Das Bauteil der unbegrenzten Möglichkeiten?
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Das Bauteil der unbegrenzten Möglichkeiten?
Elektromechanik IIII Relais Das Bauteil der unbegrenzten Möglichkeiten? Pfiffige Verschaltungen erschließen dem PhotoMOS-Relais neue (Strom-)Pfade Klein, leicht, sparsam und robust – die unaufhaltsame Weiterentwicklung der innovativen Halbleiterschalter sorgt für eine beachtliche Leistungsfähigkeit, die sich mit der richtigen Verschaltung noch steigern lässt. Ob Drehrichtungsänderung mit Öffner-Typen oder Stromverdopplung via Parallelverschaltung – die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt. Von Markus Bichler D ie Sektkorken liegen noch auf den Tischen, und das schrille Pfeifen der Raketen hallt leise in den Ohren nach. Vielerorts verabschiedete sich das Jahr 2006 mit Pauken und Trompeten. Die Menschen feierten sinkende Arbeitslosenzahlen und eine florierende Wirtschaft, die vergangenen zwölf Monate bleiben vielen als gutes Jahr im Gedächtnis. Auch die Relaishersteller schließen das Kapitel 2006 mit einem zufriedenen Lächeln ab, verbaute die Industrie doch weltweit die rekordverdächtige Anzahl von rund 3,3 Milliarden Relais. Den Löwenanteil des Gesamtkuchens, gut drei Viertel, stellen elektromechanische Relais. Das bewährte Prinzip aus Spule, Anker und Kontakt findet sich überall: im Auto als widerstandsfähiger Kfz-Typ, in Telekommunikationsanlagen als Signalrelais oder in der Hausinstallation als strompotenter Leistungsschalter. Das restliche Viertel setzt sich aus verschiedensten Arten von Halbleiterrelais zusammen. Vor etwa 30 Jahren, als die Technik noch in den Kinderschuhen steckte, gingen nur wenige Millionen Stück über die Verkaufstresen. Mittlerweile schnellten die Verkaufszahlen auf knapp eine Milliarde pro Jahr hoch. Und es ist kein Ende in Sicht – die stetige Weiterentwicklung 52 Elektronik 1/2007 weist der Technik immer neue Wege auf. Besonders die PhotoMOS-Relais glänzen mit Daten, die dem „idealen“ Schalter nahe kommen: Sie verbrauchen kaum Verlustleistung im Ansteuerkreis, arbeiten lautlos, kennen keine Alterungserscheinungen und stecken in winzigen Gehäusen. Darüber hinaus werben PhotoMOS-Relais mit einer linearen Ausgangskennlinie (ohmsches Verhalten), hohen Schaltfrequenzen und dem Fehlen einer störenden Schwellspannung um die Gunst der Entwickler. Auch Applikationen, die ÖffnerTypen benötigen, lassen sich mittlerweile mit PhotoMOS realisieren. Wa- 1 LED 2 6 MOSFET 5 MOSFET 4 I Bild 1. Prinzipieller Aufbau eines PhotoMOSRelais, bei dem die Ansteuerung über eine Leuchtdiode im Eingangskreis erfolgt. Eine transparente Isolationsschicht trennt die Leuchtdiode von einem Solarzellenfeld, das den Lichtstrom wieder in eine Spannung umwandelt. Der eigentliche Ausgangskreis, der aus einem oder zwei Power-MOSFETs besteht, wird über eine Triggerschaltung geschaltet. ren lange Zeit nur Schließer-Typen verfügbar, ist mittlerweile auch eine breite Vielfalt von Öffner-Typen im Produktportfolio der Hersteller zu finden. Doch wie funktionieren PhotoMOS-Relais eigentlich, und worin unterscheiden sich Schließer- und Öffnertypen? Aufbau von PhotoMOS Erst das Zusammenspiel von drei Einzelelementen, wie in Bild 1 illustriert, führt dazu, dass PhotoMOS-Relais mit den von vielen geschätzten Eigenschaften aufwarten können. Die Ansteuerung erfolgt über eine Leuchtdiode im Eingangskreis. Dank der LEDTechnik bleibt die Stromaufnahme gering – lediglich 2 bis 10 mA genügen, um maximale Helligkeit zu erzielen. Eine transparente Isolationsschicht trennt die Leuchtdiode von einem Solarzellenfeld, das den Lichtstrom wieder in eine Spannung umwandelt. Über eine Triggerschaltung wird dann der eigentliche Ausgangskreis, bestehend aus einem oder zwei Power-MOSFETs, geschaltet. Bei herkömmlichen Schließern, also „1 Form A“, kommen selbstsperrende Typen zum Einsatz. Öffner dagegen sind in selbstleitender MOS-Struktur ausgeführt. Im Betrieb funktioniert das Ganze dann so: Die LED wird angesteuert www.elektroniknet.de Relais IIII und erzeugt Licht im Infrarot-Bereich. Das