinzipiell auch für die Audi-Kunden. In vielen Fällen können wir für unsere Kollegen aus der Serienentwicklung im Unternehmen Türen öffnen. Ulrich Baretzky Leiter Motorenentwicklung bei Audi Sport Ulrich Baretzky, 60, kam 1986 von BMW zu Audi und leitet dort seit 1994 die Rennmotorenentwicklung. Seit 2013 gehört er zudem dem Aufsichtsrat von MAN Diesel & Turbo an. Aufladetechnologie einen völlig neuen Ansatz. Dieses Konzept ist Benchmark in Sachen Fahrerlebnis, Emo tionalität und Sportlichkeit, es sucht seinesgleichen. Hier zeigt Audi wieder einmal, was Vorsprung durch Technik bedeutet und wie er erlebt werden kann. Wo werden die Motoren von Audi in den nächsten Jahren in puncto Verbrauch, Leistung und Drehmoment stehen? Dr. Knirsch: Bis 2020 werden wir den Kraftstoffver brauch unserer Motoren nochmals um zirka 15 Prozent reduzieren können. Beim TDI werden wir in den nächs ten Jahren eine spezifische Leistung von 100 kW pro Liter darstellen können. Beim Drehmoment bewegen wir uns heute schon bei 250 Nm pro Liter, auch hier werden wir noch zulegen können. Und was beim TFSI machbar ist, haben wir beim Showcar TT quattro sport concept gezeigt – mit 155 kW Leistung pro Liter und einem maximalen Drehmoment von 450 Nm aus zwei Liter Hubraum. Große Potenziale bei Performance und Effizienz: Dr. Hackenberg, Dr. Knirsch und Immanuel Kutschera (von links) am Schnittmodell des 3.0 TDI. Mit welchen Getrieben fährt Audi in die Zukunft? Welche Rolle spielt hier der Fünfzylinder, der 2.5 TFSI aus den kompakten RS-Modellen? Dr. Hackenberg: Er ist ein Motor, der alles mitbringt, was Gänsehaut erzeugt. Der Fünfzylinder mit Turboauf ladung ist ein hochemotionales Stück Audi-Heritage, wir werden seine Erfolgsstory fortschreiben. Das Show car A3 clubsport quattro concept, das wir dieses Jahr am Wörthersee vorgestellt haben, zeigt sein Potenzial eindrücklich auf. Stichwort Legende: Wenn Sie sich einen Audi Ur-quattro in neuer Auflage vorstellen würden – welches Antriebskonzept müsste er haben? Dr. Knirsch: Eines, das die Emotionalität und Überle genheit des damaligen Antriebs in die heutige Zeit fortführt. Unsere modularen Baukästen geben da einiges her – lassen Sie sich überraschen! Wie können neue Fahrerassistenzsysteme zur Effizienz beitragen? Dr. Knirsch: Der prädiktive Effizienzassistent, mit dem wir sehr bald in Serie gehen, kann mithilfe hochgenauer Navigationsdaten und weiterer Parameter den jeweils optimalen Betriebspunkt des Antriebs wählen. Ein Bei spiel: Wenn klar ist, dass nach der Steigung, die man gerade hochfährt, ein Gefälle kommt, kann man die Batterie eines Mildhybriden leer fahren, um die Energie zu nutzen – denn anschließend kann rekuperiert und damit die Batterie wieder vollgeladen werden. Im realen Kundenverbrauch erlaubt der prädiktive Effi zienzassistent bis zu zehn Prozent CO₂-Einsparung, in manchen Situationen sogar noch mehr. Welche Fortschritte plant Audi bei der Kraftübertragung? Dr. Knirsch: Bei der neuen Siebengang S tronic, dem DL 382, haben wir alle Register gezogen, unter anderem durch ein Quasi-Trockensumpfkonzept mit elek trischen Ölpumpen und durch die Lamellenseparierung der Kupplungen. Wir haben die Verlustleistungen gezielt reduziert und erreichen Wirkungsgrade auf einem völlig neuen Niveau. Diesen Weg werden wir weiter verfolgen. Auch beim quattro-Antrieb wollen wir über intelligente Systeme die Reibung weiter reduzieren. 24 Dialoge Technologie Dr. Knirsch: Wir entwickeln die Wandlerautomatik für den Einsatz in den großen Modellen weiter. In Sachen Komfort ist sie noch immer unübertroffen. Allerdings hat die S tronic hier schon ein nahezu vergleichbares Niveau erreicht, und bei Performance und Effizienz ist sie ohnehin unschlagbar. Der Wettbewerb der Konzepte beflügelt beide Seiten, auch unsere Lieferanten bei den Wandlerautomaten. Effizienz und Performance auf neuen Wegen – Herr Dr. Hackenberg, wie würden Sie die Audi-Antriebsstrategie zusammenfassen? Dr. Hackenberg: Für mich ist die Auflösung früherer Widersprüche das zentrale Thema. Souveräne Kraft, sportliche Fahrleistungen und geringer Verbrauch stehen bei Audi nicht im Gegensatz zueinander. Das beweisen auch unsere hocheffizienten ultra-Modelle, deren Palette wir zügig weiter ausbauen werden. Die CO₂Reduzierung bleibt eine Pflicht, die wir sehr gern erfüllen. Aber zugleich ist es unser Ziel, die Kür sozusagen, die Kunden mit unseren neuen Technologien zu begeistern, ihnen Emotion und Fahrspaß zu liefern. Das ist der Audi-Weg, auf dem wir extrem stark sind und noch besser werden wollen. Immanuel Kutschera, 60, arbeitete bis 1997 als Motorenentwickler für Daimler. Bei Audi leitet er die Vorentwicklung der großen TDI-Aggregate und der Brennstoffzellenfahrzeuge. Bei der spezifischen Leistung werden wir beim TDI bis 2025 mehr als 100 kW pro Liter Hubraum darstellen können. Beim Drehmoment bewegen wir uns heute bei 250 Nm pro Liter, als nächstes Ziel streben wir 300 Nm an. Immanuel Kutschera Vorentwicklung V-Dieselmotoren/Brennstoffzelle VORENTWICKLUNG D A R K R I D E R E r i s t e i n Rev o l u t i o n ä r , a be r e r t r ä g t A n z u g . E r r u h t i n d e r DNA d e r M a r k e u n d we i s t z u g l e i c h W ege i n d i e Z u k u n f t . M i t d em S h o wc a r A u d i p r o l o g u e s t a r t e n De s i g n c h e f M a r c L i c h t e u n d s e i n Te a m i n e i n e n e u e ge s t a l t e r i s c h e Ä r a . 26 Dialoge Technologie D i e M u s k e l n ü be r d e n g r o SSe n R ä d e r n e r i n n e r n a n d e n U r - q u a t t r o d e r 8 0 e r - J a h r e , s i n d je d o c h h a r m o n i s c h i n s De s i g n i n t eg r i e r t . D i e f l a c h e D a c h k u ppe l i s t e i n we i t e r e s De s i g n e l eme n t m i t I k o n e n - S t a t u s . De r u n gew ö h n l i c h b r e i t e u n d n i e d r i ge S i n g l e f r a me l ä s s t d i e g a n z e F r o n t e x t r em s p o r t l i c h w i r k e n . D i e Sc h e i n we r f e r d e s A u d i p r o l o g u e p r ä s e n t i e r e n s c h o n d i e n ä c h s t e E v o l u t i o n s s t u f e d e r L a s e r -Tec h n o l o g i e . Ortstermin in einem Studio in Ingolstadt. Das Lampenlicht fließt über ein großes, elegantes Coupé. Drei Männer und eine Frau begutachten das Auto in allen Details – Designchef Marc Lichte und einige seiner Top-Mitarbei ter. Lichtes langjähriger Weggefährte Andreas Mindt verantwortet das Exterieurdesign, Ulrich Beierlein leitet die Interieur-Architektur, und Simona Falcinella ist für Color & Trim zuständig. Marc Lichte ist Anfang Februar 2014 von Volkswagen zu Audi gewechselt, und seitdem hat er mit seinem Team eine umfassende neue Designstrategie entwickelt. Als „signature car“ macht der Audi prologue, das Showcar für die Los Angeles Auto Show, Lichtes großes Ziel lesbar: „Ich will der Marke Audi ein Gesicht geben, das ihre Stärken noch klarer ausdrückt – die Progressivität, die Hochwertigkeit, die Sportlichkeit.“ Wer neue Perspektiven eröffnen will, muss alte Grenzen überschreiten. Marc Lichte, 45 Jahre jung, ist einer, der frei im Kopf ist, der vor Energie und Taten drang übersprudelt, der mit seinem Optimismus begeistert und mitreißt. Der Designchef kniet sich vor die Front des Showcars und fängt gleich an zu erklären: „Wir haben den Singleframe-Grill viel flacher und breiter gemacht. Er sitzt tiefer in der Front, die inneren Enden der Scheinwerfer ziehen über seine Ecken. Jetzt wirkt die ganze Front extrem breit und sportlich.“ Das Showcar Audi prologue ist ein Revolutionär, der sehr viel Stil hat. Er tritt nicht laut auf, aber entschieden. Er weist Wege in die Zukunft, doch er entwertet die Vergangenheit nicht. Auch auf große Ent fernung ist er sofort als Audi zu erkennen – mit seinem athletischen Körperbau, den muskulös gespannten Flächen und den scharfen Kanten. Text Johannes Köbler Fotos Heinrich Hülser Manfred Jarisch Die Kraft aus der Mitte: Die Räder des Audi prologue sind genau gleich betont – typisch quattro. Audi-Ikone: Der breite und flache Singleframe des Showcars visualisiert Kraft und sportliche Präsenz. 32 „Keine Linie führt ins Nichts“, sagt Lichte, „Audi-Design ist immer logisch. Die Blades unter den Lufteinlässen beispielsweise setzen sich an den Seiten schwellern fort, die Linie läuft um das ganze Auto he rum. Das Gleiche gilt für die Spoilerkanten.“ Im Single frame sind die horizontalen Lamellen als Lochblenden ausgeführt – „ein klassisches Leichtbaumotiv wie einst beim Auto Union-Rennwagen“, erläutert Lichte. „Und in den Scheinwerfern präsentieren wir schon die Matrix Laser-Technologie der nächsten Generation. Das Design und die Technik gehen bei uns immer Hand in Hand, mit großer Liebe zum Detail.“ Andreas Mindt nimmt den Ball auf. „Im Audi-Design gibt es Elemente mit ikonischem Status, die wir nicht antasten“, erklärt der Leiter Exterieur design. „Das sind der Singleframe, der fließende Dach bogen mit der Fenstergrafik und natürlich das Thema quattro. Beim Audi prologue haben wir das vordere und das hintere Rad genau gleich stark betont. Das ist für uns quattro – die Kraft aus der Mitte. Mit den breiten, flachen Monden um die Radhäuser machen wir das Blechvolumen optisch kleiner.“ „Die Schulterlinie“, erklärt Mindt weiter, „verläuft hoch über den Rädern und bildet stark ausgewölbte Kanten. Sie erinnern an die Blister des Urquattro – aber wir haben sie nicht additiv aufgesetzt, sondern harmonisch ins Design integriert. Der vordere Muskel zieht die Motorhaube in den Karosseriekörper hinein und lässt sie dadurch noch länger wirken.“ Über der Tür verläuft eine dritte, niedrigere Linie. Sie holt den Schwerpunkt optisch nach unten und macht das Auto damit noch sportlicher. Andreas Mindt: „Wir haben dem Blechkörper eine Taille und starke Einzüge am Heck gegeben – er ist sinnlich und verführerisch.“ In jedem Detail inszeniert der 5,10 Meter lange Audi prologue die Souveränität des sportlichen Reisens und die Schönheit der Technik. Die Lackierung im Kristalleffekt-Ton Divagrau verleiht der Außenhaut einen warmen, seidigen Schimmer. Ein Rahmen aus Aluminium fasst die Seitenfenster ein, am Ende der flachen Dachkuppel läuft er in einer breiten Leiste aus. Auf der rechten Flanke des Showcars birgt dieser Bereich den elektrisch betätigten Tankdeckel. In den Fensterschachtleisten sitzen beleuchtete Berührungs sensoren, Elektromotoren drücken die Türen einige Zentimeter weit auf. Wie bei einer Jacht neigt sich das Heck des Audi prologue in Fahrtrichtung – es schiebt das große Coupé schon im Stand an. Andreas Mindt erläutert die Finessen des Designs. „Die konkav gewölbte Heck scheibe ist, typisch für ein großes Coupé, fest eingesetzt, aber ihr Schnitt bringt uns trotzdem eine relativ große Beladeöffnung. Die Heckleuchten bestehen aus 3D-Glas, das eine skulpturale Wirkung hat. Das Schlusslicht verbindet als Band beide Einheiten miteinander – ein Motiv, das wir vom Ur-quattro übernommen haben. Die Abgastrichter korrespondieren optisch mit den Leuchten. Sie sind in den höhenverstellbaren Dif fusor integriert, der unsere Kompetenz bei der Aero dynamik zeigt.“ Ic h w i l l d e r M a r k e A u d i e i n G e s i c h t gebe n , d a s i h r e S tä r k e n n o c h k l a r e r a u s d r ü c k t – d i e Sp o r t l i c h k e i t , d i e P r o g r e s s i v i t ä t , d i e H o c h we r t i g k e i t . Im A u d i - De s i g n g i b t e s E l eme n t e m i t I k o n e n - S t a t u s w i e d e n S i n g l e f r a me , d e n D a c h b o ge n u n d d a s T h em a q u a t t r o . W i r t a s t e n s i e n i c h t a n . M a r c L i c h t e , Le i t e r A u d i De s i g n A n d r e a s M i n d t , Le i t e r A u d i E x t e r i e u r d e s i g n Dialoge Technologie 33 Dialoge Technologie Das Interieur spiegelt den Charakter des großen Gran Turismo perfekt wider, wie Ulrich Beierlein, Leiter Interieur-Architektur, an der Sitzkiste zeigt: „Der Innenraum ist großzügig wie eine Lounge, alle Linien fließen in einem einfachen, ruhigen Zug. Der Wrap-around, unser großer Bogen, legt sich wie ein Horizont um die vorderen und hinteren Sitzplätze. Die Instrumententafel steht mit ihrem schlanken Look für den Leichtbau von Audi. Und die Mitteltunnelkonsole scheint ebenso zu schweben wie die vorderen Sitze.“ Schon beim Einsteigen empfängt das viersitzige Coupé seine Passagiere ausgesucht höflich. Eine intelligente Software, „Butler“ genannt, identifiziert sie anhand ihrer Smartphones und stellt die Sitze und die Klimaanlage nach ihren Vorlieben ein. Auch bei der Musik und der Routenplanung macht der „Butler“ Vorschläge, die den Präferenzen der Benutzer entgegenkommen. Als neuartige Einheit aus Technik und De signarchitektur präsentiert sich auch die Instrumen tentafel. Ihre durchgängige Vorderseite besteht aus drei flachen Touch-Displays. Zwei von ihnen sind für den Fahrer reserviert; mit dem dritten, einem WidescreenDisplay, kann der Beifahrer Infotainment- und Naviga tionsdateien konfigurieren und sie dem Fahrer per Wisch-Geste schicken. „Kommunikation hat bei Audi Tradition“, sagt Beierlein mit einem Augenzwinkern, „schon Christian Geistdörfer war in der Rallye-WM der Reiseleiter für Walter Röhrl. Wir setzen hier voll auf die Touch-Technik – der Kunde will im Auto das wiederfinden, was er von seinem Smartphone kennt.“ Die Mitteltunnelkonsole birgt ein weiteres, superschlankes Display aus organischen Leuchtdioden (OLED). Beim Start des Autos richtet es sich schräg auf, ergonomisch perfekt. Im ebenfalls digitalen Audi vir tual cockpit future erzeugen drei Spiegel faszinierende Progressiv und sinnlich: Der Audi prologue gibt dem Charakter der Marke einen neuen Ausdruck. F ü r u n s be i A u d i be d e u t e t L u x u s A u t h e n t i z i tät u n d N at ü r l i c h k e i t. Simon a Fa lc ine ll a , Le i t e r i n C o l o r & T r i m Souveräne Linien: Das Interieur wirkt großzügig und klar. Große TouchDisplays prägen das Bild. D a s i s t me h r a l s e i n S t ü c k Tec h n i k . E s i s t ec h t e I n ge n i e u r s k u n s t . Ulrich Beierlein, Le i t e r I n t e r i e u r - A r c h i t e k t u r De r I n n e n r a u m e r i n n e r t a n e i n e L o u n ge . A l l e L i n i e n ve r l a u f e n i n e i n em r u h i ge n Z u g . 34 Dialoge Technologie 35 Dialoge Technologie Innovativ: Das OLEDDisplay auf der Konsole des Mitteltunnels. 3D-Bilder von hoher Tiefenwirkung. „Das Bedien- und Anzeigekonzept in unserem Showcar“, sagt Beierlein, „ist mehr als ein neues Stück Technik. Es ist echte Ingenieurskunst.“ Das Interieur des Audi prologue bildet eine Erlebnislandschaft für die Sinne, sämtliche Details dokumentieren die sichere Hand der Designer und den kompromisslosen Qualitätsanspruch der Marke. Eine Lochblende deckt das Luftausströmerband ab; wird die Klimatisierung höher gestellt, fährt sie nach unten weg. LED-Lichtleiter zeichnen die großen Linien des Innenraums nach. Die Aluminiumspange, die die Lenkradspeichen bildet, harmoniert mit den Leisten an den Fahrer-Displays und den Zuziehgriffen der Türen. Bei allen Aluminiumteilen sind die Flächen mattiert und die Kanten poliert – ein feines Spiel der Glanzgrade. Die Nähte auf den Sitz-Mittelbahnen erinnern an die Streben des Singleframe-Grills. Alle Farben und Materialien im Showcar unterstreichen den Eindruck von Weite, Ruhe und Ge lassenheit. Simona Falcinella, Leiterin Color & Trim, erläutert ihr Konzept: „Wir benutzen kühle und warme Töne – in einigen Bereichen wird das Licht reflektiert, in anderen absorbiert.“ Das neue, samtige Leder Passion, das die Flächen der Sitze abdeckt, und das Nubukleder an ihren Rückseiten sind hell gefärbt. Am Wrap-around und an der Instrumententafel setzen unterschiedliche Braun- und Grautöne Akzente. Auch die Dekoreinlagen faszinieren durch Kontraste – die Aluminiumleisten treffen auf Blenden aus silbergrauem Rüsterholz. Ihr offenporiges Furnier ist extrem fein geschnitten, damit es den fließenden Linien des Interieurs folgen kann. „Bei den Materialien im Audi prologue legen wir großen Wert auf Authen tizität“, erklärt Simona Falcinella. „Luxus bedeutet für uns Natürlichkeit.“ Zum Abschluss des Termins zieht Design chef Marc Lichte Bilanz: „Der Audi prologue macht das hohe Können unserer Ingenieure erlebbar, am Exterieur und im Interieur. Unser Design kommt aus den Marken kernwerten heraus. Und wenn wir diese Essenz immer wieder filtern, wird Audi noch stärker als heute.“ Herr Lichte, Sie sind jetzt schon einige Monate bei Audi. Wie fällt Ihre Zwischenbilanz aus? I N T E R V I E W M A R C L I C H T E F ü r m i c h i s t h i e r be i A u d i e i n T r a u m i n E r f ü l l u n g geg a n ge n . Lichte: Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Schon nach meinem Designstudium in Pforzheim wäre ich 1996 beinahe zu Audi gegangen, habe mich dann aber für Volkswagen entschieden. Jetzt kann ich der Marke ein neues Gesicht geben. Das ist die spannendste und schönste Aufgabe, die ich mir vorstellen kann. Das Boot von Marc Lichte: Eine XP 33 von der dänischen Werft X-Yachts. Lichte hat ihr Design selbst modifiziert. Wo steht das Audi-Design heute? Lichte: Die vergangenen zehn Jahre waren eine Phase der nachhaltigen Markenprägung. Der Singleframe hat unseren Autos ein klares Gesicht verliehen, wie es unsere Hauptwettbewerber schon lange haben. Audi ist für mich die Designmarke überhaupt, vor allem, weil unser Design sehr langlebig ist. Es basiert auf den Re geln der Geometrie, auf dem Bauhaus, es kommt ohne Effekthascherei aus. Ich finde es faszinierend, wie lange unsere Autos im Straßenbild frisch bleiben. High-Tech im zeitlosen Gewand – das ist Audi, das zeichnet uns aus. Was wollen Sie dann überhaupt ändern? Lichte: In unseren Autos steckt noch viel Potenzial, um den Vorsprung durch Technik auszudrücken. Wir machen die Technik stärker sichtbar und erlebbar, im Interieur wie im Exterieur – die Connectivity, den Leicht bau, die Aerodynamik und natürlich den quattro-Antrieb. Wir haben ihn in jeder Baureihe, vom S1 bis zum A8, und wir werden ihn auf unterschiedliche Art im Design ausdrücken. Werden sich die einzelnen Baureihen künftig deutlicher voneinander unterscheiden? Lichte: Die Studie TT offroad concept zeigt schon, wie wir uns ein künftiges Q-Gesicht vorstellen. Aber auch bei den Limousinen werden wir die Proportionen beim Körperbau und beim Gesicht gezielt zwischen Sport lichkeit und Status variieren. Mein Team und ich haben hier in kurzer Zeit eine ganze Matrix an Lösungen entwickelt. Wir werden die neue Formensprache von oben nach unten in der Modellpalette einführen. Wie spektakulär darf Audi-Design sein? Lichte: Unsere Marke steht für nachhaltige Design entwicklung – unsere Autos werden nicht modisch sein, und sie bleiben selbstverständlich frei von Dekoration. Aber sie werden progressiv und sportlich, sinnlich, begehrenswert und sexy. Audi-Design wird auf der ganzen Welt funktionieren, weil es so stark ist. Sind Sie ein Auto-Verrückter, Herr Lichte? Audi-Designchef Marc Lichte: „Wir haben noch viel Potenzial, um den Vorsprung durch Technik auszudrücken.“ Lichte: Ich fürchte ja. Als ich ein kleiner Junge war, haben mich zwei Menschen geprägt. Der eine war mein Opa. Er war Künstler – er hat Skulpturen geschaffen, gemalt, alles Mögliche gebaut. Der andere war mein Vater. Er war Auto-Fan und Hobby-Rennfahrer, er hat an Berg- und Slalomrennen teilgenommen, und ich durfte immer dabei sein. Nebenher war er Segler, und auch diese Leidenschaft hat er mir vererbt. Wie oft kommen Sie denn zum Segeln? Lichte: Als ich noch keine Kinder hatte, war ich da ziemlich erfolgreich. Bei der Kieler Woche habe ich drei Mal die Regatta im Hochseesegeln gewonnen. Jetzt verbringe ich mit meinen beiden Mädchen die Urlaube und viele Wochenenden auf meinem Schiff auf der Ostsee. Dort hole ich mir die Kreativität – raus aus der Arbeit, rein in diese andere Welt, abschalten, auftanken. Das Design des Bootes, das ich zur Zeit segle, habe ich übrigens selbst modifiziert. Was ist Ihnen in Ihrer Freizeit sonst noch wichtig? Lichte: Im Winter fahre ich gern Ski. Und dann gibt es da eine Band aus Island, die Sigur Rós heißt. Die Jungs singen isländisch und haben einen sehr eigenen Sound, einer streicht die E-Gitarre mit einem Geigenbogen. Ich bin besessen von dieser Musik und höre sie jeden Tag – im Auto, zuhause und immer wieder während der Arbeit. Bei der letzten Tour in Deutschland bin ich zu allen fünf Konzerten gegangen. 37 Dialoge Technologie J e d e K u lt u r b r i n g t ihren Input ein, u n d ge r a d e d i e j u n ge n De s i g n e r l i e f e r n be s o n d e r s s p a n n e n d e Imp u l s e . W i r s t e h e n i n e i n em s e h r i n t e n s i ve n A u s t a u s c h , v o m k l e i n e n De t a i l z u m g r o SSe n G a n z e n . M AR C LI C HT E , L E IT E R AUD i D E SI G N D a s T eam „ H i e r be i A u d i b r e n n e n a l l e f ü r d i e M a r k e “ , sagt Marc Lichte. Experten für Schönheit: Marc Lichte mit Simona Falcinella, verantwortlich für Materialien und Farben. AudiArchitekten: Designchef diskutiert mit Ulrich Beierlein, dem Leiter Interieur-Architektur. 38 Dialoge Technologie 39 Dialoge Technologie Präzision ist Ehrensache: Lichte und Andreas Mindt, Leiter Exterieurdesign, an der Flanke des Showcars. Marc Lichte ist 1,95 Meter lang, er macht große Schritte, und er macht sie sehr schnell. Seit der gebürtige Westfale im Februar 2014 von Volkswagen zu Audi gekommen ist, weht ein neuer, frischer Wind im Design der Marke. Für Marc Lichte besitzt die Teamarbeit höch sten Stellenwert. Gleich in seinen ersten Tagen in In golstadt rief er seine Mitarbeiter zusammen, um mit ihnen das gemeinsame Leitbild zu diskutieren: Wofür steht Audi? Und wie geben wir den Werten der Marke eine neue Form? Seitdem folgten regelmäßig weitere Gesprächsrunden. Mit ihnen rückt die über 300-köpfige Ingolstädter Mannschaft, die wegen des Neubaus des Designcenters derzeit auf sieben Standorte verteilt ist, noch enger zusammen. Teamgeist ist für Marc Lichte keine Frage von räumlicher Nähe. Der Designchef bindet die Kon zern-Studios in München, Potsdam, Santa Monica (Kali fornien) und Peking fest in seine Projekte ein, lässt sie miteinander und mit Ingolstadt konkurrieren. „Wir haben Kollegen aus etwa 30 Ländern in unserem Team“, sagt Marc Lichte. „Jede Kultur bringt ihren Input ein, und gerade die jungen Designer liefern besonders spannende Impulse. Wir stehen in einem sehr intensiven Austausch, vom kleinen Detail zum großen Ganzen.