Die österreichische Filmförderung 1981

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Die österreichische Filmförderung 1981
MAGISTERARBEIT
Titel der Magisterarbeit
„Die österreichische Filmförderung 1981-2010“
Verfasser
MMag. Josef Villa, BA MA
angestrebter akademischer Grad
Magister der Philosophie (Mag. phil.)
Wien, 2013
Studienkennzahl lt. Studienblatt:
A 066 841
Studienrichtung lt. Studienblatt:
Magisterstudium Publizistik- und Kommunikationswissenschaft
Betreuerin / Betreuer:
Univ. Prof. Dr. Friedrich Hausjell
Eidesstattliche Erklärung:
Ich erkläre hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und
ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe.
Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche
kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner
anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht.
Wien, im November 2013
2
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitende Bemerkungen
1.1. Themenaufriss und Darstellung des Forschungsgegenstandes
1.2. Aufbau und Methodologie der Arbeit
1.3. Regulierungsebenen der Medienförderung
2. Die Grundlagen und Ziele der österreichischen Filmförderung
2.1. Österreichisches Filminstitut
2.1.1. Struktur, Gremien und Ressortierung
2.1.2. Die Meilensteine des Österreichischen Filminstituts
2.2. Film/Fernseh-Abkommen mit dem ORF
2.3. Die Rundfunk- und Telekom Regulierungs GmbH
2.4. Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
2.5. Die Filmförderung der Länder
3. Die Entwicklung der Förder-Richtlinien und deren zu Grunde liegenden
Strategien
3.1. Das Filmförderungsgesetz 1980
3.2. Die Novellierungen des Filmförderungsgesetzes
3.3. EU-Programme zur Filmförderung
4. Modelle der Bundes-Filmförderung
4.1. Generelle Voraussetzungen für die Förderungen des Österreichischen
Filminstituts
4.2. Exkurs: Das Intendanten-Modell
4.3. Das Modell der Referenzförderung
4.4. Das Modell der Projektförderung
4.5. Kritische Würdigung der Förderstrategien
5. Die realpolitische Umsetzung der Förderpolitik
5.1. Budgetallokationen und deren Auswirkungen
5.2. Parteiprogrammatische Standpunkte zur Filmförderung
3
5.3. Parlamentarische Debatte zur Filmförderung 2009
5.3.1. Rohdaten der Kodierung
5.3.2. Die Entschließungsanträge
6. Ökonomische und künstlerische Parameter zur Filmförderung
6.1. Unternehmensstruktur und die Wertschöpfung der österreichischen
Filmindustrie
6.2. Die Leverage-Effekte der Filmförderung
7. Kritische Evaluation der österreichischen Filmförderung
7.1. Kontinuitäten und Diskontinuitäten in der strategischen Ausrichtung
vor und nach 2004
7.2. Ökonomische Nutzenentwicklung der Filmförderung
8. Zusammenfassung und kritische Würdigung
9. Literaturverzeichnis
10. Curriculum Vitae
11. Abstract
12. Anhänge
4
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen
Tabelle 1.
Vergleich Kuratorium/Aufsichtsrat zwischen Filmförderungsfonds/
Österreichisches Filminstitut
Tabelle 2.
Vergleich Auswahlkommission/Projektkommission zwischen
Filmförderungsfonds/Filminstitut
Tabelle 3.
Filmförderungsfonds/Filminstitut, Fördervolumen absolut 1981-2010
Tabelle 4.
Österreichisches Filminstitut, Varianz des Förderungsvolumens 19812010
Tabelle 5.
Regierungsmitglieder in den Jahren mit signifikanten Änderungen des
Bundesbeitrages
Tabelle 6.
Finanzielle Förderungsvolumina ORF, Film/Fernseh-Abkommen
Tabelle 7.
Durchschnittliche Fördermittel pro Filmsegment
Tabelle 8.
Budgetentwicklung des BM für Unterricht, Kunst und Kultur für den
innovativen Film 2001 - 2010
Tabelle 9.
Volumen der Filmförderung der Bundesländer 2006-2008
Tabelle 10.
Prozentueller Förderanteil und Relation zum Regional-BIP 2008
Tabelle 11.
Existenz von Richtlinien in der Filmförderung der Bundesländer,
Stand per 31.12.2008
Tabelle 12.
Verteilung des Förderbudgets 2010 von EURIMAGES
Tabelle 13.
Österreichische Beiträge und Förderungen für/von EURIMAGES, 20052011
Tabelle 14.
Herstellungsförderung österreichischer Filme durch EURIMAGES in 2007
Tabelle 15.
MEDIA Förderung für die österreichische Filmindustrie
Tabelle 16.
Marktanteile der Kinofilme 2010 nach Herkunftsländern
Tabelle 17.
Entwicklung der Besucherzahlen in österreichischen Kinos in den Jahren
2000-2010 für österreichische Filme
Tabelle 18.
Klassifizierung des „meistbesuchten Films“ 2000-2011
5
Tabelle 19.
Besucher-Vergleich von österreichischen Festival- und Non-Festival
Filmen innerhalb der Kategorie „meistbesuchten Kinofilme“ 2000-2011
Tabelle 20.
Zusagen von Referenzförderungen vom Österreichischen Filminstitut
(in Tsd. Euro) für die Periode 2005 bis 2010
Tabelle 21.
Prozentueller Anteil der Referenzförderung von den gesamten
Förder- Zusagen für die Periode 2005 bis 2010
Tabelle 22.
Verteilung der auslösenden Faktoren in der Referenzfilmförderung
Tabelle 23.
Beziehung Festivalerfolg und Besucherzahlen von Kinofilmen
Tabelle 24.
Referenzförderung Spielfilme ausschließlich nach Besucherzahlen
Tabelle 25.
Fördervolumen prämierter Filme bei internationalen Festivals mit
Ergebnissen unter 10.000 bzw. 40.000 inländischen Besuchern
Tabelle 26.
Verteilung des Kunstbudgets auf die einzelnen Sparten 2010
Tabelle 27.
Kulturausgaben des Bundes nach LIKUS Hauptkategorien 2000-2010
Tabelle 28.
Partei-Verteilung der RednerInnen mit Bezug auf die Filmförderung
Tabelle 29.
Rohdaten der Textkodierung
Tabelle 30.
Kennzahlen der österreichischen Filmwirtschaft 2009
Tabelle 31.
Ratios Produktionswerte, Wertanteile und Fördermittel
Tabelle 32.
Grafische Darstellung und Trendlinien zur Tabelle 31
Tabelle 33.
Kennzahlenvergleich Österreichisches Filminstitut 2004/2010
Tabelle 34:
Umsatzverteilung österreichische Filmindustrie 2010
Abbildung 1. Schema der staatlichen, europäischen und globalen Regulierungsebenen
Abbildung 2. Ausbezahlte Beträge des Österreichischen Filminstituts und des ORF im
Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens von 2006 bis 2009
Abbildung 3. Zugesagte Fördermittel des Fernsehfonds Austria für 2009
Abbildung 4. Filmförderungs-Institutionen in den Bundesländern
Abbildung 5. Phasenmodell einer Filmproduktion und dessen Förderkategorien
6
1. Einleitende Bemerkungen
1.1. Themenaufriss und Darstellung des Forschungsgegenstandes
Parallel zu einem stetigen Rückgang von deutschen Auftragsproduktionen an die
österreichische Filmwirtschaft zu Ende der 70er Jahre wurde klar, dass sich die
nationale Filmproduktion ohne entsprechende Fördermaßnahmen für Eigenproduktionen auf der globalen kreativ-kulturpolitischen Medienlandkarte in Richtung
Marginalisierung hin entwickeln würde. Mit der schnellen Verbreitung des Fernsehens
verlagerte sich der Schwerpunkt vom Kinofilm hin zur Auftrags-Produktion. „Die starke
Abhängigkeit von der Auftragsproduktion führte zum Ausbleiben nahezu jeglicher
Initiative zur Eigenproduktion, insbesondere im Bereich des Kinofilms.“1 In der Periode
zwischen 1945 und 1970 wurde die schwierige Situation der Filmwirtschaft im
kulturpolitischen Kontext durch ein konservatives Kunstverständnis verstärkt, welches
sich mit einem deutlichen Desinteresse an einer nationalen Filmproduktion manifestierte, denn die Kulturbudgets von Bund und Länder waren zu einem hohen
Prozentsatz der reproduzierenden Kunst gewidmet: 1968 etwa entfielen 77,2% des
Gesamtkulturbudgetsauf die Darstellende Kunst, Kunsthochschulen und Museen2.
Verschärft wurde die Situation durch all jene marktpolitischen Parameter, die gleichzeitig in anderen europäischen Ländern beobachtbar waren: die Hegemonie von USamerikanischen Verleih-Firmen, die Problematik einer sinkenden Kinoauslastung, die
schwierige Finanzierungssituation für nationale Filmproduktionen, verschärft durch
das de-facto Monopol des ORF, sowie die dominante Stellung des großen gleichsprachigen und kompetitiven deutschen Nachbarmarktes in der Film-Synchronisation.
Es dauerte bis zu Anfang der 80er Jahre, dass auf Bundesebene eine gesetzliche
Grundlage für eine kontinuierliche und wirksame Förderung österreichischer Filme (im
Sinne von Programm füllenden Kinofilmen mit einer Mindestlänge von 70 Minuten 3)
1
Ernst, Gustav, Schedl, Gerhard (Hrsg.), Nahaufnahme – zur Situation des österreichischen Kinofilms,
Europaverlag Wien 1995, S. 177f.
2
Knapp, Marion (2005): Österreichische Kulturpolitik und das Bild der Kulturnation – Kontinuität und
Diskontinuität in der Kulturpolitik des Bundes seit 1945, Peter Lang GmbH – Europäischer Verlag der
Wissenschaften, Frankfurt am Main, S. 114f.
3
Bundesgesetz vom 25. November 1980 über die Förderung des österreichischen Films mit seinen
Novellierungen aus 1987, 1993, 1994, 1998, 2004 und 2010, Version August 2010, in:
http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10009500,
Stand 21.8.2012.
7
geschaffen wurde, die anfänglich noch mit unzulänglichen Budgetmittel ausgestattet
war.
Es war das Filmförderungsgesetz 1980, welches erstmals konkrete Handlungsziele
festlegte, die Adressaten und Träger seiner Durchführung – inklusive der Mittel –
definierte und in weiterer Folge durch entsprechende Novellierungen der
filmpolitischen Entwicklung und dem sich verändernden Umfeld angepasst wurde,
womit ein eklatant kulturpolitischer Defizitbereich endlich auf die politische Agenda
gesetzt wurde.
Die Filmförderung unterstützt – für Österreich präziser formuliert: ermöglicht – den
eigenproduzierten Kinofilm als Kulturgut und erhält damit eine nationale kulturelle
Vielfalt, denn ohne diese aus öffentlichen Mitteln finanzierte Förderung des Kinofilms
würden es österreichische Eigenproduktionen wahrscheinlich kaum mehr geben. Nach
1980 begannen auch die Bundesländern mit Filmförderungen, allerdings mit den
hauptsächlichen Absichten einer regionalen Wirtschafts- und Tourismusförderung.
Eine wichtige politisch-strategische Entscheidung in der Kunstförderung ist die
Wertigkeit künstlerischer und wirtschaftlicher Aspekte: wie gewichtet der Fördergeber
seine Kriterien?
Im Fall der Filmförderung konkurrenzieren sich die Kategorien „Erfolg an der
Kinokasse“ und „Erfolg bei der Festival-Jury“ und es gilt, ein ausgewogenes Modell für
dieses Spannungsfeld zu finden. Der Verfasser vertritt den Standpunkt, dass auch
künstlerisch erfolgreiche Filme das Publikum erreichen müssen, da sonst die
Filmförderung nicht nur wirtschaftlich sondern auch kulturell keinen Sinn ergibt.
Es sei auch am Rande erwähnt, dass Österreich das letzte Land in Westeuropa war,
welches eine institutionalisierte Filmförderung einführte4, wogegen staatliche
Filmförderungseinrichtungen in Italien, Frankreich und Großbritannien bereits im Laufe
den fünfziger Jahren geschaffen wurden, die Schweiz folgte dann 1962, Schweden
1963 und im Jahre 1967 begann auch die Bundesrepublik Deutschland, eine
entsprechende Förderinstitution aufzubauen.5
4
Hasenöhrl, Martin, Vom Realismus zur Realitätsversuchsanordnung, Realitätskonzeptionen im Neuen
Österreichischen Film, Dipl. Arb., GRIN Verlag 2004.
5
Ernst, Gustav, Schedl, Gerhard (Hrsg.), Nahaufnahme – zur Situation des österreichischen Kinofilms,
Europaverlag Wien 1995, S. 179.
8
Zurück nach Österreich: erst im Laufe der 90er Jahre bildete sich ein leistungsfähiges
System von diversifizierten Förderungs-Maßnahmen des Bundes und der Länder
heraus, welches sich ab 1994 schrittweise an die medienpolitischen Standards der EU
annäherte und damit eine nachhaltige Trendumkehr der österreichischen Filmwirtschaft einleitete.
In einer Studie6 wird die ungünstige Situation der österreichischen Filmwirtschaft
durch negative Rahmenbedingungen beschrieben:
• Fehlen eines manifesten politischen Bewusstseins für die Vorteile eines
Medienstandortes Österreich/Wien
• Rückgang der Aufträge durch den ORF an die Filmwirtschaft
• Fehlen von Anreizen für private Investoren
• Fehlen einer gemeinsamen Förderungsphilosophie von Bund und Ländern
• Monopolisierung des Verleihs
• Unbefriedigende Entwicklung der Filmstadt Wien, vor allem durch
überwiegend filmfremde Nutzung der Studios
• Qualitativ ungenügende Ausbildungseinrichtungen
Dem obigen Negativ-Szenario stehen allerdings einige positive Rahmenbedingungen
gegenüber:
• größter potenzieller Absatzmarkt in Europa (mit ca. 90 Mio. Deutsch
sprechenden Personen)
• Vorhandensein eines großen kreativen Potenzials in Österreich
Im Verlauf der 90er-Jahre entwickelte sich im verstärkten Maße der Aspekt privatwirtschaftlicher Finanzierung im Kulturbereich, unterstützt von standortpolitischen
Überlegungen („Filmstadt Wien“) und damit gewann der Film in der Kulturpolitik in
Hinblick auf Rahmenbedingungen und Förderung eine steigende und damit relativ
etablierte Position.
Schnitt.
6
Verband der Österreichischen Filmproduzenten (1998): Der Milliarden-Effekt Eine Konzept-Studie. S. 8,
in: http://www.filminstitut.at/downloads/cms_uploaded/milliardeneffekt.pdf, Stand 29.10.2012.
9
2008 öffnete Penélope Cruz umständlich ein Kuvert und verkündete den OscarGewinner der „Academy of Motion Picture Arts and Sciences“ für den besten
fremdsprachigen Film: „… and the Oscar for Best Foreign Language Film goes
to…Austria!“. Stefan Ruzowitzky hatte mit seinem Werk „Die Fälscher“ den
bedeutendsten Filmpreis der Welt bekommen.
Zwischen dem Beginn einer strukturierten und nachhaltigen Filmförderung durch das
Filmförderungsgesetz aus 1980 und der gerade erwähnten Oscar-Verleihung lagen
knapp drei Jahrzehnte.
Das Forschungsinteresse dieser Arbeit liegt in der Beschreibung und Analyse in Bezug
auf die Entwicklung der Institutionen und der Akteure der österreichischen
Filmförderung, die aus dem Filmförderungsgesetz 1980 resultierten.
Die österreichische Filmförderung ist im gesamteuropäischen Kontext eine historisch
„junge“ Institution mit klarem Bezug auf das Medium „Film“, welche ab 1981
Strategien und passende Metriken entwickeln musste, um einen effiziente
Förderrahmen zu schaffen, der sowohl die künstlerische und ökonomische Entwicklung
der österreichischen Filmproduktion durch Beratung, Vermarktung und finanzielle
Mittel unterstützt. Der Nachteil der österreichischen Filmschaffenden im europäischen
Umfeld lag in der Struktur der inländischen Filmwirtschaft, nämlich in der Existenz von
vielen kleinen, unterkapitalisierten Unternehmen mit hohem Kreativitätspotential und
dem zu Folge der Mangel an österreichischen „big player“ in der europäischen
Filmindustrie.
Die Themenfelder dieser Arbeit können grosso modo in fünf Blöcke eingeteilt werden:
o Das rechtliche Umfeld, dessen Umsetzung in Hinblick auf institutionelle
Struktur und Strategien unter Einbeziehung der Kommentare aus einem
gegenständlichen Rechnungshof-Berichten aus 2011
o Gegenüberstellung von Input (Förderung) und Output (wirtschaftlicher und
künstlerischer Erfolg) auf der Zeitlinie und deren Interpretation und kritische
Würdigung des resultierenden Leverage-Effektes
o Die Schwerpunktsetzung des (partei-)politischen Umfeldes in Hinblick auf Ziele,
Strategien und Budgetpolitik
10
o Konvergenzen und Divergenzen in Organisationsaufbau, Strategie und
abgeleiteter Förderpolitik der beiden bisherigen Direktionen (Gerhard Schedl
bis 2004, danach Roland Teichmann) des Österreichischen Filmförderungsfonds
(1981-1994)
bzw.
dessen
Nachfolgeorganisation,
das
Österreichische
Filminstitut (ab 1994).
o Neben dem Österreichischen Filminstitut existieren Institute der Länder zur
Filmförderungen und darüber hinaus ein Film/Fernseh-Abkommen mit dem
ORF. Diese gesamthafte Analyse evaluiert somit alle 17 FilmförderungsInstitutionen des Bundes und der Länder in Hinblick auf ihre gesetzlichen
Rahmenbedingungen, auch jene der EU.
Aus den obigen vier Untersuchungsebenen leiten sich mehrere Forschungsfragen ab,
deren Antworten die Ursachen und die Frage der Nachhaltigkeit der positiven
Entwicklung in der österreichischen Filmwirtschaft zwischen 1981 und 2010 darlegen
sollten:
a.
Ziele, Strategien, Struktur und deren Veränderungen
o Welche Strategien wählte der Österreichische Filmförderungsfonds 1981, um
die Position der österreichischen Filmindustrie im internationalen Umfeld
nachhaltig zu stärken?
o Welche organisatorische Entscheidungsstruktur und Evaluationsmodelle der
Förderansuchen wählte der Österreichische Filmförderungsfonds/das
Österreichische Filminstitut?
o Welche Änderungen erfolgten im Betrachtungszeitraum bei der Organisationsstruktur und dem Evaluationsmodell und weshalb?
b. Der Leverage-Effekt der Förderung
o Ist eine trendmäßige Änderung in den ökonomischen bzw. in den
künstlerischen Parametern nach 2004 feststellbar?
c.
Das (budget-)politische Umfeld
o Welche Auswirkungen hatten wechselnde Budgetansätze der jeweiligen
Bundesregierungen?
o In welchen Regierungsperioden wurde die österreichische Filmförderung
gestärkt bzw. geschwächt?
11
d. Bund, Länder, ORF, RTF
o Gab es in der gesamtösterreichischen Förderungsverteilung signifikante
Verschiebungen im Fördervolumen zwischen diesen Körperschaften bzw.
Rechtsträger?
1.2. Aufbau und Methodologie der Arbeit
Das dieser Arbeit zu Grunde liegende methodologische Rahmen umfasst drei
Elemente:
Das erste Element der Arbeit ist Literatur-basiert und beschreibt die rechtlichen,
politischen und organisatorisch-institutionellen Entwicklungsetappen und deren
strategische Ziele und endet 2010 im zeitnahen Ist-Zustand der Förderung des FilmInstituts.
Das zweite Element der Analyse ist ein kritisches Hinterfragen der Förder-Effizienz:
einerseits in Hinblick auf die Zusammensetzung von Entscheidungsgremien, andererseits in Hinblick auf die Zielkongruenz/Differenz der Förderinstitutionen und deren
Koordination untereinander und schlussendlich die Darstellung der Relationen
zwischen periodisiertem Mitteleinsatz und den quantitativen Parameter von
wirtschaftlichem und künstlerischem Erfolg. Dieser Abschnitt basiert auf dem
Rechnungshof-Bericht „Filmförderung in Österreich“ aus 2011, der die Gestion
sämtlicher 17 Film-Förderinstitutionen für die Periode 2006-2008 – mit einigen
Kommentaren aus 2009 – kritisch evaluierte. Ein weiteres Element der Analyse ist der
(statistische) Perioden-Vergleich von jenen Parametern, welche zur trendmäßigen
Beurteilung des Fortschritt/Rückschritt/Nachhaltigkeit als Folgewirkungen der
Förderung des Österreichischen Filminstituts abbildet, natürlich relativiert auf das
politische Umfeld und dessen Ziel- und Mittelvorgaben.
Aus den Erkenntnissen dieser drei methodisch differenten Abschnitte werden die
Antworten auf die Forschungsfragen aus Kapitel 1.1. abgeleitet. Eine Zusammenfassung in Form einer kritischen Würdigung des Erkenntnisgewinns schließt diese
Arbeit ab.
12
1.3. Regulierungsebenen der Medienförderung
„Im Mediensektor wurde traditionelles nationalstaatliches Regieren (Governance by
Government) schon früh durch internationales Regieren, also eine Zusammenarbeit
von Staaten (Governance with Government), ergänzt.“7 Modellhaft stellen sich die
Ebenen der Medienregulierung, welche im Spannungsfeld „nationaler Protektionismus“ versus „fairer europäischer/globaler Wettbewerb“ Rechtssicherheit schaffen
müssen, folgendermassen dar:
Abbildung 1: Schema der staatlichen, europäischen und globalen Regulierungsebenen8
Die Analysen dieser Arbeit umfassen hinsichtlich der vertikalen Governance-Ausweitung die nationalstaatliche sowie die europäische Ebene, in der horizontalen Ebene
werden Co-Regulierungen wie beispielsweise das Film/Fernseh-Abkommen oder die
Förderung der Länder inkludiert.
Betrachten wir als erstes die Governance zwischen der österreichischen Filmförderung
und den rechtlichen Vorgaben der europäischen Ebene: ausgehend vom Art. 87 des
EG-Vertrages sind staatliche Beihilfen, also auch die nationale Filmförderung, von der
EU-Kommission zu genehmigen. Mit der „Kinomitteilung“ der EU vom 26.9.2001
7
8
Puppis, Manuel, Einführung in die Medienpolitik, UVK Verlagsgesellschaft Konstanz 2007, S. 62f.
Ebd., S. 62.
13
wurden nationale Film-Subventionen als ein Ausnahmefall von Kulturförderung
klassifiziert und gelten bei Erfüllung bestimmter Kriterien als zulässige Ausnahmen vom
grundsätzlichen Verbot staatlicher Beihilfen. In der offiziellen Kommunikation der EU
liest sich die relevante Normierung folgendermassen: „Mit dem Vertrag von Maastricht
und der ausdrücklichen Aufnahme der Kultur als Politikbereich der Gemeinschaft in
den EG-Vertrag (Artikel 151 EG-Vertrag) wurde die Förderung der Kultur erstmals als
wichtiges Ziel der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten anerkannt.
Gleichzeitig wurde mit Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d EG-Vertrag eine neue
besondere Möglichkeit geschaffen, staatliche Beihilfen der Mitgliedstaaten zur
Förderung der Kultur von dem in Artikel 87 Absatz 1 verankerten allgemeinen
Grundsatz der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt
auszunehmen.“9 Diese offizielle Rechtsauslegung der EU wurde drei Mal (2004, 2007
und 2009) bis Ende 2012 unter den folgenden Randbedingungen verlängert:
Den Kriterien10 zufolge




muss die Beihilfe einem kulturellen Produkt zugute kommen,
muss der Produzent mindestens 20 % des Produktionsbudgets in anderen
Mitgliedstaaten ausgeben dürfen, ohne dass ihm die gewährte Beihilfe gekürzt wird (sog. Territorialisierung),
muss die Beihilfeintensität grundsätzlich auf 50 % des Produktionsbudgets
beschränkt sein (außer bei schwierigen Filmen und Low-Budget-Produktionen) und
sind zusätzliche Beihilfen für besondere Filmarbeiten nicht erlaubt.
Der erste Punkt bedeutet also, dass jeder EU-Mitgliedsstaat sicherstellen muss, dass
Förderungen nur für Produktionen gewährt werden dürfen, die nach nachvollziehbaren nationalen Kriterien einen kulturellen Inhalt haben. In diesem Punkt plant die EU
eine Verschärfung dahingehend, als sie „kulturelle Tests“ einführen möchte, um eine
Differenzierung der Filmproduktionen nach förderungswürdigen „kulturellen bzw.
kreativen“ und nicht förderungswürdigen „technischen bzw. wirtschaftlichen“ Teilen
9
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Zu bestimmten Rechtsfragen im Zusammenhang mit
Kinofilmen und anderen audiovisuellen Werken, Brüssel 2001, S. 5, in:
http://www.filmsupport.at/download_Seiten/download/Kinomitteilung2001.pdf, Stand 26.10.2013.
10
Europäische Kommission, Kommission verlängert Beihilfevorschriften für die Filmförderung bis 2012,
in: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-09-138_de.htm, Stand 26.10.2013.
14
vorzunehmen. Dieser angestrebte Differenzierung und die damit verbundene Debatte
über „künstlerisch wertvolle“ und „kommerziell erfolgreiche“ Filme kann der Verfasser
wenig abgewinnen, da Filmförderung beide Ziele verfolgen muss: einen künstlerisch
überzeugenden Film zu produzieren, der auch die entsprechende kommerzielle
Resonanz im Markt findet, also ausreichend BesucherInnen.
Seit 2011 laufen auf Kommissionsebene (Wettbewerbspolitik, Kommissar J. Almunia)
Konsultationen, die sich auf Adaptierungen der „Kinomitteilung“ von 2001 mit
folgenden Zielen11 fokussieren:

auf den Subventionswettlauf zwischen bestimmten Mitgliedstaaten um
Auslandsinvestitionen
großer,
überwiegend
US-amerikanischer
Filmproduktionsgesellschaften;

auf die Förderung von Tätigkeiten, bei denen es sich nicht um Film- und
Fernsehproduktion handelt (wie Filmvertrieb und digitale Projektion);

auf die in bestimmten Filmförderregelungen enthaltenen Verpflichtungen zur
Territorialisierung der Ausgaben und

