als Pdf - Oesterreichs Energie

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als Pdf - Oesterreichs Energie
NOVEMBER/DEZEMBER 2014
P.B.B. · Zul.-Nr. GZ 02Z031249 M · ÖSTERR. WIRTSCHAFTSVERLAG, GRÜNBERGSTR.15, 1120 WIEN · RETOUREN AN PF 100, 1350 WIEN · POSTNUMMER 10
FA C H M A G A Z I N D E R Ö S T E R R E I C H I S C H E N E - W I R T S C H A F T
SCHÖNE
BESCHERUNG?
Energieeffizienzgesetz 2014
Tobias Göser
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Inhalt · Editorial
Das Energieeffizienzgesetz 2014 lässt kurz vor
Inkrafttreten der umfassenden Gesetzesmaterie
am 1. Jänner 2015 noch viele Fragen offen
14 Im Fokus – Speicher im Netzverbund
Bei der 3. Viktor-Kaplan Lecture von Oesterreichs
Energie und der FH Technikum wurden die
Zukunftsfragen der Speichertechnologie
thematisiert und ein neuer Besucherrekord
aufgestellt
20 Wichtige Schritte Richtung
Energieeffizienzgesetz
ab Anfang 2015: gute
(Gesetzes-)Stückerln
oder bittere Pillen
Seite 4
Energiebinnenmarkt
Die Europäische Kommission hat in einer
ersten Analyse ihre Einschätzung über die
Herausforderungen eines Energiebinnenmarktes
vorgestellt
25 Biedermeier der „Schmankerln“
Milan Frühbauer wendet sich gegen falsch
verstandene Regionalisierung
26 EU soll Vorreiter bei Erneuerbaren werden
Der EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs
beschloss in Brüssel den neuen Rahmen für die
Klima- und Energiepolitik bis 2030 und einigte
sich auf neue Kommissare
34 Dünne Luft für die E-Wirtschaft
Die österreichische E-Wirtschaft muss
ihr Geschäftsmodell um energienahe
Dienstleistungen erweitern, hieß es bei der
Handelsblatt-Jahrestagung „Energiewirtschaft
Österreich 2014“
42 Ein Tower mit Power für Graz
Mit ihrem neuen „Power Tower“ hat die Energie
Graz in der steirischen Landeshauptstadt einen
Meilenstein in nachhaltiger Energieerzeugung
gesetzt
44 Brennpunkt Europa
45 Reformiert die Regulierer!
Christof Zernatto über populistische Aktionen
und den Drang der Regulatoren nach
Selbstverwirklichung
46 „Neues Marktdesgin notwendig“
In Grün- und Weißbüchern will sich Deutschland
auf das künftige Strommarktdesign festlegen
49 Die Revolution der Organisation
Zukunftsforscher Andreas Reiter über die
digitale Wirtschaft, in der heute mehr denn je das
darwinistische Prinzip gilt
51 Standardisation Corner
52 Forschungsprojekt für die Regelenergie
Das Projekt des „Kombikraftwerk 2“ soll
die Grundlastfähigkeit der Erneuerbaren in
Deutschland unter Beweis stellen
Die Lage der
E-Wirtschaft: viele
Diagnosen, aber
wenige Therapien
Seite 34
Das Energieeffizienzpaket, das zu großen Teilen mit dem Neujahrstag in Kraft
tritt, ist ein Paket voller Überraschungen.
Kein Wunder, dass sich die Vorfreude der
E-Wirtschaft in Grenzen hält! Das Gesetz
enthält eine Menge Widersprüche und
Unklarheiten, und es fehlen noch wichtige
Maßnahmen und Regeln. Das zeigte sich
bei der Fachtagung zum Energieeffizienzpaket, zu der Oesterreichs Energie die
wichtigsten Experten in diesem Bereich
eingeladen hatte: Selbst jene Juristen,
die bei der Gesetzwerdung mitgearbeitet haben, sind der Meinung, dass eine
abschließende Beurteilung des Gesetzes
aufgrund der offenen Fragen sehr schwierig ist. Oesterreichs Energie hofft in diesem
Zusammenhang auf Pragmatismus bei
den Behörden, damit Energieeffizienz als
Chance gesehen werden kann. Den Blick
der Branche aufs Ganze und in die Zukunft
thematisiert Robert Grüneis, Sprecher Handel & Vertrieb von Oesterreichs Energie.
Eine Viertelstunde Lesezeit wert ist auch
unser Bericht über die zweite Viktor
Kaplan-Lecture dieses Jahres, die wir in
Partnerschaft mit der FH Technikum dem
Thema „Speicher im Netzverbund“ widmeten.
Weitere Themen sind die Pläne der Europäischen Kommission für den Energiebinnenmarkt und die Pläne der deutschen
Bundesregierung in Bezug auf den Strommarkt. Dorthin blickt die Stromwirtschaft
heutzutage zumindest ebenso besorgt
wie auf die Entwicklung der Börsenpreise
für Strom. Deshalb haben wir uns auch
entschlossen, das dritte Trendforum dieses
Jahres dem Thema „Strompreis“ zu widmen.
Allen Lesern dieses
Magazins und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der österreichischen E-Wirtschaft
wünsche ich ein friedliches und frohes
Weihnachtsfest!
Ihre
57 Blitzlichter
61 Termine
62 Impressum
November/Dezember 2014
Oesterreichs Energıe. · 3
Foto: Christian Fischer
Überraschungspaket
4 Ein Gesetz und viele Fragezeichen
Energieeffizienzgesetz 2014
Ein Gesetz
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4 · Oesterreichs Energıe.
November/Dezember 2014
Energieeffizienzgesetz 2014
und
Fragezeichen
„DAS LEBEN IST WIE EINE SCHACHTEL PRALINEN“,
MEINTE SCHON FORREST GUMP, „MAN WEISS NIE, WAS
MAN KRIEGT.“ IN GEWISSEM AUSMASS GILT DAS AUCH
NOCH FÜR DAS ENERGIEEFFIZIENZGESETZ 2014, DAS
AM 1. JÄNNER 2015 IN KRAFT TRITT. WENIGE TAGE VOR
DEM WIRKSAMWERDEN DER GEBALLTEN ENERGIE DER
GESETZESMATERIE WEISS MAN NOCH NICHT GENAU,
WIE DIE KILOKALORIEN ANSCHLAGEN WERDEN.
VON HARALD HORNACEK UND ERNST BRANDSTETTER
November/Dezember 2014
Oesterreichs Energıe. · 5
Energieeffizienzgesetz 2014
D
ie Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt,
brachte es im Rahmen einer Fachveranstaltung der Interessenvertretung der
E-Wirtschaft auf den Punkt: „Zu viele Fragen sind beim neuen Energieeffizienzgesetz
noch ungeklärt. Oesterreichs Energie habe
stets große Bedenken gegen die geplante
Systematik vorgebracht und diese auch
in zahlreichen Stellungnahmen kritisiert.
Insbesondere die Lieferantenverpflichtung
sei „sicher nicht das Gelbe vom Ei“, doch
jetzt müsse man damit leben. Immerhin sei
es gelungen, wichtige Problempunkte des
Gesetzesentwurfs vor dem Beschluss einer
Klärung zuzuführen.
Foto: Thinkstock.com
Die Monitoringstelle und ihre Aufgaben
Bei der Fachtagung „Das Energieeffizienzpaket 2014“
beschäftigte sich Anwalt Paul Oberndorfer besonders mit den Rahmenbedingungen für die nationale Energieeffizienz-Monitoringstelle und deren
Richtlinien. Bekanntlich wird durch das Gesetz
eine nationale Energieeffizienz-Monitoringstelle
geschaffen. Die Vergabe erfolgt durch das Wirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem
Landwirtschaft- und dem Sozialministerium. Die
Vertragslaufzeit war von 1. Oktober 2014 bis 31.
Dezember 2021 geplant.
Die Aufsicht über die künftige Monitoringstelle
erfolgt durch das Wirtschaftsministerium. Die
Aufgaben umfassen Monitoring, Erstellung
und Koordinierung der EnergieeffizienzAktionspläne, Erstellung Bericht Evaluierungsund Monitoringsreport und Gesamtkoordinierung sowie die Ermittlung des Standes der
Zielerreichung.
Zur Einsichtnahme in Unterlagen berechtigt
Weiters führt die Monitoringstelle eine Liste von
Unternehmen, die zu Energieeffizienz verpflichtet
sind (Energiemanagement, Energielieferanten
6 · Oesterreichs Energıe.
und Selbstverpflichtungen) und übernimmt auch die
Messung, Bewertung und Evaluierung der Maßnahmen sowie die entsprechende Beurteilung
der Maßnahmen aus der Selbstverpflichtung.
Die Monitoringstelle ist berechtigt, Einsichtnahme in „entsprechende Unterlagen der
verpflichtenden Parteien“ und Rechtsauskunft
von ihnen zu verlangen. „Die Frage ist, wie weit
geht das“, meinte Oberndorfer, „und welche Konsequenzen drohen bei einem Verstoß?“
Zuständigkeit ungeklärt
Daher seien auch Fragen über die exakte
Zuständigkeit der Monitoringstelle noch
nicht restlos geklärt. Besonders wichtig sei
aber in diesem Zusammenhang die Frage
des Rechtscharakters der Monitoringstelle.
Hat sie Behördenstatus oder nicht und wie
ist der Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Monitoringstelle – etwa im Falle der
Nichtanerkennung von Maßnahmen durch die
Monitoringstelle – geregelt? „Auch hier sind
noch zahlreiche Rechtsfragen offen“, schloss
Oberndorfer.
November/Dezember 2014
Energieeffizienzgesetz 2014
Foto: Fotolia.com
Stefan Schleicher vom Wegener Center für
Klima und Globalen Wandel an der KarlFranzens-Universität Graz hat das Gesetz
für Oesterreichs Energie analysiert und
seine energetischen und ökonomischen
Auswirkungen berechnet: „Bei vielen der
anrechenbaren Maßnahmen stellt sich das
Problem des Referenzwertes.“ Die Feststellung der Veränderung der Energiemenge pro
Jahr zu einem – nicht leicht zu findenden –
Referenzwert sei eine Herausforderung. Ein
weiteres Problem sei die Annuisierung der
Nettokosten, um die gewünschten Veränderung zu erreichen. Die Anrechenbarkeit
der Maßnahme gelte nur bis 2020, es sei
aber ein Vergleich mit den Gesamtkosten
der Maßnahme zu setzen. Zudem sei unklar,
welche Maßnahmen das Energieeffizienzgesetz (EEffG) überhaupt umfasse.
Schwierige Evaluierung
Ein weiteres Problem sei die mangelnde
Evaluierung der Kosteneffekte. Bei Kunden
sind dazu Aufwendungen für Effizienzmaßnahmen und die daraus resultierenden
verminderten Kosten für den Energiebezug
zu sehen. Die zusätzlichen, vermeidbaren
Kosten bei Lieferanten sind aufgrund des
limitierten Geltungszeitraums bis 2020,
weil es Zuschüsse an Kunden sind, über die
volle Nutzungsperiode im Schnitt nur auf
drei Jahre anrechenbar. „Ein effizienteres
November/Dezember 2014
EEffG hätte eine transparente Energieeffizienzabgabe, wirksam bei allen Energieträgern, gebracht. Wäre dieser Wert 0,5 Cent/
kWh gewesen, hätte das rund 1,5 Mrd.
Euro pro Jahr gebracht“, sagt Schleicher.
Die Mittelverwendung hätte dann über die
Rückverteilung über nachgewiesene Einsparungen, revolvierende Kredite sowie
zielorientierte Ausschreibung von Effizienzmaßnahmen erfolgen können.
Verständiger Blick nötig
Die Herausforderungen des Bundes-EEffG
aus Lieferantensicht beleuchtete Herwig
Hauenschild von der Energieallianz Austria GmbH: Jeder Mitgliedstaat der EU
müsse ein Energieeffizienz-Verpflichtungssystem einführen, das zur Erzielung neuer
jährlicher Energieeinsparungen in Höhe
von 1,5 Prozent führt. Verpflichtet sind
Energieverteiler und/oder Energieeinzelhandelsunternehmen. Alternativ könnten
auch andere strategische Maßnahmen
ergriffen werden, um Energieeinsparungen
im gleichen Ausmaß bei Kunden zu bewirken. Hier werden unter anderem Steuern,
Finanzierungssysteme, Regelungen oder
freiwillige Vereinbarungen, Standards und
Normen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Produkten und Dienstleistungen,
soweit sie nicht verbindlich sind sowie
Energieberatungsprogramme genannt.
Info
Zu den Zielen des Energieeffizienzgesetzes (EEffG) meinen
Experten, dass es unter anderem nicht klar sei, wie man
auf den Wert von mindestens
0,6 Prozent pro Jahr Verbrauchsreduktion durch Energielieferanten für kumulativ
159 PJ kommt. Weiters sei
unklar, welche Maßnahmen
das EEffG überhaupt umfasse.
Es ist ein Widerspruch, wenn
die Maßnahmen für die
gesamte Kaskade des Energiesystems, also Maßnahmen zur
Effizienz bei Transformation
und Verteilung, gelten sollen,
die Anrechnungsverfahren
aber nur auf Endenergie
abstellen.
Oesterreichs Energıe. · 7
Energieeffizienzgesetz 2014
Einzelheiten aus dem
Energieeffizienzgesetz
■■ Derzeit ist nicht geregelt, ob die Monitoringstelle melden muss, ob und in
welcher Höhe der Lieferant seine Verpflichtung erfüllt hat. Ein Rechtsmittel ist hierzu sowie grundsätzlich zu Festlegungen der Monitoringstelle
nicht ausdrücklich vorgesehen.
■■ Möglich sind der „Zukauf“ und eine Übertragung von Energieeffizienzmaßnahmen von Dritten an den Lieferanten.
■■ Nicht jede einzelne LED-Leuchte, die an Kunden verschenkt wird, muss als
Einzelmaßnahme gerechnet werden. Hier gilt der Durchschnittswert der
Lampe mal der Gesamtanzahl.
■■ Sollte ein Energieunternehmen einen Kühlschrank an einen Kunden als
Kundenbindungsmaßnahme vergeben, muss der Kunde seine Einwilligung
erteilen, dass der Kühlschrank als energiesparende Maßnahme dem Energieunternehmen zugerechnet werden kann. Der Kühlschrank muss dem
Eigentümer zuordenbar sein.
■■ Sonderregeln gibt es für Öl-Brennwertgeräte: Im Wohnungsneubau stellen
sie keine Effizienzmaßnahme dar. Der Austausch gilt ab 2018 nicht als
Effizienzmaßnahme; das „Banking“ alter Maßnahmen ist möglich.
■■ Im Wege einer Branchenvereinbarung können auch kleinere Lieferanten
gemeinsam ihr Reduktionsziel erreichen, die Alternative ist die schuldbefreiende Ausgleichszahlung (derzeit 20 Cent/kWh).
■■ Bei einem Absatz von mehr als 25 GWh ist die Lieferantenverpflichtung
bindend. Betriebe, die zu mehr als 50 Prozent im Eigentum von anderen
Unternehmen stehen und deren Absatz unter 25 GWh beträgt, können dem
Mutterunternehmen zugeordnet werden.
■■ Beteiligungen von unter 50 Prozent müssen nicht dem Mutterbetrieb
zugerechnet werden, jedoch müssen diese Betriebe, so sie über 25 GWh
absetzen, selbst eine Lieferantenverpflichtung vollziehen.
Zu den Hauptaspekten des Gesetzes für
Energielieferanten zählen laut Hauenschild
die
Maßnahmen-Nachweisverpflichtung
bei Energielieferanten mit partiellen Ausnahmen orientiert am Vorjahresverbrauch,
die Quotenverpflichtung bei Haushalt
(40 Prozent) und stärkere Gewichtung von
einkommensschwachen Haushalten (Faktor
1,5) sowie die Möglichkeit zur Ausschreibung und Ausgleichszahlung, wobei eine
(insgesamt) nicht ausreichende Maßnahmensetzung zu Anpassungen führt. Das
Problem sei, dass der Maßnahmenkatalog
derzeit nicht abschließend geregelt sei.
„Hier ist der verständige Blick des Auslegenden nötig“, formulierte Hauenschild.
Ein großzügiges Methodendokument als
Basis sei im Interesse des Gesetzes und der
Richtlinie, weil es für Rechtssicherheit und
Planbarkeit sorgen könne.