“ Die Erwartungshaltung, die Marc Lichte bei seinem Amtsantritt vorgefunden hat, war groß. Jetzt, zehn Monate später, hat sich seine neue Linie in den Köpfen etabliert, drei künftige Serienmodelle sind bereits abgesegnet. Der Designchef schwärmt von seinem Arbeitsumfeld: „Hier bei Audi brennen alle für die Marke – vom Wachmann, der mich morgens freundlich anspricht, bis zum Vorstand. Jeder will etwas bewegen, und jeder in meinem Team zieht voll mit. Unsere Vision wird jeden Tag ein Stück konkreter. Und ich denke mir immer wieder: Was ist das für eine tolle Mannschaft!“ D a s De s i g n v o n A u d i b a u t a u f d e n G r u n d r ege l n d e r G e o me t r i e a u f . E s k o mm t o h n e jeg l i c h e F o r m v o n De k o r a t i o n a u s . M a Rc L i c h t e , Le i t e r A u d i De s i g n Am Anfang steht die Idee: Marc Lichte zeichnet leidenschaftlich gern und nutzt jede Gelegenheit dafür. 40 Dialoge Technologie 41 Dialoge Technologie Text Armin Götz Fotos David Breun Mr. Rush Audi TTS Roadster Daniel Brühl ist auch in Hollywood sehr gefragt – spätestens seit seiner Rolle als Niki Lauda im Rennfahrer-Drama Rush. Im neuen Audi TTS Roadster rollt der Schauspieler durch die deutsche Hauptstadt. 43 Dialoge Technologie Hand am Steuer: Lauda-Darsteller Brühl hat ein Faible für schnelle Autos wie den 228 kW (310 PS) starken Audi TTS. Berliner Luft: In nur zehn Sekunden öffnet sich das leichte Stoffverdeck des Audi TTS Roadster, der im Januar 2015 in den Verkauf geht. Ein Stück Spanien in Kreuzberg: Daniel Brühl im Raval, einer Tapasbar, die er zusammen mit einem Freund betreibt. Lange vor dem Dreh habe ich in Barcelona erste Erfahrungen mit einem Formel-3-Auto gemacht. Das war zwar alles noch weit entfernt von den Herausforderungen in der Formel 1. Aber Nun verstehe ich, warum jemand Rennfahrer werden will. 44 Dialoge Technologie Leinwand-Star: Brühl mit dem Audi TTS Roadster vor dem legendären Kino International in der Karl-Marx-Allee. Daniel Brühl wurde als Sohn einer spanischen Lehrerin und des deutschen TV-Regisseurs Hanno Brühl am 16. Juni 1978 in Barcelona geboren. Neben Deutsch und Spanisch spricht er fließend Englisch, Französisch und Katalanisch. Schon als Kind begann er mit Hörspiel- und Synchronsprecherrollen, 1994 machte er mit dem Fernsehfilm Svens Geheimnis auf sich aufmerksam. International bekannt wurde Brühl 2003 durch die Hauptrolle in Goodbye Lenin!, für die er zahlreiche Auszeichnungen erhielt. 2008 spielte er in Quentin Tarantinos oscarnominiertem Streifen Inglourious Basterds den deutschen Scharfschützen Fredrick Zoller. Für seine Rolle als Niki Lauda in Rush erhielt er eine Nominierung für die Golden Globe Awards 2014. 46 Dialoge Technologie 310 PS und kein Dach überm Kopf: im neuen Audi TTS Roadster ist jeder Weg das Ziel, in Berlin und überall auf der Welt. Blick von oben: Der neue Audi TTS Roadster, 4,19 Meter lang, steht kompakt und hochkonzentriert auf dem Boden – ein echter Sportwagen. Die Projekte fest im Blick: Für den Film Colonia steht Daniel Brühl im Moment in Argentinien vor der Kamera. Technische Daten Audi TTS Roadster 2.0 TFSI quattro mit S tronic Hubraum 1.984 cm³ Leistung 228 kW (310 PS) Drehmoment 380 Nm / 1.800 – 5.700 1/min Vmax 250 km/h* 0 –100 km/h 4,9 s Verbrauch 6,9 l /100 km CO₂-Emission 159 g/km * elektronisch begrenzt 48 Dialoge Technologie Daniel, Du hast in dem Trickfilm Cars Lightning Mc Queen Deine Stimme geliehen und bist als Niki Lauda für Rush in die Rennkombi geschlüpft. Das Genre scheint Dir zu gefallen. Werden wir Dich bald in weiteren rasanten Rollen sehen? Rush war eine großartige Erfahrung. Der Film ist genauso geworden, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Es wäre schwierig, das zu toppen. Aber grundsätzlich macht das Thema Auto immer Spaß. Und ich werde bestimmt noch Filme mit Verfolgungsjagden im Auto machen. Eine weitere Rennfahrerrolle sehe ich eher nicht. Bist Du zur Vorbereitung selbst mal in einem Rennwagen über den Racetrack gejagt? Mein Filmpartner Chris Hemsworth (James Hunt) und ich haben mit Formel-3-Autos trainiert. Mit den originalen Formel-1-Rennwagen, die wir am Set hatten, durften wir leider nicht fahren. Das durften noch nicht mal die Stuntfahrer. Die Besitzer der Autos hatten eine Riesenangst – aber mehr um ihre Autos als um Chris und mich (lacht). Auf welchen Strecken warst Du unterwegs? Lange vor dem Dreh habe ich in Barcelona erste Erfahrungen mit einem Formel-3-Auto gemacht. Später war ich mit Chris in England unterwegs. Mein persönlicher Coach war Niki Falkner. Sein Vater war ein großer Lauda-Fan und taufte gleich einen Sohn nach ihm. Das Training hat großen Spaß gemacht, weil das mit normalem Autofahren so gar nichts mehr zu tun hat. Trotzdem war das alles noch weit entfernt von den Herausforderungen in der Formel 1. Nach dieser faszinierenden Erfahrung verstehe ich, warum jemand Rennfahrer werden will. Du hast Dich ein paarmal mit Niki Lauda getroffen, wie war Dein Verhältnis zu ihm? Niki ist ein super Typ, mit diesem speziellen österreichischen Humor. Er hat mir gleich gesagt: Nimm Dir die Zeit, die Du brauchst. Wir schreiben uns heute noch regelmäßig SMS. Er hat mich nach dem Dreh gefragt, ob ich in seinem privaten Learjet mit zum Formel-1-Rennen nach Brasilien fliegen will. Da musste ich nicht lange überlegen. Ich saß neben Niki im Cockpit – es war eine tolle Erfahrung, in einer so kleinen Maschine über den Atlantik zu fliegen, mit dem ehemaligen Formel-1-Champ am Steuer. Du betreibst seit vier Jahren die Tapasbar Raval in Berlin Kreuz berg. Hast Du Dir damit ein Stück Barcelona nach Berlin geholt? Das war genau der Grund, warum mein Freund und ich eine Bar in Berlin aufmachen wollten. Wir wollten die Tapaskultur, die wir von Kindheit an kennen, nach Berlin bringen und den Berlinern damit Spanien etwas näherbringen. Es gab zwar bereits einige Tapasbars in der Hauptstadt, aber wir wollten auf unserer Speisekarte die komplette Bandbreite anbieten. Wo holt ihr Euch die Anregungen für neue Kreationen? Wir haben im Raval Standardtapas, die es das ganze Jahr über gibt, und eine Wochenkarte, die ständig wechselt. Deshalb schauen wir uns auch alle paar Wochen in den spanischen Provinzen nach neuen Kreationen um. Audi virtual cockpit: Das volldigitale Kombiinstrument ist beim neuen Audi TT Serie. Beim TTS Roadster dominiert der zentrale Drehzahlmesser. Kochst Du auch selbst? Selten – ich kann ein paar Sachen, da ich aber selten zu Hause bin, habe ich meist nicht die Muse, für zehn Leute zu kochen. Wir treffen uns dann meistens in Restaurants. Ich habe mir aber vorgenommen, einen Kurs bei einem Profi zu belegen. Du hast jetzt auch eine Rolle in Captain America 3 ergattert, einem echten US-Blockbuster, der 2015 gedreht wird. Wen verkörperst Du da? Seit gut einem Jahr bekommst Du immer mehr Angebote aus Hollywood. War Rush der Turbo für Deine Karriere? Dazu kann und darf ich noch nichts sagen, sonst komme ich ins „Marvel-Gefängnis“ (lacht). Aber ich bin sehr happy, dabei zu sein. Das ist ein weiterer Karriereschritt und wird einfach ein Mega spektakel. Man kann so etwas wirklich nicht planen. Es waren einzelne Filme, die mich Schritt für Schritt weitergebracht haben. Die Zusam menarbeit mit Quentin Tarantino hat dazu beigetragen, dass ich für Rush gecastet wurde. Rush-Regisseur Ron Howard hatte mich in Inglourious Basterds gesehen und dann für die Rolle als Niki Lauda vorsprechen lassen. Rush hatte dann einen Dominoeffekt für meine Karriere. Und wenn sich Chancen ergeben, muss man sie nutzen. Du hast ja verschiedenste Charaktere verkörpert – Rennfahrer, demnächst den Chef eines Sternerestaurants in London oder einen Journalisten in Colonia, einen Film, den Du gerade in Argentinien drehst. Was liegt Dir am meisten? Mir macht vieles Spaß, es kommt einfach auf das Drehbuch und die Rollen an. Es gibt Figuren wie Niki Lauda, zu denen findet man einen Zugang, auch wenn man erst denkt, der Charakter wäre zu weit weg von der eigenen Person. Aber dann macht es beim Lesen eines Drehbuchs irgendwann klick, und man weiß auf einmal, dass man die Rolle spielen kann. Mir macht es Spaß, zwischen den verschiedenen Genres hin- und herzuspringen. Idealerweise kommt nach einem Drama eine schöne Komödie und danach ein ScienceFiction. Einen SciFi habe ich noch nie gemacht, würde mich aber total reizen. Ich finde auch eine bestimmte Art von Horrorfilmen großartig. Gibt es einen Charakter, der ganz oben auf Deiner Wunschliste steht? Es gibt viele tolle Romanvorlagen. Neulich habe ich mit einem Freund über die Magellan-Biografie von Stefan Zweig geredet, eine Story über den ersten Weltumsegler. Einen Film machen über die Herausforderungen auf hoher See im 16. Jahrhundert – warum nicht? Dieses Jahr hast Du bereits eine Komödie abgedreht. Worum geht es? Du bist halb Deutscher und halb Spanier. Was unterscheidet beide Nationalitäten? Genau genommen bin ich halber Katalane. Die Katalanen werden die Deutschen Spaniens genannt, weil sie ihnen ähnlicher sind als ihren Landsleuten aus anderen Provinzen. Aber insgesamt sind die Spanier schon etwas temperamentvoller als die Deutschen. Das hat etwas mit dem Wetter zu tun, aber auch mit der Kultur. Meist stelle ich bei den Spaniern eine größere Leichtigkeit und Lebens freude fest. Ich selbst bin irgendwo dazwischen, ich fühle mich weder besonders deutsch, noch besonders spanisch. Du drehst ja in vier verschiedenen Sprachen – Deutsch, Spanisch, Englisch und Französisch. Welche Sprache bevorzugst Du im Film? Ich fühle mich in meinen beiden Muttersprachen Deutsch und Spanisch am wohlsten. Speziell beim Improvisieren bin ich im Englischen und Französischen nicht ganz so frei und immer froh, wenn ich genug Zeit habe, mich auf die Dialoge vorzubereiten. Das Schöne ist aber, dass jede Sprache ihre Eigenheiten und Nuancen hat und man jeweils bestimmte Dinge besser zum Ausdruck bringen kann. Das verändert auch das Spiel. Spanisch ist eine impulsivere, schnellere Sprache, was auch zu einer anderen Mimik und Gestik führt. In Spanien machen wir beim Reden ziemlich viel mit den Händen. Meine Freunde sagen mir, dass es lustig sei, wenn ich Spanisch spreche, weil ich dann maskuliner klinge. Die Sprache scheint meine Stimmfärbung zu ändern. Es ist eine Komödie mit Bradley Cooper unter der Regie von John Wells, die im Restaurantmilieu spielt. Ich habe gleich beim ersten Lesen des Drehbuchs für den Stoff gebrannt. Das liegt nahe, wo Du doch selbst ein Restaurant betreibst … Stimmt, ich spiele auch eine ähnliche Figur wie Atilano, der Ge schäftsführer unserer Tapasbar. Im Film habe ich das Sterne restaurant von meinem Vater geerbt, aber es läuft nicht mehr so gut. Diese Highend-Kochwelt hat mich fasziniert, weil so viel Druck und Disziplin, aber auch jede Menge Arbeit dahintersteht, was man als Gast so gar nicht mitbekommt. Das ist das Schöne an meinem Beruf, dass ich mit all diesen Leuten aus verschiedenen Welten zusammenkomme und bei meinen Filmen viel lerne. Marcus Wareing, der Zweisternekoch aus London, der uns bei dem Film betreut hat, lud uns in sein Restaurant ein. Wir durften in der Küche hinter die Kulissen schauen und auch im Restaurant zusehen, wie das alles abläuft. Sehr spannend. Auch die Besetzung ist mit Bradley Cooper (Hangover), Uma Thurman, Oscar-Preisträgerin Emma Thompson, Sienna Miller und Omar Sy (Ziemlich beste Freunde) sehr hochkarätig. Kürzlich hast Du einen eigenen Stern auf dem Boulevard der Stars am Potsdamer Platz in Berlin bekommen. Darüber habe ich mich riesig gefreut. Jetzt liege ich sozusagen in bester Gesellschaft mit all den Filmlegenden wie Marlene Dietrich, Billy Wilder oder Christoph Waltz. Immer, wenn ich daran vorbeifahre, habe ich ein gutes Gefühl. Gab es für Dich jemals eine Alternative zum Schauspielberuf? Was hast Du als nächstes vor? Nicht so richtig. Als Kind und Jugendlicher war es erst ein Hobby, das aber viel Zeit eingenommen hat. Mit 15 oder 16 war dann der klare Wunsch da, Schauspieler zu werden, und ich habe die Sache ernsthafter verfolgt. Als Kind wollte ich, wie wohl jeder zweite Junge, Fußballprofi und mit 13 Journalist werden, ohne zu wissen, was das bedeutet – wohl mehr, weil ich das Wort so spannend fand. Am Montag treffe ich den König von Spanien in der Botschaft in Berlin, danach geht es für den Dreh von Colonia für zwei Wochen nach Buenos Aires, anschließend zurück nach Stuttgart für Heilig abend und dann weiter nach Barcelona. Zu Weihnachten werde ich einen meiner Freunde dazu verdonnern, eine Gans zu braten. Das traue ich mir nicht zu – die wird dann zu trocken. 51 Dialoge Technologie Text Armin Götz TT hoch drei 2014 ist das Jahr des Audi TT* – im Februar debütierte die dritte Generation des Sport wagens als Coupé auf dem Automobilsalon in Genf, auf der Autoshow in Paris folgte im Herbst der Roadster. Erst vor wenigen Wochen erhielt der Sportwagen den German Design Award. Der Erfolg macht weitere Derivate denkbar. Die Audi-Designer haben sich bereits überlegt, wie ein Vier türer oder ein Offroader aussehen könnten. TT für zwei Die dritte Generation des kompakten Sportwagens fasziniert durch emotiona les Design und dynamische Qualitäten. Innovative Technologien beim Antrieb sowie im Bedien- und Anzeigekonzept zeichnen das neue Coupé aus. Für seine herausragende Vernetzung und die einfache Bedienung wurde der Audi TT von den Lesern der Zeitschriften auto motor und sport und Chip zum am besten vernetzten Auto gekürt. Das Audi virtual cockpit fasst Kombiinstrument und MMI- Screen zu einer zentralen digitalen Ein heit zusammen und setzt mit dynami schen Animationen und präzisen Grafi ken neue Maßstäbe. Zu den großen Kompetenzen von Audi gehört der Leichtbau. Schon der Audi TT der zweiten Generation nutzte eine Audi Space Frame-Karosserie (ASF) aus Aluminium und Stahl. Beim neuen TT hat Audi dieses Material-Mischbau-Prin zip konsequent weiterentwickelt – nach dem Motto: das richtige Material an der richtigen Stelle in der richtigen Menge für die optimale Funktion. So wiegt der neue TT mit 2.0 TFSI Motor nur 1.230 Kilogramm leer und damit 50 Kilogramm weniger als sein Vorgänger. 52 Dialoge Technologie FAMILY OF THE YEAR Auto China 2014 – Audi TT offroad concept Die Studie vereint die Sportlichkeit eines Coupés mit dem Nutzwert eines kompakten SUV – e-quattro-Antrieb und Wireless Charging-Technologie inklusive. Genf 2014 – Audi TT Coupé „Ein TT muss radikal sein, aber dennoch Nutzwert und Alltagstauglichkeit verbinden.“ TT off the road Der Audi TT offroad concept sprengt die Norm – er vereint die Sportlichkeit eines Coupés mit dem Lifestyle und dem Nutz wert eines kompakten SUV. Mit dem Vier türer, den Audi auf der Beijing Interna tional Automobile Exhibition gezeigt hat, erhält die Formensprache des Audi TT einen völlig neuen Ausdruck. Sein Plugin-Hybridantrieb mit zwei Elektromoto ren sorgt mit 300 kW (408 PS) System leistung für dynamische Fahrleistungen – auf 100 Kilometer verbraucht das Show car im Mittel nur 1,9 Liter Kraftstoff. „Die Studie vereint die sport lichen Gene des TT mit den Stärken eines kompakten Audi-SUV. Sein Plug-in-Hy bridantrieb mit der Möglichkeit des induktiven Ladens ist ein großer Schritt in die Mobilität der Zukunft. Wir haben den Audi TT offroad concept bewusst auf unserem zweiten Heimatmarkt China präsentiert, weil er für die urbane Mobilität von morgen steht – er ist nachhaltig, dy namisch, intelligent und vernetzt“, sagt Prof. Dr. Ulrich Hackenberg, Audi Vor stand für Technische Entwicklung. Prof. Dr. Ulrich Hackenberg, Audi Vorstand Technische Entwicklung TT für vier Ein schneller Sportwagen mit vier Sitzen und fünf Türen – Audi erntete auf dem Pariser Automobilsalon mit dem TT Sportback concept viel Lob. Das Exterieur des Showcars zitiert die Formensprache des klassischen TT und entwickelt aus ihr eine neue, gestreckte Skulptur. Ange trieben wird der Sportwagen von einem Hochleistungsaggregat, dem 2.0 TFSI mit 294 kW (400 PS). „In den Jahren nach dem ersten TT haben wir unsere sportlich-eleganten Fünftürer Audi A5 Sportback und Audi A7 Sportback konzipiert. In unse rem Showcar Audi TT Sportback concept haben wir beide Konzepte zu einem neuen Mitglied einer möglichen TTFamilie zusammengeführt“, sagt Prof. Dr. Ulrich Hackenberg, Audi Vorstand für Technische Entwicklung. Paris Motor Show 2014 – Audi TT Sportback concept Der Audi TT steht schon immer für Dynamik, Leichtbau und exzellentes Design – bei einem TT Sportback könnten künftig vier Passagiere in den Genuss dieser Stärken kommen. * Audi TT Coupé: Kraftstoffverbrauch kombiniert in l/100 km: 7,3 – 4,2; CO₂-Emission kombiniert in g/km: 169 –110 53 Dialoge Technologie 1 Datenspender: Pendler teilen über eine App die eigenen Bewegungsdaten. Text Friederike Meier-Burkert Fotos Audi Urban Future Initiative 2 Mobilitätsnetzwerk: Echtzeitdaten machen Engpässe sichtbar. 3 Kulturwandel: Autofahrer können ihr Verhalten flexibel steuern. Bis zuletzt blieb es spannend: Wer würde das Rennen um den Audi Urban Future Award 2014 für sich entscheiden? Das Berliner Team mit seinem futuristischen „Flyway“ zur geplanten Urban Tech Republic? Die Stadtplaner aus Boston mit ihrem Marktplatz für Mobilität? Die Bewerber aus Mexiko, die ihre Hauptstadt auf der Datenauto bahn aus dem Dauerstau steuern wollen? Oder die Koreaner, die sich vom Gangnam Style inspirieren lassen, um das Auto der Zu kunft zu entwerfen? Am 10. November fiel die Entscheidung. Der weltweit höchstdotierte Preis für innovative Mobilitätslösungen geht nach Mexiko-Stadt. Das Wettbewerbsteam aus der laut IBM Commuter Pain-Index „schlimmsten Pendlermetropole der Welt“ überzeugte die internationale Jury mit seinem „Betriebs system für urbane Mobilität“. Im Kern steht eine Datenplatt form, mit der Städte ihre Verkehrsplanung bedarfsgerecht steuern und Autofahrer ihr Verhalten der aktuellen Situation flexibel anpassen können. Der Architekt und Harvard-Professor José Castillo, der IT-Experte Carlos Gershenson und die Leiterin des Inno vationslabors von Mexiko-Stadt, Gabriella Gomez-Mont, setzen auf Hilfe zur Selbsthilfe und machen Pendler zu Datenspendern. Mit Crowdsourcing-Techniken will das Team ein offenes Mobi litätsnetzwerk aus Stadt, Wirtschaft und Einwohnern erschaffen. Pendler legen mit ihren anonymisierten Daten die Basis für fundierte Verkehrsentscheidungen. Unternehmen, städtische Institutionen und Plattformen wie Twitter oder Foursquare ergänzen die Datenbank. So lässt sich die Verkehrssituation in Mexiko-Stadt ganzheitlich bewerten. 4 Dauerstau: Noch ist Mexiko-Stadt die schwierigste Pendler-Metropole der Welt. 2 1 Jury honoriert konkrete Lösung für drängende Probleme „Wir haben uns für Mexiko-Stadt entschieden, weil das Projekt bereits in die Umsetzung geht und konkrete und vor allem auch bezahlbare Lösungen für die drängenden Mobilitätsprobleme in den Megacities der Schwellenländer liefert“, erklärte der JuryVorsitzende, Professor John Urry, bei der feierlichen Preisver leihung am 10. November in Berlin. Das von Urry geleitete, interdisziplinär besetzte Expertengremium hatte die Konzepte der Wettbewerbsteams nach Kriterien wie Innovationskraft, Um setzungsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Übertragbarkeit auf andere Städte bewertet. Die neun Jurymitglieder waren aus China, Deutschland, Großbritannien, Kolumbien und den USA zum großen Award-Finale nach Berlin gereist. 3 Audi Urban Future Award Datensammler aus Mexiko gewinnen höchstdotierten Preis für Mobilität Auto findet Stadt! 54 Dialoge Technologie Team Mexiko: Ein Betriebssystem für die Stadt Hilfe zur Selbsthilfe: Die Leiterin des Innovationslabors von Mexiko-Stadt, Gabriella Gomez-Mont, der Architekt José Castillo und der IT-Experte Carlos Gershenson wollen die Stadt auf der Datenautobahn aus dem Dauerstau steuern. 4 55 Dialoge Technologie Tatsächlich ist eine erste Version der neuen Daten plattform für Mexiko-Stadt bereits seit September online. Pend ler können über eine Webseite und eine App ihre eigenen Bewe gungsdaten spenden und das eigene Mobilitätsverhalten mit anderen Nutzern teilen. Nach und nach entsteht so eine valide Datenbasis für eine nachhaltige Stadt- und Verkehrsplanung. Sobald genug Echtzeitdaten für präzise Prognosen zur Verfü gung stehen, können die Menschen ihr Verhalten an die Vorher sagen anpassen und so wiederum selbst den Verkehr beeinflussen – indem sie später losfahren oder jeweils das Verkehrsmittel wählen, mit dem sie am schnellsten zum Ziel kommen. Schon in den ersten Wochen nach dem Launch warben neben Audi auch Unternehmen wie Apple, Microsoft, Uber, Yaxi oder HP bei ihren Mitarbeitern um die Teilnahme an dem Programm. Die Mauern zwischen öffentlichem und individuellem Verkehr einreißen „Bei der Mobilität der Zukunft geht es darum, Freiheit zurückzu gewinnen und zu erhalten“, erklärte Audi-Vorstandsvorsitzender Stadler in seiner Rede zur Award-Verleihung. Angesichts von Staus und Parkplatznot in den Städten müssten neue Effizienz formeln gefunden werden, mit denen Raum, Zeit und Ressourcen so klug wie möglich genutzt werden. Audi strebt Lösungen an, bei denen der Individualverkehr in einem Gesamtsystem unterschiedlicher Mobilitätsformen einen positiven Beitrag leistet. „Das Auto muss wieder als begehrenswertes Objekt des Fort schritts gelten“, so Stadler. „Dafür müssen wir die Mauern zwischen öffentlichem und individuellem Verkehr einreißen.