auf die Frage, ob die spezifischen Beihilferegelungen im audiovisuellen Sektor
an neue Technologien, neue kreative Konzepte und ein sich wandelndes Verbraucherverhalten angepasst werden können und sollten.
Ein wichtiger Punkt in diesen Verhandlungen ist die Territorialisierung: das Limit von 80
Prozent bedeutet, dass der/die Produzentin mindestens 20 Prozent des Filmbudgets in
anderen Mitgliedsstaaten ausgeben darf, ohne dass die nationale Förderung dadurch
gekürzt wird. Die EU plant eine Herabsetzung des Territorialisierungsgrades, um damit
eine grenzüberschreitende, europäische Filmindustrie als steigendes Gegengewicht zu
den US-Kinofilmen zu fördern.12
Damit sind wir bei der globalen Governance-Ebene angekommen.
In dieser Ebene sind die Normen der World Trade Organization (WTO) relevant, welche
mit den Vertagswerken GATT (für Güter), GATS (für Dienstleistungen) und TRPS
(geistiges Eigentum) die Liberalisierung des Welthandels zum Ziel hat. Welche
Auswirkungen haben nun diese Vereinbarungen auf die europäische und nationale
Filmförderung?
11
Europäische Kommission, Pressemitteilung von 20.6.2011, Staatliche Beihilfen: Kommission startet
Konsultation zur Filmförderung, in: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-11-757_de.htm?locale=de,
Stand 28.10.2013.
12
Wandtke, Artur-Axel (Hrsg.), Medienrecht, Band 1, Walter de Gruyter Berlin 2011, S. 157ff.
15
Aktuell schützt sich die EU dadurch, als „…für Dienstleistungen noch keine
Einschränkungen für staatliche Subventionen bestehen, sofern diese nicht
diskriminierend sind und sich an Meistbegünstigung und Inländerbehandlung
halten.“13 Die obige Meistbegünstigung kann allerdings durch nationale Ausnahmen in
sog. Negativlisten mit einer 10-jährigen Geltungsdauer ausgesetzt werden, für die nur
eine Transparenzverpflichtung gilt, was aktuell von der EU bzw. den Mitgliedsländern
aktiv genutzt wird.
Im Besonderen sind es die USA mit ihrer starken audiovisuellen Industrie, die auf eine
stärkere Liberalisierung durch Abbau bzw. Aufhebung dieser zahlreichen Ausnahmen
des Meistbegünstigungs-Prinzips und die Beschränkung staatlichen Subventionen bei
Dienstleistungen drängen, wo die EU bisher zu keinen Zugeständnissen bereit war, was
durch die anhaltende Dominanz US-amerikanischer Spielfilme in Europa politisch
nachvollziehbar ist.
2. Die Grundlagen und Ziele der österreichischen Filmförderung
2.1. Österreichisches Filminstitut
Das Österreichische Filminstitut basiert auf dem Filmförderungsgesetz von 1980 und
den folgenden Novellierungen und ist eine Juristische Person des öffentlichen Rechts
mit Sitz in Wien. Auf der Homepage des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und
Kultur wird die ressortmäßige Zuordnung des Österreichischen Filminstituts
folgendermaßen beschrieben: „Die österreichische Bundes-Filmförderung umfasst
zwei Bereiche: Zum einen werden durch die Kunstsektion die Bereiche Avantgarde-,
Experimentalfilm, künstlerisch gestalteter Dokumentarfilm und innovative Projekte aus
dem Nachwuchsbereich sowie Video- und Medienkunst abgedeckt, zum anderen ist
das ihr beigestellte, aber administrativ in Form einer Körperschaft öffentlichen Rechts
eingerichtete Österreichische Filminstitut für die Förderung des abendfüllenden
Spielfilms und des programmfüllenden Fernsehfilms zuständig.“14
Der § 2 des geltenden Filmförderungsgesetzes formuliert sehr ausführlich die Ziele der
Filmförderung durch das Filminstitut:
13
Puppis, Manuel, Einführung in die Medienpolitik, UVK Verlagsgesellschaft Konstanz 2007, S. 170ff.
Homepage Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, Glossar F-G, Filmförderung,
in: http://www.bmukk.gv.at/kunst/glossar_f_g.xml, Stand 27.8.2012.
14
16
o Erhöhung der Publikumsakzeptanz und internationale Anerkennung des
österreichischen Films durch Steigerung von Qualität aber auch kultureller
Identität
o Nachwuchsförderung und Publikation eines jährlichen Filmwirtschafts-Berichts
o Internationalisierung durch Präsentation des österreichischen Films im In- und
Ausland
o Förderung von österreichisch-ausländischen Ko-Produktionen
o Kooperation zwischen der Filmindustrie und Fernsehanstalten zur Stärkung des
österreichischen Kinofilms
o Harmonisierung und Koordination zwischen den Filmförderungs-Institutionen
des Bundes und der Länder.
o Unterstützung der Filmschaffenden als Kompetenzzentrum für fachlichorganisatorische Hilfestellung
o Beratung der Bundesregierung und anderer relevanter öffentlichen Stellen in
den zentralen Fragen des österreichischen Films mit nationalem und internationalem Belang durch den 2004 geschaffenen Filmrates.
Zum letzten Punkt, dem Filmrat, wäre anzumerken, dass dieser personell sehr breit
angelegte Gremium außer zu seiner konstituierenden Sitzung kein weiteres Mal getagt
hat und bei der letzten Novellierung des Filmförderungsgesetzes im Jahre 2010 wieder
eliminiert wurde.
2.1.1. Struktur, Gremien und Ressortierung
Das Bundesgesetzblatt Nr. 170/2004 kann in Hinblick auf die Struktur der Organe
gewissermaßen als Zäsur angesehen werden, nachdem bereits 1994 die Umbenennung
des Österreichischen Filmförderungsfonds in das Österreichische Filminstitut erfolgte.
Mit dieser Novelle zum Filmförderungsgesetz aus 1980 wurden die Organe des
Filmförderungsfonds namentlich wie auch zahlenmäßig verändert; waren es im Fonds
das Kuratorium, die Auswahlkommission und der Geschäftsführer, so bestimmte die
gegenständliche Novelle als Organe einen Aufsichtsrat, eine Projektkommission und
den/die DirektorIn.
Welche Unterschiede zeigen das Gesetz und seine Novellen hinsichtlich der neuen
Besetzungsstruktur dieser Organe und welche Schwerpunktsetzungen sind daraus
abzuleiten? Eine Gegenüberstellung soll diese Veränderungen herausarbeiten:
17
Tabelle 1: Vergleich Kuratorium/Aufsichtsrat zwischen Filmförderungsfonds/Filminstitut
Filmförderungsfonds BGBl. 557/1980
Filminstitut Stand August 2012
Kuratorium:
Aufsichtsrat:
1 Vertreter BM für Unterricht und Kunst (Vorsitz)
1 Vertreter BM für Handel, Gewerbe und
Industrie
1 Vertreter BM für Finanzen
1 Vertreter Finanz-Prokuratur
je 1 VertreterIn der Gewerkschaft Kunst,
Medien, Sport, freie Berufe und der
Wirtschaftskammer Österreich, Fachverband
der Audiovisions- und Filmindustrie
3 fachkundige VertreterInnen des
österreichischen Filmwesens
2 Vertreter BM für Unterricht, Kunst und
Kultur (Vorsitz)
1 Vertreter BM für Wirtschaft, Familie und
Jugend
1 Vertreter BM für Finanzen
1 Vertreter Finanz-Prokuratur
je 1 VertreterIn der Gewerkschaft Kunst,
Medien, Sport, freie Berufe und der
Wirtschaftskammer Österreich,
Fachverband der Audiovisions- und
Filmindustrie
5 fachkundige VertreterInnen des
österreichischen Filmwesens
Bestellung für 2 Jahre
Bestellung 3 Jahre
Der augenscheinliche Unterschied in der Besetzung des Aufsichtsrates ist der
verstärkte Einfluss des BM für Unterricht, Kunst und Kultur, welches sowohl den
Aufsichtsratsvorsitz
und
einen
weiteren
Vertreter
(als
permanente
erste
Stellvertretung des/der Vorsitzenden) ex lege in diesem Gremium erhält. Gleichzeitig
übt der/die vom BM für Unterricht, Kunst und Kultur entsandte Vorsitzende respektive
1. StellverteterIn die Funktion als Arbeitgeber gegenüber dem Direktor/der Direktorin
aus.
Ebenso ist im § 9. des geltenden Filmförderungsgesetzes festgeschrieben, dass das BM
für Unterricht, Kunst und Kultur als Aufsichtsbehörde für „die Aufrechterhaltung des
ordnungsgemäßen Ganges der Verwaltung sowie die Kontrolle der Gebarung“
verantwortlich zeichnet und „hat Beschlüsse der Organe des Filminstitutes aufzuheben, wenn sie gesetzlichen Bestimmungen widersprechen.“15 Hier wird der
15
Bundesgesetz vom 25. November 1980 über die Förderung des österreichischen Films
(Filmförderungsgesetz) mit seinen Novellierungen aus 1987, 1993, 1994, 1998, 2004 und 2010, Version
August 2010, in:
http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10009500,
Stand 21.8.2012.
18
Aufsichtsbehörde, also dem BM für Unterricht, Kunst und Kultur, ein Weisungsrecht an
die
Organe
des
Österreichischen
Filminstituts gegeben, welche dann
die
gegenständliche Rechtsansicht des Ministeriums im Österreichischen Filminstitut
umzusetzen haben.
Den aktuellen Vorsitz im Aufsichtsrat übt Rudolf Scholten, Ex-Unterrichtsminister und
aktuell Mitglied des Vorstandes Österreichische Kontrollbank AG, aus. Als seine
Stellvertreterin wurde die Leiterin der Kunstsektion im BM für Unterricht, Kunst und
Kultur, Andrea Ecker benannt. Der/die DirektorIn des Österreichischen Filminstituts
nimmt an den Sitzungen des Aufsichtsrates mit „beratender Stimme“ teil.
Die Kompetenzen des Aufsichtsrates sind im Wesentlichen
o Die Festlegung der Geschäftsordnung für die Organe sowie die Grundzüge
der Förderrichtlinien
o Bestellungsvorschläge für den/die DirektorIn und Überprüfung der
Führung
o Genehmigungen/Widerruf von Förderungen, die über festgelegten
Grenzen liegen
o Evaluation der Zielerfüllung und Genehmigung des jährlichen Tätigkeitsberichts.
Tabelle 2: Vergleich Auswahlkommission/Projektkommission zwischen Filmförderungsfonds/Filminstitut
Filmförderungsfonds BGBl. 557/1980
Filminstitut, Stand August 2012
Auswahlkommission:
Projektkommission:
DirektorIn als Vorsitzender
(mit Stimmrecht)
GeschäftsführerIn als Vorsitzender
(mit Stimmrecht)
5 fachkundige Mitgliedern aus dem Filmwesen, vom BM für Unterricht und Kunst
bestellt
4 fachkundige Mitglieder aus dem Filmwesen, vom BM für Unterricht, Kunst
und Kultur bestellt
Bestellung für max. 3 Jahre
Bestellung für 2 Jahre
19
Beim sehr bedeutsamen Organ Auswahlkommission/Projektkommission ist ein hohes
Maß (mit Ausnahme der Reduktion der fachkundigen „Externen“) an Kontinuität
gegeben.
Die Kompetenzen dieses Gremiums ist es, die Auswahl aus den eingereichten
Vorhaben im Rahmen der Projektförderung zu treffen und schriftlich zu begründen.
Dem/der DirektorIn obliegt die Festlegung der betraglichen Höhe der Förderung, wo
bei Überschreitung von Limits die Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen ist. Die
rechtlichen Bestimmungen für die Auswahlkommission hatten sinngemäß idente
Kompetenzen.
In seinem Prüfbericht aus 2011 hielt der Rechnungshof fest, dass laut Filmförderungsgesetz grundsätzlich die Projektkommission als Gremium über die zu
fördernden Vorhaben zu entscheiden hat. Trotzdem „ermächtigte der Aufsichtsrat des
Österreichischen Filminstituts dessen Direktor, über die Gewährung von Förderungen
für einen Kinostart oder eine Verwertung, und einen Beirat, über die Gewährung von
Förderungen für eine Stoffentwicklung zu entscheiden.“16
Dieser Gesetzesverstoß beruhte auf dem festgestellten Faktum, dass im obigen Fall der
Direktor eine Förderung genehmigte, ohne vorher einen Beschluss über die
Förderungswürdigkeit der Projektkommission einzuholen.
16
Der Rechnungshof, Reihe Bund 2011/2, Filmförderung in Österreich, S. 5-105. In:
http://www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/2011/berichte/berichte_bund/Bund_2011_02.pdf
Seite 58, Stand 29.8.2012.
20
2.1.2. Die Meilensteine des Österreichischen Filminstituts
Tabelle 3: Filmförderungsfonds/Filminstitut, Fördervolumen absolut 1981-201017
a
Jahr
Bundesbeitrag
Förderungsauszahlungen
Förderungszusagen
2010
16.570.000
16.650.030
17.179.396
2009
15.570.000
16.177.229
15.810.821
2008
15.626.825
a
13.389.054
15.889.842
2007
12.176.000
11.434.709
12.596.465
2006
9.600.000
8.971.648
9.286.042
2005
9.600.000
9.906.242
9.723.328
2004
9.600.000
8.454.639
9.899.462
2003
9.600.000
8.863.602
10.218.811
2002
9.641.425
7.874.247
9.723.803
2001
8.418.421
8.293.822
11.227.306
2000
7.691.693
8.009.255
9.853.065
1999
12.281.709
10.535.516
13.836.392
1998
12.354.382
7.585.731
13.163.745
1997
7.485.302
8.749.861
8.451.838
1996
7.630.648
6.112.305
8.378.661
1995
7.532.539
5.185.784
8.462.941
1994
7.124.191
7.006.910
7.347.255
1993
7.198.753
5.508.267
8.226.896
1992
6.967.217
4.704.989
6.904.500
1991
5.530.185
4.940.126
5.848.749
1990
4.063.865
3.934.453
4.245.572
1989
3.394.112
4.193.001
3.604.116
1988
3.172.169
2.163.030
4.695.851
1987
3.172.169
1.709.417
2.640.738
1986
2.180.185
958.684
1.898.545
1985
1.107.461
1.297.543
1.781.073
1984
1.230.496
1.965.996
1.394.725
1983
1.486.377
1.446.280
2.100.608
1982
1.495.751
1.431.228
2.164.996
1981
1.918.563
26.162
1.465.230
Inklusive Sondermittel in Höhe von 3,057 Mio. Euro für das Jahr 2008.
17
Österreichisches Filminstitut, Budgetentwicklung, in: http://www.filminstitut.at/de/daten-zumfilminstitut/, Stand 3.11.2013.
21
Die Problematik in Hinblick auf die Interpretation der drei Spalten in der obigen
Tabelle liegt in dem Umstand begründet, dass nur bedingt ein funktionaler
Zusammenhang zwischen Bundesbeitrag und den Förderungszusagen hergestellt
werden kann. Die Komplexität des Budget-Managements liegt im Zeitabstand zwischen
der Förderungszusage und dem realen Mittelabfluss, also die Förderungsauszahlungen, welche von 9 Monaten bis zu 3 Jahren betragen kann. In realiter sind es
die Abrechnungen der einzelnen Herstellungsphasen des gegenständlichen Films und
diese weichen – ebenfalls in der Regel – von den Planterminen ab, wodurch ein
kontinuierlichen Budgetvollzug unmöglich wird. Verschärft wird diese Problematik
durch die ministeriellen Budgetverhandlungen, insbesondere bei Regierungswechsel
(siehe Tabelle 5).
Tabelle 4: Österreichisches Filminstitut, Varianz des Fördervolumen 1981-201018
Quelle: Österreichisches Filminstitut
In der folgenden Tabelle möchte der Verfasser eine erste, grobe Gegenüberstellung
zwischen den obigen vier signifikanten (+/- 2 Mio. Euro) Veränderungen des Bundesbeitrages und den jeweils amtierenden Bundeskanzler/Finanzminister /Unterrichtsministerin vornehmen. Eine tiefergehende Analyse der Allokationspolitik im Bereich
der Filmförderung folgt dann im Kapitel 5.1.
18
Homepage Österreichisches Filminstitut, Budgetentwicklung, in:
http://www.filminstitut.at/de/menu123/, Stand 28.8.2012
22
Tabelle 5: Regierungsmitglieder in den Jahren mit signifikanten Änderungen des
Bundesbeitrages
Jahr
Bundeskanzler
Finanzminister
Unterrichtsministerin
Veränderung in Mio. €
1998
V. Klima
R. Edlinger
E. Gehrer
+4,9
2000
W. Schüssel
K. H. Grasser
E. Gehrer
-4,6
2007
A. Gusenbauer
W. Molterer
C. Schmied
+2,6
2008
A. Gusenbauer
W. Molterer
C. Schmied
+3,519a
Anmerkung a. Diese Summe beinhaltet Sondermittel in Höhe von 3,1 Mio. Euro.
2.2. Film/Fernseh-Abkommen mit dem ORF
Das erste Film/Fernseh-Abkommen „…zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen
Film und Fernsehen…“20 wurde 1981 zwischen dem Österreichischen Filmförderungsfonds und dem Österreichischen Rundfunk abgeschlossen, welches in weiterer Folge
1989, 1994, 2003 betragsmäßig und inhaltlich adaptiert und schlussendlich 2011 in
einer erneuten Vereinbarung überarbeitet und fixiert wurde.
Der ORF ist damit Co-Finanzier bei der Herstellung von ungefähr 30-40
österreichischen Kinofilm-Projekten aus etwa 120 Herstelleranträgen pro Jahr21, die
den Voraussetzungen des Filmförderungsgesetzes und den Regulativen des ORF
entsprechen. Voraussetzung für eine Mitfinanzierung des ORF ist eine Förderzusage
des Österreichischen Filminstituts bzw. einer anderen öffentlichen Filmförderstelle.
Der Nutzen für den ORF besteht darin, dass er mitfinanzierte Kinofilme nach Ablauf der
Kinoschutzfrist bis zum Ende der Lizenzzeit – das sind im Abkommen von 2011 mit 7
Jahren festgelegt - beliebig oft ausstrahlen kann, jener des Österreichischen
Filminstituts, wie in der Präambel formuliert, die „bestmögliche Wahrnehmung der
österreichischen Filme [….] mit gemeinsamer Finanzierungs- und FörderungsBeteiligung vor dem Kino- und Fernsehpublikum zu ermöglichen. Der ORF tut dies im
Rahmen seiner Berichterstattung und durch Präsenz des österreichischen Films in
19
Film/Fernseh-Abkommen aus 2011, Präambel, in: http://www.filminstitut.at/de/orf-film-fernsehabkommen/, Stand 29.12.2012.
20
Film/Fernseh-Abkommen aus 2011, Präambel, in: http://www.filminstitut.at/de/orf-film-fernsehabkommen/, Stand 29.12.2012.
21
APA-OTS Aussendung ORF, 14.3.2012, 30 Jahre Film/Fernseh-Abkommen: 483 Kinofilme mit ORFBeteiligung, in: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20120314_OTS0132/30-jahre-filmfernsehabkommen-483-kinofilme-mit-orf-beteiligung, Stand 1.1.2013.
23
geeigneten Sendungen, Promotion-Trailern und durch Ausstrahlung österreichischer
Filme an adäquaten Sendeplätzen.“ Im Gegenzug sorgt das Österreichische
Filminstitut, ein vertraglich fixiertes Erstausstrahlungsrecht für den ORF nach der
Kinosperrfrist bei dem/der Produzentin durchzusetzen.
Als Entscheidungsgremium für die Förderungsvergabe – für die Jahre 2010 bis 2013
wurde eine Erhöhung von rund 6 Mio. Euro auf 8 Mio. Euro vereinbart22 – wurde die
„Gemeinsame Kommission“ mit jeweils 3 vom Österreichischen Filminstitut und vom
ORF entsandte Mitglieder eingerichtet, welche über eine gemeinsame Teilfinanzierung
eines Filmvorhabens auf Antrag des/der Produzentin entscheiden, „wobei Filme, die
speziell und typisch zur Fernsehausstrahlung und nicht zur Auswertung im Kino
geeignet erscheinen, nicht Gegenstand der Mitfinanzierung im Rahmen des
Film/Fernseh-Abkommens sind.“23 Vor der Projekt-Einreichung und Entscheidung in
der Gemeinsamen Kommission von Filminstitut und ORF werden diese bereits vorab
entweder von einer Projektkommission des Österreichischen Filminstituts oder einem
anderen öffentlichen Förderer geprüft und ausgewählt.
In einem Artikel im Wochenmagazin „Profil „ – übertitelt mit „ORF-Intervention im
Sinne der Quote“24 – wird allerdings ein Interventionsversuch durch Intendantin
Kathrin Zechner für ein von ihr präferiertes Filmprojekt „Im weißen Rössl“ beschrieben,
welches vom Österreichischen Filminstitut „zunächst einhellig“ abgelehnt wurde und
wodurch eine Förderung im Rahmen das Film/Fernseh-Abkommen ausgeschlossen
war. In dieser Differenz manifestiert sich nach Ansicht des Verfassers das
Spannungsfeld zwischen den wirtschaftlichen vs. künstlerischen Ansprüchen, wobei
das Quoten-Paradigma von Frau Zechner ausschließlich der ersten Kategorie zuzuordnen ist, zumal der Regisseur dieses gegenständlichen Projektes bis dato nur mit
„TV-Unterhaltungsware wie Alarm für Cobra 11“ reüssierte.
Diese Kraftprobe zwischen dem alleinigen Entscheider Österreichisches Filminstitut,
dessen Kompetenz es ist, dass „Kinoprojekte, an denen sich der ORF beteiligen kann,
erst im Österreichischen Filminstitut begutachtet werden, ehe sie in die gemeinsame
22
Ebd., Film/Fernseh-Abkommen aus 2011 §2. Abkommensmittel.
Ebd., §3, Abs. 2., Lit. a.
24
Profil vom 30.6.2012, ORF-Intervention im Sinne der Quote, in:
http://www.profil.at/articles/1226/560/332937/orf-intervention-sinne-quote, Stand 3.1.2013.
23
24
Kommission gehen, sei „in Stein gemeißelt“ und dem Co-Financier ORF spielt der
Direktor des Österreichischen Filminstituts, Roland Teichmann, diplomatisch herunter:
„In Einzelsituationen allerdings muss man ein wenig Flexibilität zeigen und dem
Partner ORF auch entgegenkommen.“25 Die aktuellen (Stand Ende 2012), vom ORF
entsandten Kommissions-Mitglieder sind Kathrin Zechner (sie folgte auf Wolfgang
Lorenz), Heinrich Mis (Fernsehfilmchef) und Margit Maier (Abteilung Programmeinkauf
und Rechtemanagement, auch zuständig für die Abwicklung von Auftragsproduktionen
und das Film/Fernseh-Abkommen).26
Zehn Prozent des ORF-Förderungsanteils sind dem Nachwuchsfilm oder Filmen mit
Innovationscharakter („Innovationstopf“) gewidmet, wobei die Einzelförderung dafür
mit 100.000 Euro limitiert ist; die Administration dieser Förderung obliegt dem ORF.
Wenig verwunderlich der euphorische Kommentar von ORF-Generaldirektor Alexander
Wrabetz dazu: „Das neue Film/Fernseh-Abkommen ist ein Meilenstein in der
Geschichte des österreichischen Kinofilms. Die Aufstockung der ORF-Fördermittel auf
acht Millionen Euro jährlich - garantiert bis 2013 - ist ein klares Statement für die
Stärkung des Filmstandorts Österreich. Nie zuvor hat der ORF mehr Mittel in den
österreichischen Kinofilm investiert. Damit beweist der ORF, wie ernst er als Public
Broadcaster seine gesellschaftliche Aufgabe als größter heimischer Filmproduzent und
Arbeitgeber in der Filmindustrie nimmt.“27
In diesem Zusammenhang muss die Entwicklung des ORF-Beitrages zum Film/FernsehAbkommen vor 2011 dargestellt und der finanziell substantielle politische Deal
erwähnt werden, der vom Sparauftrag für den ORF und den finanziellen Unsicherheiten zu der obigen Vereinbarung führte.
25
Ebd.
Aussendung ORF, Aktuelle Meldung, nicht datiert, „30 Jahre Film/Fernseh-Abkommen: 483 Kinofilme
mit ORF-Beteiligung“, in: http://kundendienst.orf.at/aktuelles/oefi.html, Stand 3.1.2013.
27
Aussendung ORF Kundendienst 14.1.2011, Film/Fernseh-Abkommen 2011: klares Bekenntnis zur
langfristigen Zusammenarbeit zwischen Filmförderung und ORF,
in: http://kundendienst.orf.at/unternehmen/news/film_fernseh_abkommen.html, Stand 29.12.2012.
26
25
Tabelle 6: Finanzielle Förderungsvolumina, ORF Film/Fernseh-Abkommen28
In seinem Untersuchungsbericht stellt der Rechnungshof die Förderleistung des
Österreichischen Filminstituts und des ORF gegenüber, die das folgende Bild zeigen:
Abbildung 1: Ausbezahlte Beträge des Österreichischen Filminstituts und des ORF im
Rahmen des Film/Fernseh–Abkommens von 2006 bis 200929
2009 war insgesamt ein kritisches Jahr für den ORF, folglich auch – wie in obiger
Graphik klar ersichtlich – in Hinblick auf seinen Beitrag zur Filmförderung. Am 16. April
28
Filminstitut, ORF Film/Fernseh-Abkommen, in: http://www.filminstitut.at/de/orf-film-fernsehabkommen/, Stand 3.1.2013.
29
Der Rechnungshof, Filmförderung in Österreich, Bericht des Rechnungshofes 2011, S. 29.
26
2009 übertitelte die Tageszeitung „Der Standard“ einen Artikel mit „ORFMitfinanzierung an Kinofilmen nicht mehr möglich“ und der Untertitel erklärte,
warum: „Nach zweitem von fünf Sitzungsterminen bereits so gut wie sämtliche
verfügbare Fördermittel für 2009 aufgebraucht - ÖFI muss Löcher stopfen, die der ORF
hinterlässt“. 30
In einem weiteren Standard-Artikel vom April 2009 wird unter dem Druck eines sich
abzeichnenden hohen Verlustes des ORF ein für das Film/Fernseh-Abkommen
ernüchterndes Szenario skizziert: „Derzeit ist der ORF mit 5,9 Millionen Euro am
Film/Fernseh-Abkommen beteiligt. Laut Finanzvorschau der Geschäftsführung des
Österreichischen Rundfunks ist für 2010 eine Halbierung dieses Betrages vorgesehen.
Für das Jahr 2011 ist derzeit eine Beendigung des Abkommens im Gespräch.“31
Allerdings formulierte Unterrichtsministerin Claudia Schmied im Mai 2009 zu den
diskutierten Strukturmaßnahmen des ORF eine recht klare Position zu den
Einsparungsplänen des ORF: „Der ORF müsse bei aller berechtigten Bemühung, das
Unternehmen wirtschaftlich abzusichern, mehr sein als ein rein kommerzielles
Medienunternehmen. Er hat in der Vergangenheit wichtige gesellschafts- und
kulturpolitische Aufgaben übernommen, die nicht leichtfertig geopfert werden dürfen.
Dazu zähle ich aus kulturpolitischer Sicht auch das Film/Fernseh-Abkommen und das
Radio Symphonie Orchester.“32 Im gleichen Interview legte die Ministerin die
angedachte Lösung der ORF-Finanzmisere – der Verlust des ORF lag 2008 bei 79 Mio.
Euro und 2009 mit minus 40 Mio. Euro (ohne seine Tochterunternehmen wären es
minus 60 Mio. Euro geworden) – in ihrer Sicht folgendermaßen dar: „"Wenn der ORF
nach allen Strukturreformen und konzerninternen Effizienzsteigerungen noch immer
vor dem Problem steht, dass Mittel für die Weiterführung des Film/FernsehAbkommens und des Betriebes des Radiosymphonieorchesters fehlen, wird die
30
Der Standard, Ausgabe 16.4.2009, "ORF-Mitfinanzierung an Kinofilmen nicht mehr möglich",
in: http://derstandard.at/1237230069847/Filminstitut-ORF-Mitfinanzierung-an-Kinofilmen-nicht-mehrmoeglich, Stand 4.1.2013.
31
Der Standard, Ausgabe 16.4.2009, Film/Fernseh-Abkommen, in:
http://derstandard.at/1237230073195/Stichwort-FilmFernseh-Abkommen, Stand 4.1.2013.
32
Der Standard, Ausgabe 12.5.2009, Film und RSO dürfen nicht Opfer von ORF-Reformen werden, in:
http://derstandard.at/1241622534555/Claudia-Schmied-Film-und-RSO-duerfen-nicht-Opfer-von-ORFReformen-werden, Stand 4.1.2013.
27
öffentliche Hand ihrer Verantwortung durch die Teil-Refundierung von Gebühren
nachkommen müssen."33
So sorgte im Juni 2010 ein ORF-Gesetz für die ORF-„Sanierung“ durch die
Zurverfügungstellung zusätzlicher 160 Mio. Euro, aufgeteilt auf vier Jahre, die
allerdings unter anderem mit einer Erhöhung des ORF- Anteils im Film/FernsehAbkommen auf 8 Mio. Euro mit Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria34
junktimiert wurde: „Die Abgeltung gebührt in den Jahren 2011 bis 2013 jedenfalls nur
dann, wenn im Vorjahr folgende allgemeine Voraussetzungen erfüllt sind:
a. Fortbestand des Film/Fernseh-Abkommens und Erfüllung der daraus
resultierenden Verpflichtungen durch den Österreichischen Rundfunk und
b. Fortbestand des Radiosymphonieorchesters und
c. kontinuierlicher Ausbau des Anteils der österreichspezifischen Fernsehfilme, serien und -dokumentationen sowie der Kindersendungen in Form von Eigen-,
Ko- und Auftragsproduktionen des Österreichischen Rundfunks am
Gesamtprogramm und
d. Erhöhung des Anteils von Barriere-frei zugänglichen Sendungen.“ 35
Die relevante Textstelle, der Punkt 2.2. des Bescheides, legt die Bedingungen klar fest:
Fortbestand des Film/Fernseh-Abkommens im Jahr 2010 und Erfüllung der daraus
resultierenden Verpflichtungen des ORF: „Hierbei sieht das derzeit in Geltung
stehende Abkommen vor, dass jedenfalls für die Kalenderjahre 2010, 2011, 2012 und
2013 zumindest 8 Mio. Euro jährlich als vereinbart gelten. Für das hier gegenständliche
Jahr 2010 wurden daher Mittel im Umfang von zumindest 8 Mio. Euro vorgesehen.“36
Die Finanzierungsbeteiligung des ORF setzt sich aus dem Lizenzbetrag für die
Fernsehnutzungsrechte innerhalb der Lizenzzeit von 7 Jahre nach Ablauf der
Kinoschutzfrist und dem Finanzierungsanteil an den Herstellungskosten zusammen.
33
Ebd.
Bescheid KommAustria 23.5.2012, Feststellung, ob die Bedingungen für die Abgeltung des dem
Österreichischen Rundfunk durch Befreiungen entstehenden Entfalls des Programmentgelts im Jahr
2011 erfüllt worden sind, in: https://www.rtr.at/uploads/media/KOA_10.200-12-008.pdf, Stand
6.1.2013.
35
Vgl. Der Standard, Ausgabe 22.2.2010, Neuerungen im ORF-Gesetz von A bis Z, in:
http://derstandard.at/1266541228607/Millionenshow-Neuerungen-im-ORF-Gesetz-von-A-bis-Z, Stand
4.1.2013.
36
Ebd., Bescheid KommAustria 23.5.2012, S. 63.
34
28
Dieser Lizenzanteil beträgt grundsätzlich 50% des gesamten ORF Betrages, im
Maximum für Spielfilme 45.000 Euro, für Dokumentarfilme 22.000 Euro und für
Dokumentationen 11.000 Euro.
Seit dem Jahre 1989 sind zehn Prozent der ORF-Mittel für die Förderung des
Nachwuchsfilms („Innovativer Film“) gewidmet, wo auch andere filmfördernde
Institutionen, wie jene der Bundesländer, projektmäßig eingebunden werden können.
2.3. Die Rundfunk- und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH)
Die Rundfunk- und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) wurde 2001 gegründet
und besteht aus zwei Kompetenzbereichen: Medien sowie Telekommunikation und
Post. Der für diese Arbeit relevante Bereich ist jener der Medienförderung und
innerhalb dessen die Administration des Fernsehfilmförderungsfonds, welcher seit
2004 existiert und mit 13,5 Mio. Euro (Stand 2009)37 einen signifikanten Beitrag zur
Filmförderung – konkret der Produktion und Verwertung von Fernsehfilmen,
Fernsehserien und Fernsehdokumentationen – leistet. Das Förderungsziel ist in den
aktuellen Förder-Richtlinien folgendermaßen formuliert: „Die Förderungen sollen zur
Steigerung der Qualität der Fernsehproduktion und der nachhaltigen Leistungsfähigkeit der österreichischen Filmwirtschaft beitragen und für eine vielfältige
Kulturlandschaft Gewähr bieten. In diesem Sinne stehen die Fördermaßnahmen des
Fernsehfonds Austria unter dem Gesichtspunkt, dass ein möglichst großes Publikum,
im Interesse der herstellenden Produzenten, die geförderten Produktionen empfangen
können.“38
Im Förderauftrag und in der Zielformulierung liegt die Komplementär-Aufgabe zum
Österreichischen Filminstitut: fördert das Filminstitut Eigenproduktionen von Kinofilmen unter den Auspizien „wirtschaftlicher Erfolg“ oder „künstlerischer Erfolg“, so
liegt der Fokus beim Fernsehfonds Austria bei Eigenproduktionen von Fernsehfilmen
oder Serien mit der Förderauflage einer großen Zuschauerzahl. Antragsberechtigt sind
unabhängige Fernsehfilmproduzenten, nicht aber öffentlich-rechtliche oder private
37
Tätigkeitsbericht des Fernsehfonds Austria, Berichtsjahr 2009, in:
https://www.rtr.at/de/komp/alleBerichte/Bericht2009.pdf, Stand 10.2.2013.
38
Richtlinien des Fernsehfonds Austria, § 1.2., in: https://www.rtr.at/de/ffat/Richtlinien,
Stand 10.2.2013
29
Rundfunkveranstalter. Voraussetzung sind programmfüllende Fernsehproduktionen
mit einer Dauer von mindestens 23 Minuten.
Die Obergrenzen der Förderung sind in Punkt 4.4. der aktuellen (2012) RTR-Förderrichtlinien folgendermassen ausgewiesen:



