Protokoll - Petershagen/Eggersdorf

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Protokoll - Petershagen/Eggersdorf
Einwohnerversammlung zum Einkaufszentrum „Am Mierwerder“
am 4. März 2009 um 19 Uhr
in der Turnhalle der Grundschule Petershagen
Protokoll
Anwesende:
ca. 270 Bürgerinnen und Bürger, Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter, Herr Borchardt (Bürgermeister), Herr Herzog (Vorsitzender Bau- und Umweltausschuss), Herr Daut (Bauamtsleiter), Frau
Kurtz (Mitarbeiterin Bauamt, Protokoll), Herr Jellinghaus (Investor, Projektentwickler)
1. Begrüßung
Herr Borchardt begrüßt die Anwesenden. Er weist darauf hin, dass es auf der heutigen Versammlung keine Abstimmung der Gemeindevertreter geben werde und ausschließlich Einwohner der Gemeinde Petershagen/Eggersdorf Rederecht hätten. Die Dauer der Versammlung solle höchstens eineinhalb bis zwei Stunden betragen.
2. Einführung
Herr Borchardt erklärt die Einflussmöglichkeiten der Gemeinde bei privaten Investitionen.
Investitionen wie Einzelhandelsmärkte erfolgten im freien Wettbewerb. Die Gemeinde habe
keinen Einfluss darauf, welche Anbieter sich an welchen Standorten niederlassen. Einfluss
nehmen könne sie durch die Steuerung der städtebaulichen Entwicklung (z. B. durch Bebauungspläne). In den vergangenen Jahren seien in der Gemeinde zwei Standorte für Lebensmittelmärkte präferiert worden: Eggersdorf Nord (Altlandsberger Chaussee) und Petershagen-Süd (Am Mierwerder). Ohne Investor könne die Umsetzung der Pläne jedoch nicht erfolgen.
Herr Daut umreißt die Geschichte des geplanten Lebensmittelmarktes, die mit der Aufstellung des Bebauungsplanes „Tasdorfer Straße / Mierwerder Weg“ 1995 begonnen habe. Dieser sehe bereits an dem Standort eine 650 m² große Fläche für einen Einkaufsmarkt vor.
Seit 2000 habe die Gemeinde verstärkte Anstrengungen unternommen, einen Lebensmittelmarktbetreiber für die Fläche zu interessieren. Im Jahr 2007 habe NORMA Interesse an der
Fläche gezeigt, die aufgrund des größeren räumlichen Potenzials gegenüber der ebenfalls
zur Diskussion für einen Lebensmarkt stehenden Fläche im Bereich Eggersdorfer Straße /
Florastraße, deutliche Vorteile geboten hätte. Das Land, Eigentümerin der gesamten Freifläche, habe seine Haltung geändert und sich bereit erklärt, auch kleinere Flächen im Plangebiet zu veräußern. Im Rahmen einer Ausschreibung hätten sich vier Investoren beworben,
von denen schließlich die Reku GmbH den Zuschlag erhalten habe.
Herr Daut stellt zwei Bebauungsvarianten für das Einkaufszentrum vor (Varianten 5 und 6).
Beide enthalten neben dem NORMA- Lebensmittelmarkt (800 m²) eine Bäckerei, einen Getränkeladen, eine Drogerie und einen Bekleidungsmarkt mit einer Gesamtverkaufsfläche von
1.800 m². Die Varianten unterscheiden sich durch die Anordnung des Gebäudes (Winkelform, 105 m langer Riegel). Letztere solle einen Blick auf den Dorfkern ermöglichen. Da das
Einzelhandelsprojekt eine wesentlich größere Fläche benötige als im rechtskräftigen Bebauungsplan festgesetzt, müsse ein B-Planänderungsverfahren durchgeführt werden. Darin
würden Öffentlichkeit, Träger öffentlicher Belange und Nachbargemeinden beteiligt.