“ Die „Urbane Agenda“ von Audi: Mehr Raum und Lebensqualität in der Stadt Schon heute lebt mehr als die Hälfte der Menschen in Städten, 2050 werden es rund 70 Prozent sein. Dort werden rund 75 Pro zent der weltweiten Wertschöpfung erbracht. „Die globalen Ballungsräume sind unsere Wachstumsmärkte. Wir werden Pro dukte und Lösungen entwickeln, die Mobilität in Städten wieder attraktiv machen und die Lebensqualität erhöhen“, so Audi-Chef Prof. Rupert Stadler bei der Verleihung des Audi Urban Future Award 2014 in Berlin. Ein Rückgang des Individualverkehrs in Städten ist nicht zu erwarten – die Zulassungszahlen in den Wachstumsregionen dieser Welt steigen stetig. Gleichzeitig versuchen Stadt regierungen diesen mit Verboten und starken Restriktionen einzuschränken. Damit planen sie häufig an den Menschen vorbei, denn wer es sich leisten kann, möchte nicht auf die Annehm lichkeiten des Autos verzichten. Wo sich Auto und Stadt vernetzen, entsteht für die Bürger ein Zugewinn an Raum, Zeit und Effizienz – das wurde in sämtlichen Wettbewerbsbeiträgen des Audi Urban Future Award 2014 deutlich. Gleichzeitig lassen sich innovative urbane Technologien wie pilotiertes Parken oder Fahren nicht losgelöst vom städtischen Kontext planen. Deshalb mündet der dritte Audi Urban Future Award jetzt in eine neue „Urbane Agenda“. Kern der „Urbanen Agenda“ sind Entwicklungspart nerschaften, die Systemlösungen gezielt in die Städte bringen. „Wir tragen Verantwortung für die Probleme, die das Auto in den Megacities verursacht, und werden uns mit unseren Entwick lungen aktiv in die Lösung dieser Probleme einbringen. Dazu brauchen wir jetzt den Schulterschluss zwischen Kommunen, Projektentwicklern und der Industrie“, so Stadler. Geplant sind „Urban Future Partnerships“ mit Met ropolen und Kommunen weltweit. Auf der Basis konkreter Bauund Verkehrsprojekte fördert Audi die Vernetzung automobiler Technologien mit Entwicklungspartnern aus Städten und Immo bilienwirtschaft. „Unser Anspruch endet nicht im Auto, sondern bezieht das Umfeld mit ein. Urbane Lösungen werden für uns zu einem entscheidenden Wirtschaftsfaktor. Wenn Vorsprung durch Technik zu einem besseren urbanen Erlebnis unserer Kun den führt, haben wir unser Ziel eines in jeder Hinsicht nachhaltigen Erfolgs erreicht“, sagte Stadler. 56 Dialoge Technologie Team Berlin: Ohne Wartezeiten schneller durch die Stadt Team Seoul: Das Auto als Social Device und Erlebnismaschine Von der Horizontalen in die Vertikale: Der Innovator Paul Friedli, der Architekt Max Schwitalla und der Neurowissenschaftler Arndt Pechstein wollen die Anschlusslücke auf der letzten Meile schließen. Der Architekt Max Schwitalla, der Innovator Paul Friedli und der Neurowissenschaftler Arndt Pechstein übertragen die Prinzipien intelligenter Aufzugssysteme auf den Stadtraum. Moderne Aufzüge kennen das Ziel ihrer Fahrgäste noch vor Fahrantritt – für das Berliner Team ein Erfolgsmodell auch für die städtische Mobilität. Als konkretes Testprojekt schlägt das Team die Anbindung der „Urban Tech Republic“ auf dem Gelände des Flughafen Tegel vor. Im Zentrum des Konzepts steht die frühere Siemens-Hochbahntrasse. Autonom fahrende Autos sollen die Menschen künftig vom neuen Forschungszentrum zum U- und S-Bahnhof Jungfernheide chauffieren. „Unsere Vision ist es, durch Zielsteuerung die Mobilität in der Stadt in ein flexibles System zu verwandeln, in dem alle Transportmittel nahtlos ineinandergreifen. Die Bewohner erhalten damit stets das für sie individuell beste Angebot“, erklärt Teamleiter Schwitalla. Weiter in die Zukunft gedacht manifestieren sich die Ideen der Berliner in einem neuartigen Fahrzeugkonzept. Sogenannte „Fly Wheels“ schließen sich bei Bedarf zu längeren Einheiten zusammen. Im Kollektiv nutzen sie vorhandene U- und S-Bahntunnel, für die „letzte Meile“ entkoppeln sich die Vehikel und bringen ihre Fahrgäste individuell ans Ziel. Team Boston: Den urbanen Fortschritt berechnen Leitmedium für soziale Werte: Der Designer Yeongkyu Yoo, der Ethnograph Sung Gul Hwang und der Stadtplaner Taig Youn Cho wollen das Auto der Zukunft neu erfinden. Das Team um den Ethnograph Sung Gul Hwang überträgt das Wertesystem einer Gesellschaft, die Unterhaltung zum höchsten Kulturgut stilisiert und vorwiegend digital kommuniziert, auf das Auto der Zukunft. Es gleicht die Wünsche und Bedürfnisse asiatischer Trendsetter mit den technischen und spielerischen Möglichkeiten selbstfahrender Autos ab. Der mobile Raum wandelt sich wahlweise in ein rollendes Interface zur Stadt, in ein Social Device oder in eine virtuelle Erlebnismaschine: Der nächste Stau wird dank integriertem Achterbahn-Modus zum Freizeitpark. Zusammen mit dem Stadtplaner Taig Youn Cho und dem Produktdesigner Yeongkyu Yoo hat sich Hwang von dem Seoul Szeneviertel Gangnam inspirieren lassen. Teamleiter Hwang: „Um das Auto der Zukunft neu zu erfinden, müssen wir verstehen, welche Rolle es in unserer Gesellschaft einnimmt, welche Werte und Emotionen es transportiert und wie es mit der Stadt und den Menschen kommuniziert.“ In den Visionen des koreanischen Teams verwandelt sich das Auto zum Interface der Stadt: Die Menschen sehen, wer sich im Verkehr vorbildlich und umweltbewusst verhält. Der Fahrer wird mit digitalen Prämien belohnt und stellt diese auf der Außenhaut des Autos zur Schau. So transformiert das Team aus Korea das materielle Statussymbol Auto zum gesellschaftlichen Leitmedium für soziale Werte. 5 5 Street Life 2030: Die alte Siemens-Hochbahntrasse in Berlin wird zum Urban Flyway. 6 Gagnam Style: Der teuerste Stadtteil von Seoul ist Trendschmiede für ganz Asien. 7 Urban Dashboard: Neue Chancen für Städte im Großraum Boston. Future Mobility Wo sich Auto und Stadt vernetzen, entsteht für die Bürger ein Zugewinn an Raum, Zeit und Effizienz. 6 57 Dialoge Technologie Komplexe Simulation: Der Mobilitätsexperte Federico Parolotto, die Stadtdesignerin Janne Corneil und der Stadtplaner Philip Parsons wollen eine transparente Grundlage für Inves titionsentscheidungen liefern. Am Beispiel Somerville, einem prosperierenden Vorort von Boston, zeigt das Wettbewerbsteam rund um den Stadtplaner und ehemaligen HarvardDekan Philip Parsons, welche Bedeutung innovative Technologie für die wirtschaftliche Entwicklung von Städten hat. Gemeinsam mit dem Mailänder Mobilitätsexperten Federico Parolotto und der Stadtdesignerin Janne Corneil hat Parsons einen „multimodalen Marktplatz für Mobilität“ konzipiert. Grundlage ist eine hochkomplexe Simulationssoftware, die Chancen neuer Technologien für Städte berechenbar macht und eine transparente Grundlage für Investitionsentscheidungen liefert. „Wir stehen vor einschneidenden Veränderungen im Verkehr, und es ist völlig offen, ob unsere Städte davon profitieren oder sogar an den Möglichkeiten scheitern“, so Parsons. „Unser Marktplatz für moderne Mobilitätslösungen beweist, dass neue Chancen für Städte entstehen, wenn die Stadtplanung das Potenzial intelligenter Mobilität nicht nur kennt, sondern schwarz auf weiß berechnen kann.“ 7 Der Speed Master Heinz Hollerweger, Chef der quattro GmbH, am Nürburgring 82 Die Schriftgelehrten Die Entwicklung des Audi MMI für den chinesischen Markt 90 magazin Technologie-News aus aller Welt 98 SKILLS Können und Einsatz jedes einzelnen Mitarbeiters sind der größte Unternehmenswert von Audi. Sie legen die Basis für Perfektion und Innovation. —— Das groSSe Wettbrennen 25 Jahre TDI – ein Rückblick und ein Blick nach vorne 60 zündkopf Was Rudolf Diesel (vielleicht) zum TDI sagen würde 70 58 bobby car Audi hat das sportlichste pilotiert fahrende Auto der Welt turn, turn, turn Schwungmassenspeicher sind starke Helfer bei Audi 74 102 Dialoge Technologie 59 Dialoge Technologie Das Das grossE grossE WettBrennen WettBrennen Text Oliver Strohbach Fotos Alexander Herold Mit dem TDI Von Malmö nach Kopenhagen Der TDI-Motor ist eine der bedeutendsten Effizienztechnologien der Automobilwelt. Auf einem Roadtrip durch Stationen seiner Erfolgsgeschichte blicken wir zurück auf 25 Jahre Entwicklung – vom Audi 100 2.5 TDI über den A7 Sportback competition* bis zum RS 5 TDI concept mit e-Turbo. Ein PS-starker Weg mit Inspirationspotenzial für die Zukunft. *Audi A7 Sportback competition: Kraftstoffverbrauch kombiniert in l/100 km: 6,1; CO₂-Emission kombiniert in g/km: 162 60 Dialoge Technologie 61 Dialoge Technologie Es sind turbulente Zeiten im Sommer 1989. Eine Revolution im Osten zeichnet sich ab, aber noch weiß keiner, was passieren wird. Dann geschieht das Unfassbare: Die Mauer fällt – und Karawanen zweitaktender Trabis und Wartburgs husten über die offene Grenze von Ost nach West. So gesehen hatte der Wind of Change vor 25 Jahren auch eine deutliche Ölnote. Schon bald wandern die Gemischverbrenner allerdings flächendeckend ins Nirwana – die Au tomobilwelt im Westen ist längst meilenweit enteilt. Doch auch da kündigt sich eine Re volution an – und zwar beim guten alten Selbstzünder. Seit Jahrzehnten sind Diesel motoren im Auto bei Sparwilligen beliebt – in Deutschland, besonders in Frankreich und auch in Italien. Spaß freilich ist ein Fremdwort, zäh und laut sind die Rappel motoren dieser Generation. Doch die Zeit ist reif: Bei Audi in Neckarsulm arbeiten die Entwickler intensiv an der Neuerfindung des Dieselmotors. Andreas Fröhlich ist einer der wenigen, der die nun schon 25 Jahre andauernde TDIErfolgsgeschichte durchgängig begleitet hat. „Ich war ganz frisch bei Audi, ich habe als Werkstudent angefangen und, ehrlich gesagt, damals noch nicht ganz umrissen, was die Entwicklung des TDI auslösen wird.“ Während er erzählt, streicht er über den schmalen Lenkradkranz des Audi 100 2.5 TDI, den er souverän durch die Straßen des schwedischen Malmö steuert. Erstmals an den Start ging die neue Technologie im Jahr der Wende auf der Frankfurter IAA: Während Volkswagen den Golf GTI G60 enthüllte, BMW einen stärkeren M3, Mazda den MX-5 und Opel den Lotus Omega präsentierte, sah man auf dem Audi-Stand einen neuen Audi 100 – mit direkteinspritzendem, turboaufgeladenem und elektronisch geregeltem FünfzylinderDieselmotor. 88 kW (120 PS), 265 Nm – verglichen mit seinen Konkurrenten auf der IAA klangen Leistung und Drehmoment des neuen TDI nicht unbedingt nach scharfer Klinge. In seiner Bedeutung aber stach er alle anderen meilenweit aus. 1 Audi 100 TDI: Mit ihm kam 1989 dank Turboaufladung, Direkteinspritzung und elektronischer Steuerung der Durchbruch der TDI-Technologie. 1 Der Durchbruch der TDITechnologie kam 1989 auf der IAA in Frankfurt mit dem Audi 100 (C3) TDI. Schon in den 1970erJahren arbeiteten die Audi-Ingenieure an der Dieselmotorenentwicklung. Doch erst der TDI brachte Spurtstärke und Laufkultur – und weckte somit Emotionen. Audi 100 2.5 TDI Typ MotorReihen-Fünfzylinder Hubraum 2.460 cm³ Leistung 88 kW (120 PS) Drehmoment 265 Nm 0–100 km/h 9,9 s Höchstgeschwindigkeit 200 km/h 2 3 4 In Würde gereift: Trotz charmanter Fahreigenschaften ist der Audi 100 von heutigen Standards bei Fahrwerk, Lenkung, Bremsen, Antrieb und Akustik weit entfernt. 4 62 Youngtimer – erstes TDI-Modell von Audi Dialoge Technologie Über 30 Jahre hinweg war der Achtzylinder-Zweitakter im DieselHouse Kopenhagen der größte Dieselmotor der Welt. 2 Reihen-Fünfzylinder-TDI: Das arbeitswillige 265-Nm-Aggregat hat leichtes Spiel mit dem 1,3-Tonnen-Audi. 3 Charme vergangener Tage: 25 Jahre zurückgespult – schon damals war der Anspruch an Material und Verarbeitung außer ordentlich hoch. Andreas Fröhlich (rechts), Leiter der TDI Motorenkonstruktion, erklärt dem Redakteur die Herausforderungen für die Entwicklung des TDI der Zukunft. Anfang der 1930er-Jahre wurde von Burmeister & Wain diese riesige Dieselmaschine als Stromgenerator für Kopenhagen gebaut. Der AchtzylinderZweitakter lief 1933 zum ersten Mal. Mit einer Leistung von bis zu 22.500 PS zählt der nach dem dänischen Gelehrten Hans Christian Ørsted benannte Motor bis heute zu den Giganten des Maschinenbaus. Zweimal im Monat wird der voll funktionsfähige Riesendiesel für Besucher gestartet. Das DieselHouse wird heute von MAN Diesel & Turbo mit viel Liebe als Museum unterhalten. Seit 2011 gehört MAN Diesel & Turbo zum Volkswagen Konzern. Der Audi 100 aus dem Jahr 1989 markiert nicht nur den Beginn der TDI-Story (die später sogar in Le Mans Geschichte schreibt), sondern ist auch insgesamt bereits ein sehr ausgereiftes Automobil. Noch heute gibt sich der Fünfzylinder in jeder Beziehung äußerst arbeitswillig, springt munter an, nimmt freudig Beschleuni gungswünsche an und serviert prompt mit anständiger Laufkultur. Dazu ein winziger Wendekreis und natürlich die bei Young timer-Freunden so beliebte Einfachheit. Unser kleiner Roadtrip führt uns von Malmö über die Öresundbrücke nach Ko penhagen in Dänemark. Und zwar zu einem der spektakulärsten Ziele, die man als motoreninteressierter Mensch ansteuern kann. Wir sind im DieselHouse, einem Museum Der 3.0 V6 TDI gehört zu den effizientesten Motoren der Welt: In der 218 PS starken ultra-Variante des A7 Sportback verbraucht er auf 100 km nur 4,7 Liter Diesel. Der 326-PS-Top-TDI im A7 Sportback competition begnügt sich mit 6,1 Liter pro 100 km. 5 5 Noch leistungsstärker: Der seit Herbst 2014 erhältliche A7 Sportback competition nutzt ein Infotainmentsystem mit LTE-Anbindung und neuen connectDiensten. 6 64 südlich des bekannten Tivoli, direkt an der Durchgangsstraße Nummer 2. Das Gebäu de wurde um einen Achtzylinder-ZweitaktReihendiesel herumgebaut. 24,5 Meter lang, 12,5 Meter hoch, 1.400 Tonnen schwer und 22.500 PS stark bei 115 Um drehungen pro Minute. Der Notstromdie sel, der Kopenhagen in schweren Zeiten mit Elektrizität versorgen sollte, ist längst aus dem aktiven Dienst entlassen, aber noch voll einsatzfähig. Mit Druckluft wird das Monstrum aus dem Schlaf geholt. Der Kur beltrieb setzt sich wie das Skelett eines Bron tosaurus langsam in Bewegung. Es zischt und hämmert in einer Weise, die jede Indus trial-Band der Achtziger in die Knie zwingen würde. Die Kolben, jeder 4,5 Tonnen schwer, stampfen und pressen dem Besucher die Ehrfurcht vor der Ingenieurs-Schaffens kraft regelrecht ins Bewusstsein. Gegen diese Maschine ist der TDI unseres Audi 100 ein Winzling. Und spricht man über seine Technik mit Andreas Fröh lich, der heute die Konstruktionsabteilung der TDI-Motoren bei Audi leitet, spürt man Interesse und Erinnerung. Doch Fröhlich ist Ingenieur, er lebt im Morgen, in all den Mo toren, die noch zu entwickeln, zu konstruieren sind. Deshalb die Frage: Könnte ein Fünfzylinder-TDI nicht auch für die Zukunft wieder eine Option sein? Man merkt sofort, dass den Technikern in Neckarsu lm der Ge danke nicht verwegen erscheint. Doch mit dem aktuellen Programm haben sie erst mal alle Hände voll zu tun. Dialoge Technologie 6 Im Sportdress: Der A7 Sportback competition bringt standardmäßig das S line Sportpaket mit 20-MillimeterTieferlegung und 20-Zöllern mit. 7 Kraftpaket: Das maximale Drehmoment von 650 Nm liegt beim V6-TopDiesel zwischen 1.400 und 2.800 1/min an. 7 Der competition-V6-TDI mit 326 PS im neuen Audi A7 Sportback erreicht dank Boost kurzzeitig sogar 346 PS. 2014 stellte Audi den überarbeiteten A7 Sportback vor: neues Design, neues Infotainment, stärkere und effizientere Euro6-Motoren – mit dem competition als TDITopmodell. Audi A7 Sportback 3.0 TDI competition Typ topaktuell – stärkster Serien-V6-TDI Motor V6, Biturbo Hubraum 2.967 cm³ Leistung 240 kW (326 PS) Drehmoment 650 Nm 0–100 km/h 5,1 s Höchstgeschwindigkeit 250 km/h Effizienzsteigerung, Elektrifizie rung, Gewichts- und Reibungsreduzierung, Abgasgesetze, CO₂-Verringerung – die Herausforderungen der Motorenentwicklung sind breit gefächert. Fakt ist, dass die Kom plexität ein nie dagewesenes Level erreicht hat. Und dass die Verbrauchssenkung von etwa 32 Prozent seit 2010 eher der leichtere Abschnitt des Wegs war. Dennoch sind die Ingenieure optimistisch, dass bis 2020 bei den Motoren noch einmal 15 Prozent möglich sind. In Kombination mit der Elek trifizierung insgesamt vielleicht sogar 30 Prozent. Und das trotz einer immer anspruchsvolleren Abgasreinigung. Wir verlassen das DieselHouse und tauschen den Audi 100 gegen den Audi A7 competition. Das Jubiläumsmodell ist das derzeit „höchste der Gefühle“ in der Welt des V6 TDI. Mit seinem Biturbo bringt er satte 240 kW (326 PS) und bis zu 650 Nm Drehmoment auf die Straße. Über ihm rangiert lediglich noch der 4.2 Liter V8 TDI im Audi A8. „Der V6 ist das Rückgrat der AudiTDI, der V8 ist das Nonplusultra,“ erklärt Andreas Fröhlich, „hier zeigt sich, was wir unter Rightsizing verstehen. Unsere Mo delle sollen souverän motorisiert sein. Zu 8 8 Erster TDI mit RS-Adelung: Dieser Technikträger darf sich RS nennen, weil er die Performance eines Sportwagens erreicht. Der passende Sound dazu wird per Tastendruck direkt im Auspuff komponiert. Die Elektrifizierung ermöglicht beim Dieselmotor einen weiteren Sprung in Sachen Effizienz und Performance. Deswegen arbeiten die AudiIngenieure an der Serienentwicklung des TDI mit elektrischer Aufladung und am TDI e-tron. 11 Café Racer? Als Technikträger darf der RS 5 TDI concept durchaus etwas Show machen – sein Potenzial taugt aber für die Rennstrecke. 9 9 Elektro-Joker: Der per 48-Volt-Netz elektrisch angetriebene Verdichter (rot) dreht innerhalb von 200 Millisekunden bis auf 72.000 1/min. 10 Multitasking: Die elektrische Aufladung macht den Technikträger zum Spitzensprinter, die TDI-Genetik verleiht ihm Marathonqualitäten. viel Downsizing und zu hohe Aufladung kön nen sich im Alltag negativ auf Verbrauch, Laufkultur und Haltbarkeit auswirken. Des wegen wird der V6 TDI noch lange eine tragende Rolle spielen, und deswegen entwickeln wir auch den V8 TDI weiter.“ Souverän unterwegs sein. Unauf geregt, leichtfüßig, komfortabel und sportlich. Diese Attribute vereint der A7 competition auf beeindruckende Art und Weise. Sein sauber gekapseltes Triebwerk, dessen Package und Integration in den Vorderwa gen eine viel zu selten gewürdigte Meister leistung darstellt, schnurrt leise vor sich hin. Der zur Potenz passende voluminöse Sound wird stattdessen in der Sportabgas anlage komponiert und macht beim Durch starten deutlich, dass der Gentleman im el eganten Gewand auch anders kann. Der Powerdiesel stellt seine 650 Nm Drehmo ment schon ab 1.400 Umdrehungen zur Verfügung. In Verbindung mit der schnell schaltenden Achtstufen-tiptronic bleiben im Bereich von null bis 250 km/h keine Per formance-Wünsche offen. Dieser Motor ist im Wortsinn eine Wucht. Doch sich damit zufrieden geben? Die Frage beantwortet der Audi RS 5 TDI concept. Hier haben die Entwickler einen 3.0 V6 TDI Biturbo ins sportliche Design des RS 5 Coupé gehüllt. Doch damit nicht ge nug: Zu den Turbobrüdern gesellt sich noch 10 Der Audi RS 5 TDI concept bietet ansatzlosen Sprintwillen und ungeahnte Drehfreude. Der elektrisch angetriebene Verdichter verhilft dem V6Biturbo zu beeindruckendem Durchzugsvermögen. Die Energie dafür wird verbrauchsneutral über Rekuperation gewonnen. 66 Dialoge Technologie ein kleines Geschwisterchen. Elektrisch angetrieben hat es sich vom Abgasstrom emanzipiert und dreht bis zu 72.000 Tou ren. Das heißt: ab Start voller Schub, bis die beiden dicken Turbos übernehmen. Weil der neue Kollege die Basis liefert, dürfen sich die beiden anderen noch ein bisschen freier austoben – und so ergibt sich neben dem katapultartigen Spurtverhalten noch eine ordentliche Portion Zusatzleistung. Mit 283 kW (385 PS) und 750 Nm ist der Technikträger sozusagen Klitschkos Rechte auf Rädern. Von null auf 100 km/h braucht der Sportler gerade einmal vier Se kunden. Typische RS-Feinheiten wie Sport fahrwerk und Keramikbremsen runden die High-Performance-Talente endgültig ab. Im Vergleich zum Auto ohne e-Turbo verschafft sich der RS 5 TDI concept beim Spurt aus dem Stand nach den ersten drei Sekunden einen Vorsprung von zwei Fahrzeuglängen. 67 Dialoge Technologie Audi RS 5 TDI concept Typ richtungsweisend – Power-TDI-Technikträger Motor V6, Biturbo und e-Turbo Hubraum 2.967 cm³ Leistung 283 kW (385 PS) Drehmoment 750 Nm 0–100 km/h ca. 4,0 s Höchstgeschwindigkeit >280 km/h 11 Bis heute hat Audi rund acht Millionen Automobile mit TDI-Motor verkauft. Der weltweite TDI-Anteil beträgt zirka 40 Prozent, in Deutschland sind es zwei Drittel. Besonders hohe Zuwachsraten verzeichnet der TDI in den USA. 14 Gute Sicht: Die LED-Scheinwerfer gehören zum Serienumfang des A7 competition. 12 Clean diesel – auch im Stadtverkehr: Der A7 Sportback 3.0 TDI competition verfügt über eine aufwendige Abgasnachbehandlung. 13 12 15 Zeitreise: Bezogen auf den Hubraum haben sich Leistung und Drehmoment der TDI-Motoren in den letzten 25 Jahren verdoppelt. Der Schadstoffausstoß wurde um 98 Prozent verringert. Und allein seit dem Jahr 2000 sank der Verbrauch um ein Drittel. 