Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und
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Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und
Newsletter Ausgabe Juli 2008 Sehr geehrte Damen und Herren, mit dieser Ausgabe möchten wir Sie über das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) informieren, das am 26. Juni 2008 vom Deutschen Bundestag beschlossen wurde. Die noch ausstehende zweite Befassung des Bundesrates ist derzeit für den 04.07.2008 vorgesehen. Mit einer Stellungnahme des Bundesrates ist erst im Rahmen seiner Septembersitzung zu rechnen. Das Inkrafttreten des MoMiG wird nach den derzeitigen Angaben des Bundesjustizministeriums für frühestens Oktober/November 2008 erwartet. Im Vergleich mit früheren Gesetzesentwürfen enthält die jetzige Fassung einige wichtige Änderungen. Nach wie vor ist die Reform aber durch die Absicht des Gesetzgebers geprägt, das Recht der GmbH zu vereinfachen. Insbesondere sollen Existenzgründungen erleichtert und das Verfahren der Registereintragung beschleunigt werden, um die Attraktivität der GmbH zu steigern und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Die Reform ist sehr weitreichend. Sie ist von überragender Bedeutung für Gründer und den Mittelstand, aber auch für Investoren. Das GmbH-Recht wird liberalisiert. Insbesondere bezüglich der Gesellschafter- und Geschäftsführerhaftung gibt es allerdings auch Verschärfungen, die es künftig zu beachten gilt. Wir wünschen Ihnen eine informative Lektüre. Mit freundlichen Grüßen Ihr Taylor Wessing Practice Department Corporate Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) – Erleichterungen für Gründer und Investoren, aber auch Fallstricke Gegenüber den früheren Entwurfsfassungen des MoMiG, die wir Ihnen bereits im Newsletter 03/2007 vorgestellt haben, erhält die nunmehr beschlossene Version einige Änderungen, die wir Ihnen nachfolgend vorstellen möchten. Mit der GmbH-Reform reagiert der deutsche Gesetzgeber auf die Zulassung der englischen Limited in Deutschland. Das MoMiG bezweckt vor allem die „Erleichterung und Beschleunigung von Unternehmensgründungen“ (so das Bundesministerium der Justiz in seiner aktuellen Stellungnahme). Dies soll durch eine Liberalisierung des GmbH-Rechts sowie gleichzeitig durch Bekämpfung bestehender Missbräuche erreicht werden. Es liegt auf der Hand, dass diese Ziele nicht durchgängig kongruent sind. Insgesamt ist dem Gesetzgeber ein praxisorientierter Kompromiss gelungen, der die Unternehmensführung insbesondere im Hinblick auf Cash Pooling und andere Fragen des Kapitalschutzes künftig erleichtern sollte. Einige der geplanten Erleichterungen sind in der endgültigen Gesetzesfassung noch einmal abgeschwächt worden. Bestimmte Änderungen durch das MoMiG haben bis zu einem gewissen Grad Rückwirkung. Z. B. finden die veränderten Regelungen über die Erfüllung der Einlageverpflichtung auch auf Sachverhalte Anwendung, die in der Vergangenheit liegen, über die aber noch nicht rechtskräftig entschieden wurde. I. Lockerung der Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften 1. Eigenkapitalersatz a) Bisherige Rechtslage Gerät die Gesellschaft in eine Krisensituation, kommt es vor, dass Gesellschafter die nötige Liquidität durch Darlehen statt durch Eigenkapital zuführen. Man möchte die Gesellschaft zwar fortführen, sich aber gleichzeitig die Möglichkeit offen halten, das Geleistete wieder zurückzufordern. Würde dies uneingeschränkt zugelassen, würden die Gesellschafter die Gesellschaft einerseits kontrollieren können und andererseits in Bezug auf die Rückzahlung von Krediten nicht schlechter stehen als andere Kreditgeber. Der Bundesgerichtshof empfand dies als unbillig und entwickelte daher in der