Ausgleichsbetrag
Ein wichtiges und diskussionswürdiges
Thema ist der Ausgleichsbetrag, erklärte
Klaus Oberndorfer von der Anwaltskanzlei
Beurle Oberndorfer Mitterlehner Rechtsanwälte.
Er wies auf drei Alternativen zur Erfüllung
der Pflicht zur Durchführung von Energieeffizienzmaßnahmen hin:
■■ das Setzen von Energieeffizienzmaßnahmen (bei sich selbst, eigenen Endkunden
oder anderen Endenergieverbrauchern)
im Ausmaß der Zielwerte
■■ die Ausschreibung dieser Energieeffizienzmaßnahmen
■■ die Bezahlung des Ausgleichsbeitrages
Allerdings sei das Verhältnis der Erfüllungsalternativen und deren Zusammenspiel unklar: An Stelle des Setzens oder
der Beschaffung von Maßnahmen „können“ Energielieferanten ihre Pflicht für
das jeweilige Jahr durch Ausschreibung
erfüllen. Die Höhe des Ausgleichsbeitrages
errechnet sich aus einer Multiplikation der
Menge der nicht erbrachten Einsparverpflichtung mit dem von der ECA festgelegten Wert (derzeit 20 Cent/kWh). Hier sei die
Frage offen, wer im Streitfall die Höhe der
Zahlung bestimme.
E-Wirtschaft begrüßt pragmatischen
Als eine wichtige Erleichterung für den Einstieg ins EffizienzZeitalter begrüßte Barbara Schmidt, Generalsekretärin von
Oesterreichs Energie, die Ankündigung einer pragmatischen
Umsetzung des Bundeseffizienzgesetzes durch Wirtschaftsminister und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner im Rahmen
eines Energieeffizienz-Symposiums Mitte November. Damit,
so Schmidt, „kann wirklich ein goldener Mittelweg zwischen
herausfordernden Vorgaben und vorhandenen Chancen und
Strukturen gefunden werden“.
Die Lieferantenverpflichtung, die durch das Gesetz der E-Wirtschaft auferlegt wird, stellt diese vor große Herausforderungen,
so Schmidt, insbesondere weil noch nicht alle Rahmenbedingungen geklärt seien. „Wenn Vizekanzler Mitterlehner jetzt einen
8 · Oesterreichs Energıe.
praxisgerechten Start in Aussicht stellt, der zudem die bisher
getätigten Leistungen entsprechend würdigt, dann kann es
uns gelingen, die Effizienzmaßnahmen zu einer Erfolgsstory zu
machen“, so Schmidt.
Monitoringstelle muss großes Arbeitspensum bewältigen
Wichtig aus heutiger Sicht sei, dass insbesondere die 2014
getätigten Maßnahmen im kommenden Jahr anrechenbar sind,
auch wenn die genauen Rahmenbedingungen erst später fixiert
werden. Schmidt: „Was im Vertrauen auf die Erklärungen der
Politik unternommen wurde, sollte auch anerkannt werden.“ Für
die Zukunft hoffe man zudem auf eine offene Diskussion und
praxisgerechte Regelungen.
November/Dezember 2014
Thomas Rabl von Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH wies zudem auf die Besonderheiten und die Neuerungen bei der
KWK-Förderung hin. Das Regierungsprogramm 2013 – 2018 sieht unter dem Punkt
„Energieversorgung“ unter anderem die
Förderung neuer Kraft-Wärme-KopplungsAnlagen (KWK-Anlagen) und eine beihilfenrechtsneutrale Unterstützung bestehender
hocheffizienter KWK im Einklang mit dem
EU-Recht vor. Das KWK-Fördermodell sieht
keinen Einsatz staatlicher Mittel vor, weil
ja der Ankauf der KWK-Punkte durch Endverbraucher erfolgt und die Zuteilung von
KWK-Punkten durch die nichtstaatliche
Transparenzstelle an Betreiber von KWKAnlagen erfolgt. Die Transparenzstelle wird
von KWK-Betreibern organisiert. Das Zuteilungskriterium ist der in einer Basisperiode
in das öffentliche Netz eingespeiste, hocheffiziente KWK-Strom.
Zurechnung von Maßnahmen
Zur wichtigen Frage der Zurechnung von
Maßnahmen gab es intensive Diskussionen.
„Grundsätzlich gehört die Maßnahme dem
‚dinglichen‘ Eigentümer“, erklärte Mathias
Sorger von der Sektion Energie-Rechtsangelegenheiten im Wirtschaftsministerium.
„Übertragungen – bis zu vier Mal – sind
in Schriftform zulässig. Bei gemeinsamen
Effizienzmaßnahmen ist immer eine Einigung über die Zurechnung vorzunehmen.“
Im Falle einer Koförderung muss beispielsweise auch der Fördergeber zustimmen,
bei Koförderung der öffentlichen Hand ist
maximal nur eine anteilige Übertragung
möglich (zum Beispiel zehn Prozent Bund
und zehn Prozent EVU, Aufteilung 50 : 50).
Direkt kogeförderte Maßnahmen aus Wohn-
Foto: Thinkstock.com
Energieeffizienzgesetz 2014
Zeitreihe 2015–2016
■■ 31. Jänner 2015: Meldung Energiemanagementsystem wird oder wurde
eingeführt
■■ 14. Februar 2015: Meldung des Vorjahresabsatzes plus Meldung der
erbrachten Maßnahmen
■■ 30. November 2015: Meldung Einführung des EMS
■■ 30. November 2015: Meldung Durchführung Energieaudit
■■ 14. Februar 2016: Spätester Zeitpunkt der erstmaligen Meldung der im
Rahmen der Lieferantenverpflichtung gesetzten Maßnahmen (für 2014 und
2015)
bauförderung, Umweltförderung oder dem
Programm der thermischen Sanierung sind
immer der öffentlichen Hand zuzurechnen.
Der Endkunde muss jedenfalls aber eine
Einverständniserklärung abgeben, damit
die Maßnahme anrechenbar ist.
Im Dezember ist jedenfalls eine weitere
Fachtagung von Oesterreichs Energie Akademie zum Energieeffizienzpaket geplant.
Informationen: Oesterreichs Energie Akademie.
http://akademie.oesterreichsenergie.at ■ ■
Zugang zu Energieeffizienzgesetz
Eine trotz aller Verzögerungen möglichst rasche Entscheidung für eine kompetente Monitoringstelle ist aus Sicht der
E-Wirtschaft zudem von herausragender Bedeutung für einen
erfolgreichen Start der Effizienzmaßnahmen rechtzeitig zum
Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Jänner 2015. Schmidt: „Auf
diese wartet ein gewaltiges Arbeitspensum.“ Erste Aufgabe der
Monitoringstelle werde es sein, die bereits bekannten Maßnahmenkataloge auszubauen und weiterzuentwickeln und ein neues
Methodendokument zu erstellen.
Die E-Wirtschaft hat viele Aktionen durchgeführt
Die E-Wirtschaft, die bereits breite Erfahrung mit Effizienzmaßnahmen hat, ist bereit, die zukünftige Monitoringstelle in
November/Dezember 2014
Zukunft bei ihrer Arbeit zu unterstützen und Expertenwissen
einzubringen. Schmidt: „Die gesamte Branche hat unter anderem im Rahmen einer freiwilligen Verpflichtung viele Aktionen
durchgeführt und kann auf große Fachkenntnis verweisen.“ Beispiele für erfolgreiche Effizienzmaßnahmen sind unter anderem
Wärmepumpenförderung, Fotovoltaik, Gerätetauschaktionen,
Heizungsoptimierung, Smart-Home-Anwendungen und Öffentlichkeitsarbeit zur Erhöhung der Awareness in Effizienzfragen.
Das Energieeffizienzgesetz tritt Anfang 2015 in Kraft und sieht
vor, dass Energielieferanten über Effizienzmaßnahmen bis 2020
jährlich einen Einsparungsnachweis im Ausmaß von 0,6 Prozent
ihrer Energielieferungen erbringen müssen. Die Monitoringstelle überwacht diese Maßnahmen.
Oesterreichs Energıe. · 9
Energieeffizienzgesetz 2014
Schwierige Planung
JEDES ENERGIEUNTERNEHMEN WIRD INDIVIDUELL ENTSPRECHEND DER KUNDENSTRUKTUR
VERSUCHEN, MÖGLICHST KOSTENEFFIZIENT SEINER VERPFLICHTUNG NACHZUKOMMEN,
ERKLÄRT ROBERT GRÜNEIS, DER SPRECHER HANDEL & VERTRIEB VON OESTERREICHS
ENERGIE UND ENERGIEVORSTAND DER WIENER STADTWERKE.
Oesterreichs Energie: Wenn diese
Ausgabe des Fachmagazins Oesterreichs
Energie Ende November erscheint, sind es
gerade noch rund fünf Wochen bis zum
Inkrafttreten des Energieeffizienzgesetzes.
Was ist der Stand der Dinge. Sind wir
bereit?
Robert Grüneis: Natürlich sind wir bereit
und werden aktiv als Energieunternehmen,
wie schon immer die Energieeffizienz weiter erhöhen und verbessern. Wesentliche
Rahmenbedingungen fehlen aber noch: wie
etwa die Festlegung, wer die Monitoringstelle für die Evaluierung und Messung
der Energieeffizienzmaßnahmen wird, welche Maßnahmen in welcher Höhe
anerkannt werden und in
welcher Art und Weise die
Dokumentation zu erfolgen hat. Auch der vom
Wirtschaftsministerium
angekündigte Leitfaden
und die FAQ zum Gesetz,
die Details für die Umsetzung vorsehen und offene Fragen klären
sollen, sind noch nicht veröffentlicht.
Energieunternehmen
müssen auf
Innovationen setzen.
Oesterreichs Energie: Das sind die Vorgaben seitens der Behörden, wie bereit ist die
E-Wirtschaft?
Robert Grüneis: Für alle Energieunternehmen ist das Thema Energieeffizienz
schon immer ein integraler Unternehmensbestandteil. Darauf werden wir aufbauen
und das Thema pro-aktiv angehen. Die
gerade angesprochenen Zeitverzögerungen
rund um wesentliche Rahmenbedingungen
machen die Maßnahmenplanung und die
Vorbereitung von Projekten, die dann 2015
für die Lieferantenverpflichtung zählen,
aber nicht gerade leicht.
Oesterreichs Energie: Wo liegen die
Schwerpunkte seitens der Branche?
10 · Oesterreichs Energıe.
Robert Grüneis: Wesentliche, schon
bestehende Maßnahmen, die in ein neues
Methodendokument zu übernehmen sind,
sind die Maßnahmen Wärmepumpe im
Neubau und sanierten Bestand (Erdwärme,
Grundwasser, Luft), Fotovoltaik, Beleuchtung und Weißware, also Haushaltsgeräte.
Zukünftige neue Methoden sind vor allem
in den Bereichen E-Mobilität, Heizungs­
optimierung, Öffentlichkeitsarbeit,
­Energieberatung, Gewerbe, Verkehr, Smart
Home und Energiemanagement zu ent­
wickeln.
Wir als Energieunternehmen setzen
bewusst auf Innovation. Der Trend geht
klar in Richtung hocheffizienter dezentraler Erzeugungseinheiten, deren Eigentümer
nicht selten der bisherige „Energiekunde“
sein wird. Folglich wandelt sich unser Aufgabenfeld des Energieversorgers. Neben
dem commodity-Geschäft bieten wir
unseren Kunden noch stärker umfassendes
Energiebedarfsmanagement und Energiedienstleistungen.
Oesterreichs Energie: Ist das schon eine
Strategie oder lediglich eine Schlussfolgerung?
Robert Grüneis: Als Energieunternehmen
müssen uns fragen: Was machen wir seit
Jahrzehnten erfolgreich? Was können wir
bereits sehr gut, was müssen wir künftig
können? Was tut sich auf dem Markt? Die
Unternehmen der E-Wirtschaft müssen
wissen, welche Kosten auf sie zukommen.
Oesterreichs Energie: In welchen Sektoren sehen sie großes Potenzial für Energieeffizienzmaßnahmen der Energielieferanten?
Robert Grüneis: Es gilt, sämtliche Energieformen effizienter zu nutzen. Das gilt
insbesondere für einen Ballungsraum
wie Wien. Die Bevölkerung der Bundeshauptstadt wächst rasant. Bei jährlichen
November/Dezember 2014
Energieeffizienzgesetz 2014
Oesterreichs Energie: Was sind die größten Herausforderungen für die Branche?
Robert Grüneis: Das System der Lieferantenverpflichtung ist komplett neu und
braucht daher Zeit und Erfahrung, bis es
sich einspielt. Das ist auch aus der Sicht
der Behörden, also von der Monitoringstelle und den Ministerien, zu beachten,
und von dieser Seite sind Flexibilität und
Gesprächsbereitschaft gerade zu Beginn
des Lieferantenverpflichtungssystems
notwendig.
Gerade auf die Monitoringstelle wartet
ein großes Arbeitspensum und hier wird
es zahlreiche Workshops mit der Branche
erfordern, damit sich die Dinge einspielen.
Die Lieferantenverpflichtung ist aber auch
eine Kuriosität und so, als würde man der
Gastronomiebranche vorschreiben, ihren
Kunden eine „Fastenkur“ zu verordnen.
Im Zentrum unseres Handelns steht: Jede
nicht verbrauchte Kilowattstunde ist die
günstigste und umweltfreundlichste. Das
gilt insbesondere für einen Ballungsraum
wie Wien.
Oesterreichs Energie: Schon bisher gab
es Aktivitäten der Stromunternehmen
in Sachen Energieeffizienz. Auf welchen
Erfahrungen kann aufgebaut werden?
Robert Grüneis: Alle Energieunternehmen setzen seit Jahrzehnten Energieeffizienzmaßnahmen erfolgreich und äußerst
nachhaltig um. Hier haben wir sehr viel
Erfahrung und Know-how und darauf
bauen wir auf.
Foto: Wiener Stadtwerke
Zuwachsraten von 25.000 Personen wird
sich die Zahl der Einwohner Wiens bis
2030 um jene der Stadt Graz erhöhen. Das
wirkt sich auf den Energiebedarf aus – und
zwar in allen Sektoren: Strom, Wärme und
Verkehr.
Wien Energie hat beispielsweise neben
der seit Jahren etablierten Energieberatung eine eigene Energieeffizienzinitiative mit Energieeffi­zienzmaßnahmen
und zahlreichen Vorteilen für die Kunden
gestartet und setzt voll auf Innovation bei
Geschäftsmodellen, Energiemanagement
und Produkten. Die Bereiche thermische
Sanierung, Heizungsoptimierung und der
Verkehrsbereich stellen unangefochten die
größten Potenziale dar. Gerade im Gebäudebereich sind große Energieeffizienzmaßnahmen möglich, oftmals aber auch mit
großen Investitionssummen verbunden.
Wesentliche Bedeutung im Bereich Heizen haben die Wärmepumpen, die großes
Energieeffi­zienzpotenzial haben.
Osterreichs Energie: Ändern sich
durch das neue Gesetz
die Schwerpunkte der
Effi­zienzarbeit?
Robert Grüneis:
Jedes Energieunternehmen wird
individuell entsprechend der Kundenstruktur seine
Maßnahmen und
Schwerpunkte
setzen. Das
Gesetz gibt hier
ja verschiedene
Zur Person
Mag. Robert Grüneis ist ab 1. Dezember 2014 Energievorstand der Wiener Stadtwerke.
Grüneis war seit 2008 Geschäftsführer der Wien Energie GmbH und für die Bereiche
Kommunikation und Marketing, Vertrieb, Public Affairs und Telekommunikation verantwortlich. Der studierte Jurist gilt als profunder Kenner der österreichischen Energiewirtschaft. Grüneis war seit 1995, dem Beginn seiner Laufbahn im Wiener Stadtwerke-Konzern, bei mehreren strategischen Großprojekten maßgeblich beteiligt. So auch 2001 bei
der Gründung der EnergieAllianz Austria und der Wien Energie GmbH. Darüber hinaus
ist Grüneis Vorstandsmitglied des europäischen Dachverbands kommunaler Unternehmen CEDEC sowie Mitglied im kaufmännischen Ausschuss des Verbandes kommunaler
Unternehmen (VKU) in Deutschland.
November/Dezember 2014
Oesterreichs Energıe. · 11
Energieeffizienzgesetz 2014
Möglichkeiten vor – von der Maßnahmendurchführung durch den Energielieferanten beim Kunden oder bei sich selbst, über
die Kooperationen, etwa mit Betrieben,
zur Zielerreichung zu gelangen oder die
Maßnahme auszuschreiben. Als weitere
Alternative steht die Ausgleichszahlung
von 20 Cent/kWh zur Verfügung.