Fernsehfilme
Fernsehserien
Fernsehdokumentationen
1.000.000 Euro,
200.000 Euro (pro Folge) und
200.000 Euro,
Nach den Richtlinien ist eine Mehrfachförderung möglich, nicht aber in dem Fall, wenn
das gegenständliche Fernsehfilm-Projekt bereits von einer anderen Institution mit
Bundesmitteln finanziell unterstützt wird.
2009 wurden insgesamt 49 Fernsehfilm-Projekte gefördert – 20 Fernsehfilme, 3 Serien
und 26 Fernsehdokumentationen – und dies mit einem Gesamtvolumen von rund 11,5
Mio. Euro. Dem Tätigkeitsbericht 2009 ist zu entnehmen, dass diesem Fördervolumen
von besagten 11,5 Mio. Euro rund 38,8 Mio. Euro an Produktionskosten in Österreich
ausgegeben wurden, was einem Leverage-Effekt von 3,4 entspricht. Die Verteilung der
Förderungen nach Segmenten stellt sich folgendermaßen dar:
Abbildung 2: Zugesagte Fördermittel des Fernsehfonds Austria für 200939
Quelle: Tätigkeitsbericht des Fernsehfonds Austria, Berichtsjahr 2009
39
Tätigkeitsbericht des Fernsehfonds Austria, Berichtsjahr 2009, S. 5, in:
https://www.rtr.at/de/komp/alleBerichte/Bericht2009.pdf, Stand 10.2.2013.
30
Eine tabellarische Darstellung der durchschnittlichen Förderung pro Segment gibt eine
Indikation der Gewichtung innerhalb der Fernsehförderung:
Tabelle 7: Durchschnittliche Fördermittel pro Filmsegment
Segment
Zahl der Produktionen
2009
Fördermittel
Durchschnitt
20
8,533.518
426.676/Film
3 Serien/36 Folgen
1,780.000
49.445/Folge
26
1,181.850
45.456/Film
Fernsehfilme
Serien
Dokumentationen
Die obige Darstellung für das Jahr 2009 zeigt einen Trend der Gewichtung stark zu
Gunsten der Kategorie Fernsehfilme, wo durchschnittlich mehr als 40% der
Maximalförderung
zuerkannt
wird,
wogegen
bei
den
Serienfolgen
und
Dokumentationen im Durchschnitt nur Fördermittel im Ausmaß von weniger als 25%
der Maximalförderung zugesagt wurden.
2.4. Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
Im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur ist die Kunstsektion/Abteilung
3 für „die Förderung innovativer Projekte im Bereich des Spiel-, Dokumentar-,
Animations- und Experimentalfilms, die gezielte Förderung talentierter (an Alter und
Erfahrung) junger FilmemacherInnen“ verantwortlich.40 Darüber hinaus vertritt diese
Abteilung die österreichischen Interessen in den europäischen Filmförderungsgremien
wie MEDIA und EURIMAGES.
Die Förderung des Ministeriums basiert auf dem Kunstförderungsgesetz aus 1988 und
unterstützt ebenfalls die „klassischen“ Phasen einer Filmproduktion wie Drehbuch,
Projektentwicklung, Herstellung und Kinostart, allerdings nach oben begrenzt mit
Produktionskosten bis maximal 500.000 Euro. Die Förderbeträge für Einzelpersonen
liegen allesamt im mittleren bzw. unteren 5-stelligen Euro-Bereich, beinhalten aber
auch die Förderung der Teilnahme bei Festivals für Kurzfilme, Dokumentarfilme,
40
Homepage Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Abteilung 3, Filmförderung, in:
http://www.bmukk.gv.at/kunst/sektion/abt3.xml, Stand 12.2.2013.
31
experimentelle Filme, Videos und Medienkunst. Diese Festival-Förderung unterstützt
aber lediglich die Teilnahme und löst keine weitere Förderung – analog zur
Referenzfilmförderung des Österreichischen Filminstituts – aus. Darüber hinaus vergibt
das Ministerium drei Kunstpreise für die Kategorie Film, deren Höhe sich um die
10.000 Euro bewegen.
Um diese Förderung können sich österreichische Staatsbürger oder Personen
bewerben, die ihren Hauptwohnsitz für mindestens 3 Jahre davor in Österreich hatten
und Projekte einreichen, „die von überregionalem Interesse oder geeignet sind,
beispielgebend zu wirken, innovatorischen Charakter haben oder im Rahmen eines
einheitlichen Förderungsprogramms gefördert werden.“41
Tabelle 8: Budgetentwicklung des BM für Unterricht, Kunst und Kultur für den
innovativen Film (2001 - 2010)42
Quelle: Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
Die Abgrenzung zum Fördermodell des Österreichischen Filminstituts kann so gezogen
werden, als dass sich die Förderung des Bundesministerium für Unterricht, Kunst und
Kultur überwiegend an FilmemacherInnen als EinzelkünstlerInnen oder KünstlerArbeitsgemeinschaften richtet, die Kurzfilme, Dokumentarfilme sowie experimentelle
Filme herstellen und im „low-budget“ Segment arbeiten, das Österreichische
Filminstitut wieder adressiert Produktionsgesellschaften für Kinofilme.
41
Bundesgesetz vom 25. Februar 1988 über die Förderung der Kunst aus Bundesmitteln
(Kunstförderungsgesetz), §2 (2), in: http://www.bmukk.gv.at/kunst/recht/kfg.xml, Stand 12.2.2013.
42
Homepage Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Abteilung 3, Filmförderung, in:
http://www.bmukk.gv.at/kunst/bm/ifa.xml, Stand 10.4.2012.
32
Eine weitere Differenz zum Filminstitut ist es, dass das Bundesministerium für
Unterricht, Kunst und Kultur ausschließlich nach künstlerischen Kriterien entscheidet,
nicht aber die Forderung nach wirtschaftlicher Rentabilität erhebt.
2.5. Die Filmförderung der Länder
Einen sehr informativen Überblick über die Förderstruktur der Länder samt einer
kritischen Würdigung von deren Effizienz gibt der Rechnungshof-Bericht aus dem Jahre
2011, welcher die Periode 2006-2008 untersuchte.
Eine erste Übersicht stellt die Verteilung der regionalen Förderungsinstitutionen und
ihrer internen Beziehungen pro Bundesland dar: insgesamt sind es 14 operative
Gesellschaften, wovon eine signifikante Häufung in der Steiermark ersichtlich ist.
Abbildung 3: Filmförderungs-Institutionen in den Bundesländern43 (Stand 2008)
Oberösterreichisches
Filmbüro /
Wirtschaftsabteilung Land
Jeweilige Kulturabteilung im
Amt der Landesregierung
Cine Tirol
Filmfonds
Wien
Kulturabteilung
Magistrat
Film Location
Salzburg
Landesamtsdirektion
Cine Styria
Kultur Steiermark
Land Steiermark
Tourismusabteilung
Steirische Tourismus GmbH
Land Salzburg
Stadt Salzburg
Quelle: Rechnungshofbericht „Filmförderung in Österreich“, 2011.
Diese dezentrale Förderstruktur zeichnet sich auch durch ein hohes Maß an
Heterogenität in seinen föderalen Förderzielen aus: grundsätzlich wird eine möglichst
hohe Wertschöpfung von Filmproduktionen unter Einbezug einer werblichen
43
Vgl. Der Rechnungshof, Filmförderung in Österreich, Bericht des Rechnungshofes 2011, S. 21ff.
33
Komponente für den Fremdenverkehr im Bundesland angestrebt; insofern ist der
Schwerpunkt der Filmförderungen der Länder die Herstellungsförderung. Die strikte
Vorgabe des Österreichischen Filminstituts in Hinblick auf Kino-, Dokumentar- oder
Kinderfilm mit entsprechender Mindestdauer findet sich in den Förderbedingungen
der Länder nur sporadisch.
Bei den Film-Förderprogrammen der Landesregierungen kann hinsichtlich der
Vergabepraxis pauschal festgehalten werden: „Allgemeine Kriterien sind immer ein
thematisch-inhaltlicher Bezug zu den jeweiligen Bundesländern. Da es sich zum Teil um
Subventionen der Kulturabteilungen handelt, spielt der künstlerische Aspekt eine nicht
unwichtige Rolle.“44 Zusammengefasst sind es drei Zielstrategien, die damit verfolgt
werden: Tourismus, Kultur und wirtschaftliche Regionaleffekte.
Neben den Ämtern der Landesregierung existieren zusätzlich selbstständig agierenden
Förderstellen in den Bundesländer Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg,
Steiermark und Tirol.
Der „Filmfonds Wien“ fördert mit mehr als 10 Mio. Euro künstlerische,
programmfüllende Filme, die einen bedeutenden Beitrag für die „die kulturelle
Entwicklung und die filmwirtschaftliche Wertschöpfung am Standort Wien“45
erbringen. Die Förderwürdigkeit wird von einer vierköpfigen Jury und der
Geschäftsführung des Fonds getroffen, die Höhe des Förderbetrages wird von dem/der
GeschäftsführerIn bestimmt.
Als „kultureller Effekt“ des Filmprojektes werden folgende Vorgaben gemacht
(Auszug):

•

Filme, die Wien als Ort der Handlung oder als wichtigen Schauplatz erkennen
lassen;
Künstlerisch herausragende Projekte oder schwierige Filme mit geringem Budget
(„Low-Budget“-Projekte);
Nachwuchsfilme und Werkstattprojekte, Kinderfilme
Sehr konkret sind auch die ökonomischen Vorgaben zur Erlangung von Fördermittel
formuliert: zumindest 100% des Fördervolumens müssen in die Wiener Filmwirtschaft
44
Homepage location austria, Abschnitt „Regionale Filmförderung“,
in: http://www.locationaustria.at/de/regionale_filmfoerderung.aspx, Stand 2.2.2013.
45
Homepage Filmfonds Wien, Förderrichtlinien, S. 6f,
in: http://www.filmfonds-wien.at/files/ffw_foerderrichtlinien.pdf, Stand 3.2.2013.
34
rückfließen: „Zum Filmbrancheneffekt zählen Ausgaben zur Beschäftigung von
Filmschaffenden in künstlerischen, technischen und organisatorischen Funktionen und
zur Nutzung der filmspezifischen Infrastruktur.“
Im Gegensatz zum Österreichischen Filminstitut unterstützt der Filmfonds Wien auch
die Herstellung „qualitativ hochstehender Fernsehinhalte und Fernsehbilder unter
Anknüpfung an die kulturelle Wertigkeit der Region Wien im österreichischen und
europäischen Umfeld.“46 Die Motivation für diese Förderung argumentiert der
Filmfonds Wien damit, dass durch einen stetig steigenden kompetitiven Kostendruck
die Zahl von „kulturell ambitionierte sowie qualitativ hochwertige Produktionen“
abnimmt; in Folge dessen orientiert sich diese Förderkategorie ausschließlich am
kulturellen Inhalt („Kultureller Eigenschaftstest“) des Projektes.
Die „Cine Styria“ wieder fördert Film- und TV-Projekte mit internationaler Verwertung
und touristischer Wertigkeit und bezieht sich sowohl auf Herstellungs- als auch
Festivalförderung.
Die „Cine Tirol“ wieder ist ein Teilbereich der Tirol-Werbung und vergibt sogenannte
„Production Incentives“ durch nicht rückzahlbaren Produktionskostenzuschüsse bis zu
50% der in Tirol getätigten und anrechenbaren Ausgaben und hat sich darüber hinaus
auf professionelle Location-Services spezialisiert. Diese fokussierte DienstleistungsStrategie hat Tirol zu einem der gefragtesten Drehorte in den Alpen gemacht.
Bei der „Filmlocation Salzburg“ steht einerseits der touristische Werbeeffekt der Stadt
und des Landes Salzburg im Vordergrund, andererseits die lokale Wertschöpfung von
nationalen und internationalen
Film- aber auch TV-Produktionen: in den
Förderungsvoraussetzungen47 wird dies als „Salzburg-Effekt“ und „Salzburger Filmbranchen-Effekt“ ausgedrückt: der Salzburg-Effekt gilt dann als erreicht, „wenn
nachweislich mindestens 200% der Fördermittel des Landes Salzburg für die
Filmherstellung direkt oder indirekt im Wege der Umweg-Rentabilität im Land Salzburg
ausgegeben werden.“ Unterstützt wird dieses Ziel durch das Angebot einer zentralen
Beratungsstelle („First-Stop-Shop“), also Hilfestellungen und Dienstleistungen aus
einer Hand.
46
Ebd., S. 22f.
Förderbedingungen Film Location Salzburg, S. 4, in: http://www.salzburg.gv.at/pdf-formulare-wtw0239a.pdf, Stand 15.2.2013.
47
35
In Niederösterreich nennt sich die im Amt der Landesregierung angesiedelte
Filmförderungs-Institution „Lower Austrian Film Commission“. Diese fördert alle
Formen von Filmen, „die einen sachlichen oder personellen Bezug zu Niederösterreich
haben und/oder in Niederösterreich entstehen.“48 Bewertungsmäßig bedeutsam ist
zusätzlich der wirtschaftliche Regionaleffekt des Filmprojektes, der mindestens das
Zweifache der Förderung betragen muss.
Diese Übersicht rundet das „Oberösterreichische Filmbüro“ ab, deren Auftrag es ist,
„Pilotfilme zu Serien bzw. Serien und Reihen, die ausschließlich in Oberösterreich
gedreht werden und ein hohes touristisches Potenzial beinhalten“49, zu fördern. Die
Höhe der Förderung ist abhängig von den jeweiligen Produktionskosten, die im Land
verbleiben, sowie dem Oberösterreich-Bezugs. Das „Oberösterreichische Filmbüro“
prüft
die
Unterlagen
der
eingereichten
Filmprojekte
und
empfiehlt
der
Wirtschaftsabteilung der Landesregierung – dem Halter des Budgets – die Gewährung
bzw. die Ablehnung einer Förderung.
Diese obige Zusammenfassung der Förderziele von den Bundesländern zeigt einen
klaren Schwerpunkt in Richtung der Förderung von Filmen, die eine entsprechende
Region des Bundeslandes touristisch verkaufen helfen sowie die Stimulierung von
lokaler Wertschöpfung durch Filmproduktionen wie beispielsweise durch die
Beschäftigung lokaler ProduktionsmitarbeiterInnen, Quartier und Verpflegung. Mit
Ausnahme von Tirol mit seinem konkreten Angebot von Location Services und partiell
auch Salzburg mit seinem One-Stop-Shopping Beratungsansatz bieten die restlichen
Bundesländer bloß undifferenzierte, finanzielle Anreize überwiegend auf der
ökonomischen Ebene; die künstlerische Qualität als Bewertungsparameter wird nur
marginal gefordert.
Welchen Förderungsbeitrag haben nun die Bundesländer in der Betrachtungsperiode
bereitgestellt und wie stellt sich dessen prozentuelle Verteilung und das abgeleitete
Ranking dar?
48
Homepage location austria, Abschnitt „Regionale Filmförderung“,
in: http://www.locationaustria.at/de/regionale_filmfoerderung.aspx, Stand 2.2.2013.
49
Homepage location austria, ebd.
36
Tabelle 9: Volumen der Filmförderung der Bundesländer 2006-200850 (in Mio. Euro)
Förderungsgeber
2006
Summen
19,08
2007
2008
18,84
22,00
Aus den obigen Werten ergeben sich für 2008 folgende Förderungsanteile und – als
interessanter Vergleich – die Relation zur Wirtschaftsleistung des jeweiligen Bundeslandes, also dem Brutto-Regionalprodukt des Jahres 2008.
Tabelle 10: Prozentueller Förderanteil und Relation zum Regional-BIP 2008
Vergleich 2008
Förderung
Förderanteil %
BIP 200851
Förderung zu BIP
Burgenland
Niederösterreich
Wien
Kärnten
Steiermark
Oberösterreich
Salzburg
Tirol
Vorarlberg
680.000
2.790.000
12.540.000
100.000
2.110.000
1.360.000
1.140.000
1.140.000
140.000
3,09%
12,68%
57,00%
0,45%
9,59%
6,18%
5,18%
5,18%
0,64%
6.316.000.000
44.897.000.000
73.690.000.000
16.125.000.000
35.646.000.000
47.780.000.000
20.496.000.000
24.626.000.000
13.171.000.000
0,0108%
0,0062%
0,0170%
0,0006%
0,0059%
0,0028%
0,0056%
0,0046%
0,0011%
Summen/
Durchschnitt
22.000.000
100,00%
282.747.000.000
0,0078%
Welche Erkenntnisse können nun aus dieser obigen Tabelle abgeleitet werden?
Beginnen wir bei den Extremwerten: Wien nimmt unangefochten eine Spitzenstellung
in der Filmförderung der Bundesländer ein, sowohl von seinem Anteil an der
50
Der Rechnungshof, Filmförderung in Österreich, Bericht des Rechnungshofes 2011, S. 18.
Statistik Austria, Bruttoregionalprodukt 2007-2009 nach Bundesländern,
http://www.statistik.gv.at/web_de/statistiken/volkswirtschaftliche_gesamtrechnungen/regionale_gesa
mtrechnungen/nuts2-regionales_bip_und_hauptaggregate/index.html, Stand 11.12.2012.
51
37
Gesamtförderung wie auch dem Förder-Prozentsatz seines regionalen BIP. Das
Schlusslicht bildet Kärnten mit einem Anteil von weniger als 0,5% an der
Bundesländer-Fördersumme und 0,0006 (!) Prozent seiner lokalen Wertschöpfung.
Dieser negative Extremwert aus Kärnten hat eine Geschichte, die es wert ist, als
Beispiel für eine politisch instrumentalisierte und missbrauchte Kulturpolitik
dargestellt zu werden, wo sich vollmundigen Ankündigungen nach relativ kurzer Zeit in
den aktuellen Zustand der filmpolitischen Bedeutungslosigkeit entwickelten.
Folgen wir also der Zeitlinie von der Gegenwart bis in die Anfangsjahre dieses
Jahrtausends: gerade unlängst beklagten Kärnten-affine Filmproduzenten wie die
Familien Spiehs und Hroch (Mona und Lisa Film) unter dem Titel „Kino-Land Kärnten
wird zum Komparsen“52 die nicht statt gefundene Entpolitisierung der lokalen
Filmförderung und Arno Rußegger, Professor am Institut für Germanistik der AlpenAdria-Universität Klagenfurt und Initiator des Filmfestes "Kino aus Kärnten", ergänzt
diese Kritik: „Prinzipiell werden schon Filme in Kärnten unterstützt, aber es gibt keine
professionelle Filmförderung. Das ist ein entscheidender Unterschied“ und setzt fort
„Von den Großen im Geschäft geht niemand zu einem Landeshauptmann. Das muss
eine Stelle sein, die nach ganz klaren Richtlinien Gelder vergibt“. Da zieht sich
historisch ein roter Faden durch die Kärntner Filmförderungspolitik, denn die Gründe
für das Scheitern der mittlerweile aufgelösten Cine Culture Carinthia (CCC) sieht
Rußegger in den oben monierten Fakten der Gegenwart: „Das war natürlich eine
politische Sache, die in der Szene der Filmschaffenden überhaupt nicht verankert war.
Es gab auch ein undurchsichtiges Intendanten-Prinzip. Wir bräuchten stattdessen ein
transparentes System, wo jeder weiß, nach welchen Kriterien er eine Förderung
bekommt. Das geht nur mit einem Filmboard, das heißt einer Gruppe von Experten,
die nach klaren Regeln entscheiden.“53
Die aktuell geringe Dotation der Kärntner Filmförderung: 2008 waren es knapp 100.00
Euro; im Vergleich dazu: die Kärntner Brauchtums-Messe erhielt im gleichen Jahr über
52
Kleine Zeitung, 22.12.2012, Artikel „Kino-Land Kärnten wird zum Komparsen“, in:
http://www.kleinezeitung.at/kaernten/klagenfurt/klagenfurt/3199007/kino-land-kaernten-zumkomparsen.story, Stand 23.12.2012.
53
Kleine Zeitung, 22.11.2012, Artikel „Man hätte auch in Kärnten einen Imker gefunden“, in:
http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/kultur/3172148/man-haette-auch-kaernten-imkergefunden.story, Stand 23.12.2012.
38
176.000 Euro.54 In Verbindung mit der politischen Einflussnahme führte es dazu, dass
immer mehr Filmschaffende aus Kärnten abwandern, zumal auch keine etablierten
infrastrukturelle
Dienstleistungen
wie
Location
Services,
Dolmetscher
oder
Maskenbildner existieren.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt allerdings, dass es eine Periode gab, wo der LandesFilmförderungsgesellschaft „Cine Culture Carinthia“ mit seinem „allein regierenden“
Intendanten Manfred Lukas-Luderer (bis Mitte 2004) über wesentlich höhere Mittel
verfügen konnte: in einer Pressekonferenz im Mai 2002 gaben Jörg Haider und der
Intendant der Cine Culture Carinthia, Manfred Lukas-Luderer eine eindrucksvolle
Ansage: „ Ganz Kärnten wird zum Filmland. "Ganz Kärnten ist das Filmstudio", sagte
heute
Landeshauptmann
Jörg
Haider
[…]
Lukas-Luderer
bezifferte
die
Filminvestitionen, die in Kärnten in den nächsten drei Jahren gemacht werden sollen,
mit 109 Mio. Euro. Das Besondere der Filmförderung: 200 Prozent der
Förderungssumme müssen wieder reinvestiert werden. […] Wie Pfeifenberger
(damaliger Finanz-Landesrat, Anm. d. Verf.) sagte, betrage das Filmbudget bislang 1,3
Mio. Euro.“55 2005 hatten sich die filmischen Visionen eines „Kärnten-Effekt“ als
komplette Fehlinvestition herausgestellt, die von der damaligen SPÖ-Kultursprecherin
Nicole Cernic heftig kritisiert wurde, wie dem Protokoll der 18. Landtagsitzung vom 7.
Juli 200556 zu entnehmen ist: „Zur Frage Filmförderung: Hier fällt besonders auf, dass
wir jahrelang Hunderttausende von Euro, so auch im vergangenen Jahr – es waren
411.700 Euro – in die kommerzielle Filmförderung gesteckt haben und für diese
Vergabe als Intendant den Herrn Lukas Luderer bestellt und auch großzügig bezahlt
haben. Wir haben nunmehr die Situation, und da ist dem ehemaligen
Finanzreferenten, Herrn Pfeifenberger, doch noch zu danken, dass im vergangenen
Jahr hier eine Erleuchtung gekommen ist, dass er nämlich am 17. 8. in der
Generalversammlung Cine Culture Carinthia festgestellt hat, dass der Kärnten-Effekt
dieser kommerziellen Filmförderung dem Mitteleinsatz überhaupt nicht entspricht und
54
Kulturbericht des Landes Kärnten 2008, S. 23, in:
http://olga.pixelpoint.at/media/ppm_3dak_kulturchannel/~M24/24223.3dak.pdf, Stand 23.12.2012.
55
Oesterreich-Journal vom 28.5.2002; LH Haider „Ganz Kärnten ist das Filmstudio“, in: http://www.oejournal.at/Aktuelles/0502/7_4kultarchiv28050306.htm, Stand 15.2.2013.
56
Protokoll 18. Sitzung des Kärntner Landtages, 7. Juli 2005, S. 1412f, in: www.ktn.gv.at/17876_DEProtokolle-18._LTG, Stand 15.2.2013.
39
dass er der Auffassung ist, dass die Förderung in keinem Verhältnis zum erzielten
Effekt steht und dass sie daher für 2005 nicht mehr vorgenommen werden soll.“ Der
Seebühne-Untersuchungsbericht aus dem Jahre 2005 beschreibt noch deutlicher „die
Problematik von Geldflüsse zwischen den nicht ausreichend zu differenzierenden
Geschäftszweigen Filmförderung und Wörtherseefestspiele und die jeweiligen
organisatorischen Aufwendungen dafür und anderen Gesellschaften wie der Kärnten
Werbung GmbH.“57
Erstaunlich hingegen die Leistung des Burgenlandes, welches in Relation zum
lokalen BIP gleich hinter Wien rangiert. Wenn man den errechneten Durchschnitt des
Förderanteils am BIP von 0,0078% hernimmt, dann liegen nur die Bundesländer Wien
und Burgenland darüber, die restlichen Bundesländer darunter – ein Resultat der
dominante Stellung von Wien im Ranking der Filmförderung innerhalb der
Bundesländer.
Wenn wir abschließend die Erkenntnisse über die Filmförderung der Bundesländer im
Kontext der gesamtösterreichischen Filmförderung zusammenfassen, dann fallen
folgende Punkte mit entsprechender Signifikanz auf:
 Eine strategische Harmonisierung der Förderziele des Österreichischen Filminstituts
inkl. des Film/Fernseh-Abkommens und jene der Bundesländer ist nicht feststellbar.
 Während die Bundesförderung den Film als künstlerisches Medium mit damit
verbundenem Publikumserfolg definiert und sein Fördersystem auf diese Parameter
abstellt, dominieren in den Bundesländern – klar ausgenommen der Filmfonds
Wien – touristische und beschäftigungspolitische Ziele in den Förderungsprogrammen. Anstelle von „Filmförderung“ müssten hier die Termini „Fremdenverkehrsförderung“ oder „Arbeitsmarktförderung“ für das Film-affine Segment wie
DolmetscherInnen,
KomparsInnen,
Produktions-MitarbeiterInnen,
lokale
Beherbergung und Catering stehen.
 Sehr kritisch auch die Anmerkungen des Rechnungshofes, der von den sehr
allgemein gehaltenen Förderzielen der Bundesländer-Institutionen „abgeleiteten
57
Bericht des Untersuchungsausschusses des Kärntner Landtages betreffend die Überprüfung über die
finanziellen Aufwendungen des Landes Kärnten bei der Seebühne, S. 135ff,
in: http://spittal.gruene.at/uploads/media/Endbericht_Untersuchungsausschuss_Seebuehne_16.pdf,
Stand 15.2.2013.
40
konkreten, messbaren operativen Ziele“ 58 vermisst. Somit ist eine Beurteilung der
Umsetzung bzw. Erreichung von Förderungszielen der Länder nicht möglich.
 Nur zwei Förderinstitutionen, der Filmfonds Wien und die „Lower Austrian Film
Commission“, berücksichtigen explizit den künstlerischen Aspekt eines eingereichten Filmprojektes in ihren Förderrichtlinien.
 Wie die nachstehende Tabelle zeigt, fehlt bei den Förder-Richtlinien der Bundesländer jegliche Struktur und Zielkonsistenz.
Tabelle 11: Existenz von Richtlinien in der Filmförderung der Bundesländer
Stand per 31.12.200859
Förderinstitution
Burgenland (Kulturabteilung)
Kärnten (Kulturabteilung)
Niederösterreich (Kulturabteilung)
Oberösterreich (Kulturabteilung)
Oberösterreich (Wirtschaftsabteilung)
Salzburg (Kulturabteilung)
StandortAgentur Salzburg GmbH
Steiermark (Kulturabteilung)
Cine Styria Filmcommission and Fonds
Tirol (Kulturabteilung)
Cine Tirol
Vorarlberg (Kulturabteilung)
Wien (Kulturabteilung)
Filmfonds Wien
Allg. (Kultur-)
Förderrichtlinie
Sonderrichtlinie
Filmförderung
keine
keine
existent
existent
existent
existent
existent
existent
existent
existent
keine
keine
partiell
keine
keine
keine
keine
keine
keine
keine
existent
existent
existent
keine
existent
existent
keine
existent
Quelle: Rechnungshof-Bericht 2011
Die Filmförderung der Bundesländer kann also als föderale, kaum vernetzte
Förderstruktur charakterisiert werden, deren reale Wirksamkeit für Filmschaffende
mangels operationaler Ziele bzw. Vorgaben nur vermutet werden kann.
Faktum jedoch ist es, dass die „Parallelwelten“ Bundesförderung und Landesförderung dazu geführt hat, dass rund 65% der Projekte Förderungen von mehreren
58
Der Rechnungshof, Reihe Bund 2011/2, Filmförderung in Österreich, S.36f, in:
http://www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/2011/berichte/berichte_bund/Bund_2011_02.pd
f, Seite 58, Stand 29.8.2012.
59
Ebd., S. 39.
41
Institutionen erhalten haben.60 Ein erstaunlich hoher Prozentsatz innerhalb eines so
heterogenen Umfeldes von Förderzielen. Die deutliche Kritik dazu äußerte auch der
Rechnungshofes: „Obwohl die meisten Filme von mehr als einer Einrichtung gefördert
wurden, kooperierten die Einrichtungen kaum.“61
3. Die Entwicklung der Förder-Richtlinien und deren zu Grunde liegenden
Strategien
3.1. Das Filmförderungsgesetz 1980
Die Diskussion zum Thema „Filmförderung“ hat in Österreich mehr als ein Jahrzehnt
gedauert, wo zahlreiche Vorschläge und Optionen zur Lösung der Filmkrise entwickelt
wurden. Am 25. November 1980 verabschiedete das Parlament einstimmig das
Bundesgesetz über die Förderung des österreichischen Films (FFG), welches am 1.
Jänner 1981 in Kraft trat. Damit waren die Voraussetzungen geschaffen, um den
Österreichischen Filmförderungsfonds (ÖFF) einzurichten und damit war eine
Förderungs-Plattform für Eigenproduktionen des österreichischen Kinofilms gegeben.
Der Terminus „Eigenproduktion“ definiert sich dadurch, dass „der Förderungswerber
den Film im eigenen Namen und für eigene Rechnung herstellt und die Verantwortung
für die Durchführung des Filmvorhabens trägt.“62 Daher sind Auftragsfilme ex lege von
dieser Förderung ausgenommen.
Das Filmförderungsgesetz sollte nach Eigendefinition folgende Zielsetzung erfüllen:
„Zur Förderung der Herstellung und Verbreitung österreichischer Filme und zur
Ermöglichung der Erfüllung der kulturellen Funktion (Eigenproduktion) des Films….“
Die Bereitstellung der finanziellen Mittel erfolgte ausschließlich durch den Bund.
Die Filmförderung wurde als kulturelle Filmförderung konzipiert und hat daher keine
ausschließlich ökonomische Zielsetzung und sollte mit seinen Förderungsmaßnahmen
insbesondere im Bereich der Herstellung von programmfüllenden Filmen als der
notwendigen Grundlage für die Entwicklung des gesamten Filmwesens bewirken, das
60
Ebd., S. 12.
Ebd., S. 11.
62
Exkurs Eigenproduktion – Auftragsproduktion, in:
http://www.filmsupport.at/download_Seiten/download/Exkurs%20Auftragprod%20Eigenrprod.pdf,
Stand 25.10.2012.
61
42
Produktionsumfeld auf einer nachhaltigen und wirtschaftlich gesunden Basis zu
entwickeln.
Als Organe wurden ein Kuratorium (mit einem Aufsichtsrat vergleichbar), die
Auswahlkommission mit 5 Mitgliedern sowie ein/eine GeschäftsführerIn festgelegt.
Darüber hinaus existiert seit Oktober 1981 das Film/Fernseh-Abkommen zwischen
Filmfonds (heute Österreichisches Filminstitut) und dem ORF. Die bereitgestellten ORFMittel dienen dabei ausschließlich zur Mitfinanzierung der Herstellungskosten
österreichischer Kinofilme und belaufen sich (Stand 2010) auf 8 Mio. Euro. Der
Vollständigkeit halber soll auch der Fernsehfonds Austria erwähnt werden, der seit
2004 als Fernsehfilm-Förderung mit einem Volumen von ca. 7,5 Mio. Euro dotiert ist.
3.2. Die Novellierungen des Filmförderungsgesetzes
2004 erfolgte nach 1987, 1993, 1994 und 1998 eine erneute Novellierung des
Filmförderungsgesetzes.
Neben Erweiterungen der formalen Kompetenz (Dirimierungsrecht des Direktors bei
Stimmengleichheit in Auswahlgremien) und einiger Adaptierungen zur Anpassung
internationalen
Entwicklungen
wurde
als
bedeutsamste
Veränderung
der
Österreichische Filmrat geschaffen. Die Initiative zur Gründung dieses Gremiums kam
vom damaligen Kunst-Staatssekretär Franz Morak, der wohl von der Quantität der
Mitglieder eine entsprechende Qualität der Beratungsleistung für die Bundesregierung
abgeleitet hatte.
„Der österreichische Filmrat hat insbesondere die Aufgabe, die Bundesregierung über
grundsätzliche Fragen der Filmpolitik und des öffentlichen Förderungswesens des
österreichischen Films zu beraten und entsprechende Empfehlungen an die
Bundesregierung abzugeben. Darüber hinaus soll der Österreichische Filmrat allen
beteiligten Interessensvertretern als Koordinierungsgremium dienen.“
Dieser Österreichische Filmrat war strukturell neo-kooperatistisch aufgestellt. Er
bestand mit insgesamt 21 Mitgliedern (!) aus den wesentlichen Vertretern der
Medienverbände, der politischen Parteien und band schlussendlich auch die föderale
Partizipation mit ein. Bis zu seiner Auflösung im Jahre 2010 hat dieser Filmrat
43
allerdings keine reale filmpolitische Bedeutung erlangt, da er nach der ersten
konstituierenden Sitzung 2006 nicht mehr zusammengetreten ist.
3.3. EU-Programme zur Filmförderung
Bereits Anfang der 60-er Jahren überlegten europäische Kulturpolitiker Programme,
um die US-amerikanische Dominanz bei Filmproduktionen und seiner Vermarktung mit
einer Förderung der (damaligen) Europäischen Gemeinschaft für transnationale
Koproduktionen zwischen mindestens zwei Mitgliedsländern zu begegnen. Neben biund trilateralen Filmabkommen entstand 1992 ein „Europäisches Übereinkommen
über
die
Gemeinschaftsproduktion
von
Kinofilmen“.63
Auf
Grundlage
der
Filmabkommen entstand der Fond EURIMAGES, welcher in der Präambel die Zielsetzung hatte und hat, „die europäische Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen zu
fördern, und dass damit der Weiterentwicklung der Gemeinschaftsproduktion von
Kinofilmen in Europa ein neuer Impuls gegeben wird“. Österreich ratifizierte 1994
diesen Staatsvertrag des Europarates, der dann mit 1. Jänner 1995 in Kraft trat; zum
Zeitpunkt des österreichischen Beitritts hatten bereits Dänemark, Lettland, Russische
Föderation, Schweden, Schweiz und das Vereinigte Königreich dieses Abkommen
unterzeichnet bzw. ratifiziert. Österreich zählte somit zu den „early adopters“ dieses
europäischen Kulturabkommens. Aktuell hat EURIMAGES 36 Mitgliedsstaaten.
Auf der Homepage von EURIMAGES sind die beiden prioritären Förderziele klar
formuliert64:


EURIMAGE´s first objective is cultural, in that it endeavours to support works
which reflect the multiple facets of a European society whose common roots
are evidence of a single culture.
The second one is economic, in that the Fund invests in an industry which,
while concerned with commercial success, is interested in demonstrating that
cinema is one of the arts and should be treated as such.
Die maximale Herstellungsförderung von EURIMAGES beträgt 17% der Kosten, dessen
Rückzahlung bei Eintritt eines Nettoerlöses aliquotiert einsetzt. Die Fördermittel
63
Europäisches Übereinkommen über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen vom 2.10.1992, in:
http://conventions.coe.int/treaty/ger/Treaties/Html/147.htm, Stand 14.2.2013.
64
Homepage EURIMAGES - European Cinema Support Fund,
in: http://www.coe.int/t/dg4/eurimages/About/default_en.asp, Stand 14.2.2013.
44
stammen aus Beitragszahlungen der Mitgliedsländer, die auf Basis des jeweiligen
Brutto-Inlandsprodukts errechnet wurden; der österreichische Anteil liegt bei rund
2,2% der Beitragszahlungen. Das Direktionskomitee von EURIMAGES ist jenes
Gremium, welches über die Förderanträge entscheidet.
Tabelle 12: Verteilung des Förderbudgets 2010 von EURIMAGES65
Support
programme
Co-production
Amount
awarded
Percentage of total
amount awarded
Number of awards granted
Selection rate of
eligible projects
19,260.000
91.74 %
56 European co-productions
44.80 %
Distribution
865.550
4.12 %
157 supports for distribution
84.74 %
Exhibition
268.759
1.28 %
Digitisation
479.932
2.29 %
Promotion
120.000
0.57 %
34 theatres from the Eurimages/Europa Cinémas
network
36 films having previously received Eurimages coproduction support
Eurimages Co-production and Development
Awards
Die „politische Vertretung“ im bei EURIMAGES wird von der Kunstsektion, Abteilung
Film vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, wahrgenommen, die
operative Projektbetreuung durch das Österreichische Filminstitut.
Wie dem Filmwirtschaftsbericht 2011 zu entnehmen ist, sind in den letzten beiden
Jahren die Tendenzen von Beiträgen und Förderungen stark gegenläufig, nachdem
Österreich die Jahre davor als „Nettoempfänger“ stark profitierte.
Tabelle 13: Österreichische Beiträge/Förderungen für/von EURIMAGES, 2005-201166
Jahr
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
Österr. Beitrag
Österr. Förderungshöhe
450.007
643.630
445.430
889.895
452.410
758.075
453.478
570.793
457.405
705.395
464.471
268.633
488.641
65.000
Differenz
193.623
444.465
305.665
117.315
247.990
-195.838
-423.641
Quelle: EURIMAGES, Filminstitut
65
Homepage EURIMAGES, ebd., 2010 Activities Report
Österreichisches Filminstitut, Filmwirtschaftsberichte 2006-2011, in:
http://www.filmwirtschaftsbericht.at/11/filmfoerderung-europa/eurimages/, Stand 17.2.2013.
66
45
Im Jahre 2010 war die Förderungshöhe der Projekte mit österreichischer Beteiligung
niedriger als die österreichische Beitragszahlung (ein Trend, der sich im Jahre 2011
verstärkt fortgesetzt hat; Anm. d. Verf.: das Jahr 2011 ist nicht Gegenstand dieser
Arbeit, daher nur angemerkt.)
Die EURIMAGES-Förderung für Koproduktionen mit österreichischer Beteiligung stellt
sich am Beispiel des Jahres 2007 (mit marginaler Differenz zu obiger Tabelle)
folgendermaßen dar:
Tabelle 14: Herstellungsförderung österreichischer Filme durch EURIMAGES in 200767
Filmtitel
Das Vaterspiel
Das weiße Band
Die Frauenkarawane der Toubou
Feuerherz
Lourdes
Pianomania
Desert Flower Wüstenblume
Filmhersteller
Österreich
Regie
Lotus Film (25%)
Wega Film (23%)
Lotus Film (50%)
Michael Glawogger (AT)
Michael Haneke (AT)
Nathalie Borgers (BE)
Josef Aichholzer
Film (10%)
Coop 99 Film (57%)
Wildart Film (42%)
Luigi Falorni (IT)
Dor Film (20%)
Jessica Hausner (AT)
Robert Cibis (DE); Lilian
Franck (DE)
Sherry Hormann (US; DE)
Gesamt
Förderung
österr.
Hersteller
Förderung
in
Österreich
126.250
157.500
85.000
930.000
1.422.000
403.000
45.000
321.130
199.500
31.725
1.175.000
122.000
100.100
1.026.000
745.075
5.399.130
Quelle: Eurimages, Österreichisches Filminstitut
Das zweite europäische Förderprogramm, an dem Österreich seit 1992 teilnimmt, ist
MEDIA, welches seinen Förderungsschwerpunkt auf den Medien-Vertrieb samt
Promotion, Entwicklung und Schulung legt und insgesamt 755 Mio. Euro für die
Förderperiode 2007-2013 zur Verfügung stellte.68 Dies bedeutet ein jährliches
Volumen von über 100 Mio. Euro für insgesamt 33 Mitgliedsländer. „Antragsberechtigt
sind grundsätzlich Vertriebs- und Verleihfirmen, Produktionsfirmen, Trainingsinitiativen, Festivals und Unternehmen, die Promotionsmaßnahmen für den
67
Österreichisches Filminstitut, Filmwirtschaftsbericht 2007, Herstellungsförderungen, in:
http://www.filmwirtschaftsbericht.at/07/filmfoerderung-europa/5-9-herstellungsfoerderung/, Stand
17.2.2013.
68
Ebd., in: http://www.filminstitut.at/de/media-desk/, Stand 18.2.2013.
46
europäischen Film durchführen oder die neue Technologien für den Vertrieb
europäischer Inhalte entwickeln oder bereitstellen (Digitalisierung).“
Die aktuelle Tranche von MEDIA (ab Anfang 2007) stellt sich zahlenmäßig für die
österreichische Filmwirtschaft folgendermaßen dar:
Tabelle 15: MEDIA Förderung für die österreichische Filmindustrie69
Jahr
Gesamt
2007
2008
2009
2010
2.391.659
2.150.658
1.912.115
2.410.278
Die größte Detailposition aus den obigen Werten, ungefähr 1,0 Mio. Euro, entfällt auf
die sog. „automatische Verleih-Förderung“, wo MEDIA für jede verkaufte Kinokarte
eines europäischen, nicht-nationalen Films zwischen 0,16 und 1,05 Euro Zuschuss an
die jeweilige Verleih-Firma ausschüttet.70
Insgesamt fördern also die beiden europäischen Programme die österreichischen
Spielfilm-Hersteller und Filmverleih-Unternehmen jährlich mit insgesamt 2,5-3,0 Mio.
Euro
mit
dem
Ziel,
nationale
Filmproduktionen
verstärkt
in
europäische
Ko-Produktionen zu transformieren, um so die US-amerikanischen Marktdominanz im
Spielfilm-Sektor mit dem Potential transnationaler Kreativität, der Bündelung von
Produktionsressourcen sowie einer multinationalen – und somit wesentlich breiteren –
Basis der Film-Finanzierung zu begegnen.
4. Modelle der Filmförderung
Die Förderung des Österreichischen Filminstituts basiert auf einem dualen Systemder
selektive
Förderung
(Projektförderung)
und
einer
automatischen
Förderung
(Referenzfilmförderung). 71
69
Ebd., Filmförderung Europa, MEDIA, in: http://www.filmwirtschaftsbericht.at/10/filmfoerderungeuropa/media/, Stand 18.2.2013.
70
Vgl., ebd.
71
Vgl. Zappe, Werner, Förderung des österreichischen Kinofilms, Präsentation Donauuniversität Krems
2010, in: http://www.filmsupport.at/download_Seiten/download/OeFI_presentation_22042010.pdf,
Stand 19.8.2012.
47
Während bei der Projektförderung eine Kommission über die beantragte Förderung
entscheidet, die aus 4 ExpertInnen aus dem Filmwesen und dem Direktor des
Österreichischen Filminstituts besteht, leitet sich bei der Referenzfilm-Förderung die
Höhe der Förderung für einen neuen Kinofilm aus dem wirtschaftlichen und dem
künstlerischen Erfolg eines vorangegangen Films mittels eines Punktesystems quasi
automatisch ab.
4.1. Generelle Voraussetzungen für die Förderung des Österreichischen
Filminstituts
a. Voraussetzungen für den FörderungsempfängerInnen
FörderungsempfängerInnen müssen die österreichische Staatsbürgerschaft und ihren
Wohnsitz im Inland haben; in analoger Geltung bei juristischen Personen, wo
zumindest eine Zweigniederlassung/Betriebsstätte im Inland existieren muss, welche
die Verantwortung für das Filmprojekt inne hat. Darüber hinaus muss der Film in
deutscher Sprache hergestellt und in Österreich gedreht werden, abgesehen von
handlungsbedingte Ausnahmen, wo eine fremdsprachige Sequenz oder Aufnahmen im
Ausland vom Drehbuch verlangt werden.
Unter die Förderung fällt auch die Ko-Finanzierung durch eine österreichische
finanzielle Beteiligung.
Eine bedeutsame Bestimmung in diesem Kontext stellt der Punkt 3. (1) Lit. B. der
Förderungsrichtlinien dar: „Das Vorhaben muss ohne Förderung durch das
Österreichische Filminstitut undurchführbar oder nur im unzureichenden Umfang
durchführbar sein.“
Für alle geförderten Filme sind gestaffelte Sperrfristen für Kinoaufführungen im Inland
und Ausland bzw. im Fernsehen – im Regelfall zwischen 6 bis 12 Monaten –
nach der Kino-Erstaufführung einzuhalten. Diese Schutzfrist gibt inländischen
Filmtheatern für die obigen Zeitspannen das Aufführungs-Monopol und unterstützt
damit die Generierung von Referenzpunkten aus der Zuschauerzahl, also der Masszahl
für den wirtschaftlichen Erfolg eines Filmes. Der Nutzen dieser erworbenen
Referenzpunkte wird im Kapitel 4.3. ausgeführt, wo das Modell der Referenzförderung
ausführlich beschrieben wird.
48
b. Förderungskategorien:
Es werden Stoffentwicklung, Projektentwicklung, Herstellung und Verwertung
österreichischer Kinofilme – nicht aber Auftragsfilme – mit einer Mindest-Laufzeit von
70 Minuten gefördert; bei Kinderfilme ist das Limit mindestens 59 Minuten, für
Nachwuchsfilme sind es im Minimum 45 Minuten.
In einer graphischen Darstellung stellen sich die Phasen einer Filmproduktion und die
zugeordneten Förderungsmaßnahmen folgendermaßen dar:
Abbildung 4: Phasenmodell einer Filmproduktion und dessen Förderkategorien72
Quelle: Werner Zappe, Förderung des österreichischen Kinofilms
Zur Prüfung der Förderungswürdigkeit des gegenständlichen Filmprojektes sind
folgende Angaben beim Österreichischen Filminstitut einzureichen:
a. Allgemeine Angaben zu Projekt und Einreicher
 Filmgattung und Projekttitel
 Beantragte Mittel (selektiv und/oder Referenzmittel)
 Angaben zum Antragsteller
 Filmografie
72
Zappe, Werner, Förderung des österreichischen Kinofilms, Präsentation Donauuniversität Krems 2010,
S. 14, in: http://www.filmsupport.at/download_Seiten/download/OeFI_presentation_22042010.pdf,
Stand 19.8.2012.
49
b. Projektspezifische Angaben
 Stab und Besetzung (Filmografien, Verfügbarkeit etc.)
 Projektbeschreibung (Logline, Synopsis, Drehbuch)
 Terminplan/Drehplan, Kalkulation und Finanzierungsplan
 Rechtesituation
 Angaben zu Ko-Partner(n)
c. Angaben zur Verwertung
 Produzentenstatement und Marketingkonzept
 Positionierung des Projekts
Das Österreichische Filminstitut prüft diese Unterlagen auf deren formale Vollständigkeit, worauf eine materielle Prüfung der Herstellerqualifikation, der
Rechtenachweise, sowie der Kalkulation des Finanzierungsplans und des Marketingund Vertriebskonzeptes folgt.
Bei internationalen Ko-Produktionen müssen einerseits die Bedingungen des
gegenständlichen bilateralen Filmabkommens oder des Europäischen Übereinkommens über Ko-Produktionen erfüllt werden und andererseits erfolgt die Förderung
auf Basis des österreichischen Anteils dieser Ko-Produktion, wobei der Mindestanteil
der inländischen Filmproduktionsfirma nach dem Filmförderungs-Gesetz 30 Prozent
betragen muss, akkumuliert nach den Projekt-Anteilen in finanzieller, künstlerischer
und technischer Hinsicht.
c. Mehrfach-Förderung
Grundsätzlich lässt das Österreichische Filminstitut eine kumulierbare Mehrfachförderung zu, sofern diese nicht im Widerspruch zu den Richtlinien anderer
Förderungsinstitutionen steht; der/die FörderungswerberIn ist verpflichtet, geplante,
laufende oder erledigte Ansuchen bei anderen Förderstellen im Ansuchen zu
benennen und in weiterer Folge ist es die Aufgabe des Österreichischen Filminstituts,
vor seiner Förderzusage mit anderen, in die Förderung involvierte Förderinstitutionen
„auf eine abgestimmte Vorgangsweise hinzuwirken.“73
d. Sonderpunkt Nachwuchsförderung
Die spezielle Förderung des Nachwuchsfilmes wurde 1987 in das FilmförderungsGesetz aufgenommen. In diese Förderkategorie fallen der erste und zweite Film mit
73
Österreichisches Filminstitut, Förderungsrichtlinien 3. Juli 2012, S. 22, Art. 1. (4), in:
http://www.filminstitut.at/de/richtlinien/ , Stand 12.8.2012.
50
der jeweils geforderten Spieldauer, bei dem erstmals ein Regisseur/eine Regisseurin
die uneingeschränkte Regieverantwortung trägt. 2010 belief sich diese Förderung für 6
Produktionen auf mehr als 2 Millionen Euro, wovon rund 600.000 Euro auf Referenzmittel entfielen.74
e. Förderung der beruflichen Weiterbildung
Diese Förderung zielt auf die künstlerische, technische und kaufmännische
Fortentwicklung von Filmschaffenden, wobei der Fokus auf der Gewinnung
internationaler Erfahrungen liegt. 2010 belief sich diese Förderposition auf höchst
bescheidene 8.400 Euro.
Die beiden Förderungen, also für den Regienachwuchs und für den Erwerb zusätzlicher
beruflicher „skills“ samt dem Aufbau internationaler Kontakte, können als Instrument
der Basis-Verbreiterung qualifizierter Filmschaffender und damit als Absicherung der
Nachhaltigkeit qualifiziert werden. Die damit verbundene Problematik soll an dieser
Stelle nicht unerwähnt bleiben: bei progressiv steigender Zahl an qualifizierten
FörderungswerberInnen in Verbindung mit moderat wachsenden Fördermitteln kann
die Asymmetrie entweder mit einer reduzierten Fall-Förderung oder verschärften
Förderbedingungen begegnet werden. Sinkt im ersten Fall die ökonomische
Attraktivität der Fördermaßnahmen, so konterkariert die Strategie einer geförderten
Basis-Verbreiterung von qualifizierten Filmschaffenden bei gleichbleibender – oder in
verschärfter Form – reduzierten Förderungsvolumen.
Es wird im Kapitel 5. zu überprüfen sein, wie die realpolitische Umsetzung der Filmförderung diese beschriebene Dotierungsproblematik und Nachhaltigkeit unterstützt
oder ob die euphorische Ankündigung im Zuge der Oscar-Feier von Stefan Ruzowitzky
durch die zuständige ressortverantwortliche Ministerin Claudia Schmidt – Erhöhung
der Bundesförderung auf 20 Mio. Euro – auch in realiter umgesetzt wurde oder es sich
dabei um eine situative, politisch-unverbindliche Absichtserklärung gehandelt hat. An
dieser Stelle möchte der Verfasser anmerken, dass die Anhebung auf 20 Mio. Euro erst
im Jahr 2013 erfolgt ist.
74
Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsbericht 2010, S17., in:
http://www.filminstitut.at/de/taetigkeitsbericht/, Stand 25.10.2012.
51
4.2. Exkurs: Das Intendanten-Modell
Der pluralistischen Entscheidungsstruktur in fachlich besetzten Gremien steht das
zentralistische Intendanten-Modell gegenüber, wo ein internes Expertenteam den
Intendanten bzw. die Intendantin in seiner alleinigen Entscheidungsfindung
unterstützt. Eine solche Entscheidungsstruktur wurde in der Filmförderung in BerlinBrandenburg implementiert. In einem Interview beschreibt Klaus Keil75 – ehemals
Intendant der Filmboard Berlin-Brandenburg GmbH – die Vor- und Nachteile dieses
Intendanten-Modells im Vergleich zum Gremienmodell für den Bereich jener
deutschen Filmförderung auf Landesebene.
Die persönliche Präferenz für sein ausgeübtes Intendanten-Modell begründet er damit,
dass „ein Gremium immer nur den kleinsten gemeinsamen Nenner fördern kann“76
und dadurch „extreme Filme“ bei Entscheidungen in Gremien häufig durchfallen. Keil
sieht den Vorteil eines durch einen Intendanten „personifizierten“ Filmboard BerlinBrandenburg – im Gegensatz zum anonymen Gremienmodell – in seiner Nähe zu den
Produzenten und „deswegen müssen wir auf der Höhe der Zeit sein, die Filme kennen,
den deutschen und europäischen Markt, Ideen, Trends, Tendenzen beobachten.“77 Mit
dieser Aussage impliziert Keil einerseits ein Wissensgefälle zwischen dem behaupteten
„marktnahen“ Agieren des Intendanten-Teams, ergänzt durch externen Lektoren, die
Gutachten zur Entscheidungshilfe für Intendanten liefern und somit organisatorisch im
Gegensatz zum Gremien-System stehen. Keil: „Natürlich wird dort auch diskutiert, aber
im Laufe eines oder anderthalb Tagen können die Projekte immer nur an der
Oberfläche angerissen werden, dann wird per Handzeichen abgestimmt.“ Eine weitere
Stärke sieht Keil im Intendanten-Modell, dass ein Intendant persönlich für seine
Entscheidungen zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn im Rahmen seiner
großen Gestaltungsfreiheiten die Qualität und damit der künstlerische und
wirtschaftliche Erfolg seiner Förder-Entscheidungen nachhaltig ausbleibt. Keil sieht
einen einzigen Nachteil des Intendanten-Modells: „Ein Intendant kann ein Flaschenhals
sein. […] alle wollten nur mit mir reden.“
75
Keil, Klaus, Ein Intendant kann ein Flaschenhals sein, in: black box, Ausgabe 147/2002, in:
http://www.blackbox-filminfo.de/html/pdf/intendant.pdf, Stand 20.10.2012.
76
Ebd., S1.
77
Ebd., S 1f.
52
In der aktuellen Homepage des Medienboard Berlin-Brandenburg ist das IntendantenPrinzip folgendermaßen festgeschrieben: „Entscheidungen über die Filmförderung
fallen nach dem Intendantenprinzip in enger Zusammenarbeit mit einem Team von
Förderreferenten, die die einzelnen Projekte betreuen. Ein Vorgespräch mit einem der
Referenten ist Voraussetzung für die Antragstellung.“78
Wie ist nun diese Förderstruktur kritisch zu würdigen?
Beim Intendanten-Prinzip fehlt das institutionalisierte Korrektiv durch den Diskurs
differenter Standpunkte und Sichtweisen in einer „reifen Gruppe“, da sich die Funktion
der Förderreferenten und externen Lektoren auf die Aufbereitung von Informationen
und die Beratung des Intendanten/der Intendantin beschränkt. Es kann angenommen
werden, dass ein Diskurs unter gleichrangigen Mitgliedern eines Entscheidungsgremiums ein breiteres Meinungsspektrum impliziert als ein Diskurs zwischen dem
allein entscheidenden Intendanten oder der Intendantin, welche die Argumente und
Einwände von hierarchisch untergeordneten Experten in seine oder ihre persönliche
Entscheidung einfließen lassen kann, aber nicht muss. Des Weiteren erscheint dem
Verfasser das Gremien-Modell resistenter gegen Interventionen aus dem Umfeld von
Produzenten und Politik ausgelegt zu sein als das Intendanten-Modell.
4.3. Das Modell der Referenzförderung
Im Jahr 1986 schlug der damalige Direktor des Filmförderungsfonds, Gerhard Schedl,
dem für die Filmförderung zuständigen Unterrichtsminister Moritz eine Novellierung
des Filmförderungsgesetzes vor. Neben zahlreichen notwendigen Korrekturen der
Gesetzesfassung von 1980 sollte als Kernstück neben der selektiven Herstellungsförderung (Projektförderung) eine Referenzfilmförderung eingeführt werden: eine
automatische Herstellungsförderung mit der Voraussetzung, dass der Hersteller eines
programmfüllenden Kinofilms einen erfolgreichen Referenzfilm vorweisen kann. Ein
Modell, das es zB in Deutschland seit 1968 gab, wobei der Erfolg dort an den
Bruttoverleih-Einnahmen bemessen wurde. Gerhard Schedl vertrat den Standpunkt,
78
Homepage Medienboard Berlin-Brandenburg,
in: http://www.medienboard.de/WebObjects/Medienboard.woa/wa/CMSshow/2607731,
Stand 21.10.2012
53
dass die Gewährung von Förderungen ausschließlich vom wirtschaftlichen Erfolg
abhängig zu machen, für die Talentförderung und Nachwuchspflege ungeeignet ist.
Diese
erfolgsabhängige
Referenzfilmförderung
des
Österreichischen
Film-
förderungsfonds (seit 1994 Österreichisches Filminstitut) hat daher neben dem
überdurchschnittlichen heimischen Publikumserfolg (40.000 Besucher) – damals
einmalig in Europa - als Bonus die Bewertung der Referenzfilme auf wenigen,
ausgewählten internationalen Filmfestivals berücksichtigt – also eine kombinierte
Förderung nach wirtschaftlichen und künstlerischen Aspekten.
Während die Vielfalt österreichischer Filme beeindruckend ist, ist der Marktanteil des
österreichischen Kinofilms im In- und Ausland äußerst unbefriedigend, wofür auch die
überaus positive internationale Wahrnehmung des österreichischen Films als
Kunstgattung keinen Ausgleich schaffen kann.
Die Kriterien der kulturellen Vielfalt und der ästhetischen Qualität sind kulturpolitische
Ziele. Auch das Kriterium „des zu erwartenden Erfolges an den Kinokassen muss als ein
kulturpolitisches Ziel gesehen werden. Denn auch ambitionierte Filme haben ihr
Publikum zu erreichen, andernfalls macht Filmförderung nicht nur wirtschaftlich,
sondern auch kulturell keinen Sinn.“79
Dieses Modell einer Referenzförderung wurde mit der 1. Novelle zum Filmförderungsgesetz vom 1. Oktober 1987 erstmals implementiert und „folgt nunmehr
dem Prinzip, die Einspielergebnisse durch Förderungsmittel "aufzustocken" und damit
zweckgebunden zumindest die Grundfinanzierung der Herstellung eines neuen Filmes,
der den Förderungsrichtlinien entspricht, zu ermöglichen. Eine wesentliche
Förderungsvoraussetzung der Referenzfilmförderung ist jedoch der durch diese
Richtlinien zu definierende relative wirtschaftliche Erfolg (eben 40.000 Besucher
innerhalb der Kinoschutzfrist) und/oder der künstlerische Erfolg (durch Teilnahme im
Bewerb
bzw.
Auszeichnung
internationaler
Filmfestivals)
mit
angemessener
Publikumsresonanz (10.000 Besucher innerhalb der Kinoschutzfrist).“80
79
Vgl. Filmwirtschaftsbericht 2008, facts +figures 07, S. 53, in:
http://www.filminstitut.at/de/filmwirtschaftsberichte/, Stand 15.2.2013.
80
Filmförderungsgesetz und seine Novellen, 1. Novelle zum Filmförderungsgesetzes vom 1. Oktober
1987, in: http://www.filmsupport.at/oefi_alt/mainframe.htm, Stand 29.10.2012.
54
Anlässlich der parlamentarischen Debatte am 1. Oktober 1987 lobte die damalige
Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Sport, Hilde Hawlicek, diese Novellierung
und fasste deren Schwerpunkte zusammen: Referenzfilmförderung, Nachwuchsförderung, die Erweiterung der Aufgaben des Österreichischen Filmförderungsfonds
um die Beratung und Unterstützung „der kulturellen und gesamtwirtschaftlichen
Belange des österreichischen Filmschaffens“ und schließlich „die demokratische
Erweiterung“ der Fondsgremien, also die Einbindung der Interessensvertretungen und
Experten sowie die Erhöhung des Frauenanteils.
Den
erwarteten
Nutzen
der
Referenzfilmförderung
fasste
die
damalige
Unterrichtsministerin Hilde Hawlicek folgendermaßen zusammen: „Ein Produktionsteam soll in seiner initiativen Risikofreudigkeit dahin gehend ermuntert werden, dass
bei einem wirtschaftlichen und/oder künstlerischen Erfolg eines Filmes für das nächste
zu fördernde Filmprojekt durch Förderungsmittel, sogenannte Referenzmittel, die
finanzielle Basis geschaffen wird. Nicht zuletzt soll diese Maßnahme durch die
Belohnung des Erfolges den Produzenten Anreiz zu mehr Initiative und Risiko
bieten.“81
Anlässlich der Debatte über diese Novelle im Bundesrat hob BR Konecny die sinnhafte
Verbindung des kommerziellen und künstlerischen Erfolges – im Vergleich zum
deutschen System – folgendermaßen hervor: „Freilich, darüber hat es Diskussionen
gegeben, und das insbesondere deshalb, weil es in der Bundesrepublik Deutschland,
wo ein ähnliches, nicht dasselbe System in Geltung ist, immer wieder die Kritik
gegeben hat, jemand brauche nur einmal einen halbwegs kommerziell erfolgreichen
Film zu produzieren und erwerbe damit lebenslang den Anspruch auf Förderung jedes,
und sei es auch noch so schwachsinnigen, kommerziellen Filmproduktes. Dem wird in
Österreich in dem Gesetz, das wir heute zu beraten haben, ein klarer Riegel
vorgeschoben,
weil
auch
für
das
kommerziell
erfolgreiche
Projekt
ein
Qualitätsanspruch, ein Kulturanspruch gesetzt wird. Dies auch dadurch, dass bei der
Benennung jener Kriterien, die einen Film als erfolgreich auszeichnen, etwa Filme, die
bei einem internationalen Filmfestival in die Wahl zu einer Prämierung kommen, eine
81
Ernst, Gustav, Schedl, Gerhard (Hrsg.), Nahaufnahme – zur Situation des österreichischen Kinofilms,
Europaverlag Wien 1995, S. 194f.
55
niedrigere Latte in bezug (sic!) auf die Besucherzahl vorgeschrieben bekommen, um
noch als erfolgreich zu gelten.“82
Dieses erste Modell der Referenzfilm-Förderung basierte also primär auf dem
ökonomischen Erfolgsfaktor „Besucherzahlen“ während der Schutzfrist, ergänzt mit
einem „Multiplikator“, der Erfolge bei internationalen Festivals in das Modell
dergestalt mit einbezog, dass der künstlerische Erfolg bei Festivals die vorgegebenen
Zuschauer-Schwellen reduzierte und somit eine Erhöhung der Förderung bewirkten.
Die gegenwärtige, erfolgsabhängige Filmförderung (oder Referenzförderung) kann in
adaptierter Form ebenfalls aufgrund eines vorangegangenen erfolgreichen Spielfilms,
Dokumentarfilms oder Kinderfilms beim Österreichischen Filminstitut beantragt
werden, wobei die Bindung „Besucherzahlen“ und „Erfolg bei internationalen
Festivals“ aufgelöst wurde. Die Voraussetzungen für diese Förderung sind nunmehr
erworbene Referenzpunkte – als Minimum werden 40.000 solcher Punkte
vorausgesetzt – die entweder durch die Zuschauerzahl im Inland (wirtschaftlicher
Erfolg) oder durch Teilnahme oder Preise bei international bedeutsamen Film-Festivals
(künstlerischer Erfolg) generiert wurden. Darüber hinaus müssen zwei von drei
Voraussetzungen erfüllt werden, damit ein Film als „künstlerisch und wirtschaftlich
erfolgreich“ klassifiziert werden kann und damit zu einem Referenzfilm wird:
o Österreichische Regie
o Österreichische Mehrheitsbeteiligung, wobei der österreichische Anteil
künstlerischer und technischer Mitwirkender dem Anteil dem finanziellen
Anteil zu entsprechen hat
o Das Vorliegen einer österreichischen Hauptverantwortung in zumindest zwei
der drei Bereiche Drehbuch, Kamera oder Schnitt.
Die Punkteskala83 für Preise und Teilnahmen bei internationalen Filmfestivals beginnt
bei 30.000 Punkten – als Beispiel dafür sei der European Film Award (Nominierung
bester Film bzw. beste Regie) – und steigt über 110.000 Punkte (Beispiel Cannes
„Camera d´Or“) auf 200.000 Punkte (Beispiel Berlin „Silberner Bär“ oder Golden Globe
82
Stenographisches Protokoll, 491. Sitzung des Bundesrates, S. 21131f., in:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/BRSITZ/BRSITZ_00491/imfname_149134.pdf,
Stand 29.10.2012.
83
Österreichisches Filminstitut, Förderungsrichtlinien 3. Juli 2012, S. 22, Art. 1. (4), in:
http://www.filminstitut.at/de/richtlinien/ , Stand 12.8.2012, Anlage E.
56
„Best Foreign Language Award“) und endet in der höchsten Kategorie von 260.000
Punkten, die beim „Academy Award Oscar“, beim „Goldener Bär“ beim Filmfestival
Berlin, in Cannes mit der „Palme d´Or“ oder Venedig mit dem „Goldener Löwe“. Die
obigen Erfolge sind nach den Förderungsrichtlinien nicht akkumulierbar; anrechenbar
ist die jeweils höchste Teilnahme bzw. der errungene Preis.
Eine zweite Tabelle ermittelt die Referenz-Punktezahl aus den Besucherzahlen mit
Abschlägen für mehr als 12 eingesetzte Filmkopien. Die Referenzpunkte beginnen bei
einem Minimum von 10.000 Besuchern und enden beim Maximum von 260.000
anrechenbaren Besuchern und generieren bei besagten 12 Kopien ebenso viele
Referenzpunkte.
Aus der resultierenden Punktezahl eines Referenzfilmes können die Referenzmittel –
das sind nicht rückzahlbare Zuschüsse – für die Herstellung eines neuen, noch nicht
fertiggestellten Films verwendet werden, für den ebenfalls die Voraussetzungen einer
österreichischen Regie und mehrheitlicher Wertschöpfung und Produktionsverantwortung gelten.
Diese Referenzförderung beginnt bei 300.000 Euro für 40.000 Referenzpunkte, die
Höchstförderungssumme beträgt im Einzelfall 800.000 Euro, was 260.000 erreichten
Referenzpunkten entspricht; zwischen den beiden Eckwerten in Hinblick auf
Referenzpunkte (von 40.000 bis 260.000) und Referenzmittel (von 300.000 bis 800.000
Euro) ist ein inkrementell-lineare Verteilung gegeben.
Durch die Filmförderungsgesetz-Novelle 1998 wurde die Inanspruchnahme dieser
Referenzmittel im administrativen Bereich dadurch erleichtert, als ab diesem Zeitpunkt
keine neuerliche Beschlussfassung der Projektkommission notwendig ist: bei Erfüllung
der Voraussetzungen erfolgt die Vergabe der Referenzmittel automatisch.
4.4. Das Modell der Projektförderung
Diese selektive Förderung – ergänzend zur automatischen Referenzfilm-Förderung
innerhalb eines dualen Fördermodells – wird auf Antrag des/der Filmproduzentin von
einer Projekt-Kommission (im Filmförderungsgesetz 1980 unter dem Begriff
„Auswahlkommission“ beschrieben, Anm. d. Verf.) entschieden. Die spezielle
qualitative Herausforderung an dieses Gremium ist es, aus eingereichten Unterlagen
57
eine ökonomisch-künstlerische Evaluation für ein noch abstraktes Endprodukt in
strukturierter Form vorzunehmen, was ein hohes Maß an Erfahrung und Wissen
voraussetzt. Diese Projektkommission wird aktuell für drei Jahre bestellt und „tagt in
der Regel viermal im Jahr, um zu entscheiden, welche der eingereichten Filmprojekte
gefördert werden. Sie besteht aus dem Direktor und vier sachkundigen Mitgliedern“84.
Diese Experten aus den gesetzlich festgelegten Bereichen Produktion, Regie, Drehbuch
und Vermarktung des Kinofilms wurden Mitte 2011 von Unterrichtsministerin Claudia
Schmied neu berufen und per Presse-Aussendung entsprechend euphorisch
kommentiert: „Mit der Neubestellung der Projektkommission des ÖFI können wir –
wie gesetzlich bestimmt – eine Ausgewogenheit zwischen den Interessen im Sinne des
österreichischen Films gewährleisten. Die Empfehlungen des Rechnungshofes haben
wir ernst genommen und gemeinsam mit dem ÖFI eine hochqualifizierte Projektkommission zusammen gestellt".85
Diese Förderungsform gliedert sich in die drei Hauptbereiche:
a. Stoffentwicklung
Diese Förderung wird für Drehbücher von Kinofilmen bzw. Drehkonzepte für
Dokumentarfilme – Fernsehfilme sind ja explizit ausgeschlossen! – gewährt, wo
erwartet werden kann, dass die künstlerische Qualität und der wirtschaftliche Erfolg
die Position des österreichischen Films verbessert. Die Einreichung erfolgt in der Regel
gemeinsam mit den Unterlagen der Produzentin/des Produzenten und die Förderung
besteht in einem nicht rückzahlbaren Zuschuss in der Bandbreite zwischen 10.000 bis
15.000 Euro.86
84
Österreichisches Filminstitut, Projektkommission,
in: http://www.filminstitut.at/de/projektkommission/, Stand 9.11.2012.
85
APA OTS, Kulturministerin Claudia Schmied: Neue Projektkommission für das Österreichische
Filminstitut bestellt,
in: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20110506_OTS0126/kulturministerin-claudia-schmiedneue-projektkommission-fuer-das-oesterreichische-filminstitut-bestellt, Stand 9.11.2012.
86
Österreichisches Filminstitut, Förderungsrichtlinien 3. Juli 2012, S. 22, Art. 1. (4), in:
http://www.filminstitut.at/de/richtlinien/ , Stand 12.8.2012, Anlage B.
58
b. Förderung der Projektentwicklung
Die Projektentwicklung (auch „Vorkosten“ bezeichnet) umfasst die Finalisierung des
Drehbuches bzw. des Drehkonzeptes, die Ausarbeitung des Produktions- und
Marketingkonzeptes sowie eines Vertriebsplanes.
Die Förderung beträgt in der Regel 50% des Entwicklungsbudgets, maximal 36.400
Euro, ist ein nicht rückzahlbarer Zuschuss und muss von dem/der FilmherstellerIn
beantragt werden.
c. Herstellungsförderung
Die Förderung dieser Kategorie betrifft programmfüllende österreichische Kinofilme,
für deren Herstellungskosten erfolgsbedingte, jedoch rückzahlbare Zuschüsse gewährt
werden.
Der Richtsatz dieser Förderung beläuft sich auf 440.000 Euro.
4.5. Kritische Würdigung der Förderstrategien
Betrachten wir nun die Paradigmenwechsel in der Förderstrategie auf der Zeitlinie:
In der ersten Phase nach der Errichtung des Österreichischen Filmförderungsfonds im
Jahre 1981 basierte das Fördermodell ausschließlich auf dem Instrument der
Projektförderung. Mit dem Bundesgesetz BGBl. 517/198787 wurde erstmals in Par. 10
Abs. 5 eine Referenzförderung formuliert:
„Auf Grund eines erfolgreichen, den Förderungsvoraussetzungen entsprechenden
Referenzfilmes können für die Herstellung eines neuen Filmes Förderungen gemäß §
10 Abs. 1 lit. c gewährt werden (Referenzfilmförderung). Die Maßstäbe, an denen der
künstlerische oder wirtschaftliche Erfolg des Referenzfilmes zu messen ist, sowie die
Grundlagen der Bemessung der im Einzelfall zu gewährenden Referenzmittel sind in
den Förderungsrichtlinien festzulegen. Rückflüsse aus gewährten Förderungsdarlehen
können mit Genehmigung des Kuratoriums in Referenzmittel umgewandelt werden.“
In diesem ersten Schritt wurde die Referenzfilmförderung aus der Zahl der Kino-
87
BGBl. Nr. 517/1987 vom 1. Oktober 1987, in:
http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1987_517_0/1987_517_0.pdf, Stand 24.10.2012.
59
besucherInnen des gegenständlichen Films abgeleitet und die Fördergrenze bei 40.000
BesucherInnen durch das damalige Kuratorium in den Förderungsrichtlinien festgelegt.
Mit der erneuten Novellierung des Filmförderungsgesetzes im Jahre 2004 wurde die
Abhängigkeit der Kategorie „Teilnahme/Erfolge bei internationalen Filmfestivals“ von
den Besucherzahlen eliminiert, weshalb ab diesem Zeitpunkt eine strategische
Neuausrichtung in der Beurteilung des „künstlerische oder wirtschaftliche Erfolg eines
Referenzfilmes“ resultierte.
In diesem Zusammenhang ist es interessant, den Textentwurf der Regierungsvorlage
vom 24.11.2004 der endgültigen Formulierung in der Gesetzesnovelle vom 30.12.2004
gegenüber zu stellen:
Der Entwurf der Regierungsvorlage beinhaltet noch die Abhängigkeit eines
Festivalerfolges von den Besucherzahlen: „(4) Voraussetzung für die Herstellungsförderung im Wege der Referenzfilmförderung ist, dass der Hersteller eines
programmfüllenden Kinofilms einen künstlerisch oder wirtschaftlich erfolgreichen