Vergangenheit neben den gesetzlichen Vorschriften zusätzliche Rechtsprechungsregeln über den Eigenkapitalersatz. Danach sind Darlehen und sonstige Gesellschafterleistungen wie Eigenkapital zu behandeln und gegen die Rückzahlung gesperrt, wenn sie zu einem Zeitpunkt gegeben oder der Gesellschaft belassen wurden, in dem ein Dritter der Gesellschaft keinen Kredit mehr zu marktüblichen Konditionen gegeben hätte. Um eine Umgehung zu verhindern, bezogen sich diese Regeln nicht nur auf Gesellschafter, sondern auch auf mit ihnen verbundene Gesellschaften. Sachlich betroffen waren nicht nur Darlehen, sondern auch andere Leistungen der Gesellschafter. Die komplexen Regelungen führten zu Anwendungsunsicherheiten, so dass das Risiko bei der Finanzierung durch die Gesellschafter entsprechend groß war. Der Gesetzgeber sah dieses Problem und führte vor etwa 10 Jahren Ausnahmen für Kleinbeteiligungen von bis zu 10 % und Beteiligungen zu Sanierungszwecken ein („Sanierungsprivileg“). Auch die verbesserten Regelungen wurden aber von Investoren als noch zu unsicher empfunden. Da die Eigenkapitalersatzregelungen insbesondere für ausländische Gesellschaften nicht gelten, sah sich der Gesetzgeber zum Handeln gezwungen, um die Attraktivität der GmbH, insbesondere im Vergleich zu ausländischen Gesellschaften, zu erhöhen. b) Geänderte Rechtslage In Zukunft können Gesellschafterdarlehen und sonstige Leistungen, die in der Krise der Gesellschaft gewährt oder stehen gelassen werden, ebenso wie andere Darlehen zurückgefordert werden. Erst in der Insolvenz der Gesellschaft werden Gesellschafterdarlehen wieder nachrangig. Rückzahlungen innerhalb eines Jahres vor der Insolvenz können allerdings vom Insolvenzverwalter angefochten werden. Gesellschafterdarlehen sind zwar in der Insolvenz von Gesetzes wegen nachrangig. Anders als ursprünglich vorgesehen, muss der Gesellschafter aber wie bisher einen Rangrücktritt erklären, wenn das Darlehen in der Überschuldungsbilanz nicht passiviert werden soll. Die neuen Regelungen gelten einheitlich für die GmbH und die AG. Insbesondere das Privileg für Kleinbeteiligungen nicht geschäftsführender Gesellschafter bis zu 10 %, das in der Insolvenz weiter gilt, wird nach der Gesetzesänderung einheitlich auf die GmbH und die AG angewendet. Das Sanierungsprivileg bleibt erhalten. Anders als ursprünglich geplant, sollen nunmehr auch für Sachleistungen des Gesellschafters in der Insolvenz Sonderregelungen gelten. Wenn der Gesellschafter der Gesellschaft Vermögensgegenstände überlassen hat, die für sie von erheblicher Bedeutung sind, kann er sie ein Jahr lang nicht aus der Insolvenzmasse aussondern, bekommt aber einen finanziellen Ausgleich für die Nutzung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Gesellschaft nicht Vermögenswerte entzogen werden, die sie für eine Fortführung und erfolgreiche Sanierung braucht. c) Folgen der Praxis Die neuen Regelungen erleichtern die Führung des Konzerns in der Krise, z. B. im Zusammenhang mit einem Cash Pooling von Konzerngesellschaften, da, anders als bisher, auch eine in der Krise befindliche GmbH Zahlungen an ihre Gesellschafter leisten kann. Auch verringern die neuen Regelungen die Hemmschwelle für den Einstieg von Investoren in der Krise, denen das bisherige Sanierungsprivileg (siehe oben) nicht weit genug ging. Zwar waren die meisten Investitionen zu Sanierungszwecken auch bisher vom Sanierungsprivileg erfasst. Die Neuregelung ist aber insofern großzügiger, als sie Rückzahlungen an Gesellschafter in der Krise generell ermöglicht, ohne dass es darauf ankommt, dass die Beteiligung zu Sanierungszwecken erworben wurde. Die Neuregelungen erleichtern die Umwandlung von Darlehen in Eigenkapital („Debt to Equity Swap“). Eine