Robert Grüneis: Mit mehr Erfahrungen
mit dem Verpflichtungssystem werden
auch Veränderungen am Markt für Energieeffizienzmaßnahmen auftreten. Trotz
möglicher Verlagerungen werden aber
Maßnahmen im Bereich Wärme und Verkehr sicher nicht an Bedeutung verlieren.
Hier sind die Effizienzhebel am größten.
Osterreichs Energie: Wird es mehr in
Richtung Beratung gehen, oder stehen
andere Maßnahmen, die konkrete Investitionen erfordern, im Vordergrund?
Robert Grüneis: Energieeffizienzberatung ist sehr wichtig, vor allem Bewusstseinsbildung, sei es über Kampagnen oder
Kooperationen mit Universitäten oder Schulen
und ähnliches. All diese
Maßnahmen wirken
nachhaltig. Hier kommen
derzeit aber sehr niedrige Anerkennungswerte
für diese Maßnahmen
zur Anwendung. Die
schlechte Bewertung
dieser Soft-Maßnahmen im
Effizienzsystem sollte in Zukunft geändert
werden. Für Energieunternehmen wird die
Ausrichtung in den nächsten Jahren immer
mehr darauf hinauslaufen, vom Versorger
zum umfassend orientierten Dienstleister
zu werden.
Wien Energie arbeitet schon seit Längerem
an einer neuen Linie bzw. neuen innovativen Geschäftsmodellen, wie beispielweise
die hocheffiziente dezentrale Erzeugung.
Darüber hinaus werden wir unsere Kundinnen und Kunden in allen Bereichen von
der umfassenden Energieberatung bis zu
Contracting-Lösungen noch intensiver servicieren. Die Energieeffizienzberatung in
allen Facetten sehe ich als Alleinstellungsmerkmal. Und zum Abschluss sehen wir
verschiedene Möglichkeiten in den Energieverbrauchsmessungen bzw. Monitoring
Tools. Das ist vor allem auch ein Thema
in den Ballungsräumen. Wichtig dabei ist,
dass Energieeffizienz nicht nur dem Strombereich betrifft sonder vor allem auch
Verkehr und Wärmeversorgung.
Oesterreichs Energie: Welche Rahmenbedingungen sind für einen erfolgreichen
Start erforderlich?
Robert Grüneis: Wichtig ist die möglichst
baldige Festlegung der Monitoringstelle.
Mit dem Start der Monitoringstelle sollte
dann gemeinsam mit der Branche zügig ein
neues Methodendokument zur Bewertung
aller wichtigen Maßnahmen erarbeitet
werden.
Smart Home wird sich
verstärkt in der Praxis
verankern.
Oesterreichs Energie: Ist zu erwarten,
dass sich der Fokus im Lauf der Ver­
pflichtungsperiode verändert und wenn
ja, wie?
12 · Oesterreichs Energıe.
Oesterreichs Energie: Was sind die
­Wünsche an die zukünftige Monitoringstelle?
Robert Grüneis: Dialogbereitschaft mit
Blick in die Praxis und fundiertes Expertenwissen stellen die wesentlichen Voraussetzungen für die Aufgabe dar.
Oesterreichs Energie: Und wenn Sie
heute in die Zukunft blicken?
Robert Grüneis: Schon seit einiger Zeit
bieten wir unseren Kunden die Möglichkeit, sich finanziell an der Stromerzeugung,
wie etwa Solaranlagen, zu beteiligen.
Derartige Modelle erfreuen sich großer
Beliebtheit, nicht zuletzt, weil sie das
Thema Energie stärker „personalisieren“.
Aus Sicht der Energieunternehmen wird es
deshalb darum gehen, in Zukunft derartige
Angebote auszuweiten.
Verkehrsmaßnahmen auf der einen Seite –
Stichwort E-Mobilität – werden ebenfalls
rasant an Bedeutung gewinnen. Auch das
Thema Smart Home wird sich verstärkt in
der Praxis verankern. In beiden Bereichen
geht es daher darum, gut untermauerte
Einsparwerte festzulegen, um die Handhabung für die Bewertung zu vereinfachen.
Oesterreichs Energie: Welche innovativen
Maßnahmen können noch am Horizont
ausgemacht werden?
Robert Grüneis: Bürgerbeteiligungsanlagen oder dezentrale Technologie-Kombinationen von Strom- und Wärmeprodukten
November/Dezember 2014
Energieeffizienzgesetz 2014
sind keineswegs nur Schlagworte, sondern
zeigen den Weg in die Zukunft. Energieunternehmen werden zum umfassend ausgerichteten Dienstleister und zum Manager
des Energieportfolios seiner Kunden – von
der Industrie bis zu den Haushalten. Für
Letztere etwa im Rahmen von „Smart
Home“-Lösungen.
Darüber hinaus haben wir eine Energieeffizienz-Offensive gestartet, das heißt, wir
unterstützen unsere Kunden dabei, Energie
effizient zu nutzen. Gefördert werden die
unterschiedlichsten Maßnahmen – vom
Ankauf moderner, stromsparender Haushaltsgeräte über den Umstieg von veralteten Erdgasheizungen auf moderne ErdgasBrennwertgeräte, dem Kauf neuer Energiesysteme (Wärmepumpe, Fotovoltaik,
Solarthermie), dem Einbau neuer Fenster
bis hin zur Berechnung des Energieausweises oder dem Kauf von Kleinprodukten wie
LED-Lampen.
Oesterreichs Energie: Im Vorfeld des
Gesetzesbeschlusses hat die E-Wirtschaft
den Entwurf in vielen Punkten kritisiert.
Was ist davon geblieben?
Robert Grüneis: Wesentlicher Punkt
neben der Grundsatzkritik an der Lieferantenverpflichtung sind die Kosten dieses
Verpflichtungssystems. Für die Lieferanten
im Stromsektor bedeuten die Vorgaben
für die Umsetzung des Energieeffizienzgesetzes bis 2020 jährliche Aufwendungen
zwischen 200 und 400 Mio. Euro. Das hat
die Studie von Professor Stefan Schleicher
vom Grazer Wegener Zentrum für Klima
und Globalen Wandel gezeigt. Die Bandbreite der tatsächlichen Kosten lässt sich
bis heute noch nicht genau abschätzen, da
beispielsweise noch keine ausreichende
Klarheit über Methoden und Anrechenbarkeit besteht.
Oesterreichs Energie: Wie gehen Sie jetzt
damit um?
Robert Grüneis: Die Branche versucht
derzeit, die Umsetzung in die Wege zu
leiten und hier möglichst praxistaugliche
Ansätze zu finden. Vor allem der Bürokratieaufwand muss in Grenzen gehalten
werden. Bei einer Energieeffizienzaktion,
etwa auf einer Messe, bei der LED-Lampen verteilt werden, kann nicht die Unterschrift des einzelnen Kunden gefordert
werden.
November/Dezember 2014
Oesterreichs Energie: Welche Erwartungen haben Sie an das erste Jahr. Wird es
Gewinner und Verlierer geben?
Robert Grüneis: Jeder Lieferant wird hier
seinen Weg finden, abhängig
etwa von seiner Kundenstruktur, den Rahmenbedingungen, der Unternehmensstrategie und
der Unternehmensgröße.
Alle Unternehmen bauen
aber auf jahrzehntelange
Expertise zu diesem
Thema und auf sehr gute
Kundenbeziehungen.
Ein wesentlicher
Kritikpunkt sind
die Kosten des
Verpflichtungssystems.
Oesterreichs Energie: Gibt es heute schon
Geschäftsmodelle, bei denen Energiedienstleistungen im Zentrum stehen?
Robert Grüneis: Das Thema Energiedienstleistungen ist schon länger – losgelöst vom Energieeffizienzgesetz – Thema
der einzelnen Energielieferanten. Hier
werden sich am Markt zukünftig breitgefächerte Angebote finden, die in Kombination mit dem bisherigen Energieliefervertrag attraktive Angebote für die Kunden
bieten. Auch Wien Energie trifft schon im
großen Umfang Energieeffizienzmaßnahmen bei Unternehmen, Gemeinden und
Haushalten.
Bei einem großen Verlags- und Buchhaltungsunternehmen wurde die Beleuchtung
der Zentrale optimiert. Das
Unternehmen hat aber
nicht nur die Lampen
getauscht, sondern
auch mitgedacht, wie
die Abläufe im Auslieferungslager sind, und
danach die Logistik
umgestaltet. So etwas
kommt sehr gut an, weil
es wenig kostet und dem
Kunden viel bringt.
Hier ist das Effizienteste ein Fernwärmeanschluss. Das nächste sind Produktkombinationen wie Erdgas-Brennwertgeräten,
Wärmepumpe, Fotovoltaik und Solarthermie. Das Modell Wärmepumpe gefällt den
Menschen, wobei wir öfter feststellen,
dass ihnen manche Anbieter etwas verkaufen, das über­dimensioniert ist und damit
einen zu hohen Stromverbrauch verursacht. Daher wollen wir uns da schon auch
als Anbieter positionieren. n
Die E-Wirtschaft
versucht, möglichst
praxistaugliche Ansätze
zu finden.
Oesterreichs Energıe. · 13
Politik
Im Fokus – Speicher im
BEI DER 3. VIKTOR KAPLAN-LECTURE VON OESTERREICHS ENERGIE UND DER
FH TECHNIKUM WIEN WURDEN DIE ZENTRALEN ZUKUNFTSFRAGEN DER
SPEICHERTECHNOLOGIE THEMATISIERT. DER ANDRANG ZU DIESER VERANSTALTUNG
WAR ENORM – 170 ZUHÖRER STELLTEN EINEN NEUEN BESUCHERREKORD DAR.
D
urch den steigenden Anteil von
Strom aus erneuerbaren Energien
rücken Zukunftsfragen zu Speicher
im Netzverbund immer mehr ins Zentrum
des Interesses. Dieses spiegelte sich Mitte
Oktober auch darin wieder, dass 170 Interessierte aus Wissenschaft, Forschung,
Lehre, Politik und Wirtschaft bei der 3.
Viktor Kaplan-Lecture von Oesterreichs
Energie und der FH Technikum zum Thema
„Neue Technologien und Business-Cases für
Speicher im Netzverbund“ die Besucherrei-
14 · Oesterreichs Energıe.
hen füllten. Wie Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, gleich
zu Beginn erläuterte, werde „die Energiewende in naher Zukunft zu einem starken
Anstieg von Speicherbedarf führen“.
Batteriespeicher modernster Bauweise bieten die Chance, den Anteil der Erneuerbaren
an der Stromerzeugung auf bis zu 65 Prozent
zu erhöhen, ohne dass dabei die Netzstabilität leidet, führte Clemens Triebel von der
Younicos AG, Berlin, aus. Das Unternehmen
baut und betreibt Hochleistungs-LithiumNovember/Dezember 2014
Politik
Netzverbund
batterienspeicher. Im September hat Younicos etwa für den deutschen Ökostromversorger WEMA einen Lithiumbatteriespeicher
mit fünf MW Leistung in Betrieb genommen.
Der Speicher, der etwa das Ausmaß einer
Sporthalle hat, wird von Younicos als erstes
kommerzielles Batteriekraftwerk bezeichnet und wird für den Ausgleich kurzfristiger
Schwankungen zwischen Stromerzeugung
und Stromverbrauch ebenso eingesetzt wie
für das „Abschneiden“ und das Verschieben
von Spitzen in Erzeugung und Verbrauch
(Peak-Shaving“ bzw. „Peak-Shifting“).
Tragfähiges Geschäftsmodell
Auf diese Weise lässt sich, laut Triebel, ein
gutes Geschäftsmodell darstellen. Batteriespeicher würden allerdings weder den
November/Dezember 2014
Netzausbau und die -ertüchtigung noch
andere Speichertechnologien überflüssig
machen. Angesichts des rapiden Ausbaus
der erneuerbaren Energien sei es dringend
notwendig, die Verteilnetze mit moderner
Informationstechnik zu Smart Grids weiter
zu entwickeln. Grundsätzlich würden alle
Arten von Speichern benötigt, von Batteriespeichern bis hin zu großen Pumpspeicherkraftwerken.
In Bezug auf Österreich konstatierte Triebel
jedenfalls eine erheblich „weniger hitzig“
geführte Diskussion als in Deutschland: „In
Österreich zahlt man 18 Cent/kWh Strom
und der Bedarf wird zu 75 Prozent mit
erneuerbaren Energien gedeckt. In Deutschland zahlt man schon jetzt 28 Cent/kWh,
obwohl der Anteil der Erneuerbaren bei
V. l. n. r.: Dipl.-Ing. Thomas Nenning
(FH Technikum Wien), Clemens Triebel
(Younicos AG, Berlin), Dipl.-Ing. Dr. ThomasKarl Schuster (Wiener Netze GmbH), Dr.
Barbara Schmidt (Generalsekretärin
Oesterreichs Energie), FH-Prof. Dipl.Ing. Christian Kollmitzer (Vize-Rektor
Fachhochschule Technikum Wien) und
FH-Prof. Dipl.-Ing. Hubert Fechner, MAS,
MSc (Institutsleiter, Studiengangsleiter
Erneuerbare Urbane Energiesysteme)
Foto: Oesterreichs Energie/Christian Fischer
Info
Batteriespeicher in unterschiedlichen Leistungskategorien sind bereits seit mehreren
Jahren auf dem Markt. Bisher
werden sie zumeist in Forschungsvorhaben angewandt.
Mit dem steigenden Anteil
der erneuerbaren Energien an
der Stromerzeugung könnte
sich dies jedoch in Zukunft
ändern.
Oesterreichs Energıe. · 15
Politik
Bild oben:
FH-Prof. Dipl.-Ing. Christian Kollmitzer, Vize-Rektor
Fachhochschule Technikum Wien, Moderator Martin Kugler,
Dr. Barbara Schmidt, Generalsekretärin Oesterreichs Energie
(v. l. n. r.)
Bild Mitte:
Clemens Triebel (Younicos AG, Berlin)
Bild unten:
Dipl.-Ing. Dr. Thomas-Karl Schuster (Wiener Netze GmbH)
Fotos: Oesterreichs Energie/Christian Fischer
noch nicht einmal bei der Hälfte dieses Wertes liegt.“ Immer öfter stelle sich die Frage,
was wirtschaftlich, aber auch technisch
geschehe, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien wie vorgesehen weitergehe. Im
Zuge der Energiewende plant Deutschland
bekanntlich, ab 2020 mindestens 35 Prozent
seines Strombedarfs mittels Wind und Fotovoltaik zu decken, ab 2050 sollen es sogar
mindestens 80 Prozent sein.
„Must-run-Kraftwerke“
als Problem
Laut Triebel basiert die Sicherheit der
deutschen Stromversorgung derzeit nicht
zuletzt auf den rotierenden Massen in
thermischen Kraftwerken, die helfen, die
Netzfrequenz stabil zu halten. Doch gehen
immer mehr thermische Kraftwerke vom
Netz – die Atomkraftwerke wegen des deutschen AKW-Ausstiegs, Gaskraftwerke mangels Rentabilität. Anlagen mit insgesamt
etwa 30 GW Leistung müssen jedoch stets
am Netz bleiben, weil das Ausschalten für
wenige Stunden zu teuer käme oder die
Kraftwerke auch für die Wärmeversorgung
benötigt werden.
Speisen nun zusätzlich zu diesen „Mustrun-Kraftwerken“ Windparks oder Fotovoltaikanlagen große Strommengen ins Netz
ein, fallen die Preise an den Strombörsen
unter null. Das geschieht in zunehmendem
Maße. Deshalb gehen die Netzbetreiber laut
Triebel immer häufiger dazu über, Windparks bei einem Überangebot an Strom vom
Netz zu nehmen.
Allerdings bekommen die Betreiber der
Windparks ihre Förderung auch für die
Zeit, in der sie keinen Strom liefern. Triebel
formulierte recht pointiert: „Es wird also
für Strom bezahlt, den es für die Kunden
eigentlich gar nicht gibt. Wirtschaftlich ist
das absurd.“ Umgekehrt sei es aber auch
befremdlich, Braunkohlekraftwerke oder
16 · Oesterreichs Energıe.
November/Dezember 2014
Politik
Bild oben:
Ein mit 170 Besuchern dicht besetztes
Auditorium stellte einen neuen Besucherrekord
dar.
Bild Mitte:
Dipl.-Ing. Thomas Nenning (FH Technikum Wien)
Bild unten:
Studenten präsentierten ihre Erkenntnisse aus
den Workshops.
