Fall 11 - Prof. Paulus

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Fall 11 - Prof. Paulus
Lehrstuhl Prof. Dr. Windbichler
AG Handels- und Gesellschaftsrecht
WS 2011/12
Lösung Fall 11 – Frage 1
A. Ansprüche des X
I. Anspruch gegen A gem. § 433 II BGB iVm. §§ 161 II, 128 HGB
X könnte gegen A ein Anspruch auf Zahlung von 5000 ! gem. § 433 II BGB iVm §§ 161 II,
128 HGB zustehen. Dann müsste es sich bei dem Anspruch des X auf Kaufpreiszahlung um
eine Gesellschaftsverbindlichkeit handeln und B als Gesellschafter der KG in Anspruch
genommen werden können.
1. Gesellschaftsverbindlichkeit: wirksamer Kaufvertrag zwischen der KG und X
Bei dem Anspruch des X auf Kaufpreiszahlung müsste es sich um eine bis zur
Eintragung begründete Verbindlichkeit der KG handeln; zwischen der KG und X
müsste also ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen sein.
a. Bestehen einer KG – Gesellschaftsvertrag
Eine Haftung des A gem. § 433 II BGB, §§ 161 II, 128 HGB setzt zunächst
voraus, dass er als Gesellschafter an einer KG beteiligt ist. Nach der in §
161 I HGB enthaltenen Legaldefinition ist eine KG eine Gesellschaft, deren
Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist und bei der die
Haftung eines oder mehrerer Gesellschafter gegenüber Dritten auf den Betrag
einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist, während der bzw. die
anderen Gesellschafter persönlich haften. A, B und C haben sich im Juni 2010
geeinigt, unter der Firma „Weinhandel A & B KG“ Wein anzuschaffen und zu
veräußern, also ein Gewerbe zu betreiben. Dem Umfang nach soll es sich
ferner um ein Handelsgewerbe iSd § 1 II HGB handeln. Im Innenverhältnis ist
damit eine Gesellschaft entstanden. A und B haben die Stellung eines
persönlich haftenden Gesellschafters übernommen. C soll nach dem
Gesellschaftsvertrag hingegen nur bis zur Höhe seiner Einlage für
Verbindlichkeiten der Gesellschaft aufkommen, so dass er Kommanditist ist.
Im Innenverhältnis liegt somit eine KG vor, in der A persönlich haftender
Gesellschafter (Komplementär) ist.
b. wirksame KG im Außenverhältnis
Die KG müsste im Außenverhältnis wirksam sein. Dies richtet sich nach den
§§ 161 II, 123 HGB. Demnach entsteht eine nach außen wirksame KG
entweder gem. §§ 161 II, 123 I HGB durch Eintragung im Handelsregister oder
gem. §§ 161 II, 123 II HGB durch Geschäftsaufnahme, sofern es sich um ein
Handelsgewerbe im Sinne des § 1 II HGB handelt.
Die „Weinhandel A & B KG“ ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit X
noch nicht im Handelsregister eingetragen. Sie ist auf eine umfangreiche
Geschäftstätigkeit iSd. § 1 II HGB ausgerichtet, die einer kaufmännischen
Organisation bedarf. Spätestens mit dem Vertragsschluss mit X betreibt sie mit Zustimmung aller Gesellschafter – auch ein Handelsgewerbe gem. §
1 II HGB. Mit Aufnahme des Geschäftsbetriebes ist die KG also ein
kaufmännisches Unternehmen und somit gem. §§ 161 II, 123 II HGB nach
außen wirksam entstanden.
Beachte: auch für das Entstehen einer KG ist die Handelsregistereintragung nicht konstitutiv;
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wird kein Handelsgewerbe betrieben, entsteht eine GbR (vgl. § 176 I 2, der auf § 105 II HGB
verweist).
c. wirksamer Vertragsschluss für die KG durch A
A müsste mit X einen Kaufvertrag für die KG geschlossen haben und sie dabei
wirksam gem. §§ 164 ff BGB vertreten haben. A und X haben einen
Kaufvertrag geschlossen. Auch hat A bei Vertragsschluss eine eigene
Willenserklärung im Namen der KG abgegeben; fraglich ist allein, ob er dabei
im Rahmen seiner Vertretungsmacht gehandelt hat. Gem. § 170 HGB sind die
Kommanditisten einer KG von der organschaftlichen Vertretung
ausgeschlossen. A war jedoch persönlich haftender Gesellschafter
(=Komplementär). Sofern im Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes
vereinbart ist richtet sich die Vertretungsmacht der Komplementäre nach
§§ 161 II, 125f HGB. Danach ist jeder persönlich haftende Gesellschafter
alleinvertretungsbefugt. A konnte die Gesellschaft daher wirksam allein
vertreten.
Exkurs: Vertretung in der KG
Gemäß § 170 HGB sind die Kommanditisten von der (organschaftlichen) Vertretung der
Gesellschaft ausgeschlossen; diese Vorschrift ist zwingend.
Gemäß § 164 HGB sind die Kommanditisten von der Geschäftsführung ausgeschlossen;
diese Vorschrift ist hingegen dispositiv.
Generell wird die Einzelvertretungsmacht des Komplementärs über §§ 161 II, 125 HGB
hergeleitet. Abweichende Vereinbarungen sind im Gesellschaftsvertrag demnach möglich,
bedürfen aber der Eintragung ins Handelsregister (vgl. Regelung zur OHG, §§ 125, 106, 107
HGB).
d. Zwischenergebnis
Zwischen X und der „Weinhandel A & B KG“ ist ein wirksamer Kaufvertrag
zustande gekommen, aus dem sich für die KG die Pflicht zur Kaufpreiszahlung
ergibt.
2.
Gesellschafterstellung des A
A war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses persönlich haftender Gesellschafter
(Komplementär) der KG.
! Haftung wie OHG-Gesellschafter
II. Anspruch gegen F gem. § 433 II BGB iVm. §§ 161 II, 130 HGB
1. Gesellschaftsverbindlichkeit (+)
2.
Eintritt iSv. § 130 HGB
Gemäß § 130 HGB haftet bei „Eintritt“ in eine Gesellschaft der Gesellschafter für
alle vor dem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten. Eintritt umfasst nicht nur die
Aufnahme eines neuen Gesellschafters („Beitritt“), sondern jedweden Erwerb
einer Gesellschafterstellung, sei es rechtsgeschäftlich (etwa durch Erwerb der
Gesellschafterstellung von einem anderen Gesellschafter – derivativer Erwerb),
sei im Wege der gesetzlichen Erbfolge
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a.
Als testamentarisch bestimmter Alleinerbe ist F Erbe des B und damit
Gesamtrechtsnachfolger
(für Ausschlagung - vgl. §§ 1942ff. oder Anfechtung – vgl. §§ 1954 ff.
keine Anhaltspunkte, daher auch nicht anzusprechen)
b.