Referenzfilm vorweisen kann.
a) Als künstlerisch erfolgreich gilt ein Film, der von einem in den
Förderungsrichtlinien (§ 14) festzulegenden international bedeutsamen
Filmfestival (Festivalliste) zur Teilnahme ausgewählt oder ausgezeichnet
wurde. Die Berücksichtigung des Erfolges bei Festivals und Preisen setzt
voraus, dass der Film im Inland eine Mindestbesucherzahl erreicht hat, die
ebenfalls in den Förderungsrichtlinien (§ 14) festgelegt ist.“88
Im Bundesgesetz vom 30.12.2004, also ein Monat später, liest sich der entsprechende
Paragraf folgendermaßen: „„(4) Voraussetzung für die Herstellungsförderung im Wege
der Referenzfilmförderung ist, dass der Hersteller eines programmfüllenden Kinofilms
einen künstlerisch oder wirtschaftlich erfolgreichen Referenzfilm vorweisen kann.
a) Als künstlerisch erfolgreich gilt ein Film, der von einem in den Förderungsrichtlinien
(§ 14) festzulegenden international bedeutsamen Filmfestival (Festivalliste) zur
Teilnahme ausgewählt oder ausgezeichnet wurde.
88
704 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP, Regierungsvorlage
§ 4, in: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXII/I/I_00704/fnameorig_030550.html,
Stand 7.11.2012
60
b) Als wirtschaftlich erfolgreich gilt ein Film, der die in den Förderungsrichtlinien (§ 14)
festzulegenden Besucherzahlen in österreichischen Kinos erreicht hat.“89
Binnen eines Monats wurde eine „sowohl als auch“ – Bedingung in eine
„entweder/oder“ Formulierung geändert; somit gilt es nun, diese veränderten Modelle
der Referenzfilmförderung auf ihre strategischen Auswirkungen zu analysieren, da sie
ja auf einen Automatismus ohne Einflussnahme bzw. Korrektur durch Gremien
beruhen.
Das Spannungsfeld der Referenzfilmförderung lässt sich auf eine zentrale strategische
Frage reduzieren, nämlich nach dem Verhältnis von Spitzen- und Breitenförderung, der
damit ableitbaren Priorisierung und dem erwarteten Nutzen für die österreichische
Filmwirtschaft, abstrakt formuliert im Gesetzesauftrag. Die folgenden Überlegungen
beziehen sich dem zu Folge auf die Kardinalfrage der Referenzfilm-Förderung: welche
strategischen und geschäftspolitischen Ziele des Filmförderungsfonds bzw. des
Österreichischen Filminstituts wurden und werden durch welche Förder-Modelle
unterstützt und wie stellten sich die Auswirkungen dar?
Die obige Frage präziser ausformuliert: mit welchen Schwerpunkt-Setzungen wurde
und wird die gesetzlich sehr offen formulierte Balance zwischen einer „elitären Kunst“
und der Ökonomie – also eine breite Publikumsakzeptanz – hergestellt und abgebildet
und warum wurde die Entkoppelung von Besucherzahlen und Festivalerfolgen
vorgenommen?
Die zu untersuchende Hypothese ist es, dass ein rückläufiger Trend bei den
Besucherzahlen mit diesem nunmehr abgekoppelten Fördermodell für Erfolge bei
internationalen Festivals kompensiert werden sollte, um so eine gesamthafte
Steigerung bei der Referenzfilmförderung zu ermöglichen, wobei diese Erfolge auch
auf politischer Ebene sehr gut „vermarktet“ werden können. Im Folgekapitel werden
die Besucherzahlen vor und nach 2004 entsprechend dargestellt und analysiert, um
diese Hypothese quantifiziert beantworten zu können.
In einem Profil-Interview vom 1.12.2008 formulierte der Direktor des Österreichischen
Filminstituts, Roland Teichmann, seine Sicht zum Spannungsfeld „Erfolg“ und dessen
89
170. Bundesgesetz vom 30.12.2004, Änderung des Filmförderungsgesetzes, S. 2,
in: http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=9411, Stand 7.11.2012.
61
Messung: „Kino muss sich nicht rechnen, sondern legitimieren – über künstlerischen
oder wirtschaftlichen Erfolg. Im Idealfall über beides. Das Wort rechnen ist mir zu
simpel: Man kann bei einem kulturellen Produkt wie dem Film nicht alles zählen,
wiegen und messen.“90
Diese Aussage lässt die Antwort leider offen, welches weitere Legitimationskriterium
neben „zählen, wiegen und messen“ gemeint ist und inwieweit es dem gesetzlichen
Auftrag der Referenzförderung genügt, der aus Gründen der Nachvollziehbarkeit und
Kontrolle naturgemäß auf quantitativen Kriterien basiert.
a. Quantitative Analyse der österreichischen Kinobesucher 1990-2010
Beginnen wir diese Betrachtung mit einer Übersicht der Kinofilme hinsichtlich der
Herkunftsländer (Snapshot 2010) betten diese in eine trendmäßige Entwicklung der
Besucherzahlen in österreichischen Kinos, um daraus die Bedeutung des
„ökonomischen Erfolges“ darzustellen.
Tabelle 16: Marktanteile der Kinofilme 2010 nach Herkunftsländern91
Herkunftsland
Besuche
Anzahl der Filme
1.000
Insgesamt
USA
Deutschland
Österreich
Vereinigtes Königreich
Frankreich
Türkei
Belgien
Schweden
Schweiz
Italien
Sonstige
%
14.818,5
310
119
11.910,6
45
28
13
36
20
5
5
7
3
29
849,8
646,6
436,1
396,2
142,3
107,4
77,0
60,1
57,3
135,1
100,0
80,4
5,7
4,4
2,9
2,7
1,0
0,7
0,5
0,4
0,4
0,9
Quelle: Österreichisches Filminstitut; Rentrak. Erstellt am: 29.12.2011.
Bei Koproduktionen wird der majoritäre Koproduktionspartner erfasst.
Die Dominanz amerikanischer Kinofilme ist evident; im Vergleich zum Marktanteil
deutscher Filme können sich österreichische Kinofilme durchaus behaupten.
Wie aber stellen sich die Besucherzahlen trendmäßig in der Zeitreihe seit dem Jahre
2000 dar?
90
Profil vom 1.12.2008, Triumph und Abgrund der Filmbranche: ÖFI- Direktor Teichmann über FilmFörderungen, in: http://www.profil.at/articles/0849/560/227213/triumph-abgrund-filmbranche-oefidirektor-teichmann-film-foerderungen, Stand 8.11.2012.
91
Statistik Austria, Kinos und Filme, Marktanteile der Kinofilme 2010 nach Herkunftsländern,
zitiert aus:
http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bildung_und_kultur/kultur/kinos_und_filme/index.html,
Stand 5.11.2012.
62
Tabelle 17: Entwicklung der Besucherzahlen in österreichischen Kinos in den Jahren
2000-2010 für österreichische Filme92
1400
1200
1000
800
Gesamtbesucher
600
meistbesuchter Film
400
200
0
Quelle: Film Austria
Die obige Tabelle kann trendmäßige in vier Abschnitte zerlegt werden: nach einem
signifikanten Zuschauer-Wachstum 2001/2002 folgt eine Phase des Abschwunges bzw.
Stagnation bis 2006, anschließend ein Zeitabschnitt eines ebenso dynamischen
Wachstums bis 2009 und daran anschließend die Phase einer starken Abnahme. Auch
zeigt diese Graphik, dass bis 2007 der jeweils „meistbesuchte Film“ im jeweiligen Jahr
einen relativ hohen Prozentsatz ausweist, danach nimmt dessen Anteil an der
Gesamtbesucherzahl ab.
Die Hypothese des vorher gehenden Kapitels, dass rückläufige Besucherzahlen bei
inländischen Filmen die vollständige Entkoppelung von Besucherzahlen und
Festival-Erfolgen als strategische Reaktion im Modell der Referenzförderung ausgelöst
oder zumindest begünstigt haben könnte, kann durch den Trend der Besucherzahlen
ab 2002 als quantitativ begründete Vermutung abgeleitet werden.
Wie kann nun als weiterer analytischer Schritt der Graphik, der jeweils „meistbesuchte
Film“ der einzelnen Jahre der Betrachtungsperiode, in Hinblick auf künstlerischen bzw.
wirtschaftlichen Erfolg klassifiziert werden?
92
Film Austria, Kinocharts österreichischer Film, in: http://www.filmaustria.com/kino-charts.htm, Stand
26.12.2012.
63
Tabelle 18: Klassifizierung des „meistbesuchten Films“ 2000-2011
Kinostart
Besucherzahl in
Tsd.
Film-Titel
2000
Komm, süßer Tod
2001
Die Klavierspielerin
2002
Festivalteilnahme
Non-Festival
231
nein
98
ja/Cannes
Poppitz
441
nein
441
2003
MA 2412 - Die Staatdiener
273
nein
273
2004
Silentium
205
ja/Cognac
2005
We Feed The World
202
ja/Motovun
2006
In drei Tagen bist du tot
85
ja/Brüssel
2007
Die Fälscher
190
ja/Berlin
2008
Echte Wiener
371
nein
2009
267
ja/Berlin
2010
Der Knochenmann
Die unabsichtliche Entführung der
Frau Elfriede Ott
217
nein
217
2011
Hexe Lili
116
nein
116
Gesamt
2.696
231
371
1.649
Quelle: Film Austria, Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsbericht
Von den 12 „meistbesuchten Filmen“ hatte die Hälfte, also 6 Kinofilme, einen Erfolg
bei einem internationalen Filmfestival vorzuweisen, wobei die obige Darstellung auch
ebenso klar zeigt, dass die Filme ohne Festival-Teilnahme oder Festivalpreis eine
höhere Besucherzahlen ausweisen.
Tabelle 19: Besucher-Vergleich von österreichischen Festival- und Non-Festival Filmen
innerhalb der Kategorie „meistbesuchten Kinofilme“ 2000-2011
Anzahl Filme
Zuschauer Durchschnitt
in Tsd.
in Tsd.
Filme auf Festivals
6
1.047
175
non-Festival Filme
6
1.649
275
Die Werte der obigen Tabelle widerlegen die häufig geäußerte Ansicht, dass sich
Erfolge auf internationalen Filmfestivals bei den Besucherzahlen auswirken: im
Ranking der Besucherzahlen zwischen 2000-2011 finden wir den besten Festival-Film
erst auf Position vier; die sechs meistbesuchten Filme ohne Festivalteilnahme
generieren in der Betrachtungsperiode über 60% der Besucherzahlen und erreichen im
64
Schnitt 100.000 Besucher mehr pro Film, was als signifikante Differenz bezeichnet
werden kann.
Die obige Analyse zeigt also, dass seitens des österreichischen Publikums eine
Wertschätzung dieser „Festivalerfolge“ keine wesentliche Rolle spielt, für welchen
Filmbesuch es sich entscheidet. Darüber hinaus negiert bedauerlicherweise die
aktuelle Förderpolitik des Österreichischen Filminstituts weitgehend die heimische
Publikumsresonanz
und
versucht,
die
abnehmenden
Besucherzahlen
durch
„Festivalerfolge“ zu ersetzen.
Ohne Zweifel sind die Kriterien der oft beschworenen kulturellen Vielfalt und der
ästhetischen Qualität vorrangige kulturpolitische Ziele. Es gilt aber auch, mit Filmen
von hoher künstlerischer und kreativer Qualität das Publikum zu erreichen, also auch
einen Erfolg „an der Kinokasse“ sicher zu stellen, da die generelle Hypothese, dass
Filme mit Festivalpreisen mehr Besucher ausweisen, nicht weiter aufrecht erhalten
werden kann. Die Tabellen 16 und 17 des Folgekapitels liefern dazu die notwendigen
quantitativen Grundlagen.
Der Verfasser vertritt also zusammenfassend die Ansicht, dass das ursprüngliche
Modell, welches primär auf Besucherzahlen basiert und mit zusätzlichen Incentives bei
Festivalerfolgen ein Förder-Upgrade bietet, die bessere Lösung darstellt, weil es das
Segment jener Filme dann nicht mehr fördert, die ausschließlich bei Festival-Juroren
mit all deren Eigengesetzlichkeiten bei Auswahl und Prämierung der Filme „gut
ankommen“ sind, nicht aber beim Kinopublikum.
65
b. Entwicklung der Referenzfilmförderung ab 2004
Tabelle 20: Zusagen von Referenzförderungen vom Österreichischen Filminstitut (in
tsd. Euro) für die Periode 2005 bis 201093
6000
5000
4000
3000
2000
1000
0
2005
2006
2007
2008
2010
2009
Quelle: Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsberichte 2005-2010
Tabelle 21: Prozentueller Anteil der Referenzförderung von den gesamten FörderZusagen für die Periode 2005 bis 2010.
35
30
25
20
15
10
5
0
2005
2006
2007
2008
2009
Quelle: Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsberichte 2005-2010
Wie diesen beiden Grafiken zu entnehmen ist, verdoppelte sich der Absolut-Betrag des
Fördervolumens in beinahe linearer Entwicklung zwischen 2005 und 2010, wogegen
beim prozentuellen Anteil zwischen 2006 bis 2008 eine signifikante Abnahme, ab dann
aber eine ebenso starke Zunahme des Förderanteils zu erkennen ist.
93
Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsberichte 2005-2010, in:
http://www.filminstitut.at/de/taetigkeitsbericht/, Stand 24.10.2012.
66
c. Verteilung nach Auslösern der Referenzfilmförderung
Da die jährlich publizierten Filmberichte nur die Gesamtsumme der ReferenzfilmFörderung des Films mit den jeweiligen Auslösern darstellt, muss sich die Analyse
dieses Kapitels auf die betragsmäßig ungewichtete Darstellung nach den beiden
Taxonomien „Internationale Filmfestivals“ und „Besucherzahlen“ für die Jahre 2008 bis
2010 beschränken.
Tabelle 22: Verteilung der auslösenden Faktoren in der Referenzfilmförderung
Besucher
Festivals
Doppelnennungen
2010
7
0
11
2009
10
2
4
2008
3
6
3
Summe
20
8
18
59%
41%
Verteilung
Quelle: Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsberichte 2008-2010.
Bei der untersten Spalte „Verteilung“ wurden die Doppelnennungen auf die Kategorien
„Besucher“ bzw. „Festivals“ verteilt.
Analysieren wir nun als weiteren Schritt die Relation der Kategorie „Doppelnennungen/Kinofilm“
als
Beziehung
von
Festivalerfolg
und
inländischen
Besucherzahlen für die obige Periode 2008-2010; insgesamt waren also 18 Filme
künstlerisch wie auch ökonomisch im Sinne der Förderrichtlinien erfolgreich, davon 11
Kinofilme, 4 Dokumentarfilme, ein Kinderfilm und 2 Nachwuchsfilme.
Tabelle 23: Beziehung Festivalerfolg und Besucherzahlen von Spielfilmen
Besucher
< 40.000
>40.000
> 100.000
2010
3
2
2009
1
2
2008
1
1
Quelle: Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsberichte 2008-2010.
67
1
Die obige Tabelle zeigt ein sehr interessantes Bild von Kinofilmen mit Festivalerfolgen
in Hinblick auf die Besucherzahlen: grob gesprochen weist die Hälfte der prämierten
Filme mit mehr als 100.000 inländischen Besuchern einen signifikanten ökonomischen
Erfolg aus, wogegen man die andere Hälfte dieser Filme mit weniger als 40.000
Besucher – drei davon bloß um die 10.000 Besucher! – nur bedingt als „ökonomisch
erfolgreich“ bezeichnen kann. Um die Analyse zur obigen Tabelle abschließen zu
können, stellt der Verfasser der Förderkategorie „Festivalerfolg und Besucherzahlen“
jene im gleichen Format gegenüber, welche ausschließlich die Besucherzahlen fördert.
Tabelle 24: Referenzförderung Spielfilme ausschließlich nach Besucherzahlen
< 40.000
>40.000
> 100.000
2010
0
3
1
2009
0
1
2
2008
0
0
0
Quelle: Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsberichte 2008-2010.
Insgesamt wurden 20 Filme auf Grund ihrer Besucherzahlen in die Referenzförderung
aufgenommen, davon 7 Kinofilme, 5 Dokumentarfilme, 5 Kinderfilme und 3 Nachwuchsfilme. Anzumerken wäre, dass 2008 nur jeweils zwei Dokumentarfilme und zwei
Kinderfilme in die Förderkategorie fielen, jedoch kein Spielfilm. Die obige Tabelle zeigt
im Vergleich zur vorangegangenen Tabelle 23 eine „Rechtsverschiebung“, wo sich alle
Filme im „ökonomischen Bereich“ befinden, also die Schwelle von 40.000 Besuchern
überschritten haben.
Was sagt dieser Vergleich der beiden Förderkategorien aus?
Die erste Erkenntnis ist es, dass der alleinige „ökonomische Erfolg“, also die alleinige
Bewertung der Besucherzahlen ein klar nachvollziehbares Bild dieser Förderkategorie
ergibt, die bei der zweiten Förderkategorie „künstlerischer und/oder ökonomischer
Erfolg“ nur partiell erkennbar ist, da 50 Prozent der in künstlerischer Hinsicht
prämierten Filme als ökonomisch wenig erfolgreich klassifiziert werden müssen und
deren Förderung im alten Modell in der „sowohl, als auch“ Messung unterblieben
wäre. Stellt sich die abschließende Frage, welche Förderungsbeträge insgesamt für
68
künstlerisch prämierte, aber ökonomisch wenig erfolgreiche Filme in der
Betrachtungsperiode aufgewendet wurden?
Der Verfasser nimmt als Grenze der Besucherzahlen die in den Tätigkeitsberichten
verwendeten Taxonomien, also „< 10.000“ und „<40.000“ für alle Filmkategorien, also
Kino-, Dokumentar-, Kinder- und Nachwuchsfilm.
In der Übersicht stellen sich diese Förderungen folgendermaßen dar:
Tabelle 25: Fördervolumen prämierter Filme bei internationalen Festivals mit
Ergebnissen unter 10.000 bzw. 40.000 inländischen Besuchern
< 10.000 < 40.000
2010
Kino
1.518.000
Doku
742.000
Kinder
291.000
Nachwuchs 844.000 400.000
Summe 2010 1.877.000 1.918.000
2009
Kino
Doku
Kinder
Nachwuchs
Summe2009
291.000
291.000
291.000
400.000
633.000
342.000
1.666.000
2008
Kino
Doku
Kinder
Nachwuchs
Summe2008
-
567.000
474.000
102.000
1.143.000
Quelle: Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsberichte 2008-2010.
Diese obige Tabelle kann nun folgendermaßen interpretiert werden:
a. Es gab in der Betrachtungsperiode keine Förderung für prämierte Kinofilme mit
einer Besucherzahl von weniger als 10.000, allerdings beinahe 2,4 Mio. für Kinofilme
mit weniger als 40.000 Besuchern.
b. Für prämierte Dokumentarfilme unter 10.000 Besuchern wurden insgesamt
Förderungen von über einer Million Euro allokiert.
c. Insgesamt wendete das Österreichische Filminstitut über 2 Millionen Euro für
Förderungen in der Betrachtungsperiode auf, wo eine signifikante Diskrepanz zwischen
69
künstlerischem und ökonomischem Erfolg festgestellt werden kann, im Besonderen für
die Berichtsperiode 2010.
Diese Summe von 2 Millionen Euro für verfehlte ökonomische Ziele wurden durch die
„entweder künstlerisch/oder ökonomisch“ - Regelung der Gesetzesnovellierung 2004
ermöglicht und als Automatismus institutionalisiert, was der Verfasser dahingehend
kritisiert, dass diese Mittel damit der kommissionellen Projektförderung entzogen
werden und des Weiteren internationale Erfolge wohl im Segment „Kinofilm“ breit
wahrnehmbare Publizität generieren, nicht aber in den drei restlichen Sparten.
Womit sich eine Frage ableitet: welchem Gesetzesauftrag folgt eine ReferenzFilmförderung für Produktionen, die auf internationalen Filmpreisen basieren, die
überwiegend Branchen-Insidern geläufig sind und Besucherzahlen von unter 10.000
ausweisen?
Der Verfasser interpretiert die obigen Zahlen und Fakten dahingehend, dass Segmente
finanziell unterstützt werden, weil für deren Produkte nur eine geringe
Marktnachfrage – also weniger als 10.000 Besucher – gegeben ist.
Oder plakativ zusammengefasst: Erfolg bei einer Festival-Jury, Misserfolg bei den
Konsumenten. Nur: für wen werden Filme produziert?
Diese Erkenntnisse empfehlen eine Korrektur der 2004 vorgenommenen vollständigen
Entkopplung von den Besucherzahlen und Rückführung der Förderrichtlinien auf den
Status davor, wo der künstlerische Erfolg erst nach dem Überschreiten von MindestBesucherzahlen in die Förderung einfloss und damit den Erfolgseffekt bei einer
Festival-Jury mit jenem der breiten Marktakzeptanz relativierte.
d. Welchen Nutzen generiert ein Preis bei einem internationalen Filmfestival für
die österreichische Filmwirtschaft?
Der Verfasser sieht darin zwei zentrale Nutzenfunktionen: ein sehr starkes
Marketinginstrument für den gegenständlichen Film, der in der Regel damit
hauptsächlich internationale Bekanntheit und Resonanz erzeugt und so seine
Besucherzahlen signifikant erhöhen kann und, damit verbunden, ein entsprechenden
„Upgrade“ vom Marktwert des Produktionsteams, vornehmlich die Regie und die
HauptdarstellerInnen. Diese beiden Faktoren beinhalten kulturpolitisch sowohl
70
Chancen aber auch Risiken: die Chance ist die erfolgreiche internationale
Positionierung österreichischer Spielfilme durch Teilnahmen und Preise bei
renommierten Festivals, die Risiken liegen eben genau in dieser Steigerung des
Bekanntheitsgrades auf internationaler Ebene begründet: nämlich den schleichenden
Verlust
von
international
erfolgreichen
Filmschaffenden
für
österreichische
Produktionen, zumal die Filmförderung ein global kompetitives Segment darstellt und
erfolgreichen Filmschaffenden dann im internationalen Förder-Angebot gezielt wählen
können.
5. Die realpolitische Umsetzung der Förderpolitik
5.1. Budgetallokationen und deren Auswirkungen
Der Film als künstlerisches Unterhaltungsmedium mit Breitenwirkung spiegelt sich in
politischen Programmen bis 1970 nur punktuell wider und ist im kulturpolitischen
Kontext stark unterrepräsentiert. Zwischen 1970 und 2000 steigt die Bedeutung des
Films und er wird sowohl im künstlerisch-kulturellen Themen-Zusammenhang als auch
im Kontext mit elektronischen Medien wahrgenommen. Ab 2000 verstärkt sich
zusätzlich der Aspekt privatwirtschaftlicher Finanzierung des Kulturbereiches und
Standort-fokussierte und beschäftigungspolitische Aspekte werden in politische
Überlegungen mit einbezogen. Realpolitisch fehlte bis Anfang der 80er Jahre nahezu
jegliche Aktivität, denn erst Ende der 70er Jahre begannen Filmschaffende, sich im
Rahmen der Gewerkschaft Kunst, Medien und Freie Berufe zu organisieren. Ihr
Hauptanliegen war die Schaffung einer Bundesfilmförderung und erst in diesem
Rahmen bekamen ihre Forderungen ein starkes politisches Gewicht.
Der nachvollziehbare Erfolg des Filminstituts war und ist es, dass in der
gegenwärtigen Kulturpolitik der Film doch eine programmatisch und budgetär
etablierte Position auf der kulturpolitischen Agenda errungen hat. Dennoch spiegeln
die Förderungsbudgets bzw. sonstige Rahmenbedingungen in keiner Form die
mehrfach politisch angekündigten Schwerpunktsetzungen für den Film wider. Im
Besonderen hat der Oscar für Ruzowitzky’s "Die Fälscher" eine Bühne für politische
Statements abgegeben, deren Realisierung genau zu verfolgen sein wird. Vertreter
71
der Filmindustrie94 forderte daher die Partner der Koalitionsverhandlungen Anfang
2008 auf, den zahlreichen Versprechen der Parteien nach dem Gewinn dieses Oscars
Taten folgen zu lassen und für das Österreichische Filminstitut ein Jahresbudget von
zumindest 20 Mio. Euro ab 2009 sowie ein Jahresbudget von 5 Mio. Euro für die
"innovative" Förderung durch das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und
Kultur in das Regierungsprogramm aufzunehmen.
Mitte der 90-er Jahre wurde ein strukturiertes System – LIKUS (Länderinitiative
Kulturstatistik) aufgesetzt, wo das “statistische Reporting” von kulturpolitisch
relevanten Förderkategorien des Bundes und der Länder standardisiert und somit
vergleichbar gemacht wurden. Die Zusammenführung dieser Förderdaten und deren
Darstellung erfolgt durch die Statistik Austria im Abschnitt “Metadaten
Kulturfinanzierung”.95 Die Gliederung stellt sich folgendermassen dar:
Museen, Archive, Wissenschaft
Baukulturelles Erbe
Volkskultur, Heimat- und Brauchtumspflege
Literatur
Bibliothekswesen
Presse
Musik
Darstellende Kunst
Sonstiges
Bildende Kunst, Foto, Architektur, Design
Film, Kino, Video
Hörfunk und Fernsehen
Kulturinitiativen, Zentren
Ausbildung, Weiterbildung
Erwachsenenbildung
Internationaler Kulturaustausch
Großveranstaltungen
Die Kunstsektion des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur fördert
davon 12 Kategorien – keine Förderung aus den Mitteln der Kunstsektion erhalten die
Kategorien Baukulturelles Erbe, Bibliothekswesen, Erwachsenenbildung, Heimat- und
Brauchtumspflege sowie Hörfunk/Fernsehen, sodass sich der Kulturbericht der
Kunstsektion für das Jahr 2010 folgendermassen darstellt:
94
Aussendung Wirtschaftskammer Österreich (18.11.2008): Anhebung der Filmförderung in
Krisenzeiten?
In: http://www.ots.at/presseaussendung.php?schluessel=OTS_20081118_OTS0272, Stand 8.2.2009.
95
Statistik Austria, Metadaten Kulturfinanzierung, in:
http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bildung_und_kultur/kultur/kulturfinanzierung/021557.html
Stand 7.4.2013.
72
Tabelle 26: Verteilung des Kunstbudgets auf die einzelnen Sparten 2010.96
Innerhalb des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur nimmt die
Förderung des Films die finanziell bedeutendste Stellung ein, nur stellt das
Ministerium eine Teilmenge der Kulturförderung des Bundes dar und somit gilt es,
diesen partiellen Bereich innerhalb der Gesamtförderung des Bundes für Kultur
darzustellen und da rangiert die LIKUS Kategorie 7, also Film, Kino, Video und
Medienkunst “unter ferner liefen”.
Die Statistik Austria liefert dazu das “big picture”:
Tabelle 27: Kulturausgaben des Bundes nach LIKUS Hauptkategorien 2000-2010.97
Förderbereich
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
Mio. Euro
Insgesamt
Film, Kino,
Video
Film, Kino,
Video in %
660,81 699,76 710,77
680,23 700,55 714,26
710,67 742,83 766,24
818,25 811,46
12,41
15,55
13,86
14,74
15,03
15,96
16,03
19,07
23,24
21,86
22,61
1,9
2,2
2,0
2,2
2,1
2,2
2,3
2,6
3,0
2,7
2,8
In den zehn Jahren der obigen Betrachtung stellt das Jahr 2007 eine Zäsur insoferne
dar, als merkbare Erhöhungen in der direkten Bundes-Kulturförderung einerseits und
in der Filmförderung des Bundes andererseits realisiert wurden.
96
Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, Kunstbericht 2010, S. 12f, in:
http://www.bmukk.gv.at/medienpool/20914/kunstb_2010.pdf, Stand 8.4.2013.
97
Statistik Austria, Kulturausgaben des Bundes nach LIKUS Hauptkategorien, in:
http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bildung_und_kultur/kultur/kulturfinanzierung/index.html,
Stand 8.4.2013
73
5.2. Parteiprogrammatische Standpunkte zur Filmförderung
„Axel Corti sagte bei einer Preisverleihung während der Viennale 1987, Olaf Palme sei
nach einem Kinobesuch ermordet worden, das könne einem österreichischen Politiker
nicht passieren.“98
Wie stehen nun die politischen Parteien dem Themenfeld „Film und dessen
Förderung“ gegenüber? Ein Blick in die Parteiprogramme soll darüber einen ersten
Aufschluss geben.
Gibt es nun konvergente oder divergente Tendenzen zwischen der vorher
beschriebenen filmwirtschaftlichen Problemlage, der politischen Agenda und den
tatsächlich umgesetzten Maßnahmen im Bereich Film?
Beginnen wir nun, politische Positionen der Regierung und den Parlamentsparteien zur
Filmpolitik komprimiert darzustellen:
„Als Zukunftsthemen im Kulturbereich sehen wir die Stärkung des Filmstandortes
Österreich und die Bereitstellung von Risikokapital für Österreichs Kreativwirtschaft.
Wir werden die Künstlersozialversicherung und die steuerliche Absetzbarkeit bei
Kunst- und Kulturinvestitionen einführen.“ (Regierungserklärung Wolfgang Schüssel,
9.2.2000).
„Nach der erfolgreichen Etablierung des dualen Rundfunksystems in Österreich wollen
wir die Zielsetzungen der Medienpolitik im Gleichklang mit der europäischen
Entwicklung vorantreiben. Durch eine Digitalisierungsoffensive bei den elektronischen
Medien soll mehr Programmvielfalt und Programmqualität erreicht werden. Das
wollen
wir
gemeinsam
mit
Partnern
aus
der
Wirtschaft
realisieren.“
(Regierungserklärung Wolfgang Schüssel, 28.2.2003).
„Neben der Förderung kultureller Partizipation und einer Vielzahl anderer
spartenspezifischer Vorhaben wird die Bundesregierung einen Schwerpunkt zur
Stärkung des Medien- und Filmstandorts Österreich setzen.“ (Regierungserklärung
Alfred Gusenbauer am 16. Jänner 2007).
Die Regierungen Schüssel (Kunst-Staatsekretär Franz Morak) kürzte im Jahr 2000 die
Filmförderung um mehr als ein Drittel und brachte damit das Filminstitut in eine heikle
98
Ernst, Gustav, Schedl, Gerhard (Hrsg.), Nahaufnahme – zur Situation des österreichischen Kinofilms,
Europaverlag Wien 1995, S. 11.
74
Situation, wenn man den Bundesbeitrag den Förderausgaben und Förderzusagen
gegenüberstellt. Damit konterkarierte die Passage der Regierungserklärung 2000 die
realpolitische Situation der Filmförderung.
In der Zeit zwischen 2000 und 2006 postulieren die Regierungsparteien die
Notwendigkeit von verstärkter privatwirtschaftlicher Finanzierung im Kulturbereich.
Zum Teil wird das mit dem Budgetdruck des Staates zum anderen mit dem Argument,
die Künstler vor staatlicher Abhängigkeit zu schützen, womit der Gedanke einer
staatlichen Kernaufgabe Kunst und Kultur in den Hintergrund geraten ist; Film und
elektronische Medien wurden mit dieser politischen Position in ein neoliberales,
wirtschaftliches Umfeld rücktransferiert. Eine vom damaligen Finanzminister Grasser
verfolgte Strategie erschöpfte sich im Wesentlichen in einer unreflektierten,
kurzfristigen Kürzungspolitik: also Ausräumen von Rückstellungen und Fördertöpfen,
Ausgliederungen von Verlustbringern (ÖBB, ASFINAG uam.), Erhöhungen von Abgaben.
Sinnvolle, längerfristige Strukturveränderungen waren nicht Teil dieser Strategie,
welche überwiegend auf dem Schlagwort „Nulldefizit“ und „politisch gut
verkaufbaren“ Themen aufbaute. Für das Kulturbudget, notabene die Filmförderung,
bedeutete eine lineare Reduktion der Subventionen in Höhe von 15% eine starke
Disparität zwischen der Anzahl bereits entwickelter und zugesagter Projekte und dem
verfügbaren Budget.
„Neben der Förderung kultureller Partizipation und einer Vielzahl anderer
spartenspezifischer Vorhaben wird die Bundesregierung einen Schwerpunkt zur
Stärkung des Medien- und Filmstandorts Österreich setzen.“ (Regierungserklärung
Alfred Gusenbauer am 16. Jänner 2007). Einzig die Regierungserklärung 2007 fand
auch den entsprechenden Niederschlag in der budgetären Ausstattung des
Filminstituts: allerdings relativiert durch den Umstand, dass diese signifikante
Steigerung das Fördervolumen des Filminstituts bloss auf das Niveau von 1999
zurückbrachte.
Auch im Regierungsprogramm 2008-2013 der Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP im
Kabinett Faymann finden wir entsprechende Passi hinsichtlich der Medienförderung,
einerseits die Absichtserklärung zur Aufstockung des Fernsehfilmförderungsfonds auf
15 Mio. Euro als auch die Erhöhung der Filmförderung des Österreichischen
75
Filminstituts auf 20 Mio. Euro: „Die Bundesregierung möchte den Stellenwert der
audiovisuellen Medien entsprechend ihrer kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung
weiter ausbauen und die österreichische Filmwirtschaft stärken. Angestrebt wird die
Anhebung des Bundesbeitrags für das österreichische Filminstitut auf 20 Mio. EUR und
eine Steigerung für die Förderung des Nachwuchsfilms.“99
Neben ÖVP und SPÖ haben die Grünen, die FPÖ und das BZÖ Positionierungen des
Staates in Hinblick auf dessen Kulturagenda abgegeben:
„Staatliche Kulturpolitik besteht nicht allein aus der Vergabe von Geldern. Andere
Regulative sind genauso zu beachten: Die Herstellung von Produktions- und
Rezeptionsmöglichkeiten (dazu gehört auch die Ausbildung und Vermittlung) für alle,
eine laufende Diskussion über die öffentlichen Bildungsinhalte und die Einrichtung
geeigneter Verbreitungsmöglichkeiten.“100 (Grundsatzprogramm der Grünen vom
9.7.2001). Trotz dieser Relativierung unterstützte die Grüne Fraktion aktiv die
Ausweitung der Filmförderung.
Anders die beiden am „rechten“ politischen Spektrum angesiedelten Parteien FPÖ
und BZÖ, deren kultureller Fokus auf „Volkskultur“ und „Bewahrung des
nationalen, abendländischen Kulturerbes“ und auf „Reduktion der Staatskunst“
ausgerichtet ist. „Wir wollen den Missbrauch der Kunst durch die Politik verhindern.
Unser Ziel ist eine offene und freie Kultur entgegen der politischen Geiselhaft in Form
der staatlichen Kulturverwaltung und Gefälligkeitssubventionierung. Wir sind für eine
Gleichstellung von Hochkultur und Volkskultur. Denn beide bedingen einander und
sind Ausdruck der kulturellen Vielfalt Europas.“101 (Bündnispositionen BZÖ vom 17.
April 2005).
Die FPÖ formuliert ihre Position zur Kunstförderung folgendermaßen:
„Da ästhetisches Empfinden ausschließlich dem Individuum eigen ist und keinesfalls
einer Institution, ist Kunst Privatsache. Die Freiheitliche Bewegung plädiert für ein
99
Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode (2008-2013), S. 226, in:
http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=32966, Stand 25.2.2013.
100
In: http://www.gruene.at/
101
In: http://www.bzoe.at
76
privates Mäzenatentum, das über steuerliche Anreize den Kunstmarkt stimuliert.“102
(Parteiprogramm der FPÖ, 23. April 2005 in Salzburg).
5.3. Parlamentarische Debatte zur Filmförderung 2009
Der Verfasser hat – auch auf Grund der zeitlichen Eingrenzung dieser Arbeit – als
Beispiel für den politischen Diskurs über die Filmförderung die Budgetdebatte des
Jahres 2009 ausgewählt und nach aggrigierten Positionen analysiert.
In der 23. Sitzung des Nationalrates im Rahmen der Budgetdebatte, welche zwischen
dem 20.5.2009 und dem 29.5.2009 stattgefunden hat, fand speziell für das Ressort
Unterricht, Kunst und Kultur eine parlamentarische Diskussion über die österreichische
Filmförderung statt, deren Beiträge dem entsprechenden Stenographischen Protokoll
entnommen wurden.103
Der Verfasser hat sich entschieden, diese parlamentarischen Debattenbeiträge mittels
einer qualitativen Analyse mit einem zu Grunde gelegten Kodierplan auszuwerten.
„Any researcher who wishes to become proficient at doing qualitative analysis must
learn to code well and easily. The excellence of the research rests in large part on the
excellence of the coding.”104
Ausgehend von dem obigen Statement gilt es nun, einen dem Forschungsinteresse
entsprechenden Kodierplan auszuarbeiten und gleichzeitig formale Regeln für eine
konsistente und aussagefähige Kodierung festzulegen. Diese Kodierung der
Debattenbeiträgen „…leads you from the data to the idea and from the idea to all the
data pertaining to that idea.”105
Das angestrebte Ergebnis dieser Kodierung soll eine aggregierte Übersicht der
Standpunkte der politischen Parteien zu ausgewählten Fragen der Filmförderung sein.
Folgende Regeln werden für die Kodierung angewandt:
102
In: http://www.fpoe-parlamentsklub.at
Stenographisches Protokoll der 23. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich, XXIV.
Gesetzgebungsperiode 20.5.2009 bis 29.5.2009, in:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/NRSITZ/NRSITZ_00023/fname_168044.pdf, Stand
25.2.2013.
104
Strauss, Anselm M., Qualitative Analysis for Social Scientists, Cambridge University Press 1987,
S. 27.
105
Richards, Lyn, Morse, Janice M., Readme first for a user´s guide to qualitative methods, Thousand
Oaks 2007, S. 137.
103
77