emittierte Licht fällt auf das Solarzellenfeld und erzeugt eine Photospannung von einigen Volt. Diese Photospannung ist von mehreren Faktoren abhängig: Neben der Umgebungstemperatur spielen Stromschwankungen im Ansteuerkreis der LED sowie die Ein- und Ausschaltflanken (Schnelligkeit der Ansteuerschaltung) eine wichtige Rolle. Um trotz dieser Widrigkeiten ein definiertes Ein- und Ausschalten des Leistungskreises zu garantieren, enthält das PhotoMOS-Relais eine Triggerschaltung. Die Photospannung schaltet also nicht direkt den Ausgangskreis. Sie muss vielmehr zuerst die Schwellspannung der Kontrollschaltung überschreiten. Erst dann schalten auch die Ausgangs-MOSFETs durch. Vorteil ist, dass undefinierte Zustände wie ein zu hoher Einschalt-Widerstand im Einoder Ausschaltmoment („Dimmer-Effekt“) und damit eine Zerstörung des PhotoMOS durch thermische Überlast vermieden werden. Schaltet man die Ansteuerspannung wieder ab, erlischt die Leuchtdiode. Die Photospannung unterschreitet den Schwellwert und die Ausgangs-MOSFETs schalten mit einem Mal ab. Schließer- und Öffnerausführung funktionieren prinzipiell gleichermaßen; der unterschiedliche MOSFET-Auf- www.elektroniknet.de UV Q1 Q2 M Q4 Q3 I Bild 2. Eine mit PhotoMOS-Relais aufgebaute H-Brückenschaltung. bau, einmal Anreicherungs- und einmal Verarmungs-Typ, stellt den einzigen Unterschied dar. Wie man Öffner und Schließer einsetzen und mit welchen Verschaltungsarten man das Maximum aus den Schließertypen herauskitzeln kann, zeigen folgende Beispiele. H-Brücke mit PhotoMOS In unserer komfortverwöhnten Welt spielen Elektromotoren eine wichtige Rolle. Sie drehen Satellitenschüsseln automatisch in die richtige Position, heben und senken Jalousien im Haus oder helfen in elektrischen Saftpressen, das letzte Quentchen der kostbaren Flüssigkeit aus den Orangen zu quetschen. Eines ist dabei allen Anwendun- Elektromechanik gen gemein: Stets müssen Motoren in der Lage sein, sich je nach Wunsch links oder rechts herum zu drehen. Technisch wird diese Drehrichtungsänderung durch eine Änderung der Stromrichtung in der Motorspule realisiert. Die klassische Ansteuerschaltung für DC-Motoren ist die so genannte Wendeschaltung, aufgebaut als H-Brücke mit vier Schaltelementen. Bisher kamen hierfür meist elektromechanische Relais als Schalter zum Einsatz. Ihren Vorteilen wie hoher Schaltstrom oder robuster Aufbau (Schaltstromspitzen durch induktive Motorlasten) stehen die geforderte fortschreitende Miniaturisierung und Gewichtsreduzierung von Baugruppen gegenüber. Unverzichtbar bleiben aber Vorteile wie die galvanische Trennung von Ein- zu Ausgangskreis. Was liegt also näher, als H-Brücken mit PhotoMOS-Technologie aufzubauen? Sprach bisher noch die mangelnde Verfügbarkeit von Öffner-Typen dagegen, umfasst die Panasonic-Produktpalette mittlerweile genug PhotoMOS-Öffner, um H-Brücken für verschiedenste Anforderungen entwickeln zu können. Bild 2 zeigt den prinzipiellen Aufbau einer solchen Brückenschaltung mit PhotoMOS-Relais. Im ungeschalteten Zustand, also ohne Energieaufwendung im Ansteuerkreis, fließt der Strom über die Öffner Q1 und Q3 und Elektronik 1/2007 53 Elektromechanik IIII Relais Kenngröße Schließer Öffner (AQY212S) (AQY412S) Einschaltzeit ton 2 ms 3 ms Ausschaltzeit toff 0,2 ms 1 ms Einschalt-Widerstand Ron 0,83 Ω 1Ω Ausgangskapazität Cout 450 pF 80 pF I Tabelle 1. Unterschiede wichtiger Größen bei Schließern und Öffnern treibt den Motor an. Um die Drehrichtung des Motors umzukehren, müssen lediglich die vier PhotoMOS-Relais geschaltet werden. Dank des geringen Stromverbrauchs des LED-Ansteuerkreises genügen insgesamt rund 40 mA Steuerstrom. Zu beachten ist lediglich, dass sich die Schaltzeiten von Öffner und Schließer aufgrund verschieden hoher Kapazitäten in den Halbleiterstrukturen unterscheiden. Tabelle 1 zeigt einen Vergleich. Würde man alle Relais gemeinsam ansprechen, käme es im schlimmsten Falle zum Kurzschluss: Die Schaltzeit-Differenz der Beispieltypen liegt bei rund 54 Elektronik 1/2007 1 ms, in der alle Strompfade geschlossen wären. Je nach Applikation