Fotos: Oesterreichs Energie/Christian Fischer
andere thermische Kraftwerke faktisch nur
noch aus Gründen der Netzstabilität zu
betreiben, denn der Strom könne ja grundsätzlich auch mit den Erneuerbaren erzeugt
werden – etwa mit den Windparks, die nun
zeitweise abgeregelt würden.
Den großen Treiber für das Aufkommen von
Batteriespeichern sieht Triebel in der Automobilbranche, die neue Batterietechnologien nicht zuletzt im Zusammenhang mit
der Elektromobilität forciert.
Versäumnisse der
Regulierungsbehörden
Thomas-Karl Schuster von der Wiener
Netze GmbH betonte indessen, es sei erforderlich, das Gesamtsystem der Energieversorgung in den Blick zu nehmen. Dies sei in
den vergangenen Jahren nicht zuletzt seitens der Regulierungsbehörden versäumt
worden. Deren Hauptaugenmerk habe rein
kommerziellen Erwägungen, wie etwa dem
Senken der Netztarife gegolten. Die Netzbetreiber jedoch seien gesetzlich verpflichtet,
eine hohe Versorgungssicherheit und Versorgungsqualität zu gewährleisten. Dies
könne allerdings nur in jenem finanziellen
Rahmen erfolgen, den der Regulator über
die Netztarife vorgebe. Seit Beginn der
Regulierung seien die Netztarife um rund
40 Prozent gesunken. Zu beachten ist laut
Schuster auch die „technische Trägheit“ der
Infrastruktur für die Energieversorgung:
Ein Stromnetz lasse sich nun einmal nicht
von heute auf morgen umbauen und an die
sich immer schneller ändernden Marktbedingungen anpassen.
Mangels Rentabilität würden immer mehr
Großkraftwerke mit ihren Schwungmassen,
bestehend aus Turbinen und Generatoren,
aus dem Markt genommen. Solche Anlagen
hätten die Netzbetreiber bislang genutzt,
um die Frequenz der Wechselspannung bei
50 Hertz stabil zu halten. Mit BatteriespeiNovember/Dezember 2014
Oesterreichs Energıe. · 17
Politik
Bild oben:
Clemens Triebel (Younicos AG, Berlin), Dipl.-Ing. Thomas Nenning
(FH Technikum Wien), Moderator Martin Kugler und Dipl.-Ing.
Dr. Thomas-Karl Schuster (Wiener Netze GmbH; v. l. n. r.)
Bild Mitte:
Das Thema „Speicher im Netzverbund“ sorgte beim
Get-together vor …
Bild unten:
… und nach der Veranstaltung für viel Gesprächsstoff.
Fotos: Oesterreichs Energie/Christian Fischer
chern sei dies kaum möglich, „weil man so
viele Batterien nirgends aufstellen kann“,
warnte Schuster. Eine Leistung von fünf
MW, wie sie der Younicos-Batteriespeicher
erbringe, sei bei einer Spitzenlast von etwa
2000 MW, wie sie im Wiener Netz vorkomme, praktisch vernachlässigbar.
Technische und
rechtliche Fragen
Die rotierenden Massen im Energiesystem durch Speicher zu ersetzen, wäre laut
Schuster „nur dann möglich, wenn alle
zusammen zur gleichen Zeit ihren Beitrag
leisten. Dazu müsste der Netzbetreiber
aber automatisch auf alle Speichersysteme
zugreifen können.“ Und das funktioniere
zurzeit technisch noch nicht: „Da ist noch
viel Forschungsarbeit notwendig.“
Überdies gibt es laut Schuster auch ein
rechtliches Problem: Aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Trennung zwischen
dem Netzbereich einerseits und dem Kraftwerksbereich andererseits (Unbundling)
habe der Netzbetreiber nicht das Recht,
auf Batteriespeicher zuzugreifen. Er könne
diese daher nicht für die Netzstabilisierung
nutzen, selbst wenn das technisch möglich
und sinnvoll wäre, stellte Schuster klar. Die
Netzbetreiber seien gesetzlich verpflichtet,
eine hohe Versorgungssicherheit und -qualität zu gewährleisten. Dies könne allerdings nur in jenem finanziellen und rechtlichen Rahmen erfolgen, den die Regulierung
vorgebe. Hier müssten Änderungen stattfinden, so Schuster.
Pumpspeicher favorisiert
Thomas Nenning, der an der FH Technikum am Institut für erneuerbare Energie
lehrt, sieht Pumpspeicher derzeit als „einzige Technik zur Stromspeicherung, die sich
rechnet“. In Deutschland würden nunmehr
auch Druckluftspeicher entwickelt, um
18 · Oesterreichs Energıe.
November/Dezember 2014
Politik
Großes Interesse fand auch
das Fachmagazin von
Oesterreichs Energie.
Fotos: Oesterreichs Energie/Christian Fischer
die schwankende Stromerzeugung großer
Windparks auszugleichen. Allerdings seien
diesbezüglich „noch hohe Investitionen
notwendig“. Die Batteriespeicher wiederum
sind laut Nenning derzeit im wirtschaftlichen „Tal des Todes“ zwischen der technischen Ausgereiftheit und der Markteinführung. Die Speicherung von Strom im Erdgasnetz (Power to Gas) befinde sich noch für
längere Zeit im Entwicklungsstadium.
In der Speicherforschung würden derzeit
vor allem die Fragen der Kostensenkung
und die Erstellung von Geschäftsmodellen
behandelt. Probleme für den Einsatz neuartiger Speicher bringe auch das Fehlen
geeigneter regulatorischer Rahmenbedingungen mit sich.
Die FH Technikum Wien selbst forscht an
mehreren Projekten bezüglich neuer Speichertechnologien. Sie führte unter anderem
ein Projekt mit der Bezeichnung „PV-Store“
durch. Ziel war es, Strom aus Fotovoltaikanlagen in Vanadium-Redox-Flow-Batterien zu speichern. Als größtes Hindernis
für die Markteinführung habe sich dabei
die geringe Energiedichte der Speicher und
damit deren erforderliche Größe erwiesen.
Zudem testete die FH Technikum im Auftrag der EVN drei Jahre lang ein multifunktionales Batteriespeichersystem für
den Haushaltsbereich. Dabei zeigte sich,
dass Energieautarkie für Haushalte völlig
utopisch ist. Auch wäre das getestete System für die Bereitstellung von Regel- und
Ausgleichsenergie „um den Faktor drei bis
vier zu teuer gewesen“, sagte Nenning. Ihm
zufolge „kann es nicht das Ziel der Energiepolitik sein, dass jeder Haushalt autark
wird. Das Netz lässt sich nicht durch eine
Vielzahl mehr oder weniger autarker Zellen
ersetzen.“ ■
■
Produzenten von Solartechnologie wollen
Komplettmenüs servieren
Die Wunschvorstellung sieht so aus, dass Speicherlösungen die
nächste große Boom-Phase im Bereich der alternativen Stromproduktion befeuern. Am Ende soll dann das – möglichst von
der Netzversorgung unabhängige – Smart Home stehen, erläutert Ahmed Mohamed, Sales Manager Solar EU Business Group
von LG Electronics, zuständig für Deutschland und Österreich.
Der koreanische Konzern steigt gerade verstärkt in das SolarBusiness ein. Zuletzt erzielte LG Solar noch weniger als ein
Prozent des Umsatzes der gesamten LG Electronics Group, der
bei 37 Mrd. Euro lag, das soll sich jedoch bald ändern. Eine
große Fertigungsstätte wurde erreichtet und es wird intensiv
geforscht. Mohamed: „Derzeit sind wir noch kein MegawattPlayer, wollen aber auf 600 MW pro Jahr kommen und Weltmarktführer werden.“ Rund 600 Mitarbeiter arbeiten bisher im
Solarbereit des Konzerns, davon aber allein 250 in Forschung
und Entwicklung.
Neben neuen Produkten aus dem Bereich Solar bietet das
Unternehmen auch einen ersten Stromspeicher, das Energy
November/Dezember 2014
Storage System (ESS), an. Das kompakte Batteriesystem verfügt
über eine Ladekapazität von zwei kWh und einen maximalen
Output von einem kW.
Das System ist auf insgesamt 18 kWh Ladekapazität beziehungsweise neun kW Leistung erweiterbar und lässt sich
sowohl als ein- als auch als dreiphasiges System betreiben.
Dafür gibt es zehn Jahre Garantie. Zusätzlich zu Fotovoltaikmodulen mit erhöhtem Wirkungsgrad und den bereits bekannten Wechselrichtern gibt es auch integrierte Mikro-Wechselrichter. Ein Solarpanel liefert Anwendern nicht nur ohne
Umwege Wechselstrom, die Konzeption erleichtert Installateuren auch die Montage, so Mohamed.
In den kommenden Jahren will der koreanische Konzern verstärkt Haushalte als Zielgruppe ansprechen, nicht nur direkt,
sondern auch mit Partnern aus der E-Wirtschaft. „Wir können
uns Kooperationsmodelle vorstellen, bei denen wir in Zusammenarbeit mit der E-Wirtschaft Konsumentenanlagen anbieten“, erläuterte der Manager.
Oesterreichs Energıe. · 19
Politik
Wichtige Schritte
Richtung Energieb
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION HAT VOR KURZEM IHRE EINSCHÄTZUNG ÜBER DIE
HERAUSFORDERUNGEN BEI DER VOLLENDUNG DES ENERGIEBINNENMARKTES UND EINE
ERSTE ANALYSE ZU DEN FÖRDERKOSTEN VERÖFFENTLICHT. ES ZEIGT SICH ZWEIERLEI:
VIELES IST BEREITS UMGESETZT, ZENTRALE HERAUSFORDERUNGEN BESTEHEN ABER
WEITER.
VON HARALD HORNACEK
M
it großer Spannung hat die
E-Wirtschaft
die
Veröffentlichung der Europäischen Kommission über die bisherigen Erfolge und
Auswirkungen zum geplanten Energiebinnenmarkt erwartet. Mit 2014 hätte ja dieser
Energiebinnenmarkt laut ursprünglichen
Zielsetzungen geschaffen werden sollen.
Dies wurde noch nicht ganz erreicht, aber
in den letzten fünf Jahren wurden zahlreiche Schritte und Maßnahmen gesetzt, die
nun von der EU-Kommission beurteilt wurden – und zwar großteils durchwegs positiv, wie eine erste Analyse von Oesterreichs
Energie zeigt.
Um den geplanten Energiebinnenmarkt zu
realisieren, betont die EU-Kommission ein-
20 · Oesterreichs Energıe.
mal mehr die Notwendigkeit wettbewerbsfähiger Märkte sowie geringerer Großhandelspreise. In diesem Zusammenhang wird
die Bedeutung der Strombörsen für wettbewerbsfähige Preise und geringere Systemkosten hervorgehoben. Insgesamt, weist
der Branchenverband Eurelectric hin, geht
die Europäische Union nach der vollständigen Implementierung des EU-Binnenmarktes von einem Wirkungsvolumen von
16 bis 40 Mrd. Euro aus – und das jährlich.
In diesem Zusammenhang verweist Eurelectric darauf, dass die EU-Kommission die
Auswirkungen des Energiebinnenmarktes
nach wie vor unterschätze. Auch für Oesterreichs Energie sind viele Fragen noch offen
– wenngleich sich das Statement der EUNovember/Dezember 2014
Politik
innenmarkt
Foto: fotolia.com
Kommission in manchen Bereichen mit den
Einschätzungen von Oesterreichs Energie
auch durchaus deckt.
So ist der Verweis auf die Notwendigkeit
von mehr und besseren Netzen und transparenten und robusten Regeln für integrierte Märkte ein zentraler Faktor in der
Schaffung eines Energiebinnenmarktes.
Als prioritär gelten für die EU-Kommission
besonders dringende Stromverbindungen wie jene innerhalb Deutschlands und
des Baltikums, ebenso werden die besseren Anbindungen der Iberischen Halbinsel
sowie Irlands und Großbritanniens an das
europäische Festland erwähnt.
Hartes Durchgreifen
angekündigt
Auch die Weiterentwicklung zu Smart Grids
wird im EU-Bericht als essenziell bezeichnet. Neben der Verbesserung des Investitionsklimas sei vor allem die nachhaltige und
umgehende Implementierung der Transeuropäischen Netze-(TEN-E)Regeln zur Identifizierung der wichtigsten Projekte von
gemeinsamem Interesse (PCI) von höchster
November/Dezember 2014
Bedeutung. Hier wird die EU-Kommission
laut eigener Ankündigung „zur Verhinderung weiterer Verzögerungen durch die
Mitgliedstaaten“ zukünftig härter durchgreifen.
Um allen Marktteilnehmern gleichberechtigten Zugang zur existierenden Netzinfrastruktur zu gewähren, müssten Kapazitätszuweisung, Engpassmanagement und
grenzüberschreitende
Balancing-Märkte
prioritär behandelt werden.
Ein weiterer Punkt ist die bessere Implementierung der bestehenden und die Annahme
weiterer Netzwerkcodes. In diesem Zusammenhang wird auch auf die wichtige Rolle
der Europäischen Netzbetreiber (ENTSO-E)
beim Monitoring der NetzwerkcodesImplementierung verwiesen, gleichzeitig
aber auch kritisch festgehalten, dass die
ENTSO-E dieser Aufgabe bisher nur unzureichend nachgekommen seien.
Von großer Wichtigkeit ist es laut EU-Kommission auch, dass die nationalen Regulatoren und die EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulatoren (ACER)
die Handelsaktivitäten überwachen, um
Info
In vielen Ländern Europas ist
der Endkundenmarkt noch so
organisiert, dass die Energie
von einem zentralen großen
Kraftwerk zu vielen einzelnen Kunden fließt. Aufgrund
neuer Technologien wie
Smart Meter, Home Automation und Kleinstkraftwerke,
die für die Kunden immer
mehr verfügbar sind, ergeben
sich die Möglichkeit und die
Notwendigkeit, Kunden dazu
zu bringen, die Kontrolle über
ihre Energierechnungen zu
übernehmen, während die
Integration der Erneuerbaren in das Verteilnetz und
die Erhöhung ihrer Effizienz
unterstützt werden.
Oesterreichs Energıe. · 21
Politik
Preismanipulationen auf Kosten der Konsumenten zu verhindern. Als gelungenes
Beispiel für eine effiziente Vorgehensweise
nennt die Kommission hier den britischen
Regulator Ofgem.
Klare, transparente Netztarife
Die Zusammensetzung der Netztarife sollte
transparent und auf Basis klarer gemeinsamer europäischer Regeln erfolgen, sodass
die Netznutzer sicher sein können, einen
fairen Preis zu bezahlen, egal, in welchem Mitgliedstaat sie tätig sind. Tarife
haben auch einen verteilenden Charakter –
solange dies jedoch eine rein
nationale
Angelegenheit
ist und grenzüberschreitende
Beeinflussungen
nicht vollständig beachtet
werden, kann der Elektrizitätsbinnenmarkt nicht
vollendet werden, heißt es.
Ein weiteres Thema stellen zudem Smart Grids
dar. Diese sollen, sagt
die EU-Kommission wenig
überraschend, zum Nutzen des Energiesystems, der Haushalte und der klein- und
mittelständischen Wirtschaft (KMU), die in
Europa das Rückgrat der Ökonomien bildet,
entwickelt werden.
Die Zusammensetzung
der Netztarife soll
auf Basis klarer
gemeinsamer Regeln
erfolgen.
Anreize für
Verteilnetzbetreiber
Das Datenaufkommen werde mit Smart
Grids erheblich ansteigen. Die Konsumenten sind – bereits von Gesetzes wegen –
befähigt, zu entscheiden, wer Zugang zu
ihren Messdaten hat. Die nationalen Regulierungsbehörden oder die Mitgliedstaaten
müssen aber klare Datenmanagementprozesse definieren, um Privacy, Security und
diskriminierungsfreien Zugang zu gewährleisten. Smart Meter werden detaillierte
und verifizierte Verbrauchsdaten zur Verfügung stellen, welche für die Abrechnung der
Endkunden verwendet werden. Echtzeitverbrauchsdaten des Hauses, von smarten
Anwendungen oder vom E-Auto erfordern
keine Verifizierung durch den Verteilnetzbetreiber.