Als Kodiereinheit wird ein Absatz festgelegt

Kodiert werden Absätze, wo folgende Themenbezüge vorkommen
o Filmförderung

 Höhe
 System
 Verwendung
 Erfolg
o Film/Fernseh-Abkommen
 Höhe
 Rolle des ORF
 Erfolg
Entschliessungsanträge, Forderungen

Als „Pro-Standpunkt“ gelten explizite Formulierungen des Bejahens, des
Anerkennens und des Lobes für die Förder-Initiative:
o Sehr starke Zustimmung = 1+
o Zustimmung


=1
Der „Contra-Standpunkt“ umfasst hingegen explizite Kritik bzw. Ablehnung:
o Sehr starke Ablehnung
= 9+
o Ablehnung
=9
Der „neutrale Standpunkt“ wieder befasst sich mit der Beschreibung von
Fakten ohne erkennbare Standpunkt-Aussage.
o Neutral
=0
Der „Header“ der jeweiligen Codierung pro Debattenbeitrag ist der Name des/der
Abgeordneten, seine Parteizugehörigkeit sowie ein Sortierindex „Regierungspartei/
Opposition“. Da die relevanten Debattenbeiträge sequentiell kodiert werden, sind
Mehrfach-Nennungen für RednerInnen möglich. An dieser Debatte, vorwiegend zum
Budgetkapitel
„Unterricht,
Kunst
und
Kultur“,
nahmen
insgesamt
12
DebattenteilnehmerInnen Bezug auf die Filmförderung; drei Entschliessungsanträge
wurden formuliert und zur Abstimmung gebracht.
78
Tabelle 28: Partei-Verteilung der RednerInnen mit Bezug auf die Filmförderung
Beiträge
SPÖ
ÖVP
Grüne
5*
4
1
1
1
Entschließungsanträge
Gemeinsamer Entschließungsantrag
FPÖ
1
1
* Inklusive Ressortministerin C. Schmied
5.3.1. Rohdaten der Kodierung
Für die Volltextsuche im Stenografischen Protokoll wurden folgende Begriffe gewählt:
Film/Förderung/ORF/Fernseh-Abkommen. Die gefundenen Absätze mit Bezug zu
einem der obigen Schlagworte sind als Anhang 2. dieser Arbeit beigeschlossen. In den
Textabschnitten sind jene Aussagen dieser qualitativen Analyse entsprechend farblich
hervorgehoben, um die vorgenommenen Kodierungen nachvollziehbar darzustellen.
Tabelle 29: Rohdaten der Textkodierung
Pos.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
Name
Fuhrmann
Wittmann
Kopf
Ostermayer
Zinggl
Fuhrmann
Zinggl
Unterreiner
Muttonen
Schmied
Lapp
Summen
Reg.
Partei Absätze Partei
Opp.
Partei
VP
SP
VP
SP
Grüne
VP
Grüne
FP
SP
SP
SP
2
4
6
4
4
3
7
7
3
4
1
Film/Fernseh-Abkommen
Filmförderung ÖFI
Höhe System Verwdg Erfolg Höhe Rolle Erfolg
Reg.
0
Reg.
Reg.
1
Reg.
Opp.
9+
Reg.
1
Opp. 0,9,9+
Opp.
9
Reg.
3/1
Reg.
1+
Reg.
1
13
79
0
2/1+
2/1+ 1 9,9+
1+ 1,1+ 0,1
1
9
9
1+
9+
9
9,9+
9+
9,9+
2/9
1
1+
5
5
9,9+
1
1
1
9
1+
9
7
8
1
Mehrfaches Auftreten eines Kodierwertes innerhalb eines Debattenbeitrages werden
durch den Wert vor einem Schrägstrich angezeigt. Beginnen wir nun, die obige Tabelle
„top-down“ zu interpretieren.
a. Verteilung Filmförderung vs. Film/Fernseh-Abkommen

Die Thematik „Filmförderung“ wurde in 32 Absätzen behandelt, jene des
Film/Fernseh-Abkommens mit dem ORF in 16 Absätzen; anders ausgedrückt:
rund 2/3 der Beiträge bezogen sich auf die Institution Österreichisches
Filminstitut, 1/3 auf den ORF.
b. Interpretation der Kolumnen der Filmförderung des ÖFI:

Die häufigste Thematisierung war der Punkt „Höhe Filmförderung“. Die
Interpretation der Kodierung ist insoferne einfach, als Kritik ausschliesslich
von den beiden Abgeordneten der Opposition geäussert wurde, wogegen
sämtliche (!) Abgeordneten der beiden Regierungsparteien der Höhe
zustimmten und im schlechtesten Fall feststellt, „dass für die österreichische
Filmwirtschaft noch viel zu tun ist“ (Silvia Fuhrmann, ÖVP).

Beim System der Förderung wird in der Debatte zwei Mal ein deutsches
Fördermodell sehr positiv referenziert (Fuhrmann, Unterreiner), wogegen
Zinggl die systemische Verlagerung von Bundesmittel von traditionellen
Kunstformen (Museen, Oper etc.) hin zu modernen Kunstformen – eben
den Film – fordert.

Bei der Frage der Verwendung kommt Kritik ausschliesslich von Abgeordneten der Opposition: Zinggl kritisiert die bevorzugte Förderung
etablierter Filmschaffender, Unterreiner die Förderung von Filmen, die
wohl künstlerischen, aber keinen wirtschaftlichen Erfolg ausweisen.

Sehr eindeutig ist die Aussage hinsichtlich des Erfolges der österreichischen
Filmschaffenden: von den 9 Debatten-Statements bestätigen 8 Absätze
generell den Erfolg; im Debattenbeitrag von H. Unterreiner wird der
mangelnde Erfolg österreichischer Filme wegen sinkender Besucherzahlen
kritisiert.
Zusammenfassend und abschliessend kann zu diesen Debattenbeiträgen bemerkt
werden, dass sie dem ritualisierten Muster zwischen Parlamentariern der
80
Regierungsparteien und Opposition folgen. Eine Ausnahme bildet die Kritik des
Abgeordneten Zinggl, der die soziale Problematik von Filmschaffenden thematisiert:
„Im letzten Halbjahr, also im Wintersemester von 2008 auf 2009, waren 80 Prozent der
Filmschaffenden arbeitslos. Im Sozialbericht, den Sie ja veröffentlicht haben, Frau
Ministerin, ist die Lage der Filmschaffenden als katastrophal bezeichnet. Ich glaube,
dass genau in der Branche, in der wir so groß punkten, ganz dringend ein Bedarf da
wäre, noch mehr reinzubuttern als bisher.“
Der Verfasser vertritt allerdings den Standpunkt, dass es nicht die Aufgabe des Österreichischen Filminstituts ist, mit seinen Förderungen beschäftigungs- und einkommenspolitische Akzente zu setzen.
Hinsichtlich der Debattenbeiträge, die das Film/Fernseh-Abkommen betrafen, waren
diese in eine wesentlich breitere Diskussion über die Sanierung des ORF, u. a. durch die
Teilrefundierung eingebettet, sodass sich speziell Medienstaatssekretär Ostermayer in
der Debatte ausschließlich mit dieser Frage beschäftigte.
c. Interpretationen der Kolumnen des Film/Fernsehabkommens mit dem ORF:

Die Klassifizierung der Höhe des Förderanteils des ORF ist erneut klar von
den politischen Positionen „MandatarIn einer Regierungspartei = (stark)
zustimmend“ und „Mandatar Opposition = ablehnend“ bestimmt. Die
Begründungen der Ablehnungen lag in der drohenden Kündigung des
Film/Fernseh-Abkommens durch den ORF und der gleichzeitig unklaren
Position von Medien-Staatssekretär Ostermayer (Zinggl).

Bei der sehr positiven Bejahung der Höhe des Film/Fernseh-Abkommens
durch den Abgeordneten Peter Wittmann vermutet der Verfasser, dass er
die (begrüßte) Erhöhung der Fernsehfilm-Förderung (RTR) mit dem noch
nicht beschlossenen Film/Fernsehabkommen verwechselt hat: „Da freut
mich ganz besonders, dass das Film/Fernseh-Abkommen von 7,5 Millionen
€ auf 13,5 Millionen € erhöht wurde.“

Am Rande sei vermerkt, dass beide Oppositionspolitiker in ihren Reden
hinwiesen, dass das Positivum die Erhöhung der Fernsehfilm-Förderung
81
(RTR) nicht in den Bereich der Filmförderung wirkt, da es ein unterschiedliches Produzentensegment unterstützt.

Differenzierter die Kodierungen nach der Rolle des ORF im Zuge der
angedrohten Kündigung bzw. der Verhandlungen über das Film/FernsehAbkommens, wo – mit alleiniger Ausnahme von Medien-Staatssekretär
Ostermayer – starke Kritik an der Position bzw. Verhandlungsführung des
ORF geübt wird. Formuliert Silvia Fuhrmann (ÖVP) die Hoffnung auf ein
solches Abkommen und bietet Frau Ministerin Schmied ihre Unterstützung
an, formuliert Klubobmann Karlheinz Kopf seinen Standpunkt wesentlich
drastischer: „Auch die Förderung des Kinofilms mit finanziellen Mitteln
gehört zu den Aufgaben des ORF. Das heißt, die angedachte oder bereits
avisierte Kündigung des Film/Fernseh-Abkommens ist genau das Gegenteil
von dem, was wir brauchen. Das wäre eine grobe Vernachlässigung des
öffentlich-rechtlichen Auftrages des ORF.“ Auch Zinggl (Grüne) und
Fuhrmann (ÖVP) kritisieren deutlich die Sanierungsstrategie des ORF: „Der
ORF selbst hat angekündigt oder sogar angedroht, dieses Abkommen zu
brechen.“ (Fuhrmann). Auch BM Schmied fordert eine konsistente Argumentation des ORF ein, der bei Gebührenerhöhung regelmäßig mit seinen
Kulturaktivitäten argumentiert, aber bei Strukturmaßnahmen den Sparstift
genau in diesem Bereich ansetzen will.

Nur Wittmann hebt als Erfolg der Förderung die erfolgreichen Filme von
Haneke eben durch dieses Abkommen hervor.
Diese Debattenbeiträge wurden eindeutig von der Sanierungsdiskussion des ORF überschattet und zu dem Zeitpunkt herrschte auch noch Unklarheit, ob und in welchem
finanziellen Rahmen der ORF seinen kulturpolitischen Verpflichtungen zukünftig nachkommen würde. Diese Konstellation führte dazu, dass die sonst beobachtete „koalitionäre Harmonie“ bei der Rolle des ORF hinsichtlich der Filmförderung nicht stattfindet, wo Kopf, Fuhrmann, Zinggl, aber auch BM Schmied sehr kritische Worte finden,
denen sehr positive Statements von Wittmann und eher differenzierte Aussagen vom
Ostermayer gegenüberstehen.
82
Zusammengefasst kann dieses Kapitel folgendermaßen werden:

Die Abgeordneten haben mangels Detailkenntnissen überwiegend generelle Statements zur Film- und Fernsehförderung abgegeben und sich – einer Budgetdebatte
entsprechend – am Förderbetrag im Sinne der Regierungserklärung, also quantitativ, orientiert.

Der Erfolg der Filmförderung wurde über „name-dropping der Erfolgreichen“
dargestellt.

Als Systemkritik wurde die Förderung von a.) bereits etablierten Künstler und b.)
von prämierten Filmen mit geringer Besucherzahl kritisiert. Die Darstellung der
kritischen Arbeitsmarktsituation von Filmschaffenden wurde von den anderen
Diskutanten nicht aufgegriffen; dieser Beitrag von Abg. Zinggl zeigt zweifellos einen
tieferen Einblick in das Themenfeld.

Die gesetzliche Festschreibung des Film/Fernseh-Abkommens wurde generell
gefordert und der ORF für seine Verhandlungspositionen mehrheitlich kritisiert.
Diese Kritik resultierte hauptsächlich aus dem damaligen Konflikt um die finanzielle
Sanierung des ORF und der Frage nach den daraus resultierenden kulturellen Verpflichtungen.