Aber die Stellung als Alleinerbe bedeutet nicht zwingend, dass der Erbe
Gesellschafter wird. Dies setzt vielmehr voraus, dass die Gesellschaft über
den Tod des Gesellschafter hinaus fortbesteht (dazu (1) ) und vereinbart ist,
dass die Gesellschaft mit dem Betreffenden als Erben fortgesetzt werden
soll – Nachfolgeklausel (dazu (2) )
(1) Fortsetzung der Gesellschaft
- bei GbR im Zweifel Auflösung der Gesellschaft (vgl. § 727 I BGB)
- Bei OHG und KG bei Tod des Gesellschafters im Zweifel keine
Auflösung (§ 131 III Nr. 1 ggf. iVm. § 161 II HGB)
(2) Nachfolgeklausel
- Fortsetzung bedeutet zunächst nur, dass die Gesellschafter mit den
bisherigen Gesellschafter fortgesetzt wird
- Der oder die Erben werden automatisch qua Erbfolge nur dann
Gesellschafter, wenn im Gesellschaftsvertrag bestimmt ist, dass die
Gesellschaft allgemein mit den Erben (Nachfolgeklausel) oder mit
bestimmten Erben (sog. qualifizierte Nachfolgeklausel) fortgesetzt
werden soll.
Hintergrund - Wegen der engen persönlichen Bindungen in der Personengesellschaft und den hohen
Haftungsrisiken kann ein neuer Gesellschafter nur durch Änderung des Gesellschaftsvertrags beitreten,
wobei alle bisherigen Gesellschafter zustimmen müssen. Dieses Prinzip, wonach keinem Gesellschafter ein
Kompagnon gegen dessen Willen aufgedrängt werden darf, soll auch nicht durch die Erbfolge ausgehebelt
werden. Ohne Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag wird der Erbe nicht Gesellschafter, sondern kann
lediglich sich „auszahlen“ lassen (d.h. seinen Anteil an einem fiktiven Auseinadersetzungsguthaben
verlangen.
Obwohl der Erbe in dieser Konstellation nicht Gesellschafter wird, haftet er – auch den Gläubigern der
Gesellschaft gegenüber – dennoch für die bis zum Erbfall entstandenen, offenen Verbindlichkeiten der
Gesellschaft. Für diese hat der B bis zu seinem Tod nach §§ 161 II, 128 HGB gehaftet und damit sind dies
„vom Erblasser herrührende Schulden“ (vgl. § 1967 II BGB) und mithin Nachlassverbindlichkeiten, für die
der Erbe bzw. bei mehreren Erben die Erben der Erbengemeinschaft (§ 2032 BGB) nach Maßgabe von §§
1967 ff. BGB (ggf. i.V.m. §§ 2058 ff. BGB) haftet bzw. haften. Diese erbrechtliche „Haftungsspur“ besteht
vorliegend immer, egal ob der Erbe Gesellschafter wird oder nicht.
Wir prüfen hier aber (noch) nicht die Erbenhaftung, sondern im Rahmen von § 130 HGB, ob F
Gesellschafter geworden ist und damit die „gesellschaftsrechtliche Haftungsspur“. Wenn der Erbe
Gesellschafter wird, tritt die gesellschaftsrechtliche Haftung nach §§ 128, 130 HGB neben die
Erbenhaftung. Gesellschafterhaftung und Erbenhaftung bestehen grundsätzlich unabhängig voneinander.
Aus Gläubigersicht ist die Haftung nach §§ 128, 130 HGB attraktiver, da es hier die bei der Erbenhaftung
bestehenden Beschränkungsmöglichkeiten (vgl. §§ 1967 ff., insbesondere § 1975 BGB) nicht gibt.
! Hier war im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass die Gesellschaft mit den
Erben fortgesetzt werden soll.
! „Eintritt“ des F (+)
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Warum wird bei der Fortführung der Gesellschaft nicht auf die Zulässigkeit der
Beibehaltung der bisherigen Firma nach § 22 HGB eingegangen? Eine etwaige
Unzulässigkeit der Firma hat keine materiell-rechtlichen Auswirkungen auf den Eintritt
des F. Die Konsequenzen eines unzulässigen Firmengebrauchs erschöpfen sich
weitgehend in § 37 HGB sowie Schadensersatz- oder Unterlassungsansprüchen von
durch einen derartigen Firmengebrauch Geschädigten.
3.
Etwaige Beschränkungen oder Ausschluss der Haftung
a. Grundsatz
Wer im Wege der Erbfolge der Gesellschaft beitritt haftet grundsätzlich
gemäß §§ 130, 128 HGB unbeschränkt für alle vor dem Eintritt (d.h. vor dem
Erbfall entstandenen Verbindlichkeiten (Altverbindlichkeiten). Die Forderung
des X aus dem Kaufvertrag ist eine derartige Altverbindlichkeit.
Grundsätzlich wird die gesellschaftsrechtliche Haftung durch eine etwaige
Beschränkung
der
Erbenhaftung
nach
§§
1967
ff.
BGB nicht eingeschränkt
(Anders die Beschränkung bei Minderjährigen gemäß § 1629a BGB - hier
nicht einschlägig).
Hinweis: Die h.M. geht davon aus, dass auch bei einem wirksamen Eintritt im Wege der Erbfolge, die
gesellschaftsrechtliche Haftung die Erbenhaftung nicht verdrängt, sondern beide Haftungstatbestände
nebeneinander bestehen.
Die „Haftung bei Eintritt in eine Gesellschaft im Wege der Erbfolge“ kann man sich als eine Straße
vorstellen, die zweispurig angelegt ist. Die Spur „Erbenhaftung nach §§ 1967 ff. BGB“ ist stets von jedem
befahrbar, unabhängig davon ob der Erbe Gesellschafter wird oder nicht (siehe oben vorhergehender
Kasten). Wenn der Erbe auch Gesellschafter wird, kommt die Fahrbahn Gesellschafterhaftung nach §§ 128,
130 HGB hinzu. Wenn es auf der rechten Spur „Erbenhaftung“ eng wird (etwa Beschränkung der
Erbenhaftung nach §§ 1967, 1975) kann der Gläubiger auf die Fahrbahn „Gesellschafterhaftung“ wechseln
und gewissermaßen links überholen. In der Fallbearbeitung müssen Sie grundsätzlich die Befahrbarkeit
beider Fahrbahnen prüfen.
b. Einschränkung gemäß § 139 HGB
Die gesellschaftsrechtliche Haftung von F könnte durch Umwandlung in eine
Kommanditistenstellung
beschränkt
sein.
Hierbei
ist
zwischen
Altverbindlichkeiten (bis zum Erbfall entstandene Verbindlichkeiten), nach
Umwandlung in die Kommanditistenstellung entstandenen Neuverbindlichkeiten,
sowie Verbindlichkeiten zu unterscheiden, die in der „Schwebezeit“ dazwischen
entstanden sind.
(1) Auf die Haftungsbeschränkung nach § 139 iVm. §§ 171, 172 HGB (§ 173
HGB) kann sich der Kommanditist nur für Neuverbindlichkeiten berufen.
