Die österreichische Filmförderung 1981
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Die österreichische Filmförderung 1981
MAGISTERARBEIT Titel der Magisterarbeit „Die österreichische Filmförderung 1981-2010“ Verfasser MMag. Josef Villa, BA MA angestrebter akademischer Grad Magister der Philosophie (Mag. phil.) Wien, 2013 Studienkennzahl lt. Studienblatt: A 066 841 Studienrichtung lt. Studienblatt: Magisterstudium Publizistik- und Kommunikationswissenschaft Betreuerin / Betreuer: Univ. Prof. Dr. Friedrich Hausjell Eidesstattliche Erklärung: Ich erkläre hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Wien, im November 2013 2 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitende Bemerkungen 1.1. Themenaufriss und Darstellung des Forschungsgegenstandes 1.2. Aufbau und Methodologie der Arbeit 1.3. Regulierungsebenen der Medienförderung 2. Die Grundlagen und Ziele der österreichischen Filmförderung 2.1. Österreichisches Filminstitut 2.1.1. Struktur, Gremien und Ressortierung 2.1.2. Die Meilensteine des Österreichischen Filminstituts 2.2. Film/Fernseh-Abkommen mit dem ORF 2.3. Die Rundfunk- und Telekom Regulierungs GmbH 2.4. Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 2.5. Die Filmförderung der Länder 3. Die Entwicklung der Förder-Richtlinien und deren zu Grunde liegenden Strategien 3.1. Das Filmförderungsgesetz 1980 3.2. Die Novellierungen des Filmförderungsgesetzes 3.3. EU-Programme zur Filmförderung 4. Modelle der Bundes-Filmförderung 4.1. Generelle Voraussetzungen für die Förderungen des Österreichischen Filminstituts 4.2. Exkurs: Das Intendanten-Modell 4.3. Das Modell der Referenzförderung 4.4. Das Modell der Projektförderung 4.5. Kritische Würdigung der Förderstrategien 5. Die realpolitische Umsetzung der Förderpolitik 5.1. Budgetallokationen und deren Auswirkungen 5.2. Parteiprogrammatische Standpunkte zur Filmförderung 3 5.3. Parlamentarische Debatte zur Filmförderung 2009 5.3.1. Rohdaten der Kodierung 5.3.2. Die Entschließungsanträge 6. Ökonomische und künstlerische Parameter zur Filmförderung 6.1. Unternehmensstruktur und die Wertschöpfung der österreichischen Filmindustrie 6.2. Die Leverage-Effekte der Filmförderung 7. Kritische Evaluation der österreichischen Filmförderung 7.1. Kontinuitäten und Diskontinuitäten in der strategischen Ausrichtung vor und nach 2004 7.2. Ökonomische Nutzenentwicklung der Filmförderung 8. Zusammenfassung und kritische Würdigung 9. Literaturverzeichnis 10. Curriculum Vitae 11. Abstract 12. Anhänge 4 Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen Tabelle 1. Vergleich Kuratorium/Aufsichtsrat zwischen Filmförderungsfonds/ Österreichisches Filminstitut Tabelle 2. Vergleich Auswahlkommission/Projektkommission zwischen Filmförderungsfonds/Filminstitut Tabelle 3. Filmförderungsfonds/Filminstitut, Fördervolumen absolut 1981-2010 Tabelle 4. Österreichisches Filminstitut, Varianz des Förderungsvolumens 19812010 Tabelle 5. Regierungsmitglieder in den Jahren mit signifikanten Änderungen des Bundesbeitrages Tabelle 6. Finanzielle Förderungsvolumina ORF, Film/Fernseh-Abkommen Tabelle 7. Durchschnittliche Fördermittel pro Filmsegment Tabelle 8. Budgetentwicklung des BM für Unterricht, Kunst und Kultur für den innovativen Film 2001 - 2010 Tabelle 9. Volumen der Filmförderung der Bundesländer 2006-2008 Tabelle 10. Prozentueller Förderanteil und Relation zum Regional-BIP 2008 Tabelle 11. Existenz von Richtlinien in der Filmförderung der Bundesländer, Stand per 31.12.2008 Tabelle 12. Verteilung des Förderbudgets 2010 von EURIMAGES Tabelle 13. Österreichische Beiträge und Förderungen für/von EURIMAGES, 20052011 Tabelle 14. Herstellungsförderung österreichischer Filme durch EURIMAGES in 2007 Tabelle 15. MEDIA Förderung für die österreichische Filmindustrie Tabelle 16. Marktanteile der Kinofilme 2010 nach Herkunftsländern Tabelle 17. Entwicklung der Besucherzahlen in österreichischen Kinos in den Jahren 2000-2010 für österreichische Filme Tabelle 18. Klassifizierung des „meistbesuchten Films“ 2000-2011 5 Tabelle 19. Besucher-Vergleich von österreichischen Festival- und Non-Festival Filmen innerhalb der Kategorie „meistbesuchten Kinofilme“ 2000-2011 Tabelle 20. Zusagen von Referenzförderungen vom Österreichischen Filminstitut (in Tsd. Euro) für die Periode 2005 bis 2010 Tabelle 21. Prozentueller Anteil der Referenzförderung von den gesamten Förder- Zusagen für die Periode 2005 bis 2010 Tabelle 22. Verteilung der auslösenden Faktoren in der Referenzfilmförderung Tabelle 23. Beziehung Festivalerfolg und Besucherzahlen von Kinofilmen Tabelle 24. Referenzförderung Spielfilme ausschließlich nach Besucherzahlen Tabelle 25. Fördervolumen prämierter Filme bei internationalen Festivals mit Ergebnissen unter 10.000 bzw. 40.000 inländischen Besuchern Tabelle 26. Verteilung des Kunstbudgets auf die einzelnen Sparten 2010 Tabelle 27. Kulturausgaben des Bundes nach LIKUS Hauptkategorien 2000-2010 Tabelle 28. Partei-Verteilung der RednerInnen mit Bezug auf die Filmförderung Tabelle 29. Rohdaten der Textkodierung Tabelle 30. Kennzahlen der österreichischen Filmwirtschaft 2009 Tabelle 31. Ratios Produktionswerte, Wertanteile und Fördermittel Tabelle 32. Grafische Darstellung und Trendlinien zur Tabelle 31 Tabelle 33. Kennzahlenvergleich Österreichisches Filminstitut 2004/2010 Tabelle 34: Umsatzverteilung österreichische Filmindustrie 2010 Abbildung 1. Schema der staatlichen, europäischen und globalen Regulierungsebenen Abbildung 2. Ausbezahlte Beträge des Österreichischen Filminstituts und des ORF im Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens von 2006 bis 2009 Abbildung 3. Zugesagte Fördermittel des Fernsehfonds Austria für 2009 Abbildung 4. Filmförderungs-Institutionen in den Bundesländern Abbildung 5. Phasenmodell einer Filmproduktion und dessen Förderkategorien 6 1. Einleitende Bemerkungen 1.1. Themenaufriss und Darstellung des Forschungsgegenstandes Parallel zu einem stetigen Rückgang von deutschen Auftragsproduktionen an die österreichische Filmwirtschaft zu Ende der 70er Jahre wurde klar, dass sich die nationale Filmproduktion ohne entsprechende Fördermaßnahmen für Eigenproduktionen auf der globalen kreativ-kulturpolitischen Medienlandkarte in Richtung Marginalisierung hin entwickeln würde. Mit der schnellen Verbreitung des Fernsehens verlagerte sich der Schwerpunkt vom Kinofilm hin zur Auftrags-Produktion. „Die starke Abhängigkeit von der Auftragsproduktion führte zum Ausbleiben nahezu jeglicher Initiative zur Eigenproduktion, insbesondere im Bereich des Kinofilms.“1 In der Periode zwischen 1945 und 1970 wurde die schwierige Situation der Filmwirtschaft im kulturpolitischen Kontext durch ein konservatives Kunstverständnis verstärkt, welches sich mit einem deutlichen Desinteresse an einer nationalen Filmproduktion manifestierte, denn die Kulturbudgets von Bund und Länder waren zu einem hohen Prozentsatz der reproduzierenden Kunst gewidmet: 1968 etwa entfielen 77,2% des Gesamtkulturbudgetsauf die Darstellende Kunst, Kunsthochschulen und Museen2. Verschärft wurde die Situation durch all jene marktpolitischen Parameter, die gleichzeitig in anderen europäischen Ländern beobachtbar waren: die Hegemonie von USamerikanischen Verleih-Firmen, die Problematik einer sinkenden Kinoauslastung, die schwierige Finanzierungssituation für nationale Filmproduktionen, verschärft durch das de-facto Monopol des ORF, sowie die dominante Stellung des großen gleichsprachigen und kompetitiven deutschen Nachbarmarktes in der Film-Synchronisation. Es dauerte bis zu Anfang der 80er Jahre, dass auf Bundesebene eine gesetzliche Grundlage für eine kontinuierliche und wirksame Förderung österreichischer Filme (im Sinne von Programm füllenden Kinofilmen mit einer Mindestlänge von 70 Minuten 3) 1 Ernst, Gustav, Schedl, Gerhard (Hrsg.), Nahaufnahme – zur Situation des österreichischen Kinofilms, Europaverlag Wien 1995, S. 177f. 2 Knapp, Marion (2005): Österreichische Kulturpolitik und das Bild der Kulturnation – Kontinuität und Diskontinuität in der Kulturpolitik des Bundes seit 1945, Peter Lang GmbH – Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt am Main, S. 114f. 3 Bundesgesetz vom 25. November 1980 über die Förderung des österreichischen Films mit seinen Novellierungen aus 1987, 1993, 1994, 1998, 2004 und 2010, Version August 2010, in: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10009500, Stand 21.8.2012. 7 geschaffen wurde, die anfänglich noch mit unzulänglichen Budgetmittel ausgestattet war. Es war das Filmförderungsgesetz 1980, welches erstmals konkrete Handlungsziele festlegte, die Adressaten und Träger seiner Durchführung – inklusive der Mittel – definierte und in weiterer Folge durch entsprechende Novellierungen der filmpolitischen Entwicklung und dem sich verändernden Umfeld angepasst wurde, womit ein eklatant kulturpolitischer Defizitbereich endlich auf die politische Agenda gesetzt wurde. Die Filmförderung unterstützt – für Österreich präziser formuliert: ermöglicht – den eigenproduzierten Kinofilm als Kulturgut und erhält damit eine nationale kulturelle Vielfalt, denn ohne diese aus öffentlichen Mitteln finanzierte Förderung des Kinofilms würden es österreichische Eigenproduktionen wahrscheinlich kaum mehr geben. Nach 1980 begannen auch die Bundesländern mit Filmförderungen, allerdings mit den hauptsächlichen Absichten einer regionalen Wirtschafts- und Tourismusförderung. Eine wichtige politisch-strategische Entscheidung in der Kunstförderung ist die Wertigkeit künstlerischer und wirtschaftlicher Aspekte: wie gewichtet der Fördergeber seine Kriterien? Im Fall der Filmförderung konkurrenzieren sich die Kategorien „Erfolg an der Kinokasse“ und „Erfolg bei der Festival-Jury“ und es gilt, ein ausgewogenes Modell für dieses Spannungsfeld zu finden. Der Verfasser vertritt den Standpunkt, dass auch künstlerisch erfolgreiche Filme das Publikum erreichen müssen, da sonst die Filmförderung nicht nur wirtschaftlich sondern auch kulturell keinen Sinn ergibt. Es sei auch am Rande erwähnt, dass Österreich das letzte Land in Westeuropa war, welches eine institutionalisierte Filmförderung einführte4, wogegen staatliche Filmförderungseinrichtungen in Italien, Frankreich und Großbritannien bereits im Laufe den fünfziger Jahren geschaffen wurden, die Schweiz folgte dann 1962, Schweden 1963 und im Jahre 1967 begann auch die Bundesrepublik Deutschland, eine entsprechende Förderinstitution aufzubauen.5 4 Hasenöhrl, Martin, Vom Realismus zur Realitätsversuchsanordnung, Realitätskonzeptionen im Neuen Österreichischen Film, Dipl. Arb., GRIN Verlag 2004. 5 Ernst, Gustav, Schedl, Gerhard (Hrsg.), Nahaufnahme – zur Situation des österreichischen Kinofilms, Europaverlag Wien 1995, S. 179. 8 Zurück nach Österreich: erst im Laufe der 90er Jahre bildete sich ein leistungsfähiges System von diversifizierten Förderungs-Maßnahmen des Bundes und der Länder heraus, welches sich ab 1994 schrittweise an die medienpolitischen Standards der EU annäherte und damit eine nachhaltige Trendumkehr der österreichischen Filmwirtschaft einleitete. In einer Studie6 wird die ungünstige Situation der österreichischen Filmwirtschaft durch negative Rahmenbedingungen beschrieben: • Fehlen eines manifesten politischen Bewusstseins für die Vorteile eines Medienstandortes Österreich/Wien • Rückgang der Aufträge durch den ORF an die Filmwirtschaft • Fehlen von Anreizen für private Investoren • Fehlen einer gemeinsamen Förderungsphilosophie von Bund und Ländern • Monopolisierung des Verleihs • Unbefriedigende Entwicklung der Filmstadt Wien, vor allem durch überwiegend filmfremde Nutzung der Studios • Qualitativ ungenügende Ausbildungseinrichtungen Dem obigen Negativ-Szenario stehen allerdings einige positive Rahmenbedingungen gegenüber: • größter potenzieller Absatzmarkt in Europa (mit ca. 90 Mio. Deutsch sprechenden Personen) • Vorhandensein eines großen kreativen Potenzials in Österreich Im Verlauf der 90er-Jahre entwickelte sich im verstärkten Maße der Aspekt privatwirtschaftlicher Finanzierung im Kulturbereich, unterstützt von standortpolitischen Überlegungen („Filmstadt Wien“) und damit gewann der Film in der Kulturpolitik in Hinblick auf Rahmenbedingungen und Förderung eine steigende und damit relativ etablierte Position. Schnitt. 6 Verband der Österreichischen Filmproduzenten (1998): Der Milliarden-Effekt Eine Konzept-Studie. S. 8, in: http://www.filminstitut.at/downloads/cms_uploaded/milliardeneffekt.pdf, Stand 29.10.2012. 9 2008 öffnete Penélope Cruz umständlich ein Kuvert und verkündete den OscarGewinner der „Academy of Motion Picture Arts and Sciences“ für den besten fremdsprachigen Film: „… and the Oscar for Best Foreign Language Film goes to…Austria!“. Stefan Ruzowitzky hatte mit seinem Werk „Die Fälscher“ den bedeutendsten Filmpreis der Welt bekommen. Zwischen dem Beginn einer strukturierten und nachhaltigen Filmförderung durch das Filmförderungsgesetz aus 1980 und der gerade erwähnten Oscar-Verleihung lagen knapp drei Jahrzehnte. Das Forschungsinteresse dieser Arbeit liegt in der Beschreibung und Analyse in Bezug auf die Entwicklung der Institutionen und der Akteure der österreichischen Filmförderung, die aus dem Filmförderungsgesetz 1980 resultierten. Die österreichische Filmförderung ist im gesamteuropäischen Kontext eine historisch „junge“ Institution mit klarem Bezug auf das Medium „Film“, welche ab 1981 Strategien und passende Metriken entwickeln musste, um einen effiziente Förderrahmen zu schaffen, der sowohl die künstlerische und ökonomische Entwicklung der österreichischen Filmproduktion durch Beratung, Vermarktung und finanzielle Mittel unterstützt. Der Nachteil der österreichischen Filmschaffenden im europäischen Umfeld lag in der Struktur der inländischen Filmwirtschaft, nämlich in der Existenz von vielen kleinen, unterkapitalisierten Unternehmen mit hohem Kreativitätspotential und dem zu Folge der Mangel an österreichischen „big player“ in der europäischen Filmindustrie. Die Themenfelder dieser Arbeit können grosso modo in fünf Blöcke eingeteilt werden: o Das rechtliche Umfeld, dessen Umsetzung in Hinblick auf institutionelle Struktur und Strategien unter Einbeziehung der Kommentare aus einem gegenständlichen Rechnungshof-Berichten aus 2011 o Gegenüberstellung von Input (Förderung) und Output (wirtschaftlicher und künstlerischer Erfolg) auf der Zeitlinie und deren Interpretation und kritische Würdigung des resultierenden Leverage-Effektes o Die Schwerpunktsetzung des (partei-)politischen Umfeldes in Hinblick auf Ziele, Strategien und Budgetpolitik 10 o Konvergenzen und Divergenzen in Organisationsaufbau, Strategie und abgeleiteter Förderpolitik der beiden bisherigen Direktionen (Gerhard Schedl bis 2004, danach Roland Teichmann) des Österreichischen Filmförderungsfonds (1981-1994) bzw. dessen Nachfolgeorganisation, das Österreichische Filminstitut (ab 1994). o Neben dem Österreichischen Filminstitut existieren Institute der Länder zur Filmförderungen und darüber hinaus ein Film/Fernseh-Abkommen mit dem ORF. Diese gesamthafte Analyse evaluiert somit alle 17 FilmförderungsInstitutionen des Bundes und der Länder in Hinblick auf ihre gesetzlichen Rahmenbedingungen, auch jene der EU. Aus den obigen vier Untersuchungsebenen leiten sich mehrere Forschungsfragen ab, deren Antworten die Ursachen und die Frage der Nachhaltigkeit der positiven Entwicklung in der österreichischen Filmwirtschaft zwischen 1981 und 2010 darlegen sollten: a. Ziele, Strategien, Struktur und deren Veränderungen o Welche Strategien wählte der Österreichische Filmförderungsfonds 1981, um die Position der österreichischen Filmindustrie im internationalen Umfeld nachhaltig zu stärken? o Welche organisatorische Entscheidungsstruktur und Evaluationsmodelle der Förderansuchen wählte der Österreichische Filmförderungsfonds/das Österreichische Filminstitut? o Welche Änderungen erfolgten im Betrachtungszeitraum bei der Organisationsstruktur und dem Evaluationsmodell und weshalb? b. Der Leverage-Effekt der Förderung o Ist eine trendmäßige Änderung in den ökonomischen bzw. in den künstlerischen Parametern nach 2004 feststellbar? c. Das (budget-)politische Umfeld o Welche Auswirkungen hatten wechselnde Budgetansätze der jeweiligen Bundesregierungen? o In welchen Regierungsperioden wurde die österreichische Filmförderung gestärkt bzw. geschwächt? 11 d. Bund, Länder, ORF, RTF o Gab es in der gesamtösterreichischen Förderungsverteilung signifikante Verschiebungen im Fördervolumen zwischen diesen Körperschaften bzw. Rechtsträger? 1.2. Aufbau und Methodologie der Arbeit Das dieser Arbeit zu Grunde liegende methodologische Rahmen umfasst drei Elemente: Das erste Element der Arbeit ist Literatur-basiert und beschreibt die rechtlichen, politischen und organisatorisch-institutionellen Entwicklungsetappen und deren strategische Ziele und endet 2010 im zeitnahen Ist-Zustand der Förderung des FilmInstituts. Das zweite Element der Analyse ist ein kritisches Hinterfragen der Förder-Effizienz: einerseits in Hinblick auf die Zusammensetzung von Entscheidungsgremien, andererseits in Hinblick auf die Zielkongruenz/Differenz der Förderinstitutionen und deren Koordination untereinander und schlussendlich die Darstellung der Relationen zwischen periodisiertem Mitteleinsatz und den quantitativen Parameter von wirtschaftlichem und künstlerischem Erfolg. Dieser Abschnitt basiert auf dem Rechnungshof-Bericht „Filmförderung in Österreich“ aus 2011, der die Gestion sämtlicher 17 Film-Förderinstitutionen für die Periode 2006-2008 – mit einigen Kommentaren aus 2009 – kritisch evaluierte. Ein weiteres Element der Analyse ist der (statistische) Perioden-Vergleich von jenen Parametern, welche zur trendmäßigen Beurteilung des Fortschritt/Rückschritt/Nachhaltigkeit als Folgewirkungen der Förderung des Österreichischen Filminstituts abbildet, natürlich relativiert auf das politische Umfeld und dessen Ziel- und Mittelvorgaben. Aus den Erkenntnissen dieser drei methodisch differenten Abschnitte werden die Antworten auf die Forschungsfragen aus Kapitel 1.1. abgeleitet. Eine Zusammenfassung in Form einer kritischen Würdigung des Erkenntnisgewinns schließt diese Arbeit ab. 12 1.3. Regulierungsebenen der Medienförderung „Im Mediensektor wurde traditionelles nationalstaatliches Regieren (Governance by Government) schon früh durch internationales Regieren, also eine Zusammenarbeit von Staaten (Governance with Government), ergänzt.“7 Modellhaft stellen sich die Ebenen der Medienregulierung, welche im Spannungsfeld „nationaler Protektionismus“ versus „fairer europäischer/globaler Wettbewerb“ Rechtssicherheit schaffen müssen, folgendermassen dar: Abbildung 1: Schema der staatlichen, europäischen und globalen Regulierungsebenen8 Die Analysen dieser Arbeit umfassen hinsichtlich der vertikalen Governance-Ausweitung die nationalstaatliche sowie die europäische Ebene, in der horizontalen Ebene werden Co-Regulierungen wie beispielsweise das Film/Fernseh-Abkommen oder die Förderung der Länder inkludiert. Betrachten wir als erstes die Governance zwischen der österreichischen Filmförderung und den rechtlichen Vorgaben der europäischen Ebene: ausgehend vom Art. 87 des EG-Vertrages sind staatliche Beihilfen, also auch die nationale Filmförderung, von der EU-Kommission zu genehmigen. Mit der „Kinomitteilung“ der EU vom 26.9.2001 7 8 Puppis, Manuel, Einführung in die Medienpolitik, UVK Verlagsgesellschaft Konstanz 2007, S. 62f. Ebd., S. 62. 13 wurden nationale Film-Subventionen als ein Ausnahmefall von Kulturförderung klassifiziert und gelten bei Erfüllung bestimmter Kriterien als zulässige Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot staatlicher Beihilfen. In der offiziellen Kommunikation der EU liest sich die relevante Normierung folgendermassen: „Mit dem Vertrag von Maastricht und der ausdrücklichen Aufnahme der Kultur als Politikbereich der Gemeinschaft in den EG-Vertrag (Artikel 151 EG-Vertrag) wurde die Förderung der Kultur erstmals als wichtiges Ziel der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten anerkannt. Gleichzeitig wurde mit Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d EG-Vertrag eine neue besondere Möglichkeit geschaffen, staatliche Beihilfen der Mitgliedstaaten zur Förderung der Kultur von dem in Artikel 87 Absatz 1 verankerten allgemeinen Grundsatz der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt auszunehmen.“9 Diese offizielle Rechtsauslegung der EU wurde drei Mal (2004, 2007 und 2009) bis Ende 2012 unter den folgenden Randbedingungen verlängert: Den Kriterien10 zufolge muss die Beihilfe einem kulturellen Produkt zugute kommen, muss der Produzent mindestens 20 % des Produktionsbudgets in anderen Mitgliedstaaten ausgeben dürfen, ohne dass ihm die gewährte Beihilfe gekürzt wird (sog. Territorialisierung), muss die Beihilfeintensität grundsätzlich auf 50 % des Produktionsbudgets beschränkt sein (außer bei schwierigen Filmen und Low-Budget-Produktionen) und sind zusätzliche Beihilfen für besondere Filmarbeiten nicht erlaubt. Der erste Punkt bedeutet also, dass jeder EU-Mitgliedsstaat sicherstellen muss, dass Förderungen nur für Produktionen gewährt werden dürfen, die nach nachvollziehbaren nationalen Kriterien einen kulturellen Inhalt haben. In diesem Punkt plant die EU eine Verschärfung dahingehend, als sie „kulturelle Tests“ einführen möchte, um eine Differenzierung der Filmproduktionen nach förderungswürdigen „kulturellen bzw. kreativen“ und nicht förderungswürdigen „technischen bzw. wirtschaftlichen“ Teilen 9 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Zu bestimmten Rechtsfragen im Zusammenhang mit Kinofilmen und anderen audiovisuellen Werken, Brüssel 2001, S. 5, in: http://www.filmsupport.at/download_Seiten/download/Kinomitteilung2001.pdf, Stand 26.10.2013. 10 Europäische Kommission, Kommission verlängert Beihilfevorschriften für die Filmförderung bis 2012, in: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-09-138_de.htm, Stand 26.10.2013. 14 vorzunehmen. Dieser angestrebte Differenzierung und die damit verbundene Debatte über „künstlerisch wertvolle“ und „kommerziell erfolgreiche“ Filme kann der Verfasser wenig abgewinnen, da Filmförderung beide Ziele verfolgen muss: einen künstlerisch überzeugenden Film zu produzieren, der auch die entsprechende kommerzielle Resonanz im Markt findet, also ausreichend BesucherInnen. Seit 2011 laufen auf Kommissionsebene (Wettbewerbspolitik, Kommissar J. Almunia) Konsultationen, die sich auf Adaptierungen der „Kinomitteilung“ von 2001 mit folgenden Zielen11 fokussieren: auf den Subventionswettlauf zwischen bestimmten Mitgliedstaaten um Auslandsinvestitionen großer, überwiegend US-amerikanischer Filmproduktionsgesellschaften; auf die Förderung von Tätigkeiten, bei denen es sich nicht um Film- und Fernsehproduktion handelt (wie Filmvertrieb und digitale Projektion); auf die in bestimmten Filmförderregelungen enthaltenen Verpflichtungen zur Territorialisierung der Ausgaben und auf die Frage, ob die spezifischen Beihilferegelungen im audiovisuellen Sektor an neue Technologien, neue kreative Konzepte und ein sich wandelndes Verbraucherverhalten angepasst werden können und sollten. Ein wichtiger Punkt in diesen Verhandlungen ist die Territorialisierung: das Limit von 80 Prozent bedeutet, dass der/die Produzentin mindestens 20 Prozent des Filmbudgets in anderen Mitgliedsstaaten ausgeben darf, ohne dass die nationale Förderung dadurch gekürzt wird. Die EU plant eine Herabsetzung des Territorialisierungsgrades, um damit eine grenzüberschreitende, europäische Filmindustrie als steigendes Gegengewicht zu den US-Kinofilmen zu fördern.12 Damit sind wir bei der globalen Governance-Ebene angekommen. In dieser Ebene sind die Normen der World Trade Organization (WTO) relevant, welche mit den Vertagswerken GATT (für Güter), GATS (für Dienstleistungen) und TRPS (geistiges Eigentum) die Liberalisierung des Welthandels zum Ziel hat. Welche Auswirkungen haben nun diese Vereinbarungen auf die europäische und nationale Filmförderung? 11 Europäische Kommission, Pressemitteilung von 20.6.2011, Staatliche Beihilfen: Kommission startet Konsultation zur Filmförderung, in: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-11-757_de.htm?locale=de, Stand 28.10.2013. 12 Wandtke, Artur-Axel (Hrsg.), Medienrecht, Band 1, Walter de Gruyter Berlin 2011, S. 157ff. 15 Aktuell schützt sich die EU dadurch, als „…für Dienstleistungen noch keine Einschränkungen für staatliche Subventionen bestehen, sofern diese nicht diskriminierend sind und sich an Meistbegünstigung und Inländerbehandlung halten.“13 Die obige Meistbegünstigung kann allerdings durch nationale Ausnahmen in sog. Negativlisten mit einer 10-jährigen Geltungsdauer ausgesetzt werden, für die nur eine Transparenzverpflichtung gilt, was aktuell von der EU bzw. den Mitgliedsländern aktiv genutzt wird. Im Besonderen sind es die USA mit ihrer starken audiovisuellen Industrie, die auf eine stärkere Liberalisierung durch Abbau bzw. Aufhebung dieser zahlreichen Ausnahmen des Meistbegünstigungs-Prinzips und die Beschränkung staatlichen Subventionen bei Dienstleistungen drängen, wo die EU bisher zu keinen Zugeständnissen bereit war, was durch die anhaltende Dominanz US-amerikanischer Spielfilme in Europa politisch nachvollziehbar ist. 2. Die Grundlagen und Ziele der österreichischen Filmförderung 2.1. Österreichisches Filminstitut Das Österreichische Filminstitut basiert auf dem Filmförderungsgesetz von 1980 und den folgenden Novellierungen und ist eine Juristische Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in Wien. Auf der Homepage des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur wird die ressortmäßige Zuordnung des Österreichischen Filminstituts folgendermaßen beschrieben: „Die österreichische Bundes-Filmförderung umfasst zwei Bereiche: Zum einen werden durch die Kunstsektion die Bereiche Avantgarde-, Experimentalfilm, künstlerisch gestalteter Dokumentarfilm und innovative Projekte aus dem Nachwuchsbereich sowie Video- und Medienkunst abgedeckt, zum anderen ist das ihr beigestellte, aber administrativ in Form einer Körperschaft öffentlichen Rechts eingerichtete Österreichische Filminstitut für die Förderung des abendfüllenden Spielfilms und des programmfüllenden Fernsehfilms zuständig.“14 Der § 2 des geltenden Filmförderungsgesetzes formuliert sehr ausführlich die Ziele der Filmförderung durch das Filminstitut: 13 Puppis, Manuel, Einführung in die Medienpolitik, UVK Verlagsgesellschaft Konstanz 2007, S. 170ff. Homepage Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, Glossar F-G, Filmförderung, in: http://www.bmukk.gv.at/kunst/glossar_f_g.xml, Stand 27.8.2012. 