14 13 Hingucker: Auch auf den skandinavischen Straßen sorgt der RS 5 TDI concept für Aufmerksamkeit. Scannen Sie den QR-Code und sehen Sie das Video zu 25 Jahren Audi TDI-Technologie. So ein e-Turbo ist eine feine Sache. Warum man ihn noch in keiner Preisliste findet? Die Antwort verbirgt sich unter dem Kofferraumboden. Hier finden sich neben der standardmäßigen 12-Volt-Batterie noch ein 48-Volt-Lithium-Ionen-Speicher und ein DC/DC-Wandler. Von hier aus führt ein 48- Volt-Netz bis zum elektrischen Lader im Motorraum. Damit der so spontan hochdrehen kann, braucht er kurzzeitig bis zu sieben Kilowatt elektrische Leistung. Zur schnellen Übertragung solch großer Energiemengen ist das 48-Volt-Netz nötig. Die Technologie befindet sich in der Endphase der Serien entwicklung, auch energieintensive Assis tenz- und Fahrwerkssysteme lassen sich damit optimal versorgen. Den nächsten Evolutionsschritt un ternimmt der V6 TDI, wenn er sich mit der e-tron-Technologie verbündet. Nach dem Denkmuster des A3 Sportback e-tron geht es auch hier darum, eine elektrische Reich weite von 50 Kilometern zu realisieren. Dazu kommt beim TDI e-tron noch die überlegene Dieselreichweite, die den Kunden uneingeschränkte Mobilität garantiert. Mit einer Systemleistung von 275 kW (373 PS) und einem Drehmoment von 700 Nm wird der neue Plug-in-Hybridantriebsstrang auch in Sachen Performance keinerlei Verzicht zulassen. Das erste Serienmodell mit TDI e-tron präsentiert Audi im Laufe des Jahres 2015. Dagegen befindet sich ein anderes Projekt noch in der Forschungsphase. Im November 2014 hat Audi die neueste Ko operation zur Entwicklung und Herstellung synthetischer Kraftstoffe, der e-fuels, verkündet. Anlass war die Eröffnung einer Pro duktionsanlage des Kooperationspartners sunfire in Dresden. Hier wird aus Wasser, Luft und regenerativ erzeugtem, grünem Strom synthetischer Diesel hergestellt. Da bei treibt der Grünstrom eine ElektrolyseAnlage an, in der Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Parallel dazu filtert eine Anlage der Schweizer Techno logiefirma climeworks nach dem Direct-AirCapturing-Verfahren Kohlendioxid direkt aus der Umgebungsluft. Schließlich lässt sich aus dem Was serstoff und dem Kohlendioxid in weiteren Prozessschritten eine energiereiche Flüssig keit aus Kohlenwasserstoffen erzeugen. Diese Flüssigkeit wird Blue Crude genannt und ist wie Rohöl der Ausgangsstoff für die weitere Verarbeitung. Pro Tag soll die Pilot anlage bis zu 160 Liter Blue Crude erzeugen, wobei eine 80-prozentige Umwand lung in e-diesel möglich ist. Dieser synthetische Diesel ist dann in jedem Verhältnis mit fossilem Diesel mischbar. Erste Proben einer anderen AudiKooperationsanlage in den USA sind längst untersucht, die Ergebnisse vielversprechend, weiß Ingenieur Fröhlich. Die Industrialisie rung und die Distribution seien noch offene Fragen. „Ohne starke Partner wird das nicht gehen.“ Dass Audi heute schon in der Lage ist, CO₂-neutrale Kraftstoffe anzubieten, haben die Entwickler mit der Power-to-GasAnlage in Niedersachsen gezeigt. Dort wird synthetisches Methan, das Audi e-gas, als Erdgasersatz erzeugt. Käufer des A3 Sport back g-tron können das Angebot heute schon nutzen und damit CO₂-neutral und erdölunabhängig fahren. So gesehen weht auch heute wieder – zumindest ein sanfter – Wind of Change. Ganz frei von Öldunst. 15 69 Dialoge Technologie ZÜNDKOPF Seine Erfindung hat die Welt verändert Vor über 100 Jahren entwickelte Rudolf Diesel den ersten Selbstzünder. Dieses Jahr feiert Audi 25 Jahre TDI. Höchste Zeit für ein fast reales Interview über Erfindergeist, Effizienz und die Zukunft des Dieselmotors. Text Dorothea Joos Illustrationen Maria Corte Herr Diesel, Ihr Motor steckt heute in Europa in jedem zweiten Auto. Hätten Sie sich vor 120 Jahren diesen Erfolg träumen lassen? Aber ganz so einfach war es dann doch nicht. Zumindest schreiben Sie in einem Ihrer Bücher, die Erfindung des Dieselmotors sei eine „Leidensgeschichte“ gewesen. Niemals. Ich hatte den Motor ursprünglich als stationäre Maschine konstruiert. Zwar war ich mir sicher, dass er auch für den Auto mobilismus wichtig werden könnte. Doch spielte das Auto zu der Zeit in Deutschland noch kaum eine Rolle. Deutsche Motorwagen wurden vornehmlich nach Frankreich verkauft. Hierzulande war fortschrittlich, wer Gummiräder an seiner Kutsche hatte. Trotzdem überredete ich meine Frau Martha 1905, ein Automobil anzuschaffen – als Studienobjekt sozusagen. Wir kauften einen siebensitzigen roten Wagen der Firma NAG. Er hatte einen Kettenantrieb und immerhin 24 PS – ich war begeistert. Doch von den schweren Schiffsdieselmotoren bis hin zum ersten Serien-Dieselmotor in einem Automobil im Jahr 1936 war es ein weiter Weg. In der Tat, Probleme gab es mehr als genug. Zuerst waren da die Ingenieure, die nicht an das Prinzip meines Motors glauben wollten. Nach viel Überzeugungsarbeit erhielt ich endlich eine An stellung bei der Maschinenfabrik Augsburg und ließ einen Prototyp konstruieren. Zum ersten Versuch lud ich leitende Ingenieure ein. Ich startete die Einspritzung, es gab einen lauten Knall, das Messgerät explodierte, und Teile schossen an uns vorbei. Diese Ex plosion war der erfreulichste Schreck, den ich je erlebt habe. Denn sie war der Beweis: Das Prinzip funktionierte! Trotzdem lag noch viel Arbeit vor uns. Große Erfindungen fallen eben nicht vom Him mel. Sie entstehen durch die stetige Weiterentwicklung und Per fektionierung einer Idee. Sie leben davon, dass man an sie glaubt und dass man die ganze Energie in sie investiert. Sie haben den ersten Schritt getan. Was hat Sie zu Ihrer zündenden Erfindung inspiriert? Die Suche nach Effizienz! Die damals übliche Dampfmaschine hatte einen Wirkungsgrad von gerade einmal 15 Prozent. Den wollte ich verbessern. Doch ich musste erkennen, dass die Wärmeverluste der Dampfmaschine einfach zu groß waren. Da erinnerte ich mich an das Kompressionsfeuerzeug, das ich als Schüler im Physikunter richt kennengelernt hatte. Es besteht aus einem Glaskolben, in dem die Luft fest zusammengepresst wird. Durch den Druck entsteht Hitze – genug, um ein Stück Zunder zu entflammen. Das war ein wichtiger Denkanstoß für die spätere Funktionsweise meines Motors. Ihr erster funktionsfähiger Motor wog 4,5 Tonnen, leistete 20 PS, galt aber schon als Motor mit dem weltbesten Wirkungsgrad. Wenn Sie sehen, was heute aus Ihrer Erfindung geworden ist, was erstaunt Sie am meisten? Der späte, aber gründliche Imagewandel. 100 Jahre lang galt mein Motor als lauter, lahmer, stinkender und unkultivierter An trieb, ein Langweiler eben. Heute dagegen steht er für Sportlichkeit und Sparsamkeit. Was Leistung, Drehmoment, Emissionen und Laufkultur betrifft, hat er einen viel stärkeren Wandel hinter sich als der Motor des Kollegen Otto. TDI-Pionier Audi hat wesentlich dazu beigetragen. Die Audi-Ingenieure haben sich auf das konzentriert, was bereits mich angetrieben hat: die Effizienz. Konsequent optimieren sie meinen Motor zu höherer Leistung bei souveränem Drehmoment und niedrigem Schadstoffausstoß. Heute hat der Dieselmotor eine Effizienz, von der ich nicht zu träumen wagte. Dank Leichtbauweise, Turbolader und Schadstofffilter ist er zum ernsthaften Konkurrenten des Ottomotors geworden. 1858 Rudolf Christian Karl Diesel wird in Paris geboren. 1880 Diesel schließt mit dem besten Examen seit Bestehen der Technischen Hochschule München ab. 70 Dialoge Technologie 71 Dialoge Technologie Stichwort Konkurrenz: Nicolaus Otto hat bereits 1876 den Vorläufer des heutigen Ottomotors erfunden. Haben Sie ihn als Rivalen gesehen? Nein. Ich kannte zwar das Prinzip seines Motors, aber mein Vor gehen leitete sich ursprünglich aus einer Verbesserung der Dampf maschine ab. Deshalb tauschte ich mich auch nicht mit Herrn Otto aus. Heute muss ich allerdings zugeben, dass der endgültige Die selmotor eher ein Verwandter des Ottomotors als der Dampfma schine ist. Anfangs haben Sie ganz alleine an Ihrem Motor getüftelt. Erst bei der Maschinenfabrik Augsburg kamen andere Ingenieure hinzu. Wie unterscheidet sich die Arbeit heutiger Entwickler von der Ihrigen? Technische Revolutionen sind heute seltener als zu meiner Zeit. Es geht vielmehr um die stetige Verbesserung, um die Evolution. Die Arbeit in großen Teams mit Expertisen vom Maschinenbau bis hin zur Chemie ist in der heutigen Automobilentwicklung viel wichtiger, ebenso die Vernetzung mit anderen Bereichen wie dem Design. Zu meiner Zeit war der Motor das Herz des Automobils, und man war froh, wenn er halbwegs lief. Heute sind Autos ein großartiges Gesamtkunstwerk aus Technik und Design. Dennoch glaube ich, dass die Gene der Entwickler dieselben sind: die Begeiste rung für höchste Ingenieurskunst, das Streben nach technischer Perfektion und die Suche nach Herausforderungen. Den ersten von Ihnen gebauten Pkw-Dieselmotor können Besucher im Deutschen Museum für Technik in München bestaunen. Wo sehen Sie die Zukunft des Dieselmotors – wird man ihn irgendwann nur noch im Museum sehen? 18. März 1858 Rudolf Christian Karl Diesel wird in Paris geboren. 1870 Die Familie Diesel muss Paris verlassen, Rudolf Diesel kommt als Pflegekind zu seinem Onkel nach Augsburg. Das denke ich nicht. Denn der Dieselmotor wird auch künftigen Anforderungen an Leistung bei niedrigem Verbrauch gerecht. Bes tes Beispiel: Seit der Einführung des TDI haben sich dessen Leistung und Drehmoment um 100 Prozent gesteigert, während der Schadstoffausstoß um 98 Prozent gesunken ist. Auch neue Kraft stoffe sind ein Schritt in die Zukunft. Ich habe bereits zu meiner Zeit an Bio-Kraftstoff geforscht. Audi ist heute mit dem Audi e-diesel deutlich weiter. Damit ist in Zukunft emissionsneutrales Fahren möglich. 1872 Diesel schreibt an seine Eltern, er habe den Entschluss gefasst, Mechaniker zu werden. 1875 Diesel beginnt sein Studium an der Technischen Hochschule München. Herr Diesel, um Ihren Tod auf der Überfahrt nach England ranken sich Verschwörungstheorien. Können Sie dieses letzte Geheimnis lüften? 1878 Diesel hat erste Pläne für eine Dampfmaschine mit höchstem Wirkungsgrad. Sie meinen, ob es die Ölindustrie war, die mich über Bord gehen ließ, ob ich dem Streit um die Lizenzvergabe oder den Wirren im Vorfeld des Ersten Weltkriegs zum Opfer fiel? Einige glauben auch an einen Freitod. Manche Geheimnisse sollte man ruhen lassen. Meine Erfindung hat mich unsterblich gemacht. 1880 Diesel schließt mit dem besten Examen seit Bestehen der Hochschule ab und arbeitet in der Eisfabrik von Carl Linde in Paris und Berlin. 1892 Diesel erhält sein erstes Patent auf eine Verbrennungskraftmaschine. Zu meiner Zeit war der Motor das Herz des Automobils, und man war froh, wenn er halbwegs lief. Heute sind Autos ein großartiges Gesamtkunstwerk aus Technik und Design. 1893 – 1897 In der Maschinenfabrik Augsburg wird an der Entwicklung des Dieselmotors gearbeitet. 1898 Aufgrund von Erschöpfungszuständen verbringt Diesel mehrere Monate in der Heilanstalt und in der Kur. 1900 Der Dieselmotor wird auf der Weltausstellung in Paris mit dem Grand Prix ausgezeichnet. 1903 Diesel fährt mit dem ersten Dieselschiff der Welt. 72 Dialoge Technologie 1908 Bau der ersten Diesellokomotive. 73 Dialoge Technologie 1913 Diesel ertrinkt auf der Überfahrt nach England im Ärmelkanal. 1900 Der Dieselmotor wird auf der Weltausstellung in Paris mit dem Grand Prix ausgezeichnet. 1903 Diesel fährt mit dem ersten Dieselschiff der Welt. 1908 Bau des ersten Klein-Dieselmotors und der ersten Diesellokomotive. 29./30. September 1913 Diesel ertrinkt auf der Überfahrt nach England im Ärmelkanal. 1923 Der erste Lkw mit Dieselmotor wird gebaut. 1933 Der Citroën Rosalie wird als erster Pkw mit einem Dieselmotor ausgestattet, geht damit aber nicht in Serie. 1936 Mercedes-Benz und Hanomag bauen mit dem 260 D beziehungsweise dem Rekord die ersten Serien-Pkw mit Dieselmotor. BOBBY CAR Text Ann Harder Audi hat das sportlichste pilotiert fahrende Auto der Welt auf die Rennstrecke gebracht: Mit bis zu 240 km/h Topspeed umrundete ein fahrerloser Audi RS 7 Sportback den Grand-Prix-Kurs in Hockenheim. Seine Name: Audi RS 7 piloted driving concept. Unter den Technikern kurz „Bobby“ genannt. Fotos Bernhard Huber Tobias Sagmeister Daniel Wollstein Illustrationen Steven Pope 74 Dialoge Technologie 75 Dialoge Technologie Die Rennstrecke ist das härteste Testlabor. Auch für pilotierte Fahrten. Die Erkenntnisse, die wir aus unseren Erprobungen mit Spitzengeschwindigkeiten ziehen, sind für die Serienreife pilotierter Systeme Gold wert. Peter Bergmiller Projektleiter „Bobby“ 1 19. Oktober 2014, 12:58 Uhr, Hockenheim ring. Der Audi RS 7 Sportback concept erreicht die Poleposition. 4.575 Meter liegen vor ihm. Auf sechs Geraden gilt es maximal zu beschleunigen, bei 17 Kurven den perfekten Bremspunkt zu finden. Das Ziel: eine präzise Rennlinie auf dem 15 Meter breiten Kurs zu fahren. In knapp über zwei Minuten. Mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 240 km/h. Eine Performance mit Ansage. Denn das Auto ist auf sich alleine gestellt. Kein Fahrer sitzt am Steuer. Kein Techniker ist an Bord. Sein Name: Audi RS 7 piloted driving concept. Unter den Technikern kurz „Bobby“ genannt. Angelehnt an die amerikanische Rennfahrerlegende Robert William „Bobby“ Unser. Auch der Rennprofi suchte spektakuläre Fahraktionen, siegte bei Ren nen wie dem Pikes Peak International Hill Climb und den 500 Meilen von Indianapolis. Nun will auch Bobby Geschichte schreiben: als sportlichstes pilotiert fahrendes Auto der Welt. „Pilotiertes Fahren ist ein Megatrend in der automobilen Zukunft. Diese zu gestalten, indem wir die Technik dahinter maximal vorantreiben, zählt zu unseren wichtigsten Markenwer ten“, erklärt Prof. Dr. Ulrich Hackenberg, Audi Vorstand für technische Entwicklung. „Diesen gerecht zu werden, bedeutet auch, sich immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen. Wie beispielweise ein Auto zu entwickeln, das ohne Fahrer im physikalischen Grenzbereich fährt. Gesteuert allein durch die technischen Systeme des Autos.“ Was zunächst nach Science-Fiction klingt, will Audi Realität werden lassen. In Spitzengeschwindigkeit, versteht sich. Das Ziel der Audi-Entwickler: In puncto Tempo, Präzision und Fahrzeugbeherrschung an die Top-Performance eines Rennprofis heranzureichen. Die Basis dafür: ein Audi RS 7 Sportback. 412 kW (560 PS), von null auf 100 km/h in 3,9 Sekunden. „Die nötige Power bringt der Audi RS 7 bereits mit“, so Thomas Müller, Leiter Entwicklung Brems-, Lenk-, und Fahrerassistenzsysteme der AUDI AG. „Für uns galt es nun, das Auto mit einer entsprechenden Intel ligenz auszustatten. Das heißt, technische Systeme zu entwickeln, die auch bei extrem hohen Geschwindigkeiten eine hochpräzise Orientierung und exakte Steuerung sicherstellen.“ Die technische Lösung für diese Anforderungen: Ein hochgenaues GPS-System, ergänzt mit speziellen Korrekturdaten. Die zusätzlichen Daten werden per WLAN nach dem AutomotiveStandard und redundant per Hochfrequenzfunk in das Auto übertragen. Parallel filmen 3D-Kameras den Kurs ab, während ein Rechenprogramm ihre Bildinformationen mit einem an Bord des Audi hinterlegten Datensatz abgleicht. Das sorgt für eine exakte Orientierung auf der Piste. Zudem ermöglicht eine umfassende Onboard-Vernetzung, gekoppelt mit einer hochpräzisen Steue rung aller fahrrelevanten Aktoren, dass der Technikträger ganz nah am physikalischen Grenzbereich fährt. 4 Scannen Sie den QR-Code und erleben Sie den Audi RS 7 piloted driving concept live am Limit in Hockenheim. SYSTEMKOMPONENTEN pilotiertes fahren 1 Antennen für den Datenaustausch 2 Antenne für Differential-GPS 3 3D-Kamerasystem, vorne jeweils zirka 103 Grad horizontaler Öffnungswinkel 4 3D-Kamerasystem, hinten jeweils zirka 103 Grad horizontaler Öffnungswinkel 5 Steuergerät zur Regelung der Fahrdynamik 6 Bildverarbeitungssystem und Überwachungssystem 7 Zentrale Sensoreinheit 2 2 3 1 Visionär: Projektleiter Peter Bergmiller und sein Team haben das jüngste Technik-Highlight der Marke entwickelt. 2 Ganz ohne Fahrer: Ist der rote Hebel umgelegt, übernimmt Bobby die Fahrzeugkontrolle. 3 Harter Weg: Auf Tausenden Testkilometern wurde Bobby erprobt. 4 Power und Esprit: Der 560 PS starke Audi RS 7 Sportback wird allein von der Elektronik im Fahrzeug gesteuert. 76 Dialoge Technologie 77 Dialoge Technologie 4 6 7 3 1 5 Bei der Entwicklung des Audi RS 7 piloted driving concept flossen zahlreiche Erkenntnisse aus bisherigen Erprobungen fahrerloser Systeme der Marke ein. Bereits seit mehr als zehn Jahren testet Audi erfolgreich pilotiertes Fahren in verschiedensten Situationen. Unter anderem ging es 2009 mit einem Audi TTS auf die Bonneville Salt Flats im US-Bundesstaat Utah. Hier zeichnete der Technikträger in exakter Kurvenfahrt fahrerlos die Vier Ringe der Marke nach. Im Folgejahr legte ein Audi TTS ohne Fahrer am Steuer die Bergrennstrecke am legendären Pikes Peak in Colorado zurück. In 27 Minuten bewältigte er den 20 Kilometer langen Kurs mit insgesamt 156 Kurven. Seit 2013 ist die Marke mit ihren pilotierten Systemen auf den Straßen der USA unterwegs: Als erster Automobilhersteller der Welt erhielt Audi von den Behörden im US-Bundesstaat Nevada die Genehmigung, pilotiert fahrende Autos im öffentlichen Ver kehr zu testen. 2014 folgten die Lizenzen für pilotierte Testfahrten in Florida und Kalifornien. Damit hat Audi das Potenzial der Technologie schon mehrfach belegt. Nun geht die Marke mit Bobby ans Limit und setzt einen neuen Standard beim pilotierten Fahren: „Der Audi RS 7 piloted driving concept verarbeitet riesige Mengen an Daten und Sensorsignalen in Echtzeit und kann Gas, Bremse, Lenkung und Getriebe absolut präzise steuern. Hier wird ein 560 PS starkes Auto allein von der Elektronik am Limit bewegt“, erklärt Dr. Hackenberg. Die SENSOREN: WOMIT „Bobby“ die welt sieht Mit der Intelligenz pilotierter Systeme steigern wir die Sicherheit im öffentlichen Straßenverkehr deutlich. Beispielsweise können fahrerlose Funktionen kritische Situationen entschärfen, die entstehen, wenn der Fahrer unaufmerksam oder abgelenkt ist. 1 Ultraschallsensoren seitlich: • Parkassistent mit Umgebungsanzeige 2 Front-Kamera: • Audi active lane assistent • ACC mit Stop&Go-Funktion • Tempolimitanzeige • Audi pre sense / front / plus • adaptive light 3 Ultraschallsensoren vorn: • ACC mit Stop&Go-Funktion • Einparkhilfe plus mit Front- und Rückfahrkamera • Parkassistent mit Umgebungsanzeige Dr. Horst glaser Leiter Entwicklung Fahrwerk 4 Infrarot-Kamera: • Nachtsichtassistent mit Markierung erkannter Fußgänger Scannen Sie den QR-Code und sehen Sie das Statement von Dr. Horst Glaser zum Audi RS 7 piloted driving concept. 7 5 Front-Radar-Sensoren: • ACC mit Stop&Go-Funktion • Audi pre sense / front / plus 6 Differenzial-GPS und 3D-Kamerasystem vorn und hinten: • jeweils zirka 103 Grad horizontaler Öffnungswinkel 7 Crash-Sensoren: • Frontschutz-Adaptivität • Seitenschutz • Heckaufprallschutz 8 Heck-Radar-Sensoren: • Audi side assist • Audi pre sense rear / plus 9 Ultraschallsensoren hinten: • Einparkhilfe plus mit Front- und Rückfahrkamera • Parkassistent mit Umgebungsanzeige 10 Front-, Rückfahr- und Top View-Kameras: • Einparkhilfe plus mit Front- und Rückfahrkamera • Parkassistent mit Umgebungsanzeige 8 9 7 10 8 1 6 5 5 An der Spitze: Mit dem Audi RS 7 piloted driving concept hat Audi einen neuen Standard beim pilotierten Fahren gesetzt. 3 6 Exakt austariert: Mit präzisem Einlenken und perfekt dosiertem Gaseinsatz hält Bobby die Ideallinie. 7 2 7 Auf sich allein gestellt: Kein Fahrer sitzt am Steuer, kein Techniker ist an Bord. 8 Racing-Star: Auf der Start- und Zielgeraden startet Bobby durch. 1 4 5 6 78 Dialoge Technologie 79 Dialoge Technologie 7 7 Diese Elektronik haben die Audi-Entwickler bereits auf Tausenden Testkilometern erfolgreich erprobt und weiterentwickelt. Dabei fließen die Erkenntnisse, die Audi aus dem pilotierten Fahren am physikalischen Limit zieht, kontinuierlich in die Serien entwicklung ein. „Die Rennstrecke ist das härteste Testlabor. Auch für pilotierte Fahrten“, erklärt Audi-Ingenieur und Projektleiter Peter Bergmiller. „Die Erkenntnisse, die wir aus unseren Erprobun gen mit Spitzengeschwindigkeiten ziehen, sind für die Serienreife pilotierter Systeme Gold wert.“ An zukünftigen Serientechnologien wie dem pilotierten Parken und dem Staupilot arbeitet Audi auf Hochtouren. Denn vor allem in puncto Sicherheit im Straßenverkehr sind pilotierte Systeme für Audi ein wichtiger technologischer Schritt, den es gilt, massiv voranzutreiben. „Mit der Intelligenz pilotierter Systeme steigern wir die Sicherheit im öffentlichen Straßenver kehr deutlich“, so Dr. Horst Glaser, Leiter Entwicklung Fahrwerk der AUDI AG. „Beispielsweise können fahrerlose Funktionen kritische Situationen entschärfen, die entstehen, wenn der Fahrer unaufmerksam oder abgelenkt ist – ganz einfach, indem das Auto dem Fahrer diese Situationen abnimmt. Hinzu kommt, dass der Fahrer deutlich entspannter ist, wenn seine Aufmerksamkeit wieder gefordert ist. Wie zum Beispiel bei freier Fahrt nach dem Stau. Dann ist er wieder voll am Ball.“ 9 Pilotiertes Fahren ist ein Megatrend in der automobilen Zukunft. Diese zu gestalten, indem wir die Technik dahinter maximal vorantreiben, zählt zu unseren wichtigsten Markenwerten. Auf dem Weg dahin spielt Bobby eine Schlüsselrolle. Vor Zehntausenden Zuschauern muss er sein Können nun am Hockenheimring beweisen. Die grüne Startflagge hebt sich. Mit Vollgas beschleunigt der Technikträger und bremst exakt vor der Nordkurve ab. Dank präzisem Einlenken und perfekt dosiertem Gaseinsatz hält Bobby die Ideallinie. Beim Bremsen liegen die Kräfte über 1,3 g, in den Kurven erreicht die Querbeschleunigung bis zu 1,1 g. Nach rund zwei Minuten stoppt der Audi RS 7 piloted driving concept wieder. Die Rennstrecke ist umrundet. Fahrerlos. Am Limit. Damit hat Audi den Beweis erbracht, dass aus ScienceFiction im Spitzentempo Realität werden kann. 11 10 Prof. Dr. Ulrich Hackenberg Audi Vorstand Technische Entwicklung 12 Scannen Sie den QR-Code und sehen Sie das Statement von Prof. Dr. Hackenberg zum Audi RS 7 piloted driving concept. 1 4 5 2 3 9 Technik-Pioniere: Prof. Dr. Hackenberg vor dem Audi RS 7 piloted driving concept. 10 Am Limit: Mit Bobby bringt die Marke das sportlichste pilotiert fahrende Auto der Welt auf die Rennstrecke. 11 Perfekt vernetzt: Die Elektronik des Audi RS 7 piloted driving concept verarbeitet Daten und Sensorignale in Echtzeit. 12 Pole position: 4.575 Meter liegen vor dem Audi RS 7 piloted driving concept. ANTRIEBSTECHNIK „Bobby“ 1 2 3 4 5 80 Lenkung Getriebe Bremsanlage / ESC Motor Aktiver Bremskraftverstärker Dialoge Technologie 81 Dialoge Technologie Master Der Speed „Ein Porträt über mich? Aber bitte was Schräges!