! der Anspruch des X ist vor der Einräumung der Kommanditistenstellung
entstanden (Zur Erinnerung: Wir befinden uns in der Prüfung nach § 130
HGB. Bei einer Neuverbindlichkeit wäre § 130 HGB ohnehin nicht
einschlägig)
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(2) Wenn der Erbe ausscheidet oder wenn ihm eine Kommanditistenstellung
eingeräumt wird, haftet er gemäß § 139 IV HGB für die bis
dahin begründeten Verbindlichkeiten nur nach Maßgabe der erbrechtlichen
Vorschriften.
Hinweis: Hier sieht man, dass auch der Gesetzgeber vom Konzept des Nebeneinander der
gesellschaftsrechtlichen und der erbrechtlichen Haftungsspur (siehe vorhergehenden Kasten) ausgeht. Denn
§ 139 IV HGB sagt nicht etwa „… haftet stattdessen nach Maßgabe der erbrechtliche Vorschriften“. Er sagt
vielmehr „haftet nur nach Maßgabe der erbrechtlichen Vorschriften“, was impliziert, dass der
Erbe/Gesellschafter auch ohne das Vorliegen der Voraussetzungen von § 139 IV HGB nach den
erbrechtlichen Vorschriften haftet.
(a) Tatbestand:
- Vereinbarung einer Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag (§ 139 I
HGB) (+) – siehe oben
- Ausscheiden des Erben aus der Gesellschaft oder Einräumung einer
Kommanditistenstellung
! F hat einen entsprechenden Antrag gestellt; A und C haben dieser Bitte
entsprochen.
(b) Rechtsfolge
! Die unbeschränkte Haftung nach §§ 128, 130 HGB ist gemäß § 139 IV
HGB ausgeschlossen
!Für die Haftung bedeutsam sind primär die Vorgaben des BGB zur
Erbenhaftung – siehe dazu sogleich III.
Vertiefung - Beim erstmaligen Durcharbeiten des Falles sollten Sie diesen Abschnitt zunächst
überspringen und bei III. fortfahren. Wenn Sie die gesamte Lösungsskizze einmal durchgearbeitet haben,
ist das im folgenden Abschnitt Erörterte besser verständlich
Die besondere Problematik
-
Der Wortlaut von § 139 IV HGB würde nahelegen, dass der Erbe ausschließlich nach
den erbrechtlichen Vorschriften haftet (dazu III.)
-
Nach der wohl h.M. im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum soll der Erbe daneben für
Altverbindlichkeiten wie ein Kommanditist haften. Die Umwandlung in die
Kommanditistenstellung sei wie ein Eintritt i.S.v. § 173 HGB zu bewerten. (grundlegend K.
Schmidt, ZGR 1989, 445, 448; ebenso ders. in MünchKomm, 3. Aufl. 2011, § 139 Rn. 112;
ausführlicher Vorauflage, § 139 Rn. 40 ff.; zustimmend Lorz, in:
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl. 2008, § 139 Rn. 124; Baumbach/Hopt, § 139 Rn.
40; zur – m.E. vorzugswürdigen - Gegenansicht vgl. Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1.B.
Rn. 71: nur Haftung nach §§ 1967 ff. BGB)
-
Folgte man dem, müsste man hier noch § 173 HGB i.V.m. §§ 171, 172 HGB prüfen.
Die Vorgaben zur Haftung die der Umwandlung in eine Kommanditistenstellung (dazu
unten Teil B. II.) gelten hiernach i.V.m. § 173 HGB auch für Altverbindlichkeiten.
! Soweit der Erblasser die Einlage geleistet hat (hier der Fall) und dies
nicht
durch
Entnahmen
gemindert
ist
(kein
Anhaltspunkt
im
Sachverhalt, näher dazu unten bei Teil B. II:), ergibt sich daraus keine weitergehende
Haftung
! Diese Auffassung im Schrifttum ist allerdings nur dann von eigenständiger
praktischer Bedeutung wenn
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-
Der Erblasser seine Einlage nicht geleistet hat oder diese durch
Entnahmen gemindert hat (ansonsten Haftungsausschluss nach §§
171, 172 HGB) und
-
Der Erbe seine Haftung wirksam nach den §§ 1967 ff. BGB
beschränkt hat (Wenn nicht, ist die gesellschaftsrechtliche Haftung zwar nach §§
171, 172 HGB beschränkt. Das hilft dem Erben aber nicht sonderlich, da er nach
nach erbrechtlichen Vorschriften unbeschränkt persönlich haftet).
Wie soll man mit dieser Auffassung in der Fallbearbeitung umgehen?
Da in aller Regel diese Konstruktion der Haftung für Altverbindlichkeiten nach §§ 171 172, 173 HGB nur sehr
selten zu einer Erweiterung der Haftung gegenüber der Erbenhaftung führt, und damit weitgehend nur
theoretische Bedeutung hat (näher dazu sogleich der „Persönliche Kommentar“), muss bei einem „normalen“
Fall m.E. auf diese Auffassung nicht näher eingegangen werden (Auch das Lehrbuch von Windbichler – vgl.
Gesellschaftsrecht, 22. Aufl., § 16 Rn. 8) erwähnt diese nicht.
Persönlicher Kommentar (K. Krolop) Bei dieser angesichts des eigentlich klaren Wortlauts von § 139 IV HGB
(„haftet NUR nach erbrechtlichen Vorschriften) etwas merkwürdig (und aus Studierendensicht vor allem
umständlich) anmutenden Auffassung, geht es weniger um praktische Ergebnisse als um Einordnung von § 139
HGB in das Gefüge der Dogmatik des Gesellschaftsrechts. Man will, denjenigen, der eine ererbte Beteiligung als
phG in einer Kommanditbeteiligung umwandelt, möglichst weitgehend so stellen wie er stünde, wenn er einen
Kommanditanteil von einem Kommanditisten geerbt hätte. Wenn der Erblasser Kommanditist ist, haftet der
Kommanditist in der Tat nach Maßgabe von §§ 171, 172 HGB für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft, da die
Erbfolge als Eintritt i.S.v. § 173 HGB angesehen wird.
Da aber der Gleichlauf mit dem Erben eines Kommanditanteils ohnehin nicht vollständig durchgehalten wird
(siehe dazu unten B.II.), gibt es aus meiner Sicht keinen Anlass, entgegen dem Wortlaut des § 139 IV HGB eine
Haftung zu konstruieren, die wie oben aufgezeigt nur in bestimmten Sonderkonstellationen (siehe vorstehenden
Abschnitt) praktisch kaum von Relevanz ist.
III. Anspruch gegen F gem. § 433 II BGB iVm. §§ 1922, 1967 BGB
1. F müsste Gesamtrechtsnachfolge i.S.v. § 1922 BGB sein (+)
> testamentarisch bestimmter Alleinerbe siehe oben II.