14 16 o Erhöhung der Publikumsakzeptanz und internationale Anerkennung des österreichischen Films durch Steigerung von Qualität aber auch kultureller Identität o Nachwuchsförderung und Publikation eines jährlichen Filmwirtschafts-Berichts o Internationalisierung durch Präsentation des österreichischen Films im In- und Ausland o Förderung von österreichisch-ausländischen Ko-Produktionen o Kooperation zwischen der Filmindustrie und Fernsehanstalten zur Stärkung des österreichischen Kinofilms o Harmonisierung und Koordination zwischen den Filmförderungs-Institutionen des Bundes und der Länder. o Unterstützung der Filmschaffenden als Kompetenzzentrum für fachlichorganisatorische Hilfestellung o Beratung der Bundesregierung und anderer relevanter öffentlichen Stellen in den zentralen Fragen des österreichischen Films mit nationalem und internationalem Belang durch den 2004 geschaffenen Filmrates. Zum letzten Punkt, dem Filmrat, wäre anzumerken, dass dieser personell sehr breit angelegte Gremium außer zu seiner konstituierenden Sitzung kein weiteres Mal getagt hat und bei der letzten Novellierung des Filmförderungsgesetzes im Jahre 2010 wieder eliminiert wurde. 2.1.1. Struktur, Gremien und Ressortierung Das Bundesgesetzblatt Nr. 170/2004 kann in Hinblick auf die Struktur der Organe gewissermaßen als Zäsur angesehen werden, nachdem bereits 1994 die Umbenennung des Österreichischen Filmförderungsfonds in das Österreichische Filminstitut erfolgte. Mit dieser Novelle zum Filmförderungsgesetz aus 1980 wurden die Organe des Filmförderungsfonds namentlich wie auch zahlenmäßig verändert; waren es im Fonds das Kuratorium, die Auswahlkommission und der Geschäftsführer, so bestimmte die gegenständliche Novelle als Organe einen Aufsichtsrat, eine Projektkommission und den/die DirektorIn. Welche Unterschiede zeigen das Gesetz und seine Novellen hinsichtlich der neuen Besetzungsstruktur dieser Organe und welche Schwerpunktsetzungen sind daraus abzuleiten? Eine Gegenüberstellung soll diese Veränderungen herausarbeiten: 17 Tabelle 1: Vergleich Kuratorium/Aufsichtsrat zwischen Filmförderungsfonds/Filminstitut Filmförderungsfonds BGBl. 557/1980 Filminstitut Stand August 2012 Kuratorium: Aufsichtsrat: 1 Vertreter BM für Unterricht und Kunst (Vorsitz) 1 Vertreter BM für Handel, Gewerbe und Industrie 1 Vertreter BM für Finanzen 1 Vertreter Finanz-Prokuratur je 1 VertreterIn der Gewerkschaft Kunst, Medien, Sport, freie Berufe und der Wirtschaftskammer Österreich, Fachverband der Audiovisions- und Filmindustrie 3 fachkundige VertreterInnen des österreichischen Filmwesens 2 Vertreter BM für Unterricht, Kunst und Kultur (Vorsitz) 1 Vertreter BM für Wirtschaft, Familie und Jugend 1 Vertreter BM für Finanzen 1 Vertreter Finanz-Prokuratur je 1 VertreterIn der Gewerkschaft Kunst, Medien, Sport, freie Berufe und der Wirtschaftskammer Österreich, Fachverband der Audiovisions- und Filmindustrie 5 fachkundige VertreterInnen des österreichischen Filmwesens Bestellung für 2 Jahre Bestellung 3 Jahre Der augenscheinliche Unterschied in der Besetzung des Aufsichtsrates ist der verstärkte Einfluss des BM für Unterricht, Kunst und Kultur, welches sowohl den Aufsichtsratsvorsitz und einen weiteren Vertreter (als permanente erste Stellvertretung des/der Vorsitzenden) ex lege in diesem Gremium erhält. Gleichzeitig übt der/die vom BM für Unterricht, Kunst und Kultur entsandte Vorsitzende respektive 1. StellverteterIn die Funktion als Arbeitgeber gegenüber dem Direktor/der Direktorin aus. Ebenso ist im § 9. des geltenden Filmförderungsgesetzes festgeschrieben, dass das BM für Unterricht, Kunst und Kultur als Aufsichtsbehörde für „die Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Ganges der Verwaltung sowie die Kontrolle der Gebarung“ verantwortlich zeichnet und „hat Beschlüsse der Organe des Filminstitutes aufzuheben, wenn sie gesetzlichen Bestimmungen widersprechen.“15 Hier wird der 15 Bundesgesetz vom 25. November 1980 über die Förderung des österreichischen Films (Filmförderungsgesetz) mit seinen Novellierungen aus 1987, 1993, 1994, 1998, 2004 und 2010, Version August 2010, in: http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10009500, Stand 21.8.2012. 18 Aufsichtsbehörde, also dem BM für Unterricht, Kunst und Kultur, ein Weisungsrecht an die Organe des Österreichischen Filminstituts gegeben, welche dann die gegenständliche Rechtsansicht des Ministeriums im Österreichischen Filminstitut umzusetzen haben. Den aktuellen Vorsitz im Aufsichtsrat übt Rudolf Scholten, Ex-Unterrichtsminister und aktuell Mitglied des Vorstandes Österreichische Kontrollbank AG, aus. Als seine Stellvertreterin wurde die Leiterin der Kunstsektion im BM für Unterricht, Kunst und Kultur, Andrea Ecker benannt. Der/die DirektorIn des Österreichischen Filminstituts nimmt an den Sitzungen des Aufsichtsrates mit „beratender Stimme“ teil. Die Kompetenzen des Aufsichtsrates sind im Wesentlichen o Die Festlegung der Geschäftsordnung für die Organe sowie die Grundzüge der Förderrichtlinien o Bestellungsvorschläge für den/die DirektorIn und Überprüfung der Führung o Genehmigungen/Widerruf von Förderungen, die über festgelegten Grenzen liegen o Evaluation der Zielerfüllung und Genehmigung des jährlichen Tätigkeitsberichts. Tabelle 2: Vergleich Auswahlkommission/Projektkommission zwischen Filmförderungsfonds/Filminstitut Filmförderungsfonds BGBl. 557/1980 Filminstitut, Stand August 2012 Auswahlkommission: Projektkommission: DirektorIn als Vorsitzender (mit Stimmrecht) GeschäftsführerIn als Vorsitzender (mit Stimmrecht) 5 fachkundige Mitgliedern aus dem Filmwesen, vom BM für Unterricht und Kunst bestellt 4 fachkundige Mitglieder aus dem Filmwesen, vom BM für Unterricht, Kunst und Kultur bestellt Bestellung für max. 3 Jahre Bestellung für 2 Jahre 19 Beim sehr bedeutsamen Organ Auswahlkommission/Projektkommission ist ein hohes Maß (mit Ausnahme der Reduktion der fachkundigen „Externen“) an Kontinuität gegeben. Die Kompetenzen dieses Gremiums ist es, die Auswahl aus den eingereichten Vorhaben im Rahmen der Projektförderung zu treffen und schriftlich zu begründen. Dem/der DirektorIn obliegt die Festlegung der betraglichen Höhe der Förderung, wo bei Überschreitung von Limits die Zustimmung des Aufsichtsrats einzuholen ist. Die rechtlichen Bestimmungen für die Auswahlkommission hatten sinngemäß idente Kompetenzen. In seinem Prüfbericht aus 2011 hielt der Rechnungshof fest, dass laut Filmförderungsgesetz grundsätzlich die Projektkommission als Gremium über die zu fördernden Vorhaben zu entscheiden hat. Trotzdem „ermächtigte der Aufsichtsrat des Österreichischen Filminstituts dessen Direktor, über die Gewährung von Förderungen für einen Kinostart oder eine Verwertung, und einen Beirat, über die Gewährung von Förderungen für eine Stoffentwicklung zu entscheiden.“16 Dieser Gesetzesverstoß beruhte auf dem festgestellten Faktum, dass im obigen Fall der Direktor eine Förderung genehmigte, ohne vorher einen Beschluss über die Förderungswürdigkeit der Projektkommission einzuholen. 16 Der Rechnungshof, Reihe Bund 2011/2, Filmförderung in Österreich, S. 5-105. In: http://www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/2011/berichte/berichte_bund/Bund_2011_02.pdf Seite 58, Stand 29.8.2012. 20 2.1.2. Die Meilensteine des Österreichischen Filminstituts Tabelle 3: Filmförderungsfonds/Filminstitut, Fördervolumen absolut 1981-201017 a Jahr Bundesbeitrag Förderungsauszahlungen Förderungszusagen 2010 16.570.000 16.650.030 17.179.396 2009 15.570.000 16.177.229 15.810.821 2008 15.626.825 a 13.389.054 15.889.842 2007 12.176.000 11.434.709 12.596.465 2006 9.600.000 8.971.648 9.286.042 2005 9.600.000 9.906.242 9.723.328 2004 9.600.000 8.454.639 9.899.462 2003 9.600.000 8.863.602 10.218.811 2002 9.641.425 7.874.247 9.723.803 2001 8.418.421 8.293.822 11.227.306 2000 7.691.693 8.009.255 9.853.065 1999 12.281.709 10.535.516 13.836.392 1998 12.354.382 7.585.731 13.163.745 1997 7.485.302 8.749.861 8.451.838 1996 7.630.648 6.112.305 8.378.661 1995 7.532.539 5.185.784 8.462.941 1994 7.124.191 7.006.910 7.347.255 1993 7.198.753 5.508.267 8.226.896 1992 6.967.217 4.704.989 6.904.500 1991 5.530.185 4.940.126 5.848.749 1990 4.063.865 3.934.453 4.245.572 1989 3.394.112 4.193.001 3.604.116 1988 3.172.169 2.163.030 4.695.851 1987 3.172.169 1.709.417 2.640.738 1986 2.180.185 958.684 1.898.545 1985 1.107.461 1.297.543 1.781.073 1984 1.230.496 1.965.996 1.394.725 1983 1.486.377 1.446.280 2.100.608 1982 1.495.751 1.431.228 2.164.996 1981 1.918.563 26.162 1.465.230 Inklusive Sondermittel in Höhe von 3,057 Mio. Euro für das Jahr 2008. 17 Österreichisches Filminstitut, Budgetentwicklung, in: http://www.filminstitut.at/de/daten-zumfilminstitut/, Stand 3.11.2013. 21 Die Problematik in Hinblick auf die Interpretation der drei Spalten in der obigen Tabelle liegt in dem Umstand begründet, dass nur bedingt ein funktionaler Zusammenhang zwischen Bundesbeitrag und den Förderungszusagen hergestellt werden kann. Die Komplexität des Budget-Managements liegt im Zeitabstand zwischen der Förderungszusage und dem realen Mittelabfluss, also die Förderungsauszahlungen, welche von 9 Monaten bis zu 3 Jahren betragen kann. In realiter sind es die Abrechnungen der einzelnen Herstellungsphasen des gegenständlichen Films und diese weichen – ebenfalls in der Regel – von den Planterminen ab, wodurch ein kontinuierlichen Budgetvollzug unmöglich wird. Verschärft wird diese Problematik durch die ministeriellen Budgetverhandlungen, insbesondere bei Regierungswechsel (siehe Tabelle 5). Tabelle 4: Österreichisches Filminstitut, Varianz des Fördervolumen 1981-201018 Quelle: Österreichisches Filminstitut In der folgenden Tabelle möchte der Verfasser eine erste, grobe Gegenüberstellung zwischen den obigen vier signifikanten (+/- 2 Mio. Euro) Veränderungen des Bundesbeitrages und den jeweils amtierenden Bundeskanzler/Finanzminister /Unterrichtsministerin vornehmen. Eine tiefergehende Analyse der Allokationspolitik im Bereich der Filmförderung folgt dann im Kapitel 5.1. 18 Homepage Österreichisches Filminstitut, Budgetentwicklung, in: http://www.filminstitut.at/de/menu123/, Stand 28.8.2012 22 Tabelle 5: Regierungsmitglieder in den Jahren mit signifikanten Änderungen des Bundesbeitrages Jahr Bundeskanzler Finanzminister Unterrichtsministerin Veränderung in Mio. € 1998 V. Klima R. Edlinger E. Gehrer +4,9 2000 W. Schüssel K. H. Grasser E. Gehrer -4,6 2007 A. Gusenbauer W. Molterer C. Schmied +2,6 2008 A. Gusenbauer W. Molterer C. Schmied +3,519a Anmerkung a. Diese Summe beinhaltet Sondermittel in Höhe von 3,1 Mio. Euro. 2.2. Film/Fernseh-Abkommen mit dem ORF Das erste Film/Fernseh-Abkommen „…zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Film und Fernsehen…“20 wurde 1981 zwischen dem Österreichischen Filmförderungsfonds und dem Österreichischen Rundfunk abgeschlossen, welches in weiterer Folge 1989, 1994, 2003 betragsmäßig und inhaltlich adaptiert und schlussendlich 2011 in einer erneuten Vereinbarung überarbeitet und fixiert wurde. Der ORF ist damit Co-Finanzier bei der Herstellung von ungefähr 30-40 österreichischen Kinofilm-Projekten aus etwa 120 Herstelleranträgen pro Jahr21, die den Voraussetzungen des Filmförderungsgesetzes und den Regulativen des ORF entsprechen. Voraussetzung für eine Mitfinanzierung des ORF ist eine Förderzusage des Österreichischen Filminstituts bzw. einer anderen öffentlichen Filmförderstelle. Der Nutzen für den ORF besteht darin, dass er mitfinanzierte Kinofilme nach Ablauf der Kinoschutzfrist bis zum Ende der Lizenzzeit – das sind im Abkommen von 2011 mit 7 Jahren festgelegt - beliebig oft ausstrahlen kann, jener des Österreichischen Filminstituts, wie in der Präambel formuliert, die „bestmögliche Wahrnehmung der österreichischen Filme [….] mit gemeinsamer Finanzierungs- und FörderungsBeteiligung vor dem Kino- und Fernsehpublikum zu ermöglichen. Der ORF tut dies im Rahmen seiner Berichterstattung und durch Präsenz des österreichischen Films in 19 Film/Fernseh-Abkommen aus 2011, Präambel, in: http://www.filminstitut.at/de/orf-film-fernsehabkommen/, Stand 29.12.2012. 20 Film/Fernseh-Abkommen aus 2011, Präambel, in: http://www.filminstitut.at/de/orf-film-fernsehabkommen/, Stand 29.12.2012. 21 APA-OTS Aussendung ORF, 14.3.2012, 30 Jahre Film/Fernseh-Abkommen: 483 Kinofilme mit ORFBeteiligung, in: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20120314_OTS0132/30-jahre-filmfernsehabkommen-483-kinofilme-mit-orf-beteiligung, Stand 1.1.2013. 23 geeigneten Sendungen, Promotion-Trailern und durch Ausstrahlung österreichischer Filme an adäquaten Sendeplätzen.“ Im Gegenzug sorgt das Österreichische Filminstitut, ein vertraglich fixiertes Erstausstrahlungsrecht für den ORF nach der Kinosperrfrist bei dem/der Produzentin durchzusetzen. Als Entscheidungsgremium für die Förderungsvergabe – für die Jahre 2010 bis 2013 wurde eine Erhöhung von rund 6 Mio. Euro auf 8 Mio. Euro vereinbart22 – wurde die „Gemeinsame Kommission“ mit jeweils 3 vom Österreichischen Filminstitut und vom ORF entsandte Mitglieder eingerichtet, welche über eine gemeinsame Teilfinanzierung eines Filmvorhabens auf Antrag des/der Produzentin entscheiden, „wobei Filme, die speziell und typisch zur Fernsehausstrahlung und nicht zur Auswertung im Kino geeignet erscheinen, nicht Gegenstand der Mitfinanzierung im Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens sind.“23 Vor der Projekt-Einreichung und Entscheidung in der Gemeinsamen Kommission von Filminstitut und ORF werden diese bereits vorab entweder von einer Projektkommission des Österreichischen Filminstituts oder einem anderen öffentlichen Förderer geprüft und ausgewählt. In einem Artikel im Wochenmagazin „Profil „ – übertitelt mit „ORF-Intervention im Sinne der Quote“24 – wird allerdings ein Interventionsversuch durch Intendantin Kathrin Zechner für ein von ihr präferiertes Filmprojekt „Im weißen Rössl“ beschrieben, welches vom Österreichischen Filminstitut „zunächst einhellig“ abgelehnt wurde und wodurch eine Förderung im Rahmen das Film/Fernseh-Abkommen ausgeschlossen war. In dieser Differenz manifestiert sich nach Ansicht des Verfassers das Spannungsfeld zwischen den wirtschaftlichen vs. künstlerischen Ansprüchen, wobei das Quoten-Paradigma von Frau Zechner ausschließlich der ersten Kategorie zuzuordnen ist, zumal der Regisseur dieses gegenständlichen Projektes bis dato nur mit „TV-Unterhaltungsware wie Alarm für Cobra 11“ reüssierte. Diese Kraftprobe zwischen dem alleinigen Entscheider Österreichisches Filminstitut, dessen Kompetenz es ist, dass „Kinoprojekte, an denen sich der ORF beteiligen kann, erst im Österreichischen Filminstitut begutachtet werden, ehe sie in die gemeinsame 22 Ebd., Film/Fernseh-Abkommen aus 2011 §2. Abkommensmittel. Ebd., §3, Abs. 2., Lit. a. 24 Profil vom 30.6.2012, ORF-Intervention im Sinne der Quote, in: http://www.profil.at/articles/1226/560/332937/orf-intervention-sinne-quote, Stand 3.1.2013. 23 24 Kommission gehen, sei „in Stein gemeißelt“ und dem Co-Financier ORF spielt der Direktor des Österreichischen Filminstituts, Roland Teichmann, diplomatisch herunter: „In Einzelsituationen allerdings muss man ein wenig Flexibilität zeigen und dem Partner ORF auch entgegenkommen.“25 Die aktuellen (Stand Ende 2012), vom ORF entsandten Kommissions-Mitglieder sind Kathrin Zechner (sie folgte auf Wolfgang Lorenz), Heinrich Mis (Fernsehfilmchef) und Margit Maier (Abteilung Programmeinkauf und Rechtemanagement, auch zuständig für die Abwicklung von Auftragsproduktionen und das Film/Fernseh-Abkommen).26 Zehn Prozent des ORF-Förderungsanteils sind dem Nachwuchsfilm oder Filmen mit Innovationscharakter („Innovationstopf“) gewidmet, wobei die Einzelförderung dafür mit 100.000 Euro limitiert ist; die Administration dieser Förderung obliegt dem ORF. Wenig verwunderlich der euphorische Kommentar von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz dazu: „Das neue Film/Fernseh-Abkommen ist ein Meilenstein in der Geschichte des österreichischen Kinofilms. Die Aufstockung der ORF-Fördermittel auf acht Millionen Euro jährlich - garantiert bis 2013 - ist ein klares Statement für die Stärkung des Filmstandorts Österreich. Nie zuvor hat der ORF mehr Mittel in den österreichischen Kinofilm investiert. Damit beweist der ORF, wie ernst er als Public Broadcaster seine gesellschaftliche Aufgabe als größter heimischer Filmproduzent und Arbeitgeber in der Filmindustrie nimmt.“27 In diesem Zusammenhang muss die Entwicklung des ORF-Beitrages zum Film/FernsehAbkommen vor 2011 dargestellt und der finanziell substantielle politische Deal erwähnt werden, der vom Sparauftrag für den ORF und den finanziellen Unsicherheiten zu der obigen Vereinbarung führte. 25 Ebd. Aussendung ORF, Aktuelle Meldung, nicht datiert, „30 Jahre Film/Fernseh-Abkommen: 483 Kinofilme mit ORF-Beteiligung“, in: http://kundendienst.orf.at/aktuelles/oefi.html, Stand 3.1.2013. 27 Aussendung ORF Kundendienst 14.1.2011, Film/Fernseh-Abkommen 2011: klares Bekenntnis zur langfristigen Zusammenarbeit zwischen Filmförderung und ORF, in: http://kundendienst.orf.at/unternehmen/news/film_fernseh_abkommen.html, Stand 29.12.2012. 26 25 Tabelle 6: Finanzielle Förderungsvolumina, ORF Film/Fernseh-Abkommen28 In seinem Untersuchungsbericht stellt der Rechnungshof die Förderleistung des Österreichischen Filminstituts und des ORF gegenüber, die das folgende Bild zeigen: Abbildung 1: Ausbezahlte Beträge des Österreichischen Filminstituts und des ORF im Rahmen des Film/Fernseh–Abkommens von 2006 bis 200929 2009 war insgesamt ein kritisches Jahr für den ORF, folglich auch – wie in obiger Graphik klar ersichtlich – in Hinblick auf seinen Beitrag zur Filmförderung. Am 16. April 28 Filminstitut, ORF Film/Fernseh-Abkommen, in: http://www.filminstitut.at/de/orf-film-fernsehabkommen/, Stand 3.1.2013. 29 Der Rechnungshof, Filmförderung in Österreich, Bericht des Rechnungshofes 2011, S. 29. 26 2009 übertitelte die Tageszeitung „Der Standard“ einen Artikel mit „ORFMitfinanzierung an Kinofilmen nicht mehr möglich“ und der Untertitel erklärte, warum: „Nach zweitem von fünf Sitzungsterminen bereits so gut wie sämtliche verfügbare Fördermittel für 2009 aufgebraucht - ÖFI muss Löcher stopfen, die der ORF hinterlässt“. 30 In einem weiteren Standard-Artikel vom April 2009 wird unter dem Druck eines sich abzeichnenden hohen Verlustes des ORF ein für das Film/Fernseh-Abkommen ernüchterndes Szenario skizziert: „Derzeit ist der ORF mit 5,9 Millionen Euro am Film/Fernseh-Abkommen beteiligt. Laut Finanzvorschau der Geschäftsführung des Österreichischen Rundfunks ist für 2010 eine Halbierung dieses Betrages vorgesehen. Für das Jahr 2011 ist derzeit eine Beendigung des Abkommens im Gespräch.“31 Allerdings formulierte Unterrichtsministerin Claudia Schmied im Mai 2009 zu den diskutierten Strukturmaßnahmen des ORF eine recht klare Position zu den Einsparungsplänen des ORF: „Der ORF müsse bei aller berechtigten Bemühung, das Unternehmen wirtschaftlich abzusichern, mehr sein als ein rein kommerzielles Medienunternehmen. Er hat in der Vergangenheit wichtige gesellschafts- und kulturpolitische Aufgaben übernommen, die nicht leichtfertig geopfert werden dürfen. Dazu zähle ich aus kulturpolitischer Sicht auch das Film/Fernseh-Abkommen und das Radio Symphonie Orchester.“32 Im gleichen Interview legte die Ministerin die angedachte Lösung der ORF-Finanzmisere – der Verlust des ORF lag 2008 bei 79 Mio. Euro und 2009 mit minus 40 Mio. Euro (ohne seine Tochterunternehmen wären es minus 60 Mio. Euro geworden) – in ihrer Sicht folgendermaßen dar: „"Wenn der ORF nach allen Strukturreformen und konzerninternen Effizienzsteigerungen noch immer vor dem Problem steht, dass Mittel für die Weiterführung des Film/FernsehAbkommens und des Betriebes des Radiosymphonieorchesters fehlen, wird die 30 Der Standard, Ausgabe 16.4.2009, "ORF-Mitfinanzierung an Kinofilmen nicht mehr möglich", in: http://derstandard.at/1237230069847/Filminstitut-ORF-Mitfinanzierung-an-Kinofilmen-nicht-mehrmoeglich, Stand 4.1.2013. 31 Der Standard, Ausgabe 16.4.2009, Film/Fernseh-Abkommen, in: http://derstandard.at/1237230073195/Stichwort-FilmFernseh-Abkommen, Stand 4.1.2013. 32 Der Standard, Ausgabe 12.5.2009, Film und RSO dürfen nicht Opfer von ORF-Reformen werden, in: http://derstandard.at/1241622534555/Claudia-Schmied-Film-und-RSO-duerfen-nicht-Opfer-von-ORFReformen-werden, Stand 4.1.2013. 27 öffentliche Hand ihrer Verantwortung durch die Teil-Refundierung von Gebühren nachkommen müssen."33 So sorgte im Juni 2010 ein ORF-Gesetz für die ORF-„Sanierung“ durch die Zurverfügungstellung zusätzlicher 160 Mio. Euro, aufgeteilt auf vier Jahre, die allerdings unter anderem mit einer Erhöhung des ORF- Anteils im Film/FernsehAbkommen auf 8 Mio. Euro mit Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria34 junktimiert wurde: „Die Abgeltung gebührt in den Jahren 2011 bis 2013 jedenfalls nur dann, wenn im Vorjahr folgende allgemeine Voraussetzungen erfüllt sind: a. Fortbestand des Film/Fernseh-Abkommens und Erfüllung der daraus resultierenden Verpflichtungen durch den Österreichischen Rundfunk und b. Fortbestand des Radiosymphonieorchesters und c. kontinuierlicher Ausbau des Anteils der österreichspezifischen Fernsehfilme, serien und -dokumentationen sowie der Kindersendungen in Form von Eigen-, Ko- und Auftragsproduktionen des Österreichischen Rundfunks am Gesamtprogramm und d. Erhöhung des Anteils von Barriere-frei zugänglichen Sendungen.“ 35 Die relevante Textstelle, der Punkt 2.2. des Bescheides, legt die Bedingungen klar fest: Fortbestand des Film/Fernseh-Abkommens im Jahr 2010 und Erfüllung der daraus resultierenden Verpflichtungen des ORF: „Hierbei sieht das derzeit in Geltung stehende Abkommen vor, dass jedenfalls für die Kalenderjahre 2010, 2011, 2012 und 2013 zumindest 8 Mio. Euro jährlich als vereinbart gelten. Für das hier gegenständliche Jahr 2010 wurden daher Mittel im Umfang von zumindest 8 Mio. Euro vorgesehen.“36 Die Finanzierungsbeteiligung des ORF setzt sich aus dem Lizenzbetrag für die Fernsehnutzungsrechte innerhalb der Lizenzzeit von 7 Jahre nach Ablauf der Kinoschutzfrist und dem Finanzierungsanteil an den Herstellungskosten zusammen. 33 Ebd. Bescheid KommAustria 23.5.2012, Feststellung, ob die Bedingungen für die Abgeltung des dem Österreichischen Rundfunk durch Befreiungen entstehenden Entfalls des Programmentgelts im Jahr 2011 erfüllt worden sind, in: https://www.rtr.at/uploads/media/KOA_10.200-12-008.pdf, Stand 6.1.2013. 35 Vgl. Der Standard, Ausgabe 22.2.2010, Neuerungen im ORF-Gesetz von A bis Z, in: http://derstandard.at/1266541228607/Millionenshow-Neuerungen-im-ORF-Gesetz-von-A-bis-Z, Stand 4.1.2013. 36 Ebd., Bescheid KommAustria 23.5.2012, S. 63. 34 28 Dieser Lizenzanteil beträgt grundsätzlich 50% des gesamten ORF Betrages, im Maximum für Spielfilme 45.000 Euro, für Dokumentarfilme 22.000 Euro und für Dokumentationen 11.000 Euro. Seit dem Jahre 1989 sind zehn Prozent der ORF-Mittel für die Förderung des Nachwuchsfilms („Innovativer Film“) gewidmet, wo auch andere filmfördernde Institutionen, wie jene der Bundesländer, projektmäßig eingebunden werden können. 2.3. Die Rundfunk- und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) Die Rundfunk- und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) wurde 2001 gegründet und besteht aus zwei Kompetenzbereichen: Medien sowie Telekommunikation und Post. Der für diese Arbeit relevante Bereich ist jener der Medienförderung und innerhalb dessen die Administration des Fernsehfilmförderungsfonds, welcher seit 2004 existiert und mit 13,5 Mio. Euro (Stand 2009)37 einen signifikanten Beitrag zur Filmförderung – konkret der Produktion und Verwertung von Fernsehfilmen, Fernsehserien und Fernsehdokumentationen – leistet. Das Förderungsziel ist in den aktuellen Förder-Richtlinien folgendermaßen formuliert: „Die Förderungen sollen zur Steigerung der Qualität der Fernsehproduktion und der nachhaltigen Leistungsfähigkeit der österreichischen Filmwirtschaft beitragen und für eine vielfältige Kulturlandschaft Gewähr bieten. In diesem Sinne stehen die Fördermaßnahmen des Fernsehfonds Austria unter dem Gesichtspunkt, dass ein möglichst großes Publikum, im Interesse der herstellenden Produzenten, die geförderten Produktionen empfangen können.“38 Im Förderauftrag und in der Zielformulierung liegt die Komplementär-Aufgabe zum Österreichischen Filminstitut: fördert das Filminstitut Eigenproduktionen von Kinofilmen unter den Auspizien „wirtschaftlicher Erfolg“ oder „künstlerischer Erfolg“, so liegt der Fokus beim Fernsehfonds Austria bei Eigenproduktionen von Fernsehfilmen oder Serien mit der Förderauflage einer großen Zuschauerzahl. Antragsberechtigt sind unabhängige Fernsehfilmproduzenten, nicht aber öffentlich-rechtliche oder private 37 Tätigkeitsbericht des Fernsehfonds Austria, Berichtsjahr 2009, in: https://www.rtr.at/de/komp/alleBerichte/Bericht2009.pdf, Stand 10.2.2013. 38 Richtlinien des Fernsehfonds Austria, § 1.2., in: https://www.rtr.at/de/ffat/Richtlinien, Stand 10.2.2013 29 Rundfunkveranstalter. Voraussetzung sind programmfüllende Fernsehproduktionen mit einer Dauer von mindestens 23 Minuten. Die Obergrenzen der Förderung sind in Punkt 4.4. der aktuellen (2012) RTR-Förderrichtlinien folgendermassen ausgewiesen: Fernsehfilme Fernsehserien Fernsehdokumentationen 1.000.000 Euro, 200.000 Euro (pro Folge) und 200.000 Euro, Nach den Richtlinien ist eine Mehrfachförderung möglich, nicht aber in dem Fall, wenn das gegenständliche Fernsehfilm-Projekt bereits von einer anderen Institution mit Bundesmitteln finanziell unterstützt wird. 2009 wurden insgesamt 49 Fernsehfilm-Projekte gefördert – 20 Fernsehfilme, 3 Serien und 26 Fernsehdokumentationen – und dies mit einem Gesamtvolumen von rund 11,5 Mio. Euro. Dem Tätigkeitsbericht 2009 ist zu entnehmen, dass diesem Fördervolumen von besagten 11,5 Mio. Euro rund 38,8 Mio. Euro an Produktionskosten in Österreich ausgegeben wurden, was einem Leverage-Effekt von 3,4 entspricht. Die Verteilung der Förderungen nach Segmenten stellt sich folgendermaßen dar: Abbildung 2: Zugesagte Fördermittel des Fernsehfonds Austria für 200939 Quelle: Tätigkeitsbericht des Fernsehfonds Austria, Berichtsjahr 2009 39 Tätigkeitsbericht des Fernsehfonds Austria, Berichtsjahr 2009, S. 5, in: https://www.rtr.at/de/komp/alleBerichte/Bericht2009.pdf, Stand 10.2.2013. 