Ändern werden sich damit auch die Herausforderungen für Verteilnetzbetreiber: Diese
müssen intelligent investieren, nicht nur
in den klassischen Netzausbau, sondern in
smarte Lösungen, wie Laststeuerung zur
22 · Oesterreichs Energıe.
besseren Integration der Erneuerbaren,
Demand-Zeitmanagement,
Demand-Response und E-Molbilität. Für Oesterreichs
Energie ist gerade diese Aussage der EUKommission von besonders wesentlicher
Bedeutung.
Kapazitätsmärkte
müssen offen sein
Zum Thema staatliche Interventionen im
Energiemarkt hält die EU-Kommission fest,
dass Kapazitätsmärkte als Mindesterfordernis offen für ausländische Kapazitäten
sein müssen und daneben sowohl nachfrageseitige als auch Erzeugungslösungen
belohnen müssten. Auch die Flexibilität
von Erzeugung und Nachfrage spiele hierbei eine große Rolle.
Die EU-Kommission führt derzeit Studien zur Entwicklung eines europäischen
Erzeugungs- und Systemadäquanz-Bewertungssystems durch, gemeinsam mit ACER,
ENTSO-E und den nationalen Regulatoren.
Die Ergebnisse dieser Studie sollen dann
zur Festlegung eines europäischen Standards beitragen.
Insgesamt, so der Bericht der EU-Kommission, gäbe es bereit durchaus erfolgreiche
und vorbildliche Initiativen auf dem Weg
zum gesamteuropäischen Energiebinnenmarkt. Konkret genannt werden hier der
Baltic Energy Market Interconnection Plan
(BEMIP) sowie die North Seas Countries
Offshore Grid Initiative.
Größter Förderbrocken
an Erneuerbare
Zeitgleich, und damit früher als angekündigt,
hat die EU-Kommission auch einen Interimsbericht zu den Energiekosten und Fördermitteln in der EU („Subsidies and costs of
EU-energy“) veröffentlicht, der federführend
vom Beratungsunternehmen Ecofys erstellt
wurde: Demnach soll sich der Gesamtbetrag
an Subventionen im Jahr 2012 auf 120 bis
140 Mrd. Euro belaufen haben.
Interessant ist die Aufteilung der Subventionen: Der größte Anteil im Energiebereich
geht in den Mitgliedstaaten in den Bereich
Erneuerbaren und beträgt fast 40 Mrd.
Euro – wobei knapp 15 Mrd. Euro auf Sonnenenergie entfielen, zehn Mrd. Euro auf
Windkraftwerke onshore, 8,3 Mrd. Euro
auf Biomasse und 5,2 Mrd. Euro auf Wasserkraft. Kohle als Energieträger wurde mit
zehn Mrd. Euro gefördert, gefolgt von KernNovember/Dezember 2014
Politik
energie mit sieben Mrd. Euro und Erdgas
mit fünf Mrd. Euro.
In diesen Zahlen nicht integriert sind die
freie Zuteilung von Emissionsrechten sowie
Steuernachlässe und Direkthilfen.
Die Integration der Erneuerbaren und der
Fokus auf Energieeffizienz werden die
Weise, wie Strom erzeugt, übertragen und
verbraucht wird, ändern, ist die EU-Kommission überzeugt. Der regulatorische Rahmen müsse dieser Transformation Rechnung tragen und sicherstellen, dass er es
den Konsumenten erlaubt, die Kontrolle
über ihre Energierechnungen zu übernehmen und dabei die Energieeffizienz des
gesamten Systems zu verbessern.
Barrieren müssen
verschwinden
Ein Kapitel ist in der EU-Kommission-Mitteilung auch dem Thema Endkundenmarkt
gewidmet. Während die Energiepreise auf
den Großhandelsmärkten sinken, spüren
die Konsumenten auf den Endkundenmärkten von dieser Preissenkung wenig. Grund
dafür ist ein wichtiger und wachsender Teil
auf den Rechnungen der Endkunden: Steuern und Abgaben.
November/Dezember 2014
In vielen Ländern Europas ist der Endkundenmarkt so organisiert, dass die Energie
von einem zentralen großen Kraftwerk zu
vielen einzelnen Kunden fließt. Aufgrund
neuer Technologien wie Smart Meter und
Home Automation, die für die Kunden
immer mehr verfügbar sind, ergeben sich
die Möglichkeit und die Notwendigkeit,
Kunden dazu zu bringen, die Kontrolle über
ihre Energierechnungen zu übernehmen,
während die Integration der Erneuerbaren
in das Verteilnetz und die Erhöhung ihrer
Effizienz unterstützt werden.
Um neue Technologien am effizientesten
nutzen zu können, ist es laut EU-Kommission notwendig, die Barrieren zwischen
Großhandels- und Endkundenmarkt verschwinden zu lassen. Wenn alle Kunden
– gleich welcher Größe – von der Anpassung von Verbrauch und Erzeugung profitieren sollen, müssen sie allerdings in der
Lage sein, ihre Flexibilität am Markt direkt
oder indirekt anzubieten und dabei müsse
entsprechende Wahlfreiheit herrschen. In
Schweden, das hier als gelungenes Beispiel
erwähnt wird, ist dies bereits Realität. Dort
entscheiden sich immer mehr Kunden für
Verträge mit dynamischen Strompreisen.■ ■
In Schweden, das von der
EU-Kommission als positives
Beispiel erwähnt wird,
entscheiden sich bereits viele
Kunden für Verträge mit
dynamischen Strompreisen.
Foto: Cityphoto
Oesterreichs Energıe. · 23
Politik
Deutscher Strompreis
für Private verdoppelt
Frankreich will
Atomstrom
reduzieren
Das traditionell atomfreundliche Frankreich
will den von Atomkraftwerken produzierten
Anteil seines Strombedarfs reduzieren. Von
aktuell rund 75 Prozent
sollen bis 2025 noch
etwa 50 Prozent aus den
Reaktoren kommen. Das
sieht ein, von der Nationalversammlung in Paris
mit deutlicher Mehrheit
verabschiedetes, Gesetz
zum Energiewandel vor.
Eine entsprechende
Regelung war vom
jetzigen Präsidenten
François Hollande schon
im Wahlkampf 2012
versprochen worden. In
Frankreich wird momentan in 58 Reaktoren an
19 Standorten Atomstrom
produziert.
24 · Oesterreichs Energıe.
Fotovoltaikausbau insgesamt leidet, heißt
es. Im Ökostromgesetz sind acht Mio. Euro
pro Jahr an Fördergelder für den Fotovoltaikausbau reserviert. Überhöhte Förder­
tarife würden dazu führen, dass die Fördermittel schneller ausgeschöpft sind und
weniger Anlagen gebaut werden können.
Schweizer Strommarkt
bis 2018 liberalisiert
Der Strompreis für private Verbraucher
hat sich in Deutschland seit dem Jahr
2000 beinahe verdoppelt. Im Durchschnitt
müssen Privatleute heute 92 Prozent mehr
für Strom zahlen als vor rund 14 Jahren,
wie das Statistische Bundesamt berichtete.
Industrieunternehmen und kleine Gewerbebetriebe mussten in dem beobachteten
Zeitraum Preiserhöhungen zwischen 76
und 79 Prozent hinnehmen.
Seit 2008 lief es für industrielle Großkunden hingegen deutlich besser. Sie zahlen
für Strom aktuell fünf Prozent mehr als im
Juli 2008. Anders als Privatleute und kleine
Gewerbetreibende konnten die Unternehmen die seitdem stark gefallenen Großhandelspreise nutzen, indem sie selbst an den
Strombörsen einkauften oder kurzfristig
bessere Verträge mit ihren Stromlieferanten aushandelten.
Auch die Befreiungen von der Ökostrom­
umlage für besonders energieintensive
Produktionsbetriebe sind laut Statistischem Bundesamt im Preisindex berücksichtigt. Bürger und Wirtschaft zahlen
die Umlage zur Finanzierung der Energie­
wende über den Strompreis, energieintensive Unternehmen bekommen hohe
Rabatte, was sich in der Umlage der anderen Verbraucher niederschlägt.
Mehr Transparenz bei
Ökostromförderung
Obwohl die Kosten für Fotovoltaikanlagen
in den vergangenen Jahren massiv gesunken sind, vollzieht die österreichische
Ökostrom-Förderpolitik diese Kostensenkung nicht nach, kritisiert die Arbeiterkammer. Diese Förderpolitik gehe nicht nur
auf Kosten der Konsumenten, die für die
Fördergelder aufkommen müssen, auch der
Der Schweizer Strommarkt soll ab 2018
vollständig liberalisiert sein: Jeder kann
ab diesem Zeitpunkt auswählen, bei
welchem Stromlieferanten er zu welchem
Preis welche Art von Strom beziehen will.
Derzeit haben nur die Großverbraucher
Wahlfreiheit.
Mit der vollen Strommarktliberalisierung können sich Endverbraucher ab
Foto: Brauerei Feldschlösschen
Trotz massiver Proteste
sind im ärmsten EU-Land
Bulgarien die Verbraucherpreise für Strom
seit Anfang Oktober um
knapp zehn Prozent drastisch gestiegen. Private
Haushalte müssen von
1. Oktober an durchschnittlich 9,79 Prozent
mehr für Strom bezahlen,
entschied die staatliche
Aufsichtsbehörde DKEWR
in Sofia. Durch die höheren Preise solle die Versorgung mit Strom zuverlässiger werden. Sozialisten
und Nationalisten hatten
im Wahlkampf für die
Parlamentswahl am
kommenden Sonntag
gegen die angekündigte
Teuerung protestiert.
Seit Jahren ist der Strompreis in Bulgarien ein
Politikum. Große Teile der
Bevölkerung können aus
Armut ihre Stromrechnungen nicht bezahlen.
Erst im Februar 2013 war
die damalige konservative Regierung durch
Massenproteste gegen
hohe Strompreise gestürzt
worden.
Foto: Sonntagsblätter
Drastischer
Preisanstieg in
Bulgarien
dem 1. Januar 2018 vom Stromlieferanten
ihrer Wahl beliefern lassen. Dazu müssen
die Stromversorgungsunternehmen ihre
Tarife für das Folgejahr jeweils im Sommer
bekannt geben. Die Endverbraucher können ihren Stromlieferanten auswählen.
140 Milliarden Euro
Energiesubventionen
Die EU-Staaten haben im Jahr 2012 bis zu
140 Mrd. Euro in die Subvention von Energie gepumpt. Dies ist eines der zentralen
Ergebnisse einer in Brüssel präsentierten
Erhebung der EU-Kommission, die erstmals einen konkreten Überblick über den
Energiemarkt liefern soll. Die Erneuerbaren liegen demnach bei den Förderungen
vor den konventionellen Energieträgern.
Ein Gutteil der Förderungen ging in den
Bereich der erneuerbaren Energien. Solar
liegt hier mit 14,7 Mrd. Euro vorne, gefolgt
von Windkraftanlagen an Land (10,1 Mrd.
Euro), Biomasse (8,3 Mrd. Euro) und Wasserkraft (5,2 Mrd. Euro).
November/Dezember 2014
D
er Trend ist unverkennbar: Allüberall gibt es „Schmankerln aus der
Region“, jede Talschaft ist praktisch
schon eine eigene „Genusszone“, in jedem
Bundesland werden von der öffentlichen
Hand Hochglanzbroschüren über Wirtshäuser „mit typischer Regionalküche“ publiziert, im dortselbst angepriesenen Gasthaus dominieren „die klassischen Speisen
aus Omas Kochbuch“, natürlich zubereitet
mit den „Zutaten aus dem eigenen Gemüseund Kräutergarten“.
Der Regionalismus ist der Mainstream im
Marketing des Lebensmitteleinzelhandels
und der Gastronomie. Landeshauptleute
eröffnen regionale Gastronomiefestivals,
die Chefs der Lebensmitteleinzelhandelsketten beißen öffentlichkeitswirksam mit
der Chili-Schokolade über die marinierten
Schweinsbackerln, den Kürbisstrudel bis
hin zu den geräucherten Rehwürsten aus
dem Seitental.
Doch eines sollte bei all dieser regionalen Schmankerl-Euphorie nachdenklich
stimmen: Wenn viele Länder und Regionen
auf diesen Zug der Renationalisierung des
Nahrungs- und Getränkeangebotes aufspringen, dann wird es im Umkehrschluss
für die Exporteure schwierig – auch für die
österreichischen. Denn die Renationalisierung der Konsumgewohnheiten ist naturgemäß ein Hemmnis für den internationalen Warenverkehr.
Die Ausfuhren heimischer Landwirtschaftsprodukte haben sich seit dem EU–
Beitritt im Jahre 1995 verfünffacht. Das
Dkfm. Milan Frühbauer,
langjähriger Chefredakteur der
Wochenzeitschrift „industrie“,
Journalist und Universitätslektor
für Öffentlichkeitsarbeit
Biedermeier der „Schmankerln“
Vorliebe in den heimischen Apfel oder
unterzeichnen vor der Kamera Lieferverträge mit regionalen Lieferanten.
Der Konsument fühlt sich offensichtlich
sehr wohl dabei, denn allen Empfehlungen
der Ernährungsgurus zum Trotz dominiert
in den apostrophierten Wirtshäusern der
Schweinsbraten mit Kruste, vom Blunzengröstl gar nicht erst zu reden. Der regional sensibilisierte Konsument bekommt
hingegen im Gegenzug ein schlechtes
Gewissen, wenn er im Obstregal nach
einer spanischen Birne oder einem südafrikanischen Apfel greift. Die furchtbare
CO2-Bilanz von Transport, Lagerung und
überhaupt der gesamten Logistik: Sie wissen schon.
Da lobt man sich die Weidegans mit dem
Jungwein, dargeboten in der ländlichen
Wirtshauskultur von kleinen Orten bisher
unbekannter kulinarischer Relevanz.
Dieser neue Regionalismus ist durchaus
legitim, und er fördert ohne Zweifel vor
allem die kleineren Landwirtschaftsbetriebe sowie Markenartikelhersteller mit
schmackhaften Nischenprodukten. Von
November/Dezember 2014
wird von den Verantwortlichen in Landwirtschaft und verarbeitender Industrie
mit Recht als Erfolg gefeiert. So mancher
Lebensmittelproduzent aus der Markenartikelindustrie wäre nämlich längst
vom Markt verschwunden, gäbe es nicht
betriebliche Exportquoten, die im Einzelfall die 80-Prozent-Marke überschreiten.
Das heißt, der liberalisierte Binnenmarkt
war besonders im Bereich des Lebensmittelangebotes ein Segen für die österreichische Wirtschaft.
Gerade eine Ökonomie von der Größe
Österreichs ist auf voll barrierefreien
Außenhandel angewiesen. Wir müssen
daher froh sein, wenn anderswo auch
Qualität aus dem Ausland geschätzt und
aus den Regalen des Lebensmittelhandels
genommen wird. Daher sei auch – gleichsam im Gegenzug – dem Österreicher
gelegentlich ein Schweizer Käse, eine
Fränkische Rostbratwurst, eine saftige
Mortadella oder ein französischer Chablis
gegönnt. Wir freuen uns ja auch über die
Freunde der Manner-Schnitten und des
Grünen Veltliners quer durch Europa.
Oesterreichs Energıe. · 25
Politik
Foto: E
P
EU soll Vorreiter bei E
26 · Oesterreichs Energıe.
November/Dezember 2014
Politik
Erneuerbaren werden
ALLES NEU IN BRÜSSEL: ENDE OKTOBER BESCHLOSS DER EU-GIPFEL DER STAATS- UND
REGIERUNGSCHEFS IN BRÜSSEL DEN NEUEN RAHMEN FÜR DIE KLIMA- UND ENERGIEPOLITIK
DER EU BIS ZUM JAHR 2030, UND DIE NEUE EU-KOMMISSION UNTER JEAN-CLAUDE JUNCKER
TRAT AM 1. NOVEMBER OFFIZIELL IHR AMT AN.
A
m 1. November begann die fünfjährige Amtszeit der neuen EU-Kommission von Jean-Claude Juncker,
die sich vor allem der Bekämpfung der massiven Arbeitslosigkeit und der Ankurbelung
des schwachen Wirtschaftswachstums
widmen muss. Juncker hat im EU-Parlament konkret angekündigt, noch in diesem
Jahr ein 300 Mrd. Euro schweres Investitionspaket zur Belebung der Konjunktur
vorzulegen; dessen Finanzierung ist jedoch
noch unbekannt. Das Parlament, das die
Kommission bestätigen musste, hatte sich
vor allem wegen dieses Versprechens hinter
Juncker gestellt. Die Abgeordneten warnten
aber, dass sie keine kosmetischen Korrekturen und einfache Umbenennungen bereits
zugeteilter Haushaltsmittel akzeptieren
werden. Daraufhin stellte Juncker zumindest klar, dass das Investitionspaket nicht
mit Schulden finanziert werden kann.