2. Verbindlichkeit müsste gemäß § 1967 BGB eine zum Nachlass gehörende
Verbindlichkeit sein
! Verpflichtung die vor Erbfall entstanden ist und damit eine „vom Erblasser
herrührende Schuld“
3. Für Beschränkungen der Erbenhaftung (etwa nach § 1975 BGB) kein
Anhaltspunkt
3.’ Beachte bei Minderjährigen § 1629a BGB
! Ergebnis:
X hat somit einen Anspruch gegen F auf Zahlung von 5.000 ! gem. § 433 II BGB
iVm. §§ 1922, 1967 BGB
Warum steht § 139 IV HGB nicht in der Paragraphenkette? – Auch das ist Ausdruck der
Zweispurigkeit der Haftung. Wie soeben erörtert, haftet der Erbe stets nach Maßgabe von
§§ 1967 ff. BGB. § 139 IV HGB ist daher nicht als gesetzlicher Anwendungsbefehl
bezüglich der §§ 1967 ff. BGB (miss)zuverstehen, sondern als ein
Nichtanwendungsbefehl bezüglich der §§ 128, 130 HGB anzusehen.
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IV. Anspruch des X gegen C gem. § 433 II BGB iVm. § 161 II, 128 HGB
1. Gesellschaftsverbindlichkeit (+) siehe oben
2. Inanspruchnahme des C
Fraglich ist, ob der Kommanditist B für diese Verbindlichkeit der KG persönlich in
Anspruch genommen werden kann.
a. grundsätzlich Kommanditistenhaftung gem. § 171 I HGB
Grundsätzlich haftet ein Kommanditist gem. § 171 I HS. 1 HGB nur bis zur
Höhe seiner Einlage den Gläubigern der KG gegenüber unmittelbar und
persönlich. Hat der Kommanditist seine Einlage erbracht, ist seine Haftung
gem. § 171 I HS 2 HGB ausgeschlossen.
Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Kommanditist ausnahmsweise wie ein
persönlich haftender Gesellschafter haften muss.
Exkurs: „Einlage“
Die zu erbringende Einlage richtet sich nach der Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag; dabei
kann es sich z.B. auch um Sachen/Gegenstände oder - anders als bei den
Kapitalgesellschaften – um Dienstleistungen handeln.
Zwischen der Haftsumme (Außenverhältnis; der Betrag der im Handelsregister steht, § 172 I
HGB) und der Pflichteinlage (Innenverhältnis; beschreibt Inhalt des Anspruchs, den die
Gesellschaft gegen den Gesellschafter hat, § 171 I HS 2 HGB) wird sprachlich und sachlich
im Gesetzeswortlaut nicht ausreichend unterschieden.
b. Haftung des Kommanditisten gem. § 176 I 1 HGB
Möglicherweise könnte sich jedoch aufgrund der Tatsache, dass die
„Weinhandel A & B KG“ zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit X noch
nicht im Handelsregister eingetragen war, etwas anderes ergeben. Gem. § 176 I
1 HGB haftet ein Kommanditist vor der Eintragung der Gesellschaft im
Handelsregister für die bis zur Eintragung begründeten Verbindlichkeiten
gleich einem persönlich haftenden Gesellschafter, wenn die Gesellschaft mit
seiner Zustimmung die Geschäftstätigkeit begonnen hat und der Gläubiger
keine Kenntnis von der Kommanditistenstellung hatte. Bei der
Kaufpreisforderung des X handelt es sich um eine vor der Eintragung der
„Weinhandel A & B KG“ (mit Abschluss des Kaufvertrages) begründete
Verbindlichkeit der Gesellschaft. Dem Geschäftsbeginn vor Eintragung hatten
die Gesellschafter A, B und C im Juni zugestimmt. Der Gläubiger X hatte
schließlich auch keine Kenntnis von der Kommanditistenstellung des C.
Die Voraussetzungen des § 176 I 1 HGB liegen vor; somit haftet der Kommanditist C wie ein
persönlich haftender Gesellschafter, d.h. unbeschränkt gem. §§ 161 II, 128 HGB.
Beachte: Die Gleichstellung beschränkt sich jedoch auf die Haftung. Der persönlich haftende
Kommanditist hat nicht die Rechte und auch nicht die (sonstigen) Verpflichtungen des
persönlich haftenden Gesellschafters.
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Ergebnis: X hat somit einen Anspruch gegen C auf Zahlung von 5.000 ! gem. § 433 II BGB
iVm. §§ 176 I, 161 II, 128 HGB.
Exkurs:
Die Haftung gem. § 176 HGB entfällt anders als z.B. die Handelndenhaftung bei der VorGmbH/GmbH (§ 11 II GmbHG) oder Vor-AG/AG (§ 41 II AktG) nicht mit der späteren
Eintragung (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 34. Auflage 2010, § 176, Rdnr. 1)!
Exkurs:
Bezüglich des Rückgriffs des persönlich haftenden Gesellschafters gilt dasselbe wie bei der
OHG. Wird der Kommanditist von den Gläubigern der KG in Anspruch genommen, hat er
einen Freistellungsanspruch gegen die KG (vgl. Grunewald, Gesellschaftsrecht, 6. Auflage
2005, 1 C., Rn 47 f.).
B. Ansprüche des Y
I. Ansprüche Y gegen A gem. § 433 II BGB iVm. §§ 161 II, 128 HGB
1. wirksamer Kaufvertrag (Gesellschaftsverbindlichkeit) mit der KG
Die KG hat, wirksam vertreten durch ihren alleinigen Komplementär A, mit Y einen
Kaufvertrag im Oktober 2010 geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war die nunmehr
auch im Handelsregister eingetragene KG im Außenverhältnis wirksam (siehe oben
Teil A I.). Es besteht eine Kaufpreisforderung des Y gegen die nach außen wirksame
KG in Höhe von 3.000 ! und damit eine Gesellschaftsverbindlichkeit.
2. Stellung des A als Komplementär (+) siehe oben
! Anspruch gegen A (+)
II. Ansprüche Y gegen F gem. § 433 II BGB iVm. §§ 161 II, 128 HGB
Y hat einen Anspruch gegen F persönlich, wenn dieser trotz seiner Kommanditistenstellung
persönlich für die Verbindlichkeiten der KG haftet.
I.
Gesellschaftsverbindlichkeit (+) siehe oben
II. Gesellschafterstellung des F
F müsste Gesellschafter der A+B KG sein. Ursprünglich war F nicht Gesellschafter. Er
ist aber mit dem Tod des B im Wege der Erbfolge Gesellschafter geworden (§§ 1922 I,
1937 BGB – siehe oben Teil A II.).
III. Beschränkung der Haftung des F
1.
Ausschluss der gesellschaftsrechtlichen Haftung nach § 139 IV HGB (-)
! betrifft nur Verbindlichkeiten, die vor Umwandlung in Kommanditistenstellung
entstanden sind
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Beschränkung der Haftung nach Maßgabe von § 139 iVm. §§ 171, 172 HGB
- Tatbestand: Einräumung einer Kommanditistenstellung nach § 139 HGB (+) siehe
oben Teil A II.