30 Eine tabellarische Darstellung der durchschnittlichen Förderung pro Segment gibt eine Indikation der Gewichtung innerhalb der Fernsehförderung: Tabelle 7: Durchschnittliche Fördermittel pro Filmsegment Segment Zahl der Produktionen 2009 Fördermittel Durchschnitt 20 8,533.518 426.676/Film 3 Serien/36 Folgen 1,780.000 49.445/Folge 26 1,181.850 45.456/Film Fernsehfilme Serien Dokumentationen Die obige Darstellung für das Jahr 2009 zeigt einen Trend der Gewichtung stark zu Gunsten der Kategorie Fernsehfilme, wo durchschnittlich mehr als 40% der Maximalförderung zuerkannt wird, wogegen bei den Serienfolgen und Dokumentationen im Durchschnitt nur Fördermittel im Ausmaß von weniger als 25% der Maximalförderung zugesagt wurden. 2.4. Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur Im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur ist die Kunstsektion/Abteilung 3 für „die Förderung innovativer Projekte im Bereich des Spiel-, Dokumentar-, Animations- und Experimentalfilms, die gezielte Förderung talentierter (an Alter und Erfahrung) junger FilmemacherInnen“ verantwortlich.40 Darüber hinaus vertritt diese Abteilung die österreichischen Interessen in den europäischen Filmförderungsgremien wie MEDIA und EURIMAGES. Die Förderung des Ministeriums basiert auf dem Kunstförderungsgesetz aus 1988 und unterstützt ebenfalls die „klassischen“ Phasen einer Filmproduktion wie Drehbuch, Projektentwicklung, Herstellung und Kinostart, allerdings nach oben begrenzt mit Produktionskosten bis maximal 500.000 Euro. Die Förderbeträge für Einzelpersonen liegen allesamt im mittleren bzw. unteren 5-stelligen Euro-Bereich, beinhalten aber auch die Förderung der Teilnahme bei Festivals für Kurzfilme, Dokumentarfilme, 40 Homepage Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Abteilung 3, Filmförderung, in: http://www.bmukk.gv.at/kunst/sektion/abt3.xml, Stand 12.2.2013. 31 experimentelle Filme, Videos und Medienkunst. Diese Festival-Förderung unterstützt aber lediglich die Teilnahme und löst keine weitere Förderung – analog zur Referenzfilmförderung des Österreichischen Filminstituts – aus. Darüber hinaus vergibt das Ministerium drei Kunstpreise für die Kategorie Film, deren Höhe sich um die 10.000 Euro bewegen. Um diese Förderung können sich österreichische Staatsbürger oder Personen bewerben, die ihren Hauptwohnsitz für mindestens 3 Jahre davor in Österreich hatten und Projekte einreichen, „die von überregionalem Interesse oder geeignet sind, beispielgebend zu wirken, innovatorischen Charakter haben oder im Rahmen eines einheitlichen Förderungsprogramms gefördert werden.“41 Tabelle 8: Budgetentwicklung des BM für Unterricht, Kunst und Kultur für den innovativen Film (2001 - 2010)42 Quelle: Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur Die Abgrenzung zum Fördermodell des Österreichischen Filminstituts kann so gezogen werden, als dass sich die Förderung des Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur überwiegend an FilmemacherInnen als EinzelkünstlerInnen oder KünstlerArbeitsgemeinschaften richtet, die Kurzfilme, Dokumentarfilme sowie experimentelle Filme herstellen und im „low-budget“ Segment arbeiten, das Österreichische Filminstitut wieder adressiert Produktionsgesellschaften für Kinofilme. 41 Bundesgesetz vom 25. Februar 1988 über die Förderung der Kunst aus Bundesmitteln (Kunstförderungsgesetz), §2 (2), in: http://www.bmukk.gv.at/kunst/recht/kfg.xml, Stand 12.2.2013. 42 Homepage Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Abteilung 3, Filmförderung, in: http://www.bmukk.gv.at/kunst/bm/ifa.xml, Stand 10.4.2012. 32 Eine weitere Differenz zum Filminstitut ist es, dass das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur ausschließlich nach künstlerischen Kriterien entscheidet, nicht aber die Forderung nach wirtschaftlicher Rentabilität erhebt. 2.5. Die Filmförderung der Länder Einen sehr informativen Überblick über die Förderstruktur der Länder samt einer kritischen Würdigung von deren Effizienz gibt der Rechnungshof-Bericht aus dem Jahre 2011, welcher die Periode 2006-2008 untersuchte. Eine erste Übersicht stellt die Verteilung der regionalen Förderungsinstitutionen und ihrer internen Beziehungen pro Bundesland dar: insgesamt sind es 14 operative Gesellschaften, wovon eine signifikante Häufung in der Steiermark ersichtlich ist. Abbildung 3: Filmförderungs-Institutionen in den Bundesländern43 (Stand 2008) Oberösterreichisches Filmbüro / Wirtschaftsabteilung Land Jeweilige Kulturabteilung im Amt der Landesregierung Cine Tirol Filmfonds Wien Kulturabteilung Magistrat Film Location Salzburg Landesamtsdirektion Cine Styria Kultur Steiermark Land Steiermark Tourismusabteilung Steirische Tourismus GmbH Land Salzburg Stadt Salzburg Quelle: Rechnungshofbericht „Filmförderung in Österreich“, 2011. Diese dezentrale Förderstruktur zeichnet sich auch durch ein hohes Maß an Heterogenität in seinen föderalen Förderzielen aus: grundsätzlich wird eine möglichst hohe Wertschöpfung von Filmproduktionen unter Einbezug einer werblichen 43 Vgl. Der Rechnungshof, Filmförderung in Österreich, Bericht des Rechnungshofes 2011, S. 21ff. 33 Komponente für den Fremdenverkehr im Bundesland angestrebt; insofern ist der Schwerpunkt der Filmförderungen der Länder die Herstellungsförderung. Die strikte Vorgabe des Österreichischen Filminstituts in Hinblick auf Kino-, Dokumentar- oder Kinderfilm mit entsprechender Mindestdauer findet sich in den Förderbedingungen der Länder nur sporadisch. Bei den Film-Förderprogrammen der Landesregierungen kann hinsichtlich der Vergabepraxis pauschal festgehalten werden: „Allgemeine Kriterien sind immer ein thematisch-inhaltlicher Bezug zu den jeweiligen Bundesländern. Da es sich zum Teil um Subventionen der Kulturabteilungen handelt, spielt der künstlerische Aspekt eine nicht unwichtige Rolle.“44 Zusammengefasst sind es drei Zielstrategien, die damit verfolgt werden: Tourismus, Kultur und wirtschaftliche Regionaleffekte. Neben den Ämtern der Landesregierung existieren zusätzlich selbstständig agierenden Förderstellen in den Bundesländer Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark und Tirol. Der „Filmfonds Wien“ fördert mit mehr als 10 Mio. Euro künstlerische, programmfüllende Filme, die einen bedeutenden Beitrag für die „die kulturelle Entwicklung und die filmwirtschaftliche Wertschöpfung am Standort Wien“45 erbringen. Die Förderwürdigkeit wird von einer vierköpfigen Jury und der Geschäftsführung des Fonds getroffen, die Höhe des Förderbetrages wird von dem/der GeschäftsführerIn bestimmt. Als „kultureller Effekt“ des Filmprojektes werden folgende Vorgaben gemacht (Auszug): • Filme, die Wien als Ort der Handlung oder als wichtigen Schauplatz erkennen lassen; Künstlerisch herausragende Projekte oder schwierige Filme mit geringem Budget („Low-Budget“-Projekte); Nachwuchsfilme und Werkstattprojekte, Kinderfilme Sehr konkret sind auch die ökonomischen Vorgaben zur Erlangung von Fördermittel formuliert: zumindest 100% des Fördervolumens müssen in die Wiener Filmwirtschaft 44 Homepage location austria, Abschnitt „Regionale Filmförderung“, in: http://www.locationaustria.at/de/regionale_filmfoerderung.aspx, Stand 2.2.2013. 45 Homepage Filmfonds Wien, Förderrichtlinien, S. 6f, in: http://www.filmfonds-wien.at/files/ffw_foerderrichtlinien.pdf, Stand 3.2.2013. 34 rückfließen: „Zum Filmbrancheneffekt zählen Ausgaben zur Beschäftigung von Filmschaffenden in künstlerischen, technischen und organisatorischen Funktionen und zur Nutzung der filmspezifischen Infrastruktur.“ Im Gegensatz zum Österreichischen Filminstitut unterstützt der Filmfonds Wien auch die Herstellung „qualitativ hochstehender Fernsehinhalte und Fernsehbilder unter Anknüpfung an die kulturelle Wertigkeit der Region Wien im österreichischen und europäischen Umfeld.“46 Die Motivation für diese Förderung argumentiert der Filmfonds Wien damit, dass durch einen stetig steigenden kompetitiven Kostendruck die Zahl von „kulturell ambitionierte sowie qualitativ hochwertige Produktionen“ abnimmt; in Folge dessen orientiert sich diese Förderkategorie ausschließlich am kulturellen Inhalt („Kultureller Eigenschaftstest“) des Projektes. Die „Cine Styria“ wieder fördert Film- und TV-Projekte mit internationaler Verwertung und touristischer Wertigkeit und bezieht sich sowohl auf Herstellungs- als auch Festivalförderung. Die „Cine Tirol“ wieder ist ein Teilbereich der Tirol-Werbung und vergibt sogenannte „Production Incentives“ durch nicht rückzahlbaren Produktionskostenzuschüsse bis zu 50% der in Tirol getätigten und anrechenbaren Ausgaben und hat sich darüber hinaus auf professionelle Location-Services spezialisiert. Diese fokussierte DienstleistungsStrategie hat Tirol zu einem der gefragtesten Drehorte in den Alpen gemacht. Bei der „Filmlocation Salzburg“ steht einerseits der touristische Werbeeffekt der Stadt und des Landes Salzburg im Vordergrund, andererseits die lokale Wertschöpfung von nationalen und internationalen Film- aber auch TV-Produktionen: in den Förderungsvoraussetzungen47 wird dies als „Salzburg-Effekt“ und „Salzburger Filmbranchen-Effekt“ ausgedrückt: der Salzburg-Effekt gilt dann als erreicht, „wenn nachweislich mindestens 200% der Fördermittel des Landes Salzburg für die Filmherstellung direkt oder indirekt im Wege der Umweg-Rentabilität im Land Salzburg ausgegeben werden.“ Unterstützt wird dieses Ziel durch das Angebot einer zentralen Beratungsstelle („First-Stop-Shop“), also Hilfestellungen und Dienstleistungen aus einer Hand. 46 Ebd., S. 22f. Förderbedingungen Film Location Salzburg, S. 4, in: http://www.salzburg.gv.at/pdf-formulare-wtw0239a.pdf, Stand 15.2.2013. 47 35 In Niederösterreich nennt sich die im Amt der Landesregierung angesiedelte Filmförderungs-Institution „Lower Austrian Film Commission“. Diese fördert alle Formen von Filmen, „die einen sachlichen oder personellen Bezug zu Niederösterreich haben und/oder in Niederösterreich entstehen.“48 Bewertungsmäßig bedeutsam ist zusätzlich der wirtschaftliche Regionaleffekt des Filmprojektes, der mindestens das Zweifache der Förderung betragen muss. Diese Übersicht rundet das „Oberösterreichische Filmbüro“ ab, deren Auftrag es ist, „Pilotfilme zu Serien bzw. Serien und Reihen, die ausschließlich in Oberösterreich gedreht werden und ein hohes touristisches Potenzial beinhalten“49, zu fördern. Die Höhe der Förderung ist abhängig von den jeweiligen Produktionskosten, die im Land verbleiben, sowie dem Oberösterreich-Bezugs. Das „Oberösterreichische Filmbüro“ prüft die Unterlagen der eingereichten Filmprojekte und empfiehlt der Wirtschaftsabteilung der Landesregierung – dem Halter des Budgets – die Gewährung bzw. die Ablehnung einer Förderung. Diese obige Zusammenfassung der Förderziele von den Bundesländern zeigt einen klaren Schwerpunkt in Richtung der Förderung von Filmen, die eine entsprechende Region des Bundeslandes touristisch verkaufen helfen sowie die Stimulierung von lokaler Wertschöpfung durch Filmproduktionen wie beispielsweise durch die Beschäftigung lokaler ProduktionsmitarbeiterInnen, Quartier und Verpflegung. Mit Ausnahme von Tirol mit seinem konkreten Angebot von Location Services und partiell auch Salzburg mit seinem One-Stop-Shopping Beratungsansatz bieten die restlichen Bundesländer bloß undifferenzierte, finanzielle Anreize überwiegend auf der ökonomischen Ebene; die künstlerische Qualität als Bewertungsparameter wird nur marginal gefordert. Welchen Förderungsbeitrag haben nun die Bundesländer in der Betrachtungsperiode bereitgestellt und wie stellt sich dessen prozentuelle Verteilung und das abgeleitete Ranking dar? 48 Homepage location austria, Abschnitt „Regionale Filmförderung“, in: http://www.locationaustria.at/de/regionale_filmfoerderung.aspx, Stand 2.2.2013. 49 Homepage location austria, ebd. 36 Tabelle 9: Volumen der Filmförderung der Bundesländer 2006-200850 (in Mio. Euro) Förderungsgeber 2006 Summen 19,08 2007 2008 18,84 22,00 Aus den obigen Werten ergeben sich für 2008 folgende Förderungsanteile und – als interessanter Vergleich – die Relation zur Wirtschaftsleistung des jeweiligen Bundeslandes, also dem Brutto-Regionalprodukt des Jahres 2008. Tabelle 10: Prozentueller Förderanteil und Relation zum Regional-BIP 2008 Vergleich 2008 Förderung Förderanteil % BIP 200851 Förderung zu BIP Burgenland Niederösterreich Wien Kärnten Steiermark Oberösterreich Salzburg Tirol Vorarlberg 680.000 2.790.000 12.540.000 100.000 2.110.000 1.360.000 1.140.000 1.140.000 140.000 3,09% 12,68% 57,00% 0,45% 9,59% 6,18% 5,18% 5,18% 0,64% 6.316.000.000 44.897.000.000 73.690.000.000 16.125.000.000 35.646.000.000 47.780.000.000 20.496.000.000 24.626.000.000 13.171.000.000 0,0108% 0,0062% 0,0170% 0,0006% 0,0059% 0,0028% 0,0056% 0,0046% 0,0011% Summen/ Durchschnitt 22.000.000 100,00% 282.747.000.000 0,0078% Welche Erkenntnisse können nun aus dieser obigen Tabelle abgeleitet werden? Beginnen wir bei den Extremwerten: Wien nimmt unangefochten eine Spitzenstellung in der Filmförderung der Bundesländer ein, sowohl von seinem Anteil an der 50 Der Rechnungshof, Filmförderung in Österreich, Bericht des Rechnungshofes 2011, S. 18. Statistik Austria, Bruttoregionalprodukt 2007-2009 nach Bundesländern, http://www.statistik.gv.at/web_de/statistiken/volkswirtschaftliche_gesamtrechnungen/regionale_gesa mtrechnungen/nuts2-regionales_bip_und_hauptaggregate/index.html, Stand 11.12.2012. 51 37 Gesamtförderung wie auch dem Förder-Prozentsatz seines regionalen BIP. Das Schlusslicht bildet Kärnten mit einem Anteil von weniger als 0,5% an der Bundesländer-Fördersumme und 0,0006 (!) Prozent seiner lokalen Wertschöpfung. Dieser negative Extremwert aus Kärnten hat eine Geschichte, die es wert ist, als Beispiel für eine politisch instrumentalisierte und missbrauchte Kulturpolitik dargestellt zu werden, wo sich vollmundigen Ankündigungen nach relativ kurzer Zeit in den aktuellen Zustand der filmpolitischen Bedeutungslosigkeit entwickelten. Folgen wir also der Zeitlinie von der Gegenwart bis in die Anfangsjahre dieses Jahrtausends: gerade unlängst beklagten Kärnten-affine Filmproduzenten wie die Familien Spiehs und Hroch (Mona und Lisa Film) unter dem Titel „Kino-Land Kärnten wird zum Komparsen“52 die nicht statt gefundene Entpolitisierung der lokalen Filmförderung und Arno Rußegger, Professor am Institut für Germanistik der AlpenAdria-Universität Klagenfurt und Initiator des Filmfestes "Kino aus Kärnten", ergänzt diese Kritik: „Prinzipiell werden schon Filme in Kärnten unterstützt, aber es gibt keine professionelle Filmförderung. Das ist ein entscheidender Unterschied“ und setzt fort „Von den Großen im Geschäft geht niemand zu einem Landeshauptmann. Das muss eine Stelle sein, die nach ganz klaren Richtlinien Gelder vergibt“. Da zieht sich historisch ein roter Faden durch die Kärntner Filmförderungspolitik, denn die Gründe für das Scheitern der mittlerweile aufgelösten Cine Culture Carinthia (CCC) sieht Rußegger in den oben monierten Fakten der Gegenwart: „Das war natürlich eine politische Sache, die in der Szene der Filmschaffenden überhaupt nicht verankert war. Es gab auch ein undurchsichtiges Intendanten-Prinzip. Wir bräuchten stattdessen ein transparentes System, wo jeder weiß, nach welchen Kriterien er eine Förderung bekommt. Das geht nur mit einem Filmboard, das heißt einer Gruppe von Experten, die nach klaren Regeln entscheiden.“53 Die aktuell geringe Dotation der Kärntner Filmförderung: 2008 waren es knapp 100.00 Euro; im Vergleich dazu: die Kärntner Brauchtums-Messe erhielt im gleichen Jahr über 52 Kleine Zeitung, 22.12.2012, Artikel „Kino-Land Kärnten wird zum Komparsen“, in: http://www.kleinezeitung.at/kaernten/klagenfurt/klagenfurt/3199007/kino-land-kaernten-zumkomparsen.story, Stand 23.12.2012. 53 Kleine Zeitung, 22.11.2012, Artikel „Man hätte auch in Kärnten einen Imker gefunden“, in: http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/kultur/3172148/man-haette-auch-kaernten-imkergefunden.story, Stand 23.12.2012. 38 176.000 Euro.54 In Verbindung mit der politischen Einflussnahme führte es dazu, dass immer mehr Filmschaffende aus Kärnten abwandern, zumal auch keine etablierten infrastrukturelle Dienstleistungen wie Location Services, Dolmetscher oder Maskenbildner existieren. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt allerdings, dass es eine Periode gab, wo der LandesFilmförderungsgesellschaft „Cine Culture Carinthia“ mit seinem „allein regierenden“ Intendanten Manfred Lukas-Luderer (bis Mitte 2004) über wesentlich höhere Mittel verfügen konnte: in einer Pressekonferenz im Mai 2002 gaben Jörg Haider und der Intendant der Cine Culture Carinthia, Manfred Lukas-Luderer eine eindrucksvolle Ansage: „ Ganz Kärnten wird zum Filmland. "Ganz Kärnten ist das Filmstudio", sagte heute Landeshauptmann Jörg Haider […] Lukas-Luderer bezifferte die Filminvestitionen, die in Kärnten in den nächsten drei Jahren gemacht werden sollen, mit 109 Mio. Euro. Das Besondere der Filmförderung: 200 Prozent der Förderungssumme müssen wieder reinvestiert werden. […] Wie Pfeifenberger (damaliger Finanz-Landesrat, Anm. d. Verf.) sagte, betrage das Filmbudget bislang 1,3 Mio. Euro.“55 2005 hatten sich die filmischen Visionen eines „Kärnten-Effekt“ als komplette Fehlinvestition herausgestellt, die von der damaligen SPÖ-Kultursprecherin Nicole Cernic heftig kritisiert wurde, wie dem Protokoll der 18. Landtagsitzung vom 7. Juli 200556 zu entnehmen ist: „Zur Frage Filmförderung: Hier fällt besonders auf, dass wir jahrelang Hunderttausende von Euro, so auch im vergangenen Jahr – es waren 411.700 Euro – in die kommerzielle Filmförderung gesteckt haben und für diese Vergabe als Intendant den Herrn Lukas Luderer bestellt und auch großzügig bezahlt haben. Wir haben nunmehr die Situation, und da ist dem ehemaligen Finanzreferenten, Herrn Pfeifenberger, doch noch zu danken, dass im vergangenen Jahr hier eine Erleuchtung gekommen ist, dass er nämlich am 17. 8. in der Generalversammlung Cine Culture Carinthia festgestellt hat, dass der Kärnten-Effekt dieser kommerziellen Filmförderung dem Mitteleinsatz überhaupt nicht entspricht und 54 Kulturbericht des Landes Kärnten 2008, S. 23, in: http://olga.pixelpoint.at/media/ppm_3dak_kulturchannel/~M24/24223.3dak.pdf, Stand 23.12.2012. 55 Oesterreich-Journal vom 28.5.2002; LH Haider „Ganz Kärnten ist das Filmstudio“, in: http://www.oejournal.at/Aktuelles/0502/7_4kultarchiv28050306.htm, Stand 15.2.2013. 56 Protokoll 18. Sitzung des Kärntner Landtages, 7. Juli 2005, S. 1412f, in: www.ktn.gv.at/17876_DEProtokolle-18._LTG, Stand 15.2.2013. 39 dass er der Auffassung ist, dass die Förderung in keinem Verhältnis zum erzielten Effekt steht und dass sie daher für 2005 nicht mehr vorgenommen werden soll.“ Der Seebühne-Untersuchungsbericht aus dem Jahre 2005 beschreibt noch deutlicher „die Problematik von Geldflüsse zwischen den nicht ausreichend zu differenzierenden Geschäftszweigen Filmförderung und Wörtherseefestspiele und die jeweiligen organisatorischen Aufwendungen dafür und anderen Gesellschaften wie der Kärnten Werbung GmbH.“57 Erstaunlich hingegen die Leistung des Burgenlandes, welches in Relation zum lokalen BIP gleich hinter Wien rangiert. Wenn man den errechneten Durchschnitt des Förderanteils am BIP von 0,0078% hernimmt, dann liegen nur die Bundesländer Wien und Burgenland darüber, die restlichen Bundesländer darunter – ein Resultat der dominante Stellung von Wien im Ranking der Filmförderung innerhalb der Bundesländer. Wenn wir abschließend die Erkenntnisse über die Filmförderung der Bundesländer im Kontext der gesamtösterreichischen Filmförderung zusammenfassen, dann fallen folgende Punkte mit entsprechender Signifikanz auf: Eine strategische Harmonisierung der Förderziele des Österreichischen Filminstituts inkl. des Film/Fernseh-Abkommens und jene der Bundesländer ist nicht feststellbar. Während die Bundesförderung den Film als künstlerisches Medium mit damit verbundenem Publikumserfolg definiert und sein Fördersystem auf diese Parameter abstellt, dominieren in den Bundesländern – klar ausgenommen der Filmfonds Wien – touristische und beschäftigungspolitische Ziele in den Förderungsprogrammen. Anstelle von „Filmförderung“ müssten hier die Termini „Fremdenverkehrsförderung“ oder „Arbeitsmarktförderung“ für das Film-affine Segment wie DolmetscherInnen, KomparsInnen, Produktions-MitarbeiterInnen, lokale Beherbergung und Catering stehen. Sehr kritisch auch die Anmerkungen des Rechnungshofes, der von den sehr allgemein gehaltenen Förderzielen der Bundesländer-Institutionen „abgeleiteten 57 Bericht des Untersuchungsausschusses des Kärntner Landtages betreffend die Überprüfung über die finanziellen Aufwendungen des Landes Kärnten bei der Seebühne, S. 135ff, in: http://spittal.gruene.at/uploads/media/Endbericht_Untersuchungsausschuss_Seebuehne_16.pdf, Stand 15.2.2013. 40 konkreten, messbaren operativen Ziele“ 58 vermisst. Somit ist eine Beurteilung der Umsetzung bzw. Erreichung von Förderungszielen der Länder nicht möglich. Nur zwei Förderinstitutionen, der Filmfonds Wien und die „Lower Austrian Film Commission“, berücksichtigen explizit den künstlerischen Aspekt eines eingereichten Filmprojektes in ihren Förderrichtlinien. Wie die nachstehende Tabelle zeigt, fehlt bei den Förder-Richtlinien der Bundesländer jegliche Struktur und Zielkonsistenz. Tabelle 11: Existenz von Richtlinien in der Filmförderung der Bundesländer Stand per 31.12.200859 Förderinstitution Burgenland (Kulturabteilung) Kärnten (Kulturabteilung) Niederösterreich (Kulturabteilung) Oberösterreich (Kulturabteilung) Oberösterreich (Wirtschaftsabteilung) Salzburg (Kulturabteilung) StandortAgentur Salzburg GmbH Steiermark (Kulturabteilung) Cine Styria Filmcommission and Fonds Tirol (Kulturabteilung) Cine Tirol Vorarlberg (Kulturabteilung) Wien (Kulturabteilung) Filmfonds Wien Allg. (Kultur-) Förderrichtlinie Sonderrichtlinie Filmförderung keine keine existent existent existent existent existent existent existent existent keine keine partiell keine keine keine keine keine keine keine existent existent existent keine existent existent keine existent Quelle: Rechnungshof-Bericht 2011 Die Filmförderung der Bundesländer kann also als föderale, kaum vernetzte Förderstruktur charakterisiert werden, deren reale Wirksamkeit für Filmschaffende mangels operationaler Ziele bzw. Vorgaben nur vermutet werden kann. Faktum jedoch ist es, dass die „Parallelwelten“ Bundesförderung und Landesförderung dazu geführt hat, dass rund 65% der Projekte Förderungen von mehreren 58 Der Rechnungshof, Reihe Bund 2011/2, Filmförderung in Österreich, S.36f, in: http://www.rechnungshof.gv.at/fileadmin/downloads/2011/berichte/berichte_bund/Bund_2011_02.pd f, Seite 58, Stand 29.8.2012. 59 Ebd., S. 39. 41 Institutionen erhalten haben.60 Ein erstaunlich hoher Prozentsatz innerhalb eines so heterogenen Umfeldes von Förderzielen. Die deutliche Kritik dazu äußerte auch der Rechnungshofes: „Obwohl die meisten Filme von mehr als einer Einrichtung gefördert wurden, kooperierten die Einrichtungen kaum.“61 3. Die Entwicklung der Förder-Richtlinien und deren zu Grunde liegenden Strategien 3.1. Das Filmförderungsgesetz 1980 Die Diskussion zum Thema „Filmförderung“ hat in Österreich mehr als ein Jahrzehnt gedauert, wo zahlreiche Vorschläge und Optionen zur Lösung der Filmkrise entwickelt wurden. Am 25. November 1980 verabschiedete das Parlament einstimmig das Bundesgesetz über die Förderung des österreichischen Films (FFG), welches am 1. Jänner 1981 in Kraft trat. Damit waren die Voraussetzungen geschaffen, um den Österreichischen Filmförderungsfonds (ÖFF) einzurichten und damit war eine Förderungs-Plattform für Eigenproduktionen des österreichischen Kinofilms gegeben. Der Terminus „Eigenproduktion“ definiert sich dadurch, dass „der Förderungswerber den Film im eigenen Namen und für eigene Rechnung herstellt und die Verantwortung für die Durchführung des Filmvorhabens trägt.“62 Daher sind Auftragsfilme ex lege von dieser Förderung ausgenommen. Das Filmförderungsgesetz sollte nach Eigendefinition folgende Zielsetzung erfüllen: „Zur Förderung der Herstellung und Verbreitung österreichischer Filme und zur Ermöglichung der Erfüllung der kulturellen Funktion (Eigenproduktion) des Films….“ Die Bereitstellung der finanziellen Mittel erfolgte ausschließlich durch den Bund. Die Filmförderung wurde als kulturelle Filmförderung konzipiert und hat daher keine ausschließlich ökonomische Zielsetzung und sollte mit seinen Förderungsmaßnahmen insbesondere im Bereich der Herstellung von programmfüllenden Filmen als der notwendigen Grundlage für die Entwicklung des gesamten Filmwesens bewirken, das 60 Ebd., S. 12. Ebd., S. 11. 62 Exkurs Eigenproduktion – Auftragsproduktion, in: http://www.filmsupport.at/download_Seiten/download/Exkurs%20Auftragprod%20Eigenrprod.pdf, Stand 25.10.2012. 61 42 Produktionsumfeld auf einer nachhaltigen und wirtschaftlich gesunden Basis zu entwickeln. Als Organe wurden ein Kuratorium (mit einem Aufsichtsrat vergleichbar), die Auswahlkommission mit 5 Mitgliedern sowie ein/eine GeschäftsführerIn festgelegt. Darüber hinaus existiert seit Oktober 1981 das Film/Fernseh-Abkommen zwischen Filmfonds (heute Österreichisches Filminstitut) und dem ORF. Die bereitgestellten ORFMittel dienen dabei ausschließlich zur Mitfinanzierung der Herstellungskosten österreichischer Kinofilme und belaufen sich (Stand 2010) auf 8 Mio. Euro. Der Vollständigkeit halber soll auch der Fernsehfonds Austria erwähnt werden, der seit 2004 als Fernsehfilm-Förderung mit einem Volumen von ca. 7,5 Mio. Euro dotiert ist. 3.2. Die Novellierungen des Filmförderungsgesetzes 2004 erfolgte nach 1987, 1993, 1994 und 1998 eine erneute Novellierung des Filmförderungsgesetzes. Neben Erweiterungen der formalen Kompetenz (Dirimierungsrecht des Direktors bei Stimmengleichheit in Auswahlgremien) und einiger Adaptierungen zur Anpassung internationalen Entwicklungen wurde als bedeutsamste Veränderung der Österreichische Filmrat geschaffen. Die Initiative zur Gründung dieses Gremiums kam vom damaligen Kunst-Staatssekretär Franz Morak, der wohl von der Quantität der Mitglieder eine entsprechende Qualität der Beratungsleistung für die Bundesregierung abgeleitet hatte. „Der österreichische Filmrat hat insbesondere die Aufgabe, die Bundesregierung über grundsätzliche Fragen der Filmpolitik und des öffentlichen Förderungswesens des österreichischen Films zu beraten und entsprechende Empfehlungen an die Bundesregierung abzugeben. Darüber hinaus soll der Österreichische Filmrat allen beteiligten Interessensvertretern als Koordinierungsgremium dienen.