Zuvor mussten sich jedoch alle Kandidaten
für einen EU-Kommissarsposten den Anhörungen durch das Europäische Parlament
stellen. Das Parlament kann keine einzelnen
Kommissionskandidaten, sondern lediglich das gesamte Kommissionskollegium
ablehnen. Diese Macht haben die EU-Abgeordneten genutzt, um teils durchaus substanzielle Veränderungen durchzusetzen –
sowohl in personeller Hinsicht als auch bei
der Auf- und Zuteilung der verschiedenen
Ressorts.
Bei sechs der Kommissarskandidaten
sind an den Zuständigkeiten Änderungen
gegenüber den ursprünglichen Plänen
vorgenommen worden. So wechselte etwa
der Bereich „Nachhaltigkeit“ vom Spanier
Miguel Arias Cañete zum niederländischen
Vizepräsidenten Frans Timmermans, der
die Arbeit der anderen KommissionsmitNovember/Dezember 2014
glieder auf den Aspekt der Nachhaltigkeit
hin beobachten und gegebenenfalls eingreifen kann.
Besonders spektakulär war eine personelle
Veränderung. Die designierte EU-Kommissarin für die europäische Energiepolitik,
die Slowenin Alenka Bratušek, war nach
Ansicht der Europaabgeordneten dieser wichtigen und heiklen Aufgabe nicht
gewachsen und musste kurzerhand ausgetauscht werden. Ihr Ressort übernahm
der Slowake Maroš Šefčovič, der schon der
Barroso-Kommission angehörte. Er wurde
zum Vizepräsidenten für die Energieunion
ernannt. Einige andere problematische
Kommissare durften – nach vagen Zugeständnissen – ihre Posten behalten.
Eine neue Organisationsstruktur mit sieben Vizepräsidenten soll die Koordinierung
der verschiedenen Politikbereiche künftig
verbessern. Energie, Wachstum, Jobs und
der digitale Binnenmarkt sind die großen
politischen Prioritäten der neuen Kommission, mit denen sich laut Juncker die Vizepräsidenten befassen sollen.
Erstmals gibt es mit Timmermans einen
ersten Vizepräsidenten, der den Kommissionspräsidenten vertreten kann. Er ist
auch ressortübergreifend für eine „bessere
Rechtsetzung“ zuständig und hat als einziger ein Vetorecht bei Gesetzesvorschlägen.
Intensiver Wettbewerb
im Energiebereich
Die politischen Prioritäten und Leitlinien
der Juncker-Kommission im Energiebereich fasst der Kommissionspräsident wie
folgt zusammen: „Wir müssen unsere Ressourcen bündeln, unsere Infrastrukturen
verbinden und unsere Verhandlungsmacht
gegenüber Drittstaaten vereinen.“ Außer-
VON TANSEL TERZIOGLU
Info
Zu den Zuständigkeiten
des für die Energieunion
zuständigen Vizepräsidenten
Šefčovič zählen nun unter
anderem die Schaffung einer
Europäischen Energieunion
durch die Vernetzung der
Infrastrukturen, die Durchsetzung der Rechtsvorschriften
und die Intensivierung des
Wettbewerbs im Energiebereich, aber auch die Verbesserung der Energieeffizienz
und die Vermeidung von
Energieengpässen sowie die
Diversifizierung der Energieimportquellen.
Oesterreichs Energıe. · 27
Politik
dem soll die EU weltweit die Nummer eins
im Bereich der Erneuerbaren werden und
Vorreiter beim Kampf gegen die globale
Erwärmung sein.
Zu den Zuständigkeiten des für die Energieunion zuständigen Vizepräsidenten
Šefčovič zählen deshalb
unter anderem die Schaffung einer Europäischen
Energieunion durch die
Vernetzung der Infrastrukturen, die Durchsetzung der Rechtsvorschriften und die Intensivierung des Wettbewerbs im
Energiebereich, aber auch
die Verbesserung der Energieeffizienz und die Vermeidung von Energieengpässen sowie die Diversifizierung
der Energieimportquellen.
Allerdings sind die Abgrenzungen zwischen
den verschiedenen Ressorts oft unscharf,
gerade auch zwischen Šefčovič und dem
spanischen Fachkommissar Miguel Arias
Cañete, der für Klimaschutz und Energie
zuständig sein soll und mit ähnlichen Aufgaben wie dem Ausbau des Energiebinnenmarkts betraut ist. Cañete stand zudem
stark in der Kritik, weil er wegen
starken Verbindungen zur Ölindustrie Interessenskonflikte
haben könnte.
Der österreichische Kommissar Johannes Hahn, der
in der Barroso-Kommission für die Regionalfördergelder der EU verantwortlich war, wird in
der neuen Kommission
für das Ressort Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen
zuständig sein. Damit
ist er auch mit den
aktuellen
Krisenherden
Energie, Wachstum,
Jobs und der digitale
Binnenmarkt sind die
Prioritäten der neuen
EU-Kommission.
Europas, wie beispielsweise dem UkraineKonflikt, befasst, und ist so eine Art rechte
Hand für die Vertreterin der EU für Außenpolitik, die Italienierin Federica Mogherini,
die zugleich auch eine Vizepräsidentin der
Kommission ist. Er muss auch die Beitrittsverhandlungen mit Kandidatenländern wie
der Türkei führen, was umso heikler sein
wird, da Präsident Juncker schon erklärt
hat, dass es in den nächsten fünf Jahren
keine neuen EU-Mitglieder geben werde.
Einigung nach
heftigen Kontroversen
Seit Ende Oktober fix ist jedenfalls ein
Klima- und Energierahmen bis 2030. Beim
„Klimagipfel“ hat der Europäische Rat den
Vorschlag der Kommission angenommen,
die Treibhausgasemissionen verbindlich
um 40 Prozent zu senken (gegenüber 1990).
Der Anteil der erneuerbaren Energien soll
bis dahin auf mindestens 27 Prozent steigen, was EU-weit, aber nicht auf Ebene der
Mitgliedstaaten bindend sein soll, während
gleichzeitig 27 Prozent mehr Energieeffizienz erreicht werden sollen. Die Vorgabe für
die Steigerung der Energieeffizienz ist aber
nicht verbindlich.
Des Weiteren wurde eine Reform des
Emissionshandels und die Fortführung
der effektiven Regelungen zum Schutz der
internationalen Wettbewerbsfähigkeit der
Industrie beschlossen. So soll nach 2020
die Zahl der Zertifikate nicht – wie bisher
vorgesehen – um jährlich 1,74 Prozent,
sondern um 2,2 Prozent gesenkt werden.
Gratiszertifikate soll es weiterhin geben
(siehe Seite 44). „Bestehende Maßnahmen
werden auch nach 2020 weiter dazu dienen, der Gefahr einer Verlagerung von CO2Emissionen aufgrund der Klimapolitik vorzubeugen, solange in anderen führenden
Wirtschaftsnationen keine vergleichbaren
Anstrengungen unternommen werden“,
heißt es in den Schlussfolgerungen des
EU-Gipfels. Außerdem behält sich die EU
vor, nach dem Abschluss der Weltklimakonferenz in Paris im Dezember 2015 die
Beschlüsse neu zu bewerten.
Das letzte Energie- und Klimapaket der EU aus dem Jahr 2009
hatte für das Jahr 2020 in
Maroš Šefčovič, EU-Kommissar
für Europäische Energiepolitik
Foto: EurActiv
28 · Oesterreichs Energıe.
November/Dezember 2014
Politik
allen drei Bereichen jeweils 20 Prozent als
Ziel vorgegeben. Angesichts der heftigen
Kontroversen vor dem Gipfel kann die jetzige Einigung als Erfolg gewertet werden,
zumal ein Scheitern durchaus im Bereich
des Möglichen lag. Der sehr unterschied­
liche Energiemix der 28 EU-Mitgliedsländer
ist für die Uneinigkeit ebenso ausschlaggebend wie das noch immer beträchtliche
Wohlstandsgefälle, zumal die Erreichung
der Ziele Mehrkosten erfordern wird. Vor
allem Großbritannien und Polen stemmten
sich gegen höhere Zielvorgaben und drohten mit einem Veto. Wohlwollende Beobachter sehen daher im EU-Klimaziel von mindestens 40 Prozent ein wichtiges Signal für
die globalen Klimaverhandlungen in Paris.
Dass das Effizienzziel des Rates unter den
30 Prozent liegt, welche noch die Kommission Barroso vorgeschlagen hatte, hielt den
mittlerweile aus dem Amt geschiedenen
Kommissionspräsidenten nicht davon ab,
die Staatsoberhäupter für ihre Einigung
zu „ambitionierten Klimazielen“ zu loben.
Weniger freundlich fielen die Reaktionen
aus dem Europäischen Parlament aus, das
Anfang des Jahres für drei bindende Klimaziele gestimmt hatte, die weit ehrgeiziger
sind als die nun vom Rat beschlossenen.
Europa verzichte mit diesen Beschlüssen
darauf, die Abhängigkeit von fossilen Energieimporten zu verringern und schwäche
damit seine eigene Sicherheit, argumentieren Kritiker im Europaparlament. Weiters
wird bemängelt, dass gerade bei der Klimaund Energiepolitik die Staats- und Regierungschefs national denken. Ohne einen
europäischen Ansatz werde aber die Energiewende in Europa nicht gelingen, und die
Energiepreise würden mittel- und langfristig stärker steigen, heißt es.
Energiebinnenmarkt
rückt näher
Begrüßt wurden hingegen die Pläne für den
Ausbau der Verbindungen zwischen den
Energienetzen der EU-Länder, die den dringend notwendigen Energiebinnenmarkt in
der EU ein Stück näher rücken lassen. Das
passt auch zur Mitteilung der Kommission,
aus deren Sicht ein integrierter europäischer Energiemarkt der kostengünstigste
Weg ist, um eine sichere und erschwingliche
Energieversorgung in Europa zu gewährleisten. Darin verweist die Kommission auf
konkrete Ergebnisse: So sanken zwischen
2008 und 2012 die Stromgroßhandelspreise
um ein Drittel, und die Gaspreise sind stabil geblieben. Die Verbraucher haben eine
größere Auswahl unter Anbietern, die mit
niedrigeren Preisen und besseren Dienstleistungen miteinander konkurrieren.
Kritisch äußerten sich
auch Vertreter der Wirtschaft zu den Beschlüssen des Klima- und Energiegipfels. Die Mechanismen zur Verhinderung der
Abwanderung der energieintensiven
Industrie
seien nur unverbindlich und vage beschrieben, meint beispielsweise WKO-Präsident
Christoph Leitl. Er kritisiert, dass bei der
Aufteilung des EU-Ziels auf die einzelnen
Mitgliedstaaten „weder die bisherigen Leistungen Österreichs noch die vorhandenen
kosteneffizienten Potenziale ausreichend
berücksichtigt würden“. Es liege
nun an der neuen Kommission, „Vorschläge für eine
umfassende Reform des
Emissionshandels vorzulegen und dort den
Schutz der energieintensiven Industrie vor
der Abwanderungsgefahr wasserdicht festzulegen“.
In den nächsten Monaten werden sich nun
die Kommission und
das
Europaparlament
mit dem Standpunkt der
Mitgliedstaaten befassen
und versuchen, Korrekturen anzubringen – wobei
mit zähen und langwierigen
Verhandlungen gerechnet
wird. n
Nach den Kontroversen
vor dem Klimagipfel
kann die Einigung als
Erfolg gewertet werden.
Dr. Johannes Hahn, EU-Kommissar für
Europäische Nachbarschaftspolitik und
Erweiterungsverhandlungen
Foto: EU-Kommission
November/Dezember 2014
Oesterreichs Energıe. · 29
Politik
LUXEMBURG
Jean-Claude
Juncker (59)
Die neue
EU-Kommission
Präsident
FINNLAND
LETTLAND
ESTLAND
Jyrki
Katainen (42)
Valdis
Dombrovskis (42)
Andrus
Ansip (57)
Vizepräsident
Arbeit, Wachstum,
Investion
Vizepräsident
Euro,
soziaer Dialog
Vizepräsident
Digitale Agenda
SCHWEDEN
FRANKREICH
SPANIEN
Cecilia
Malmström (46)
Pierre
Moscovici (56)
Miguel
Arias Cañete (64)
Handel
Wirtschaft,
Währung,
Steuer
Energie,
Klima
ÖSTERREICH
GRIECHENLAND
LITAUEN
Johannes
Hahn (56)
Dimitris
Avramopoulos (61)
Vytenis
Andriukaitis (63)
Europäische
Nachbarschaftspolitik
Migration,
Inneres,
Staatsbürgerschaft
Gesundheit,
Lebensmittelrecht
SLOWENIEN
MALTA
UNGARN
Violeta
Bulc (50)
Karmenu
Vella (64)
Tibor
Navracsics (48)
Transport
Umwelt,
Fischerei,
Meerespolitik
Bildung,
Jugend, Kultur,
Bürgergesellschaft
30 · Oesterreichs Energıe.
November/Dezember 2014
Politik
NIEDERLANDE
BULGARIEN
SLOWAKEI
Frans
Timmermans (53)
Kristalina
Georgieva (61)
Maroš
Šefčovič (48)
1. Vizepräsident
Regulierung,
Grundrechte
Vizepräsidentin
Budget,
EU-Personal
Vizepräsident
Energieunion
ITALIEN
DEUTSCHLAND
GROSSBRITANNIEN
Federica
Mogherini (41)
Günther
Öttinger (60)
Jonathan
Hill (53)
Hohe
­Repräsentantin,
Außenbeauftragte
Digitale Wirtschaft
Finanzstabilität,
Finanzdienste,
Kapitalmarkt
TSCHECHIEN
BELGIEN
RUMÄNIEN
Věra
Jourová (49)
Marianne
Thyssen (58)
Corina
Cretu (47)
Justiz,
Verbraucher,
Gleichstellung
Beschäftigung,
soziale
­Angelegenheiten,
Qualifikationen
und Mobilität der
Arbeitnehmer
Regionalpolitik
POLEN
KROATIEN
DÄNEMARK
Elz̀bieta
ABieńkowska (50)
Neven
Mimica (60)
Margrethe
Vestager (46)
Binnenmarkt,
Industrie,
Unternehmen
Internationale
Zusammenarbeit
und Entwicklung
Wettbewerb
PORTUGAL
IRLAND
ZYPERN
Carlos
Moedas (43)
Phil
Hogan (54)
Christos
Stylianides (56)
Forschung,
Wissenschaft,
Innovation
Landwirtschaft
und ländliche
Entwicklung
Humanitäre Hilfe,
Krisenmanagement
November/Dezember 2014
Oesterreichs Energıe. · 31
Wirtschaft
Der hoch verschuldete
Energiekonzern RWE
verkauft seinen Firmensitz in Essen, den RWETurm, und mietet ihn
zurück. Die Verträge mit
dem US-Immobilienfonds
ARC seien unterzeichnet,
teilte RWE mit. Der Turm
und seine vier Nachbargebäude bleiben aber Sitz
der Konzernzentrale. RWE
bekenne sich „ausdrücklich“ zum Standort Essen.
Die Büroetagen des Turms
werden umgestaltet,
damit das Gebäude „den
Ansprüchen an moderne
Arbeitsplatzkonzepte
weiterhin gerecht wird“,
wie Personalchef Uwe
Tigges erklärte. Der 127 m
hohe Turm war Ende 1996
fertiggestellt worden.
CEZ – Mit­
arbeiterabbau
Der tschechische Energiekonzern (CEZ) wird im
Rahmen seiner Umstrukturierung etwa sechs
Prozent seiner Mitarbeiter
kündigen. Dies erklärte
CEZ-Chef Daniel Benes.
Bei der Vorbereitung der
Umstrukturierung habe
sich gezeigt, dass man bei
den Fixkosten etwa sechs
Mrd. Kronen (218,2 Mio.
Euro) einsparen müsse, so
Benes. Die CEZ musste laut
Benes das Sparprogramm
wegen der sinkenden
Strompreise starten. Diese
seien eine Folge des „nicht
gemeisterten Projektes“
der europäischen Energiepolitik. In Europa rede
man zwar über einen
Energiemarkt, allerdings
schaffe gleichzeitig jedes
Land für sich eigene
Bedingungen und Subventionsprogramme.
32 · Oesterreichs Energıe.