- Rechtsfolge: Für alle Verbindlichkeiten, die nach Einräumung der
Kommanditistenstellung entstanden sind, haftet F nur als Kommanditist nach
Maßgabe der §§ 171, 172 HGB.
a. Leistung der Einlage
(1) Bestimmen der Höhe der Einlage des Erben-Kommanditisten
- Grundsätzlich muss der Kommanditist keine eigene Einlage leisten
- P: Was ist bei § 139 HGB die Einlage des Erblasser bzw. die ins
Handelsregister einzutragende Hafteinlage des Erben-Kommanditisten?
h.M. Kapitalkonto des Erblassers zum Zeitpunkt von dessen Tod
- Aktivsaldo: Der Gesellschaft überlassenes Vermögen zuzüglich stehen
gelassener Gewinne abzüglich von erlittenen Verlusten (instruktive
Darstellung
bei
Lorz,
in:
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,
HGB, § 139 Rn. 108 ff.)
- Hier ist im Sachverhalt nur von eingezahlter Einlage von EUR 10.000
die Rede. Da Sachverhalt keine Hinweise auf Verluste/Entnahmen
enthält,
kann
davon
ausgegangen
werden,
dass
der
Aktivsaldo exakt EUR 10.000 beträgt.
K.S. Einen anderen Ansatz vertritt vor allem K. Schmidt. Der Erbe sei bei §
139 HGB zu behandeln, als ob er Erbe eines Kommanditisten wäre.
Bei der Nachfolge in eine Kommanditistenstellung qua Erbfolge komme
es nicht auf den Saldo des Kapitalkontos an, sondern auf die nominelle
Höhe der Einlage des Erblassers an. Deshalb sei stets, und eben auch bei
139 HGB, auf die bei Gründung der Gesellschaft bzw. Beitritt des
Erblassers vereinbarte nominelle Höhe der Einlage des Erblassers
abzustellen. (K. Schmidt, in: MünchKommHGB, § 139 Rn. 67, 78 ff.)
Einwand der h.M. gegen K.S.:
Erblasser ist bei § 139 HGB persönlich haftender Gesellschafter.
Dieser muss nicht notwendig formal eine Einlage leisten (z.B. keine
Einlage stattdessen stellt Gesellschafter Arbeitsleistung als Beitrag zur
Verfügung)
Relevanz dieses Problems für den Fall:
Hier ist eine Einlage des B vereinbart. Da hier Einlage und aktueller
Saldo des Kapitalkontos identisch sind (siehe oben), kommen beide ‚
Auffassung hier zu demselben Ergebnis
! Die Einlage des Erblassers und damit die einzutragende Hafteinlage des F
beträgt EUR 10.000
Vertiefung
Problematische Konstellation: Saldo des Kapitalkontos ist durch Verluste unter den Betrag der
ursprünglichen Einlage gesunken
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K.S.. meint, dass dennoch die nominelle Höhe der ursprünglich vereinbarten Einlage anzusetzen sei.
Herabsetzung wegen Verlusten, wie von der h.M. gefordert, sei dann kaum handhabbar, wenn
dadurch Kapitalkonto negativ wird. Man kann nicht „- 100“ als Hafteinlage eintragen (vgl. K.
Schmidt, in: MünchKommHGB, § 139 Rn. 67, 79)
h.M. bei persönlich haftenden Gesellschafter ist nicht selten eine Einlageleistung gar nicht vereinbart.
Bestimmen der Einlage im nachhinein ist problematisch. Bei negativem Kapitalkonto ist als
Einlage ein Euro anzusetzen (Lorz, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 139 Rn. 109)
(2) Leistung der Einlage
! Da sich nach der h.M. die Höhe der Hafteinlage nach dem Aktivsaldo des
Kapitalkontos des Erblassers bemisst, kann das der Gesellschaft vom Erblasser
überlassene Vermögen im Ausgangspunkt nicht unter der Hafteinlage liegen.
(Eine Pflicht des Erben-Kommanditisten zur Leistung auf die Einlage kann sich
nach der h.M. nur ergeben, wenn der Erblasser entweder der Gesellschaft noch
Beiträge schuldet oder verbotene Entnahmen getätigt hat - näher dazu
Vertiefung im Kleingedruckten. Dafür gibt es im Sachverhalt keine
Anhaltspunkte).
! Damit ist die Haftung gemäß § 171 I HGB grundsätzlich ausgeschlossen, es sei
denn die Haftung lebt gemäß § 172 IV HGB wieder auf (dazu sogleich b)
! Zum Zeitpunkt der Umwandlung in eine Kommanditbeteiligung nach
§ 139 HGB war die Einlage des F ordnungsgemäß und vollständig geleistet
iSv. § 171 I HGB.
Vertiefung
Problematische Konstellation: Der Erblasser hat noch nicht alle versprochenen Beiträge erbracht
und/oder verbotene Entnahmen getätigt
K.S.
Auffassung, die auf die nominelle Höhe der Einlage des Erblassers ansetzen will, will den Erben
behandeln wie den Erben des Kommanditisten. Unberechtigte Entnahmen ändern an der Höhe
der Einlage nichts. Gewissermaßen im Wege der „als ob“-Betrachtung, prüft diese Auffassung,
ob Zahlungen an den B, wenn er Kommanditist gewesen wäre, eine Rückzahlung i.S.v. § 172 IV
HGB gewesen wären.
Die Höhe der Einlage ändert sich hiernach auch in dieser Konstellation nicht, aber der ErbeKommanditist haftet nach Maßgabe von §§ 171, 172 HGB also soweit die Hafteinlage nicht
gedeckt ist
h.M. Der Aktivsaldo des Kapitalkontos wird um versprochene, aber vom Erblasser noch nicht geleistete
Beiträge und verbotene Entnahmen erhöht. Ins Handelregister einzutragende Hafteinlage ist daher
der Saldo des Kapitalkontos des Erblasser zurzeit des Todes etwaig geschuldeter
Beiträge und unberechtigter Entnahmen (Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 16 Rn. 8).
Dies hat zur Folge, dass der Kommanditist sowohl Gläubigern im Außenverhältnis als auch
gegenüber der Gesellschaft im Innenverhältnis auf Zahlung der entsprechenden Beträge haftet.
(Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1. B. Rn. 69; Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 16 Rn. 8)
Daran knüpft ein Einwand gegen die Hinzurechnung an: Der Erbe soll durch § 139 HGB
eigentlich vor einer persönlichen Haftung weitgehend geschützt werden.