Darlehensforderung kann nur im Wege einer Sachkapitalerhöhung durch Verzicht auf ihre Rückzahlung und Einlage der Forderung in die Gesellschaft in eine neue Beteiligung an einer GmbH gewandelt werden, wenn und soweit die eingebrachte Forderung auch werthaltig ist. Eigenkapitalersetzende Darlehen galten bislang als grundsätzlich nicht werthaltig, solange die Krise andauerte. Die Neuregelung bringt also auch hier eine Verbesserung, da es für die Werthaltigkeit nun auf die tatsächliche wirtschaftliche Situation der Gesellschaft ankommt. Zukünftig können durch die gesellschaftsrechtliche Verbesserung für die Werthaltigkeit von Gesellschafterforderungen gegebenenfalls auch Sanierungen und Umstrukturierungen im Konzern leichter werden, bei denen die Gesellschafter bisher von eigentlich zur Bilanzverbesserung gewünschten Forderungsverzichten absahen, um nicht durch den Verzicht auf nicht werthaltige Darlehen grundsätzlich steuerpflichtige Erträge auszulösen. Die Neuregelung bringt darüber hinaus Klarheit in Bezug auf die „Limitation Language“ in Kreditverträgen. Um den Geschäftsführer bei einer Rückzahlung oder einer Besicherung innerhalb des Konzerns vor persönlicher Haftung zu schützen, werden in den Darlehensvertrag üblicherweise Regelungen aufgenommen, nach denen der Geschäftsführer nicht zu einer Verletzung der Kapitalschutzregeln verpflichtet ist. Die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers lassen sich aufgrund der Gesetzesänderungen leichter definieren. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber auch die Rechtmäßigkeit von Zahlungen im Rahmen eines Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrages geregelt und dadurch Haftungsrisiken vermindert hat. 2. Stammkapital Das Mindest-Stammkapital der GmbH wird nun - anders als zunächst geplant - nicht von EUR 25.000 auf EUR 10.000 herabgesetzt. Die Beibehaltung der bisherigen Mindestgröße für das Stammkapital soll einen Reputationsverlust der GmbH, auch im Vergleich zur englischen Limited, verhindern. Allerdings beträgt der Mindestwert des einzelnen Geschäftsanteils nur noch EUR 1, was die Aufteilung zwischen verschiedenen Gesellschaftern erleichtert. Auch kann in Zukunft jeder Gesellschafter bei Errichtung der Gesellschaft mehr als nur einen Geschäftsanteil übernehmen. Zahlungen, durch die das Stammkapital angegriffen wird, können nach wie vor von der GmbH zurückgefordert werden. Ein vor der Einlagenleistung vereinbartes Hin- und Herzahlen ist aber jetzt zulässig. Allerdings ist das Stammkapital der GmbH auch weiterhin geschützt, denn nach der neuen Regelung ist die Auszahlung nur dann zulässig, wenn ihr ein vollwertiger Rückzahlungsanspruch entgegensteht, der jederzeit fällig ist oder fällig gestellt werden kann und wenn die Abrede über das Hin- und Herzahlen in der Handelsregisteranmeldung offengelegt wird. 3. Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) Besondere Regeln gelten für Gründer, die das Mindestkapital für die GmbH nicht aufbringen können oder wollen. Für diese Fälle hat der Gesetzgeber die „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ (UG) vorgesehen. Die UG ist keine eigenständige neue Gesellschaftsform, sondern eine GmbH, die ohne ein bestimmtes Mindestkapital gegründet werden kann. Künftige Gewinne der UG dürfen dann nicht voll ausgeschüttet werden, sondern müssen teilweise zur Bildung einer gesetzlichen Rücklage verwendet werden, die zum Ansparen des gesetzlichen Mindestkapitals der GmbH oder zum Ausgleich von Verlusten oder Verlustvorträgen dient. Wird durch nachträgliche Kapitalerhöhungen, etwa durch Umwandlung der gesetzlichen Rücklagen, das Mindestkapital von EUR 25.000,00 erreicht, fallen die Beschränkungen der UG weg und die Gesellschaft wird