“ Dieser Österreichische Filmrat war strukturell neo-kooperatistisch aufgestellt. Er bestand mit insgesamt 21 Mitgliedern (!) aus den wesentlichen Vertretern der Medienverbände, der politischen Parteien und band schlussendlich auch die föderale Partizipation mit ein. Bis zu seiner Auflösung im Jahre 2010 hat dieser Filmrat 43 allerdings keine reale filmpolitische Bedeutung erlangt, da er nach der ersten konstituierenden Sitzung 2006 nicht mehr zusammengetreten ist. 3.3. EU-Programme zur Filmförderung Bereits Anfang der 60-er Jahren überlegten europäische Kulturpolitiker Programme, um die US-amerikanische Dominanz bei Filmproduktionen und seiner Vermarktung mit einer Förderung der (damaligen) Europäischen Gemeinschaft für transnationale Koproduktionen zwischen mindestens zwei Mitgliedsländern zu begegnen. Neben biund trilateralen Filmabkommen entstand 1992 ein „Europäisches Übereinkommen über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen“.63 Auf Grundlage der Filmabkommen entstand der Fond EURIMAGES, welcher in der Präambel die Zielsetzung hatte und hat, „die europäische Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen zu fördern, und dass damit der Weiterentwicklung der Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen in Europa ein neuer Impuls gegeben wird“. Österreich ratifizierte 1994 diesen Staatsvertrag des Europarates, der dann mit 1. Jänner 1995 in Kraft trat; zum Zeitpunkt des österreichischen Beitritts hatten bereits Dänemark, Lettland, Russische Föderation, Schweden, Schweiz und das Vereinigte Königreich dieses Abkommen unterzeichnet bzw. ratifiziert. Österreich zählte somit zu den „early adopters“ dieses europäischen Kulturabkommens. Aktuell hat EURIMAGES 36 Mitgliedsstaaten. Auf der Homepage von EURIMAGES sind die beiden prioritären Förderziele klar formuliert64: EURIMAGE´s first objective is cultural, in that it endeavours to support works which reflect the multiple facets of a European society whose common roots are evidence of a single culture. The second one is economic, in that the Fund invests in an industry which, while concerned with commercial success, is interested in demonstrating that cinema is one of the arts and should be treated as such. Die maximale Herstellungsförderung von EURIMAGES beträgt 17% der Kosten, dessen Rückzahlung bei Eintritt eines Nettoerlöses aliquotiert einsetzt. Die Fördermittel 63 Europäisches Übereinkommen über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen vom 2.10.1992, in: http://conventions.coe.int/treaty/ger/Treaties/Html/147.htm, Stand 14.2.2013. 64 Homepage EURIMAGES - European Cinema Support Fund, in: http://www.coe.int/t/dg4/eurimages/About/default_en.asp, Stand 14.2.2013. 44 stammen aus Beitragszahlungen der Mitgliedsländer, die auf Basis des jeweiligen Brutto-Inlandsprodukts errechnet wurden; der österreichische Anteil liegt bei rund 2,2% der Beitragszahlungen. Das Direktionskomitee von EURIMAGES ist jenes Gremium, welches über die Förderanträge entscheidet. Tabelle 12: Verteilung des Förderbudgets 2010 von EURIMAGES65 Support programme Co-production Amount awarded Percentage of total amount awarded Number of awards granted Selection rate of eligible projects 19,260.000 91.74 % 56 European co-productions 44.80 % Distribution 865.550 4.12 % 157 supports for distribution 84.74 % Exhibition 268.759 1.28 % Digitisation 479.932 2.29 % Promotion 120.000 0.57 % 34 theatres from the Eurimages/Europa Cinémas network 36 films having previously received Eurimages coproduction support Eurimages Co-production and Development Awards Die „politische Vertretung“ im bei EURIMAGES wird von der Kunstsektion, Abteilung Film vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, wahrgenommen, die operative Projektbetreuung durch das Österreichische Filminstitut. Wie dem Filmwirtschaftsbericht 2011 zu entnehmen ist, sind in den letzten beiden Jahren die Tendenzen von Beiträgen und Förderungen stark gegenläufig, nachdem Österreich die Jahre davor als „Nettoempfänger“ stark profitierte. Tabelle 13: Österreichische Beiträge/Förderungen für/von EURIMAGES, 2005-201166 Jahr 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Österr. Beitrag Österr. Förderungshöhe 450.007 643.630 445.430 889.895 452.410 758.075 453.478 570.793 457.405 705.395 464.471 268.633 488.641 65.000 Differenz 193.623 444.465 305.665 117.315 247.990 -195.838 -423.641 Quelle: EURIMAGES, Filminstitut 65 Homepage EURIMAGES, ebd., 2010 Activities Report Österreichisches Filminstitut, Filmwirtschaftsberichte 2006-2011, in: http://www.filmwirtschaftsbericht.at/11/filmfoerderung-europa/eurimages/, Stand 17.2.2013. 66 45 Im Jahre 2010 war die Förderungshöhe der Projekte mit österreichischer Beteiligung niedriger als die österreichische Beitragszahlung (ein Trend, der sich im Jahre 2011 verstärkt fortgesetzt hat; Anm. d. Verf.: das Jahr 2011 ist nicht Gegenstand dieser Arbeit, daher nur angemerkt.) Die EURIMAGES-Förderung für Koproduktionen mit österreichischer Beteiligung stellt sich am Beispiel des Jahres 2007 (mit marginaler Differenz zu obiger Tabelle) folgendermaßen dar: Tabelle 14: Herstellungsförderung österreichischer Filme durch EURIMAGES in 200767 Filmtitel Das Vaterspiel Das weiße Band Die Frauenkarawane der Toubou Feuerherz Lourdes Pianomania Desert Flower Wüstenblume Filmhersteller Österreich Regie Lotus Film (25%) Wega Film (23%) Lotus Film (50%) Michael Glawogger (AT) Michael Haneke (AT) Nathalie Borgers (BE) Josef Aichholzer Film (10%) Coop 99 Film (57%) Wildart Film (42%) Luigi Falorni (IT) Dor Film (20%) Jessica Hausner (AT) Robert Cibis (DE); Lilian Franck (DE) Sherry Hormann (US; DE) Gesamt Förderung österr. Hersteller Förderung in Österreich 126.250 157.500 85.000 930.000 1.422.000 403.000 45.000 321.130 199.500 31.725 1.175.000 122.000 100.100 1.026.000 745.075 5.399.130 Quelle: Eurimages, Österreichisches Filminstitut Das zweite europäische Förderprogramm, an dem Österreich seit 1992 teilnimmt, ist MEDIA, welches seinen Förderungsschwerpunkt auf den Medien-Vertrieb samt Promotion, Entwicklung und Schulung legt und insgesamt 755 Mio. Euro für die Förderperiode 2007-2013 zur Verfügung stellte.68 Dies bedeutet ein jährliches Volumen von über 100 Mio. Euro für insgesamt 33 Mitgliedsländer. „Antragsberechtigt sind grundsätzlich Vertriebs- und Verleihfirmen, Produktionsfirmen, Trainingsinitiativen, Festivals und Unternehmen, die Promotionsmaßnahmen für den 67 Österreichisches Filminstitut, Filmwirtschaftsbericht 2007, Herstellungsförderungen, in: http://www.filmwirtschaftsbericht.at/07/filmfoerderung-europa/5-9-herstellungsfoerderung/, Stand 17.2.2013. 68 Ebd., in: http://www.filminstitut.at/de/media-desk/, Stand 18.2.2013. 46 europäischen Film durchführen oder die neue Technologien für den Vertrieb europäischer Inhalte entwickeln oder bereitstellen (Digitalisierung).“ Die aktuelle Tranche von MEDIA (ab Anfang 2007) stellt sich zahlenmäßig für die österreichische Filmwirtschaft folgendermaßen dar: Tabelle 15: MEDIA Förderung für die österreichische Filmindustrie69 Jahr Gesamt 2007 2008 2009 2010 2.391.659 2.150.658 1.912.115 2.410.278 Die größte Detailposition aus den obigen Werten, ungefähr 1,0 Mio. Euro, entfällt auf die sog. „automatische Verleih-Förderung“, wo MEDIA für jede verkaufte Kinokarte eines europäischen, nicht-nationalen Films zwischen 0,16 und 1,05 Euro Zuschuss an die jeweilige Verleih-Firma ausschüttet.70 Insgesamt fördern also die beiden europäischen Programme die österreichischen Spielfilm-Hersteller und Filmverleih-Unternehmen jährlich mit insgesamt 2,5-3,0 Mio. Euro mit dem Ziel, nationale Filmproduktionen verstärkt in europäische Ko-Produktionen zu transformieren, um so die US-amerikanischen Marktdominanz im Spielfilm-Sektor mit dem Potential transnationaler Kreativität, der Bündelung von Produktionsressourcen sowie einer multinationalen – und somit wesentlich breiteren – Basis der Film-Finanzierung zu begegnen. 4. Modelle der Filmförderung Die Förderung des Österreichischen Filminstituts basiert auf einem dualen Systemder selektive Förderung (Projektförderung) und einer automatischen Förderung (Referenzfilmförderung). 71 69 Ebd., Filmförderung Europa, MEDIA, in: http://www.filmwirtschaftsbericht.at/10/filmfoerderungeuropa/media/, Stand 18.2.2013. 70 Vgl., ebd. 71 Vgl. Zappe, Werner, Förderung des österreichischen Kinofilms, Präsentation Donauuniversität Krems 2010, in: http://www.filmsupport.at/download_Seiten/download/OeFI_presentation_22042010.pdf, Stand 19.8.2012. 47 Während bei der Projektförderung eine Kommission über die beantragte Förderung entscheidet, die aus 4 ExpertInnen aus dem Filmwesen und dem Direktor des Österreichischen Filminstituts besteht, leitet sich bei der Referenzfilm-Förderung die Höhe der Förderung für einen neuen Kinofilm aus dem wirtschaftlichen und dem künstlerischen Erfolg eines vorangegangen Films mittels eines Punktesystems quasi automatisch ab. 4.1. Generelle Voraussetzungen für die Förderung des Österreichischen Filminstituts a. Voraussetzungen für den FörderungsempfängerInnen FörderungsempfängerInnen müssen die österreichische Staatsbürgerschaft und ihren Wohnsitz im Inland haben; in analoger Geltung bei juristischen Personen, wo zumindest eine Zweigniederlassung/Betriebsstätte im Inland existieren muss, welche die Verantwortung für das Filmprojekt inne hat. Darüber hinaus muss der Film in deutscher Sprache hergestellt und in Österreich gedreht werden, abgesehen von handlungsbedingte Ausnahmen, wo eine fremdsprachige Sequenz oder Aufnahmen im Ausland vom Drehbuch verlangt werden. Unter die Förderung fällt auch die Ko-Finanzierung durch eine österreichische finanzielle Beteiligung. Eine bedeutsame Bestimmung in diesem Kontext stellt der Punkt 3. (1) Lit. B. der Förderungsrichtlinien dar: „Das Vorhaben muss ohne Förderung durch das Österreichische Filminstitut undurchführbar oder nur im unzureichenden Umfang durchführbar sein.“ Für alle geförderten Filme sind gestaffelte Sperrfristen für Kinoaufführungen im Inland und Ausland bzw. im Fernsehen – im Regelfall zwischen 6 bis 12 Monaten – nach der Kino-Erstaufführung einzuhalten. Diese Schutzfrist gibt inländischen Filmtheatern für die obigen Zeitspannen das Aufführungs-Monopol und unterstützt damit die Generierung von Referenzpunkten aus der Zuschauerzahl, also der Masszahl für den wirtschaftlichen Erfolg eines Filmes. Der Nutzen dieser erworbenen Referenzpunkte wird im Kapitel 4.3. ausgeführt, wo das Modell der Referenzförderung ausführlich beschrieben wird. 48 b. Förderungskategorien: Es werden Stoffentwicklung, Projektentwicklung, Herstellung und Verwertung österreichischer Kinofilme – nicht aber Auftragsfilme – mit einer Mindest-Laufzeit von 70 Minuten gefördert; bei Kinderfilme ist das Limit mindestens 59 Minuten, für Nachwuchsfilme sind es im Minimum 45 Minuten. In einer graphischen Darstellung stellen sich die Phasen einer Filmproduktion und die zugeordneten Förderungsmaßnahmen folgendermaßen dar: Abbildung 4: Phasenmodell einer Filmproduktion und dessen Förderkategorien72 Quelle: Werner Zappe, Förderung des österreichischen Kinofilms Zur Prüfung der Förderungswürdigkeit des gegenständlichen Filmprojektes sind folgende Angaben beim Österreichischen Filminstitut einzureichen: a. Allgemeine Angaben zu Projekt und Einreicher Filmgattung und Projekttitel Beantragte Mittel (selektiv und/oder Referenzmittel) Angaben zum Antragsteller Filmografie 72 Zappe, Werner, Förderung des österreichischen Kinofilms, Präsentation Donauuniversität Krems 2010, S. 14, in: http://www.filmsupport.at/download_Seiten/download/OeFI_presentation_22042010.pdf, Stand 19.8.2012. 49 b. Projektspezifische Angaben Stab und Besetzung (Filmografien, Verfügbarkeit etc.) Projektbeschreibung (Logline, Synopsis, Drehbuch) Terminplan/Drehplan, Kalkulation und Finanzierungsplan Rechtesituation Angaben zu Ko-Partner(n) c. Angaben zur Verwertung Produzentenstatement und Marketingkonzept Positionierung des Projekts Das Österreichische Filminstitut prüft diese Unterlagen auf deren formale Vollständigkeit, worauf eine materielle Prüfung der Herstellerqualifikation, der Rechtenachweise, sowie der Kalkulation des Finanzierungsplans und des Marketingund Vertriebskonzeptes folgt. Bei internationalen Ko-Produktionen müssen einerseits die Bedingungen des gegenständlichen bilateralen Filmabkommens oder des Europäischen Übereinkommens über Ko-Produktionen erfüllt werden und andererseits erfolgt die Förderung auf Basis des österreichischen Anteils dieser Ko-Produktion, wobei der Mindestanteil der inländischen Filmproduktionsfirma nach dem Filmförderungs-Gesetz 30 Prozent betragen muss, akkumuliert nach den Projekt-Anteilen in finanzieller, künstlerischer und technischer Hinsicht. c. Mehrfach-Förderung Grundsätzlich lässt das Österreichische Filminstitut eine kumulierbare Mehrfachförderung zu, sofern diese nicht im Widerspruch zu den Richtlinien anderer Förderungsinstitutionen steht; der/die FörderungswerberIn ist verpflichtet, geplante, laufende oder erledigte Ansuchen bei anderen Förderstellen im Ansuchen zu benennen und in weiterer Folge ist es die Aufgabe des Österreichischen Filminstituts, vor seiner Förderzusage mit anderen, in die Förderung involvierte Förderinstitutionen „auf eine abgestimmte Vorgangsweise hinzuwirken.“73 d. Sonderpunkt Nachwuchsförderung Die spezielle Förderung des Nachwuchsfilmes wurde 1987 in das FilmförderungsGesetz aufgenommen. In diese Förderkategorie fallen der erste und zweite Film mit 73 Österreichisches Filminstitut, Förderungsrichtlinien 3. Juli 2012, S. 22, Art. 1. (4), in: http://www.filminstitut.at/de/richtlinien/ , Stand 12.8.2012. 50 der jeweils geforderten Spieldauer, bei dem erstmals ein Regisseur/eine Regisseurin die uneingeschränkte Regieverantwortung trägt. 2010 belief sich diese Förderung für 6 Produktionen auf mehr als 2 Millionen Euro, wovon rund 600.000 Euro auf Referenzmittel entfielen.74 e. Förderung der beruflichen Weiterbildung Diese Förderung zielt auf die künstlerische, technische und kaufmännische Fortentwicklung von Filmschaffenden, wobei der Fokus auf der Gewinnung internationaler Erfahrungen liegt. 2010 belief sich diese Förderposition auf höchst bescheidene 8.400 Euro. Die beiden Förderungen, also für den Regienachwuchs und für den Erwerb zusätzlicher beruflicher „skills“ samt dem Aufbau internationaler Kontakte, können als Instrument der Basis-Verbreiterung qualifizierter Filmschaffender und damit als Absicherung der Nachhaltigkeit qualifiziert werden. Die damit verbundene Problematik soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben: bei progressiv steigender Zahl an qualifizierten FörderungswerberInnen in Verbindung mit moderat wachsenden Fördermitteln kann die Asymmetrie entweder mit einer reduzierten Fall-Förderung oder verschärften Förderbedingungen begegnet werden. Sinkt im ersten Fall die ökonomische Attraktivität der Fördermaßnahmen, so konterkariert die Strategie einer geförderten Basis-Verbreiterung von qualifizierten Filmschaffenden bei gleichbleibender – oder in verschärfter Form – reduzierten Förderungsvolumen. Es wird im Kapitel 5. zu überprüfen sein, wie die realpolitische Umsetzung der Filmförderung diese beschriebene Dotierungsproblematik und Nachhaltigkeit unterstützt oder ob die euphorische Ankündigung im Zuge der Oscar-Feier von Stefan Ruzowitzky durch die zuständige ressortverantwortliche Ministerin Claudia Schmidt – Erhöhung der Bundesförderung auf 20 Mio. Euro – auch in realiter umgesetzt wurde oder es sich dabei um eine situative, politisch-unverbindliche Absichtserklärung gehandelt hat. An dieser Stelle möchte der Verfasser anmerken, dass die Anhebung auf 20 Mio. Euro erst im Jahr 2013 erfolgt ist. 74 Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsbericht 2010, S17., in: http://www.filminstitut.at/de/taetigkeitsbericht/, Stand 25.10.2012. 51 4.2. Exkurs: Das Intendanten-Modell Der pluralistischen Entscheidungsstruktur in fachlich besetzten Gremien steht das zentralistische Intendanten-Modell gegenüber, wo ein internes Expertenteam den Intendanten bzw. die Intendantin in seiner alleinigen Entscheidungsfindung unterstützt. Eine solche Entscheidungsstruktur wurde in der Filmförderung in BerlinBrandenburg implementiert. In einem Interview beschreibt Klaus Keil75 – ehemals Intendant der Filmboard Berlin-Brandenburg GmbH – die Vor- und Nachteile dieses Intendanten-Modells im Vergleich zum Gremienmodell für den Bereich jener deutschen Filmförderung auf Landesebene. Die persönliche Präferenz für sein ausgeübtes Intendanten-Modell begründet er damit, dass „ein Gremium immer nur den kleinsten gemeinsamen Nenner fördern kann“76 und dadurch „extreme Filme“ bei Entscheidungen in Gremien häufig durchfallen. Keil sieht den Vorteil eines durch einen Intendanten „personifizierten“ Filmboard BerlinBrandenburg – im Gegensatz zum anonymen Gremienmodell – in seiner Nähe zu den Produzenten und „deswegen müssen wir auf der Höhe der Zeit sein, die Filme kennen, den deutschen und europäischen Markt, Ideen, Trends, Tendenzen beobachten.“77 Mit dieser Aussage impliziert Keil einerseits ein Wissensgefälle zwischen dem behaupteten „marktnahen“ Agieren des Intendanten-Teams, ergänzt durch externen Lektoren, die Gutachten zur Entscheidungshilfe für Intendanten liefern und somit organisatorisch im Gegensatz zum Gremien-System stehen. Keil: „Natürlich wird dort auch diskutiert, aber im Laufe eines oder anderthalb Tagen können die Projekte immer nur an der Oberfläche angerissen werden, dann wird per Handzeichen abgestimmt.“ Eine weitere Stärke sieht Keil im Intendanten-Modell, dass ein Intendant persönlich für seine Entscheidungen zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn im Rahmen seiner großen Gestaltungsfreiheiten die Qualität und damit der künstlerische und wirtschaftliche Erfolg seiner Förder-Entscheidungen nachhaltig ausbleibt. Keil sieht einen einzigen Nachteil des Intendanten-Modells: „Ein Intendant kann ein Flaschenhals sein. […] alle wollten nur mit mir reden.“ 75 Keil, Klaus, Ein Intendant kann ein Flaschenhals sein, in: black box, Ausgabe 147/2002, in: http://www.blackbox-filminfo.de/html/pdf/intendant.pdf, Stand 20.10.2012. 76 Ebd., S1. 77 Ebd., S 1f. 52 In der aktuellen Homepage des Medienboard Berlin-Brandenburg ist das IntendantenPrinzip folgendermaßen festgeschrieben: „Entscheidungen über die Filmförderung fallen nach dem Intendantenprinzip in enger Zusammenarbeit mit einem Team von Förderreferenten, die die einzelnen Projekte betreuen. Ein Vorgespräch mit einem der Referenten ist Voraussetzung für die Antragstellung.“78 Wie ist nun diese Förderstruktur kritisch zu würdigen? Beim Intendanten-Prinzip fehlt das institutionalisierte Korrektiv durch den Diskurs differenter Standpunkte und Sichtweisen in einer „reifen Gruppe“, da sich die Funktion der Förderreferenten und externen Lektoren auf die Aufbereitung von Informationen und die Beratung des Intendanten/der Intendantin beschränkt. Es kann angenommen werden, dass ein Diskurs unter gleichrangigen Mitgliedern eines Entscheidungsgremiums ein breiteres Meinungsspektrum impliziert als ein Diskurs zwischen dem allein entscheidenden Intendanten oder der Intendantin, welche die Argumente und Einwände von hierarchisch untergeordneten Experten in seine oder ihre persönliche Entscheidung einfließen lassen kann, aber nicht muss. Des Weiteren erscheint dem Verfasser das Gremien-Modell resistenter gegen Interventionen aus dem Umfeld von Produzenten und Politik ausgelegt zu sein als das Intendanten-Modell. 4.3. Das Modell der Referenzförderung Im Jahr 1986 schlug der damalige Direktor des Filmförderungsfonds, Gerhard Schedl, dem für die Filmförderung zuständigen Unterrichtsminister Moritz eine Novellierung des Filmförderungsgesetzes vor. Neben zahlreichen notwendigen Korrekturen der Gesetzesfassung von 1980 sollte als Kernstück neben der selektiven Herstellungsförderung (Projektförderung) eine Referenzfilmförderung eingeführt werden: eine automatische Herstellungsförderung mit der Voraussetzung, dass der Hersteller eines programmfüllenden Kinofilms einen erfolgreichen Referenzfilm vorweisen kann. Ein Modell, das es zB in Deutschland seit 1968 gab, wobei der Erfolg dort an den Bruttoverleih-Einnahmen bemessen wurde. Gerhard Schedl vertrat den Standpunkt, 78 Homepage Medienboard Berlin-Brandenburg, in: http://www.medienboard.de/WebObjects/Medienboard.woa/wa/CMSshow/2607731, Stand 21.10.2012 53 dass die Gewährung von Förderungen ausschließlich vom wirtschaftlichen Erfolg abhängig zu machen, für die Talentförderung und Nachwuchspflege ungeeignet ist. Diese erfolgsabhängige Referenzfilmförderung des Österreichischen Film- förderungsfonds (seit 1994 Österreichisches Filminstitut) hat daher neben dem überdurchschnittlichen heimischen Publikumserfolg (40.000 Besucher) – damals einmalig in Europa - als Bonus die Bewertung der Referenzfilme auf wenigen, ausgewählten internationalen Filmfestivals berücksichtigt – also eine kombinierte Förderung nach wirtschaftlichen und künstlerischen Aspekten. Während die Vielfalt österreichischer Filme beeindruckend ist, ist der Marktanteil des österreichischen Kinofilms im In- und Ausland äußerst unbefriedigend, wofür auch die überaus positive internationale Wahrnehmung des österreichischen Films als Kunstgattung keinen Ausgleich schaffen kann. Die Kriterien der kulturellen Vielfalt und der ästhetischen Qualität sind kulturpolitische Ziele. Auch das Kriterium „des zu erwartenden Erfolges an den Kinokassen muss als ein kulturpolitisches Ziel gesehen werden. Denn auch ambitionierte Filme haben ihr Publikum zu erreichen, andernfalls macht Filmförderung nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell keinen Sinn.“79 Dieses Modell einer Referenzförderung wurde mit der 1. Novelle zum Filmförderungsgesetz vom 1. Oktober 1987 erstmals implementiert und „folgt nunmehr dem Prinzip, die Einspielergebnisse durch Förderungsmittel "aufzustocken" und damit zweckgebunden zumindest die Grundfinanzierung der Herstellung eines neuen Filmes, der den Förderungsrichtlinien entspricht, zu ermöglichen. Eine wesentliche Förderungsvoraussetzung der Referenzfilmförderung ist jedoch der durch diese Richtlinien zu definierende relative wirtschaftliche Erfolg (eben 40.000 Besucher innerhalb der Kinoschutzfrist) und/oder der künstlerische Erfolg (durch Teilnahme im Bewerb bzw. Auszeichnung internationaler Filmfestivals) mit angemessener Publikumsresonanz (10.000 Besucher innerhalb der Kinoschutzfrist).“80 79 Vgl. Filmwirtschaftsbericht 2008, facts +figures 07, S. 53, in: http://www.filminstitut.at/de/filmwirtschaftsberichte/, Stand 15.2.2013. 80 Filmförderungsgesetz und seine Novellen, 1. Novelle zum Filmförderungsgesetzes vom 1. Oktober 1987, in: http://www.filmsupport.at/oefi_alt/mainframe.htm, Stand 29.10.2012. 54 Anlässlich der parlamentarischen Debatte am 1. Oktober 1987 lobte die damalige Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Sport, Hilde Hawlicek, diese Novellierung und fasste deren Schwerpunkte zusammen: Referenzfilmförderung, Nachwuchsförderung, die Erweiterung der Aufgaben des Österreichischen Filmförderungsfonds um die Beratung und Unterstützung „der kulturellen und gesamtwirtschaftlichen Belange des österreichischen Filmschaffens“ und schließlich „die demokratische Erweiterung“ der Fondsgremien, also die Einbindung der Interessensvertretungen und Experten sowie die Erhöhung des Frauenanteils. Den erwarteten Nutzen der Referenzfilmförderung fasste die damalige Unterrichtsministerin Hilde Hawlicek folgendermaßen zusammen: „Ein Produktionsteam soll in seiner initiativen Risikofreudigkeit dahin gehend ermuntert werden, dass bei einem wirtschaftlichen und/oder künstlerischen Erfolg eines Filmes für das nächste zu fördernde Filmprojekt durch Förderungsmittel, sogenannte Referenzmittel, die finanzielle Basis geschaffen wird. Nicht zuletzt soll diese Maßnahme durch die Belohnung des Erfolges den Produzenten Anreiz zu mehr Initiative und Risiko bieten.“81 Anlässlich der Debatte über diese Novelle im Bundesrat hob BR Konecny die sinnhafte Verbindung des kommerziellen und künstlerischen Erfolges – im Vergleich zum deutschen System – folgendermaßen hervor: „Freilich, darüber hat es Diskussionen gegeben, und das insbesondere deshalb, weil es in der Bundesrepublik Deutschland, wo ein ähnliches, nicht dasselbe System in Geltung ist, immer wieder die Kritik gegeben hat, jemand brauche nur einmal einen halbwegs kommerziell erfolgreichen Film zu produzieren und erwerbe damit lebenslang den Anspruch auf Förderung jedes, und sei es auch noch so schwachsinnigen, kommerziellen Filmproduktes. Dem wird in Österreich in dem Gesetz, das wir heute zu beraten haben, ein klarer Riegel vorgeschoben, weil auch für das kommerziell erfolgreiche Projekt ein Qualitätsanspruch, ein Kulturanspruch gesetzt wird. Dies auch dadurch, dass bei der Benennung jener Kriterien, die einen Film als erfolgreich auszeichnen, etwa Filme, die bei einem internationalen Filmfestival in die Wahl zu einer Prämierung kommen, eine 81 Ernst, Gustav, Schedl, Gerhard (Hrsg.), Nahaufnahme – zur Situation des österreichischen Kinofilms, Europaverlag Wien 1995, S. 194f. 55 niedrigere Latte in bezug (sic!) auf die Besucherzahl vorgeschrieben bekommen, um noch als erfolgreich zu gelten.“82 Dieses erste Modell der Referenzfilm-Förderung basierte also primär auf dem ökonomischen Erfolgsfaktor „Besucherzahlen“ während der Schutzfrist, ergänzt mit einem „Multiplikator“, der Erfolge bei internationalen Festivals in das Modell dergestalt mit einbezog, dass der künstlerische Erfolg bei Festivals die vorgegebenen Zuschauer-Schwellen reduzierte und somit eine Erhöhung der Förderung bewirkten. Die gegenwärtige, erfolgsabhängige Filmförderung (oder Referenzförderung) kann in adaptierter Form ebenfalls aufgrund eines vorangegangenen erfolgreichen Spielfilms, Dokumentarfilms oder Kinderfilms beim Österreichischen Filminstitut beantragt werden, wobei die Bindung „Besucherzahlen“ und „Erfolg bei internationalen Festivals“ aufgelöst wurde. Die Voraussetzungen für diese Förderung sind nunmehr erworbene Referenzpunkte – als Minimum werden 40.000 solcher Punkte vorausgesetzt – die entweder durch die Zuschauerzahl im Inland (wirtschaftlicher Erfolg) oder durch Teilnahme oder Preise bei international bedeutsamen Film-Festivals (künstlerischer Erfolg) generiert wurden. Darüber hinaus müssen zwei von drei Voraussetzungen erfüllt werden, damit ein Film als „künstlerisch und wirtschaftlich erfolgreich“ klassifiziert werden kann und damit zu einem Referenzfilm wird: o Österreichische Regie o Österreichische Mehrheitsbeteiligung, wobei der österreichische Anteil künstlerischer und technischer Mitwirkender dem Anteil dem finanziellen Anteil zu entsprechen hat o Das Vorliegen einer österreichischen Hauptverantwortung in zumindest zwei der drei Bereiche Drehbuch, Kamera oder Schnitt. Die Punkteskala83 für Preise und Teilnahmen bei internationalen Filmfestivals beginnt bei 30.000 Punkten – als Beispiel dafür sei der European Film Award (Nominierung bester Film bzw. beste Regie) – und steigt über 110.000 Punkte (Beispiel Cannes „Camera d´Or“) auf 200.000 Punkte (Beispiel Berlin „Silberner Bär“ oder Golden Globe 82 Stenographisches Protokoll, 491. Sitzung des Bundesrates, S. 21131f., in: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/BR/BRSITZ/BRSITZ_00491/imfname_149134.pdf, Stand 29.10.2012. 