E-Wirtschaft kritisiert
Regulierungswut
Oesterreichs Energie übt an den zusätz­
lichen Regulierungswünschen der E-Control scharfe Kritik. „Es ist völlig unlogisch,
dass Österreichs Regulator einen Marktbericht herausgibt, der zeigt, dass sich der
Wettbewerb am Strommarkt erneut verschärft hat, und bei der Präsentation dieses Berichts daraus die Schlussfolgerung
zieht, es müsse noch mehr Regulierung
geben“, erklärte Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie.
Konkret bezieht sich die E-Control dabei
auf den Bericht „A Bridge to 2025“ der europäischen Regulierungsbehörde CEER und
bei der Agency for Cooperation of Energy
Regulators (ACER), bei der E-Control-Vorstand Walter Boltz, Vizepräsident im Board
of Regulators ist. Dort wird gefordert, die
Regulierung auch auf Stromhandel, Market
Coupling, Kapazitätsmärkte und andere
Bereiche auszuweiten. Schmidt: „Diese
massive Ausweitung der Regulierung wäre
eine Gefahr für den freien Strommarkt in
Europa und würde weitere hohe Bürokratiekosten bedeuten.“ Besser wäre es, im
Rahmen der europäischen Harmonisierung Best-Practice-Modelle aus anderen
Ländern aufzugreifen, anstatt die überbordende Bürokratisierung aus Österreich
nach Europa zu tragen.
Positiv vermerkt Oesterreichs Energie die
Tatsache, dass nun auch der Marktbericht der E-Control den funktionierenden
Wettbewerb am heimischen Strommarkt
zur Kenntnis nimmt. Es gab immer mehr
Anbieterwechsel, eine steigende Tarifvielfalt und zahlreiche markgerechte Preissenkungen bei Strom. Schmidt: „Seit 2011
gab es praktisch nur noch Preissenkungen
im Ausmaß von bis zu dreizehn Prozent.“.
Die Inflation ist von 2011 bis Ende 2013
dagegen um fünf Prozent gestiegen und
die Löhne und Gehälter in Österreich um
durchschnittlich sechs Prozent.
Österreichs Strompreise liegen mit einem
Gesamtpreis für Haushaltskunden von
durchschnittlich 20,2 Cent im Mittelfeld
vergleichbarer Länder, obwohl die Steuerbelastung überdurchschnittlich hoch ist.
Schmidt: „Hätten wir Energiesteuern wie
in Großbritannien, würde der heimische
Strompreis mit 14,5 Cent zu den billigsten
in Europa zählen.“
Verbund ­verkauft
­französische Kraftwerke
Foto: Verbund
Foto: RWE
RWE mietet
seinen Turm
in Essen
Der Verbund-Konzern hat die Verträge
zum Verkauf der beiden französischen
Gaskraftwerke Pont-sur-Sambre und Toul
an die Investmentfirma KKR unterschrieben. Der Verkauf stelle einen wesent­
lichen Meilenstein in der Optimierung
des thermischen Kraftwerksportfolios
dar, sagte Finanzvorstand Peter Kollmann zum erfolgreichen Verkauf. „Mit
dieser Transaktion wird unsere Strategie,
nämlich die Fokussierung auf profitable sowie umweltfreundliche Erzeugung
aus ­Wasserkraft und auf die stabilen
Kernmärkte Österreich und Deutschland, konsequent umgesetzt.“ Zusätzlich
würden die künftige Ergebnisentwicklung
verbessert und die Position als Erzeuger
von Strom aus erneuerbaren Quellen in
Europa gestärkt.
Schwere Krise beim
Desertec-Projekt
Das schwer kriselnde Wüstenstrom-Projekt Desertec steht – Insidern aus Industriekreisen zufolge – faktisch vor dem Aus.
Das Scheitern der großen Wüstenträume
war schon länger absehbar. Die meisten
deutschen Technologie- und Baukonzerne
wie Siemens, Bosch, E.ON oder Bilfinger
haben sich schon abgewandt, genauso
wie die ursprünglich namensgebende
Desertec-Stiftung. Der Club of Rome, in
dem sich Experten mit Themen wie Nachhaltigkeit und Grenzen des Wachstums
beschäftigen und in dessen Mitte die Idee
einst geboren worden war, kehrte der
Industrie enttäuscht den Rücken. Außerdem erschütterten politische und ökonomische Unsicherheiten die Zielregion
Nordafrika.
November/Dezember 2014
Wirtschaft
Renergie an
ContourGlobal verkauft
Energie AG will jährlich
18 Millionen einsparen
Die Raiffeisen-Holding NÖ-Wien hat ihre
Tochter Renergie Raiffeisen Manage­
mentgesellschaft für erneuerbare Energie
veräußert. Neuer Eigentümer ist das internationale Energieerzeugungsunternehmen
ContourGlobal Terra Holdings.
„Wir haben uns im Zuge unserer Konsolidierungsstrategie und der damit verbundenen Neustrukturierung des Beteiligungsportfolios zu einer Deinvestition
im Geschäftsfeld ‚Erneuerbare Energie‘
entschlossen“, erklärt Klaus Buchleitner,
Generaldirektor der Raiffeisen-Holding
NÖ-Wien.
„Mit ContourGlobal, einem internationalen
Player im Energiebereich, haben wir einen
Käufer für die Renergie gefunden, bei
dem aufgrund seiner vielfältigen Investitionen im Bereich der Green Energy auch
mit positiven Impulsen für Österreich zu
rechnen ist.“ ContourGlobal mit Sitz in
New York entwickelt und betreibt Stromerzeugungs- und Fernwärmeanlagen in
18 Ländern.
Die Energie AG setzt dem grundlegenden
Umbruch in der Branche seine „PowerStrategie 2020“ entgegen und will damit
jährlich 18 Mio. Euro einsparen. Kerninhalt
der Neuaufstellung sei die Vollintegration
der OÖ. Ferngas, erklärte Generaldirektor
Leo Windtner.
Ratlosigkeit habe sich breitgemacht, so
Windtner zur aktuellen Situation: die
deutsche Energiewende mit einer „Überförderung“ von Sonne und Wind sowie ein
„verunglücktes CO2-Regime“. Die gesamte
mitteleuropäische Energiebranche werde
in Geiselhaft genommen, Abschreibungen in Milliardenhöhe, die Stilllegung
von Kraftwerken, sinkende Investitionen
und extreme Marktverwerfungen seien
die Folge. Die Energie AG reagiere darauf
proaktiv, sie habe nicht gewartet und beim
Kostenmanagement „gewaltig angesetzt“.
Das Ziel, heuer beim EBIT auf 100 Mio.
Euro zu kommen, werde man erreichen
oder sogar übertreffen.
Die Integration der OÖ. Ferngas, die per
März 2015 endgültig mit der Energie AG
verschmilzt, sei exzellent gelaufen und
„einer der letzten Kostenhebel, die wir im
Konzern schaffen“, sagte Windtner.
An der österreichischen Strombörse EXAA
kommt der Handel mit dem seit Ende 2012
angebotenen Grünstromprodukt seit dem
Sommer in Schwung. Mit der seit Anfang
September angebotenen Viertelstundenauktion zur Preisfeststellung können
die Kunden, wie beispielsweise deutsche
Stadtwerke, ihre Ausgleichsenergiekosten
reduzieren, sagte EXAA-Vorstand Jürgen
Wahl.
Das neue Day-ahead-Viertelstundenprodukt sei das erste in Europa und habe sich
auch positiv auf den Handel an der EXAA
ausgewirkt. Die Handelsvolumina seien
im September um zehn Prozent über dem
Vorjahreswert und um 15 Prozent höher
als im Vormonat August gelegen. Man habe
damit auch den Rekordwert von September
2012 übertroffen.
Pro Tag seien im September 2014 durchschnittlich 24.798 MWh gehandelt worden,
davon 1828 MWh aus Viertelstunden­
quotierungen. Die Kunden kämen vor allem
aus Deutschland.
November/Dezember 2014
Next KraftwerkeGeschäfts­
führerin Lisann
Krautz­berger
Foto: Next/J. Braun
Next Kraftwerke, Betreiber
eines der größten virtuellen Kraftwerke in Mitteleuropa, vernetzt dezentrale Anlagen der Erneuerbaren. Die so gebündelte
Leistung wird über die
hausinterne Handelsabteilung an den Strombörsen
vermarktet. Das virtuelle
Kraftwerk stellt zudem
Systemdienstleistungen wie Sekundär- oder
Tertiärreserveleistung
bereit, um die Versorgungssicherheit auch aus
Erneuerbaren zu gewährleisten. „Nachdem wir
unser virtuelles Kraftwerk
erfolgreich in Deutschland
etabliert haben, ist es nur
konsequent, in ähnliche
Strommärkte zu expandieren. Mit dem Knowhow, das wir durch unsere
Arbeit auf dem deutschen
Strommarkt gewonnen
haben, möchten wir
österreichischen Anlagenbetreibern ebenfalls
die Option auf zusätzlichen Profit aus ihren
Anlagen ermöglichen“,
fasste Lisann Krautzberger, Geschäftsführerin
der Next Kraftwerke AT
GmbH, bei der Eröffnung
der Tochtergesellschaft in
Wien zusammen.
Einigung über
Gaspreis verkündet
Foto: RIA Novosti
Handel mit Grünstrom
kommt in Schwung
ÖsterreichTochter
gegründet
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat im Gasstreit mit Russland
eine vorläufige Einigung versprochen.
Vor der formellen Beilegung des Streits
bleibe aber noch zu klären, wie Kiew seine
aufgelaufenen Schulden begleiche, stellte
ein Sprecher des russischen GazpromKonzerns klar.
Hilfe beim
Energiesparen
Mit einem Energiecontracting-Joint-Venture mit
„Getec“ möchte der Verbund Unternehmen beim
Kostensparen helfen. Man
will Versorgungskonzepte
entwickeln sowie Planung,
Finanzierung, Bau und
Betrieb, etwa von Wärme-,
Kälte- Dampf-, Strom- und
Druckluftanlagen, übernehmen.
Oesterreichs Energıe. · 33
Wirtschaft
Dünne Luft für d
DIE ÖSTERREICHISCHE ELEKTRIZITÄTSWIRTSCHAFT MUSS IHR GESCHÄFTSMODELL UM
ENERGIENAHE DIENSTLEISTUNGEN ERWEITERN. DABEI SPIELEN DIGITALE TECHNOLOGIEN
EINE WESENTLICHE ROLLE, HIESS ES BEI DER HANDELSBLATT-JAHRESTAGUNG
„ENERGIEWIRTSCHAFT ÖSTERREICH 2014“.
S
eit Jahren verschlimmert sich die
Lage der Branche, es gibt viele Diagnosen, aber nur wenige Therapien“,
konstatierte Wolfgang Anzengruber, Präsident von Oesterreichs Energie, bei der
Handelsblatt-Jahrestagung „Energiewirtschaft Österreich 2014“, welche die Zukunft
des österreichischen Strommarktes im Hinblick auf die Entwicklungen in Europa zum
Schwerpunkt hatte. Das Energiesystem der
EU müsse mittlerweile als „große Baustelle
mit skurriler Preisbildung auf den Strommärkten“ bezeichnet werden. Sinkenden
Großhandelspreisen stünden steigende
Preise für die Endkunden sowie eine abnehmende Versorgungssicherheit gegenüber,
erläuterte Anzengruber. Die Komplexität
34 · Oesterreichs Energıe.
des Systems nehme zu. Neue Dienstleister
und Stromerzeuger träten in den Markt ein.
Die E-Wirtschaft finde sich einer immer
vielfältigeren Konkurrenz gegenüber. In
klimapolitischer Hinsicht habe die EU faktisch nichts erreicht: „Die CO2-Emissionen
steigen, gerade auch im Energiesektor. Eine
Reparatur des Emissionshandelssystems
ist dringend notwendig.“
Keine Industriepolitik ohne
Energiepolitik
Der Preisverfall an den Strombörsen habe
eine wirtschaftliche „Blutspur“ mit Kapitalisierungsverlusten von bis zu 70 Prozent
durch die Energieunternehmen gezogen. Was
die Strompreise für die Endkunden betrifft,
November/Dezember 2014
Wirtschaft
Foto: Wien Energie
ie E-Wirtschaft
sanken die Kosten für die elektrische Energie laut Anzengruber von 2008 bis 2012 um
vier Prozent. Gleichzeitig stiegen jedoch die
Steuern und Abgaben um 31 Prozent.
In Deutschland war zuletzt von einem
leichten Sinken der Ökostromkosten für die
Kunden (EEG-Umlage) die Rede. „Allerdings
droht jetzt ein Kostenschub wegen der notwendigen Investitionen in die Netze“, stellte
Anzengruber fest.
CO2-Reduktion als
Hauptziel
Völlig zurecht strebe auch die neue EUKommission eine Reindustrialisierung
Europas an. Klar müsse allerdings sein:
„Es gibt keine Industriepolitik ohne entsprechende Energiepolitik.“ Anzengruber
fügte hinzu, in Deutschland hätten sich die
Kosten für die elektrische Energie und die
Stromnetze von 2008 bis 2013 um rund 20
Prozent vermindert. Gleichzeitig vervierfachten sich jedoch Steuern und Abgaben:
„Wenn das so weitergeht, sind die StromNovember/Dezember 2014
preise in der EU 2035 ungefähr doppelt so
hoch wie in den USA.“
Immer wieder zeigen Umfragen unmissverständlich, welche Prioritäten die Kunden
hinsichtlich der Stromversorgung setzen.
An erster Stelle werde stets die Versorgungssicherheit genannt, gefolgt von leistbaren Preisen. Erst an dritter Stelle komme
die Frage, mittels welcher Technologien die
elektrische Energie erzeugt wird, betonte
Anzengruber. Ihm zufolge muss die europäische Energiepolitik daher „eine Strommarktordnung schaffen, die eine sichere
Versorgung zu angemessenen Kosten bietet. Wir brauchen eine klare Hierarchie der
energiepolitischen Ziele. Und wir müssen
uns überlegen, wie es mit der Energiewende
weitergehen soll.“
Laut Anzengruber ist eine weitgehende
Dekarbonisierung der Stromerzeugung,
im wahren Sinne des Wortes, wärmstens
zu empfehlen. Denn werde das Ziel, den
Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur bis Ende des Jahrhunderts auf 2˚ C
Info
Deutschland ist dabei, seinen
Strommarkt gründlich zur
reformieren – was erhebliche
Auswirkungen auf Österreich
hätte. Wesentliche Fragen
dabei sind die Einführung
von Kapazitätsmechanismen,
der verstärkte und beschleunigte Netzausbau sowie eine
Reform des Regelenergiemarktes. Noch im November
soll dazu ein Grünbuch veröffentlicht werden, spätestens
im Juni 2015 ein Weißbuch,
in das die Reaktionen auf
das Grünbuch eingearbeitet
werden. Eine Novelle zum
deutschen Energiewirtschaftsgesetz ist für das erste Halbjahr 2016 vorgesehen.
Oesterreichs Energıe. · 35
Wirtschaft
zu begrenzen, verfehlt, „kostet das sehr viel
Geld“.
Kein Zweifel besteht für Anzengruber deshalb daran, dass die Reduktion der CO2Emissionen um 40 Prozent das weitaus
wichtigste energiepolitische Ziel der EU
ist. Der europäische Branchenverband der
E-Wirtschaft, Eurelectric, betrachte diesen
Wert sogar als Mindestforderung. Freilich
habe auch der Ausbau der erneuerbaren
Energien seine Bedeutung. Er dürfe jedoch
nicht als „Selbstzweck“ betrachtet werden.
Forderung nach
Kostenwahrheit
Zu Befürchtungen, eine Reform des europäischen Emissionshandels könnte der Industrie schaden, stellte Anzengruber klar: „Niemand will
die höchst energieeffiziente Industrie vertreiben.
Im Gegenteil: Es wäre
klimapolitisch sinnvoll,
würde beispielsweise die
Voestalpine ihre Produktion in Österreich verdoppeln.“ Da die ElektriziWolfgang Anzengruber, Präsident von
tätswirtschaft im GegenOesterreichs Energie
satz zu vielen Industriezweigen nicht im globalen,
sondern ausschließlich im europaweiten
Wettbewerb stehe, empfehle sich, sie für
das Erreichen der Klimaziele stärker in die
Pflicht zu nehmen. Anzengruber erneuerte
in diesem Zusammenhang seine Forderung
nach Kostenwahrheit für alle Energieträger
und -formen. Bestünde diese, „wären Kernund Braunkohlekraftwerke aus dem Markt.