Herr Borchardt zitiert ein Schreiben der Firma NORMA vom Dezember 2008, die sich dahingehend geäußert hätte, bei einer Verkleinerung der Verkaufsfläche (kleiner als 1.800 m²) ihr
Engagement einzustellen.
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Herr Herzog hält den Zeitpunkt für gegeben, mit den Bürgern zu sprechen. Er weist darauf
hin, dass die Gemeinde Verantwortung für eine geordnete städtebauliche Entwicklung trage
und keine unbegrenzten Verkaufsflächen zulassen solle. Verkaufsflächen sollten sich in
zentralen Lagen konzentrieren (z. B. Entwicklung der Fläche gegenüber Reichelt). Beim
Mierwerder handele es sich um eine Randlage. Herr Herzog kritisiert die Bedingung der Firma Norma „Entweder vier Märkte oder keiner“. Zwar sei es nicht seine Aufgabe, Konkurrenz
zu bestehenden Läden wie Bäckereien, Fleischereien etc. zu verhindern oder diese Läden
zu schützen, doch sehe er es als seine Aufgabe als Gemeindevertreter, auf die möglichen
Folgen hinzuweisen.
Herr Daut zeigt auf Nachfrage, ein Foto und Ansichten eines NORMA-Marktes und erläutert
die gestalterischen Merkmale: Pultdach, Aluminiumwelle etc.
3. Fragen / Diskussion
Pro-Argumente
Eine große Mehrheit der anwesenden Einwohnerinnen und Einwohner spricht sich für die
Errichtung eines Einkaufszentrums – unabhängig von seiner Größe – aus. Schon die große
Anzahl der Anwesenden dokumentiere, dass in diesem Ortsbereich Handlungsbedarf bestehe. Wo früher eine wohnungsnahe Versorgung vorhanden gewesen sei, seien heute ältere
Menschen gezwungen, einmal in der Woche ihre Einkäufe mit dem Taxi zu besorgen. Um
eine wohnungsnahe Versorgung zu gewährleisten, müssten Einkaufsmärkte über das gesamte Gemeindegebiet verteilt werden. Schließlich würden die Bürgerinnen und Bürger immer älter und damit weniger mobil. Einkäufe sollten für alle zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu
bewältigen sein. Damit würde außerdem die Umwelt geschont.
Eine Verdrängung kleinerer ortsansässiger Läden durch den Discounter wird von Befürwortern nicht gesehen bzw. nicht negativ beurteilt. Im Gegenteil: Der Dorfkern werde durch das
neue Einkaufszentrum belebt. Herr Hamann empfindet es als Glück, auf einer 1.800 m² großen Fläche mehrere Märkte unter einem Dach unterbringen zu können. Ein Bürger fragt,
welche Argumente gegen die drei anderen Läden sprächen. Schließlich liege das Risiko
beim Betreiber, nicht bei der Gemeinde.
Die von den Kritikern angeführten Verkehrsprobleme und Lärmbelästigungen werden verworfen. Über den Mierwerder Weg werde das Einkaufszentrum schonend erschlossen. Die
Architektur scheint für die meisten der Befürworter entweder keine bedeutende Rolle zu spielen oder wird als notwendiges Übel in Kauf genommen. Ein Abwäger erklärt: „Eigentlich ist
das Erpressung, aber die Situation ist nun mal so.“ Andere werfen Kritikern und Gemeindevertretern vor, das Thema nur zu „zerreden“. „Wenn ich was Gutes haben will, muss ich auch
was einstecken können.“ Die eindeutige Position eines Bürgers: „Baut das Ding endlich hin
und zögert es nicht durch scheinheilige Argumente hinaus,“ erhält starken Beifall.
Contra-Argumente
Kritiker und Gegner des Einkaufszentrums erklären, nicht grundsätzlich gegen einen Einzelhandelsmarkt zu sein. Es sei jedoch zu bedenken, dass in der Gemeinde bereits einige Supermärkte und Discounter existierten. An die Problematik von „Investruinen“ wird erinnert.