83 Österreichisches Filminstitut, Förderungsrichtlinien 3. Juli 2012, S. 22, Art. 1. (4), in: http://www.filminstitut.at/de/richtlinien/ , Stand 12.8.2012, Anlage E. 56 „Best Foreign Language Award“) und endet in der höchsten Kategorie von 260.000 Punkten, die beim „Academy Award Oscar“, beim „Goldener Bär“ beim Filmfestival Berlin, in Cannes mit der „Palme d´Or“ oder Venedig mit dem „Goldener Löwe“. Die obigen Erfolge sind nach den Förderungsrichtlinien nicht akkumulierbar; anrechenbar ist die jeweils höchste Teilnahme bzw. der errungene Preis. Eine zweite Tabelle ermittelt die Referenz-Punktezahl aus den Besucherzahlen mit Abschlägen für mehr als 12 eingesetzte Filmkopien. Die Referenzpunkte beginnen bei einem Minimum von 10.000 Besuchern und enden beim Maximum von 260.000 anrechenbaren Besuchern und generieren bei besagten 12 Kopien ebenso viele Referenzpunkte. Aus der resultierenden Punktezahl eines Referenzfilmes können die Referenzmittel – das sind nicht rückzahlbare Zuschüsse – für die Herstellung eines neuen, noch nicht fertiggestellten Films verwendet werden, für den ebenfalls die Voraussetzungen einer österreichischen Regie und mehrheitlicher Wertschöpfung und Produktionsverantwortung gelten. Diese Referenzförderung beginnt bei 300.000 Euro für 40.000 Referenzpunkte, die Höchstförderungssumme beträgt im Einzelfall 800.000 Euro, was 260.000 erreichten Referenzpunkten entspricht; zwischen den beiden Eckwerten in Hinblick auf Referenzpunkte (von 40.000 bis 260.000) und Referenzmittel (von 300.000 bis 800.000 Euro) ist ein inkrementell-lineare Verteilung gegeben. Durch die Filmförderungsgesetz-Novelle 1998 wurde die Inanspruchnahme dieser Referenzmittel im administrativen Bereich dadurch erleichtert, als ab diesem Zeitpunkt keine neuerliche Beschlussfassung der Projektkommission notwendig ist: bei Erfüllung der Voraussetzungen erfolgt die Vergabe der Referenzmittel automatisch. 4.4. Das Modell der Projektförderung Diese selektive Förderung – ergänzend zur automatischen Referenzfilm-Förderung innerhalb eines dualen Fördermodells – wird auf Antrag des/der Filmproduzentin von einer Projekt-Kommission (im Filmförderungsgesetz 1980 unter dem Begriff „Auswahlkommission“ beschrieben, Anm. d. Verf.) entschieden. Die spezielle qualitative Herausforderung an dieses Gremium ist es, aus eingereichten Unterlagen 57 eine ökonomisch-künstlerische Evaluation für ein noch abstraktes Endprodukt in strukturierter Form vorzunehmen, was ein hohes Maß an Erfahrung und Wissen voraussetzt. Diese Projektkommission wird aktuell für drei Jahre bestellt und „tagt in der Regel viermal im Jahr, um zu entscheiden, welche der eingereichten Filmprojekte gefördert werden. Sie besteht aus dem Direktor und vier sachkundigen Mitgliedern“84. Diese Experten aus den gesetzlich festgelegten Bereichen Produktion, Regie, Drehbuch und Vermarktung des Kinofilms wurden Mitte 2011 von Unterrichtsministerin Claudia Schmied neu berufen und per Presse-Aussendung entsprechend euphorisch kommentiert: „Mit der Neubestellung der Projektkommission des ÖFI können wir – wie gesetzlich bestimmt – eine Ausgewogenheit zwischen den Interessen im Sinne des österreichischen Films gewährleisten. Die Empfehlungen des Rechnungshofes haben wir ernst genommen und gemeinsam mit dem ÖFI eine hochqualifizierte Projektkommission zusammen gestellt".85 Diese Förderungsform gliedert sich in die drei Hauptbereiche: a. Stoffentwicklung Diese Förderung wird für Drehbücher von Kinofilmen bzw. Drehkonzepte für Dokumentarfilme – Fernsehfilme sind ja explizit ausgeschlossen! – gewährt, wo erwartet werden kann, dass die künstlerische Qualität und der wirtschaftliche Erfolg die Position des österreichischen Films verbessert. Die Einreichung erfolgt in der Regel gemeinsam mit den Unterlagen der Produzentin/des Produzenten und die Förderung besteht in einem nicht rückzahlbaren Zuschuss in der Bandbreite zwischen 10.000 bis 15.000 Euro.86 84 Österreichisches Filminstitut, Projektkommission, in: http://www.filminstitut.at/de/projektkommission/, Stand 9.11.2012. 85 APA OTS, Kulturministerin Claudia Schmied: Neue Projektkommission für das Österreichische Filminstitut bestellt, in: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20110506_OTS0126/kulturministerin-claudia-schmiedneue-projektkommission-fuer-das-oesterreichische-filminstitut-bestellt, Stand 9.11.2012. 86 Österreichisches Filminstitut, Förderungsrichtlinien 3. Juli 2012, S. 22, Art. 1. (4), in: http://www.filminstitut.at/de/richtlinien/ , Stand 12.8.2012, Anlage B. 58 b. Förderung der Projektentwicklung Die Projektentwicklung (auch „Vorkosten“ bezeichnet) umfasst die Finalisierung des Drehbuches bzw. des Drehkonzeptes, die Ausarbeitung des Produktions- und Marketingkonzeptes sowie eines Vertriebsplanes. Die Förderung beträgt in der Regel 50% des Entwicklungsbudgets, maximal 36.400 Euro, ist ein nicht rückzahlbarer Zuschuss und muss von dem/der FilmherstellerIn beantragt werden. c. Herstellungsförderung Die Förderung dieser Kategorie betrifft programmfüllende österreichische Kinofilme, für deren Herstellungskosten erfolgsbedingte, jedoch rückzahlbare Zuschüsse gewährt werden. Der Richtsatz dieser Förderung beläuft sich auf 440.000 Euro. 4.5. Kritische Würdigung der Förderstrategien Betrachten wir nun die Paradigmenwechsel in der Förderstrategie auf der Zeitlinie: In der ersten Phase nach der Errichtung des Österreichischen Filmförderungsfonds im Jahre 1981 basierte das Fördermodell ausschließlich auf dem Instrument der Projektförderung. Mit dem Bundesgesetz BGBl. 517/198787 wurde erstmals in Par. 10 Abs. 5 eine Referenzförderung formuliert: „Auf Grund eines erfolgreichen, den Förderungsvoraussetzungen entsprechenden Referenzfilmes können für die Herstellung eines neuen Filmes Förderungen gemäß § 10 Abs. 1 lit. c gewährt werden (Referenzfilmförderung). Die Maßstäbe, an denen der künstlerische oder wirtschaftliche Erfolg des Referenzfilmes zu messen ist, sowie die Grundlagen der Bemessung der im Einzelfall zu gewährenden Referenzmittel sind in den Förderungsrichtlinien festzulegen. Rückflüsse aus gewährten Förderungsdarlehen können mit Genehmigung des Kuratoriums in Referenzmittel umgewandelt werden.“ In diesem ersten Schritt wurde die Referenzfilmförderung aus der Zahl der Kino- 87 BGBl. Nr. 517/1987 vom 1. Oktober 1987, in: http://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1987_517_0/1987_517_0.pdf, Stand 24.10.2012. 59 besucherInnen des gegenständlichen Films abgeleitet und die Fördergrenze bei 40.000 BesucherInnen durch das damalige Kuratorium in den Förderungsrichtlinien festgelegt. Mit der erneuten Novellierung des Filmförderungsgesetzes im Jahre 2004 wurde die Abhängigkeit der Kategorie „Teilnahme/Erfolge bei internationalen Filmfestivals“ von den Besucherzahlen eliminiert, weshalb ab diesem Zeitpunkt eine strategische Neuausrichtung in der Beurteilung des „künstlerische oder wirtschaftliche Erfolg eines Referenzfilmes“ resultierte. In diesem Zusammenhang ist es interessant, den Textentwurf der Regierungsvorlage vom 24.11.2004 der endgültigen Formulierung in der Gesetzesnovelle vom 30.12.2004 gegenüber zu stellen: Der Entwurf der Regierungsvorlage beinhaltet noch die Abhängigkeit eines Festivalerfolges von den Besucherzahlen: „(4) Voraussetzung für die Herstellungsförderung im Wege der Referenzfilmförderung ist, dass der Hersteller eines programmfüllenden Kinofilms einen künstlerisch oder wirtschaftlich erfolgreichen Referenzfilm vorweisen kann. a) Als künstlerisch erfolgreich gilt ein Film, der von einem in den Förderungsrichtlinien (§ 14) festzulegenden international bedeutsamen Filmfestival (Festivalliste) zur Teilnahme ausgewählt oder ausgezeichnet wurde. Die Berücksichtigung des Erfolges bei Festivals und Preisen setzt voraus, dass der Film im Inland eine Mindestbesucherzahl erreicht hat, die ebenfalls in den Förderungsrichtlinien (§ 14) festgelegt ist.“88 Im Bundesgesetz vom 30.12.2004, also ein Monat später, liest sich der entsprechende Paragraf folgendermaßen: „„(4) Voraussetzung für die Herstellungsförderung im Wege der Referenzfilmförderung ist, dass der Hersteller eines programmfüllenden Kinofilms einen künstlerisch oder wirtschaftlich erfolgreichen Referenzfilm vorweisen kann. a) Als künstlerisch erfolgreich gilt ein Film, der von einem in den Förderungsrichtlinien (§ 14) festzulegenden international bedeutsamen Filmfestival (Festivalliste) zur Teilnahme ausgewählt oder ausgezeichnet wurde. 88 704 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP, Regierungsvorlage § 4, in: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXII/I/I_00704/fnameorig_030550.html, Stand 7.11.2012 60 b) Als wirtschaftlich erfolgreich gilt ein Film, der die in den Förderungsrichtlinien (§ 14) festzulegenden Besucherzahlen in österreichischen Kinos erreicht hat.“89 Binnen eines Monats wurde eine „sowohl als auch“ – Bedingung in eine „entweder/oder“ Formulierung geändert; somit gilt es nun, diese veränderten Modelle der Referenzfilmförderung auf ihre strategischen Auswirkungen zu analysieren, da sie ja auf einen Automatismus ohne Einflussnahme bzw. Korrektur durch Gremien beruhen. Das Spannungsfeld der Referenzfilmförderung lässt sich auf eine zentrale strategische Frage reduzieren, nämlich nach dem Verhältnis von Spitzen- und Breitenförderung, der damit ableitbaren Priorisierung und dem erwarteten Nutzen für die österreichische Filmwirtschaft, abstrakt formuliert im Gesetzesauftrag. Die folgenden Überlegungen beziehen sich dem zu Folge auf die Kardinalfrage der Referenzfilm-Förderung: welche strategischen und geschäftspolitischen Ziele des Filmförderungsfonds bzw. des Österreichischen Filminstituts wurden und werden durch welche Förder-Modelle unterstützt und wie stellten sich die Auswirkungen dar? Die obige Frage präziser ausformuliert: mit welchen Schwerpunkt-Setzungen wurde und wird die gesetzlich sehr offen formulierte Balance zwischen einer „elitären Kunst“ und der Ökonomie – also eine breite Publikumsakzeptanz – hergestellt und abgebildet und warum wurde die Entkoppelung von Besucherzahlen und Festivalerfolgen vorgenommen? Die zu untersuchende Hypothese ist es, dass ein rückläufiger Trend bei den Besucherzahlen mit diesem nunmehr abgekoppelten Fördermodell für Erfolge bei internationalen Festivals kompensiert werden sollte, um so eine gesamthafte Steigerung bei der Referenzfilmförderung zu ermöglichen, wobei diese Erfolge auch auf politischer Ebene sehr gut „vermarktet“ werden können. Im Folgekapitel werden die Besucherzahlen vor und nach 2004 entsprechend dargestellt und analysiert, um diese Hypothese quantifiziert beantworten zu können. In einem Profil-Interview vom 1.12.2008 formulierte der Direktor des Österreichischen Filminstituts, Roland Teichmann, seine Sicht zum Spannungsfeld „Erfolg“ und dessen 89 170. Bundesgesetz vom 30.12.2004, Änderung des Filmförderungsgesetzes, S. 2, in: http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=9411, Stand 7.11.2012. 61 Messung: „Kino muss sich nicht rechnen, sondern legitimieren – über künstlerischen oder wirtschaftlichen Erfolg. Im Idealfall über beides. Das Wort rechnen ist mir zu simpel: Man kann bei einem kulturellen Produkt wie dem Film nicht alles zählen, wiegen und messen.“90 Diese Aussage lässt die Antwort leider offen, welches weitere Legitimationskriterium neben „zählen, wiegen und messen“ gemeint ist und inwieweit es dem gesetzlichen Auftrag der Referenzförderung genügt, der aus Gründen der Nachvollziehbarkeit und Kontrolle naturgemäß auf quantitativen Kriterien basiert. a. Quantitative Analyse der österreichischen Kinobesucher 1990-2010 Beginnen wir diese Betrachtung mit einer Übersicht der Kinofilme hinsichtlich der Herkunftsländer (Snapshot 2010) betten diese in eine trendmäßige Entwicklung der Besucherzahlen in österreichischen Kinos, um daraus die Bedeutung des „ökonomischen Erfolges“ darzustellen. Tabelle 16: Marktanteile der Kinofilme 2010 nach Herkunftsländern91 Herkunftsland Besuche Anzahl der Filme 1.000 Insgesamt USA Deutschland Österreich Vereinigtes Königreich Frankreich Türkei Belgien Schweden Schweiz Italien Sonstige % 14.818,5 310 119 11.910,6 45 28 13 36 20 5 5 7 3 29 849,8 646,6 436,1 396,2 142,3 107,4 77,0 60,1 57,3 135,1 100,0 80,4 5,7 4,4 2,9 2,7 1,0 0,7 0,5 0,4 0,4 0,9 Quelle: Österreichisches Filminstitut; Rentrak. Erstellt am: 29.12.2011. Bei Koproduktionen wird der majoritäre Koproduktionspartner erfasst. Die Dominanz amerikanischer Kinofilme ist evident; im Vergleich zum Marktanteil deutscher Filme können sich österreichische Kinofilme durchaus behaupten. Wie aber stellen sich die Besucherzahlen trendmäßig in der Zeitreihe seit dem Jahre 2000 dar? 90 Profil vom 1.12.2008, Triumph und Abgrund der Filmbranche: ÖFI- Direktor Teichmann über FilmFörderungen, in: http://www.profil.at/articles/0849/560/227213/triumph-abgrund-filmbranche-oefidirektor-teichmann-film-foerderungen, Stand 8.11.2012. 91 Statistik Austria, Kinos und Filme, Marktanteile der Kinofilme 2010 nach Herkunftsländern, zitiert aus: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bildung_und_kultur/kultur/kinos_und_filme/index.html, Stand 5.11.2012. 62 Tabelle 17: Entwicklung der Besucherzahlen in österreichischen Kinos in den Jahren 2000-2010 für österreichische Filme92 1400 1200 1000 800 Gesamtbesucher 600 meistbesuchter Film 400 200 0 Quelle: Film Austria Die obige Tabelle kann trendmäßige in vier Abschnitte zerlegt werden: nach einem signifikanten Zuschauer-Wachstum 2001/2002 folgt eine Phase des Abschwunges bzw. Stagnation bis 2006, anschließend ein Zeitabschnitt eines ebenso dynamischen Wachstums bis 2009 und daran anschließend die Phase einer starken Abnahme. Auch zeigt diese Graphik, dass bis 2007 der jeweils „meistbesuchte Film“ im jeweiligen Jahr einen relativ hohen Prozentsatz ausweist, danach nimmt dessen Anteil an der Gesamtbesucherzahl ab. Die Hypothese des vorher gehenden Kapitels, dass rückläufige Besucherzahlen bei inländischen Filmen die vollständige Entkoppelung von Besucherzahlen und Festival-Erfolgen als strategische Reaktion im Modell der Referenzförderung ausgelöst oder zumindest begünstigt haben könnte, kann durch den Trend der Besucherzahlen ab 2002 als quantitativ begründete Vermutung abgeleitet werden. Wie kann nun als weiterer analytischer Schritt der Graphik, der jeweils „meistbesuchte Film“ der einzelnen Jahre der Betrachtungsperiode, in Hinblick auf künstlerischen bzw. wirtschaftlichen Erfolg klassifiziert werden? 92 Film Austria, Kinocharts österreichischer Film, in: http://www.filmaustria.com/kino-charts.htm, Stand 26.12.2012. 63 Tabelle 18: Klassifizierung des „meistbesuchten Films“ 2000-2011 Kinostart Besucherzahl in Tsd. Film-Titel 2000 Komm, süßer Tod 2001 Die Klavierspielerin 2002 Festivalteilnahme Non-Festival 231 nein 98 ja/Cannes Poppitz 441 nein 441 2003 MA 2412 - Die Staatdiener 273 nein 273 2004 Silentium 205 ja/Cognac 2005 We Feed The World 202 ja/Motovun 2006 In drei Tagen bist du tot 85 ja/Brüssel 2007 Die Fälscher 190 ja/Berlin 2008 Echte Wiener 371 nein 2009 267 ja/Berlin 2010 Der Knochenmann Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott 217 nein 217 2011 Hexe Lili 116 nein 116 Gesamt 2.696 231 371 1.649 Quelle: Film Austria, Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsbericht Von den 12 „meistbesuchten Filmen“ hatte die Hälfte, also 6 Kinofilme, einen Erfolg bei einem internationalen Filmfestival vorzuweisen, wobei die obige Darstellung auch ebenso klar zeigt, dass die Filme ohne Festival-Teilnahme oder Festivalpreis eine höhere Besucherzahlen ausweisen. Tabelle 19: Besucher-Vergleich von österreichischen Festival- und Non-Festival Filmen innerhalb der Kategorie „meistbesuchten Kinofilme“ 2000-2011 Anzahl Filme Zuschauer Durchschnitt in Tsd. in Tsd. Filme auf Festivals 6 1.047 175 non-Festival Filme 6 1.649 275 Die Werte der obigen Tabelle widerlegen die häufig geäußerte Ansicht, dass sich Erfolge auf internationalen Filmfestivals bei den Besucherzahlen auswirken: im Ranking der Besucherzahlen zwischen 2000-2011 finden wir den besten Festival-Film erst auf Position vier; die sechs meistbesuchten Filme ohne Festivalteilnahme generieren in der Betrachtungsperiode über 60% der Besucherzahlen und erreichen im 64 Schnitt 100.000 Besucher mehr pro Film, was als signifikante Differenz bezeichnet werden kann. Die obige Analyse zeigt also, dass seitens des österreichischen Publikums eine Wertschätzung dieser „Festivalerfolge“ keine wesentliche Rolle spielt, für welchen Filmbesuch es sich entscheidet. Darüber hinaus negiert bedauerlicherweise die aktuelle Förderpolitik des Österreichischen Filminstituts weitgehend die heimische Publikumsresonanz und versucht, die abnehmenden Besucherzahlen durch „Festivalerfolge“ zu ersetzen. Ohne Zweifel sind die Kriterien der oft beschworenen kulturellen Vielfalt und der ästhetischen Qualität vorrangige kulturpolitische Ziele. Es gilt aber auch, mit Filmen von hoher künstlerischer und kreativer Qualität das Publikum zu erreichen, also auch einen Erfolg „an der Kinokasse“ sicher zu stellen, da die generelle Hypothese, dass Filme mit Festivalpreisen mehr Besucher ausweisen, nicht weiter aufrecht erhalten werden kann. Die Tabellen 16 und 17 des Folgekapitels liefern dazu die notwendigen quantitativen Grundlagen. Der Verfasser vertritt also zusammenfassend die Ansicht, dass das ursprüngliche Modell, welches primär auf Besucherzahlen basiert und mit zusätzlichen Incentives bei Festivalerfolgen ein Förder-Upgrade bietet, die bessere Lösung darstellt, weil es das Segment jener Filme dann nicht mehr fördert, die ausschließlich bei Festival-Juroren mit all deren Eigengesetzlichkeiten bei Auswahl und Prämierung der Filme „gut ankommen“ sind, nicht aber beim Kinopublikum. 65 b. Entwicklung der Referenzfilmförderung ab 2004 Tabelle 20: Zusagen von Referenzförderungen vom Österreichischen Filminstitut (in tsd. Euro) für die Periode 2005 bis 201093 6000 5000 4000 3000 2000 1000 0 2005 2006 2007 2008 2010 2009 Quelle: Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsberichte 2005-2010 Tabelle 21: Prozentueller Anteil der Referenzförderung von den gesamten FörderZusagen für die Periode 2005 bis 2010. 35 30 25 20 15 10 5 0 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsberichte 2005-2010 Wie diesen beiden Grafiken zu entnehmen ist, verdoppelte sich der Absolut-Betrag des Fördervolumens in beinahe linearer Entwicklung zwischen 2005 und 2010, wogegen beim prozentuellen Anteil zwischen 2006 bis 2008 eine signifikante Abnahme, ab dann aber eine ebenso starke Zunahme des Förderanteils zu erkennen ist. 93 Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsberichte 2005-2010, in: http://www.filminstitut.at/de/taetigkeitsbericht/, Stand 24.10.2012. 66 c. Verteilung nach Auslösern der Referenzfilmförderung Da die jährlich publizierten Filmberichte nur die Gesamtsumme der ReferenzfilmFörderung des Films mit den jeweiligen Auslösern darstellt, muss sich die Analyse dieses Kapitels auf die betragsmäßig ungewichtete Darstellung nach den beiden Taxonomien „Internationale Filmfestivals“ und „Besucherzahlen“ für die Jahre 2008 bis 2010 beschränken. Tabelle 22: Verteilung der auslösenden Faktoren in der Referenzfilmförderung Besucher Festivals Doppelnennungen 2010 7 0 11 2009 10 2 4 2008 3 6 3 Summe 20 8 18 59% 41% Verteilung Quelle: Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsberichte 2008-2010. Bei der untersten Spalte „Verteilung“ wurden die Doppelnennungen auf die Kategorien „Besucher“ bzw. „Festivals“ verteilt. Analysieren wir nun als weiteren Schritt die Relation der Kategorie „Doppelnennungen/Kinofilm“ als Beziehung von Festivalerfolg und inländischen Besucherzahlen für die obige Periode 2008-2010; insgesamt waren also 18 Filme künstlerisch wie auch ökonomisch im Sinne der Förderrichtlinien erfolgreich, davon 11 Kinofilme, 4 Dokumentarfilme, ein Kinderfilm und 2 Nachwuchsfilme. Tabelle 23: Beziehung Festivalerfolg und Besucherzahlen von Spielfilmen Besucher < 40.000 >40.000 > 100.000 2010 3 2 2009 1 2 2008 1 1 Quelle: Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsberichte 2008-2010. 67 1 Die obige Tabelle zeigt ein sehr interessantes Bild von Kinofilmen mit Festivalerfolgen in Hinblick auf die Besucherzahlen: grob gesprochen weist die Hälfte der prämierten Filme mit mehr als 100.000 inländischen Besuchern einen signifikanten ökonomischen Erfolg aus, wogegen man die andere Hälfte dieser Filme mit weniger als 40.000 Besucher – drei davon bloß um die 10.000 Besucher! – nur bedingt als „ökonomisch erfolgreich“ bezeichnen kann. Um die Analyse zur obigen Tabelle abschließen zu können, stellt der Verfasser der Förderkategorie „Festivalerfolg und Besucherzahlen“ jene im gleichen Format gegenüber, welche ausschließlich die Besucherzahlen fördert. Tabelle 24: Referenzförderung Spielfilme ausschließlich nach Besucherzahlen < 40.000 >40.000 > 100.000 2010 0 3 1 2009 0 1 2 2008 0 0 0 Quelle: Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsberichte 2008-2010. Insgesamt wurden 20 Filme auf Grund ihrer Besucherzahlen in die Referenzförderung aufgenommen, davon 7 Kinofilme, 5 Dokumentarfilme, 5 Kinderfilme und 3 Nachwuchsfilme. Anzumerken wäre, dass 2008 nur jeweils zwei Dokumentarfilme und zwei Kinderfilme in die Förderkategorie fielen, jedoch kein Spielfilm. Die obige Tabelle zeigt im Vergleich zur vorangegangenen Tabelle 23 eine „Rechtsverschiebung“, wo sich alle Filme im „ökonomischen Bereich“ befinden, also die Schwelle von 40.000 Besuchern überschritten haben. Was sagt dieser Vergleich der beiden Förderkategorien aus? Die erste Erkenntnis ist es, dass der alleinige „ökonomische Erfolg“, also die alleinige Bewertung der Besucherzahlen ein klar nachvollziehbares Bild dieser Förderkategorie ergibt, die bei der zweiten Förderkategorie „künstlerischer und/oder ökonomischer Erfolg“ nur partiell erkennbar ist, da 50 Prozent der in künstlerischer Hinsicht prämierten Filme als ökonomisch wenig erfolgreich klassifiziert werden müssen und deren Förderung im alten Modell in der „sowohl, als auch“ Messung unterblieben wäre. Stellt sich die abschließende Frage, welche Förderungsbeträge insgesamt für 68 künstlerisch prämierte, aber ökonomisch wenig erfolgreiche Filme in der Betrachtungsperiode aufgewendet wurden? Der Verfasser nimmt als Grenze der Besucherzahlen die in den Tätigkeitsberichten verwendeten Taxonomien, also „< 10.000“ und „<40.000“ für alle Filmkategorien, also Kino-, Dokumentar-, Kinder- und Nachwuchsfilm. In der Übersicht stellen sich diese Förderungen folgendermaßen dar: Tabelle 25: Fördervolumen prämierter Filme bei internationalen Festivals mit Ergebnissen unter 10.000 bzw. 40.000 inländischen Besuchern < 10.000 < 40.000 2010 Kino 1.518.000 Doku 742.000 Kinder 291.000 Nachwuchs 844.000 400.000 Summe 2010 1.877.000 1.918.000 2009 Kino Doku Kinder Nachwuchs Summe2009 291.000 291.000 291.000 400.000 633.000 342.000 1.666.000 2008 Kino Doku Kinder Nachwuchs Summe2008 - 567.000 474.000 102.000 1.143.000 Quelle: Österreichisches Filminstitut, Tätigkeitsberichte 2008-2010. Diese obige Tabelle kann nun folgendermaßen interpretiert werden: a. Es gab in der Betrachtungsperiode keine Förderung für prämierte Kinofilme mit einer Besucherzahl von weniger als 10.000, allerdings beinahe 2,4 Mio. für Kinofilme mit weniger als 40.000 Besuchern. b. Für prämierte Dokumentarfilme unter 10.000 Besuchern wurden insgesamt Förderungen von über einer Million Euro allokiert. c. Insgesamt wendete das Österreichische Filminstitut über 2 Millionen Euro für Förderungen in der Betrachtungsperiode auf, wo eine signifikante Diskrepanz zwischen 69 künstlerischem und ökonomischem Erfolg festgestellt werden kann, im Besonderen für die Berichtsperiode 2010. Diese Summe von 2 Millionen Euro für verfehlte ökonomische Ziele wurden durch die „entweder künstlerisch/oder ökonomisch“ - Regelung der Gesetzesnovellierung 2004 ermöglicht und als Automatismus institutionalisiert, was der Verfasser dahingehend kritisiert, dass diese Mittel damit der kommissionellen Projektförderung entzogen werden und des Weiteren internationale Erfolge wohl im Segment „Kinofilm“ breit wahrnehmbare Publizität generieren, nicht aber in den drei restlichen Sparten. Womit sich eine Frage ableitet: welchem Gesetzesauftrag folgt eine ReferenzFilmförderung für Produktionen, die auf internationalen Filmpreisen basieren, die überwiegend Branchen-Insidern geläufig sind und Besucherzahlen von unter 10.000 ausweisen? Der Verfasser interpretiert die obigen Zahlen und Fakten dahingehend, dass Segmente finanziell unterstützt werden, weil für deren Produkte nur eine geringe Marktnachfrage – also weniger als 10.000 Besucher – gegeben ist. Oder plakativ zusammengefasst: Erfolg bei einer Festival-Jury, Misserfolg bei den Konsumenten. Nur: für wen werden Filme produziert? Diese Erkenntnisse empfehlen eine Korrektur der 2004 vorgenommenen vollständigen Entkopplung von den Besucherzahlen und Rückführung der Förderrichtlinien auf den Status davor, wo der künstlerische Erfolg erst nach dem Überschreiten von MindestBesucherzahlen in die Förderung einfloss und damit den Erfolgseffekt bei einer Festival-Jury mit jenem der breiten Marktakzeptanz relativierte. d. Welchen Nutzen generiert ein Preis bei einem internationalen Filmfestival für die österreichische Filmwirtschaft? Der Verfasser sieht darin zwei zentrale Nutzenfunktionen: ein sehr starkes Marketinginstrument für den gegenständlichen Film, der in der Regel damit hauptsächlich internationale Bekanntheit und Resonanz erzeugt und so seine Besucherzahlen signifikant erhöhen kann und, damit verbunden, ein entsprechenden „Upgrade“ vom Marktwert des Produktionsteams, vornehmlich die Regie und die HauptdarstellerInnen. Diese beiden Faktoren beinhalten kulturpolitisch sowohl 70 Chancen aber auch Risiken: die Chance ist die erfolgreiche internationale Positionierung österreichischer Spielfilme durch Teilnahmen und Preise bei renommierten Festivals, die Risiken liegen eben genau in dieser Steigerung des Bekanntheitsgrades auf internationaler Ebene begründet: nämlich den schleichenden Verlust von international erfolgreichen Filmschaffenden für österreichische Produktionen, zumal die Filmförderung ein global kompetitives Segment darstellt und erfolgreichen Filmschaffenden dann im internationalen Förder-Angebot gezielt wählen können. 