als vollwertige GmbH weitergeführt. Die Haftungsbeschränkung ist durch den entsprechenden Zusatz "Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)" oder "UG (haftungsbeschränkt)" kenntlich zu machen. Bezüglich der Insolvenzreife der UG gelten keine Sonderregeln, so dass eine (rechtlich zulässige) geringere Kapitalausstattung in Verbindung mit laufenden Verbindlichkeiten oder Verlusten entsprechend schneller zur Insolvenz führen kann. 4. Sacheinlage Anders als in vielen anderen europäischen Ländern gibt es in Deutschland die sogenannte verdeckte Sacheinlage, die zum Wiederaufleben der persönlichen Haftung der Gesellschafter auf erneute Einlagenleistung und damit zu einer Nachschusspflicht führt. Während bei der offenen Sacheinlage eine Bewertung durchgeführt werden muss, um sicherzustellen, dass die Erhöhung des Stammkapitals der GmbH durch den Wert des einzubringenden Gegenstands gedeckt wird, soll diese Bewertung bei einer verdeckten Sacheinlage dadurch umgangen werden, dass die Gesellschaft eine Bareinlage erhält, diese aber danach zum Erwerb eines Vermögensgegenstandes von dem die Einlage leistenden Gesellschafter verwendet. Bei wirtschaftlicher Betrachtung ist der Vermögensgegenstand der eigentliche (verdeckte) Einlagegegenstand, nicht die Barmittel. Der Bundesgerichtshof sah eine solche Vorgehensweise als unzulässig an und entwickelte seine Rechtsprechung zu verdeckten Sacheinlagen. Bei einer verdeckten Sacheinlage hatte der Gesellschafter in solchen Fällen keine wirksame Einlage geleistet. Er konnte zwar den Vermögensgegenstand zurückfordern, musste aber die Einlage nochmals in bar leisten. Bei der verdeckten Sacheinlage in eine GmbH gab es auch nach der alten Rechtslage Heilungsmöglichkeiten, die der Gesetzgeber aber nicht für ausreichend hielt. Nach der Neuregelung wird der Wert der bereits geleisteten (verdeckten) Sacheinlage auf die Einlageverpflichtung angerechnet, so dass der Gesellschafter ab der Eintragung im Handelsregister nur noch die Differenz in bar einzahlen muss. Allerdings ist es nach wie vor nicht erwünscht, dass die Einlage von vornherein als verdeckte Sacheinlage geplant wird. Falls der Geschäftsführer weiß, dass es sich um eine verdeckte Sacheinlage handelt, darf er die Barkapitalerhöhung nicht beim Handelsregister anmelden. 5. Genehmigtes Kapital Gegen Ende des Gesetzgebungsverfahrens hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eingeführt, ähnlich wie bei der AG genehmigtes Kapital zu beschließen, das innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren vom Geschäftsführer ausgenutzt werden kann. Das spart Beurkundungskosten bei GmbH, in denen der Gesellschafter und der Geschäftsführer identisch sind, eignet sich für andere GmbH aber nur eingeschränkt. Anders als der Vorstand einer AG wird der Geschäftsführer einer GmbH nicht notwendigerweise von einem Aufsichtsrat kontrolliert. Wenn die Gesellschafter trotzdem von der Möglichkeit eines genehmigten Kapitals Gebrauch machen wollen, empfiehlt es sich also, zur Sicherheit Kontrollmechanismen in Gesellschaftsvertrag oder Geschäftsordnung vorzusehen. II. Mustergesellschaftsvertrag Ursprünglich war vorgesehen, dass GmbH unter Verwendung einer vom Gesetzgeber vorgegebenen Mustergesellschaftsvertrag in Schriftform, d. h. ohne Beurkundung, gegründet werden können. Dies wurde wegen der im Vergleich mit einer notariellen Beurkundung deutlich höheren Fehleranfälligkeit kritisiert. Der Gesetzgeber hat auf diese Kritik reagiert und sieht nunmehr bei einfach gelagerten Fällen der GmbH-Gründung (Bargründung, höchstens 3 Gesellschafter und 1 Geschäftsführer) die Verwendung eines beurkundungspflichtigen Musterprotokolls vor, bei dessen Verwendung besonders geringe Beurkundungskosten