Die Systemkritik der FPÖ an der Vergabepraxis des Österreichischen Filminstituts
thematisierte sich vordergründig am System, hintergründig aber an der Häufung
der Prämierung von Filmen mit historischem NS-Hintergrund.
5.3.2. Die Entschließungsanträge
a. Der Antrag der Grünen, Wolfgang Zinggl et al:
“Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, die Förderungen für den österreichischen Kinofilm – beginnend mit dem Budgetjahr 2009 – um
jährlich eine Million Euro zu erhöhen, bis die im Regierungsübereinkommen festgehaltene Fördersumme von 20 Millionen Euro pro Jahr erreicht ist.“106
Dieser Antrag wurde abgelehnt.
106
Stenographisches Protokoll der 23. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich, ebd., S. 651.
83
b. Der Antrag der FPÖ, Heidemarie Unterreiner et al:
„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Unterricht, Kunst
und Kultur wird aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die
österreichische Filmförderung unter folgenden Gesichtspunkten zu reformieren:
Die österreichische Filmförderung muss erfolgsorientiert sein. Die Förderungsgelder
müssen effizient eingesetzt werden. Das Prinzip des künstlerischen und kommerziellen
Erfolges hat zu gelten.
Schaffung eines zusätzlichen Finanzierungsinstruments für den österreichischen Film in
Anlehnung an das deutsche Modell der Filmzulage. Der prozentuelle Anteil von Eigenmitteln an den Produktionskosten muss mindestens 20 % ausmachen.“107
Dieser Antrag wurde abgelehnt.
c. Antrag Christine Muttonen (SPÖ) und Silvia Fuhrmann (ÖVP)
„Die Bundesregierung wird ersucht, den Stellenwert der audiovisuellen Medien entsprechend ihrer kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung weiter auszubauen und
die österreichische Filmwirtschaft weiter zu stärken und damit auch den Erfolgen des
österreichischen Films und der österreichischen Filmwirtschaft Rechnung zu tragen.
Insbesondere wird die Bundesregierung ersucht, an dem im Regierungsübereinkommen festgelegten Ziel zur sukzessiven Anhebung des Budgets des österreichischen
Filminstituts auf 20 Millionen € festzuhalten. Die Bundesregierung wird weiters
ersucht, darüber hinausgehende Maßnahmen zur Förderung des Nachwuchsfilms, zur
Stärkung der Programmkinos und zur Stärkung des Filmstandorts Österreich, wie etwa
das Modell des Deutschen Filmförderfonds zu prüfen und dem Nationalrat einen Maßnahmenkatalog vorzulegen.“108
Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen.
Untersuchen wir nun, worin die Differenzen bzw. Gemeinsamkeiten dieser drei Anträge begründet sind:
Der Antrag der Grünen und der SP/VP-Koalitionäre verbindet die Aufforderung der
Erhöhung des jährlichen Förderbetrages vorzunehmen, um die in der Regierungsüber107
Stenographisches Protokoll der 23. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich, ebd.,
S. 657f.
108
Ebd., S. 1014.
84
einkunft festgeschriebenen 20 Mio. Euro zu realisieren. Die Grünen sind hinsichtlich
der inkrementellen Erhöhung konkret (1 Mio. Euro mehr pro Jahr), die SP/VP-Koalitionäre schwammig („sukzessive“). Die Erhöhung 2009/2010 war dann exakt jene Million,
also von 15,57 auf 16,57 Mio. Euro (siehe Anhang 1); mit dieser Linearität hätte man
die angepeilten 20 Mio. nicht ganz im letzten Jahr des Regierungsübereinkommens
realisiert, was einer jährlichen Steigerung von rund 3,5 Prozent netto ausgemacht
hätte, was grosso modo die Erhaltung des Status quo bedeutet.
Der Antrag der FPÖ beinhaltet keinerlei budgetäre Forderungen und formuliert ausschließlich eine vordergründige, systemische Kritik am Österreichischen Filminstitut,
die sie im Begleittext zum Antrag näher ausführt: „Die Zeiten, in denen sich
Produktionsunternehmen mit der Ausrede, sie würden einen ´Kunstfilm´ produzieren,
und dass dieser deshalb mit öffentlichen Fördermitteln unterstützt werden müsse“,
sind angesichts der immer knapper werdenden öffentlichen Mittel vorbei.“109 Diese
Kritik begründet sie durch den sinkenden Marktanteil österreichischer Filme und die
abnehmende Zahl von Kinobesuchern und resümiert am Ende ihres Debattenbeitrages
„Es darf in Zukunft nicht mehr möglich sein, dass in Österreich der erfolglose Film, der
keinen Zugang zum Publikum findet, gefördert wird.“
Das Hauptmotiv ihrer Kritik an der Filmförderung aber wird dann klar, wenn
Unterreiner die internationalen Prämierungen der Kunstfilme „Das weiße Band“ und
„Die Fälscher“ kritisiert: Damit werden „… mit der Abarbeitung des Nationalsozialismus
Preise gewonnen.“ Und noch klarer: „Da könnten wir uns auch einmal in einer Identität
finden, wo wir uns in der Vergangenheit nicht ausschließlich auf einen kleinen
Zeitraum der Diktatur beschränken. (Beifall bei der FPÖ.) Auch was unsere Geschichte
angeht, könnten wir Ruhmreiches erzählen.“
Die Logik der Ablehnungen und Annahmen sind abschließend leicht erklärt: Die Ablehnungen galten den Anträgen der Opposition, die Annahme dem Antrag der SP/VPKoalitionäre.
109
Ebd., S. 656.
85
6. Unternehmensstruktur und Produktionswerte der österreichischen
Filmindustrie
Dem Filmwirtschaftsbericht über das Jahr 2010110 ist zu entnehmen, dass sich der
Gesamtumsatz der österreichischen Filmwirtschaft im Jahre 2009 auf rund 697 Mio.
und einem Brutto-Betriebsüberschuss von rund 100 Mio. Euro beläuft, was einer
Brutto-Marge von rund 14% entspricht, welche bei einem durchschnittlichen
Verwaltungs-Overhead nur geringe Nettogewinne zuläßt.
In Relation zum Brutto-Inlandprodukt von Österreich 2009 (276 Mrd. Euro111) resultiert
ein relativer Anteil der Filmproduktion von 0,25 Prozent an der nationalen Wertschöpfung.
Der Anteil des bedeutsamsten Segments „Kino- und TV-Film“ beträgt davon 47% oder
rund 326 Mio. Euro.
Tabelle 30: Kennzahlen der österreichischen Filmwirtschaft 2009112.
Auf dem ersten Blick springt die durchschnittliche Beschäftigtenzahl der Unternehmen
für Kino- und TV-Filmherstellung ins Auge: sie liegt knapp über 2 Beschäftigte! Nur 47
Unternehmen dieses Segments haben mehr als 10 Mitarbeiter; rund 80% der
Unternehmen sind Ein-Personen-Unternehmen.
110
Österreichisches Filminstitut, Filmwirtschaftsbericht 2011, facts + figures 10, S. 16f.
in: http://www.filminstitut.at/de/filmwirtschaftsberichte/, Stand 25.10.2012.
111
Statistik Austria, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Hauptgrößen, in:
http://www.statistik.at/web_de/statistiken/volkswirtschaftliche_gesamtrechnungen/bruttoinlandsprod
ukt_und_hauptaggregate/jahresdaten/index.html, Stand 25.10.2012.
112
Österreichisches Filminstitut, Filmwirtschaftsbericht 2011, facts + figures 10, S. 15.
in: http://www.filminstitut.at/de/filmwirtschaftsberichte/, Stand 25.10.2012.
86
Betrachten wir als Erstes die Entwicklung der Produktionswerte von Kinofilmen und
Fernsehfilmen und leiten daraus einerseits den Wertanteil der Kinofilm-Produktionen
ab und stellen diesen der jährlichen Dotation des Österreichischen Filminstituts
gegenüber. Die fiktive Verhältniszahl Produktionswert zu Förderdotation ist zweifellos
problematisch, da keine explizite Parallelität existiert, zeigt aber Signifikanzen im
Deckungsgrad auf.
Tabelle 31: Ratios Produktionswerte, Wertanteile und Fördermittel.113
Produktionswert
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
Kinofilm
18,5
25,1
23,2
17,3
40,6
27,2
35,3
Fernsehfilm
79,3
98,1
81,0
83,3
95,7
97,3
99,5
Gesamt
97,8
123,2
104,2
100,6
136,3
124,5
134,8
Anteil Kinofilm
(In %)
18,9
20,4
22,3
17,2
29,8
21,9
26,2
9,6
9,6
9,6
12,18
15,63
15,57
16,57
51,9
38,2
41,4
70,4
38,5
57,2
46,9
Förderung ÖFI
Ratio Prod.wert
Förderung (in %)
Quelle: Filmwirtschaftsberichte 2004-2010, Österreichisches Filminstitut
Tabelle 32: Grafische Darstellung und Trendlinien zur Tabelle 31.
80
70
60
Ratio
Produktionswert/
Förderungen
50
40
Trendlinie
30
20
Anteil
Kinofilm
10
0
2004
2005
2006
2007
2008
2009
Trendlinie
Jahre
113
Österreichisches Filminstitut, Filmwirtschaftsberichte 2004-2010, in: www.filmwirtschaftsbericht.at,
Stand 4.4.2013.
87
Die „betriebswirtschaftliche Interpretations-Problematik“ der obigen Grafik hat zwei
Gründe: der erste Grund ist die Diskontinuität betriebswirtschaftlicher Kennziffern, die
in den Berichten des Österreichischen Filminstituts und der Statistik Austria nicht
gegeben ist; ab 2005 wird die Trennung der Umsätze nach Kino- und Fernsehfilm
aufgegeben und ausschliesslich die akkumulierten Zahlen publiziert. Der zweite Grund
liegt in der Asynchronität der Zahlen bzw. der fehlenden Abgrenzungen im Sinne von
„work in progress“. Der Produktionszyklus eines Kinofilms liegt in der Regel über einem
Jahr, die Förderzusage gilt für drei Jahre. Der einigermassen lineare Graph „Anteil
Kinofilm“ ist eine Funktion des „Produktionswert Kinofilm“, dessen Wachstum 2008
gegenüber dem Fernsehfilm überproportional ausfiel. Die Lineare Trendkurve zeigt
einen steigenden Anteil auf 25% in 2010, also ein Verhältnis von 1 : 4 zwischen Kinound Fernsehfilm-Produktionswerten. Die Unschärfe dieser Darstellung liegt im
Umstand begründet, dass der „Produktionswert“ erst zum Zeitpunkt der Fertigstellung
berichtet wird und der Extremwert des Jahres 2008 sich aus Filmprojekten
zusammensetzt, die bereits 2005, 2006 oder 2007 gestartet wurden.
Somit lösen die Abweichungen beim Anteil des Kinofilms in den Jahre 2007 (minus 5
Prozentpunkte) und 2008 (plus 12,6 Prozentpunkte) signifikante Veränderungen bei
Verhältnis Produktionswert/Förderungsvolumen aus. Der parallele Kurvenverlauf der
Linearen Trendlinien zeigt, dass sich die beiden Parameter in einem Verhältnis von 2 : 1
bewegen, was bedeutet, dass – grob gesprochen – im Trend das Fördervolumen des
Österreichischen Filminstituts das Doppelte im Kinofilm-Produktionswert-Volumen
auslösen sollte. Das würde für das aktuelle (2013) Volumen von 20 Mio. Euro
Förderbudget des Österreichischen Filminstituts einen Produktionswert von rund 40
Mio. Euro für Kinofilme bedeuten.
Aus der Parallelität der beiden Linearen Trendlinien kann darüber hinaus auch
abgeleitet werden, dass sich der österreichische Kinofilm als Segment – mit nur ganz
wenigen Ausnahmen – von aus öffentlichen Mitteln geförderte Eigenproduktionen
darstellt.
88
7. Kritische Evaluation der österreichischen Filmförderung
7.1. Kontinuitäten und Diskontinuitäten in der strategischen Ausrichtung vor
und nach 2004
Wie schon in der Einleitung angerissen, ist in diesem Kapitel die Gewichtung des
kulturpolitisch-strategischen Spannungsfeldes „Erfolg an der Kinokasse“ und „Erfolg
bei der Festival-Jury“ vor und nach 2004 darzustellen und zu interpretieren.
Als Einstieg in diese Frage dient eine erste Gegenüberstellung von Kennzahlen der
Jahre 2004 und 2010, um den quantitativen Rahmen dieser Frage zu beschreiben.
Tabelle 33: Kennzahlenvergleich Österreichisches Filminstitut 2004/2010
Alle Zahlen in tsd. Euro
2004
2010
Faktor
Förderbudget
9,60
16,57
1,73
o/w Referenzfilmförderung
1,8
4,9
2,72
Internationale Filmpreise
24
71
2,96
Förderzusagen
9,9
17,2
1,74
Produktionswert Film
18,5
35,3
1,91
Kinobesucher Ö-Film
583,2
646,6
1,11
Quelle: Filmwirtschaftsbericht 2004, 2010
Wenden wir uns nun der Interpretation dieser Kennzahlen zu, die ein recht
konsistentes Bild zeichnet.
Die beiden Input-Positionen „Förderbudget“ und „Förderzusagen“ sind mit dem Faktor
1,73/1,74 gewachsen, was die hohe Korrelation dieser beiden Parameter zeigt. Eine
signifikante
Steigerung weist
die
Referenzfilmförderung aus, die
als eine
Strategieänderung innerhalb des Fördersystem implementiert wurde und dessen
Anteil am gesamten Fördervolumens von 19% auf 30% anstieg. Wie bereits in einem
Vorkapitel ausführlich dargelegt, liegt die Ursache des starken Anstieges der
Referenzfilm-Förderung im Wegfall der Bindung zwischen Festivalerfolg und
inländischen Besucherzahlen.
Welche Impulse haben nun diese Input-Faktoren auf der Output-Seite in Hinblick auf
künstlerische und wirtschaftliche Effekte bewirkt?
89
Die obige Tabelle bestätigt erneut die hypothetische Vermutung des Verfassers: die
Verdreifachung der Zahl internationaler Festivalpreise zeigt klar den stark gestiegenen
künstlerischen Erfolg und somit Anerkennung auf internationaler Ebene.
Keinen „Return on Investment“ hat die Erhöhung des Fördervolumens und die
forcierte Referenzfilm-Förderung auf die inländischen Besucherzahlen österreichischer
Filmproduktionen, also den wirtschaftlichen Erfolg, wobei das oft strapazierte
Argument der substitutiven Wirkung durch konkurrierende elektronische Medien auf
Grund der Sperrfristen von geförderten Kinofilme nicht zutrifft.
An dieser Stelle sein ein Satz aus der Einleitung nachmals repliziert: „Der Verfasser
vertritt den Standpunkt, dass auch künstlerisch erfolgreiche Filme das Publikum
erreichen müssen, da sonst die Filmförderung nicht nur wirtschaftlich sondern auch
kulturell keinen Sinn ergibt.“
Aus Obigem ist abzuleiten, dass die Referenzfilm-Förderung in der gegenwärtigen
Form partiell Filmprojekte fördert, denen eine marginale Marktnachfrage gegenüber
steht.
7.2. Ökonomische Nutzenentwicklung der Filmförderung
In einer Pressemitteilung, übertitelt mit „Filmwirtschaftsbericht 2010 – Filmförderung
als Investition in die weitere Zukunft“ zog der Direktor des Österreichischen
Filminstituts eine ökonomische Erfolgsbilanz der Filmwirtschaft. Roland Teichmann
geht – bei Einrechnung einer angenommenen Umweg-Rentabilität – von einem
Gesamtumsatzvolumen der Filmwirtschaft von rund 1 Milliarde Euro aus, wovon auf
die Filmwirtschaft im engeren Sinn 796 Mio. Euro entfallen. Diese Zahl setzt sich laut
Filmbericht 2010 folgendermaßen zusammen:
Von den Umsätzen entfallen 50,2% auf die Produktion von Kino- und TV-Filmen und
11,3% auf Filmverleih und Vertrieb. Kinounternehmen erreichen 21,9% des gesamten
Branchenumsatzes. Der prozentuelle Rest entfällt auf Videotheken, Werbe- und
Wirtschaftsfilm. In Absolutbeträgen ausgedrückt, stellen sich die Segmentumsätze
folgendermassen dar:
90
Tabelle 34: Umsatzverteilung österreichische Filmindustrie 2010
Segment
Umsatz 2010
in Mio. Euro
Kino- und Fernsehfilm
399,6
Filmverleih und Vertrieb
90,0
Kinounternehmen
174,3
Gesamt
664,0
Diesem akkumulierten Umsatz steht eine akkumulierte Förderung von knapp 70 Mio.
Euro gegenüber, welche es nun zu spezifizieren gilt. Wenn wir nun die in Tabelle 30.
dargestellte Relation der Produktionswerte Kinofilm zu Fernsehfilm von 1:4 übernehmen, so resultieren daraus recht genau 80 Mio. Euro Umsatz durch den Kinofilm, der ja
Gegenstand der Untersuchung ist.
Von den Produktionskosten her betrachtet, nennt das Österreichische Filminstitut
folgende Zahlen:
2010 wurden 36 Spielfilme mit Mediankosten von 1,310 Mio. und 48 Dokumentarfilme
mit Mediankosten von 0,160 Mio. Euro gefördert, woraus eine Summe von rund 55
Mio. Euro resultiert. Wenn wir die Gesamtfördersumme um die Fernsehfilm-Förderung
und die Verwertungs-Förderung bereinigen, standen rund 53 Mio. Euro an Fördermittel den 55 Mio. Produktionskosten gegenüber.114 Rechnet man die geforderten
Mindest-Eigenmittel von 5 % der Produktionskosten dazu, ergibt sich aus dieser
Berechnung eine Gesamt-Förderung von beinahe 95 % der Produktionskosten.
Einfach formuliert: Österreichische Kinofilm-Produktionen sind im Rahmen der
vorlaufenden Finanzplanung so gut wie immer öffentlich ausfinanziert! Das
unternehmerische Risiko des/der Filmproduzentin liegt erstens in der Überschreitung
des geplanten Produktions-Budgets, welches allerdings bei Filmproduktionen nicht
unerheblich sind. Das beginnt bei der Teamfähigkeit der Filmcrew, Witterungseinflüssen, Ausfall von Drehtagen wegen einer Absenz von DarstellerInnen uam. Die
zweite unternehmerische Risiko des/der Produzentin ist es, die eingesetzten
114
Österreichisches Filminstitut, Filmwirtschaftsbericht 2010, S. 64ff.
91
Eigenmittel von (zumindest) 5% zu verdienen. Wenn wir uns in diesem Zusammenhang
die Frage nach den betriebswirtschaftlichen Zwängen des/der Produzentin in
Zusammenhang mit der aktuellen Förderpolitik des Österreichischen Filminstituts
stellen, so sieht der Verfasser seine Hypothese über das „Primat des wirtschaftlichen
Erfolges“ erneut bestätigt.
Gehen wir erneut von den im Filmwirtschaftsbericht genannten MedianProduktionskosten von 1,310 Mio. Euro aus, woraus ein idealtypischer Split von rund 5
Prozent, das sind rund 66.000 Euro Eigenmittel, resultiert. Stellen wir nun diesem
Investment seine Erlöse gegenüber und ermitteln so den betriebswirtschaftlichen
break-even-Punkt.
Dem Filmwirtschaftsbericht 2010115 ist zu entnehmen, das sich der durchschnittliche
Preis einer Kinokarte in diesem Jahr auf 7,53 Euro belief. Der Verteilschlüssel dieses
Betrages beträgt in der Regel 50% für den Kinobetrieb, 25% für das
Verleihunternehmen und 25% für den/die Produzentin. Somit ergibt sich ein Ertag von
1,88 Euro pro zahlenden Besucher für den/die Produzentin. Wenn wir nun das
Investment von 66.000 Euro Eigenmittel und den Return von 1,88 pro Besucher
dividieren, ergibt sich die Mindestbesucherzahl, wo für das Produktionsunternehmen
die theoretische Gewinnzone erst beginnt! Und dies unter der sehr optimistischen
Annahme, dass das eingereichte Produktionsbudget strikt eingehalten wurde.
Theoretisch
hätte
der/die
Produzentin
die
ökonomische
Option
eines
Auslandsverkaufs seiner Rechte, was aber den seltenen Ausnahmefall – zumeist bei
Ko-Produktionen – und nicht die Regel darstellt. Somit stellt der Anteil der
Kartenverkäufe die dominante Einnahmequelle dar. Die sich daraus ergebende
Mindest-Besucherzahl liegt unter den obigen Parametern bei rund 35.000 zahlenden
Besuchern!
Was bedeutet diese Erkenntnis für das aktuelle Fördermodell des Österreichischen
Filminstituts, welches die Junktimierung von Besucherzahl und Festivalerfolge
aufgehoben hat? Dieser Paradigmenwechsel gegenüber der Ursprungsversion von
1987 „emanzipierte“ den künstlerischen Erfolg samt der überschätzten Wirkung von
internationalen Festivalpreisen gegenüber dem wenig glamourösen wirtschaftlichen
115
Ebd., S. 30.
92
Erfolg und eröffnete so ex lege die Akzeptanz für einen gleichzeitigen Misserfolg bei
den Besucherzahlen.
Vergleichen wir noch die Wertigkeit der Referenzpunkte und nehmen dazu die
niedrigste Kategorie der Festivalförderung: 30.000 Referenzpunkte für die Teilnahme
(!) und auch einer „Out of Competition“ an den Festivals Berlin, Cannes, European Film
Award, Rotterdam oder Venedig. Um die gleiche Punktezahl über die Besucherzahl zu
erreichen, benötigt der gegenständliche Film (bei 20 Kopien) extrapoliert mehr als
34.000 zahlende Besucher! (Anmerkung des Verfassers: die Referenzfilm-Förderung
beginnt bei 40.000 Punkten und 300.000 Euro).
Die Problematik der österreichischen Filmförderung liegt aber auch in der fehlenden
Abgrenzung zwischen zwei Rechtsnormen: dem Kunstförderungsgesetz aus 1988 und
dem gegenwärtigen Filmförderungsgesetz.
Das Kunstförderungsgesetz
setzt
auf
künstlerische
Qualität
und exkludiert
betriebswirtschaftliche Zwänge im §4 (2): „Eine Förderung darf nur erfolgen, wenn das
Vorhaben (Projekt) ohne sie nicht oder nicht zur Gänze in Angriff genommen oder
durchgeführt werden kann und bei Gewährung der Förderung finanziell gesichert ist.
Nach Maßgabe seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hat der Förderungswerber
eine finanzielle oder sachliche Eigenleistung zu erbringen. Ist dem Förderungswerber
eine Eigenleistung wirtschaftlich nicht zumutbar, kann davon abgesehen werden.“116
Die Forderung nach 5% an Eigenmittel (Barmittel) im §6 lit. b. der aktuellen Förderrichtlinien setzt also den/die Filmproduzentin des gegenständlichen Spielfilmes de
facto unter wirtschaftlichen Erfolgsdruck, der im Kunstförderungsgesetz heraus
genommen wurde.
Wie im Kapitel 4.5. Abschnitt c. bereits dargelegt wurde, lagen rund 50% der
geförderten Filme unter der Besucherzahl von 40.000 und waren isoliert betrachtet
betriebswirtschaftlich nicht profitabel.
116
Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Bundesgesetz vom 25. Feber 1988 über die
Förderung der Kunst aus Bundesmitteln (Kunstförderungsgesetz), in:
http://www.bmukk.gv.at/kunst/recht/kfg.xml, Stand 20.4.2013.
93
Den zur publizierten Dokumenten des Österreichischen Filminstituts ist nicht zu
entnehmen, welche Annnahmen in den eingereichten Planungs-Dokumenten
hinsichtlich der erwarteten Besucherzahlen getroffen wurden und ob Förderungen
gewährt wurden, wiewohl kein ausreichender wirtschaftlicher Erfolg ausgewiesen
wurde. Falls doch, dann handelte es sich um eine evidente Fehleinschätzung des
Marktpotentials für das gewählte Sujet.
Um das oben angerissene Denkmodell über die konsequente Trennung von
„künstlerisch/ökonomischer Filmindustrie“ und „künstlerischer Spielfilm“ abzuschliessen, erscheint eine Förderung von Projekten mit den Antrags-Parametern
„mehrfache Festivalteilnahme/geringe Besucherzahl“ durch die Anwendung des
Kunstförderungsgesetz effizienter als diesen Film mit einem möglicherweise
existenzbedrohenden, unternehmerischen Verlust zu realisieren.
94
8. Zusammenfassung und kritische Würdigung
Dieses Kapitel ist nun der Abschnitt dieser Arbeit, wo Antworten auf die
Forschungsfragen gegeben werden und die Erkenntnisse der einzelnen Kapitel in
aggregierter Form zusammengeführt werden. Die Forschungsfragen betrafen die
folgenden Themenkomplexe:
1.
Ziele, Strategien, Struktur und deren Veränderungen
o Welche Strategien wählte der Österreichische Filmförderungsfonds 1981, um
die Position der österreichischen Filmindustrie im internationalen Umfeld
nachhaltig zu stärken?
Im Filmförderungsgesetz 1980 existierte zuerst eine Projektförderung, die 1986 mit
einer Referenzfilm-Förderung erweitert wurde. Dieses Modell basierte auf dem
ökonomischen Erfolg des Kinofilms anhand der Besucherzahl, wobei ein „Akzelerator“
eines Erfolges bei einem bedeutenden Filmfestival den künstlerischen Erfolg belohnte.
In jedem Fall aber musste die Mindestzahl von 40.000 Besuchern in der Film-Sperrfrist
erreicht werden, um in diesem Modell eine (automatische) Förderung zu erhalten.
o Welche organisatorische Entscheidungsstruktur und Evaluationsmodelle der
Förderansuchen wählte der Österreichische Filmförderungsfonds/das
Österreichische Filminstitut?
Der Österreichische Filmförderungsfonds/ das Österreichische Filminstitut wählte die
Form eines Expertengremiums unter Einbeziehung des/der LeiterIn des Fonds/Instituts.
Diese Form hat gegenüber dem Intendantenmodell zwei Vorteile: Interventionen
seitens Produzenten werden massiv erschwert und Teamentscheidungen sind in der
Regel qualitativ besser als Einzelentscheidungen; darüber hinaus sind sie besser
argumentierbar.
o Welche Änderungen erfolgten im Betrachtungszeitraum
Organisationsstruktur und dem Evaluationsmodell und weshalb?
bei
der
Die Struktur des Österreichische Filmförderungsfonds/Österreichischen Film-instituts
wurde wohl adaptiert, ist aber in seiner Grundkonzeption gleich geblieben.
Der gravierende Unterschied in der Förderpolitik war 2004 die Entkoppelung des
ökonomischen und künstlerischen Erfolges in zwei unabhängige Erfolgsskalierungen.
Ab diesem Zeitpunkt konnten künstlerisch erfolgreiche Filme (Parameter JuryPrämierungen) auch bei marginalen inländischen Besucherzahlen ReferenzfilmFörderungen lukrieren. Wie im entsprechenden Kapitel ausgeführt, wurden aus diesem
95
Titel rund 2 Mio. Euro gefördert, wo die entsprechende Besucher-Resonanz
ausgeblieben war.
2.
Der Leverage-Effekt der Förderung
o Ist eine trendmäßige Änderung in den ökonomischen bzw. in den
künstlerischen Parametern nach 2004 feststellbar?
Die Verdreifachung der Zahl internationaler Festivalpreise zeigt klar den stark
gestiegenen künstlerischen Erfolg und somit Anerkennung auf internationaler Ebene.
Keinen „Return on Investment“ hat die Erhöhung des Fördervolumens und die forcierte
Referenzfilm-Förderung auf die inländischen Besucherzahlen von österreichischen
Filmproduktionen, also den wirtschaftlichen Erfolg, wobei das oft strapazierte
Argument der substitutiven Wirkung durch konkurrierende elektronische Medien
wegen der Sperrfristen von geförderten Kinofilme nicht zutrifft.
3.
Das (budget-)politische Umfeld
o Welche Auswirkungen hatten wechselnde Budgetansätze der jeweiligen
Bundesregierungen? In welchen Regierungsperioden wurde die österreichische
Filmförderung gestärkt bzw. geschwächt?
In der Zeit zwischen 2000 und 2006 postulierten die Regierungsparteien die
Notwendigkeit von verstärkter privatwirtschaftlicher Finanzierung im Kulturbereich.
Zum Teil wurde das mit dem Budgetdruck des Staates begründet. Zusätzlich wurde
politisch argumentiert, die Künstler vor staatlicher Abhängigkeit zu schützen, womit der
Gedanke einer staatlichen Kernaufgabe durch Förderung von Kunst und Kultur in den
Hintergrund geraten war; Film und elektronische Medien wurden mit dieser politischen
Position in ein neoliberales, wirtschaftliches Umfeld rücktransferiert. Eine vom
damaligen Finanzminister Grasser verfolgte Strategie erschöpfte sich im Wesentlichen
in einer unreflektierten, kurzfristigen Kürzungspolitik: also dem Ausräumen von
Rückstellungen und Fördertöpfen, Ausgliederungen von Verlustbringern (ÖBB, ASFINAG
uam.), Erhöhungen von Abgaben. Sinnvolle, längerfristige Strukturveränderungen
waren nicht Teil dieser Strategie, welche überwiegend auf dem Schlagwort „Nulldefizit“
und „politisch gut verkaufbaren“ Themen aufbaute. Für das Kulturbudget, notabene die
Filmförderung, bedeutete eine lineare Reduktion der Subventionen in Höhe von 15%
eine starke Disparität zwischen der Anzahl bereits entwickelter und zugesagter Projekte
und dem verfügbaren Budget.
„Neben der Förderung kultureller Partizipation und einer Vielzahl anderer
spartenspezifischer Vorhaben wird die Bundesregierung einen Schwerpunkt zur
Stärkung des Medien- und Filmstandorts Österreich setzen.“ (Regierungserklärung
96
Alfred Gusenbauer am 16. Jänner 2007). Einzig die Regierungserklärung 2007 fand
auch den entsprechenden Niederschlag in der budgetären Ausstattung des
Filminstituts: allerdings relativiert durch den Umstand, dass diese signifikante
Steigerung das Fördervolumen des Filminstituts auf das Niveau von 1999
zurückbrachte.
Auch im Regierungsprogramm 2008-2013 der Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP im
Kabinett Faymann finden wir entsprechende Passi hinsichtlich der Medienförderung,
einerseits die Absichtserklärung zur Aufstockung des Fernsehfilmförderungsfonds auf
15 Mio. Euro als auch die Erhöhung der Filmförderung des Österreichischen
Filminstituts auf 20 Mio. Euro: „Die Bundesregierung möchte den Stellenwert der
audiovisuellen Medien entsprechend ihrer kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung
weiter ausbauen und die österreichische Filmwirtschaft stärken. Angestrebt wird die
Anhebung des Bundesbeitrags für das österreichische Filminstitut auf 20 Mio. EUR und
eine Steigerung für die Förderung des Nachwuchsfilms.“
4.
Bund, Länder, ORF, RTF
o Gab es in der gesamtösterreichischen Förderungsverteilung signifikante
Verschiebungen im Fördervolumen zwischen diesen Körperschaften bzw.
Rechtsträger?
Generell kann von einem aufsteigenden Trend in den letzten Jahren gesprochen
werden. In der sog. LIKUS Statistik des Bundes stieg der Anteil der Klasse „Film, Kino,
Video“ an den Kulturausgaben des Bundes von 1,9% (2000) auf 2,8% (2010). Ebenso
wuchs der Anteil des ORF am Film/Fernseh-Abkommen von anfänglich ca. 6 Mio. (2004)
ab 2010 auf 8,0 Mio. Bei der Filmförderung der Bundesländer existieren in Wien,
Niederösterreich und Steiermark entsprechende finanzielle Volumina > 2 Mio. Euro,
wobei die Förderung ausserhalb von Wien regionalpolitisch überwiegend nach
tourismusfördernden und beschäftigungspolitischen Schwerpunkten vergeben wurden.
Die Forderung nach künstlerischen Inhalten ist in den Förderrichtlinien nur marginal
vertreten.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Österreichische Filmförderung die
künstlerische Komponente der österreichischen Filmindustrie in den letzten Jahren
sehr erfolgreich entwickelt hat.
Es wäre trotzdem für dieses ökonomisch sehr fragile Segment hilfreich, den
ökonomischen Erfolg einer Produktion wieder verstärkt einzufordern, denn schliesslich