“ Das ist Heinz Hollerweger. Immer ein Spruch auf den Lippen. Immer etwas spitzbübisch. Und mit großer Leidenschaft für extreme Autos. Bei der quattro Gmbh ist er damit genau richtig: Der neue Audi RS 3 Sportback, der 2015 auf den Markt kommt, ist das erste Modell unter seiner Regie. 82 Dialoge Technologie 83 Dialoge Technologie Text Eva Backes Fotos Tobias Sagmeister Keine andere Rennstrecke ist so anspruchsvoll wie die Nordschleife: 20,8 Kilometer, 73 Kurven und 290 Meter Höhenunterschied. Der Eifel-Kurs gilt als Königsdisziplin im Rennsport und bietet ideale Bedingungen für Erprobungsfahrten. Die quattro GmbH ist mehrmals im Jahr vor Ort. Wie jüngst mit dem Audi RS 3 Sportback*. Mit dabei: der neue quattro-Chef Heinz Hollerweger. Helm auf – und ab auf die Piste. Hollerweger startet den Motor, der Fünfzylinder klingt souverän, dann beschleunigt das Auto rasant, nimmt die ersten Kurven Richtung Hatzenbach, verschwindet in der Senke und biegt ein zum Streckenabschnitt Flugplatz. Der getarnte Prototyp ist schon ganz nah an der Serien version, nur wenige Feinheiten müssen noch abgestimmt werden. Vor allem aber findet auf der Nordschleife ein ganz spezieller Dauerlauf statt: 8.000 Kilometer muss der RS 3 Sportback auf dem Nürburgring zurücklegen, eine enorme Belastung im Zeitraffer tempo. Dann erst darf er auf die Straße. „Für mich ist so eine Fahrt ein absolutes Privileg, eine ganz besondere Facette meines Traumberufs“, sagt Hollerweger, während die Drehzahlmessernadel auf 6.000 Umdrehungen schnellt und am Seitenfenster die Eifellandschaft vorbeifliegt. Nor malerweise übernehmen Entwickler und Rennfahrer die Testfahr ten. Heute sitzt der Chef persönlich hinterm Steuer. Hollerweger kennt die Grüne Hölle noch von den Anfän gen seiner Karriere: „Als junger Ingenieur habe ich auf der Nordund damals noch der Südschleife einen Fahrerlehrgang gemacht, durfte hier erste Abstimmungsfahrten übernehmen, das war für mich absolut faszinierend. Später hat es mich nur noch selten hierher verschlagen. Umso schöner ist es, jetzt wieder da zu sein.“ Hollerweger ist Vollblut-Audianer. Mit seinen 61 Jahren hatte er noch nie einen anderen Arbeitgeber. Nicht einmal einen Abstecher nach Wolfsburg gab es. Immer Audi. Er kennt und liebt die Marke. „Die Faszination hat mich nicht mehr losgelassen, die Begeisterung für die Marke, die Menschen. Irgendwann wollte ich nicht mehr weg.“ Seit April 2014 ist „Holli“, wie ihn Kollegen und Mit arbeiter liebevoll nennen, nun Chef bei der quattro GmbH. Knapp 15.000 Autos hat die hundertprozentige Tochterfirma der AUDI AG im vergangenen Jahr verkauft, insgesamt sieben neue RS-Modelle allein in den zurückliegenden 24 Monaten auf den Markt gebracht. Dabei ist die quattro GmbH eine richtige Automobilfirma, mit allen relevanten Abteilungen. „Für mich ist es eine wunderbare Aufgabe und gleichzeitig eine ganz neue Erfahrung, für ein ganzes Unter nehmen verantwortlich zu sein. Hier laufen alle Fäden zusammen, von der Entwicklung bis zum Vertrieb.“ Hollerweger hasst Lange weile. Umso größer ist seine Neugierde, die er sich auch nach 40 Jahren bei Audi bewahrt hat. „Es ist wichtig, dass man sich immer wieder erneuert, schaut, was rechts und links passiert.“ 4 Chefsache: Hollerweger setzt sich in der Testsaison auch mal selbst ans Lenkrad. 4 5 Testlabor Grüne Hölle: 8.000 Kilometer muss der RS 3 Sportback auf der Nordschleife zurücklegen. 5 Unsere Kunden wollen echte Technologie , keine Massenprodukte. Heinz Hollerweger 1 3 Power im kompakten Format – der neue Audi RS 3 Sportback 2 1 Eyecatcher: Hollerwegers Dienstwagen ist ein echtes Einzelstück. 2 … leider geil!: Dieser Schriftzug sagt alles. 3 Spitzname: Für Kollegen und Mitarbeiter ist der quattro-Chef einfach nur „Holli“. 84 Dialoge Technologie Emotionaler Sound, mitreißende Drehfreude und bullige Kraft: Der Fünfzylinder von Audi ist Legende. Mit 270 kW (367 PS) Leistung und 465 Nm Drehmoment ist der neue RS 3 Sportback der stärkste Kompaktwagen im Premiumsegment. Mit seinem starken Turbo-Fünfzylinder beschleunigt der Fünftürer in 4,3 Sekunden von null auf 100 km/h und erreicht auf Wunsch 280 km/h Topspeed. 85 Dialoge Technologie * Audi RS 3 Sportback: Kraftstoffverbrauch kombiniert in l/100 km: 8,3 – 8,1; CO₂-Emission kombiniert in g/km: 194 –189 6 7 6 Enge Zusammenarbeit: Auch mit den Zulieferern vor Ort ist der Austausch intensiv. Bei der Einstellung der Stoßdämpfer geht es um die ideale Kennlinie. 7 Gut sortiert: Federn und Plättchen in verschieden Ausführungen für den Stoßdämpferaufbau. 8 Feintuning: In der Werkstatt finden letzte Abstimmungen und Messungen statt. 11 8 Für die quattro GmbH hat Hollerweger schon konkrete Ziele: Er will das Unternehmen zu einem Innovationslabor machen. „Wir haben hier die Chance, neue Motoren und Technologien als Vorreiter und Pioniere einzusetzen und diese Erfahrungen dann auch auf die Volumenmodelle von Audi zu übertragen.“ Dabei kommt der quattro GmbH ihre langjährige Kleinserienkompetenz zu Gute. „Unsere Kunden wollen echte Technologie, keine Massen produkte“, erklärt Hollerweger. Auch in Sachen Internationali sierung will er die quattro GmbH weiter nach vorn bringen. „In Zukunft wollen wir unsere globale Präsenz stärken und mehr RSModelle auf mehr internationalen Märkten anbieten. Besonderes Potenzial sehen wir in China, USA, Russland und Middle East.“ Hollerweger ist in Linz geboren. Die Faszination für Autos kam erst spät, seinen Führerschein hat der Österreicher mit 24 gemacht. „Als Schüler war ich dick und strohdoof“, sagt er spitzbübisch. Heute ist das kaum vorstellbar. Hollerweger, groß, schlank, ist bekannt für seine Disziplin. Nicht selten sitzt er schon morgens um vier oder fünf am Schreibtisch oder springt in seinen eiskalten Pool, um seine Abwehrkräfte zu stärken. 9 Wir haben hier die Chance, neue Motoren und Technologien als Vorreiter und Pioniere einzusetzen. 12 10 Heinz Hollerweger 9 10 86 Dialoge Technologie Hollerweger gibt gerne Gas – beruflich wie privat. Und seine Interessen beschränken sich nicht nur auf Pferdestärken und Drehmomente. In seiner Freizeit beschäftigt er sich viel mit Lite ratur. Er schreibt sogar selbst: seine Lebensgeschichte zum Beispiel oder Gedichte über das Leben und die Liebe. „Das sprudelt dann einfach so aus mir raus.“ Und dann ist da noch seine Begeisterung für Architektur. „Ich bin in meinem Leben über 22 Mal umgezogen“, rechnet Hollerweger vor. Insgesamt hat er sechs Häuser gebaut, alle selbst entworfen – mit Partnern, die seine ausgefallenen Ideen umgesetzt haben. Schräge Flächen zum Beispiel, eine außerge wöhnliche Hausfassade oder einen besonderen Erker. 11 Passt alles? Hollerweger checkt den Bremsbelag. 12 Genaue Kontrolle: Am Achsmessstand werden Fahrwerkseinstellungen überprüft und fein justiert. Perfekte Anpassung: Ohne Öl läuft nichts im Stoßdämpfer. Präzision: Kleine Änderungen ergeben einen neuen Stoßdämpfer. 87 Dialoge Technologie Die erste Runde auf der Nordschleife ist gefahren. Wie es war? „Geil!“, sagt Hollerweger, als er aus dem Auto steigt. „Die Herausforderung beim RS 3 Sportback war es, etwas sehr, sehr Gutes noch besser zu machen. Den Motor haben wir in puncto Dreh momentaufbau und auch in der Leistung verfeinert. Das Auto ist präziser geworden, ohne jene Ecken und Kanten zu verlieren, die so ein RS-Modell immer haben muss.“ Der RS 3 Sportback ist das erste Modell, das unter der Führung von Heinz Hollerweger auf die Straßen kommt. Neben der optimalen Fahrwerksabstimmung geht es am Nürburgring auch um einen ultimativen Härtetest: Am Ring kann ein Autoleben im Zeitraffer simuliert werden. So wird sichergestellt, dass alle Sys teme in Ordnung sind. „Das Ding läuft!“, sagt Hollerweger zufrieden, als er in der Werkstatt bei seiner Mannschaft vorbeischaut. Hier finden die letzten Abstimmungen zu Reifen, Fahrwerk und Regelsystemen statt. Nach 24 Stunden am Ring macht sich Hollerweger auf die Heimfahrt. Sein Dienstwagen ist ein Unikat. Ein RS 7 Sportback* mit aufwendiger Beklebung, gelben Blitzen, „Hollerweger-Auto gramm“ und einem Spoiler, der bei voller Fahrt ausfährt und einen Schriftzug freilegt: „… leider geil!“ „Kein gewöhnliches Auto!“, schmunzelt Hollerweger. In der Tat. 13 Vortrieb: Am Heck beeindrucken der Diffusor und die groß dimensionierten Endrohre. 14 Cockpit: CFK, Aluminium, Leder und Alcantara – auch Dynamik darf edel sein. 15 Ready for take-off: Der RS 3 Sportback ist der Sportwagen für alle Tage. 16 Der Audi RS 3 Sportback: Große Lufteinlässe, ein markantes Blade, ein spezieller Singleframe. 13 Technische Daten 15 Audi RS 3 Sportback 14 Emotionaler Fünf zylinder: Der 2.5 TFSI garantiert GänsehautFeeling Das kehlige Röhren und Fauchen, unterlegt vom Rhythmus der Fünfzylinder-Zündfolge 1 – 2 – 4 – 5 – 3, ist der klassische Soundtrack von Audi. Zwei Klappen in den Abgasrohren hinter dem Endschalldämpfer steuern den Abgasstrom und ermöglichen je nach Last und Drehzahl ein noch intensiveres Klangerlebnis. 16 88 Dialoge Technologie * Audi RS 7 Sportback: Kraftstoffverbrauch kombiniert in l/100 km: 9,5; CO₂-Emission kombiniert in g/km: 221 89 Dialoge Technologie Max. Leistung 270 kW (367 PS) Max. Drehmoment 465 Nm Beschleunigung (0–100 km/h) 4,3 s Höchstgeschwindigkeit 280 km/h Kraftstoffverbrauch 8,1 l/100 km CO₂-Emission 189 g/km Hubraum 2.480 cm³ Abgaseinstufung Euro 6 Leergewicht 1.520 kg Die Schrift- gelehrten Navigation in China In Peking ein gutes Restaurant finden? Oder in Shanghai? Ganz einfach – falls man einen Audi als Guide hat. Präzision: Die Fahrspurempfehlung ist oft entscheidend. Text Hermann Reil Fotos Manfred Jarisch Gutes Essen ist den Menschen in China sehr wichtig. Die Tische in den unzähligen Restau rants der Städte sind stets prall gefüllt, beladen mit Speisen in endlosen Variationen. Meist stehen die Restaurants für einen bestimmten, regional verwurzelten Kochstil und sind entscheidende Treffpunkte für Business und Freizeit, für Geschäfte und Familie. Im undurchdringlich erscheinenden Bild der Städte sind sie aber oftmals schwer zu finden, zumal sie sich gerne in Hinterhöfen oder im siebten Stock eines Geschäftshauses verstecken. Ein klassisches Aufgabenfeld für ein gutes Navigationssystem also. 375 90 Dialoge Technologie Sichuan-Restaurants kennt das System allein im Stadtteil Chaoyang. Geschmack: Die chinesische Küche kennt eine schier endlose Vielfalt. Shanshan Cao steht der Sinn heute nicht nach kantonesischer, Peking- oder Shanghai-Küche, sie möchte gerne etwas aus der Provinz Sichuan essen – jene oft unter heftigem Einsatz verschiedenster Chilisorten zubereiteten Gerichte, die den Gaumen des untrainierten Besuchers aus Europa oder den USA schon mal überfordern können. Doch wo in Peking findet sich das passende Restaurant? Ganz einfach: Sie fragt ihren Audi A3! „Suche ein Restaurant Sichuan Style“ – per Spracheingabe, auf Chinesisch natürlich. Die Antwort ist überwältigend: mehrere tausend Vorschläge für Peking, allein für den Stadtteil Chaoyang sind es noch 373. Also am besten nach Entfernung vorgehen. Shanshan entscheidet sich schließlich für das Ba Guo Bu Yi nahe der Guomao-Brücke. Noch schnell das Start-Kommando an die Navigation geben, und der kurze Trip kann beginnen. Für Shanshan Cao und ihren Kollegen Xiashang Yin ist das zugleich eine kleine Testfahrt. Deshalb haben sie diesmal nicht per Knopfdruck einen freundlichen Menschen im Audi Call Center angerufen und um Unterstützung gebeten (siehe weiter unten), sondern erproben das erweiterte Spracheingabe-System. Cao und Yin arbeiten im Audi-Entwicklungszentrum in Peking, sie ist als Software-Ingenieurin für die Gestaltung der Bedienoberfläche MMI verantwortlich, er als Projektleiter für die Asien-Version des MMISystems im Audi A3. Zusammen mit ihren rund 80 Kollegen perfektionieren sie in der chinesischen Hauptstadt das Audi-Bediensystem für die Ansprüche und Lebensgewohnheiten der Kunden in der asiatischen Welt. Die Zieleingabe ist ein wichtiges Beispiel. Adressen sind in China kompliziert und oft nicht ganz präzise. Also sind die sogenannten Points of Interest viel umfangreicher und exakter erfasst als im Westen. Neben öffentlichen Einrichtungen oder Tankstellen gehören dazu Shopping-Möglichkeiten jeglicher Art, aufgefächert bis etwa zu Kosmetik- oder Juwelierangeboten. Ähnlich differenziert ist das Essensangebot: Neben Western und Fast Food kennt die Audi-Navigation 13 verschiedene Richtungen der chinesischen Küche, von Guangdong über Dongbei bis Hot Pot. Und wie gesagt: Allein für Sichuan-Küchen im Pekinger Chaoyang District finden sich 373 Vorschläge. Zehn Millionen solcher Points of Interest (POI) kennt die Audi-Navigationskarte für China. Doch eine weitere Zahl klingt für westliche Ohren noch erstaunlicher – und steht als Symbol für die Erneuerungsgeschwindigkeit in diesem Land: Acht Millionen dieser POI-Einträge werden jedes Jahr gelöscht, geändert, erneuert. Weil ganze Straßenzüge neu entstehen, weil ganze Stadtviertel binnen Jahresfrist erbaut werden, weil Geschäfte jeglicher Art eröffnet werden und weil sie oft auch ebenso schnell wieder verschwinden. 10 Mio. Points of Interest sind im MMI-Navigationssystem für China gespeichert. Ringstraße: Eine verpasste Abfahrt kann kilometerlange Umwege bedeuten. Die Spracheingabe vollständiger Adressen ist ein weiterer Schritt zur Anpassung an die Komplexität asiatischer Kommu nikation. Einen großen Sprung nach vorne und einen klaren Vorteil gegenüber allen Wettbewerbern brachte das MMI touch in den Modellen A6, A7, A8 und auch im A3. Ebenso wie die vergleichsweise simplen westlichen Schriftzeichen versteht das System die oft sehr komplexen Schriftzeichen der Sprachen Chinas, Koreas und Japans. Über 29.000 (!) verschiedene chinesische, 7.249 koreanische und 6.710 japanische Schriftzeichen können mit dem Finger auf das Touchpad gezeichnet werden – und der Audi erkennt sie mit erstaunlicher Sicherheit. Doch es gibt noch weitere Eingabemög lichkeiten, erläutert Ingenieurin Shanshan Cao, meist in Form lautschriftlicher Vereinfachungen in lateinischen Buchstaben. Alphabete dieser Art sind das chinesische Pinyin, das taiwanesische Bopomo fo, Hangul in Korea sowie Hiragana, Kanji oder Katakana in Japan. Innovativ: Die Erkennungsrate auch komplexer Schriftzeichen ist sehr hoch. MMI touch: Auch der Audi A3 besitzt die Schriftzeichenerkennung. Optimiert: Ingenieurin Shanshan Cao arbeitet an der Benutzeroberfläche des MMI-Systems. 93 Dialoge Technologie Doch China stellt an ein Kommunikations- und Naviga tionssystem weit mehr Herausforderungen als „nur“ die Sprache. Da ist die schon angesprochene enorme Veränderungsgeschwin digkeit. Selbst bei halbjährigen Updates tauchen in der realen Welt immer wieder Teilstücke neuer Autobahnen auf, die auf dem digitalisierten Abbild noch nicht enthalten sind. In den wenigen erhaltenen traditionellen Stadtvierteln gehorcht die Straßenführung manchmal gar keinem Ordnungsprinzip, während Neubaustrecken durch Komplikationen überraschen, die es in Europa höchst selten gibt: auf mehreren Stockwerken übereinanderliegende Straßen etwa. Zweidimensional betrachtet, von oben also, sieht man nur eine Linienführung, in Wirklichkeit handelt es sich aber um völlig verschiedene Strecken. Gesteigert wird dies noch durch mehrstöckige Straßenauffahrten – im Grunde riesige „Wendeltreppen“ mit zahlreichen Abfahrten auf den verschiedenen Stockwerken. Konzentriert: Die Navigationslösungen für Asien werden im R&D Center in Peking entwickelt. „Hier ist die dritte Dimension, die präzise Höhen position des Fahrzeugs entscheidend. Allein mit dem GPS-Signal kommt man hier gar nicht durch“, weiß Intakhab Khan, der Leiter der Infotainment-Entwicklung für Asien. Audi nutzt hier sehr sensible Fahrzeugsensoren, die bereits eine Höhendifferenz von 0,03 Metern erkennen und daraus die entsprechende Korrektur errechnen. Auch in Tunnels oder anderen Bereichen mit schlechtem oder gar keinem GPS-Signal rechnet das Auto seine Position aus Rad bewegung, Einschlagwinkel und Drehrichtung präzise weiter – ein entscheidender Vorteil gegenüber Nachrüst-Navigationssys temen. Eine weitere Herausforderung für die elektronische Rou tenfindung sind die in chinesischen Städten häufig direkt nebenein anderliegenden Fahrspuren, die jedoch zu verschiedenen Straßen gehören. „Eine Empfehlung der richtigen Fahrspur ist im komplexen Verkehr oft sehr hilfreich“, sagt Intakhab Khan, „dafür muss das Auto aber sehr präzise wissen, wo es sich befindet.“ Besonders stolz ist Khan auf die neuen Verkehrsinfor mationen online, die ein weit aktuelleres und präziseres Bild der Verkehrssituation liefern als das bisherige TMC-System. Ähnlich wie in Deutschland basiert das neue System auf den anonymen Bewegungsdaten einer Vielzahl von Fahrzeugen. Aber anders als etwa in Ingolstadt führt das in Peking, Shanghai oder Guangzhou regelmäßig zu Kartendarstellungen, die mehr Rot als Grün zeigen. 0,03 Höhe: Bei mehrstöckigen Straßen ist eine präzise, dreidimensionale Positionsberechnung entscheidend. 94 Dialoge Technologie Meter Höhendifferenz registriert das System bereits. Markant: Das Gebäude des staatlichen Fernsehens CCTV. 8 Mio. Points of Interest werden jedes Jahr überarbeitet. Natürlich ist die junge Generation in den chinesischen Millionenstädten „always on“, vielleicht mehr noch als im Westen. Die jungen Leute nutzen das Smartphone intensiv für Weibo (das einheimische Twitter), RenRen (ähnlich wie Facebook) oder Baidu (das chinesische Google). Shanshan Cao, die junge Spezialistin für Human-Machine-Interfaces, verweist auf die Audi connect-Dienste: Ein präziser Wetterbericht inklusive aktuellen Radarbildern lässt sich beispielsweise ebenso auf den Fahrzeugmonitor holen wie Nachrichten oder Flug- und Reiseinfos. Bei aller Perfektion der Maschinen baut ein besonderer Service von Audi connect in China auf den persönlichen Kontakt von Mensch zu Mensch: Der Tastendruck auf die Funktion POI Call verbindet den Fahrer oder Fahrgast im Audi mit einem äußerst hilfsbereiten Audi-Mitarbeiter im Call Center. Die Suche nach Zielen, die Frage nach Öffnungszeiten oder nach Reservierungen wird hier sofort beantwortet, zudem kann das Audi Call Center Routenziele per Telefonübertragung ins Navigationssystem des Fahrzeugs einspeisen – der Kunde braucht dann nur noch loszufahren. Und auch die Restaurantsuche im Navigationssystem lässt ich weiter optimieren, weiß Intakhab Khan: „Bald werden wir den Restaurants Gästebewertungen aus einer stets aktuellen Online-Datenbank hinzufügen. Dann kennt Ihr Audi nicht nur die Adressen, sondern auch die Qualität der Restaurants.“ Das Ba Guo Bu Yi jedenfalls hat sich schon mal eine Empfehlung verdient – auch wenn mancher Teller wirklich scharf war. Breit: Noch liegen die Strassen nebeneinander, gleich führen sie auseinander. Hier entscheiden wenige Meter Genauigkeit. Schmal: Ein paar erhaltene klassische Viertel gibt es noch in Peking. Hier wird es für die Navigation besonders schwer. 96 Dialoge Technologie Magazin Apfel-Saft 97 Nur wer über den Tellerrand schaut, kann den eigenen Vorsprung bewerten und ausbauen. Technologie-News aus aller Welt. Text: Marlon Matthäus Bildquelle: www.shutterstock.com Die Form des Granatapfels dient Forschern der Universität Stanford und des daran angeschlossenen SLAC National Accelerator Laboratory als Vorbild für verbesserte Lithium-Ionen-Akkus. Die Wissen schaftler ordneten kohlenstoffummantelte SiliziumNanopartikel in einer Kohlenstoffschale entsprechend den Kernen in einem Granatapfel an. Auf diese Weise verstärkte sich der Stromfluss, während unerwünschte Reaktionen zwischen dem Silizium und dem Elektrolyt des Akkus minimiert wurden. „Experimente haben gezeigt, dass unsere granatapfelinspirierte Anode auch nach 1.000 Ladezyklen bei 97 Prozent Kapazität arbeitet“, betont Yi Cui, Professor für Materialforschung in Stanford. Weitere Informationen: www6.slac.stanford.edu Grüne Energiespeicher Deutsche Forscher der Friedrich-SchillerUniversität Jena arbeiten an dünnen und flexiblen Folien-Batterien aus innovativen, regenerativen Kunst stoffen. Diese leitfähigen Polymere lassen sich als Paste mittels Sieb- oder Tintenstrahldruck innerhalb weniger Minuten einfach ausdrucken. Zur Speicherung der elektrischen Energie werden in den Kunststoffbatterien unter anderem stabile Radikale eingesetzt. „Damit schließen sie eine wichtige Lücke hin zu einer vollständig regenerativen Energieversorgung“, so die Forscher. Denn bisher gebe es zwar grüne Technologien zur Energiegewinnung, aber keine grünen Energiespeicher. Induktives Laden gibt es schon seit längerem. Südkoreanische Wissenschaftler gehen jetzt einen Schritt weiter und schicken Strom ohne Kabel über eine Distanz von fünf Meter. Das System besteht aus magnetischen Dipolspulen, die mit der gleichen Frequenz schwingen. Hochfrequenter Wechselstrom an der Primärspule erzeugt ein Magnetfeld, das eine Spannung an der zweiten Spule induziert. In ersten Tests konnten die Experten genug Leistung durch die Luft schicken, um einen großen LCDFernseher und drei Ventilatoren zu betreiben. „Wir werden unsere elektronischen Geräte überall und jederzeit nutzen, ohne verhedderte Kabel und ohne daran zu denken, ihre Akkus zu laden“, so die Forscher. 