anfallen. Aus Sicht von Existenzgründern verringert das die Gründungskosten. Die Gründung einer GmbH mit geringem Stammkapital war aber auch schon bislang nicht teuer. In der Regel wird es daher praxisgerecht sein, eine der bisher üblichen, vom Muster des Gesetzgebers abweichenden Gesellschaftsverträge zu verwenden, die eine bessere Basis für die individuelle Gestaltung im Einzelfall bieten. III. Gutgläubiger Erwerb von Geschäftsanteilen Nach Inkrafttreten der Reform können auch Geschäftsanteile an einer GmbH gutgläubig erworben werden. Diese Möglichkeit gab es bisher nur bei der AG. Geschäftsanteile können gutgläubig erworben werden, wenn die beim Handelsregister einzureichende Liste der Gesellschafter der GmbH mehr als drei Jahre lang unrichtig ist. Wenn der Gesellschafter die Unrichtigkeit zu vertreten hat, ist ein gutgläubiger Erwerb auch innerhalb eines kürzeren Zeitraums möglich. Für Geschäftsanteile, bei denen die Gesellschafterlisten schon vor Inkrafttreten des MoMiG falsch waren, gilt eine Übergangsregelung für die Dauer von 6 Monaten. Wenn der Gesellschafter die Unrichtigkeit nicht zu vertreten hat, bleibt es bei der Dauer von 3 Jahren. Nach Ablauf der Übergangszeit ist ein gutgläubiger Erwerb möglich. Es empfiehlt sich also, bestehende Gesellschafterlisten daraufhin zu überprüfen, ob sie korrekt sind. IV. Haftung von Gesellschaftern und Geschäftsführern der GmbH Der Gesetzgeber wollte durch das MoMiG nicht nur das GmbH-Recht vereinfachen, sondern auch einen Missbrauch der Rechtsform erschweren. Insbesondere wollte man gegen die sogenannten „Firmenbestattungen“ vorgehen, bei denen sich Gesellschafter und Geschäftsführer insolventer Gesellschaften von diesen Gesellschaften faktisch trennen, um Reputationsnachteile und Haftungsgefahren zu vermeiden. Stattdessen werden neue Geschäftsführer eingesetzt, die mit der Gesellschaft inhaltlich nichts zu tun haben. Sie nehmen das Amt an, meist aus akuter Geldnot, üben es aber faktisch nicht aus. Der Gesetzgeber wollte in diesen Fällen die Gesellschafter in die Pflicht nehmen und erweiterte daher die Insolvenzantragspflicht und die Strafbarkeit für Insolvenzverschleppung auch auf die Gesellschafter führungsloser Gesellschaften, wenn sie nicht nachweisen können, dass ihnen die Insolvenzreife oder die Führungslosigkeit nicht bekannt war. Wenn ein Gesellschafter Insolvenzantrag stellt, muss er die Insolvenzreife glaubhaft machen. Falls sich herausstellen sollte, dass tatsächlich kein Insolvenzgrund vorliegt, bestehen Haftungsrisiken. Der Gesellschafter muss sich also sehr genau überlegen, welches Vorgehen das richtige ist. Die Einbeziehung der Gesellschafter führungsloser Gesellschaften in die Antragspflicht ist in den Fällen der „Firmenbestattungen“ grundsätzlich angemessen. Jedoch hat die Neuregelung auch bereits Kritik hervorgerufen. Insbesondere wird bemängelt, dass, anders als z. B. bei Gesellschafterdarlehen, kein Mindestbeteiligungsprivileg vorgesehen ist. Jedenfalls nach dem Gesetzeswortlaut erscheint eine Erstreckung der Haftung auf Kleingesellschafter nicht ausgeschlossen. Zwar hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass gering beteiligte Gesellschafter von der Regelung kaum betroffen sein sollten, da ihnen die Interna der Gesellschaft nicht bekannt seien. Andererseits können z. B. Banken, die mitunter aus grunderwerbsteuerlichen Gründen eine kleine Beteiligung an einer von ihnen finanzierten Gesellschaft erwerben, im Rahmen ihres Kreditengagements über die Gesellschaft informiert sein. In einer Krise der Gesellschaft sollten sie daher beachten, dass sie im Falle der Führungslosigkeit der Gesellschaft auch selbst verpflichtet sein können. Die gesetzliche Haftung des Geschäftsführers ist