5. Die realpolitische Umsetzung der Förderpolitik 5.1. Budgetallokationen und deren Auswirkungen Der Film als künstlerisches Unterhaltungsmedium mit Breitenwirkung spiegelt sich in politischen Programmen bis 1970 nur punktuell wider und ist im kulturpolitischen Kontext stark unterrepräsentiert. Zwischen 1970 und 2000 steigt die Bedeutung des Films und er wird sowohl im künstlerisch-kulturellen Themen-Zusammenhang als auch im Kontext mit elektronischen Medien wahrgenommen. Ab 2000 verstärkt sich zusätzlich der Aspekt privatwirtschaftlicher Finanzierung des Kulturbereiches und Standort-fokussierte und beschäftigungspolitische Aspekte werden in politische Überlegungen mit einbezogen. Realpolitisch fehlte bis Anfang der 80er Jahre nahezu jegliche Aktivität, denn erst Ende der 70er Jahre begannen Filmschaffende, sich im Rahmen der Gewerkschaft Kunst, Medien und Freie Berufe zu organisieren. Ihr Hauptanliegen war die Schaffung einer Bundesfilmförderung und erst in diesem Rahmen bekamen ihre Forderungen ein starkes politisches Gewicht. Der nachvollziehbare Erfolg des Filminstituts war und ist es, dass in der gegenwärtigen Kulturpolitik der Film doch eine programmatisch und budgetär etablierte Position auf der kulturpolitischen Agenda errungen hat. Dennoch spiegeln die Förderungsbudgets bzw. sonstige Rahmenbedingungen in keiner Form die mehrfach politisch angekündigten Schwerpunktsetzungen für den Film wider. Im Besonderen hat der Oscar für Ruzowitzky’s "Die Fälscher" eine Bühne für politische Statements abgegeben, deren Realisierung genau zu verfolgen sein wird. Vertreter 71 der Filmindustrie94 forderte daher die Partner der Koalitionsverhandlungen Anfang 2008 auf, den zahlreichen Versprechen der Parteien nach dem Gewinn dieses Oscars Taten folgen zu lassen und für das Österreichische Filminstitut ein Jahresbudget von zumindest 20 Mio. Euro ab 2009 sowie ein Jahresbudget von 5 Mio. Euro für die "innovative" Förderung durch das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur in das Regierungsprogramm aufzunehmen. Mitte der 90-er Jahre wurde ein strukturiertes System – LIKUS (Länderinitiative Kulturstatistik) aufgesetzt, wo das “statistische Reporting” von kulturpolitisch relevanten Förderkategorien des Bundes und der Länder standardisiert und somit vergleichbar gemacht wurden. Die Zusammenführung dieser Förderdaten und deren Darstellung erfolgt durch die Statistik Austria im Abschnitt “Metadaten Kulturfinanzierung”.95 Die Gliederung stellt sich folgendermassen dar: Museen, Archive, Wissenschaft Baukulturelles Erbe Volkskultur, Heimat- und Brauchtumspflege Literatur Bibliothekswesen Presse Musik Darstellende Kunst Sonstiges Bildende Kunst, Foto, Architektur, Design Film, Kino, Video Hörfunk und Fernsehen Kulturinitiativen, Zentren Ausbildung, Weiterbildung Erwachsenenbildung Internationaler Kulturaustausch Großveranstaltungen Die Kunstsektion des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur fördert davon 12 Kategorien – keine Förderung aus den Mitteln der Kunstsektion erhalten die Kategorien Baukulturelles Erbe, Bibliothekswesen, Erwachsenenbildung, Heimat- und Brauchtumspflege sowie Hörfunk/Fernsehen, sodass sich der Kulturbericht der Kunstsektion für das Jahr 2010 folgendermassen darstellt: 94 Aussendung Wirtschaftskammer Österreich (18.11.2008): Anhebung der Filmförderung in Krisenzeiten? In: http://www.ots.at/presseaussendung.php?schluessel=OTS_20081118_OTS0272, Stand 8.2.2009. 95 Statistik Austria, Metadaten Kulturfinanzierung, in: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bildung_und_kultur/kultur/kulturfinanzierung/021557.html Stand 7.4.2013. 72 Tabelle 26: Verteilung des Kunstbudgets auf die einzelnen Sparten 2010.96 Innerhalb des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur nimmt die Förderung des Films die finanziell bedeutendste Stellung ein, nur stellt das Ministerium eine Teilmenge der Kulturförderung des Bundes dar und somit gilt es, diesen partiellen Bereich innerhalb der Gesamtförderung des Bundes für Kultur darzustellen und da rangiert die LIKUS Kategorie 7, also Film, Kino, Video und Medienkunst “unter ferner liefen”. Die Statistik Austria liefert dazu das “big picture”: Tabelle 27: Kulturausgaben des Bundes nach LIKUS Hauptkategorien 2000-2010.97 Förderbereich 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Mio. Euro Insgesamt Film, Kino, Video Film, Kino, Video in % 660,81 699,76 710,77 680,23 700,55 714,26 710,67 742,83 766,24 818,25 811,46 12,41 15,55 13,86 14,74 15,03 15,96 16,03 19,07 23,24 21,86 22,61 1,9 2,2 2,0 2,2 2,1 2,2 2,3 2,6 3,0 2,7 2,8 In den zehn Jahren der obigen Betrachtung stellt das Jahr 2007 eine Zäsur insoferne dar, als merkbare Erhöhungen in der direkten Bundes-Kulturförderung einerseits und in der Filmförderung des Bundes andererseits realisiert wurden. 96 Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, Kunstbericht 2010, S. 12f, in: http://www.bmukk.gv.at/medienpool/20914/kunstb_2010.pdf, Stand 8.4.2013. 97 Statistik Austria, Kulturausgaben des Bundes nach LIKUS Hauptkategorien, in: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bildung_und_kultur/kultur/kulturfinanzierung/index.html, Stand 8.4.2013 73 5.2. Parteiprogrammatische Standpunkte zur Filmförderung „Axel Corti sagte bei einer Preisverleihung während der Viennale 1987, Olaf Palme sei nach einem Kinobesuch ermordet worden, das könne einem österreichischen Politiker nicht passieren.“98 Wie stehen nun die politischen Parteien dem Themenfeld „Film und dessen Förderung“ gegenüber? Ein Blick in die Parteiprogramme soll darüber einen ersten Aufschluss geben. Gibt es nun konvergente oder divergente Tendenzen zwischen der vorher beschriebenen filmwirtschaftlichen Problemlage, der politischen Agenda und den tatsächlich umgesetzten Maßnahmen im Bereich Film? Beginnen wir nun, politische Positionen der Regierung und den Parlamentsparteien zur Filmpolitik komprimiert darzustellen: „Als Zukunftsthemen im Kulturbereich sehen wir die Stärkung des Filmstandortes Österreich und die Bereitstellung von Risikokapital für Österreichs Kreativwirtschaft. Wir werden die Künstlersozialversicherung und die steuerliche Absetzbarkeit bei Kunst- und Kulturinvestitionen einführen.“ (Regierungserklärung Wolfgang Schüssel, 9.2.2000). „Nach der erfolgreichen Etablierung des dualen Rundfunksystems in Österreich wollen wir die Zielsetzungen der Medienpolitik im Gleichklang mit der europäischen Entwicklung vorantreiben. Durch eine Digitalisierungsoffensive bei den elektronischen Medien soll mehr Programmvielfalt und Programmqualität erreicht werden. Das wollen wir gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft realisieren.“ (Regierungserklärung Wolfgang Schüssel, 28.2.2003). „Neben der Förderung kultureller Partizipation und einer Vielzahl anderer spartenspezifischer Vorhaben wird die Bundesregierung einen Schwerpunkt zur Stärkung des Medien- und Filmstandorts Österreich setzen.“ (Regierungserklärung Alfred Gusenbauer am 16. Jänner 2007). Die Regierungen Schüssel (Kunst-Staatsekretär Franz Morak) kürzte im Jahr 2000 die Filmförderung um mehr als ein Drittel und brachte damit das Filminstitut in eine heikle 98 Ernst, Gustav, Schedl, Gerhard (Hrsg.), Nahaufnahme – zur Situation des österreichischen Kinofilms, Europaverlag Wien 1995, S. 11. 74 Situation, wenn man den Bundesbeitrag den Förderausgaben und Förderzusagen gegenüberstellt. Damit konterkarierte die Passage der Regierungserklärung 2000 die realpolitische Situation der Filmförderung. In der Zeit zwischen 2000 und 2006 postulieren die Regierungsparteien die Notwendigkeit von verstärkter privatwirtschaftlicher Finanzierung im Kulturbereich. Zum Teil wird das mit dem Budgetdruck des Staates zum anderen mit dem Argument, die Künstler vor staatlicher Abhängigkeit zu schützen, womit der Gedanke einer staatlichen Kernaufgabe Kunst und Kultur in den Hintergrund geraten ist; Film und elektronische Medien wurden mit dieser politischen Position in ein neoliberales, wirtschaftliches Umfeld rücktransferiert. Eine vom damaligen Finanzminister Grasser verfolgte Strategie erschöpfte sich im Wesentlichen in einer unreflektierten, kurzfristigen Kürzungspolitik: also Ausräumen von Rückstellungen und Fördertöpfen, Ausgliederungen von Verlustbringern (ÖBB, ASFINAG uam.), Erhöhungen von Abgaben. Sinnvolle, längerfristige Strukturveränderungen waren nicht Teil dieser Strategie, welche überwiegend auf dem Schlagwort „Nulldefizit“ und „politisch gut verkaufbaren“ Themen aufbaute. Für das Kulturbudget, notabene die Filmförderung, bedeutete eine lineare Reduktion der Subventionen in Höhe von 15% eine starke Disparität zwischen der Anzahl bereits entwickelter und zugesagter Projekte und dem verfügbaren Budget. „Neben der Förderung kultureller Partizipation und einer Vielzahl anderer spartenspezifischer Vorhaben wird die Bundesregierung einen Schwerpunkt zur Stärkung des Medien- und Filmstandorts Österreich setzen.“ (Regierungserklärung Alfred Gusenbauer am 16. Jänner 2007). Einzig die Regierungserklärung 2007 fand auch den entsprechenden Niederschlag in der budgetären Ausstattung des Filminstituts: allerdings relativiert durch den Umstand, dass diese signifikante Steigerung das Fördervolumen des Filminstituts bloss auf das Niveau von 1999 zurückbrachte. Auch im Regierungsprogramm 2008-2013 der Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP im Kabinett Faymann finden wir entsprechende Passi hinsichtlich der Medienförderung, einerseits die Absichtserklärung zur Aufstockung des Fernsehfilmförderungsfonds auf 15 Mio. Euro als auch die Erhöhung der Filmförderung des Österreichischen 75 Filminstituts auf 20 Mio. Euro: „Die Bundesregierung möchte den Stellenwert der audiovisuellen Medien entsprechend ihrer kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung weiter ausbauen und die österreichische Filmwirtschaft stärken. Angestrebt wird die Anhebung des Bundesbeitrags für das österreichische Filminstitut auf 20 Mio. EUR und eine Steigerung für die Förderung des Nachwuchsfilms.“99 Neben ÖVP und SPÖ haben die Grünen, die FPÖ und das BZÖ Positionierungen des Staates in Hinblick auf dessen Kulturagenda abgegeben: „Staatliche Kulturpolitik besteht nicht allein aus der Vergabe von Geldern. Andere Regulative sind genauso zu beachten: Die Herstellung von Produktions- und Rezeptionsmöglichkeiten (dazu gehört auch die Ausbildung und Vermittlung) für alle, eine laufende Diskussion über die öffentlichen Bildungsinhalte und die Einrichtung geeigneter Verbreitungsmöglichkeiten.“100 (Grundsatzprogramm der Grünen vom 9.7.2001). Trotz dieser Relativierung unterstützte die Grüne Fraktion aktiv die Ausweitung der Filmförderung. Anders die beiden am „rechten“ politischen Spektrum angesiedelten Parteien FPÖ und BZÖ, deren kultureller Fokus auf „Volkskultur“ und „Bewahrung des nationalen, abendländischen Kulturerbes“ und auf „Reduktion der Staatskunst“ ausgerichtet ist. „Wir wollen den Missbrauch der Kunst durch die Politik verhindern. Unser Ziel ist eine offene und freie Kultur entgegen der politischen Geiselhaft in Form der staatlichen Kulturverwaltung und Gefälligkeitssubventionierung. Wir sind für eine Gleichstellung von Hochkultur und Volkskultur. Denn beide bedingen einander und sind Ausdruck der kulturellen Vielfalt Europas.“101 (Bündnispositionen BZÖ vom 17. April 2005). Die FPÖ formuliert ihre Position zur Kunstförderung folgendermaßen: „Da ästhetisches Empfinden ausschließlich dem Individuum eigen ist und keinesfalls einer Institution, ist Kunst Privatsache. Die Freiheitliche Bewegung plädiert für ein 99 Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode (2008-2013), S. 226, in: http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=32966, Stand 25.2.2013. 100 In: http://www.gruene.at/ 101 In: http://www.bzoe.at 76 privates Mäzenatentum, das über steuerliche Anreize den Kunstmarkt stimuliert.“102 (Parteiprogramm der FPÖ, 23. April 2005 in Salzburg). 5.3. Parlamentarische Debatte zur Filmförderung 2009 Der Verfasser hat – auch auf Grund der zeitlichen Eingrenzung dieser Arbeit – als Beispiel für den politischen Diskurs über die Filmförderung die Budgetdebatte des Jahres 2009 ausgewählt und nach aggrigierten Positionen analysiert. In der 23. Sitzung des Nationalrates im Rahmen der Budgetdebatte, welche zwischen dem 20.5.2009 und dem 29.5.2009 stattgefunden hat, fand speziell für das Ressort Unterricht, Kunst und Kultur eine parlamentarische Diskussion über die österreichische Filmförderung statt, deren Beiträge dem entsprechenden Stenographischen Protokoll entnommen wurden.103 Der Verfasser hat sich entschieden, diese parlamentarischen Debattenbeiträge mittels einer qualitativen Analyse mit einem zu Grunde gelegten Kodierplan auszuwerten. „Any researcher who wishes to become proficient at doing qualitative analysis must learn to code well and easily. The excellence of the research rests in large part on the excellence of the coding.”104 Ausgehend von dem obigen Statement gilt es nun, einen dem Forschungsinteresse entsprechenden Kodierplan auszuarbeiten und gleichzeitig formale Regeln für eine konsistente und aussagefähige Kodierung festzulegen. Diese Kodierung der Debattenbeiträgen „…leads you from the data to the idea and from the idea to all the data pertaining to that idea.”105 Das angestrebte Ergebnis dieser Kodierung soll eine aggregierte Übersicht der Standpunkte der politischen Parteien zu ausgewählten Fragen der Filmförderung sein. Folgende Regeln werden für die Kodierung angewandt: 102 In: http://www.fpoe-parlamentsklub.at Stenographisches Protokoll der 23. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich, XXIV. Gesetzgebungsperiode 20.5.2009 bis 29.5.2009, in: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/NRSITZ/NRSITZ_00023/fname_168044.pdf, Stand 25.2.2013. 104 Strauss, Anselm M., Qualitative Analysis for Social Scientists, Cambridge University Press 1987, S. 27. 105 Richards, Lyn, Morse, Janice M., Readme first for a user´s guide to qualitative methods, Thousand Oaks 2007, S. 137. 103 77 Als Kodiereinheit wird ein Absatz festgelegt Kodiert werden Absätze, wo folgende Themenbezüge vorkommen o Filmförderung Höhe System Verwendung Erfolg o Film/Fernseh-Abkommen Höhe Rolle des ORF Erfolg Entschliessungsanträge, Forderungen Als „Pro-Standpunkt“ gelten explizite Formulierungen des Bejahens, des Anerkennens und des Lobes für die Förder-Initiative: o Sehr starke Zustimmung = 1+ o Zustimmung =1 Der „Contra-Standpunkt“ umfasst hingegen explizite Kritik bzw. Ablehnung: o Sehr starke Ablehnung = 9+ o Ablehnung =9 Der „neutrale Standpunkt“ wieder befasst sich mit der Beschreibung von Fakten ohne erkennbare Standpunkt-Aussage. o Neutral =0 Der „Header“ der jeweiligen Codierung pro Debattenbeitrag ist der Name des/der Abgeordneten, seine Parteizugehörigkeit sowie ein Sortierindex „Regierungspartei/ Opposition“. Da die relevanten Debattenbeiträge sequentiell kodiert werden, sind Mehrfach-Nennungen für RednerInnen möglich. An dieser Debatte, vorwiegend zum Budgetkapitel „Unterricht, Kunst und Kultur“, nahmen insgesamt 12 DebattenteilnehmerInnen Bezug auf die Filmförderung; drei Entschliessungsanträge wurden formuliert und zur Abstimmung gebracht. 78 Tabelle 28: Partei-Verteilung der RednerInnen mit Bezug auf die Filmförderung Beiträge SPÖ ÖVP Grüne 5* 4 1 1 1 Entschließungsanträge Gemeinsamer Entschließungsantrag FPÖ 1 1 * Inklusive Ressortministerin C. Schmied 5.3.1. Rohdaten der Kodierung Für die Volltextsuche im Stenografischen Protokoll wurden folgende Begriffe gewählt: Film/Förderung/ORF/Fernseh-Abkommen. Die gefundenen Absätze mit Bezug zu einem der obigen Schlagworte sind als Anhang 2. dieser Arbeit beigeschlossen. In den Textabschnitten sind jene Aussagen dieser qualitativen Analyse entsprechend farblich hervorgehoben, um die vorgenommenen Kodierungen nachvollziehbar darzustellen. Tabelle 29: Rohdaten der Textkodierung Pos. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Name Fuhrmann Wittmann Kopf Ostermayer Zinggl Fuhrmann Zinggl Unterreiner Muttonen Schmied Lapp Summen Reg. Partei Absätze Partei Opp. Partei VP SP VP SP Grüne VP Grüne FP SP SP SP 2 4 6 4 4 3 7 7 3 4 1 Film/Fernseh-Abkommen Filmförderung ÖFI Höhe System Verwdg Erfolg Höhe Rolle Erfolg Reg. 0 Reg. Reg. 1 Reg. Opp. 9+ Reg. 1 Opp. 0,9,9+ Opp. 9 Reg. 3/1 Reg. 1+ Reg. 1 13 79 0 2/1+ 2/1+ 1 9,9+ 1+ 1,1+ 0,1 1 9 9 1+ 9+ 9 9,9+ 9+ 9,9+ 2/9 1 1+ 5 5 9,9+ 1 1 1 9 1+ 9 7 8 1 Mehrfaches Auftreten eines Kodierwertes innerhalb eines Debattenbeitrages werden durch den Wert vor einem Schrägstrich angezeigt. Beginnen wir nun, die obige Tabelle „top-down“ zu interpretieren. a. Verteilung Filmförderung vs. Film/Fernseh-Abkommen Die Thematik „Filmförderung“ wurde in 32 Absätzen behandelt, jene des Film/Fernseh-Abkommens mit dem ORF in 16 Absätzen; anders ausgedrückt: rund 2/3 der Beiträge bezogen sich auf die Institution Österreichisches Filminstitut, 1/3 auf den ORF. b. Interpretation der Kolumnen der Filmförderung des ÖFI: Die häufigste Thematisierung war der Punkt „Höhe Filmförderung“. Die Interpretation der Kodierung ist insoferne einfach, als Kritik ausschliesslich von den beiden Abgeordneten der Opposition geäussert wurde, wogegen sämtliche (!) Abgeordneten der beiden Regierungsparteien der Höhe zustimmten und im schlechtesten Fall feststellt, „dass für die österreichische Filmwirtschaft noch viel zu tun ist“ (Silvia Fuhrmann, ÖVP). Beim System der Förderung wird in der Debatte zwei Mal ein deutsches Fördermodell sehr positiv referenziert (Fuhrmann, Unterreiner), wogegen Zinggl die systemische Verlagerung von Bundesmittel von traditionellen Kunstformen (Museen, Oper etc.) hin zu modernen Kunstformen – eben den Film – fordert. Bei der Frage der Verwendung kommt Kritik ausschliesslich von Abgeordneten der Opposition: Zinggl kritisiert die bevorzugte Förderung etablierter Filmschaffender, Unterreiner die Förderung von Filmen, die wohl künstlerischen, aber keinen wirtschaftlichen Erfolg ausweisen. Sehr eindeutig ist die Aussage hinsichtlich des Erfolges der österreichischen Filmschaffenden: von den 9 Debatten-Statements bestätigen 8 Absätze generell den Erfolg; im Debattenbeitrag von H. Unterreiner wird der mangelnde Erfolg österreichischer Filme wegen sinkender Besucherzahlen kritisiert. Zusammenfassend und abschliessend kann zu diesen Debattenbeiträgen bemerkt werden, dass sie dem ritualisierten Muster zwischen Parlamentariern der 80 Regierungsparteien und Opposition folgen. Eine Ausnahme bildet die Kritik des Abgeordneten Zinggl, der die soziale Problematik von Filmschaffenden thematisiert: „Im letzten Halbjahr, also im Wintersemester von 2008 auf 2009, waren 80 Prozent der Filmschaffenden arbeitslos. Im Sozialbericht, den Sie ja veröffentlicht haben, Frau Ministerin, ist die Lage der Filmschaffenden als katastrophal bezeichnet. Ich glaube, dass genau in der Branche, in der wir so groß punkten, ganz dringend ein Bedarf da wäre, noch mehr reinzubuttern als bisher.“ Der Verfasser vertritt allerdings den Standpunkt, dass es nicht die Aufgabe des Österreichischen Filminstituts ist, mit seinen Förderungen beschäftigungs- und einkommenspolitische Akzente zu setzen. Hinsichtlich der Debattenbeiträge, die das Film/Fernseh-Abkommen betrafen, waren diese in eine wesentlich breitere Diskussion über die Sanierung des ORF, u. a. durch die Teilrefundierung eingebettet, sodass sich speziell Medienstaatssekretär Ostermayer in der Debatte ausschließlich mit dieser Frage beschäftigte. c. Interpretationen der Kolumnen des Film/Fernsehabkommens mit dem ORF: Die Klassifizierung der Höhe des Förderanteils des ORF ist erneut klar von den politischen Positionen „MandatarIn einer Regierungspartei = (stark) zustimmend“ und „Mandatar Opposition = ablehnend“ bestimmt. Die Begründungen der Ablehnungen lag in der drohenden Kündigung des Film/Fernseh-Abkommens durch den ORF und der gleichzeitig unklaren Position von Medien-Staatssekretär Ostermayer (Zinggl). Bei der sehr positiven Bejahung der Höhe des Film/Fernseh-Abkommens durch den Abgeordneten Peter Wittmann vermutet der Verfasser, dass er die (begrüßte) Erhöhung der Fernsehfilm-Förderung (RTR) mit dem noch nicht beschlossenen Film/Fernsehabkommen verwechselt hat: „Da freut mich ganz besonders, dass das Film/Fernseh-Abkommen von 7,5 Millionen € auf 13,5 Millionen € erhöht wurde.“ Am Rande sei vermerkt, dass beide Oppositionspolitiker in ihren Reden hinwiesen, dass das Positivum die Erhöhung der Fernsehfilm-Förderung 81 (RTR) nicht in den Bereich der Filmförderung wirkt, da es ein unterschiedliches Produzentensegment unterstützt. Differenzierter die Kodierungen nach der Rolle des ORF im Zuge der angedrohten Kündigung bzw. der Verhandlungen über das Film/FernsehAbkommens, wo – mit alleiniger Ausnahme von Medien-Staatssekretär Ostermayer – starke Kritik an der Position bzw. Verhandlungsführung des ORF geübt wird. Formuliert Silvia Fuhrmann (ÖVP) die Hoffnung auf ein solches Abkommen und bietet Frau Ministerin Schmied ihre Unterstützung an, formuliert Klubobmann Karlheinz Kopf seinen Standpunkt wesentlich drastischer: „Auch die Förderung des Kinofilms mit finanziellen Mitteln gehört zu den Aufgaben des ORF. Das heißt, die angedachte oder bereits avisierte Kündigung des Film/Fernseh-Abkommens ist genau das Gegenteil von dem, was wir brauchen. Das wäre eine grobe Vernachlässigung des öffentlich-rechtlichen Auftrages des ORF.“ Auch Zinggl (Grüne) und Fuhrmann (ÖVP) kritisieren deutlich die Sanierungsstrategie des ORF: „Der ORF selbst hat angekündigt oder sogar angedroht, dieses Abkommen zu brechen.“ (Fuhrmann). Auch BM Schmied fordert eine konsistente Argumentation des ORF ein, der bei Gebührenerhöhung regelmäßig mit seinen Kulturaktivitäten argumentiert, aber bei Strukturmaßnahmen den Sparstift genau in diesem Bereich ansetzen will. Nur Wittmann hebt als Erfolg der Förderung die erfolgreichen Filme von Haneke eben durch dieses Abkommen hervor. Diese Debattenbeiträge wurden eindeutig von der Sanierungsdiskussion des ORF überschattet und zu dem Zeitpunkt herrschte auch noch Unklarheit, ob und in welchem finanziellen Rahmen der ORF seinen kulturpolitischen Verpflichtungen zukünftig nachkommen würde. Diese Konstellation führte dazu, dass die sonst beobachtete „koalitionäre Harmonie“ bei der Rolle des ORF hinsichtlich der Filmförderung nicht stattfindet, wo Kopf, Fuhrmann, Zinggl, aber auch BM Schmied sehr kritische Worte finden, denen sehr positive Statements von Wittmann und eher differenzierte Aussagen vom Ostermayer gegenüberstehen. 82 Zusammengefasst kann dieses Kapitel folgendermaßen werden: Die Abgeordneten haben mangels Detailkenntnissen überwiegend generelle Statements zur Film- und Fernsehförderung abgegeben und sich – einer Budgetdebatte entsprechend – am Förderbetrag im Sinne der Regierungserklärung, also quantitativ, orientiert. Der Erfolg der Filmförderung wurde über „name-dropping der Erfolgreichen“ dargestellt. Als Systemkritik wurde die Förderung von a.) bereits etablierten Künstler und b.) von prämierten Filmen mit geringer Besucherzahl kritisiert. Die Darstellung der kritischen Arbeitsmarktsituation von Filmschaffenden wurde von den anderen Diskutanten nicht aufgegriffen; dieser Beitrag von Abg. Zinggl zeigt zweifellos einen tieferen Einblick in das Themenfeld. Die gesetzliche Festschreibung des Film/Fernseh-Abkommens wurde generell gefordert und der ORF für seine Verhandlungspositionen mehrheitlich kritisiert. Diese Kritik resultierte hauptsächlich aus dem damaligen Konflikt um die finanzielle Sanierung des ORF und der Frage nach den daraus resultierenden kulturellen Verpflichtungen. Die Systemkritik der FPÖ an der Vergabepraxis des Österreichischen Filminstituts thematisierte sich vordergründig am System, hintergründig aber an der Häufung der Prämierung von Filmen mit historischem NS-Hintergrund. 5.3.2. Die Entschließungsanträge a. Der Antrag der Grünen, Wolfgang Zinggl et al: “Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, die Förderungen für den österreichischen Kinofilm – beginnend mit dem Budgetjahr 2009 – um jährlich eine Million Euro zu erhöhen, bis die im Regierungsübereinkommen festgehaltene Fördersumme von 20 Millionen Euro pro Jahr erreicht ist.“106 Dieser Antrag wurde abgelehnt. 106 Stenographisches Protokoll der 23. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich, ebd., S. 651. 83 b. Der Antrag der FPÖ, Heidemarie Unterreiner et al: „Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die österreichische Filmförderung unter folgenden Gesichtspunkten zu reformieren: Die österreichische Filmförderung muss erfolgsorientiert sein. Die Förderungsgelder müssen effizient eingesetzt werden. Das Prinzip des künstlerischen und kommerziellen Erfolges hat zu gelten. Schaffung eines zusätzlichen Finanzierungsinstruments für den österreichischen Film in Anlehnung an das deutsche Modell der Filmzulage. Der prozentuelle Anteil von Eigenmitteln an den Produktionskosten muss mindestens 20 % ausmachen.“107 Dieser Antrag wurde abgelehnt. c. Antrag Christine Muttonen (SPÖ) und Silvia Fuhrmann (ÖVP) „Die Bundesregierung wird ersucht, den Stellenwert der audiovisuellen Medien entsprechend ihrer kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung weiter auszubauen und die österreichische Filmwirtschaft weiter zu stärken und damit auch den Erfolgen des österreichischen Films und der österreichischen Filmwirtschaft Rechnung zu tragen. Insbesondere wird die Bundesregierung ersucht, an dem im Regierungsübereinkommen festgelegten Ziel zur sukzessiven Anhebung des Budgets des österreichischen Filminstituts auf 20 Millionen € festzuhalten. Die Bundesregierung wird weiters ersucht, darüber hinausgehende Maßnahmen zur Förderung des Nachwuchsfilms, zur Stärkung der Programmkinos und zur Stärkung des Filmstandorts Österreich, wie etwa das Modell des Deutschen Filmförderfonds zu prüfen und dem Nationalrat einen Maßnahmenkatalog vorzulegen.