5m Weitere Informationen: www.uni-jena.de Luft-Strom Weitere Informationen: www.kaist.edu 98 Dialoge Technologie Sportliche Batterien Nach der Natur gebaut: Libellenflügel dienen als Vorbild bei der Entwicklung antibakterieller Nanomaterialien. Experten der University of CaliforSpitzensache nia haben eine Bio-Batterie entwi- ckelt, die vorübergehend auf die Forscher der Swinburne University of Tech Haut aufgebracht wird und sich – nology arbeiten an einer Oberfläche, die mit intellietwa bei sportlicher Betätigung – genten Nanostrukturen Zellwände von Bakterien aufüber den Schweiß auflädt. Äußer- schlitzt. Keime können sich darauf gar nicht erst verbreiten. Als Vorbild dienten den Wissenschaftlern die lich einem Tattoo ähnlich, verfügt durchsichtigen Vorderflügel einer Libelle. Unter dem sie über Sensoren mit speziellen Mikroskop erkannten sie darauf unzählige spitze Enzymen, die mit Lactat reagieren, Nadeln – jede nur 240 Nanometer hoch. „Das bedeutet neuen Ansatz für die Entwicklung einer weiteren einem natürlichen Bestandteil des einen Generation von antibakteriellen Nanomaterialen für menschlichen Schweißes. Das En den Einsatz im medizinischen Bereich“, so die Forscher. zym entzieht dem Lactat Elektronen Weitere Informationen: und erzeugt so einen schwachen www.swinburne.edu.au elektrischen Strom. In Zukunft soll es mit dieser Technik möglich sein, kleinere Elektrogeräte aufzuladen. Bildquelle: Yi Cui Group at Stanford University Bildquelle: Jan-Peter Kasper/FSU Jena Ökostrom aus der Folie: Stromspeicher aus regenerativen Kunststoffen weiten das grüne Energiekonzept auch auf Batterien aus. Bildquelle: Swinburne University of Technology Geballte Kraft: Die Granatapfelform verhilft Lithium-Ionen-Akkus zu verbessertem Stromfluss und geringerem Kapazitätsverlust. Weitere Informationen: www.jacobsschool.ucsd.edu 99 Dialoge Technologie px Bildquelle: Axilum Robotics Geistesblitz: Dank transkranieller Magnetstimulation erreichen gedachte Binärcodes den „Empfänger“ in Form von Lichtimpulsen. Gedankenübertragung Ni Bildquelle: Courtesy of the researchers Einem internationalen Forschungsteam ist es gelungen, Gedanken eines Probanden über eine Entfernung von knapp 8.000 Kilometer an einen zweiten Probanden zu senden. Der „Sender“ in Indien, der eine Elektrodenkappe trug, wurde gebeten, an einen vorgegebenen Code aus Einsen und Nullen zu denken. Die Signale aus Indien wurden über das Internet an den „Empfänger“ im französischen Straßburg gesendet. Er empfing die Gedanken per transkranieller Magnet stimulation über Spulen, die an seinen Schläfen angebracht waren. Dabei wurde der Teil des Gehirns stimuliert, der für die Auswertung der Nervenimpulse aus den Augen zuständig ist. Der Code aus Einsen und Nullen erschien dem Empfänger in Form heller Licht blitze, er konnte die Zahlenfolge korrekt wiedergeben. Weitere Informationen: www.axilumrobotics.com Lückenfüller 100 Dialoge Technologie Weitere Informationen: www.berkeley.edu Aus der Luft geschossen Ein Forscherteam rund um den StanfordPhysiker Christoph Kohstall arbeitet an dem Konzept einer tragbaren Mini-Drohne, die bei Bedarf vom Hand gelenk springt und – in der Luft schwebend – Fotos oder Videos des Trägers schießen kann. Nach der Foto session soll die faltbare Drohne ganz bequem wieder ums Handgelenk gewickelt werden. Mit ihrem Konzept vereinen die Forscher Wearables und Drohnen und erschließen so vollkommen neue Einsatzgebiete. Mithilfe von Nanopartikeln aus Titan und Nickel könnte die Selbstheilung von Metallen in Zukunft gelingen. Die Forschungsgruppe Adaptive Strukturwerkstoffe am Max-Planck-Institut für Eisenforschung (MPIE) in Düsseldorf untersucht FormgedächtnislegieBiegsame Vorstellung: Bildschirme aus dem Nanomaterial rungen, die sich bei Verformungen Graphen sind extrem dünn und flexibel. an ihre ursprüngliche Mikrostruktur zurückerinnern. Treten zum Grafiken auf Graphen Beispiel Risse in Metallen auf, dann würde sich dieser Defekt von selbst Forscher der University of Cambridge haben reparieren. Anwendungsgebiete den Prototypen eines ultradünnen, flexiblen Bild sind vor allem Bauteile, die schwer schirms aus dem Nanomaterial Graphen vorgestellt. Mit einer Dicke von nur wenigen Kohlenstoffatomen zugänglich sind oder deren Mate Graphen zu den stabilsten und gleichzeitig rialien besonders zuverlässig sein gehört leichtesten Materialien. Es ist elektrisch leitfähig und müssen, zum Beispiel in der Lufthochgradig biegsam. Noch ist die Anzeige des Proto typen schwarzweiß und die Auflösung relativ gering, fahrt oder im Automobilbau. Weitere Informationen: www.mpie.de Scharfe Sache In Zukunft könnten Brillenträger auf ihre Sehhilfe verzichten, wenn sie am Computer arbeiten oder fernsehen. Wissenschaftler der University of Berkeley arbeiten an einer Technik, mit der sich Anzeigen auf Bildschirmen an die Sehschwäche des Betrachters anpassen. Ein Plastikfilter mit Tausenden kleinen Löchern kooperiert dabei mit einem ausgeklügelten Algorithmus. Die Lichtstrahlen jedes Pixels werden so gesteuert, dass sie geschärft auf die Netzhaut des Betrachters fallen. Bildquelle: Plastic Logic Bildquelle: Christoph Kohstall Weitere Informationen: www.stanford.edu Effektiv einlochen: Ein neues Material reduziert durch „intelligente“ Anpassung den Luftwiderstand. Eine Frage des Widerstands doch farbige und hochauflösende Modelle sind schon in Arbeit. Das faltbare E-Paper ist damit keine Zu kunftsvision mehr. Forscher am Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben die Eigenschaften eines Golf balls weiterentwickelt. Dank seiner unregelmäßigen Oberfläche reduziert der Golfball den Luftwiderstand und kann dadurch deutlich weiter fliegen, als es mit glatter Schale der Fall wäre. Bei sehr hohen Geschwin digkeiten verkehrt sich dieser Vorteil jedoch ins Gegen teil, der Ball wird abgebremst. Die Experten haben nun ein „intelligentes“ Material entwickelt, das sich auto matisch an den ihn umgebenden Luftwiderstand anpasst und ihn somit reduziert. Mit einer entsprechenden Beschichtung könnten so auch Autos und Flugzeuge effizienter von A nach B kommen. Weitere Informationen: www.cam.ac.uk Weitere Informationen: www.web.mit.edu 101 Dialoge Technologie Selfie von oben: Christoph Kohstalls Mini-Drohne macht sich auf Wunsch vom Handgelenk los und fotografiert ihren Träger. Energiewunder Drehmassenspeicher Auf der Rennstrecke wie im Rechenzentrum – Drehmassenspeicher sind für Audi unverzichtbar. Sie können Energie speichern und diese blitzschnell wieder abgeben. Und was als Leichtbauvariante dem Audi R18 e-tron quattro in Le Mans zum Sieg verhalf, sorgt in Ingolstadt dafür, dass im Falle eines Stromausfalls die Daten geschützt werden und die Produktion sicher weiterläuft. Text Stefanie Huber 102 Dialoge Technologie 103 Dialoge Technologie Fotos Manfred Jarisch Es wäre eine Katastrophe: Kurzschluss und Stromausfall in Ingolstadt. Auf dem knapp drei Millionen Quadratmeter großen Areal des Audi-Werks geht dann gar nichts mehr. Die riesigen Pressen, die sonst den Boden erzittern lassen, stehen still. So auch die Montagebänder. Hun derte von eben noch funkensprühenden Schweißrobotern lassen leblos die Arme hängen. Kein Monitor leuchtet, kein Drucker spuckt mehr Papier aus. Stattdessen Stille und Dunkelheit überall. In nerhalb von Sekunden stehen sämtliche unternehmensrelevante Daten auf dem Spiel. „Die Rechner und Speichersysteme können Strom schwankungen oder längere Versorgungsausfälle nicht ausgleichen, sie fallen innerhalb weniger Millisekunden aus“, erläutert Lorenz Schöberl, Leiter des Audi Rechenzentrums in Ingolstadt. Ein Horrorszenario für ein global aufgestelltes Unternehmen wie Audi, in dem tagtäglich Millionen von E-Mails transferiert und Unmengen von Daten verarbeitet werden. Doch Schöberl gibt Ent warnung: „Bei Audi müssen wir vor einem solchen Szenario keine Angst haben. Unser hochkomplexes und mehrfach abgesichertes Rechenzentrum meistert Stromschwankungen und Stromausfälle mit Bravour.“ Mehrfache Sicherheit bietet das Rechenzentrum, weil es redundant aufgebaut ist: Jede Steckdose, jede Leitung, jeder Transformator existiert in zweifacher Ausfertigung. Zudem läuft die Stromversorgung über zwei unabhängige Umspannwerke. Fällt ein Netzwerk aus, springt das andere sofort ein. Sollte die Versorgung doch einmal zusammenbrechen, kommt der große Auftritt des Drehmassenspeichers. Sein auf 3.300 Umdrehungen in der Minute beschleunigter Rotor wiegt drei Tonnen und damit mehr als zwei Audi TT. Er rast sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag um die eigene Achse. Bis zum Ernstfall. Dann kommt er innerhalb von 30 Se kunden zum Stehen und gibt dabei seine gesamte Bewegungs energie an einen Generator ab, der sie in elektrischen Strom umwandelt. „Er ist leicht, klein und kann hohe Leistungen verarbeiten. Damit ist er für uns der ideale Energiespeicher im Hybridrennwagen“, sagt Thomas Laudenbach über den Drehmassenspeicher. 104 Dialoge Technologie Für den Drehmassenspeicher wird es ernst, wenn der Strom für länger als zwei Sekunden komplett ausfällt. Dann näm lich gibt er einem von zwei 3.200 PS starken Dieselmotoren Start hilfe. 16 weitere Sekunden benötigt das Notstromaggregat, um bis zur vollen Leistung hochzufahren. In dieser Zeit überbrücken die acht Drehmassenspeicher im Rechenzentrum. Die Mitarbeiter im Werk bekommen von all dem nichts mit, an ihnen geht der Stromausfall im Rechenzentrum unbemerkt vorbei. „Drehmassenspeicher arbeiten unscheinbar im Hintergrund, sind aber nicht nur im Notfall, sondern auch im Alltag unentbehrlich“, fügt Lorenz Schöberl hinzu. Sie gleichen regelmäßig hohe Spannungsschwankungen aus und überbrücken den Aus fall des Regelstroms unterbrechungsfrei – für die Datensicherheit eine essentielle Voraussetzung. Aber was verbindet diese drei Tonnen schweren Ko losse mit ihrem um ein Vielfaches leichtere Pendant im Hybrid rennwagen R18 e-tron quattro? Trotz des Größen- und Gewichts unterschieds sind die Anforderungen in beiden Fällen sehr ähnlich: „Es geht darum, in sehr kurzer Zeit viel Leistung aufzunehmen und sie sehr schnell wieder abzugeben“, sagt Thomas Laudenbach, Leiter Elektrik, Elektronik und Energiesysteme bei Audi Sport. Denn die einzelnen Bremsphasen im Laufe eines Rennens sind enorm kurz: höchstens vier Sekunden. In dieser kurzen Zeitspanne nimmt der Schwungmassenspeicher im Rennwagen maximal 600 Kilojoule auf. 1 2 4 3 Rechenzentrum 1Vakuumgehäuse 2 Schwungrad aus Kohlenstofffaserverbund (CFK) 3 Rotor mit Neodym-Eisen-Bor-Magneten, bandagiert mit CFK 4 Stahlwelle mit Kugellagern 5 Berstschutzring aus CFK 6 Stator mit Wicklung, wassergekühlt Hybridrennwagen Gewicht 3.000 Kilogramm ca. 1/80 von 3.000 Kilogramm Umdrehungen pro Minute 3.300 40.000 Maximales Speichervolumen 16.500 Kilojoule 600 Kilojoule 6 Schnitt durch einen Drehmassenspeicher Drehmassenspeicher im Vergleich Technische Daten 5 1 Im Vergleich zu seinem großen Bruder rotiert der Schwungmassenspeicher im R18 e-tron quattro zwölfmal schneller: etwa 40.000 Mal pro Minute. Da sie aus Kohlefaser gefertigt ist, ist die Drehmasse zudem ein Leichtgewicht. „Im Vergleich zur Batterie ist diese Form der Energiespeicherung für die von uns gewählte Hybridklasse im Motorsport die bessere Alternative. Denn bei uns zählt jedes Gramm, und der Drehmassenspeicher ist deutlich leichter“, sagt Laudenbach. Im R18 e-tron quattro ist der Energiespeicher mit einer Motor-Generator-Einheit (MGU) an der Vorderachse verbunden. Beim Bremsen wird die rekuperierte Energie der Vorderräder in elektrische Energie umgewandelt und damit die Schwungmasse des Rotors beschleunigt. Gibt der Fahrer wieder Gas, läuft es ge nau umgekehrt: Der Rotor wird abgebremst, die kinetische Energie in elektrische gewandelt. Die Energie fließt zurück zur MGU an der Vorderachse und beschleunigt die Vorderräder. „Der Dreh massenspeicher ist extrem effizient und macht den R18 e-tron quattro noch schneller“, sagt Laudenbach. Um Reibung und Hitze zu verringern, läuft das Schwungrad in einem Vakuum. Denn anders als im Rechenzentrum muss im Le-Mans-Sieger aus Platz- und Aerodynamikgründen das Kühlsystem so klein wie nur irgendwie möglich gehalten werden. Im Hybridrennwagen rotiert der Drehmassenspeicher zudem nur während der Fahrt. Der große und schwere Speicher im Rechenzentrum hingegen läuft rund um die Uhr – bis er nach rund zehn Jahren ausgetauscht werden muss. Verglichen damit ist das im R18 e-tron quattro verbaute System sehr kurzlebig: Es ist für die Dauer eines Langstreckenrennens über 24 Stunden optimiert. 105 Dialoge Technologie 2 1 Im Rechenzentrum: Der Schwungmassenspeicher in Ingolstadt sorgt für ein stabiles Stromnetz und sichere Daten. 2 Im Audi R18 e-tron quattro: Der Drehmassenspeicher im Hybridrennwagen befindet sich im Cockpit links neben dem Fahrer. Silver Eye Was Audi und Leica gemeinsam haben 114 Die roten Hosen DRE – Motorrad-Fahrschule von Ducati für Fortgeschrittene 122 E-Bull Der Gran Turismo Asterion von Lamborghini 130 PASSION Leidenschaft ist die entscheidende Triebfeder bei Audi. Leidenschaft bedeutet Liebe, manchmal Lust und immer volles Engagement. die fantastischen vier 1914 bis 2014: Die legendären Rennwagen von Audi —— 106 138 Im Dauertest Mensch gegen Maschine auf der langen Strecke Impressum 108 148 Dialoge Technologie 107 Dialoge Technologie Im Dauertest Text Dr. Janine Bentz-Hölzl Marlon Matthäus Mitarbeit Dr. Michael Specht Fotos Bernhard Huber 100 km Illustrationen Carola Plappert Barbara Stehle 1.265 kg 53 kg Letzte Vorbereitungen vor dem Start: Die Route wird im Virtual Cockpit programmiert, die Schuhe fest gebunden. 19 Zoll Schuhgröße 42 Drei Disziplinen, ein Duell Im dritten Teil der Serie „Mensch gegen Maschine“ tritt Ultra-Marathonläuferin Pamela Veith gegen den neuen Audi TT ultra* an. Auf einer Strecke von 100 Kilometern messen sich die Kontrahenten in den Kategorien Energiebedarf, CO₂-Ausstoß und Leistungsfähigkeit. *Audi TT Coupé 2.0 TDI ultra: Kraftstoffverbrauch kombiniert in l/100 km: 4,4 – 4,2; CO₂-Emission kombiniert in g/km: 114 –110 108 Dialoge Technologie 109 Dialoge Technologie Energiebedarf Er ist olympische Disziplin, aber für Pamela Veith nicht mehr als eine Trainingseinheit. Beim Marathon sind 42,195 Kilometer zu bewältigen. Pamela Veith läuft mehr als die doppelte Strecke. Für diese Herausforderung geht sie an ihre körperliche Grenze und benötigt vor allem eins: Energie. Jeder Mensch hat einen Grundumsatz an Energie. Allein um zu „funktionieren“, muss Pamela Veith bereits 1.230 Kiloka lorien täglich zu sich nehmen. Dieser Grundumsatz erhöht sich bei leichter Aktivität auf rund 2.220 Kilokalorien. Das Auto hat dagegen keinen Grundumsatz. Im geparktem Zustand bleibt der Motor aus, und deshalb wird auch keine Energie verbraucht. Im Kampf Mensch gegen Maschine holt sich der TT seinen ersten Punkt. Dann geht es an den Start: Für die Ultraläuferin aus Schwaben sind die 100 Kilometer ein echter Kraftakt. Und das kos tet Energie. Bis zu 5.000 Kilokalorien muss sie dafür zusätzlich zu sich nehmen, das sind rund 50 Kilokalorien pro Kilometer. Für den Audi TT ultra ist der Wettkampf gerade mal ein Aufwärmtraining. Doch ohne Energie kommt auch das Coupé keinen Meter voran. Statt Nahrung gibt es Kraftstoff, genauer gesagt Diesel, mit dem der 2.0 TDI-Motor angetrieben wird. Auf einer Strecke von 100 Kilometern hat der Audi TT ultra einen Normver brauch von 4,2 Litern, das sind umgerechnet rund 35.470 Kilo kalorien. Im Kampf Mensch gegen Maschine ist Pamela Veith dem Audi TT ultra jetzt voraus. Ihr Energiebedarf ist niedriger, und somit steht es 1:1. Einen zusätzlichen Punkt erhält die Ultra läuferin, da sie ihren Energiebedarf aus regenerativen Quellen deckt. Im Punktevergleich steht es nun 2:1 für den Menschen. Kontrahenten und Arena Es ist ein Kräftemessen der besonderen Art. Ein knallharter Wettkampf, der den Teilneh mern alles abverlangt. Wer verbrennt auf der Straße die wenigsten Kilokalorien? Wer hat den niedrigeren CO₂-Ausstoß? Und vor allem, wer kann mit seiner Leistungsfähigkeit und dem sportlichsten Gesamtpaket überzeugen? Mensch oder Maschine? Es kann nur einen Sieger geben. Pamela Veith ist deutsche Meisterin im 100-KilometerUltralauf. Die 41-Jährige geht mit einem Kampfgewicht von 53 Kilogramm an den Start. Bei einer Körpergröße von 1,70 Metern läuft sie in Schuhgröße 42. Ihre Bestzeit auf 100 Kilometer: 8 Stun den, 10 Minuten und 15 Sekunden. Einen Marathon über 42 Kilo meter bewältigt sie in unter 3 Stunden. Ihr Vorsprung: Evolution. Der Audi TT ultra 2.0 TDI ist die konsequente Weiter entwicklung effizienter Antriebstechnologien. Mit einem Norm verbrauch von 4,2 Liter pro 100 Kilometer und einem damit verbundenen CO₂-Ausstoß von gerade einmal 110 Gramm pro Kilo meter ist er in der Welt der Sportwagen Spitzenreiter. Mit einem Leergewicht von 1.265 Kilogramm kämpft der TT ultra in der Klasse der Leichtgewichte. Er geht mit sportlichen 19-Zoll-Reifen an den Start. Sein Vorsprung: Technik. Startpunkt und Zielgerade befinden sich am Sylven steinspeicher, ganz in der Nähe von Bad Tölz. Von dort aus geht es für die Athleten auf einen 100 Kilometer langen Rundkurs. Sie passieren die Orte Lenggries, Bad Heilbrunn, Kochel und Wallgau, bevor sie die letzte Etappe zurück Richtung Stausee in Angriff nehmen. Dauerlauf: 100 Kilometer liegen vor den beiden Kontrahenten. Jetzt sind ein langer Atem und eine kluge Taktik gefragt. Bestzeit auf 100 km: 25 min 1:0 Zwischenverpflegung: Mehrere Energie-Gels braucht Pamela Veith auf der 100 Kilometer langen Strecke. 1:1 2:1 Bestzeit auf 100 km: 8 h, 10 min, 15 s 5.000 kcal 4,2 l = 35.470 kcal 110 Dialoge Technologie 111 Dialoge Technologie CO₂-Ausstoß Verschnaufpause: Kurz durchatmen, bevor der nächste Anstieg in Angriff genommen wird. In der zweiten Disziplin messen sich die Kontrahenten im CO₂Ausstoß. Denn bei der Verbrennung von Energie entsteht Kohlenstoffdioxid. Der Mensch setzt bei jedem Atemzug CO₂ frei, das zuvor der Atmosphäre durch Photosynthese entzogen und in den Nahrungsmitteln gespeichert wurde. Dieser Prozess ist Teil des natürlichen Kohlenstoffkreislaufes. Bei leichter Aktivität erzeugt Pamela Veith an einem Tag rund 874 Gramm CO₂. Durch das Laufen steigert Pamela nicht nur ihren Energiebedarf, sondern auch ihren Emissionsausstoß. Auf 100 Kilometer produziert die Ultraläuferin 2.271 Gramm ein CO₂, das sind 22,7 Gramm CO₂ pro gelaufenen Kilometer: ein absoluter Bestwert, mit dem sie ihren Konkurrenten unter Druck setzt. Der Audi TT ultra produziert im Normverbrauch 110 Gramm CO₂ pro Kilometer und liegt damit über dem Wert von Pamela Veith. Doch so leicht gibt sich der Sportwagen nicht geschlagen. Zum einen ist der Audi TT ultra ein Zwei-plus-zwei-Sitzer. Mit nur einem Beifahrer reduziert sich der Ausstoß bereits um die Hälfte. Zum anderen punktet der TT beim Wirkungsgrad. Bezieht man das Gewicht des Autos inklusive Fahrer mit ein, hat der Audi einen geringeren CO₂-Ausstoß als die Ultraläuferin. Bei einer Geschwindigkeit von 12,5 km/h kommt Pamela Veith auf einen Wert von 0,43 Gramm pro Kilometer pro Kilogramm. Der Audi TT ultra kommt bei gleicher Geschwindigkeit auf einen Wert von 0,14 Gramm pro Kilometer pro Kilogramm – und das, obwohl im ersten Gang der Verbrauch des Audi steigt. In der Disziplin CO₂-Ausstoß punkten beide Wett kämpfer. Es steht jetzt 3:2. Pamela Veith atmet jedoch CO₂ aus, das Teil des natürlichen Kreislaufes ist. Bei der Verbrennung fossiler Energien wird dagegen zusätzliches CO₂ freigesetzt. Der Anteil an klimaschädlichem Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre steigt. Die Sportlerin geht verdient mit 4:2 in Führung. Ideallinie: Über kurvige Straßen fährt unser TT seinem Ziel entgegen. Leistungsfähigkeit 241 km/h 3:2 33 km/h 4:2 0,43 g/km pro Kilogramm 4:4 0,14 g/km pro Kilogramm 112 Dialoge Technologie 113 Dialoge Technologie Die 100 Kilometer sind fast geschafft: Zeit für die Königsdisziplin – welcher Kontrahent kann mit seiner Leistungsperformance überzeugen? 100 Kilometer kosten Kraft und zehren an Pamelas Ausdauer. In gleichmäßigen Abständen sorgt sie für Energienach schub und wird am Ende des Rennens sechs kohlenhydratreiche Energie-Gels zu sich genommen haben. Ihr Normverbrauch an isotonischen Getränken liegt bei rund fünf Litern. Getankt wird regelmäßig, alle 30 Minuten 300 Milliliter. Der Audi TT ultra wartet dagegen mit einem Norm verbrauch von 4,2 Litern auf, eine Tankfüllung reicht rein theoretisch für 1.190 Kilometer. Anders ausgedrückt, bevor unser TT an die Zapfsäule muss, könnte er ganze zwölf Ultra-Marathons bestreiten. Um diese Rennen zu bestehen, müsste Pamela Veith 72 Energie-Gels essen – und rund 60 Liter trinken. Klarer AusdauerPunkt für die Maschine. Beim Thema Schnelligkeit legt der Audi TT ultra die Messlatte hoch. Den Sprint von null auf 100 km/h schafft er in 7,1 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei satten 241 km/h. Im Sprint bringt es Pamela auf maximal 33 km/h, ihre Durch schnittsgeschwindigkeit auf den 100 Kilometern liegt bei 12,5 km/h. Damit ist sie sehr gut unterwegs und überquert nach etwas über acht Stunden die Ziellinie. Der Audi TT ultra könnte die Strecke bei durchgängiger Spitzengeschwindigkeit in 25 Minuten bewältigen. Doch er hat auf dem Rundkurs an der einen oder anderen Stelle mit Geschwindig keitsbegrenzungen und roten Ampeln zu kämpfen. Den Umständen trotzend, erreicht unser sportliches Coupé die Ziellinie nach einer Stunde und 45 Minuten. Eine ordentliche Zeit, und damit geht der Punkt für Schnelligkeit an den Audi TT ultra. Fazit: In der Disziplin Leistungsfähigkeit überzeugt die Maschine. Sowohl beim Thema Ausdauer als auch in Sachen Ge schwindigkeit hat unser TT ultra die Nase vorn. Nach 100 Kilo metern ist das Ergebnis eine Überraschung: Es steht 4:4 und damit unentschieden. Pamela Veith hat sich ihre Ruhepause verdient. Ohne weitere Kraftanstrengung setzt sie sich hinter das Steuer des Audi TT ultra und macht sich entspannt, mit einem außerordentlich niedrigen Verbrauch, auf den Nachhauseweg. Text Hermann Reil Fotos Michael Agel, Leica Camera AG Innovation im Design: Mit seinen neuen Kameramodellen punktet Leica auch im Design. In der Zusammenarbeit mit Audi entstehen Formen von klarer Kraft. SILVER eye Präzision, Reduktion, Innovation, Qualität Nach denselben hohen Maßstäben wie bei den Automobilen gestaltet Audi Design auch Produkte für Kooperationspartner. Etwa für den renommiertesten Kamerahersteller der Welt – Leica. 