verschärft worden. Das bereits nach der alten Rechtslage bestehende Auszahlungsverbot für Geschäftsführer im Fall der Krise wurde erweitert. Wenn der Geschäftsführer Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter veranlasst, obwohl sich abzeichnet, dass die Gesellschaft dadurch zahlungsunfähig wird, macht er sich haftbar. Andererseits wirkt sich die Liberalisierung der Eigenkapitalersatzvorschriften indirekt zugunsten der Geschäftsführer aus, da sich aus ihrer Sicht dadurch die Gefahr einer persönlichen Haftung verringert. Der Katalog der Straftaten, die einer Bestellung als Geschäftsführer oder Vorstand entgegenstehen, ist durch das MoMiG nochmals erweitert worden und umfasst nun auch die Fälle von Betrug, Computerbetrug, Subventionsbetrug und Kapitalanlagebetrug. In einem sehr späten Stadium des Verfahrens kam eine weitere Vorschrift hinzu, nach der Gesellschafter zivilrechtlich haften, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig einer Person, die nicht Geschäftsführer sein kann, die Führung der Geschäfte überlassen. Die Gesellschafter müssen also künftig prüfen, ob kein Bestellungshindernis für den Geschäftsführer vorliegt. Ursprünglich sollte sich die Haftung der Gesellschafter nur auf die Bestellung nicht geeigneter Geschäftsführer beziehen. Die Formulierung wurde geändert, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die rechtswidrige Bestellung ohnehin nicht wirksam ist. Angesichts der nunmehr gewählten, sehr weiten Formulierung stellt sich jedoch die Frage, ob sich die Haftung auch auf Personen beziehen könnte, die die Geschäfte der Gesellschaft mit Duldung des Gesellschafters faktisch führen. In Betracht kämen etwa Prokuristen, die mehr Leitungsmacht ausüben als üblich. Die Gesetzesbegründung spricht eher dafür, dass nur für Geschäftsführer gehaftet werden soll, deren Bestellung die Gesellschafter beschlossen haben. Insoweit bleibt die Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten. Durch das MoMiG wird die bisher umstrittene Frage, ob sich Geschäftsführer einer in Deutschland aktiven englischen Limited im Fall der Insolvenzverschleppung strafbar machen, geklärt. Künftig gilt die Strafbarkeit sowohl für die Geschäftsführer deutscher Gesellschaften als auch für die Geschäftsleiter ausländischer Gesellschaften. V. Sitzverlegung ins Ausland 1. Satzungssitz und Verwaltungssitz Auch nach Inkrafttreten der GmbH-Reform muss der Satzungssitz einer GmbH in Deutschland sein. Ähnlich wie bei der englischen Limited kann aber der tatsächliche (Verwaltungs-)Sitz der GmbH künftig ins Ausland verlegt werden. 2. Einheitlicher Konzernaufbau Durch die GmbH-Reform werden also ausländische Tochtergesellschaften in der Rechtsform einer GmbH möglich sein. Dies kann konzerninterne Umstrukturierungen erleichtern. In Betracht kommen etwa Ausgliederungen nach dem Umwandlungsgesetz, die jedenfalls nach dem Gesetzeswortlaut nur zwischen Gesellschaften deutscher Rechtsform vorgenommen werden können. 3. Mitbestimmung Fraglich ist, ob die Verwendung einer GmbH im Ausland Auswirkungen auf die Mitbestimmung der Arbeitnehmer hat. Die deutschen Mitbestimmungsregelungen stellen u. a. auf die Rechtsform des Unternehmens ab. Der Gesetzgeber hat in seiner Begründung erwähnt, dass die Auswirkungen einer Sitzverlegung ins Ausland auf die Mitbestimmung diskutiert worden seien. Man sei zum Ergebnis gekommen, dass die Sitzverlegung keine Auswirkungen auf die deutsche Mitbestimmung habe, solange die betroffenen Arbeitnehmer sich im Ausland befinden. Zur eigentlich interessierenden Frage, ob die Verwendung von GmbH im Ausland über die Zurechnung der Arbeitnehmerzahlen innerhalb des Konzerns zu einer Mitbestimmung bei der in Deutschland ansässigen Holdinggesellschaft