Herr Herzog weist darauf hin, dass es sich beim Bau des Einkaufszentrums nicht um eine
kurzfristige Angelegenheit, sondern um eine strukturelle Entscheidung für die nächsten 30
Jahre handele. Kritisiert werden die großflächige Versiegelung von Flächen und das Bauen
auf der grünen Wiese. Es sei sinnvoll, zunächst Brachflächen (z. B. gegenüber Reichelt) und
leer stehende Gebäude (ehemaliger Penny-Markt) zu nutzen. Eine Bürgerin weist auf den
Verlust landwirtschaftlicher Fläche hin. Ein anderer Bürger hinterfragt, ob der Einzugsbereich
für den Markt groß genug sei. Dafür bedürfe es etwa 6.000 bis 8.000 Menschen. Befürchtet
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wird, dass die neuen Märkte dem im Dorfkern vorhandenen Einzelhandel schaden und den
Dorfkern veröden lassen.
Einer der Hauptkritikpunkte ist die ortsunangepasste Architektur, durch die das Dorfbild
Schaden nehme. Eine 100 m eintönige graue Wand und eine Aluminiumfassade passe nicht
in den Dorfkern. Auch die Größe des Einkaufszentrums sei fehl am Platze.
Weiterhin wird befürchtet, das Einkaufszentrum könne zu größeren Lärmbelästigungen führen. Dies betreffe neben der Tasdorfer Straße auch die Wilhelm-Pieck-Straße, deren Anwohner bereits erhöhten Belastungen ausgesetzt seien. Eine Bürgerin befürchtet negative
Auswirkungen für die Schul- und Hortkinder in der Mittelstraße. Auch der Parkplatz wird als
überdimensioniert bewertet.
Vorschläge von Einwohnerinnen und Einwohnern
Ein Bürger schlägt vor, Elemente zur Fassadengestaltung festzuschreiben. Ein anderer empfiehlt, die Fassade durch Graffiti zu gestalten. Die Verkehrsproblematik könne durch einen
Kreisel gelöst werden. Schließlich wird vorgeschlagen, den Parkplatz auch für Besucher des
Kinderbauernhofes zur Verfügung zu stellen.
Der Projektentwickler
Herr Jellinghaus zeigt sich erfreut, so viele Befürworter des Einkaufszentrums anzutreffen.
Aufgabe seiner Firma sei nicht das Betreiben von Einzelhandelsmärkten, sondern deren Entwicklung, Bau und Veräußerung an Investoren wie NORMA. Bei der äußeren Gestaltung
spiele der Wiedererkennungswert für NORMA die wichtigste Rolle (Pultdach, Aluwelle, Röhrenband, Beschriftung etc.). Von diesen grundsätzlichen Gestaltelementen werde NORMA
nicht abweichen. Über Details ließe sich unterhalten.
Zum Thema Lärm erklärt Herr Jellinghaus, dieser entstehe informell durch Missbrauch (z. B.
Rennen auf Parkplätzen) und nicht durch den offiziellen Betrieb. NORMA werde lediglich
dreimal pro Woche beliefert, die kleinen Läden täglich, doch sei die Belastung dort nicht so
hoch. Pro Tag sei mit ca. 350 PKW zu rechnen. Die Ansiedlung weiterer kleiner Läden wie
Bäcker und Fleischer sei in jedem NORMA-Markt üblich, da damit die Attraktivität des Discounters erhöht werde.
Weiteres Verfahren
Der Bürgermeister legt in der nächsten Gemeindevertretersitzung am 19. März 2009 die Vorlage zur Änderung des Bebauungsplanes „Tasdorfer Straße / Mierwerder Weg“ erneut zur
Abstimmung vor.
Protokollantin: Claudia Kurtz, Bauamt
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