114 Dialoge Technologie 115 Dialoge Technologie 1.156 Gramm fühlbare, sichtbare, erlebbare Präzision. Ein Konzept höchster Reduktion. Ein Design mit absoluter Konsequenz. Und eine Technologie, die selbstverständlich State-of-the-Art ist. Nicht von einem Automobil ist hier die Rede, das macht schon die Gewichtsangabe deutlich. Alle weiteren Eigenschaften jedoch könnten auch auf einen Audi zutreffen. Und damit ist eines der Geheimnisse gelüftet, die die Zusammenarbeit zwischen Audi Design und der Leica Camera AG so besonders machen: Man tickt ganz ähnlich. Leica ist ein großer Name in der Welt der Foto grafie: Hier wurde das Kleinbildformat erfunden, hier stellt man die besten Objektive her, und hier schuf man die M – jene legendäre Messsucherkamera, deren Re portagefotos aus der ganzen Welt längst zum visuellen Gedächtnis der Menschheit gehören. Auch heute gilt die M für viele noch oder wieder als Inbegriff der Foto grafie und als das einzig wahre Werkzeug für den Kre ativen – seit Leica die Kamera auf einem ganz eigenen Weg erfolgreich in das digitale Zeitalter geführt hat. Eine solche Legende in die Zukunft zu tragen, sie optisch völlig neu zu interpretieren und dabei die DNA der Marke und des Produkts eindeutig zu bewahren – das gehört mit zum Schwierigsten, was ein Designer zu leisten hat. Aber natürlich auch zum Span nendsten. Zum 60. Geburtstag der Leica M hat Audi De sign diese Aufgabe ohne Frage mit Bravour bewältigt – genauer gesagt der Bereich Produktdesign in Mün chen. Die Gestalter dort sind vor allem außerhalb der Automobilwelt aktiv und kooperieren mit renommier ten Marken. Und selbstverständlich wird ihre Arbeit dabei von derselben Konsequenz und Qualität getragen, wie man sie auch von den Automobilen mit den Vier Ringen her kennt. „Zum Jubiläum unseres M-Systems wollten wir nichts Rückwärtsgewandtes machen, sondern die Kern werte unserer Marke auf innovative Weise umsetzen“, erinnert sich Stefan Daniel, bei Leica verantwortlich für den Bereich Fotografie. Eine entscheidende Idee hatte er schon: Das Jubiläumsmodell sollte kein Display haben. Kein Display! Eine hochklassige Digitalkamera ohne die Möglichkeit, das Bild sofort nach der Aufnah me zu kontrollieren, das erscheint zunächst einigermaßen abstrus. Und doch, sagt Stefan Daniel, ist es nur kon sequent. Leica steht für absolute Reduktion auf das Wesentliche. Bei einem Foto sind das – neben Auge und Gefühl des Fotografen für das Motiv natürlich – eben Schärfe, Blende, Zeit und Empfindlichkeit. Zudem kam die M in den ersten fünf Jahrzehnten ihrer 60-jährigen Geschichte ebenfalls ohne Display aus – schlicht, weil man analog auf Film fotografierte. Und Leica produziert noch heute analoge Versionen der M, hat erst ein Modell völlig ohne Elektronik neu präsentiert. Kon sequent, für Puristen. Jubiläum ohne Retro: Die Sonderserie Leica M Edition 60 interpretiert die Urform der Kleinbildkamera in neuer Konsequenz. Zum Jubiläum unseres M-Systems wollten wir nichts Rückwärtsgewandtes machen, sondern die Kernwerte unserer Marke auf innovative Weise umsetzen. Stefan Daniel Der Designer: André Georgi leitet das Audi Produktdesign und setzt auf eine extrem hochwertige Haptik – wie bei der Leica T mit ihrem Gehäuse aus poliertem Aluminium. Wer keine Innovationen haben will, wer nicht einen deutlichen Schritt vorangehen will, braucht Audi Design nicht zu beauftragen. Maximale Konzentration: Einschalter, Zeitenring, Auslöser – mehr braucht die Leica M Edition 60 nicht. Und ein unauffälliges Knöpfchen für die Sucheranzeigen … André Georgi Der Kamera-Mann: Stefan Daniel verantwortet bei Leica Camera die Fotografie-Produkte und baut auf Differenzierung durch Qualität, Design und Bedienung. LEICA Scannen Sie den QR-Code und sehen Sie, dass schon das Auspacken der Leica M Edition 60 zum Erlebnis wird. 116 Dialoge Technologie M60 117 Dialoge Technologie Scannen Sie den QR-Code und sehen Sie den kontemplativsten Video-Spot, den wir jemals hatten: knapp 45 Minuten Handpolitur eines Leica T-Gehäuses. Da wir aus der Welt des Automobils kommen, kennen wir nicht nur die Designthemen sehr gut, sondern wissen auch mit den Materialien richtig umzugehen – gerade mit Aluminium. André Georgi Handwerk: Das Gehäuse der Leica T wird in einem Stück aus einem Aluminiumblock gefräst und anschließend fast eine Stunde von Hand poliert. Leistung: Leica hat eine hohe Fertigungstiefe, vom Gehäuse der T bis zu den Sensoren der M. Präzision: Mit rund 1.400 hoch spezialisierten Mitarbeitern fertigt Leica Kameras und Objektive. Klassische Tugenden waren also gefragt, maximale Reduktion – aber auf keinen Fall ein Design mit Retro-Anmutung. Eine ideale Aufgabe für die Gestalter bei Audi Design. „Leica ist ein traumhafter Partner für uns“, sagt André Georgi, der den Bereich Produktdesign in München leitet. „Das Gefühl für Qualität und der hohe Anspruch verbinden uns. Es gibt auf beiden Seiten ein klares Gefühl dafür, wie ein Produkt sein muss.“ Und so hat das Team von Audi Design für Leica eine neue Ikone geschaffen: Die Leica M „Edition 60“ trägt die traditionellen Grundelemente der M in die Zu kunft, reduziert wurde jedoch bis ins Extrem: Oben auf der Kappe blieben nur der Auslöser mit Ein-Schalter sowie das Zeitenrad, auf der Rückseite das Einstellrad für die Empfindlichkeit. Natürlich gibt es noch die Fens ter des Messsuchers – das ist dann aber auch schon alles. „Mit der M muss man sehr behutsam umgehen, so wie mit jeder Ikone“, sagt Audi-Designer André Georgi. „Die klassische Dreiteilung Metall-Leder-Metall haben wir beibehalten, allerdings in neuen Proporti onen. Die Grundform soll die Präzision so exakt wie möglich zeigen. Jeder einzelne Radius ist perfekt definiert. Mit einem Radius von 0,2 Millimeter fühlt sie sich fast schon kantig an. Das umlaufende Lederband hat keine sichtbare Trennfuge, es soll wie ein massiver Block wirken.“ Was Georgi mit schlanken Worten beschreibt, ist das Ergebnis eines harten Ringens, zwischen De signer und Techniker, zwischen formalem Anspruch und Produzierbarkeit, zwischen Konsequenz und Kosten. In diesem Fall aber auch zwischen Dienstleister (Design) und Kunde (Hersteller). „Natürlich kämpfen wir um unsere Ideen“, stellt André Georgi klar. „Wer keine Innovationen haben will, wer nicht einen deutlichen Schritt vorangehen will, braucht Audi Design nicht zu beauftragen.“ Im Fall der Leica-Kooperation ist der Kunde um diesen Kampf aber dankbar, denn „nur in der Reibung, in der langen Diskussion entsteht die bestmögliche Lösung“, pflichtet Leica-Manager Stefan Daniel bei. Leica Camera hat eine sehr hohe Fertigungs tiefe, auch die Gehäuseteile entstehen weitgehend in der neuen Fabrik in Wetzlar. Bei der Leica M Edition 60 ist diese Produktion stark gefordert: Die Gehäuseteile sind ebenso wie die Metallteile des Objektivs aus Edelstahl gefräst. Das ist sehr viel aufwendiger und natürlich auch teurer als das Fräsen aus Aluminium oder Messing. „Zum Glück haben wir eine hoch Leidenschaft: Die Entscheidung für eine Leica ist immer auch ein emotionales Thema, weiß Stefan Daniel. 118 Dialoge Technologie 119 Dialoge Technologie qualifizierte Mannschaft, die solche Aufgaben bewäl tigt“, sagt Daniel. Dass die Edition 60 als limitiertes Sammlerstück ihren Preis hat, ist gerade bei der High end-Marke Leica keine Frage. Mit 15.000 Euro inklusive Objektiv und viel Zubehör ist die Kamera um etwa 25 Prozent teurer als ein Serienmodell – was allerdings im Hinblick auf Exklusivität und Aufwand schon wieder fair erscheint. Ein weiteres Gemeinschaftsprojekt war min destens ebenso ambitioniert. Ging es doch darum, mit einer zusätzlichen Produktreihe für die Marke Leica einen guten Schritt in die Zukunft zu gehen. Eine spiegellose Systemkamera war geplant, mit Wechselob jektiven und einem vergleichsweise großen Sensor für hohe Bildqualität. „Wir bewegen uns in einem extrem intensiven Wettbewerb“, sagt Stefan Daniel. „Natürlich muss ein neues Modell von Leica in der Bildqualität höchstes Niveau haben, aber eine Differenzierung über technische Inhalte reicht nicht aus. Dazu braucht es Faktoren wie eine innovative und intuitive Bedienung – und eben ein starkes Design. Da müssen wir ein völlig anderes Level haben als unsere Konkurrenten.“ „Das ist bei Audi nicht anders“, weiß André Georgi. „Auch bei unseren Automobilen zählen das stimmige Konzept und das konsequent hohe Quali tätsniveau. Für den Kunden muss dieser Anspruch stets spürbar sein.“ Dafür braucht es natürlich immer eine klare Idee. Beim Leica-Projekt mit dem Decknamen Taifun war dies der Unibody, ein Gehäuse, das komplett aus einem einzigen Block Aluminium gefräst und anschließend höchst aufwendig von Hand poliert wird. „Das ist der ultimative Qualitätsbringer“, schmunzelt Audi-Designer Georgi. „Da passt alles perfekt, und das Gefühl, wenn man die Kamera in der Hand hat, ist kaum zu beschreiben.“ Für den Leichtbau- und Aluminiumpionier Audi lag dieses Material sprichwörtlich auf der Hand. „Da wir aus der Welt des Automobils kommen, kennen wir nicht nur die Designthemen sehr gut, sondern wissen auch mit den Materialien richtig umzugehen – gerade mit Aluminium. Das ist sicher eine weitere Stärke von Audi Design“, ist André Georgi sicher. Die Produktion bei Leica hatte ebenfalls bereits Erfahrung mit der Bear beitung dieses Metalls, musste aber mit neuen Maschi nen und Prozessen deutlich „aufrüsten“. „Weniger Fugen, keine Schrauben, minimale Radien – das ist unser kleines Qualitäts-Einmaleins, das wir mit jedem Partner umsetzen“, sagt André Georgi. Natürlich waren Reduktion und Konzentration auch bei der Leica T, wie das Serienmodell nun heißt, ein zentrales Thema. Nicht nur im Design, sondern auch in der Bedienung: Allein die Kernfunktionen haben Schalter, alles Weitere läuft über das berührungssensible Dis play. „Eine solche Entwicklung bringt uns neue Erfah rungen, die wir auch ins eigene Unternehmen zurücktragen können“, weiß André Georgi. „Die Gestaltung klarer Interfaces ist auch in der automobilen Welt ein zentrales Thema.“ Inzwischen ist aus der Kooperation zwischen den Designern in München und den Kameraspezialisten in Wetzlar ein Stück Freundschaft geworden. Und längst arbeitet man gemeinsam an den nächsten Top-Produk ten – maximal reduziert, versteht sich. Aus dem Vollen: Mit der T besetzt Leica das noch recht neue Segment der Systemkameras ohne Spiegel. Das von Audi Design entworfene Gehäuse wird aus einem Aluminiumblock gefräst. Der rote Punkt: Auch die Montage ist Präzisionsarbeit auf höchstem Niveau. Natürlich muss ein neues Modell von Leica in der Bildqualität höchstes Niveau haben, aber eine Differenzierung über technische Inhalte reicht nicht aus. Dazu braucht es Faktoren wie eine innovative und intuitive Bedienung – und eben ein starkes Design. Hightech fürs Auge: Für die Qualität seiner Objektive genießt Leica seit jeher höchstes Renommee. Stefan Daniel Leica M9 Titan Der Grundstein für die Zusammenarbeit mit Leica wurde im Jahr 2010 mit der M9 Titan gelegt, einer längst hoch begehrten Sammleredition der legendären Leica M. Konzipiert hatte das Design Walter de Silva, Leiter Konzerndesign bei Volkswagen, umgesetzt wurde es bei Audi Design in München. Ein weiteres Kooperationsprodukt ist die Kompaktkamera Leica C. Klare Logik: Die Leica T besitzt ein neues Bediensystem mit Touchscreen, die Zahl der Schalter und Knöpfe ist sehr reduziert. LEICA Scannen Sie den QR-Code und sehen Sie ein kurzes Video zur Leica T. 120 Dialoge Technologie T 121 Dialoge Technologie Leica Camera AG Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts waren Fotoapparate groß, unhandlich und für einen Laien nicht zu bedienen. Den wirklichen Durchbruch zu einer praktischen, auch unauffälligen Alltags- und Reportagekamera konstruierte der Ingenieur Oskar Barnack 1914 mit der Leitz Camera, der Leica. In Serie ging die Kamera erst 1925, wurde aber zu einem großen Erfolg. 1954 wurde die Leica M präsentiert. Anstelle des früheren Schraubgewindes wurden die Objektive jetzt über ein Bajonett angesetzt, das wesentlich schnelleres Wechseln der Objektive ermöglichte. Lange Zeit war die Leica M das bevorzugte Arbeitsgerät der weltweit führenden Reportagefotografen. Mit der Leica M8 begann 2006 das Digitalzeitalter, heute wird die M in erster Linie von ambitionierten Amateuren und Profis genutzt, die besonders unauffällig arbeiten wollen. Die Die roten rotenHosen Hosen Ducati Ducati RidingExperience Experience Riding Mit der 899 Panigale auf dem Adria Raceway Motorradfahren ist pure Freude. Mit einer Ducati wird das Vergnügen zur Lust. Doch die italienische Motorradschmiede hält noch eine Steigerung parat: die Ducati Riding Experience – eine Fahrschule mit hohem Adrenalinfaktor. 122 Dialoge Technologie 123 Dialoge Technologie Spitzensportler 899 PANIGALE → 148 UND 169 KG 2 PS 1 Text Guido Stalmann Fotos Marco Marini Bevor er bei der morgendlichen Theoriestunde die wichtigste Anweisung des Tages an seine Schüler richtet, setzt Dario ein sehr ernstes Gesicht auf. Keine leichte Aufgabe für den sympathischen Italiener, der sonst stets gute Laune verbreitet. Um seiner Warnung Nachdruck zu verleihen, hebt Dario sogar den ausgestreckten Zeigefinger, seine Augenbrauen wandern ein paar Millimeter in Richtung der kahlgeschorenen Schädeldecke. Er hält einen Moment inne, lässt seinen Blick durch den schmucklosen Besprechungsraum neben der Renn strecke wandern. Rund 50 Fahrschüler sitzen hier in Ledermontur und starren ihn erwartungsvoll an. Dann schließt Dario seine Ein weisung mit einer klaren Aufforderung ab: „Und dass ja keiner versucht, mir zu imponieren!“ Die Warnung weiß jeder der anwesenden Teilnehmer einzuordnen. Es ist die eindringliche Aufforderung, es bei dem Rennstreckenlehrgang der Ducati Riding Experience, kurz: DRE, unter keinen Umständen zu übertreiben. Denn wer sich hier in den Grenzbereich der Selbsteinschätzung begibt, der läuft leicht Ge fahr, unliebsame Bekanntschaft mit dem Asphalt zu machen. Und Sicherheit ist bei der Riding Experience höchstes Gebot. Es dürfte ohnehin kaum möglich sein, einem dieser Instruktoren mit seinen Fahrkünsten zu imponieren. Schließlich handelt es sich durchweg um ehemalige oder aktive Rennfahrer, die beim Racing Course 1 auf dem italienischen Adria Raceway in der Kunst der sportlichen Fortbewegung auf zwei Rädern unterrichten. Dario Marchetti ist Chefinstruktor und Vater der Ducati Riding Experience, die vor elf Jahren mit einem Kurs auf der Renn strecke von Imola ihren Lehrbetrieb aufnahm. Davor war er mehr als zwei Jahrzehnte als Rennfahrer aktiv: in den Weltmeister schaften der 125-, 250- und 500-cm³-Klasse, in der SuperbikeWeltmeisterschaft sowie bei Langstreckenrennen. Zu Darios zehnköpfigem Kompetenzteam, das er an diesem Morgen den Teilnehmern vorstellt, zählen unter anderem Alessandro Valia, ExRennfahrer und heute Cheftestfahrer von Ducati, sein italienischer Landsmann Manuel Poggiali, der 2001 als 18-Jähriger die Weltmeisterschaft der 125er-Klasse und zwei Jahre später die 250er-Kategorie gewann, oder der Australier Andrew Pitt, 2008 Weltmeister in der Supersport-Kategorie. Ein Narr, wer diesen Kali bern zu imponieren versucht. 124 Dialoge Technologie Nach der Vorstellung seiner Instruktoren sowie einer 30-minütigen Theorieeinheit bittet Dario zur Praxis hinunter in die Boxengasse. Der Unterricht in der Ducati-Schule ist altersübergreifend. Hier drücken Mittzwanziger die Sitzbank gemeinsam mit Lernwilligen, die bereits auf die 60 zugehen. Zur Klasseneinteilung dienten am Vortag einführende Übungseinheiten auf dem Park platz. Jeweils fünf Teilnehmer bilden eine Gruppe, insgesamt zehn Gruppen sind an diesem Tag am Start. Erfahrene Teilnehmer – zu erkennen an den abgeschliffenen Knieschonern der Lederkombi – werden separiert. Dadurch spüren diejenigen, die zum ersten Mal auf einer Rennstrecke fahren, keinen gruppendynamischen Druck. Ein pädagogisch sinnvoller Ansatz. In einem Punkt befinden sich ausnahmslos alle Teil nehmer auf einem außerordentlich hohen Niveau: der Passion fürs Motorradfahren. Viele sind Besitzer einer Ducati, nicht wenige haben daheim mehr als ein Motorrad in der Garage. Die emotionale Strahlkraft der Kultmarke aus Bologna in Kombination mit einem professionellen Schulungsangebot hat ein buntes Völkchen aus der ganzen Welt zum Adria Raceway gelockt. Frank, der Polizist aus München, hat den DRE-Kurs mit einem Kurzurlaub in Italien verbunden. Elie, der gelernte Ingenieur aus Israel, der seit einigen Jahren in Jerusalem Schokolade produziert, ist extra für den anderthalbtägigen Kurs eingeflogen. „Bei uns in Israel gibt es keine Renn strecke, geschweige denn einen solchen Lehrgang“, sagt er. 3 4 1 Tipps vom MotorradWeltmeister: Instruktor Manuel Poggiali mit seinen Fahrschülern. 2 Aufwärmtraining: Racing Course 1 beginnt mit Übungen auf einem Parcours mit Pylonen. Der 3 Trockenübung: Die richtige Sitzposition ist entscheidend für die Kurvenlage. Rennstrecke hat nicht zum aus dir einen Rennfahrer zu 4 Vor der Praxis steht die Theorie: Chefinstruktor Dario Marchetti beim Briefing am Morgen. Lehrgang auf der Ziel, machen. Es geht darum, und Kon- Fahrtechnik Motorrad trolle über das zu verbessern. Das hilft dann auch im StraSSenverkehr. Dario Marchetti → Chefinstruktor 125 Dialoge Technologie 5 6 ABS, Traktionskontrolle und Hochschalten, ohne die Kupplung zu betÄtigen – die Ducati 899 Panigale ist das ideale Motorrad fÜr die ersten Runden auf der Wie im Rennsport → Bei der Ducati riding experience wird eine forcierte Gangart kultiviert. Für Steven, den Geschäftsmann aus Griechenland, ist es ebenso das erste Mal auf der Rennstrecke wie für den Italiener Palmiro, dessen mittelständisches Unternehmen Kunststoffteile herstellt. „Normalerweise fahre ich entspannt mit meiner Touren maschine“, erklärt er, „aber das Rennstreckentraining der Ducati Riding Experience wollte ich unbedingt einmal ausprobieren.“ Zweifelsohne nicht zum ersten Mal dabei ist Sergej, ein junger ambitionierter Russe, der schon bei den Übungen am Vortag auf dem Parkplatz mit Schräglagen glänzte. Soweit ist Michael noch nicht. Für den Amerikaner, der eine kleine Sammlung von Ducati-Maschinen sein Eigen nennt, ist Racing Course 1 eine Vor bereitung für sein ganz persönliches Sommerprogramm. Er plant, seine neue Ducati 1199 Panigale Superleggera – die in limitierter Auflage produzierte und mehr als 149 kW (über 200 PS) starke High-End-Version des Superbikes aus Bologna – auf einigen Renn strecken in Europa artgerecht auszuführen. Rennstrecke. 5 Auf Tuchfühlung mit dem Asphalt: Instruktor und Teilnehmer mit den Knien am Boden. 6 Kompetenter Rat: Ducati-Cheftestfahrer Alessandro Valia ist einer der Instruktoren der DRE. Alessandro Valia → ChefTestfahrer Ducati und Instruktor 7 Farbgebung: Die Instruktoren sind am roten Motorrad zu erkennen. 7 126 Dialoge Technologie 127 Dialoge Technologie Das internationale Teilnehmerfeld macht sich in der Boxengarage für die erste Übungseinheit fertig. Rückenprotektor anziehen, den Reißverschluss der Lederkombi bis zum Anschlag hochziehen, Helm aufsetzen, Handschuhe überstreifen. In der Boxengasse wartet bereits das edle Unterrichtsmaterial: 25 Ex emplare der Ducati 899 Panigale, einheitlich in weiß, fünf Reihen à fünf Motorräder, jeweils angeführt von der roten Ducati des Instruktors. Allein der Anblick lässt Motorradfahrerherzen höherschlagen. Die 899 ist das Einstiegsmodell von Ducati im SuperbikeSegment. 109 kW (148 PS), 169 kg Trockengewicht. ABS und Trak tionskontrolle sind elektronisch einstellbar. Und dank Ducati Quick Shift Technologie kann man hochschalten wie in der MotoGP: unter Volllast ohne zu kuppeln. „Es ist das ideale Motorrad für den Ein stieg auf der Rennstrecke“, sagt Dario. „Es ist sehr handlich, hat ausreichend Power und elektronische Assistenzsysteme wie Trak tionskontrolle und ABS.“ Davon dürfen sich die ersten Teilnehmer nun selbst überzeugen. Der Stundenplan für den Tag sieht vor, dass stets fünf Gruppen 20 Minuten gleichzeitig auf der Strecke sind, während die anderen fünf Gruppen in der Boxengarage mit ihrem Instruktor Theorieunterricht haben. Wie sitzt man bei sportlicher Fahrweise richtig auf dem Motorrad? Wie setzt man die Stiefel auf der Fuß raste auf, ohne dass sie bei der Kurvenschrägfahrt den Asphalt berühren, was zum Sturz führen kann? Wie wird das Motorrad aus hoher Geschwindigkeit sicher abgebremst und wie schaltet man dabei runter? Oder wie lehnt man sich bei extremer Kurvenschräg fahrt neben das Motorrad? Bei allem Spaß am Sportunterricht – der pädagogische Ansatz der DRE ist nicht zu vernachlässigen: Wer lernt, auf der Rennstrecke ein Motorrad im Grenzbereich zu bewegen, der profitiert davon auch bei normalem Tempo im Straßen verkehr. Das Erlernte kann dann unmittelbar in der nächsten Praxiseinheit umgesetzt werden. Dabei folgt die Gruppe in einer Reihe dem Instruktor, der mit gutem Gespür für die Leistungs fähigkeit seiner Schüler das Tempo vorgibt. Während der PraxisSessions gilt absolutes Überholverbot. Privatduelle in Schräglage würden das Risiko erhöhen, ganz davon abgesehen, dass profilierungssüchtige Streber – wie im normalen Schulalltag auch – den Klassenfrieden stören. Schließlich wird bei der DRE eine forcierte Gangart kultiviert. Die 275 km/h Höchstgeschwindigkeit, die mit der 899 möglich sind, würden auf der insgesamt 2,7 Kilometer messenden Rennstrecke vor den Toren Venedigs allerdings nicht einmal die Instruktoren erreichen. Dafür ist die Start-Ziel-Gerade einfach zu kurz. Auf dem Adria Raceway liegt der Topspeed mit der 899 knapp unter der 200-km/h-Marke, ein Wert, der allemal respekteinflößend ist. Wer dann das Motorrad am Ende der Geraden hart abbremst, ohne dass das Hinterrad nervös zu schlingern beginnt, dabei mit sauberen Zwischengasstößen vom sechsten in den zweiten Gang runterschaltet, die 899 in die Linkskurve einlenkt und den Oberkörper mit ausgestrecktem rechten Arm neben das Motorrad verlagert, so dass sich die Einheit aus Mensch und Maschine kontrolliert Richtung Kurvenscheitelpunkt senkt, der schafft es, dass der Knieschoner wie bei den Profis den Asphalt berührt. Dieser ultimative Beleg einer respektablen Schräglage löst bei Renn streckennovizen höchste Glücksgefühle aus. Und wem es am Ende des Lehrgangs schließlich gelingt, das Knie in zügiger Kurvenfahrt regelmäßig in Kontakt zur Fahr bahn zu bringen, dem stellt die Ducati Riding Experience das Ver setzungszeugnis in den Racing Course 2 aus. Er findet auf der berühmten Rennstrecke im italienischen Mugello statt, wo auch die MotoGP gastiert. Die Kursteilnehmer sind dort mit der großen Schwester der 899 unterwegs, der 1199 Panigale R mit 143 kW (195 PS). Auf der ein Kilometer langen Start-Ziel-Gerade von Mugello kann man sich mit der 1199 der 300-km/h-Marke nähern. Dort dürften Darios mahnende Worte zu Beginn des Lehrgangs noch etwas eindringlicher ausfallen. 