führt, hat der Gesetzgeber sich nicht ausdrücklich geäußert. Nachdem der Gesetzgeber jedoch in allgemeiner Form nachdrücklich betont hat, dass die Neuregelung keine Auswirkungen auf die Mitbestimmung hat, dürfte das Risiko überschaubar sein. 4. Grenzüberschreitende Sanierung In jüngerer Zeit gab es Fälle, in denen deutsche Gesellschaften ein Insolvenz- oder sonstiges Entschuldungsverfahren im Ausland in Gang setzten, weil ihnen dies günstiger und berechenbarer erschien als ein Insolvenzverfahren nach deutschem Recht. Um dies zu erreichen, wurden die deutschen Gesellschaften vorher in Gesellschaften ausländischer Rechtsform umstrukturiert und ihr Sitz ins Ausland verlegt. Anders als im Gesellschaftsrecht ist im Insolvenzrecht nicht das Recht des Staates maßgeblich, nach dem die Gesellschaft gegründet wurde, sondern das Recht des Staates, in dem die Gesellschaft tatsächlich ansässig und tätig ist. Grundsätzlich können daher auch GmbH, deren Verwaltungssitz (anders als ihr Satzungssitz) im Ausland liegt, am Ort ihres Verwaltungssitzes ein Insolvenz- oder sonstiges Entschuldungsverfahren einleiten. Allerdings ist dazu der Nachweis des tatsächlichen Sitzes erforderlich, da grundsätzlich vermutet wird, dass der Satzungssitz einer Gesellschaft auch ihr tatsächlicher (Verwaltungs-)Sitz ist. An den Nachweis werden in der Praxis hohe Anforderungen gestellt. VI. Beschleunigung der Eintragung ins Handelsregister Die Gründung und die Änderung des Gesellschaftsvertrages einer GmbH werden erst wirksam, wenn sie im Handelsregister eingetragen sind. Wie bereits in der Sonderausgabe 01/2007 unseres Newsletters berichtet, hat die Einführung des elektronischen Handelsregisters die Eintragungsgeschwindigkeit der Register deutlich erhöht. Durch das MoMiG sollten sich die Eintragungszeiten bei Gründung einer GmbH weiter verkürzen. Anders als früher können Gesellschaften, deren Unternehmensgegenstand genehmigungspflichtig ist, eingetragen werden, bevor die behördliche Genehmigung vorliegt (z. B. Handwerksbetriebe). Außerdem wird bei der Gründung von Ein-Personen-GmbH künftig auf besondere Sicherheitsleistungen verzichtet. Einzahlungsbelege oder sonstige Nachweise über die Aufbringung des Stammkapitals werden im Rahmen der Gründungsprüfung nur noch verlangt, wenn erhebliche Zweifel an der ordnungsgemäßen Kapitalaufbringung bestehen. Bei Sacheinlagen wird nur noch geprüft, ob eine nicht unwesentliche Überbewertung vorliegt. VII. Leichtere Zustellung Zur Beschleunigung der Rechtsverfolgung gegenüber Gesellschaften ist künftig eine inländische Geschäftsanschrift ins Handelsregister einzutragen. Dies gilt auch für Aktiengesellschaften, Einzelkaufleute, Personenhandelsgesellschaften und Zweigniederlassungen von deutschen oder ausländischen Gesellschaften. Ist unter der eingetragenen Anschrift eine Zustellung tatsächlich nicht möglich, wird die öffentliche Zustellung an GmbH und sonstige juristische Personen im Inland erleichtert. VIII. Stellungnahme Sollte das MoMiG unverändert den Bundesrat passieren, hat der Gesetzgeber sein Ziel, das GmbH-Recht zu vereinfachen und die Rechtsform attraktiver zu machen, großteils erreicht. Insbesondere beim Eigenkapitalersatz und der sonstigen Kapitalaufbringung dürften sich die Haftungsrisiken in Zukunft vermindern. Im Rahmen der Umsetzung des an sich vernünftigen Ziels, Missbräuche zu vermeiden, sind jedoch auch neue Haftungsrisiken geschaffen worden. Dies gilt insbesondere, aber nicht nur für Gesellschafter von führungslosen GmbH. Leserservice Sie brauchen detailliertere Informationen? Sie hätten gerne ein persönliches Gespräch zu Themen dieser Ausgabe? Wir freuen uns, wenn Sie Kontakt aufnehmen. 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