Aber:
-
Bei verbotenen Entnahmen und rückständigen Beiträgen des Erblasser-Gesellschafters
handelt es sich um Altverbindlichkeiten bzw. Nachlassverbindlichkeiten i.S.v. § 1967 II
BGB, für die der Erbe ohnehin gegenüber der Gesellschaft persönlich haftet. Insoweit ist der
Erbe nur bedingt schutzwürdig
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-
Ferner bezweckt § 139 HGB auch keine vollständige Freistellung von der Haftung. Der
Gesellschafter soll lediglich nicht schlechter stehen als er stünde, wenn er einen Kommanditist
beerbet hätte. Wenn B von Anfang an Kommanditist mit einer Hafteinlage von EUR 10.000
gewesen wäre, hätte F als Erbe für verbotenen Entnahmen und rückständige Beiträge zahlen
müssen
(siehe zum Ganzen auch Lorz, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 139 Rn. 108 ff.)
b.
Wiederaufleben der Haftung nach § 172 IV HGB
! für Entnahmen des F oder unerlaubte Zuwendungen an diesen gibt es im
Sachverhalt keine Anhaltspunkte
! Damit ist die Haftung des F grundsätzlich gemäß §§ 171, 172 HGB
ausgeschlossen
c. Unbeschränkte Haftung wegen § 176 II HGB?
Allerdings ist die Einräumung der Kommanditistenstellung erst im November 2011 im
Handelsregister eingetragen worden. Damit würde F nach § 176 II HGB unbeschränkt
haften wenn dieser auch bei einer Umwandlung nach Erbfolge anwendbar wäre. Die
Vorschrift des § 176 II HGB knüpft an den Eintritt an. Ähnlich wie bei § 130 HGB fragt
sich, ob dies eng (im Sinne Aufnahme eines neuen Gesellschafters) oder ähnlich
umfassend wie bei § 130 HGB (siehe oben Teil A II.) auszulegen ist.
Für Letzteres sprechen der Wortlaut der Norm: Auch der Eintritt von Todes wegen ist ein
„Betritt“ – (vgl. oben A II). Zudem besteht - anders als bei § 25 HGB - keine
Einschränkung auf einen „rechtsgeschäftlichen“ Erwerb. (noch BGHZ 66, 108; BGH
NJW 1983, 2259). Letztlich wird so die einheitliche Handhabung von Eintritt bei § 130
HGB und § 176 gewährleistet.
Die gewichtigeren Argumente sprechen aber gegen die Anwendung von § 176 II HGB
bei einem Eintritt durch Erbfolge. Bei einem rechtsgeschäftlichen Beitritt kann sich der
Kommanditist durch die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung (Betritt erst mit
Eintragung wirksam) schützen. Der Erbe kann dies nur sehr eingeschränkt, da er auf das
Testament bzw. die Erbfolge keinen Einfluss hat. Schließlich würde ansonsten auch der
Schutz des § 139 HGB entwertet. (nunmehr auch BGHZ 108, 197; zudem K. Schmidt,
MüKo HGB, § 176 Rn. 22, ders. Gesellschaftsrecht, 4. Auflage 2002, § 55 II 2 b).
Eine vermittelnde Ansicht, will die Anwendung von § 176 II HGB nicht komplett
ausschließen; aber eine „Schonfrist“ für die Herbeiführung der Eintragung einräumen.
Wenn man sich an § 139 III HGB orientiert, kommt hiernach eine persönliche Haftung
nur in Betracht, wenn zwischen Anfall der Erbschaft und Eintragung als Kommanditist
mehr als drei Monate liegen. Hier war der Erbfall im September und die Eintragung als
Kommanditist erfolgte bereits im November 2010, so dass die Eintragung vor Ablauf der
„Schonfrist“ erfolgt ist. Damit ist auch nach dieser Auffassung eine Haftung des F nach
§ 176 II HGB ausgeschlossen.
1. Hinweis: Andere Ansicht gut vertretbar. Wenn man die Anwendbarkeit des § 176 II HGB bejaht ergeben
sich die allgemeinen Anwendungsprobleme des § 176 BGB (siehe oben Ansprüche gegen C und sogleich).
2. Hinweis: Die zweite Konstellation, bei der die Anwendbarkeit von § 176 II HGB umstritten ist, ist der
rechtsgeschäftliche Erwerb der Stellung als Kommanditist. Hier entscheidet die h.M. genau anders herum
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und befürwortet die Anwendbarkeit von § 176 II HGB.
Zu merkende Faustregel: Wenn das Gesetz von Eintritt spricht, meint es in der Regel sowohl die Aufnahme
eines Gesellschafters als auch den rechtsgeschäftlichen Erwerb der Gesellschafterstellung. Beim
gesetzlichen Erwerb im Wege der Erbfolge (§ 1922 BGB) muss dies anhand von Normzweck und
Interessenlage bei der jeweiligen Norm individuell diskutiert werden, und ein möglichst ausgewogener
Ausgleich im Überschneidungsbereich von Gesellschafts- und Erbrecht zu finden.
Ergebnis:
Y kann F nicht persönlich in Anspruch nehmen, da wegen Umwandlung in eine
Kommanditistenstellung gemäß § 139 III HGB die Haftungsbeschränkung des § 171 I HGB
eingreift.
III. Ansprüche Y gegen F gem. § 433 II BGB iVm. §§1922, 1967 ff. BGB
1. Anwendbarkeit (+)
! Die Erbenhaftung nach den §§ 1967 ff. BGB ist stets neben
Gesellschafterhaftung anwendbar (ausführlich dazu oben Teil A. II.; III.)
der
2. Erbestellung des F (+)
3. ABER: keine Nachlassverbindlichkeit
! Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören im Wesentlichen nur die vom Erben
herrührenden Schulden (§ 1967 II BGB), d.h. Verbindlichkeiten, die vor dem
Erbanfall entstanden sind
! Der Kaufvertrag mit Y wurde aber erst nach dem Tod des B abgeschlossen.
! Kein Anspruch des
BGB
Y gegen F gem. § 433 II BGB iVm. §§ 1922, 1967 ff.
Merke: Das Problem des Nebeneinanders von Gesellschafterhaftung und Erbenhaftung stellt
sich grundsätzlich nur bezüglich von Verbindlichkeiten, die vor dem Tod des Gesellschafters
entstanden sind. Nach dem Eintritt in die Gesellschaft sind Verbindlichkeiten wegen einer
etwaigen Haftung nach § 128 HGB keine Nachlassverbindlichkeiten, sondern eigene originäre
Verbindlichkeiten des Erben.
IV. Anspruch des Y gegen C gem. § 433 II iVm. §§ 171 I, 172 IV HGB
Y könnte gegenüber C die Zahlung von 3000 ! gem. § 433 II BGB iVm. §§ 171 I, 172 IV
HGB verlangen. Dies setzt neben einer wirksamen Verbindlichkeit der KG gegenüber Y
voraus, dass C als Kommanditist von Y in Anspruch genommen werden kann.
1. wirksamer Kaufvertrag (Gesellschaftsverbindlichkeit) mit der KG (+) siehe oben
2. Inanspruchnahme des C
Fraglich ist, ob der Kommanditist C wegen der Kaufpreisforderung des Y in Anspruch
genommen werden kann. Gem. § 171 I HGB haftet der Kommanditist nur bis zur
Höhe seiner Einlage; hat er sie erbracht, ist seine Haftung ausgeschlossen (vgl. oben).