kann diese Schaltzeitdifferenz aber über eine Logik, die SPS oder den Mikrocontroller ausgeglichen werden. Auch beim Abschalten der Relais lässt sich eine Zeitdifferenz beobachten. Sie bildet einen automatischen Sicherheitspuffer zwischen den Schaltzuständen. Denn der SchließerStrompfad ist im vorliegenden Fall bereits nach 0,2 ms geöffnet, während die Öffner erst nach 1 ms wieder schließen. Ihre Vielseitigkeit beweisen PhotoMOS-Relais aber auch im Hinblick A-Verschaltung (AC/DC) 1 6 2 5 3 4 UV Last I Bild 3. Mit der A-Verschaltung lassen sich AC-Lasten schalten. auf das Schalten von Wechselspannung oder hohen Strömen. Drei grundlegende Verschaltungsarten stehen zur Auswahl. Wechselspannung schalten – die A-Verschaltung Wie ihre elektromechanischen Kollegen, schalten PhotoMOS-Relais sowohl Gleich- als auch Wechselspannung. Das ist keineswegs selbstverständlich, denn die oft vernachlässigte Bulk-Drain-Diode der MOSFETStruktur leitet Strom ja nur in eine Richtung. Bei höheren Strömen in Sperrrichtung wird sie zerstört – und Wechselspannung setzt sich nun einmal aus einer positiven und einer negativen Halbwelle zusammen. Um nicht bei der ersten Halbwelle in Sperrrichtung das Zeitliche zu segnen, bedienen sich PhotoMOS-Relais zweier Ausgangs-MOSFETs. Ihre BulkDrain-Dioden sind in Reihe, aber entgegengesetzt gerichtet verschaltet. www.elektroniknet.de Relais IIII Elektromechanik soll nur ein DC-Zweig geschaltet werden. Dafür sind 1 6 + hohe Ströme erforderlich. Und Last 1 UV1 2 5 wieder beweisen PhotoMOSRelais ihre Vielfalt: Mit Hilfe UV2 3 4 des Mittelabgriffs der beiden + Ausgangs-MOSFETs lassen Last 2 sich die Halbleiter-Elemente parallelschalten. Diese AnI Bild 4. Bei der B-Verschaltung kann man durch den schlussart nennt sich C-Vernach außen geführten Mittelabgriff zwischen den beischaltung und ist in Bild 5 darden Ausgangs-MOSFET pro Ausgang jeweils eine gestellt. So lässt sich zwar – Gleichspannung schalten. wie bei der B-Verschaltung – Legt man nun AC-Spannung an die kein Wechselstrom mehr schalten; Anschlüsse des Relais, die auch mit durch den auf die Hälfte gesunkenen den beiden Katoden der Bulk-Drain- Einschalt-Widerstand verdoppelt sich Dioden verbunden sind, ist es möglich, AC-Lasten zu schalten. Die Verschaltung nennt man im PhotoMOS-KonC-Verschaltung (nur DC) text auch A-Verschaltung (Bild 3). 1 6 B-Verschaltung (nur DC) Last Zwei DC-Zweige schalten – die B-Verschaltung Oftmals soll aber nicht Wechsel- sondern Gleichstrom geschaltet werden. Hier kann das PhotoMOS-Relais seine Flexibilität voll ausspielen. Denn durch den nach außen geführten Mittelabgriff zwischen den beiden AusgangsMOSFETs ist es möglich, pro Ausgang jeweils eine Gleichspannung zu schalten. Somit können mit nur einem Bauteil zwei getrennte DC-Zweige angesteuert werden. Dabei ist lediglich Verschaltungsart EinschaltWiderstand (typ.) Maximaler Laststrom A 80 mΩ 2,5 A(AC/DC) B 40 mΩ 3 A(DC) C 20 mΩ 5 A(DC) 2 5 + - 3 UV 4 I Bild 5. Bei der C-Verschaltung lassen sich mit Hilfe des Mittelabgriffs der beiden Ausgangs-MOSFETs die Halbleiter-Elemente parallelschalten. aber der maximal zulässige Laststrom. So lassen sich selbst DC-Lasten mit bis zu 5 A im Platz sparenden 6-PinSOP mit lediglich 8,8 × 6,4 × 3,6 mm3 schalten und führen. Die Tabelle 2 gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Verschaltungsarten samt Einschalt-Widerständen und maximal möglichem Laststrom. go I Tabelle 2. Einschalt-Widerstand und Laststrom bei A-, B- und C-Verschaltung am Beispiel des AQV252G zu beachten, dass der Gesamtstrom den maximalen Schaltstrom nicht übersteigt, um eine thermische Zerstörung auszuschließen. Bild 4 zeigt diese Ansteuerung von zwei Zweigen, auch B-Verschaltung genannt. Schaltstrom verdoppeln – die C-Verschaltung In vielen Applikationen der Medizin-, Sicherheits- oder Automobiltechnik spielt Wechselstrom keine Rolle – auch www.elektroniknet.de Dipl.-Ing. (FH) Markus Bichler ist als Applikationsingenieur im Bereich Komponenten der Panasonic Electric Works Deutschland beschäftigt. [email protected] Elektronik 1/2007 55