“108 Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen. Untersuchen wir nun, worin die Differenzen bzw. Gemeinsamkeiten dieser drei Anträge begründet sind: Der Antrag der Grünen und der SP/VP-Koalitionäre verbindet die Aufforderung der Erhöhung des jährlichen Förderbetrages vorzunehmen, um die in der Regierungsüber107 Stenographisches Protokoll der 23. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich, ebd., S. 657f. 108 Ebd., S. 1014. 84 einkunft festgeschriebenen 20 Mio. Euro zu realisieren. Die Grünen sind hinsichtlich der inkrementellen Erhöhung konkret (1 Mio. Euro mehr pro Jahr), die SP/VP-Koalitionäre schwammig („sukzessive“). Die Erhöhung 2009/2010 war dann exakt jene Million, also von 15,57 auf 16,57 Mio. Euro (siehe Anhang 1); mit dieser Linearität hätte man die angepeilten 20 Mio. nicht ganz im letzten Jahr des Regierungsübereinkommens realisiert, was einer jährlichen Steigerung von rund 3,5 Prozent netto ausgemacht hätte, was grosso modo die Erhaltung des Status quo bedeutet. Der Antrag der FPÖ beinhaltet keinerlei budgetäre Forderungen und formuliert ausschließlich eine vordergründige, systemische Kritik am Österreichischen Filminstitut, die sie im Begleittext zum Antrag näher ausführt: „Die Zeiten, in denen sich Produktionsunternehmen mit der Ausrede, sie würden einen ´Kunstfilm´ produzieren, und dass dieser deshalb mit öffentlichen Fördermitteln unterstützt werden müsse“, sind angesichts der immer knapper werdenden öffentlichen Mittel vorbei.“109 Diese Kritik begründet sie durch den sinkenden Marktanteil österreichischer Filme und die abnehmende Zahl von Kinobesuchern und resümiert am Ende ihres Debattenbeitrages „Es darf in Zukunft nicht mehr möglich sein, dass in Österreich der erfolglose Film, der keinen Zugang zum Publikum findet, gefördert wird.“ Das Hauptmotiv ihrer Kritik an der Filmförderung aber wird dann klar, wenn Unterreiner die internationalen Prämierungen der Kunstfilme „Das weiße Band“ und „Die Fälscher“ kritisiert: Damit werden „… mit der Abarbeitung des Nationalsozialismus Preise gewonnen.“ Und noch klarer: „Da könnten wir uns auch einmal in einer Identität finden, wo wir uns in der Vergangenheit nicht ausschließlich auf einen kleinen Zeitraum der Diktatur beschränken. (Beifall bei der FPÖ.) Auch was unsere Geschichte angeht, könnten wir Ruhmreiches erzählen.“ Die Logik der Ablehnungen und Annahmen sind abschließend leicht erklärt: Die Ablehnungen galten den Anträgen der Opposition, die Annahme dem Antrag der SP/VPKoalitionäre. 109 Ebd., S. 656. 85 6. Unternehmensstruktur und Produktionswerte der österreichischen Filmindustrie Dem Filmwirtschaftsbericht über das Jahr 2010110 ist zu entnehmen, dass sich der Gesamtumsatz der österreichischen Filmwirtschaft im Jahre 2009 auf rund 697 Mio. und einem Brutto-Betriebsüberschuss von rund 100 Mio. Euro beläuft, was einer Brutto-Marge von rund 14% entspricht, welche bei einem durchschnittlichen Verwaltungs-Overhead nur geringe Nettogewinne zuläßt. In Relation zum Brutto-Inlandprodukt von Österreich 2009 (276 Mrd. Euro111) resultiert ein relativer Anteil der Filmproduktion von 0,25 Prozent an der nationalen Wertschöpfung. Der Anteil des bedeutsamsten Segments „Kino- und TV-Film“ beträgt davon 47% oder rund 326 Mio. Euro. Tabelle 30: Kennzahlen der österreichischen Filmwirtschaft 2009112. Auf dem ersten Blick springt die durchschnittliche Beschäftigtenzahl der Unternehmen für Kino- und TV-Filmherstellung ins Auge: sie liegt knapp über 2 Beschäftigte! Nur 47 Unternehmen dieses Segments haben mehr als 10 Mitarbeiter; rund 80% der Unternehmen sind Ein-Personen-Unternehmen. 110 Österreichisches Filminstitut, Filmwirtschaftsbericht 2011, facts + figures 10, S. 16f. in: http://www.filminstitut.at/de/filmwirtschaftsberichte/, Stand 25.10.2012. 111 Statistik Austria, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Hauptgrößen, in: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/volkswirtschaftliche_gesamtrechnungen/bruttoinlandsprod ukt_und_hauptaggregate/jahresdaten/index.html, Stand 25.10.2012. 112 Österreichisches Filminstitut, Filmwirtschaftsbericht 2011, facts + figures 10, S. 15. in: http://www.filminstitut.at/de/filmwirtschaftsberichte/, Stand 25.10.2012. 86 Betrachten wir als Erstes die Entwicklung der Produktionswerte von Kinofilmen und Fernsehfilmen und leiten daraus einerseits den Wertanteil der Kinofilm-Produktionen ab und stellen diesen der jährlichen Dotation des Österreichischen Filminstituts gegenüber. Die fiktive Verhältniszahl Produktionswert zu Förderdotation ist zweifellos problematisch, da keine explizite Parallelität existiert, zeigt aber Signifikanzen im Deckungsgrad auf. Tabelle 31: Ratios Produktionswerte, Wertanteile und Fördermittel.113 Produktionswert 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Kinofilm 18,5 25,1 23,2 17,3 40,6 27,2 35,3 Fernsehfilm 79,3 98,1 81,0 83,3 95,7 97,3 99,5 Gesamt 97,8 123,2 104,2 100,6 136,3 124,5 134,8 Anteil Kinofilm (In %) 18,9 20,4 22,3 17,2 29,8 21,9 26,2 9,6 9,6 9,6 12,18 15,63 15,57 16,57 51,9 38,2 41,4 70,4 38,5 57,2 46,9 Förderung ÖFI Ratio Prod.wert Förderung (in %) Quelle: Filmwirtschaftsberichte 2004-2010, Österreichisches Filminstitut Tabelle 32: Grafische Darstellung und Trendlinien zur Tabelle 31. 80 70 60 Ratio Produktionswert/ Förderungen 50 40 Trendlinie 30 20 Anteil Kinofilm 10 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Trendlinie Jahre 113 Österreichisches Filminstitut, Filmwirtschaftsberichte 2004-2010, in: www.filmwirtschaftsbericht.at, Stand 4.4.2013. 87 Die „betriebswirtschaftliche Interpretations-Problematik“ der obigen Grafik hat zwei Gründe: der erste Grund ist die Diskontinuität betriebswirtschaftlicher Kennziffern, die in den Berichten des Österreichischen Filminstituts und der Statistik Austria nicht gegeben ist; ab 2005 wird die Trennung der Umsätze nach Kino- und Fernsehfilm aufgegeben und ausschliesslich die akkumulierten Zahlen publiziert. Der zweite Grund liegt in der Asynchronität der Zahlen bzw. der fehlenden Abgrenzungen im Sinne von „work in progress“. Der Produktionszyklus eines Kinofilms liegt in der Regel über einem Jahr, die Förderzusage gilt für drei Jahre. Der einigermassen lineare Graph „Anteil Kinofilm“ ist eine Funktion des „Produktionswert Kinofilm“, dessen Wachstum 2008 gegenüber dem Fernsehfilm überproportional ausfiel. Die Lineare Trendkurve zeigt einen steigenden Anteil auf 25% in 2010, also ein Verhältnis von 1 : 4 zwischen Kinound Fernsehfilm-Produktionswerten. Die Unschärfe dieser Darstellung liegt im Umstand begründet, dass der „Produktionswert“ erst zum Zeitpunkt der Fertigstellung berichtet wird und der Extremwert des Jahres 2008 sich aus Filmprojekten zusammensetzt, die bereits 2005, 2006 oder 2007 gestartet wurden. Somit lösen die Abweichungen beim Anteil des Kinofilms in den Jahre 2007 (minus 5 Prozentpunkte) und 2008 (plus 12,6 Prozentpunkte) signifikante Veränderungen bei Verhältnis Produktionswert/Förderungsvolumen aus. Der parallele Kurvenverlauf der Linearen Trendlinien zeigt, dass sich die beiden Parameter in einem Verhältnis von 2 : 1 bewegen, was bedeutet, dass – grob gesprochen – im Trend das Fördervolumen des Österreichischen Filminstituts das Doppelte im Kinofilm-Produktionswert-Volumen auslösen sollte. Das würde für das aktuelle (2013) Volumen von 20 Mio. Euro Förderbudget des Österreichischen Filminstituts einen Produktionswert von rund 40 Mio. Euro für Kinofilme bedeuten. Aus der Parallelität der beiden Linearen Trendlinien kann darüber hinaus auch abgeleitet werden, dass sich der österreichische Kinofilm als Segment – mit nur ganz wenigen Ausnahmen – von aus öffentlichen Mitteln geförderte Eigenproduktionen darstellt. 88 7. Kritische Evaluation der österreichischen Filmförderung 7.1. Kontinuitäten und Diskontinuitäten in der strategischen Ausrichtung vor und nach 2004 Wie schon in der Einleitung angerissen, ist in diesem Kapitel die Gewichtung des kulturpolitisch-strategischen Spannungsfeldes „Erfolg an der Kinokasse“ und „Erfolg bei der Festival-Jury“ vor und nach 2004 darzustellen und zu interpretieren. Als Einstieg in diese Frage dient eine erste Gegenüberstellung von Kennzahlen der Jahre 2004 und 2010, um den quantitativen Rahmen dieser Frage zu beschreiben. Tabelle 33: Kennzahlenvergleich Österreichisches Filminstitut 2004/2010 Alle Zahlen in tsd. Euro 2004 2010 Faktor Förderbudget 9,60 16,57 1,73 o/w Referenzfilmförderung 1,8 4,9 2,72 Internationale Filmpreise 24 71 2,96 Förderzusagen 9,9 17,2 1,74 Produktionswert Film 18,5 35,3 1,91 Kinobesucher Ö-Film 583,2 646,6 1,11 Quelle: Filmwirtschaftsbericht 2004, 2010 Wenden wir uns nun der Interpretation dieser Kennzahlen zu, die ein recht konsistentes Bild zeichnet. Die beiden Input-Positionen „Förderbudget“ und „Förderzusagen“ sind mit dem Faktor 1,73/1,74 gewachsen, was die hohe Korrelation dieser beiden Parameter zeigt. Eine signifikante Steigerung weist die Referenzfilmförderung aus, die als eine Strategieänderung innerhalb des Fördersystem implementiert wurde und dessen Anteil am gesamten Fördervolumens von 19% auf 30% anstieg. Wie bereits in einem Vorkapitel ausführlich dargelegt, liegt die Ursache des starken Anstieges der Referenzfilm-Förderung im Wegfall der Bindung zwischen Festivalerfolg und inländischen Besucherzahlen. Welche Impulse haben nun diese Input-Faktoren auf der Output-Seite in Hinblick auf künstlerische und wirtschaftliche Effekte bewirkt? 89 Die obige Tabelle bestätigt erneut die hypothetische Vermutung des Verfassers: die Verdreifachung der Zahl internationaler Festivalpreise zeigt klar den stark gestiegenen künstlerischen Erfolg und somit Anerkennung auf internationaler Ebene. Keinen „Return on Investment“ hat die Erhöhung des Fördervolumens und die forcierte Referenzfilm-Förderung auf die inländischen Besucherzahlen österreichischer Filmproduktionen, also den wirtschaftlichen Erfolg, wobei das oft strapazierte Argument der substitutiven Wirkung durch konkurrierende elektronische Medien auf Grund der Sperrfristen von geförderten Kinofilme nicht zutrifft. An dieser Stelle sein ein Satz aus der Einleitung nachmals repliziert: „Der Verfasser vertritt den Standpunkt, dass auch künstlerisch erfolgreiche Filme das Publikum erreichen müssen, da sonst die Filmförderung nicht nur wirtschaftlich sondern auch kulturell keinen Sinn ergibt.“ Aus Obigem ist abzuleiten, dass die Referenzfilm-Förderung in der gegenwärtigen Form partiell Filmprojekte fördert, denen eine marginale Marktnachfrage gegenüber steht. 7.2. Ökonomische Nutzenentwicklung der Filmförderung In einer Pressemitteilung, übertitelt mit „Filmwirtschaftsbericht 2010 – Filmförderung als Investition in die weitere Zukunft“ zog der Direktor des Österreichischen Filminstituts eine ökonomische Erfolgsbilanz der Filmwirtschaft. Roland Teichmann geht – bei Einrechnung einer angenommenen Umweg-Rentabilität – von einem Gesamtumsatzvolumen der Filmwirtschaft von rund 1 Milliarde Euro aus, wovon auf die Filmwirtschaft im engeren Sinn 796 Mio. Euro entfallen. Diese Zahl setzt sich laut Filmbericht 2010 folgendermaßen zusammen: Von den Umsätzen entfallen 50,2% auf die Produktion von Kino- und TV-Filmen und 11,3% auf Filmverleih und Vertrieb. Kinounternehmen erreichen 21,9% des gesamten Branchenumsatzes. Der prozentuelle Rest entfällt auf Videotheken, Werbe- und Wirtschaftsfilm. In Absolutbeträgen ausgedrückt, stellen sich die Segmentumsätze folgendermassen dar: 90 Tabelle 34: Umsatzverteilung österreichische Filmindustrie 2010 Segment Umsatz 2010 in Mio. Euro Kino- und Fernsehfilm 399,6 Filmverleih und Vertrieb 90,0 Kinounternehmen 174,3 Gesamt 664,0 Diesem akkumulierten Umsatz steht eine akkumulierte Förderung von knapp 70 Mio. Euro gegenüber, welche es nun zu spezifizieren gilt. Wenn wir nun die in Tabelle 30. dargestellte Relation der Produktionswerte Kinofilm zu Fernsehfilm von 1:4 übernehmen, so resultieren daraus recht genau 80 Mio. Euro Umsatz durch den Kinofilm, der ja Gegenstand der Untersuchung ist. Von den Produktionskosten her betrachtet, nennt das Österreichische Filminstitut folgende Zahlen: 2010 wurden 36 Spielfilme mit Mediankosten von 1,310 Mio. und 48 Dokumentarfilme mit Mediankosten von 0,160 Mio. Euro gefördert, woraus eine Summe von rund 55 Mio. Euro resultiert. Wenn wir die Gesamtfördersumme um die Fernsehfilm-Förderung und die Verwertungs-Förderung bereinigen, standen rund 53 Mio. Euro an Fördermittel den 55 Mio. Produktionskosten gegenüber.114 Rechnet man die geforderten Mindest-Eigenmittel von 5 % der Produktionskosten dazu, ergibt sich aus dieser Berechnung eine Gesamt-Förderung von beinahe 95 % der Produktionskosten. Einfach formuliert: Österreichische Kinofilm-Produktionen sind im Rahmen der vorlaufenden Finanzplanung so gut wie immer öffentlich ausfinanziert! Das unternehmerische Risiko des/der Filmproduzentin liegt erstens in der Überschreitung des geplanten Produktions-Budgets, welches allerdings bei Filmproduktionen nicht unerheblich sind. Das beginnt bei der Teamfähigkeit der Filmcrew, Witterungseinflüssen, Ausfall von Drehtagen wegen einer Absenz von DarstellerInnen uam. Die zweite unternehmerische Risiko des/der Produzentin ist es, die eingesetzten 114 Österreichisches Filminstitut, Filmwirtschaftsbericht 2010, S. 64ff. 91 Eigenmittel von (zumindest) 5% zu verdienen. Wenn wir uns in diesem Zusammenhang die Frage nach den betriebswirtschaftlichen Zwängen des/der Produzentin in Zusammenhang mit der aktuellen Förderpolitik des Österreichischen Filminstituts stellen, so sieht der Verfasser seine Hypothese über das „Primat des wirtschaftlichen Erfolges“ erneut bestätigt. Gehen wir erneut von den im Filmwirtschaftsbericht genannten MedianProduktionskosten von 1,310 Mio. Euro aus, woraus ein idealtypischer Split von rund 5 Prozent, das sind rund 66.000 Euro Eigenmittel, resultiert. Stellen wir nun diesem Investment seine Erlöse gegenüber und ermitteln so den betriebswirtschaftlichen break-even-Punkt. Dem Filmwirtschaftsbericht 2010115 ist zu entnehmen, das sich der durchschnittliche Preis einer Kinokarte in diesem Jahr auf 7,53 Euro belief. Der Verteilschlüssel dieses Betrages beträgt in der Regel 50% für den Kinobetrieb, 25% für das Verleihunternehmen und 25% für den/die Produzentin. Somit ergibt sich ein Ertag von 1,88 Euro pro zahlenden Besucher für den/die Produzentin. Wenn wir nun das Investment von 66.000 Euro Eigenmittel und den Return von 1,88 pro Besucher dividieren, ergibt sich die Mindestbesucherzahl, wo für das Produktionsunternehmen die theoretische Gewinnzone erst beginnt! Und dies unter der sehr optimistischen Annahme, dass das eingereichte Produktionsbudget strikt eingehalten wurde. Theoretisch hätte der/die Produzentin die ökonomische Option eines Auslandsverkaufs seiner Rechte, was aber den seltenen Ausnahmefall – zumeist bei Ko-Produktionen – und nicht die Regel darstellt. Somit stellt der Anteil der Kartenverkäufe die dominante Einnahmequelle dar. Die sich daraus ergebende Mindest-Besucherzahl liegt unter den obigen Parametern bei rund 35.000 zahlenden Besuchern! Was bedeutet diese Erkenntnis für das aktuelle Fördermodell des Österreichischen Filminstituts, welches die Junktimierung von Besucherzahl und Festivalerfolge aufgehoben hat? Dieser Paradigmenwechsel gegenüber der Ursprungsversion von 1987 „emanzipierte“ den künstlerischen Erfolg samt der überschätzten Wirkung von internationalen Festivalpreisen gegenüber dem wenig glamourösen wirtschaftlichen 115 Ebd., S. 30. 92 Erfolg und eröffnete so ex lege die Akzeptanz für einen gleichzeitigen Misserfolg bei den Besucherzahlen. Vergleichen wir noch die Wertigkeit der Referenzpunkte und nehmen dazu die niedrigste Kategorie der Festivalförderung: 30.000 Referenzpunkte für die Teilnahme (!) und auch einer „Out of Competition“ an den Festivals Berlin, Cannes, European Film Award, Rotterdam oder Venedig. Um die gleiche Punktezahl über die Besucherzahl zu erreichen, benötigt der gegenständliche Film (bei 20 Kopien) extrapoliert mehr als 34.000 zahlende Besucher! (Anmerkung des Verfassers: die Referenzfilm-Förderung beginnt bei 40.000 Punkten und 300.000 Euro). Die Problematik der österreichischen Filmförderung liegt aber auch in der fehlenden Abgrenzung zwischen zwei Rechtsnormen: dem Kunstförderungsgesetz aus 1988 und dem gegenwärtigen Filmförderungsgesetz. Das Kunstförderungsgesetz setzt auf künstlerische Qualität und exkludiert betriebswirtschaftliche Zwänge im §4 (2): „Eine Förderung darf nur erfolgen, wenn das Vorhaben (Projekt) ohne sie nicht oder nicht zur Gänze in Angriff genommen oder durchgeführt werden kann und bei Gewährung der Förderung finanziell gesichert ist. Nach Maßgabe seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hat der Förderungswerber eine finanzielle oder sachliche Eigenleistung zu erbringen. Ist dem Förderungswerber eine Eigenleistung wirtschaftlich nicht zumutbar, kann davon abgesehen werden.“116 Die Forderung nach 5% an Eigenmittel (Barmittel) im §6 lit. b. der aktuellen Förderrichtlinien setzt also den/die Filmproduzentin des gegenständlichen Spielfilmes de facto unter wirtschaftlichen Erfolgsdruck, der im Kunstförderungsgesetz heraus genommen wurde. Wie im Kapitel 4.5. Abschnitt c. bereits dargelegt wurde, lagen rund 50% der geförderten Filme unter der Besucherzahl von 40.000 und waren isoliert betrachtet betriebswirtschaftlich nicht profitabel. 116 Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Bundesgesetz vom 25. Feber 1988 über die Förderung der Kunst aus Bundesmitteln (Kunstförderungsgesetz), in: http://www.bmukk.gv.at/kunst/recht/kfg.xml, Stand 20.4.2013. 93 Den zur publizierten Dokumenten des Österreichischen Filminstituts ist nicht zu entnehmen, welche Annnahmen in den eingereichten Planungs-Dokumenten hinsichtlich der erwarteten Besucherzahlen getroffen wurden und ob Förderungen gewährt wurden, wiewohl kein ausreichender wirtschaftlicher Erfolg ausgewiesen wurde. Falls doch, dann handelte es sich um eine evidente Fehleinschätzung des Marktpotentials für das gewählte Sujet. Um das oben angerissene Denkmodell über die konsequente Trennung von „künstlerisch/ökonomischer Filmindustrie“ und „künstlerischer Spielfilm“ abzuschliessen, erscheint eine Förderung von Projekten mit den Antrags-Parametern „mehrfache Festivalteilnahme/geringe Besucherzahl“ durch die Anwendung des Kunstförderungsgesetz effizienter als diesen Film mit einem möglicherweise existenzbedrohenden, unternehmerischen Verlust zu realisieren. 94 8. Zusammenfassung und kritische Würdigung Dieses Kapitel ist nun der Abschnitt dieser Arbeit, wo Antworten auf die Forschungsfragen gegeben werden und die Erkenntnisse der einzelnen Kapitel in aggregierter Form zusammengeführt werden. Die Forschungsfragen betrafen die folgenden Themenkomplexe: 1. Ziele, Strategien, Struktur und deren Veränderungen o Welche Strategien wählte der Österreichische Filmförderungsfonds 1981, um die Position der österreichischen Filmindustrie im internationalen Umfeld nachhaltig zu stärken? Im Filmförderungsgesetz 1980 existierte zuerst eine Projektförderung, die 1986 mit einer Referenzfilm-Förderung erweitert wurde. Dieses Modell basierte auf dem ökonomischen Erfolg des Kinofilms anhand der Besucherzahl, wobei ein „Akzelerator“ eines Erfolges bei einem bedeutenden Filmfestival den künstlerischen Erfolg belohnte. In jedem Fall aber musste die Mindestzahl von 40.000 Besuchern in der Film-Sperrfrist erreicht werden, um in diesem Modell eine (automatische) Förderung zu erhalten. o Welche organisatorische Entscheidungsstruktur und Evaluationsmodelle der Förderansuchen wählte der Österreichische Filmförderungsfonds/das Österreichische Filminstitut? Der Österreichische Filmförderungsfonds/ das Österreichische Filminstitut wählte die Form eines Expertengremiums unter Einbeziehung des/der LeiterIn des Fonds/Instituts. Diese Form hat gegenüber dem Intendantenmodell zwei Vorteile: Interventionen seitens Produzenten werden massiv erschwert und Teamentscheidungen sind in der Regel qualitativ besser als Einzelentscheidungen; darüber hinaus sind sie besser argumentierbar. o Welche Änderungen erfolgten im Betrachtungszeitraum Organisationsstruktur und dem Evaluationsmodell und weshalb? bei der Die Struktur des Österreichische Filmförderungsfonds/Österreichischen Film-instituts wurde wohl adaptiert, ist aber in seiner Grundkonzeption gleich geblieben. Der gravierende Unterschied in der Förderpolitik war 2004 die Entkoppelung des ökonomischen und künstlerischen Erfolges in zwei unabhängige Erfolgsskalierungen. Ab diesem Zeitpunkt konnten künstlerisch erfolgreiche Filme (Parameter JuryPrämierungen) auch bei marginalen inländischen Besucherzahlen ReferenzfilmFörderungen lukrieren. Wie im entsprechenden Kapitel ausgeführt, wurden aus diesem 95 Titel rund 2 Mio. Euro gefördert, wo die entsprechende Besucher-Resonanz ausgeblieben war. 2. Der Leverage-Effekt der Förderung o Ist eine trendmäßige Änderung in den ökonomischen bzw. in den künstlerischen Parametern nach 2004 feststellbar? Die Verdreifachung der Zahl internationaler Festivalpreise zeigt klar den stark gestiegenen künstlerischen Erfolg und somit Anerkennung auf internationaler Ebene. Keinen „Return on Investment“ hat die Erhöhung des Fördervolumens und die forcierte Referenzfilm-Förderung auf die inländischen Besucherzahlen von österreichischen Filmproduktionen, also den wirtschaftlichen Erfolg, wobei das oft strapazierte Argument der substitutiven Wirkung durch konkurrierende elektronische Medien wegen der Sperrfristen von geförderten Kinofilme nicht zutrifft. 3. Das (budget-)politische Umfeld o Welche Auswirkungen hatten wechselnde Budgetansätze der jeweiligen Bundesregierungen? In welchen Regierungsperioden wurde die österreichische Filmförderung gestärkt bzw. geschwächt? In der Zeit zwischen 2000 und 2006 postulierten die Regierungsparteien die Notwendigkeit von verstärkter privatwirtschaftlicher Finanzierung im Kulturbereich. Zum Teil wurde das mit dem Budgetdruck des Staates begründet. Zusätzlich wurde politisch argumentiert, die Künstler vor staatlicher Abhängigkeit zu schützen, womit der Gedanke einer staatlichen Kernaufgabe durch Förderung von Kunst und Kultur in den Hintergrund geraten war; Film und elektronische Medien wurden mit dieser politischen Position in ein neoliberales, wirtschaftliches Umfeld rücktransferiert. Eine vom damaligen Finanzminister Grasser verfolgte Strategie erschöpfte sich im Wesentlichen in einer unreflektierten, kurzfristigen Kürzungspolitik: also dem Ausräumen von Rückstellungen und Fördertöpfen, Ausgliederungen von Verlustbringern (ÖBB, ASFINAG uam.), Erhöhungen von Abgaben. Sinnvolle, längerfristige Strukturveränderungen waren nicht Teil dieser Strategie, welche überwiegend auf dem Schlagwort „Nulldefizit“ und „politisch gut verkaufbaren“ Themen aufbaute. Für das Kulturbudget, notabene die Filmförderung, bedeutete eine lineare Reduktion der Subventionen in Höhe von 15% eine starke Disparität zwischen der Anzahl bereits entwickelter und zugesagter Projekte und dem verfügbaren Budget. „Neben der Förderung kultureller Partizipation und einer Vielzahl anderer spartenspezifischer Vorhaben wird die Bundesregierung einen Schwerpunkt zur Stärkung des Medien- und Filmstandorts Österreich setzen.“ (Regierungserklärung 96 Alfred Gusenbauer am 16. Jänner 2007). Einzig die Regierungserklärung 2007 fand auch den entsprechenden Niederschlag in der budgetären Ausstattung des Filminstituts: allerdings relativiert durch den Umstand, dass diese signifikante Steigerung das Fördervolumen des Filminstituts auf das Niveau von 1999 zurückbrachte. Auch im Regierungsprogramm 2008-2013 der Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP im Kabinett Faymann finden wir entsprechende Passi hinsichtlich der Medienförderung, einerseits die Absichtserklärung zur Aufstockung des Fernsehfilmförderungsfonds auf 15 Mio. Euro als auch die Erhöhung der Filmförderung des Österreichischen Filminstituts auf 20 Mio. Euro: „Die Bundesregierung möchte den Stellenwert der audiovisuellen Medien entsprechend ihrer kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung weiter ausbauen und die österreichische Filmwirtschaft stärken. Angestrebt wird die Anhebung des Bundesbeitrags für das österreichische Filminstitut auf 20 Mio. EUR und eine Steigerung für die Förderung des Nachwuchsfilms.“ 4. Bund, Länder, ORF, RTF o Gab es in der gesamtösterreichischen Förderungsverteilung signifikante Verschiebungen im Fördervolumen zwischen diesen Körperschaften bzw. Rechtsträger? Generell kann von einem aufsteigenden Trend in den letzten Jahren gesprochen werden. In der sog. LIKUS Statistik des Bundes stieg der Anteil der Klasse „Film, Kino, Video“ an den Kulturausgaben des Bundes von 1,9% (2000) auf 2,8% (2010). Ebenso wuchs der Anteil des ORF am Film/Fernseh-Abkommen von anfänglich ca. 6 Mio. (2004) ab 2010 auf 8,0 Mio. Bei der Filmförderung der Bundesländer existieren in Wien, Niederösterreich und Steiermark entsprechende finanzielle Volumina > 2 Mio. Euro, wobei die Förderung ausserhalb von Wien regionalpolitisch überwiegend nach tourismusfördernden und beschäftigungspolitischen Schwerpunkten vergeben wurden. Die Forderung nach künstlerischen Inhalten ist in den Förderrichtlinien nur marginal vertreten. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Österreichische Filmförderung die künstlerische Komponente der österreichischen Filmindustrie in den letzten Jahren sehr erfolgreich entwickelt hat. Es wäre trotzdem für dieses ökonomisch sehr fragile Segment hilfreich, den ökonomischen Erfolg einer Produktion wieder verstärkt einzufordern, denn schliesslich sprechen wir von „der Filmindustrie“, wo am Ende der finanzielle Erfolg die Nachhaltigkeit sicherstellt. Es kann nicht die Aufgabe der Filmförderung sein, die 97 ausbleibende Nachfrage des Konsumentenmarktes zu negieren und Sujets fördern, die nur einen überschaubaren Kreis von Jurymitgliedern und Cineasten begeistern. Hier wäre nach Ansicht des Verfassers Handlungs- und Novellierungsbedarf gegeben. 98 9. Literaturverzeichnis Ernst, Gustav, Schedl, Gerhard (Hrsg.), Nahaufnahme – zur Situation des österreichischen Kinofilms, Europaverlag Wien, 1995. Gordon, Michael, Kosten und Nutzen wirtschaftlicher Filmförderung, Verlag für BerlinBrandenburg, Potsdam, 1998. Hasenöhrl, Martin, Vom Realismus zur Realitätsversuchsanordnung, Realitätskonzeptionen im Neuen Österreichischen Film, Dipl. Arb., GRIN Verlag, 2004. 