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a) Einlageleistung durch C hat (zunächst) seine Einlage in voller Höhe geleistet
(dazu oben Teil A IV), eine Haftung würde demnach entfallen.
b) Einlagenrückgewähr an C
Dem könnte aber entgegenstehen, dass C mit der Gesellschaft einen
Kaufvertrag über sein Auto über 15.000 ! abgeschlossen hat, obwohl der
Marktwert des Autos nur bei 10.000 ! lag. Darin könnte eine
Einlagenrückgewähr liegen. Gem. § 172 IV HGB gilt eine Einlage, die dem
Kommanditisten zurückgezahlt wurde, gegenüber den Gläubigern als nicht
geleistet. Als Einlagenrückgewähr werden auch Rechtsgeschäfte angesehen,
die der Kommanditist mit der Gesellschaft zu für ihn besonders günstigen
Bedingungen schließt. Dies ist wohl dann der Fall, wenn der Vertrag nicht zu
marktüblichen Bedingungen abgeschlossen wurde. Dann liegt eine verdeckte
Rückerstattung in Form verschleierter Zuwendungen vor. Das Problem der
verdeckten Einlagenrückgewähr liegt in der Praxis bei der Nachweisbarkeit
(vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Auflage 2002, § 54 III 2 a) bb)).
Vorliegend hat B einen Kaufpreis (von der Gesellschaft) von 15.000 ! erhalten,
obwohl er unter marktüblichen Bedingungen nur 10.000 ! dafür erhalten hätte.
Darin ist eine verdeckte Rückerstattung seiner Einlage in Höhe von 5.000 ! zu
sehen. In diesem Umfang gilt die Einlage gegenüber dem Y (Gläubiger) als
nicht geleistet, § 172 IV HGB.
(vgl. Windbichler, Gesellschaftsrecht, 22 Auflage 2009, § 17 Rn 20).
Exkurs: Befriedigung von Gesellschaftsgläubigern = Einlageleistung i.S. des § 171 I HGB?
Die Befriedigung eines Gläubigers der KG durch den Kommanditisten ist eine neben der
Leistung der Pflichteinlage stehende und abweichenden Rechtsregeln unterliegende Form des
Ausschlusses der beschränkten Kommanditistenhaftung. Durch die Begleichung der
Forderung eines Gläubigers erschöpft sich die (Außen-) Haftung des Kommanditisten
gegenüber allen Gläubigern der Gesellschaft (vgl. Grunewald, Gesellschaftsrecht, 6. Auflage
2005, 1.C.Rn 36; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Auflage 2006, § 8 III).
Davon zu unterscheiden ist, dass die Befriedigung eines Gläubigers nicht automatisch zum
Erlöschen der Pflichteinlagenforderung der Gesellschaft führt. Befriedigung eines
Gesellschaftsgläubigers ist keine Einlagenleistung. Die Einlage erbringt der Gesellschafter
erst mit Aufrechnung seines Regressanspruches (§ 110 HGB) gegen die Einlagenforderung
der Gesellschaft (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 34. Auflage 2010, § 171, Rdnr. 8 mit Verweis
auf BGH NJW 1984, 2290).
Y kann daher den Kommanditisten C auch persönlich wegen seiner Kaufpreisforderung in
Anspruch nehmen.
Ergebnis:
Y hat einen Anspruch gegen C in Höhe von 3.000 !.
(Y kann den C bis in Höhe der Differenz zwischen der Haftsumme und der rückgezahlten
Einlage in Anspruch nehmen. Würde sich sein Anspruch auf 6.000 ! belaufen, könnte er C
nur in Höhe von 5000 ! in Anspruch nehmen, hinsichtlich der darüber hinausgehenden 1.000
! könnte sich C darauf berufen, seine Einlage erbracht zu haben.)
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Frage 2
Der Eintritt des F in die Gesellschaft bestimmt sich auf Grundlage der Nachfolgeklausel im
Gesellschaftsvertrag nach erbrechtlichen Grundsätzen.
Der Umstand, dass der Sohn Pflichtteilsberechtigter ist und gesetzlicher Alleinerbe wäre, lässt
die Stellung des F als testamentarisch bestimmten Alleinerben unberührt (Unterscheidung:
Erbe/Erbteil versus Pflichtteil). Der Sohn hat lediglich Anspruch auf Auszahlung des
Pflichtteils (§§ 2303 ff. BGB). Der Anspruch auf Auszahlung des Pflichtteils beschränkt sich
auf eine Geldforderung (vgl. § 2303 I S. 2: Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils;
§ 2311 BGB: Berechnung des Pflichtteils nach Wert des Nachlasses).
Hinweis: Als einziger gesetzlicher Erbe hätte der Sohn das volle Erbe erhalten. Ihm steht daher ein Pflichtteil in
Höhe des Wertes des halben Erbes zu.
Ergebnis: Der Sohn des B ist nicht Gesellschafter der A+B OHG.
Abwandlung
Frage: Können X und/oder Y D in Anspruch nehmen?
I. Anspruch des X gegen D gem. § 433 II BGB iVm. §(§) 173 (171, 172) HGB
X könnte gegen D ein Anspruch auf Kaufpreiszahlung gem. § 433 II BGB iVm. §(§) 173
(171, 172) HGB zustehen.
1. Gesellschaftsverbindlichkeit der KG
Zwischen der „Weinhandel A & B KG“ und X wurde ein wirksamer Kaufvertrag
geschlossen (vgl. oben).
2. Inanspruchnahme des D
Fraglich ist, ob D für die Verbindlichkeiten der KG in Anspruch genommen werden
kann. Es käme eine Haftung des D gem. § 173 I HGB in Betracht. Demnach haftet der
eintretende Kommanditist auch für die vor seinem Eintritt begründeten
Verbindlichkeiten der KG.
a) Bestehen einer KG
Zunächst müsste D in eine bei seinem Eintritt bereits bestehende KG
eingetreten sein. Liegt eine solche tatsächlich nicht vor, tritt aber eine
Gesellschaft als KG im Rechtverkehr auf, findet § 173 HGB zumindest direkt
keine Anwendung. Die „Weinhandel A & B KG“ bestand bei Eintritt des D
bereits (vgl. oben).
b) Eintritt/Beitritt als Kommanditist
D müsste als Kommanditist in die „Weinhandel A & B KG“ eingetreten sein.
Im September 2010 hat D mit A, B und C einen Beitrittsvertrag geschlossen, in
dem festgelegt wurde, dass D als Kommanditist an der Gesellschaft beteiligt
werden sollte. Damit ist eine Änderung des Gesellschaftsvertrages
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vorgenommen worden, die eine einstimmige Zustimmung aller Gesellschafter
erforderte (vgl. Fall 7). D ist der KG als Kommanditist beigetreten.