899 panigale 899 Panigale Technische Daten Motor Bauart V2-Zylinder mit vier Ventilen pro Zylinder und desmodromischer Ventilsteuerung Hubraum 898 cm³ Bohrung/Hub 100 x 57,2 mm Leistung 109 kW (148 PS) bei 10.700 1/min feugiat. Suspendisse enim turpis, dictum iaculis a, Drehmoment 99 Nm bei 9.000sed, 1/min condimentum nec, nisi. Praesent nec nisl a purus blandit viverra. Praesent acKraftübertragung massa at ligula laoreet iaculis. Nulla neque dolor, saDucatiturpis nunc, gittis eget,Getriebe iaculis quis, molestie non,6-Gang velit. mit Mauris Shift (DQS)pharetra conblandit et, volutpat molestie, porta ut,Quick ligula. Fusce Kupplungut nisi. Donec mi odio, Nasse Mehrscheiben-Kupplung vallis urna. Quisque faucibus at, scelerisque mit hydraulischer Betätigung quis, convallis in, nisi. Suspendisse non nisl sit amet velit hendrerit rutrum. Rahmen/Fahrwerk Ut leo. Ut aRahmenAluminium-Monocoque nisl id ante tempus hendrerit. Proin pretium, leo ac pellentesque mollis, felis nunc ultrices eros, sed gravida augue Gabel einstellbare Showa-Gabel, augue mollis Nullamit facilisi. Donec id justo. Suspendisse eu ligula. Tauchrohre 43 mm Durchmesser justo. Praesent porttitor, nulla vitae posuere iaculis, arcu nisl digSchwinge Zweiarm-Schwinge mit suscipit nissim dolor, a pretium mi sem ut ipsum. Curabitur suscipit einstellbarem Sachs-Federbein tellus. Praesent vestibulum dapibus nibh. Etiam iaculis nunc ac Reifen Pirelli Diablo Rosso Corsa metus. 120/70 ZR17 (vorn) Ut id nisl quis enim dignissim sagittis. Etiam sollicitu und 180/60 ZR17 (hinten) din, ipsum eu pulvinar rutrum, tellus ipsum laoreet sapien, quis Bremsen vorn zwei halbschwimmend venenatis ante odio sit amet eros. Proin magna. Duis vel nibh at gelagerte Bremsscheiben (320 mm), velit scelerisque suscipit. Curabitur turpis. Vestibulum suscipit radial montierte Brembonulla quis orci. Fusce ac felis sit amet ligula pharetra condimentum. Monobloc-Bremssättel M4.32 Maecenas egestas arcu quis ligula mattis placerat. Duis lobortis mit vier Kolben, massa imperdiet quam. Suspendisse potenti. Pellentesque mehrstufiges Bosch-ABS com(abschaltbar) modo eros a enim. Vestibulum turpis sem, aliquet eget, lobortis Bremsen hinten Bremsscheibe pellentesque, rutrum eu, nisl. Sed libero. Aliquam(245 eratmm), volutpat. Etiam vitaeZwei-Kolben-Bremssattel tortor. Morbi vestibulum volutpat enim. Aliquam eu nunc. Nunc sed turpis. Sed mollis, eros et ult 9 8 wichtige Sicherheits- Eine egel bei den Gruppentrainings: r Es gilt Überhol- absolutes Rennstrecke, Gewicht und Abmessungen Trockengewicht 169 kg Gewicht fahrfertig 193 kg Sitzhöhe 830 mm Radstand 1.426 mm kein Rennen. Dario Marchetti → Chefinstruktor DRE Technische Ausstattung/Fahrhilfen Serienmäßig elektronisch einstellbare Fahrprogramme (Riding Modes, Power Modes), ABS, DTC, DQS, EBC, elektronische Gasbetätigung (Ride-by-Wire), Lenkungsdämpfer 8 Moderner Unterricht: Instruktor Manuel Poggiali (links) bei der Videoanalyse mit einem Teilnehmer. GlÜcksgefÜhl in SchrÄglage → Wenn das Knie am Boden schleift. 9 Bitte ducken: Aerodynamisch günstige Haltung auf der Start-Ziel-Geraden. 128 Dialoge Technologie auf der verbot. Wir fahren zwar machen aber 129 Dialoge Technologie E-Bull Text Hermann Reil Fotos Lamborghini Gran Turismo: Sinnliche Formen, extreme Kraft, luxuriöse Ausstattung, aber auch Fahren mit Null-Emission in den Metropolen – das Concept Car Asterion ist ein Lamborghini mit neuem Charakter. Emotionen statt Emissionen Mit dem Concept Car Asterion testet Lamborghini die Zukunft: Der Plug-in-Hybrid liefert atemberaubende Fahrleistungen, rollt leise und emissionsfrei durch die Stadt und zeigt eine neue Designsprache – inspiriert von dem ganz anderen Lamborghini-Fahrgefühl. Scannen Sie den QR-Code und erleben das technische Konzept des Lamborghini Asterion in einer Animation. 130 Dialoge Technologie 131 Dialoge Technologie Von seiner ersten Fahrt mit dem Plug-in-Hybrid-Technologieträger ist Filippo Perini noch heute schwer beeindruckt: Der energische Druck, mit dem die drei Elektromotoren den Prototypen schon ab dem Werkstor beschleunigten, das smoothe, elegante Rollen von Sant’Agata Bolognese ins benachbarte San Giovanni in Persiceto und dann, nach dem Einbiegen auf die Autobahn A14, die schiere Gewalt aus dem perfekten Zusammenspiel von Zehnzylinder-Triebwerk und E-Antrieb. 669 Kilowatt Systemleistung. In Pferdestärken klingt die Zahl natürlich noch beeindruckender: 910! Doch es sind nicht allein der Vortrieb, die Faust im Nacken, die reine Beschleunigung, die Filippo Perini unvergesslich bleiben. Das kennt der Leiter des Centro Stile von den Produkten der eigenen Marke ja bestens. Es ist vielmehr die enorme Lässigkeit, mit der dieser erste Hybridantrieb im Zeichen des rasenden Stiers seine Leistungsexplosionen zelebriert. Und es ist der stete Wechsel zwischen der satten, emotionalen Tonart des V10 und der stillen Potenz des Elektroantriebs – nach Gusto wählbar über einen Knopf im Lenkrad oder durch den Leistungswunsch per Gaspedal. „Das bedeutete für mich ein völlig neues Lamborghini-Fahrgefühl“, erzählt Perini. „Ich habe einen souveränen, enorm kraftvollen Gran Turismo erlebt. Ein Auto, das man weniger auf der Rennstrecke als auf der großen Reise genießt. Mir war sofort klar, dass man das auch im Design spüren muss.“ So ist der Asterion ein etwas anderer Lamborghini geworden. Nicht ganz so extrem in der Formensprache, im Package, im Sitzgefühl, sicher auch nicht ganz so aggressiv im Auftritt wie etwa ein Aventador. Aber dennoch mit der Aura der absoluten Überlegenheit, mit einer in jeder Situation souveränen Kraft. Dazu kommt eine gute Portion jener klassischen Eleganz, die große Gran-Turismo-Modelle aus Italien schon immer auszeichnet. „Wir wollen zeigen, dass auch diese Seite zu Lamborghini gehört“, sagt der Designchef. „Schließlich war schon der erste Lamborghini ein großer, eleganter GT.“ Deshalb trägt der Asterion für Perini ebenso viel Lamborghini-Design-DNA in sich wie etwa der Aventador – nur eben gespeist aus einer anderen Linie: Aventador oder auch Huracán entwickeln die „harte“ Formensprache eines Countach weiter, während der Asterion unverkennbar den „weichen“ Miura zu seinen Ahnen zählen darf. „Der Asterion besitzt die Sinnlichkeit des Miura, er hat ganz ähnliche Proportionen, dieselben muskulösen Radhäuser und kräftigen Schultern.“ Natürlich fehlen die ikonenhaften Elemente der aktuellen Lamborghini-Designsprache deshalb keineswegs – etwa das Y in den Leuchten und das in Kühlergrill, Luftdüsen und Abgasrohren wiederkehrende Hexagon oder Sechseck. Als eine neue Interpretation von Luxus versteht Perini auch das Interieur des Asterion. Luxus bedeutet hier zunächst mehr Innenraum. Wo beim Huracán und Aventador die flache Frontscheibe knapp vor der Stirn endet, bietet der Asterion mehr Höhe und mehr Abstand, dazu eine aufrechtere Sitzposition und – dank schmalerer Seitenschweller – ein leichteres Ein- und Aussteigen. Natürlich ist das Interieur auch hier minimalistisch gestaltet: Ein Bildschirm ersetzt sämtliche Instrumente, die Bedienung funktioniert weitgehend über das Lenkrad. Das Gefühl von Luxus entsteht durch den perfekten Einsatz von Leder, Titan, Magnesium und Kohlefaser – alles funktional-technisch und doch zugleich äußerst hochwertig ausgeführt. 1 Forza: Das kraftvolle Heck lässt keinen Zweifel: Hier arbeitet der klassische Zehnzylinder. 2 Montaggio Prototipi: Cheftechniker Maurizio Reggiani, CEO Stephan Winkelmann und Designchef Filippo Perini im Bereich für Prototypen. 3 Proporzione: Eindeutig ein Mittelmo tor-Konzept, mit breiten Radhäusern und mächtigen Kühllufteinlässen. 4 4 Scannen Sie den QR-Code und sehen Sie das Statement von Filippo Perini zum Asterion. Stilista: Filippo Perini, der Leiter des Centro Stile bei Automobili Lamborghini. 1 Ich habe einen souveränen, enorm kraftvollen Gran Turismo erlebt. Ein Auto, das man weniger auf der Rennstrecke als auf der großen Reise genießt. Mir war sofort klar, dass man das auch im Design spüren muss. Filippo Perini 2 132 Dialoge Technologie 3 Der Name Auch beim Asterion bleibt Lamborghini seiner Tradition treu, die Fahrzeuge mit Begriffen aus der Welt des Stieres zu benennen. Hier sogar mit besonderer Raffinesse: Asterion ist der Name des mythischen Minotaurus – einer hybriden Figur, zur Hälfte Mensch, zur Hälfte Stier. Damit ist der Asterion auch auf symbolischer Ebene eine Kreuzung und steht für die kraftvolle Vereinigung von Intellekt und Instinkt. 133 Dialoge Technologie Luxus made by Lamborghini Beste Materialien, hochwertig verarbeitet – der Asterion besitzt italienischen Stil. Bedient wird das Supercar weitgehend über das Lenkrad. Tradizione: Der Asterion besitzt klare Lamborghini-DNA, seine Wurzeln reichen zurück zum Miura. 134 Dialoge Technologie 135 Dialoge Technologie Kohlenstofffaser-verstärkter Kunststoff ist der zentrale Werkstoff des Asterion. Ein Hybridantrieb bedeutet Gewicht, deshalb muss die Struktur des Autos besonders leicht sein. Lamborghini nutzt hier ein CFK-Monocoque, dessen Technologie auch beim Aventador eingesetzt wird. Wie der Supersportwagen besitzt das Concept Car einen Mittelmotor, allerdings in deutlich geändertem Layout: Bei den Serienmodellen ist das Getriebe im breiten Mitteltunnel vor dem Motor untergebracht, fast zwischen den Sitzen. Beim Asterion dagegen sitzt das Getriebe im Heck, hinter dem V10-Triebwerk aus dem Huracán. Das schafft im Mitteltunnel ausreichend Platz für die Lithium-Ionen-Energiespeicher des Hybridantriebs. Mit Strom versorgt wird die Batterie von einer Motor-Generator-Einheit, die zwischen Verbrennungsmotor und Getriebe integriert ist, sowie in Rekuperations phasen von den beiden Elektromotoren an der Vorderachse. Während manch ein Concept Car zwar im Scheinwerferlicht einer Automobil messe glänzt, in Wirklichkeit aber eine ziemlich leere Hülle ist, besitzt der Asterion das volle Technologiepaket, ist voll funktionsfähig. „Wir arbeiten seit zwei Jahren an dem Konzept, haben mit dem Technologieträger viel Erfahrung gewonnen und das Ganze jetzt konsequent und realistisch umgesetzt“, sagt Maurizio Reggiani, der Cheftechniker von Lamborghini. Ein überlegener Cruiser sei hier entstanden. Wobei Überlegenheit nach Unter treibung klingt, angesichts der enormen Leistung und einer Beschleunigungszeit von nur drei Sekunden von null auf 100 km/h. Überlegenheit definiert sich hier aber auch anders, durch einen CO₂-Wert von gerade mal 98 Gramm pro Kilometer. Der basiert nach aktueller Norm auf einer rein elektrischen Reichweite von 50 Kilometern. Im elektrischen Modus wird der Asterion von den E-Motoren an der Vorderachse bewegt, ist maximal 125 km/h schnell und besitzt bereits da eine Dynamik, von der Designchef Perini anhaltend schwärmt. Im Hybridmodus ist der Asterion stets mit permanentem Allradantrieb unterwegs. Die Hinterräder sind klassisch an den V10 gekoppelt, die Motoren an der Vorderachse werden je nach Ladezustand von der Batterie beziehungsweise vom Generator mit Energie versorgt. Dabei können die vorderen E-Motoren einzeln gesteuert werden, dieses sogenannte Torque Vectoring ermöglicht den in jeder Situation fahrdynamisch optimalen Krafteinsatz an den Rädern. Den ultimativen Vortrieb sichert der Boost-Modus. Dann wird auch der Generator zum Motor, der Strom kommt aus der Batterie. Die drei E-Motoren addieren jetzt ihre Leistung auf 300 PS, dazu kommen die maximal 610 PS auf dem V10. Neben extrem kraftvollen Zwischenspurts sind damit 325 km/h Spitze möglich. „Unser Antrieb liefert die volle Emotionalität eines Lamborghini“, ist Chef techniker Reggiani überzeugt. „Zugleich sind wir zukunftssicher mit Null-Emission in den Metropolen.“ Klingt perfekt. Wann dürfen wir also damit rechnen, dass er in Serie geht? „Der Asterion ist nur ein Technologieträger, und es ist nicht geplant, dieses Auto weiterzuentwickeln.“ Und ein Hybridantrieb für den klassischen Supersportwagen Aventador? Hier hat Reggiani eine klare Position: „Da geht es ganz entscheidend um das Gewicht. Wenn wir die mehr als 200 Kilogramm für die Hybridkomponenten ausgleichen wollen, müssen wir sehr aufwendige und sehr teure Lösungen einsetzen. Und das treibt den Preis für solch ein Fahrzeug in extreme Höhen.“ Was übrigens die nahezu siebenstelligen Preise der wenigen Wettbewerber in diesem Bereich auch belegen. Doch Reggiani ist sich sicher: Lamborghini und Hybridantrieb, das passt zusammen. Wenn der High-Performance-SUV Urus auf den Markt kommt, wird er möglicherweise das erste Modell sein, das mit einem Lamborghini-Plug-in-Hybrid ausgestattet ist. 5 Elettrico: E-Motoren und Elektronik füllen im Concept Car die gesamte Front. 6 Energia: Als Plug-in-Hybrid tankt der Asterion per Ladekabel. 8 9 7 Motore: Der Zehnzylinder stammt aus dem Huracán. 8 Tecnologia: Das Concept Car besitzt ein CFK-Monocoque und ist vollgepackt mit innovativer Technologie. 9 Ingegnere: Maurizio Reggiani, Leiter Forschung und Entwicklung bei Automobili Lamborghini. 10 Carrozzeria: Die Teile der Außenhaut werden zuletzt montiert. 7 10 1 5 2 1 Unser Antrieb liefert die volle Emotionalität eines Lamborghini. Zugleich sind wir zukunftssicher mit NullEmission in den Metropolen. Maurizio Reggiani 2 6 Scannen Sie den QR-Code und sehen Sie das Statement von Maurizio Reggiani zum Asterion. 136 Dialoge Technologie 137 Dialoge Technologie Text Hermann Reil DIE FANTASTISCHEN Fotos Matt Howell Stefan Warter VIER Motorsport gehört zur Audi-DNA Wettbewerb ist unser Antrieb: Seit mehr als 100 Jahren behauptet sich Audi mit großem Erfolg auf den Rennstrecken der Welt – ob bei den Wettfahrten der Gründerzeit, den Grand Prix-Rennen der 1930er-Jahre, auf den Rallyepisten der 80er oder dem legendären Kurs von Le Mans. Vier Beispiele aus einem siegreichen Jahrhundert. 138 Dialoge Technologie 139 Dialoge Technologie ÖSTERREICHISCHE ALPENfahrt 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Wien Karawanken Fiume (Rijeka) Triest Bozen Stilfser Joch Reschenpass Innsbruck Hohe Tauern AUDI TYP C 1914 8 9 7 Hier siegt der Chef selbst Motorsport war hart in den frühen Jahren: Die Alpenfahrt des k.u.k. Österreichischen Automobil-Clubs ging über sechs Tage und schlug einen fast 3.000 Kilometer weiten Bogen von Wien über Gebirgsstrecken bis an die Adria und zurück – das größte automobilsportliche Ereignis der Welt, so hieß es damals. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg galten die steilen, noch unbefestigten Alpenpässe als großes Abenteuer für Mensch und Maschine. 2 6 ALPEN SIEGER 1 5 Für August Horch lieferten diese harten Touren den besten Beweis für die Qualität seiner Automobile. 1909 hatte er die Marke Audi gegründet, von 1912 bis 1914 siegte sein Typ C dreimal in Folge. Fortan trug der Typ C, angetrieben von einem 3,6 Liter großen Vierzylinder, den stolzen Namenszusatz „Alpensieger“. Er war das erfolgreichste Modell der frühen Audi-Epoche, etwas mehr als 1.100 Exemplare wurden verkauft. 4 3 Horch lenkt: Der Audi-Gründer war ein großer Motorsportfan – und aktiver Fahrer. Höhenfest: Auch im 21. Jahrhundert lässt sich der Audi Alpensieger von Passstrecken nicht schrecken. 140 Dialoge Technologie 141 Dialoge Technologie AVUS BERLIN 1 2 3 4 Start- und Ziellinie Südschleife Abfahrt zur Nordschleife Nordschleife 1 4 3 2 Goodwood-Revival: Auto-Union Typ A vor Mercedes W25 – die Kontrahenten von 1934. Rekordfahrt: Hans Stuck auf der Geraden der AVUS in Berlin. Donnerhall: Der Sechszehnzylinder verlangt eine aufwendige Startprozedur. welt rekord AUTO UNION TYP A 1934 Am Anfang war der Rekord Nichts weniger als eine Revolution: Der neue Rennwagen im Zeichen der Vier Ringe war völlig anders als alles, was man im Motorsport zuvor gekannt hatte. Professor Ferdinand Porsche, einer der genialsten Konstrukteure im ersten Jahrhundert des Automobils, hatte für die Auto Union ein Hightech-Auto mit Mittelmotor geschaffen: bessere Gewichtsverteilung, mehr Traktion, Tank in der Fahrzeugmitte – die Idee war bestechend, die fahrdynamische Umsetzung nicht ganz einfach. 142 Dialoge Technologie Doch die Rennstrecke lieferte sofort den Beweis: Bereits beim ersten Auftritt am 6. März 1934 auf der AVUS in Berlin fuhr Hans Stuck eindrucksvolle Weltrekorde. Dabei hatte der Sechzehnzylinder mit Roots-Kompressor im Typ A zunächst nur 4,5 Liter Hubraum und 295 PS. 1935 folgte der überarbeitete Typ B mit fünf Liter Hubraum und 375 PS. Im Jahr 1936 dann erreichte Porsches Konstruktion ihre Blüte: Der V16 wuchs zu einer Sechsliter-Maschine heran, die Leistung stieg auf über 500 PS. Die Ära einzigartiger, faszinierender Hochleistungsmaschinen ging 1939 mit dem Typ D als Zwölfzylinder mit Doppelkompressor zu Ende. Und was als Revolution begann, wurde Ende der 1950er-Jahre schon zum Standard – die Mittelmotor-Bauweise. 143 Dialoge Technologie welt MEISTER Treffen der Heroen: Stig Blomqvist und Walter Röhrl beim Eifel Rallye Festival 2014. AUDI RALLYE quattro A2 1984 Naturgewalt auf den Rallyepisten Audi hatte den Rallyesport revolutioniert, der quattro war über die zuvor eher beschauliche Szene hereingebrochen wie eine Naturgewalt. Schon 1982, in seinem zweiten Jahr, hatte der quattro für Audi die Marken-Weltmeisterschaft errungen. Nun, 1984, stellte niemand mehr die Überlegenheit des permanenten Allradantriebs in Frage. Im Gegenteil, die Konkurrenz hatte nachgelegt, der Wettbewerb auf den Schotter- und Asphaltstrecken wurde immer härter. Guter Speed: Auch im Alter von 68 ist Stig Blomqvist noch zügig unterwegs. Doch dann kommt der 4. Oktober, der Finaltag der Rallye Elfenbeinküste. Audi-Werksfahrer Stig Blomqvist macht den „Big Point“, gewinnt im Audi Sport quattro mit 22 Minuten Vorsprung. Dank Siegen zuvor in Schweden, Griechenland, Neuseeland und Argentinien steht sein WM-Punktekonto auf 125 Zählern – uneinholbar. In der Markenmeisterschaft ist Audi an diesem Tag auch über die Messlatte gesprungen – uneinholbar. Für Blomqvist gerät der WM-Sieg als Rallyefahrer zum Höhepunkt seiner großen Karriere. Für das Audi-Team gibt es darüber hinaus, nach 1982, nicht nur den zweiten Marken-Weltmeistertitel, sondern auch den ersten Sieg des neu entwickelten Audi Sport quattro in einem Weltmeisterschaftslauf zu feiern. Griechischer Staub: Stig Blomqvist bei der AkropolisRallye 1984, auf dem Weg zum Sieg. 1 3 2 5 Die Siege von Stig Blomqvist in der Rallye-Wm 1984 144 Dialoge Technologie 145 Dialoge Technologie 1 2 3 4 5 Schweden Elfenbeinküste Griechenland Neuseeland Argentinien 4 Le MAns 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 LE MANS Start- und Ziellinie Course Dunlop Virage Du Tertre Rouge Ralentisseur Playstation Ligne Droite des Hunaudières Ralentisseur Michelin Virage Mulsanne Virage d’Indianapolis Virage d’Arnage Virage Porsche SIEGER 6 5 7 4 AUDI R 18 e-tron quattro 2014 3 8 9 1 2 Heilige Erde des Motorsports Die 13,629 Kilometer im tiefsten Frankreich sind heilige Erde des Motorsports. 24 Stunden am absoluten Limit, der Speed zählt, fast mehr noch aber Zuverlässigkeit und Strategie. Audi ist Seriensieger seit dem Jahr 2000, zwölfmal ging der Pokal bereits an ein Team im Zeichen der Vier Ringe. 10 2014 aber war der Kampf besonders hart. Das geänderte Hybrid-Reglement und Porsche als neuer Wettbewerber legten die Latte hoch, Speed auf der Strecke zeigte die Konkurrenz auch. Am Ende aber zählten wieder Konstanz, Zuverlässigkeit und Umsicht. Das Audi Sport Team Joest setzte sich in einem lange Zeit völlig offenen Rennen gegen stärkste Konkurrenz von Le-Mans-Rückkehrer Porsche und Toyota durch. Erst in der Schlussphase fiel die Entscheidung zugunsten der beiden Audi R18 e-tron quattro auf den Plätzen eins und zwei. Es war der 13. Le-Mans-Erfolg für die Marke mit den Vier Ringen bei 16 Starts – und der vielleicht bisher wertvollste. Lohn harter Arbeit: Das Zusammenspiel von Technik, Fahrer und Boxenteam sicherte Audi in Le Mans 2014 einen Doppelsieg. 146 Dialoge Technologie 147 Dialoge Technologie Impressum AUDI AG 85045 Ingolstadt Verantwortlich für den Inhalt: Toni Melfi, Leiter Kommunikation, I/GP Redaktion: Armin Götz Organisation: Bernd Eberle Roland Lustig Konzept und Realisation: reilmedia Hermann Reil Grafikkonzept und Layout: stapelberg&fritz Autoren: Eva Backes Dr. Janine Bentz-Hölzl Armin Götz Ann Harder Friederike Herbst Stefanie Huber Dorothea Joos Johannes Köbler Marlon Matthäus Friederike Meier-Burkert Hermann Reil Guido Stalmann Oliver Strohbach Fotografie: Michael Agel David Breun Alexander Herold Matt Howell Bernhard Huber Heinrich Hülser Manfred Jarisch Marco Marini Ulrike Myrzik Tobias Sagmeister Stefan Warter Daniel Wollstein Illustrationen: Maria Corte Carola Plappert Steven Pope Barbara Stehle Postproduktion: Wagnerchic – Digital Artwork Druck: Druck Pruskil Abonnement: Die Dialoge-Magazinreihe können Sie kostenlos abonnieren. Schicken Sie einfach eine kurze E-Mail mit Ihrer Adresse an: [email protected] Lektorat: Winfried Stürzl Gold Winner Gold Winner Gold Winner