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Zappe, Werner, Förderung des österreichischen Kinofilms, Präsentation Donauuniversität Krems 2010, in: http://www.filmsupport.at/download_Seiten/download/OeFI_presentation_22042010 .pdf, Stand 19.8.2012. 104 10. Curriculum Vitae MMag. Josef Villa, BA MA 2012 Abschluss des Studiums Politikwissenschaft und Graduierung zum Master of Arts 2012 Beginn Doktoratsstudium Geschichte Titel der Dissertationsarbeit: Ökonomische und politische Krisenstrategien in Österreich, den Vereinigten Staaten von Amerika und Deutschland zwischen 1931 und 1938 - Konvergenzen und Divergenzen 2011 Abschluss des Studiums Globalgeschichte und Graduierung zum Magister der Philosophie 2010 Beginn des Master-Studiums Politikwissenschaft Titel der Master-Arbeit: Das KZ Loibl Nord in der Kärntner Erinnerungskultur Beginn des Magister-Studiums Publizistik- und Kommunikationswissenschaften Titel der Magisterarbeit: Die österreichische Filmförderung 1981-2010 2009 Abschluss des Studiums Politikwissenschaft und Graduierung zum Bachelor of Arts 2007 Beginn des Bachelor-Studiums Politikwissenschaft Titel der Bachelor-Arbeit: Die Dritte Demokratisierungswelle. Demokratische Transformationsprozesse am Beispiel von Spanien und Griechenland 1974-1982 2007 Beginn des Magister-Studiums Globalgeschichte 1975- Karriere in mehreren IT-Konzernen, diverse Management- und Vorstandspositionen 1975 Abschluss des Studiums Handelswissenschaft und Graduierung zum Magister der Wirtschaftswissenschaften 1970 Beginn Studium Handelswissenschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien 1969 Maturaabschluss am BRG 1140, Astgasse 1951 Geboren in Wien 105 11. Abstract Die österreichische Filmförderung ist eine historisch „junge“ Institution mit klarem Bezug auf das Medium „Film“, welche ab 1981 Strategien und passende Metriken entwickeln musste, um einen effiziente Förderrahmen zu schaffen, der sowohl die künstlerische und ökonomische Entwicklung der österreichischen Filmproduktion durch Beratung, Vermarktung und finanzielle Mittel unterstützt. Der Nachteil der österreichischen Filmschaffenden im europäischen Umfeld lag in der Struktur der österreichischen Filmwirtschaft, nämlich in der Existenz von vielen kleinen, unterkapitalisierten Unternehmen – diese wohl mit hohem Kreativitätspotential – und dem zu Folge der Mangel an österreichischen „big player“ in der europäischen Filmindustrie. Diese Magisterarbeit beschreibt und untersucht die Entwicklung der österreichischen Filmförderung ab 1981, also dem Jahr, wo der Österreichische Filmförderungsfonds (heute Österreichisches Filminstitut) als zentraler Impulsgeber für die österreichische Filmwirtschaft gegründet wurde. Diese Institution wurde als juristische Person des öffentlichen Rechts konstituiert und seine bundesweite Förderungstätigkeit basierte auf dem Filmförderungsgesetz vom November 1980 und den nachfolgenden Novellierungen. Neben dem Österreichischen Filminstitut existieren Institute der Länder zur Filmförderungen und darüber hinaus ein Film/Fernseh-Abkommen mit dem ORF. Diese gesamthafte Analyse evaluiert alle 17 Filmförderungs-Institutionen des Bundes und der Länder in Hinblick auf ihre gesetzlichen Rahmenbedingungen, auch jene der EU, ihre Entscheidungsstrukturen – also der jeweilige institutionelle Aufbau ihrer Gremien – des Weiteren ihre Förderstrategien und daraus abgeleiteten Evaluierungsmodelle, ihre relevanten Wirkungsanalysen sowie Prüfungsempfehlungen (Rechnungshof oder begleitende Kontrolle) und den daraus resultierende Novellierungen und Adaptierungen. Eine neue, wichtige Funktion in der österreichischen Filmförderung wurde mit der Gründung des Österreichischen Filmförderungsfonds geschaffen: die Beratung für kreative Filmschaffende in Hinblick auf die Betriebswirtschaft der Filmproduktion: 106 Standardisierung bei Projektkalkulationen, Orientierung durch Kennzahlen und Benchmarks, Beratung bei komplexen Förderungskonstellationen. Zusammenfassend bilden also die Themenfelder der Entwicklung, die gesetzlichen Aufträge und das politische Umfeld, die gesamthafte Struktur der Filmförderung (natürlich mit Schwerpunkt auf das Österreichische Filminstitut) und deren Effekte als Ableitung statistischer Erfolgsparameter den Umfang dieser Arbeit. Ergänzt wird diese Arbeit mit einer dynamischen Analyse der Veränderungen in Hinblick auf Strategiewechsel, Aufgabenerweiterung oder Reduktion, und Brüche in den ökonomischen oder künstlerischen Evaluationsmodellen für die Förderungen. 107 12. Anhänge Anhang 1. Filmförderung und Filmfinanzierung aus öffentlichen Mitteln 1981 bis 2010117 117 Statistik Austria, Kulturstatistik 2010, S. 137. in: https://www.statistik.at/web_de/suchergebnisse/index.html, Stand 25.10.2012. 108 Anhang 2. Parlamentarische Budgetdebatte 2009, Absätze aus Beiträgen mit Bezug zur Film- und Fernsehförderung Silvia Fuhrmann, (Seite 193) Hier ist natürlich die Frage, ob es mit den Museen abgesprochen wurde, dass von den 8,5 Millionen 3 Millionen für Gratiseintritte verwendet werden. Ich denke nämlich, dass die Kostenrückerstattung so, wie sie auch im Regierungsprogramm festgehalten ist, nicht dazu dienen soll, dass die Basisabgeltung aufgefressen wird. Aber das alles sind Punkte, die wir nächste Woche im entsprechenden Kapitel diskutieren werden. Dasselbe gilt auch für die Absicherung der Filmwirtschaft in Österreich – auch hier gibt es viel zu tun. Die Ministerin hat angekündigt, dass sie mit Staatssekretär Ostermayer – schade, er ist jetzt nicht mehr da, am Vormittag hätte ich ihn gerne dazu befragt – Gespräche führen wird. Sie hat angekündigt, dass es ihr Ziel ist, das Film/Fernseh-Abkommen im Gesetz zu verankern. Wir werden sie dabei unterstützen. Ich hoffe, dass sie sich bei ihrem Staatssekretär durchsetzen kann. Peter Wittmann, SPÖ (Seite 251f) Ganz besonders freut es mich, dass im Medienbereich einiges geschehen ist und dass bei den Obersten Organen auch die Medien beinhaltet sind. Da freut mich ganz besonders, dass das Film/Fernseh-Abkommen von 7,5 Millionen € auf 13,5 Millionen € erhöht wurde. Das ist die Chance, den heimischen Film weiterhin zu fördern. Wir sehen ja in den letzten Monaten, wie erfolgreich die heimischen Filmschaffenden sind: einerseits mit einem „Oscar“ und jetzt mit einer „Goldenen Palme“ in Cannes ausgezeichnet, wobei man dazusagen muss, dass Haneke – der im Übrigen ein Wiener Neustädter ist (Oh-Rufe und Beifall bei der SPÖ) – nicht den ersten Preis bei diesen Filmfestspielen gewonnen hat, sondern schon mehrere Preise gewonnen hat und letztendlich jetzt den Hauptpreis gewonnen hat. Es war dies ein Film, der durch das Film/Fernseh-Abkommen gefördert wurde, sodass man sieht, dass das Geld gut angelegt ist und dass das eine Visitenkarte nach außen ist. (Abg. Brosz: Und die Kritik, dass es zu wenig ist, hört niemand!) 109 Ich bin froh darüber, dass das von 7,5 Millionen € auf 13,5 Millionen € erhöht wird. Ich glaube, das ist herzeigbar, das sind mehr als 40 Prozent Erhöhung. Das gibt es – wie ich glaube – in keinem anderen Bereich. Karlheinz Kopf, ÖVP (Seite 254f) Kollege Wittmann hat schon auf einen Punkt hingewiesen, nämlich auf die Fernsehfilmförderung. – Wir haben es geschafft, in diesem Budget den Fernsehfilmförderungsfonds immerhin um 6 Millionen € aufzustocken, was von der einschlägigen Branche absolut positiv kommentiert und beurteilt wurde. Wir stocken den Fonds von 7,5 Millionen €, wie er bisher dotiert war, auf 13,5 Millionen € auf und stärken damit die Produzentenlandschaft und auch die Möglichkeit internationaler Koproduktionen, denn eines muss uns klar sein: Film ist – nicht nur, aber sehr wohl – ein wichtiges Kulturgut, aber auch ein Wirtschaftsgut. Film ist ein nicht unbedeutender Wirtschaftszweig, hat etwa 2.300 Unternehmen in seinen Reihen, ist sehr beschäftigungsintensiv – es sind etwa 2.500 Menschen direkt und weitere 2.500 indirekt beschäftigt – und ist eine Wachstumsbranche. Er hat seinen Marktanteil in der letzten Zeit verdreifachen können, und er hat eine breite Wertschöpfung. Von den Zulieferern bis hin zum Tourismus ist das inzwischen eine sehr ernst zu nehmende Branche geworden. Also Film ist ein ernst zu nehmendes Wirtschaftsthema. Die österreichische Filmwirtschaft – auch das ist schon angesprochen worden – ist auch höchst erfolgreich. Ruzowitzky, Haneke sind bereits genannt worden. Das, meine Damen und Herren, heißt: Filmförderung ist auch eine Investition in einen ernst zu nehmenden Kultur- und Wirtschaftsbereich. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) In diesem Zusammenhang auch ein ernstes Wort an die Verantwortlichen im ORF: Wir erhöhen die Fernsehfilmförderung nicht, damit der ORF gleichzeitig seine Ausgaben für die Eigenproduktionen kürzen kann, wie das in den letzten Jahren bereits geschehen ist und wie sich das in den Budgets der nächsten Jahre zusätzlich noch abzeichnet. Das war nicht die Intention dieser Budgeterhöhung. (Beifall bei der ÖVP.) 110 Zweitens: Auch die Förderung des Kinofilms mit finanziellen Mitteln gehört zu den Aufgaben des ORF. Das heißt, die angedachte oder bereits avisierte Kündigung des Film/Fernseh-Abkommens ist genau das Gegenteil von dem, was wir brauchen. Das wäre eine gröbliche Vernachlässigung des öffentlich-rechtlichen Auftrages des ORF. (Beifall bei der ÖVP.) Meine Damen und Herren! Film ist ein besonderes Kulturgut, freie private Medien sind ein besonderes Merkmal einer pluralistischen Medienlandschaft in einer freien Gesellschaft. Sie verdienen daher unsere besondere Aufmerksamkeit, und zwar genauso ideell wie materiell, und deshalb ist dieses Budget auch ein klares und deutliches Signal an die Medienlandschaft, genauso wie an die Kulturschaffenden, insbesondere in der Filmbranche. (Beifall bei der ÖVP.) Josef Ostermayer, SPÖ (Seite 260f) Außerdem wurde, wie schon angesprochen, die Fernsehfilmförderung um 6 Millionen € aufgestockt. Jetzt kann man sagen, dass 6 Millionen € nicht so viel sind. Es wurde auch öffentlich diskutiert, dass die Deutschen gerade eine Förderung von 60 Millionen € schaffen. Wenn man sich aber überlegt, dass das Verhältnis der Volkswirtschaften von Österreich und Deutschland 1 : 10 beträgt, dann sind wir mit dieser Aufstockung um 6 Millionen € genau bei dem Anteil, den die Deutschen gerade festgelegt haben. Es ist ein schöner Zufall, dass daneben auch noch österreichische Filmschaffende große Preise bekommen wie zum Beispiel Michael Haneke oder Stefan Ruzowitzky. Götz Spielmann hat es immerhin geschafft, mit dem Film „Revanche“ unter die letzten fünf bei der heurigen Oscar-Verleihung zu kommen, aber da gäbe es noch viele Namen von Filmschaffenden zu erwähnen, die in letzter Zeit sehr erfolgreich waren. Zu einer Frage, die Herr Abgeordneter Kopf angeschnitten hat – nämlich, dass nicht im gleichen Atemzug der ORF das Film/Fernseh-Abkommen aufkündigen kann –, möchte ich nur ein paar Anmerkungen machen: Am 2. April hat der Stiftungsrat des ORF beschlossen, dass der ORF bis zum Jahre 2010 ausgeglichen zu bilanzieren hat. Das ist natürlich, wenn man sich einerseits anschaut, wie die Entwicklung in den letzten Jahren war, und andererseits, wie die wirtschaftliche Entwicklung derzeit ist – die 111 natürlich alle Medien: Printmedien, private Rundfunkveranstalter und genau so den ORF trifft –, ein sehr großes Unterfangen und eine sehr große Aufgabe, die der Stiftungsrat der Geschäftsführung aufgetragen hat. Wenn wir dann der Meinung sind, dass es bestimmte Bereiche gibt, die wir zusätzlich – über den Rahmen der gesetzlichen Aufgabe hinaus – gefördert haben wollen, dann sollten wir das tun, was der Bundeskanzler und der Vizekanzler Ende März gesagt haben, nämlich über eine Teilrefundierung der ORF-Gebühren reden, die durch Gebührenbefreiungen fehlen. Jetzt diese Zurufe zu machen, das halte ich nicht für gut. Dass es insgesamt ein Bekenntnis gibt, den österreichischen Film – nicht nur, weil er jetzt erfolgreich ist, sondern damit er auch in Zukunft erfolgreich bleibt – zu fördern, damit auch in Zukunft entsprechende Mittel zur Verfügung stehen, um auch den – wie Herr Klubobmann Kopf gesagt hat – wirtschaftlichen Aspekt der Filmwirtschaft zu stützen, da bin ich voll dabei. Das war ja auch der Grund dafür, warum wir – sowohl bei den Regierungsverhandlungen, als auch jetzt beim Budget – abbilden konnten, dass wir den österreichischen Film unterstützen wollen, und daher die Fernsehfilmförderung von 7,5 auf 13,5 Millionen € aufgestockt haben. Wolfgang Zinggl, Grüne (Seite 289ff) Jetzt komme ich zum Beginn dieser Debatte, wo Klubobmann Kopf genauso wie Herr Abgeordneter Wittmann und Herr Staatssekretär Ostermayer zum Film lobende Worte gefunden haben, wie etwa „besonderes Kulturgut“ oder „ernst zu nehmender Wirtschaftsbereich“. Herr Abgeordneter Kopf hat auch gemeint, dies sei eine wichtige Wirtschaftswachstumsbranche und ein Wertschöpfungsfaktor. Weiters ist natürlich das Lob im Zusammenhang mit dem Kinofilm von Haneke gekommen; Ruzowitzky und Spielmann wurden erwähnt. Meine Damen und Herren, es handelt sich hierbei um den Kinofilm, und der Kinofilm bekommt in diesem Jahr keine Förderung im Budget; das muss ausdrücklich erwähnt werden, und es ist auch sehr schade. Es wird genau denjenigen das Geld nicht gegeben, die es bräuchten und die bewiesen haben, dass sie sehr gut damit umgehen können. 112 Erhöht wird die Förderung für den Fernsehfilm, und zwar um 6 Millionen €, aber das sind nicht dieselben Leute. Da muss man schon dazusagen, dass die einzige Brücke zwischen Kinofilm und Fernsehfilm, das Film/Fernseh-Abkommen, vor der Kündigung im ORF steht – Herr Abgeordneter Kopf hat das ja auch erwähnt und der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass dem nicht so sein wird –, aber vonseiten des Staatssekretärs habe ich dazu keine definitive Aussage gehört. Der Staatssekretär hat lediglich gesagt, dass der ORF autonom wirtschaften muss, dass der ORF sich selbst eine ausgeglichene Bilanz für das Jahr 2010 vorgeschrieben hat und dass er das gut findet und dass eventuell noch eine Lockerung der Werbebeschränkungen per Gesetz sozusagen als Hilfestellung kommen sollte. Das wiederum hat Klubobmann Kopf gar nicht so gesehen. Es heißt, es gibt diesbezüglich keine wirkliche Einigung. Anstelle einer vollen Entgeltung der Rundfunkgebühren an den ORF wird da über eine Lockerung der Werbebeschränkungen diskutiert, und zwar offensichtlich oder möglicherweise auf Kosten des Film/FernsehAbkommens. Silvia Fuhrmann, ÖVP (Seite 646f) Diesbezüglich ist die Erhöhung der ÖFI-Mittel positiv zu erwähnen. Sichergestellt gehört aber auch, dass der Österreichische Rundfunk als Auftraggeber für die österreichische Filmwirtschaft erhalten bleibt. Der ORF selbst hat angekündigt oder sogar angedroht, dieses Abkommen zu brechen. Ich begrüße es sehr, Frau Bundesminister, dass Sie selbst in Gesprächen mit Staatssekretär Ostermayer gesagt haben, dazu zu stehen. Ihr Ansinnen, das Fernsehfilmabkommen gesetzlich zu verankern, findet unsere Unterstützung, weil wir glauben, dass es eine richtige und wichtige Maßnahme ist. Darüber hinaus möchte ich noch eines erwähnen, weil ich im Rahmen der Berlinale auch mit dem deutschen Bundesminister darüber diskutieren konnte. Wir in Österreich müssen uns schon auch überlegen, ob wir nicht zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten, was den österreichischen Film betrifft, in Angriff nehmen sollen, was bedeutet, Anreizmodelle zu schaffen, um auch ausländische Produktionsfirmen dazu zu motivieren, in Österreich zu drehen. 113 Da gibt es ein Modell in Deutschland, das wir uns näher anschauen sollten, ein Fondsmodell, ein Rabattmodell. Wir werden die Gelegenheit haben – die ÖVP wird mit dem Klubobmann vertreten sein –, am 2. Juni an einer Veranstaltung, die von den Filmproduzenten selbst organisiert worden ist, teilzunehmen, wo es darum geht, Filmwirtschaft, Filmproduktionen auch als Standortfaktor für Österreich zu sehen. Und das gilt es aus meiner Sicht zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.) Wolfgang Zinggl, Grüne, (Seite 649f) Meine Damen und Herren, nun zu den Kulturmaßnahmen, die immer wieder als Wirtschaftsfaktor bezeichnet werden. Ich kann mich erinnern, dass in den Budgetdebatten Sie, Herr Klubobmann Kopf, wiederholt darauf hingewiesen haben, dass die Filmwirtschaft ein Motor ist, dass die Kultur ein Motor ist und dass der Film eine Wachstumsbranche wäre. Wir wissen auch, dass im Regierungsübereinkommen steht, dass der Film 20 Millionen € bekommen soll. Davon ist im Moment überhaupt nicht die Rede. In diesem Jahr gibt es überhaupt keine Erhöhung, im nächsten Jahr gibt es nur eine Erhöhung um eine Million. Auf eine diesbezügliche Anfrage wird aus dem Ministerium verlautbart, dass das angestrebte Ziel von 20 Millionen € jedenfalls noch in dieser Periode erreicht werden soll. Sie nicken, Herr Kollege Kopf, aber ich frage mich: Was ist das für eine eigenartige Investition zur Zeit der Rezession, wenn man diese Investition auf die Zeit nach der Rezession verschiebt? Jetzt müsste man investieren, jetzt müsste in den Film investiert werden, insbesondere in den Kinofilm, und da geschieht zu wenig. Das restliche Geld, das jetzt noch auf dem Konto des ÖFI, also des Österreichischen Filminstituts ist, das sind 58 000 €. Das heißt, da kann man eigentlich überhaupt nichts mehr drehen. Dazu kommt noch, dass jetzt mit zunehmender Anhebung des Status immer mehr zu Stars in der Filmbranche geworden sind, zu Etablierten, und die haben daher sozusagen fast ein Anrecht auf Förderung. Das heißt, die brauchen eigentlich keine Angst zu haben, dass sie nicht gefördert werden. Aber was ist mit den Nachkommenden? Wenn die Etablierten gefördert werden, dann bekommen die Nachkommenden offensichtlich nichts. Daher wäre eine Förderung jetzt angebracht. 114 Meine Damen und Herren, ich darf noch etwas erwähnen, was Sie vielleicht nicht wissen. Im letzten Halbjahr, also im Wintersemester von 2008 auf 2009, waren 80 Prozent der Filmschaffenden arbeitslos. Im Sozialbericht, den Sie ja veröffentlicht haben, Frau Ministerin, ist die Lage der Filmschaffenden als katastrophal bezeichnet. Ich glaube, dass genau in der Branche, in der wir so groß punkten, ganz dringend ein Bedarf da wäre, noch mehr reinzubuttern als bisher. (Beifall bei den Grünen.) Das ist für mich auch eine Form der Kulturpolitik, wie sie offensichtlich nicht betrieben und auch nicht verstanden wird. Der Film ist einfach das Medium der jungen Menschen heute, und daher hat die Kulturpolitik auch die Aufgabe, das zu erkennen und Verschiebungen vorzunehmen, das heißt, die traditionellen Formen von Kunst und Kultur vielleicht, wenn das Budget schon gleich bleibt, ein wenig zu reduzieren und dafür die Medien, die gang und gäbe sind und beliebt sind, zu stärken. Aber da gibt es offensichtlich kein vernünftiges Einsehen in diese Richtung, und es gibt auch keine Verschiebung in der von uns lange geforderten Überlegung, dass immer nur die Etablierten in der Kunst gefördert werden, während alle Randbereiche, diese vielen Initiativen, diese kleinen, schnellen, beweglichen Boote schauen müssen, wo sie bleiben. Heidemarie Unterreiner, FPÖ (Seite 653ff) Sehr geehrte Damen und Herren, damit werden weiterhin, nach dem Oscar-prämierten Film „Die Fälscher“, mit der Abarbeitung des Nationalsozialismus Preise gewonnen. Auch der ursprünglich aus Österreich kommende brillante Schauspieler Christoph Waltz hat erst nach Jahrzehnten, in denen er Nebenrollen spielen durfte, mit der Hauptrolle eines SS-Schurken in Cannes den Schauspielerpreis gewonnen und darf ab jetzt Hollywoodkarriere machen. Sehr geehrte Damen und Herren, kein Zweifel, mit diesen Themen gewinnt man internationale Preise – das ist auch gut so –, aber – und jetzt kommt das große aber – man gewinnt nicht die Gunst des Publikums; dazu habe ich die Zahlen und die Beweise. Der jüngste Filmwirtschaftsbericht aus dem Jahr 2007 beweist das. Bei einem Marktanteil von 1,9 Prozent liegen im europäischen Vergleich nur noch Luxemburg, Polen und Bulgarien hinter Österreich. 115 Frau Ministerin – wir haben ja über diese Sache schon ein paar Mal gesprochen –, in dieser Hinsicht müssten schon längst alle Alarmglocken läuten, denn die Besucherzahlen sind wirklich beschämend. Bei den 37 im Jahr 2007 aufgeführten Filmen fanden es nur 295 000 Besucher wert, sich diese Filme im Kino anzuschauen. Stellen Sie sich das einmal vor! Sie hätten schon längst etwas tun müssen. 295 000 Zuschauer in einem Jahr! Wenn ich mit unserem Nachbarland Deutschland vergleiche (Abg. Rädler: Das ist ja größer!) – dort hat man die Förderungen geändert –, muss ich sagen, dort schaut das viel, viel besser aus, die können wirklich auf große Erfolge verweisen. (Abg. Rädler: Das ist ein größeres Land!) – Das macht ja nichts. (Abg. Rädler: Kopfzahl!) Es ist zwar größer, aber ich kann es trotzdem vergleichen. Ich brauche das eigentlich nur mit zehn zu multiplizieren, dann würden die Zahlen wieder stimmen. Der oscarprämierte Film „Das Leben der Anderen“, auch prämiert, hat aber, weil er das Publikum anspricht – und darauf kommt es ja an –, innerhalb von wenigen Monaten 2 Millionen Zuschauer erreichen können und hat in einem Jahr 70 Millionen € eingespielt. Da können wir einmal davon reden, dass Film ein Kunstwerk ist – was wir ja alle wollen –, gleichzeitig aber auch ein Wirtschaftsfaktor. Aber man muss sich wirklich bemühen, das auch zustande zu bringen. (Beifall bei der FPÖ.) Billy Wilder hat einmal gesagt, es gibt drei wichtige Kriterien, wann ein Film erfolgreich ist: Punkt eins: eine gute Geschichte. Punkt zwei: eine gute Geschichte. Punkt drei: eine gute Geschichte. Darauf kommt es also an! Gerade bei der Auswahl der Themen hätten wir Österreicher wirklich genug Möglichkeiten, Interessantes zu erzählen. Allein schon das Leben und Wirken unserer großen Künstler wäre interessant genug. Das muss nicht kitschig und nicht rosarot sein, denn auch die haben Tragödien, Dramen, Tod, Krankheit, alles erlebt und haben trotzdem Werke geschaffen, die über Jahrzehnte, wenn nicht über Jahrhunderte die Menschen beglückt haben und heute noch beglücken. Da könnten wir uns auch einmal in einer Identität finden, wo wir uns in der Vergangenheit nicht ausschließlich auf einen kleinen 116 Zeitraum der Diktatur beschränken. (Beifall bei der FPÖ.) Auch was unsere Geschichte angeht, könnten wir Ruhmreiches erzählen. Die im Regierungsprogramm versprochenen 20 Millionen €, das wurde heute ja schon ein paar Mal erwähnt, werden nicht ausbezahlt. Das ist wirklich schade, denn gute Filme brauchen viel Geld. Und diese Aufstockung von 7 Millionen auf 13 Millionen € im Medienbereich gilt nicht, das ist eine Augenauswischerei, denn das hat nichts mit dem Kinofilm zu tun. Christine Muttonen, SPÖ (Seite 666f) Mit den budgetierten Mitteln können wir die Umsetzung einer ganzen Reihe von Vorhaben aus dem Regierungsprogramm forcieren. Die Filmförderung steht selbstverständlich an erster Stelle. Wir alle wissen, wie wichtig die Förderung des österreichischen Films ist. Das Budget wurde erhöht und eine weitere Million Euro ist für 2010 vorgesehen. Das ergibt dann eine Summe von 16,57 Millionen €. Die Mittel für den innovativen Film wurden ja bereits 2008 angehoben. Diese Erhöhung wird fortgeschrieben. Ich bin zuversichtlich, appelliere aber auch an den Finanzminister und auch an den für die Kreativwirtschaft zuständigen Wirtschaftsminister, Ministerin Schmied zu unterstützen, dass wir die angestrebten 20 Millionen € für den Film im Laufe der Legislaturperiode erreichen können, wie im Regierungsprogramm vorgesehen. Ich als Kultursprecherin hätte natürlich gerne mehr Geld sofort gehabt, aber ich baue auf Sie, Frau Ministerin, dass Sie weiterhin hartnäckig für die Erhöhung kämpfen! Wir werden Sie gerne dabei unterstützen, nicht nur, weil in Österreich großartige Filme gemacht werden und sie kontinuierliche Erfolge ausweisen können, sondern auch, weil Bereiche wie die Kreativwirtschaft ein hohes Beschäftigungspotenzial in sich tragen. Claudia Schmied, SPÖ (Seite 669f) Erklärter Schwerpunkt – das haben wir im Kulturausschuss ja eingehend besprochen – ist die Filmförderung. Ich freue mich mit Ihnen über die großen Erfolge der Filmschaffenden in Cannes und bei vielen anderen internationalen Festivals. 117 Ich denke, dass der eingeschlagene Weg, nämlich die Filmförderung aufzustocken, der richtige ist. Wir kommen von 9,8 Millionen € und erreichen dann immerhin über 16 Millionen €. Im Regierungsprogramm fixiert sind 20 Millionen €. Das ist für mich eine klare Zielvorgabe – auch im Regierungsprogramm verankert –, aber es ist mir genauso wichtig, dass wir gemeinsam darauf achten, dass das Film/Fernseh-Abkommen mit dem ORF, das für das ÖFI und damit für die Filmwirtschaft ein entscheidendes CoFinanzierungsinstrument ist, mit der Novelle des ORF-Gesetzes auch gesetzlich fixiert ist. Eines kann, meine sehr geehrten Abgeordneten, ja nicht sein, nämlich dass man bei der Gebührenerhöhung sehr wohl mit den Kulturaktivitäten des ORF argumentiert – also Filmwirtschaft, Radio-Symphonieorchester –, es dann, wenn es um zugegebenermaßen notwendige Strukturmaßnahmen geht, aber wieder die Kulturmaßnahmen sind, die als Erstes auf einer Liste stehen, wenn es um Streichungen und Einsparungen geht. Da muss die Argumentation konsistent bleiben. In diesem Punkt stimme ich mit Ihnen, Frau Abgeordnete Unterreiner, überein: Wir müssen im Bereich der Filmförderung weiter denken. Nicht nur der Bereich der Produktion ist wichtig, sondern es geht um eine Förderung entlang der Wertschöpfungskette. Es geht also natürlich auch darum, die Vermittlung in den Vordergrund zu rücken. Daher werde ich den eingeschlagenen Weg – Vermittlungsprogramme des österreichischen Films, Unterstützung der Programmkinos, Projekte mit den Schulen, Filmwochen für die Schülerinnen und Schüler – auch 2009 und 2010 fortsetzen. Es ist eine Initiative. Es ist noch nicht die große Lösung, aber ich halte das für zentral und wichtig. Christine Lapp, SPÖ (Seite 678) Zum Film ist schon sehr viel gesagt worden, und auch zu den Erfolgen, die Österreich mit seinen Filmschaffenden in den letzten Jahren erreicht hat. Durch die Aufstockung des Filmbudgets werden wir wahrscheinlich noch an sehr vielen weiteren Erfolgen teilhaben können, denn da wird die Basis für ein gutes Klima gelegt, in dem Filmschaffende tätig sein und Erfolge einheimsen können. 118 119