sprechen wir von „der Filmindustrie“, wo am Ende der finanzielle Erfolg die
Nachhaltigkeit sicherstellt. Es kann nicht die Aufgabe der Filmförderung sein, die
97
ausbleibende Nachfrage des Konsumentenmarktes zu negieren und Sujets fördern, die
nur einen überschaubaren Kreis von Jurymitgliedern und Cineasten begeistern. Hier
wäre nach Ansicht des Verfassers Handlungs- und Novellierungsbedarf gegeben.
98
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in: http://www.locationaustria.at/de/regionale_filmfoerderung.aspx, Stand 2.2.2013.
101
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http://www.statistik.gv.at/web_de/statistiken/volkswirtschaftliche_gesamtrechnunge
n/regionale_gesamtrechnungen/nuts2regionales_bip_und_hauptaggregate/index.htm
l, Stand 11.12.2012.
Stenographisches Protokoll der 23. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich,
XXIV. Gesetzgebungsperiode 20.5.2009 bis 29.5.2009, in:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/NRSITZ/NRSITZ_00023/fname_168044.p
df, Stand 25.2.2013.
Stenographisches Protokoll, 491. Sitzung des Bundesrates, S. 21131f., in:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/BRSITZ/BRSITZ_00491/imfname_149134.
pdf, Stand 29.10.2012.
Tätigkeitsbericht des Fernsehfonds Austria, Berichtsjahr 2009,
in: https://www.rtr.at/de/komp/alleBerichte/Bericht2009.pdf, Stand 10.2.2013.
103
Verband der Österreichischen Filmproduzenten (1998): Der Milliarden-Effekt, in:
http://www.filminstitut.at/downloads/cms_uploaded/milliardeneffekt.pdf, Stand
29.10.2012.
Zappe, Werner, Förderung des österreichischen Kinofilms, Präsentation
Donauuniversität Krems 2010, in:
http://www.filmsupport.at/download_Seiten/download/OeFI_presentation_22042010
.pdf, Stand 19.8.2012.
104
10. Curriculum Vitae MMag. Josef Villa, BA MA
2012
Abschluss des Studiums Politikwissenschaft und Graduierung zum Master of
Arts
2012
Beginn Doktoratsstudium Geschichte
Titel der Dissertationsarbeit: Ökonomische und politische Krisenstrategien in
Österreich, den Vereinigten Staaten von Amerika und Deutschland zwischen
1931 und 1938 - Konvergenzen und Divergenzen
2011
Abschluss des Studiums Globalgeschichte und Graduierung zum Magister der
Philosophie
2010
Beginn des Master-Studiums Politikwissenschaft
Titel der Master-Arbeit: Das KZ Loibl Nord in der Kärntner Erinnerungskultur
Beginn des Magister-Studiums Publizistik- und Kommunikationswissenschaften
Titel der Magisterarbeit: Die österreichische Filmförderung 1981-2010
2009
Abschluss des Studiums Politikwissenschaft und Graduierung zum Bachelor of
Arts
2007
Beginn des Bachelor-Studiums Politikwissenschaft
Titel
der
Bachelor-Arbeit:
Die
Dritte
Demokratisierungswelle.
Demokratische Transformationsprozesse am Beispiel von Spanien und
Griechenland 1974-1982
2007
Beginn des Magister-Studiums Globalgeschichte
1975-
Karriere in mehreren IT-Konzernen, diverse Management- und Vorstandspositionen
1975
Abschluss des Studiums Handelswissenschaft und Graduierung zum Magister
der Wirtschaftswissenschaften
1970
Beginn Studium Handelswissenschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien
1969
Maturaabschluss am BRG 1140, Astgasse
1951
Geboren in Wien
105
11. Abstract
Die österreichische Filmförderung ist eine historisch „junge“ Institution mit klarem
Bezug auf das Medium „Film“, welche ab 1981 Strategien und passende Metriken
entwickeln musste, um einen effiziente Förderrahmen zu schaffen, der sowohl die
künstlerische und ökonomische Entwicklung der österreichischen Filmproduktion
durch Beratung, Vermarktung und finanzielle Mittel unterstützt. Der Nachteil der
österreichischen Filmschaffenden im europäischen Umfeld lag in der Struktur der
österreichischen Filmwirtschaft, nämlich in der Existenz von vielen kleinen,
unterkapitalisierten Unternehmen – diese wohl mit hohem Kreativitätspotential – und
dem zu Folge der Mangel an österreichischen „big player“ in der europäischen
Filmindustrie.
Diese Magisterarbeit beschreibt und untersucht die Entwicklung der österreichischen
Filmförderung ab 1981, also dem Jahr, wo der Österreichische Filmförderungsfonds
(heute Österreichisches Filminstitut) als zentraler Impulsgeber für die österreichische
Filmwirtschaft gegründet wurde. Diese Institution wurde als juristische Person des
öffentlichen Rechts konstituiert und seine bundesweite Förderungstätigkeit basierte
auf dem Filmförderungsgesetz vom November 1980 und den nachfolgenden
Novellierungen.
Neben dem Österreichischen Filminstitut existieren Institute der Länder zur Filmförderungen und darüber hinaus ein Film/Fernseh-Abkommen mit dem ORF. Diese
gesamthafte Analyse evaluiert alle 17 Filmförderungs-Institutionen des Bundes und
der Länder in Hinblick auf ihre gesetzlichen Rahmenbedingungen, auch jene der EU,
ihre Entscheidungsstrukturen – also der jeweilige institutionelle Aufbau ihrer Gremien
– des Weiteren ihre Förderstrategien und daraus abgeleiteten Evaluierungsmodelle,
ihre relevanten Wirkungsanalysen sowie Prüfungsempfehlungen (Rechnungshof oder
begleitende
Kontrolle)
und
den
daraus
resultierende
Novellierungen
und
Adaptierungen.
Eine neue, wichtige Funktion in der österreichischen Filmförderung wurde mit der
Gründung des Österreichischen Filmförderungsfonds geschaffen: die Beratung für
kreative Filmschaffende in Hinblick auf die Betriebswirtschaft der Filmproduktion:
106
Standardisierung bei Projektkalkulationen, Orientierung durch Kennzahlen und
Benchmarks, Beratung bei komplexen Förderungskonstellationen.
Zusammenfassend bilden also die Themenfelder der Entwicklung, die gesetzlichen
Aufträge und das politische Umfeld, die gesamthafte Struktur der Filmförderung
(natürlich mit Schwerpunkt auf das Österreichische Filminstitut) und deren Effekte als
Ableitung statistischer Erfolgsparameter den Umfang dieser Arbeit.
Ergänzt wird diese Arbeit mit einer dynamischen Analyse der Veränderungen in
Hinblick auf Strategiewechsel, Aufgabenerweiterung oder Reduktion, und Brüche in
den ökonomischen oder künstlerischen Evaluationsmodellen für die Förderungen.
107
12. Anhänge
Anhang 1. Filmförderung und Filmfinanzierung aus öffentlichen Mitteln 1981 bis
2010117
117
Statistik Austria, Kulturstatistik 2010, S. 137.
in: https://www.statistik.at/web_de/suchergebnisse/index.html, Stand 25.10.2012.
108
Anhang 2. Parlamentarische Budgetdebatte 2009, Absätze aus Beiträgen mit Bezug zur
Film- und Fernsehförderung
Silvia Fuhrmann, (Seite 193)
Hier ist natürlich die Frage, ob es mit den Museen abgesprochen wurde, dass von den
8,5 Millionen 3 Millionen für Gratiseintritte verwendet werden. Ich denke nämlich,
dass die Kostenrückerstattung so, wie sie auch im Regierungsprogramm festgehalten
ist, nicht dazu dienen soll, dass die Basisabgeltung aufgefressen wird. Aber das alles
sind Punkte, die wir nächste Woche im entsprechenden Kapitel diskutieren werden.
Dasselbe gilt auch für die Absicherung der Filmwirtschaft in Österreich – auch hier gibt
es viel zu tun.
Die Ministerin hat angekündigt, dass sie mit Staatssekretär Ostermayer – schade, er ist
jetzt nicht mehr da, am Vormittag hätte ich ihn gerne dazu befragt – Gespräche führen
wird. Sie hat angekündigt, dass es ihr Ziel ist, das Film/Fernseh-Abkommen im Gesetz
zu verankern. Wir werden sie dabei unterstützen. Ich hoffe, dass sie sich bei ihrem
Staatssekretär durchsetzen kann.
Peter Wittmann, SPÖ (Seite 251f)
Ganz besonders freut es mich, dass im Medienbereich einiges geschehen ist und dass
bei den Obersten Organen auch die Medien beinhaltet sind. Da freut mich ganz
besonders, dass das Film/Fernseh-Abkommen von 7,5 Millionen € auf 13,5 Millionen €
erhöht wurde. Das ist die Chance, den heimischen Film weiterhin zu fördern.
Wir sehen ja in den letzten Monaten, wie erfolgreich die heimischen Filmschaffenden
sind: einerseits mit einem „Oscar“ und jetzt mit einer „Goldenen Palme“ in Cannes
ausgezeichnet, wobei man dazusagen muss, dass Haneke – der im Übrigen ein Wiener
Neustädter ist (Oh-Rufe und Beifall bei der SPÖ) – nicht den ersten Preis bei diesen
Filmfestspielen gewonnen hat, sondern schon mehrere Preise gewonnen hat und
letztendlich jetzt den Hauptpreis gewonnen hat. Es war dies ein Film, der durch das
Film/Fernseh-Abkommen gefördert wurde, sodass man sieht, dass das Geld gut angelegt ist und dass das eine Visitenkarte nach außen ist. (Abg. Brosz: Und die Kritik, dass
es zu wenig ist, hört niemand!)
109
Ich bin froh darüber, dass das von 7,5 Millionen € auf 13,5 Millionen € erhöht wird. Ich
glaube, das ist herzeigbar, das sind mehr als 40 Prozent Erhöhung. Das gibt es – wie ich
glaube – in keinem anderen Bereich.
Karlheinz Kopf, ÖVP (Seite 254f)
Kollege Wittmann hat schon auf einen Punkt hingewiesen, nämlich auf die Fernsehfilmförderung. – Wir haben es geschafft, in diesem Budget den Fernsehfilmförderungsfonds immerhin um 6 Millionen € aufzustocken, was von der einschlägigen
Branche absolut positiv kommentiert und beurteilt wurde. Wir stocken den Fonds von
7,5 Millionen €, wie er bisher dotiert war, auf 13,5 Millionen € auf und stärken damit
die Produzentenlandschaft und auch die Möglichkeit internationaler Koproduktionen,
denn eines muss uns klar sein: Film ist – nicht nur, aber sehr wohl – ein wichtiges
Kulturgut, aber auch ein Wirtschaftsgut.
Film ist ein nicht unbedeutender Wirtschaftszweig, hat etwa 2.300 Unternehmen in
seinen Reihen, ist sehr beschäftigungsintensiv – es sind etwa 2.500 Menschen direkt
und weitere 2.500 indirekt beschäftigt – und ist eine Wachstumsbranche. Er hat seinen
Marktanteil in der letzten Zeit verdreifachen können, und er hat eine breite Wertschöpfung. Von den Zulieferern bis hin zum Tourismus ist das inzwischen eine sehr
ernst zu nehmende Branche geworden. Also Film ist ein ernst zu nehmendes Wirtschaftsthema. Die österreichische Filmwirtschaft – auch das ist schon angesprochen
worden – ist auch höchst erfolgreich. Ruzowitzky, Haneke sind bereits genannt
worden.
Das, meine Damen und Herren, heißt: Filmförderung ist auch eine Investition in einen
ernst zu nehmenden Kultur- und Wirtschaftsbereich. (Beifall bei der ÖVP sowie bei
Abgeordneten der SPÖ.)
In diesem Zusammenhang auch ein ernstes Wort an die Verantwortlichen im ORF: Wir
erhöhen die Fernsehfilmförderung nicht, damit der ORF gleichzeitig seine Ausgaben für
die Eigenproduktionen kürzen kann, wie das in den letzten Jahren bereits geschehen
ist und wie sich das in den Budgets der nächsten Jahre zusätzlich noch abzeichnet. Das
war nicht die Intention dieser Budgeterhöhung. (Beifall bei der ÖVP.)
110
Zweitens: Auch die Förderung des Kinofilms mit finanziellen Mitteln gehört zu den
Aufgaben des ORF. Das heißt, die angedachte oder bereits avisierte Kündigung des
Film/Fernseh-Abkommens ist genau das Gegenteil von dem, was wir brauchen. Das
wäre eine gröbliche Vernachlässigung des öffentlich-rechtlichen Auftrages des ORF.
(Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Film ist ein besonderes Kulturgut, freie private Medien sind
ein besonderes Merkmal einer pluralistischen Medienlandschaft in einer freien Gesellschaft. Sie verdienen daher unsere besondere Aufmerksamkeit, und zwar genauso
ideell wie materiell, und deshalb ist dieses Budget auch ein klares und deutliches Signal
an die Medienlandschaft, genauso wie an die Kulturschaffenden, insbesondere in der
Filmbranche. (Beifall bei der ÖVP.)
Josef Ostermayer, SPÖ (Seite 260f)
Außerdem wurde, wie schon angesprochen, die Fernsehfilmförderung um 6 Millionen
€ aufgestockt. Jetzt kann man sagen, dass 6 Millionen € nicht so viel sind. Es wurde
auch öffentlich diskutiert, dass die Deutschen gerade eine Förderung von 60 Millionen
€ schaffen.
Wenn man sich aber überlegt, dass das Verhältnis der Volkswirtschaften von
Österreich und Deutschland 1 : 10 beträgt, dann sind wir mit dieser Aufstockung um 6
Millionen € genau bei dem Anteil, den die Deutschen gerade festgelegt haben.
Es ist ein schöner Zufall, dass daneben auch noch österreichische Filmschaffende
große Preise bekommen wie zum Beispiel Michael Haneke oder Stefan Ruzowitzky.
Götz Spielmann hat es immerhin geschafft, mit dem Film „Revanche“ unter die letzten
fünf bei der heurigen Oscar-Verleihung zu kommen, aber da gäbe es noch viele Namen
von Filmschaffenden zu erwähnen, die in letzter Zeit sehr erfolgreich waren.
Zu einer Frage, die Herr Abgeordneter Kopf angeschnitten hat – nämlich, dass nicht im
gleichen Atemzug der ORF das Film/Fernseh-Abkommen aufkündigen kann –, möchte
ich nur ein paar Anmerkungen machen: Am 2. April hat der Stiftungsrat des ORF beschlossen, dass der ORF bis zum Jahre 2010 ausgeglichen zu bilanzieren hat. Das ist
natürlich, wenn man sich einerseits anschaut, wie die Entwicklung in den letzten
Jahren war, und andererseits, wie die wirtschaftliche Entwicklung derzeit ist – die
111
natürlich alle Medien: Printmedien, private Rundfunkveranstalter und genau so den
ORF trifft –, ein sehr großes Unterfangen und eine sehr große Aufgabe, die der
Stiftungsrat der Geschäftsführung aufgetragen hat.
Wenn wir dann der Meinung sind, dass es bestimmte Bereiche gibt, die wir zusätzlich –
über den Rahmen der gesetzlichen Aufgabe hinaus – gefördert haben wollen, dann
sollten wir das tun, was der Bundeskanzler und der Vizekanzler Ende März gesagt
haben, nämlich über eine Teilrefundierung der ORF-Gebühren reden, die durch
Gebührenbefreiungen fehlen. Jetzt diese Zurufe zu machen, das halte ich nicht für gut.
Dass es insgesamt ein Bekenntnis gibt, den österreichischen Film – nicht nur, weil er
jetzt erfolgreich ist, sondern damit er auch in Zukunft erfolgreich bleibt – zu fördern,
damit auch in Zukunft entsprechende Mittel zur Verfügung stehen, um auch den – wie
Herr Klubobmann Kopf gesagt hat – wirtschaftlichen Aspekt der Filmwirtschaft zu
stützen, da bin ich voll dabei. Das war ja auch der Grund dafür, warum wir – sowohl bei
den Regierungsverhandlungen, als auch jetzt beim Budget – abbilden konnten, dass
wir den österreichischen Film unterstützen wollen, und daher die Fernsehfilmförderung von 7,5 auf 13,5 Millionen € aufgestockt haben.
Wolfgang Zinggl, Grüne (Seite 289ff)
Jetzt komme ich zum Beginn dieser Debatte, wo Klubobmann Kopf genauso wie Herr
Abgeordneter Wittmann und Herr Staatssekretär Ostermayer zum Film lobende Worte
gefunden haben, wie etwa „besonderes Kulturgut“ oder „ernst zu nehmender Wirtschaftsbereich“. Herr Abgeordneter Kopf hat auch gemeint, dies sei eine wichtige
Wirtschaftswachstumsbranche und ein Wertschöpfungsfaktor. Weiters ist natürlich
das Lob im Zusammenhang mit dem Kinofilm von Haneke gekommen; Ruzowitzky und
Spielmann wurden erwähnt.
Meine Damen und Herren, es handelt sich hierbei um den Kinofilm, und der Kinofilm
bekommt in diesem Jahr keine Förderung im Budget; das muss ausdrücklich erwähnt
werden, und es ist auch sehr schade. Es wird genau denjenigen das Geld nicht
gegeben, die es bräuchten und die bewiesen haben, dass sie sehr gut damit umgehen
können.
112
Erhöht wird die Förderung für den Fernsehfilm, und zwar um 6 Millionen €, aber das
sind nicht dieselben Leute. Da muss man schon dazusagen, dass die einzige Brücke
zwischen Kinofilm und Fernsehfilm, das Film/Fernseh-Abkommen, vor der Kündigung
im ORF steht – Herr Abgeordneter Kopf hat das ja auch erwähnt und der Hoffnung
Ausdruck gegeben, dass dem nicht so sein wird –, aber vonseiten des Staatssekretärs
habe ich dazu keine definitive Aussage gehört. Der Staatssekretär hat lediglich gesagt,
dass der ORF autonom wirtschaften muss, dass der ORF sich selbst eine ausgeglichene
Bilanz für das Jahr 2010 vorgeschrieben hat und dass er das gut findet und dass eventuell noch eine Lockerung der Werbebeschränkungen per Gesetz sozusagen als Hilfestellung kommen sollte.
Das wiederum hat Klubobmann Kopf gar nicht so gesehen. Es heißt, es gibt diesbezüglich keine wirkliche Einigung. Anstelle einer vollen Entgeltung der Rundfunkgebühren an den ORF wird da über eine Lockerung der Werbebeschränkungen diskutiert, und zwar offensichtlich oder möglicherweise auf Kosten des Film/FernsehAbkommens.
Silvia Fuhrmann, ÖVP (Seite 646f)
Diesbezüglich ist die Erhöhung der ÖFI-Mittel positiv zu erwähnen. Sichergestellt
gehört aber auch, dass der Österreichische Rundfunk als Auftraggeber für die österreichische Filmwirtschaft erhalten bleibt. Der ORF selbst hat angekündigt oder sogar
angedroht, dieses Abkommen zu brechen. Ich begrüße es sehr, Frau Bundesminister,
dass Sie selbst in Gesprächen mit Staatssekretär Ostermayer gesagt haben, dazu zu
stehen. Ihr Ansinnen, das Fernsehfilmabkommen gesetzlich zu verankern, findet
unsere Unterstützung, weil wir glauben, dass es eine richtige und wichtige Maßnahme
ist.
Darüber hinaus möchte ich noch eines erwähnen, weil ich im Rahmen der Berlinale
auch mit dem deutschen Bundesminister darüber diskutieren konnte. Wir in Österreich
müssen uns schon auch überlegen, ob wir nicht zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten, was den österreichischen Film betrifft, in Angriff nehmen sollen, was bedeutet,
Anreizmodelle zu schaffen, um auch ausländische Produktionsfirmen dazu zu motivieren, in Österreich zu drehen.
113
Da gibt es ein Modell in Deutschland, das wir uns näher anschauen sollten, ein Fondsmodell, ein Rabattmodell. Wir werden die Gelegenheit haben – die ÖVP wird mit dem
Klubobmann vertreten sein –, am 2. Juni an einer Veranstaltung, die von den Filmproduzenten selbst organisiert worden ist, teilzunehmen, wo es darum geht, Filmwirtschaft, Filmproduktionen auch als Standortfaktor für Österreich zu sehen. Und das gilt
es aus meiner Sicht zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)
Wolfgang Zinggl, Grüne, (Seite 649f)
Meine Damen und Herren, nun zu den Kulturmaßnahmen, die immer wieder als Wirtschaftsfaktor bezeichnet werden. Ich kann mich erinnern, dass in den Budgetdebatten
Sie, Herr Klubobmann Kopf, wiederholt darauf hingewiesen haben, dass die Filmwirtschaft ein Motor ist, dass die Kultur ein Motor ist und dass der Film eine Wachstumsbranche wäre. Wir wissen auch, dass im Regierungsübereinkommen steht, dass der
Film 20 Millionen € bekommen soll. Davon ist im Moment überhaupt nicht die Rede.
In diesem Jahr gibt es überhaupt keine Erhöhung, im nächsten Jahr gibt es nur eine
Erhöhung um eine Million. Auf eine diesbezügliche Anfrage wird aus dem Ministerium
verlautbart, dass das angestrebte Ziel von 20 Millionen € jedenfalls noch in dieser
Periode erreicht werden soll.
Sie nicken, Herr Kollege Kopf, aber ich frage mich: Was ist das für eine eigenartige
Investition zur Zeit der Rezession, wenn man diese Investition auf die Zeit nach der
Rezession verschiebt? Jetzt müsste man investieren, jetzt müsste in den Film investiert
werden, insbesondere in den Kinofilm, und da geschieht zu wenig.
Das restliche Geld, das jetzt noch auf dem Konto des ÖFI, also des Österreichischen
Filminstituts ist, das sind 58 000 €. Das heißt, da kann man eigentlich überhaupt nichts
mehr drehen. Dazu kommt noch, dass jetzt mit zunehmender Anhebung des Status
immer mehr zu Stars in der Filmbranche geworden sind, zu Etablierten, und die haben
daher sozusagen fast ein Anrecht auf Förderung. Das heißt, die brauchen eigentlich
keine Angst zu haben, dass sie nicht gefördert werden. Aber was ist mit den Nachkommenden? Wenn die Etablierten gefördert werden, dann bekommen die Nachkommenden offensichtlich nichts. Daher wäre eine Förderung jetzt angebracht.
114
Meine Damen und Herren, ich darf noch etwas erwähnen, was Sie vielleicht nicht
wissen. Im letzten Halbjahr, also im Wintersemester von 2008 auf 2009, waren 80
Prozent der Filmschaffenden arbeitslos. Im Sozialbericht, den Sie ja veröffentlicht
haben, Frau Ministerin, ist die Lage der Filmschaffenden als katastrophal bezeichnet.
Ich glaube, dass genau in der Branche, in der wir so groß punkten, ganz dringend ein
Bedarf da wäre, noch mehr reinzubuttern als bisher. (Beifall bei den Grünen.)
Das ist für mich auch eine Form der Kulturpolitik, wie sie offensichtlich nicht betrieben
und auch nicht verstanden wird. Der Film ist einfach das Medium der jungen
Menschen heute, und daher hat die Kulturpolitik auch die Aufgabe, das zu erkennen
und Verschiebungen vorzunehmen, das heißt, die traditionellen Formen von Kunst und
Kultur vielleicht, wenn das Budget schon gleich bleibt, ein wenig zu reduzieren und
dafür die Medien, die gang und gäbe sind und beliebt sind, zu stärken. Aber da gibt es
offensichtlich kein vernünftiges Einsehen in diese Richtung, und es gibt auch keine
Verschiebung in der von uns lange geforderten Überlegung, dass immer nur die
Etablierten in der Kunst gefördert werden, während alle Randbereiche, diese vielen
Initiativen, diese kleinen, schnellen, beweglichen Boote schauen müssen, wo sie
bleiben.
Heidemarie Unterreiner, FPÖ (Seite 653ff)
Sehr geehrte Damen und Herren, damit werden weiterhin, nach dem Oscar-prämierten Film „Die Fälscher“, mit der Abarbeitung des Nationalsozialismus Preise gewonnen.
Auch der ursprünglich aus Österreich kommende brillante Schauspieler Christoph
Waltz hat erst nach Jahrzehnten, in denen er Nebenrollen spielen durfte, mit der
Hauptrolle eines SS-Schurken in Cannes den Schauspielerpreis gewonnen und darf ab
jetzt Hollywoodkarriere machen.
Sehr geehrte Damen und Herren, kein Zweifel, mit diesen Themen gewinnt man internationale Preise – das ist auch gut so –, aber – und jetzt kommt das große aber – man
gewinnt nicht die Gunst des Publikums; dazu habe ich die Zahlen und die Beweise.
Der jüngste Filmwirtschaftsbericht aus dem Jahr 2007 beweist das. Bei einem Marktanteil von 1,9 Prozent liegen im europäischen Vergleich nur noch Luxemburg, Polen
und Bulgarien hinter Österreich.
115
Frau Ministerin – wir haben ja über diese Sache schon ein paar Mal gesprochen –, in
dieser Hinsicht müssten schon längst alle Alarmglocken läuten, denn die Besucherzahlen sind wirklich beschämend. Bei den 37 im Jahr 2007 aufgeführten Filmen fanden
es nur 295 000 Besucher wert, sich diese Filme im Kino anzuschauen. Stellen Sie sich
das einmal vor! Sie hätten schon längst etwas tun müssen. 295 000 Zuschauer in einem
Jahr! Wenn ich mit unserem Nachbarland Deutschland vergleiche (Abg. Rädler: Das ist
ja größer!) – dort hat man die Förderungen geändert –, muss ich sagen, dort schaut
das viel, viel besser aus, die können wirklich auf große Erfolge verweisen. (Abg. Rädler:
Das ist ein größeres Land!) – Das macht ja nichts. (Abg. Rädler: Kopfzahl!) Es ist zwar
größer, aber ich kann es trotzdem vergleichen. Ich brauche das eigentlich nur mit zehn
zu multiplizieren, dann würden die Zahlen wieder stimmen.
Der oscarprämierte Film „Das Leben der Anderen“, auch prämiert, hat aber, weil er das
Publikum anspricht – und darauf kommt es ja an –, innerhalb von wenigen Monaten
2 Millionen Zuschauer erreichen können und hat in einem Jahr 70 Millionen € eingespielt. Da können wir einmal davon reden, dass Film ein Kunstwerk ist – was wir ja alle
wollen –, gleichzeitig aber auch ein Wirtschaftsfaktor. Aber man muss sich wirklich
bemühen, das auch zustande zu bringen. (Beifall bei der FPÖ.)
Billy Wilder hat einmal gesagt, es gibt drei wichtige Kriterien, wann ein Film erfolgreich
ist:
Punkt eins: eine gute Geschichte.
Punkt zwei: eine gute Geschichte.
Punkt drei: eine gute Geschichte.
Darauf kommt es also an!
Gerade bei der Auswahl der Themen hätten wir Österreicher wirklich genug Möglichkeiten, Interessantes zu erzählen. Allein schon das Leben und Wirken unserer großen
Künstler wäre interessant genug. Das muss nicht kitschig und nicht rosarot sein, denn
auch die haben Tragödien, Dramen, Tod, Krankheit, alles erlebt und haben trotzdem
Werke geschaffen, die über Jahrzehnte, wenn nicht über Jahrhunderte die Menschen
beglückt haben und heute noch beglücken. Da könnten wir uns auch einmal in einer
Identität finden, wo wir uns in der Vergangenheit nicht ausschließlich auf einen kleinen
116
Zeitraum der Diktatur beschränken. (Beifall bei der FPÖ.) Auch was unsere Geschichte
angeht, könnten wir Ruhmreiches erzählen.
Die im Regierungsprogramm versprochenen 20 Millionen €, das wurde heute ja schon
ein paar Mal erwähnt, werden nicht ausbezahlt. Das ist wirklich schade, denn gute
Filme brauchen viel Geld. Und diese Aufstockung von 7 Millionen auf 13 Millionen € im
Medienbereich gilt nicht, das ist eine Augenauswischerei, denn das hat nichts mit dem
Kinofilm zu tun.
Christine Muttonen, SPÖ (Seite 666f)
Mit den budgetierten Mitteln können wir die Umsetzung einer ganzen Reihe von
Vorhaben aus dem Regierungsprogramm forcieren. Die Filmförderung steht selbstverständlich an erster Stelle. Wir alle wissen, wie wichtig die Förderung des
österreichischen Films ist. Das Budget wurde erhöht und eine weitere Million Euro ist
für 2010 vorgesehen. Das ergibt dann eine Summe von 16,57 Millionen €. Die Mittel
für den innovativen Film wurden ja bereits 2008 angehoben. Diese Erhöhung wird fortgeschrieben.
Ich bin zuversichtlich, appelliere aber auch an den Finanzminister und auch an den für
die Kreativwirtschaft zuständigen Wirtschaftsminister, Ministerin Schmied zu unterstützen, dass wir die angestrebten 20 Millionen € für den Film im Laufe der Legislaturperiode erreichen können, wie im Regierungsprogramm vorgesehen.
Ich als Kultursprecherin hätte natürlich gerne mehr Geld sofort gehabt, aber ich baue
auf Sie, Frau Ministerin, dass Sie weiterhin hartnäckig für die Erhöhung kämpfen! Wir
werden Sie gerne dabei unterstützen, nicht nur, weil in Österreich großartige Filme
gemacht werden und sie kontinuierliche Erfolge ausweisen können, sondern auch, weil
Bereiche wie die Kreativwirtschaft ein hohes Beschäftigungspotenzial in sich tragen.
Claudia Schmied, SPÖ (Seite 669f)
Erklärter Schwerpunkt – das haben wir im Kulturausschuss ja eingehend besprochen –
ist die Filmförderung. Ich freue mich mit Ihnen über die großen Erfolge der Filmschaffenden in Cannes und bei vielen anderen internationalen Festivals.
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Ich denke, dass der eingeschlagene Weg, nämlich die Filmförderung aufzustocken, der
richtige ist. Wir kommen von 9,8 Millionen € und erreichen dann immerhin über 16
Millionen €. Im Regierungsprogramm fixiert sind 20 Millionen €. Das ist für mich eine
klare Zielvorgabe – auch im Regierungsprogramm verankert –, aber es ist mir genauso
wichtig, dass wir gemeinsam darauf achten, dass das Film/Fernseh-Abkommen mit
dem ORF, das für das ÖFI und damit für die Filmwirtschaft ein entscheidendes CoFinanzierungsinstrument ist, mit der Novelle des ORF-Gesetzes auch gesetzlich fixiert
ist.
Eines kann, meine sehr geehrten Abgeordneten, ja nicht sein, nämlich dass man bei
der Gebührenerhöhung sehr wohl mit den Kulturaktivitäten des ORF argumentiert –
also Filmwirtschaft, Radio-Symphonieorchester –, es dann, wenn es um zugegebenermaßen notwendige Strukturmaßnahmen geht, aber wieder die Kulturmaßnahmen
sind, die als Erstes auf einer Liste stehen, wenn es um Streichungen und Einsparungen
geht. Da muss die Argumentation konsistent bleiben.
In diesem Punkt stimme ich mit Ihnen, Frau Abgeordnete Unterreiner, überein: Wir
müssen im Bereich der Filmförderung weiter denken. Nicht nur der Bereich der
Produktion ist wichtig, sondern es geht um eine Förderung entlang der
Wertschöpfungskette. Es geht also natürlich auch darum, die Vermittlung in den
Vordergrund zu rücken. Daher werde ich den eingeschlagenen Weg – Vermittlungsprogramme des österreichischen Films, Unterstützung der Programmkinos, Projekte
mit den Schulen, Filmwochen für die Schülerinnen und Schüler – auch 2009 und 2010
fortsetzen. Es ist eine Initiative. Es ist noch nicht die große Lösung, aber ich halte das
für zentral und wichtig.
Christine Lapp, SPÖ (Seite 678)
Zum Film ist schon sehr viel gesagt worden, und auch zu den Erfolgen, die Österreich
mit seinen Filmschaffenden in den letzten Jahren erreicht hat. Durch die Aufstockung
des Filmbudgets werden wir wahrscheinlich noch an sehr vielen weiteren Erfolgen teilhaben können, denn da wird die Basis für ein gutes Klima gelegt, in dem Filmschaffende tätig sein und Erfolge einheimsen können.
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