Beachte: § 173 I HGB gilt auch bei fehlerhaften Eintritt, Eintritt in eine fehlerhafte
Gesellschaft, bei arglistiger Täuschung oder bei tatsächlichem Eintritt in eine RechtsscheinsKG, sowie bei der Beteiligungsumwandlung vom persönlich haftenden Gesellschafter zum
Kommanditisten. (Baumbach/Hopt, HGB 34. Auflage 2010, § 173 Rn 4).
c) Vollzug des Eintrittes nach außen
Der Eintritt des D müsste nach außen vollzogen sein, d.h. er müsste entweder
als Kommanditist im Handelsregister eingetragen worden sein oder seine
Zustimmung zur Fortsetzung der Geschäfte erteilt haben. Spätestens mit der
Eintragung des D im Handelsregister im Dezember 2010 ist der Eintritt
vollzogen.
(BGH NJW 1992, 1501, 1502 (Beitritt zu einer GbR): auch Zahlung der
Einlage wird als Vollzug gesehen; wohl auch auf den Kommanditisten
übertragbar; vgl. auch Ausführungen im Fall 7).
d) Verbindlichkeit bestand vor Eintritt
Die Kaufpreisforderung des D wurde im Juli 2010, und damit vor dem Eintritt
des D in die Gesellschaft im September begründet.
e) Haftungsumfang
Gem. §§ 171, 172 HGB haftet der Kommanditist bis zur Höhe der Einlage; ist
diese geleistet entfällt eine Haftung. D hat seine Einlage erbracht, so dass eine
Haftung gegenüber X entfällt.
Ergebnis:
X hat somit keinen Anspruch gegen D.
II. Anspruch des Y gegen D gem. § 433 II BGB i.V.m. §§ 176 II, I 1, 161 II, 128 HGB
Y könnte gegenüber D ein Anspruch auf Zahlung der 3000 ! gem. § 433 II BGB iVm §§ 176
II, I 1, 161 II, 128 HGB zustehen.
1. Kaufvertrag zwischen Y und der KG (Gesellschaftsverbindlichkeit)
Zwischen Y und der KG ist im Oktober 2010 ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen
worden (vgl. oben).
2. Inanspruchnahme des D
Fraglich ist, ob D, dessen Eintritt in die KG erst im Dezember 2010 im
Handelsregister eingetragen worden ist, für eine Verbindlichkeit haftet, die im Oktober
2010 begründet wurde. Die Haftung des beitretenden Kommanditisten richtet sich
nach § 176 II HGB.
a) Eintritt in eine bestehende Handelsgesellschaft
D ist mit Abschluss des Beitrittsvertrages im September 2010 als
Kommanditist in eine bestehende KG, also eine Handelsgesellschaft,
eingetreten.
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Exkurs: § 176 II HGB greift auch bei Abtretung des Kommanditanteils (BGH NJW 1983, S.
2259), nicht jedoch bei Anteilsumwandlung oder Nachfolge von Todes wegen – siehe oben
Teil B II.
b) Entstehen der Verbindlichkeit zwischen Beitritt (Eintritt) und Eintragung
Der Beitrittsvertrag ist im September geschlossen worden, die Eintragung
erfolgte im Dezember. Die Kaufpreisverbindlichkeit des F ist im Oktober, und
damit zwischen dem Beitritt des D zur KG und seiner Eintragung im
Handelsregister gegenüber der KG begründet worden.
c) Verweis auf § 176 I HGB (entsprechende Anwendung)
§ 176 II HGB verweist auf § 176 I 1 HGB. Fraglich ist daher, ob entsprechend
der Regelung in § 176 I 1 HGB auch die Zustimmung des Eintretenden
erforderlich ist.
Dies wird abgelehnt u.a. mit der Begründung, dass die Situationen der
Geschäftsaufnahme nach Gründung und der Geschäfte nach Beitritt eines
neuen Kommanditisten nicht vergleichbar seien, denn nur die Gründer haben
die Wahl, ob sie den Geschäftsbeginn aufnehmen wollen oder nicht, nicht
jedoch der in eine tätige Gesellschaft eintretende Kommanditist. Der Beitritt an
sich trägt daher schon die Haftungslegitimation in sich. Der beitretende
Kommanditist hat jedoch die Möglichkeit, durch eine Klausel im
Beitrittsvertrag zu bestimmen, dass sein Beitritt erst mit Eintragung wirksam
sein soll (aufschiebende Bedingung) (BGHZ 82, 209, 211 f; K. Schmidt,
Gesellschaftsrecht, 4. Auflage 2002, § 55 II 2 d)).
d) Kenntnis des Gläubigers
Der Gläubiger Y dürfte keine Kenntnis von der Kommanditistenstellung des D
gehabt haben. Y wusste nicht, dass D Kommanditist ist, ferner wusste er auch
gar nicht, dass D der KG beigetreten war.
Fraglich ist, ob er D dennoch in Anspruch nehmen kann.
Nach einer Ansicht (z.B. Priester BB 1980, 911, 913) verdient der Dritte den
Schutz des § 176 HGB nicht, wenn er von dem beitretenden Gesellschafter
noch gar nichts wisse.
Nach der h.M. ist § 176. I 1 letzter HS HGB hingegen eng auszulegen. Eine
unbeschränkte Haftung des Kommanditisten scheidet allein bei positiver
Kenntnis des Gläubigers von dessen Kommanditistenstellung aus, jedoch nicht
schon dann, wenn dem Gläubiger die Gesellschafterstellung des
Kommanditisten als solche überhaupt nicht bekannt war. Demnach haftet der
Kommanditist also immer dann unbeschränkt, wenn im Namen der
Gesellschaft gehandelt wird, unabhängig davon, ob dem Gläubiger die
Existenz des Kommanditisten als Gesellschafter bekannt war oder nicht.
Ebenso wie bei § 15 HGB ist also ein tatsächliches Vertrauen des Dritten auf
das Schweigen des HR nicht erforderlich (BGHZ 82, 209, 211 f).
Auch auf das Wissen um die Rechtsform KG kommt es im Rahmen des § 176
HGB nicht an, selbst wenn es dadurch fraglich wird, ob nicht Rückschlüsse auf
die Stellung von bestimmten Gesellschaftern als Kommanditisten gezogen
werden müssen. Der Schluss ist aber nicht zwingend; das Wissen um die
Rechtsform der KG reicht nicht, um eine Kenntnis von der
Kommanditistenstellung i.S.d. § 176 I HGB anzunehmen (Roth, Handels- und
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Gesellschaftsrecht, 6. Auflage 2001, Rdnr. 358). Wichtiger Ausnahmefall ist
aber wohl die GmbH & Co. KG (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 34. Auflage,
2010, Anh § 177 a, Rn 19).
e) Zwischenergebnis
Die Voraussetzungen des § 176 II HGB treffen auf den der KG im September
2010 beigetretenen D zu.
Ergebnis: Y hat folglich einen Anspruch gegen D in Höhe von 3.000 !.
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