Hocheffiziente und flexible Gaskraftwerke
wären dagegen im Markt.“
Notwendig ist laut Anzengruber auch das
Beibehalten der gemeinsamen Preiszone
Deutschland-Österreich. Die Engpässe im
Stromnetz bestünden nicht an der Grenze
der beiden Mitgliedstaaten, sondern innerhalb Deutschlands. Daher müsste eine Trennung der Preiszonen, wenn überhaupt, dann
innerhalb Deutschlands erfolgen. Doch dies
lasse sich politisch nicht durchsetzen, weshalb die Trennung an der Staatsgrenze diskutiert werde. Anzengruber zufolge ist das
„eine Bedrohung. Am Ende würden darunter die Volkswirtschaften der beiden Länder mehr leiden als die Energieversorger.“
Skeptisch steht Anzengruber auch Plänen
gegenüber, auf Ebene der EU-Mitglied-
Der Preisverfall an
den Strombörsen hat
eine wirtschaftliche
„Blutspur“ durch die
Unternehmen gezogen.
36 · Oesterreichs Energıe.
staaten Kapazitätsmärkte einzurichten:
„Manche sprechen von Kapazitätsmärkten
und meinen Subventionen.“ Stattdessen
empfehle sich, den derzeitigen EnergyOnly-Markt (EOM) weiterzuentwickeln und
allenfalls für die Verfügbarkeit einer strategischen Reserve für die Netzstabilität zu
sorgen.
Andreas Kolar, der Finanzvorstand der
Energie AG, ergänzte, zurzeit rechne sich
die Errichtung neuer Erzeugungskapazitäten nur noch, wenn diese gefördert würden: „Alle anderen Projekte wandern in die
Schublade. Das wird es auf längere Sicht
nicht sein können.“ Dem stimmte auch die
Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt, zu. Wie die aktuelle
Kraftwerksliste von Oesterreichs Energie
zeige, werde die Realisierung von immer
mehr Vorhaben weiter aufgeschoben. Nicht
zuletzt die Rentabilität hocheffizienter
Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK) werde
zunehmend „ein ganz großes Thema“.
Ordentliches
Marktdesign gefragt
Unter den gegebenen Rahmenbedingungen verschlechterten sich laut Kolar auch
die Ratings der Energieunternehmen, was
die Finanzierung von Vorhaben erschwere.
Der Wert mancher Unternehmen hat sich
massiv vermindert. Früher oder später ließen sich Auswirkungen auf die Dividenden schwerlich vermeiden. Kolar forderte
die verantwortlichen Politiker deshalb
auf, so rasch wie möglich ein „ordentliches Marktdesign“ zu schaffen. Schon der
derzeitige 25-prozentige Anteil der erneuerbaren Energien an der Erzeugung stelle
die E-Wirtschaft vor erhebliche Probleme.
Die Politik dürfe nicht nach dem Motto von
Gerhard Bronners „Der Wilde mit seiner
Maschin’“ agieren: „Ich weiß zwar nicht
genau, wo ich grad’ hinfahr’, aber dafür bin
ich umso schneller dort.“
Und auch Anzengruber betonte nochmals, dass sich das energiewirtschaftliche
Umfeld rapid wandle und „nie wieder so
sein wird wie früher“. Den Unternehmen
bleibe daher nur, ihr Geschäftsmodell um
„energienahe Dienstleistungen“ zu erweitern. Damit ließen sich zwar kaum die in
der Vergangenheit gewohnten Erträge
erzielen, doch habe der EU-weite Markt für
Energiedienstleistungen ein EBIT-Volumen
von rund zehn Mrd. Euro pro Jahr: „Man
November/Dezember 2014
Wirtschaft
kann damit also Geld verdienen, auch wenn
es für uns mit unserer Kostenstruktur nicht
einfach ist, in diesen Markt zu gehen.“
Generalsekretärin Schmidt fügte hinzu, die
Branche müsse ihre „Berührungsängste“
mit anderen Wirtschaftszweigen überwinden und die weiterhin vordringliche Versorgungssicherheit mit anderen Themen
ergänzen: „Das wird vermutlich nur mit
Kooperationen funktionieren. Daher sollte
nicht jede Branche ausschließlich ihren
Schrebergarten betrachten. Das strenge
Unbundling ist ebenso nicht hilfreich für
Gesamtlösungen.“
Beim Kunden ansetzen
Wie die Wien Energie mit dem Thema Energiedienstleistungen umgeht, schilderte
Geschäftsführerin Susanna Zapreva. Ihr
zufolge treten zunehmend „neue Marktteilnehmer auf, die sehr schnell und flexibel sind und völlig anders agieren, als wir
es aus der Energiewirtschaft kennen“. Der
Wettbewerb mit diesen Unternehmen „ist
eine große Herausforderung für uns“.
Auch spielten die traditionellen Energieunternehmen im Bereich der „neuen erneuerbaren Energien“ wie Wind und Fotovoltaik
keine dominierende Rolle. Nur 49 Prozent
November/Dezember 2014
Moderne Informationsder Windkraftanlagen sowie neun Prozent
technologien spielen im
der Fotovoltaikanlagen in Österreich würEnergiegeschäft eine immer
den von ihnen betrieben. Im Bereich der
größere Rolle.
Foto: Telekom Austria
Wärmepumpen sowie der Solarthermie hätten die etablierten Versorger mit 1,5 bzw.
0,7 Prozent sogar noch geringere Marktanteile. Gleichzeitig wachse der Wunsch der
Kunden, sich an Erzeugungskapazitäten zu
beteiligen. Immerhin zwölf Prozent hielten
dies für „sehr sinnvoll“, weitere 34 Prozent
zumindest für „sinnvoll“.
Hinzu kommen, laut Zapreva, Herausforderungen
auf europäischer Ebene.
So bestehen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten
höchst unterschiedliche
Fördersysteme für die
erneuerbaren Energien.
Andreas Kolar, Finanzvorstand der Energie AG
Oberösterreich
In manchen Staaten wird
überlegt, das Emissionshandelssystem durch eine
CO2-Steuer zu ergänzen. Auch was Kapazitätsmärkte bzw. -mechanismen anlangt,
gehen die Pläne weit auseinander. Die Frage
lautet daher: „Wie sollen wir als E-Wirtschaft da neue Geschäftsmodelle finden?“
Wien Energie setzte bei den Wünschen der
Kunden an, so Zapreva. Eines der wesent-
Der Wert mancher
Unternehmen hat sich
um bis zu 70 Prozent
vermindert.
Oesterreichs Energıe. · 37
Wirtschaft
Industrie- und Energiepolitik
müssen zusammenwirken,
fordert Oesterreichs EnergiePräsident Wolfgang Anzengruber.
Foto: Voestalpine
38 · Oesterreichs Energıe.
November/Dezember 2014
Wirtschaft
lichsten Angebote besteht darin, das Energiemanagement im Gebäudebereich zu
übernehmen. Der Bogen der Leistungen
spannt sich von Komponenten zur Stromund Wärmeerzeugung sowie -speicherung
über die Warmwasserbereitung bis zur
E-Mobilität. Zentrale Energiemanagementsysteme machen es möglich, Erzeugung
und Verbrauch intelligent aufeinander
abzustimmen.
Schon durch den bloßen Einsatz einer Fotovoltaikanlage kann sich ein Kunde zu etwa
zehn bis 25 Prozent mit selbst erzeugtem
Strom versorgen. Wird zusätzlich ein Energiemanagementsystem verwendet, sind bis
zu 35 Prozent darstellbar, bei Erweiterung
um eine Wärmepumpe und einen Speicher
sogar 50 bis 80 Prozent.
Für Wien Energie bieten derartige Konzepte
Erlöse im energiewirtschaftlichen Bereich:
Beginnend beim Pooling von Anlagen über
deren Fernsteuerung bis hin zur Vermarktung von Regelenergie. Darüber hinaus lassen sich Erträge jenseits der Kernaufgaben
der E-Wirtschaft erzielen; etwa durch die
Bereitstellung von Komponenten oder die
Systemintegration.
Kommunikation auf
digitaler Basis gefragt
Laut Christian Buchel, dem stellvertretenden Generaldirektor des französischen
Verteilnetzbetreibers Électricité Réseau
Distribution France (ERDF), der rund 35
Mio. Kunden betreut, stellen die Netzbetreiber die Infrastruktur für den Binnenmarkt und die Energiewende bereit.
Sie werden daher auch in Zukunft eine
wichtige Rolle in der Energieversorgung
spielen. Buchel erläuterte, die Kunden verlangten zunehmend nach Kommunikationsmöglichkeiten auf der Basis digitaler
Technologien. Daher müssten die Netzbetreiber ihre Netze zu „Smart Grids“ ertüchtigen: „Wir müssen smart werden, um zu
vermeiden, dass wir aus dem Geschäft mit
Energiedienstleistungen gedrängt werden.
Die Digitalisierung ist daher unverzichtbar.“
Freilich führe angesichts der immer strengeren Regulierung auch kein Weg daran
vorbei, die Kosten zu senken. Gleichzeitig
bestehe die Notwendigkeit, Mittel für die
notwendigen Investitionen zu lukrieren.
Neue Finanzierungsquellen zu erschließen,
ist laut Buchel daher „ein riesiges Thema“.
November/Dezember 2014
Gerade im technischen Fortschritt und in
der Digitalisierung sieht auch der Unternehmensberater Florian Haslauer von A.T.
Kearney Österreich einen der wichtigsten
„Treiber“ für die weitere Entwicklung der
E-Wirtschaft.
Ihm zufolge führen neue Technologien dazu,
„dass sich das Kundenverhalten verändert.
Die Kunden nehmen sehr schnell Möglichkeiten an, die ihnen neue Technologien bieten.“ Dies zeige sich beispielsweise daran,
wie noch vor zehn Jahren Handys verwendet worden seien und zu welchen Zwecken
heute Smartphones verwendet würden.
„Für die Energiewirtschaft ist das deshalb
wichtig, weil die Kunden aus dem Umgang
mit Smartphones und ähnlichen Geräten gewisse Verhaltensmuster einüben,
die sich dann auch auf ihr
Verhalten bezüglich Energie auswirken“, erläuterte
Haslauer.
Zwar ließen sich die
Barbara Schmidt, Generalsekretärin von
Erfahrungen aus der TeleOesterreichs Energie
kommunikationsbranche
nicht 1 : 1 auf die E-Wirtschaft übertragen, fügte
Haslauer hinzu, doch seien sowohl die
Telekom- als auch die E-Wirtschaft „assetorientierte Branchen“. Der Telekomsektor
investiert, ebenso wie die E-Wirtschaft in
ihre Leitungen, langfristig in seine Infrastruktur. Und über diese Infrastruktur wird
immer stärker Content-Geschäft aufgebaut.“ Haslauer erwartet für die kommenden Jahre in der Energiewirtschaft eine
„stärkere Aufsplittung zwischen Asset- und
Content-Geschäft.
Als „Asset-Geschäft“ versteht er das Optimieren infrastruktureller Anlagen und der
aus ihrem Einsatz zu erzielenden Rendite.
Das Content-Geschäft dagegen entwickle
sich aus dem klassischen Endkundengeschäft und den Energiedienstleistungen,
wie sie heute schon von einer Reihe von
Versorgern angeboten werden. Es gehe
allerdings über diese hinaus und umfasse
„solche Dinge wie Smart Home und Smart
Energy“.
Laut Haslauer ist dies „etwas komplett
anderes als das Geschäft, in dem die Energiewirtschaft heute ihre Stärken hat“. Nicht
zuletzt gehe es um Flexibilität und Innovationsfähigkeit. Die E-Wirtschaft müsse
lernen, Geschäftsmodelle auszuprobieren,
Das grenz- und
spartenübergreifende
Miteinander wird das
Megathema sein.
Oesterreichs Energıe. · 39
Wirtschaft
aber auch vergleichsweise rasch wieder
aufzugeben, wenn sie nicht funktionieren.
Wie Haslauer warnte, ist die E-Wirtschaft
dabei angreifbar, weil neue Marktteilnehmer unter Umständen „viel schneller agieren können. Und die große Frage wird sein:
Findet die E-Wirtschaft in diesen Bereich
hinein oder werden sich hier andere Wettbewerber etablieren?“
Drei große Geschäftsmodelle
Grundsätzlich sieht Haslauer für die
Zukunft „drei große Typen von Geschäftsmodellen.“ Der Asset-Player
oder Investor investiere
in Infrastrukturanlagen.
Er könne diese betreiben und optimieren, dies
aber auch dem zweiten
Typ, dem Asset-based TraFlorian Haslauer, A.T. Kearney Österreich
der, überlassen. Dessen
Geschäft bestehe darin,
eigene Anlagen, aber auch
die Anlagen anderer Marktteilnehmer zu
verwalten und zu managen – Energiegroßhandel inklusive. Als dritten Typ nannte
Die Kunden nehmen
neue Technologien sehr
schnell an.
Haslauer den „integrierten Smart-ContentProvider“. Ihm zufolge handelt es sich dabei
um den „Downstream-Player“. Das ist derjenige, der die Energie vermarktet, der an den
Kunden dran ist, der Lösungen anbietet.
Als Asset-Player bzw. Investoren werden
laut Haslauer künftig auch Unternehmen
von außerhalb der E-Wirtschaft agieren,
darunter nicht zuletzt reine Finanzinvestoren. Die Asset-based Trader sieht der
Unternehmensberater in den großen Unternehmen der etablierten Energiewirtschaft,
„die europäisch agieren können und das
heute schon tun. Das funktioniert nur dann,
wenn sie ein breites Portfolio mit unterschiedlichen Technologien haben und wenn
sie in unterschiedlichen Märkten tätig sind.
Dafür braucht man eine gewisse Größe.“
In den Reihen der Content- und Serviceprovider schließlich finden sich die Dienstleistungsunternehmen der Energieversorger
ebenso wie völlig neue Marktteilnehmer,
darunter Google, aber auch Banken und
Finanzdienstleister. Sie alle würden „auf
der bestehenden Infrastruktur ihre Contents anbieten“, schloss Haslauer.n
In Sachen „smart“ und „Meter“
Eine angeregte Diskussion zum Thema „Smart Meter – Smart
Grid – Smart Citizen – wo wollen wir hin?“ fand bei der
Handelsblatt-Jahrestagung zwischen dem Geschäftsführer der
Wiener Netze GmbH, Reinhard Brehmer, und dem Vorstand
der Energie-Control Austria (E-Control), Martin Graf, statt.
Für Brehmer sind die österreichischen Netzbetreiber von der
Sinnhaftigkeit der Smart Meter überzeugt. Der Zeitplan für
deren flächendeckende Einführung werde sich indessen kaum
halten lassen. Den Plan, bis Ende 2015 mindestens zehn Prozent der Kunden mit derartigen Geräten auszustatten, habe die
E-Control bereits aufgegeben.
Ob sich ihr Wunsch, bis Ende 2019 bei mindestens 95 Prozent
der Kunden Smart Meter zu installieren, erfüllen lasse, bleibe
zweifelhaft. Noch in keinem europäischen Land konnte der
ursprüngliche Zeitplan eingehalten werden, fügte Brehmer
hinzu. Und er warnte: Bei einem zu raschen „Roll-out“ könnten
Stranded Costs auf die Netzbetreiber und damit letztlich auf
die Kunden zukommen.
Hohe Investitionen
Wie Graf betonte, befindet sich die E-Wirtschaft hinsichtlich
der Smart Meter „auf einem konstruktiven Weg“. Am Ziel 2019
hielt Graf fest. Es habe keinen Sinn, die Einführung der digitalen Stromzähler „auf die lange Bank zu schieben. Und so überraschend kommt der Termin ja nicht.“ Überdies seien einige
Netzbetreiber seit Jahren in diesem Bereich aktiv. Gerade die
Wien Energie habe ihre Fernwärmekunden mit derartigen
Geräten ausgestattet.
Brehmer bezeichnete die Fernwärmezähler als „besonders
gutes Beispiel, weil der Fernwärmemarkt ja nicht in die Kom-
40 · Oesterreichs Energıe.
petenz der E-Control fällt“. In ihr Smart-Metering-Pilotprojekt
im Stromsektor hätten die Wiener Netze bereits etwa zehn
Mio. Euro investiert. Der Nutzen für die Kunden hänge freilich
von ihrem Strombedarf und ihrer Flexibilität ab. In Finnland
etwa würden unterschiedliche Tarife für Tag- und Nachtstrom
angeboten, aber auch für im Sommer sowie im Winter benötigten Strom.
Lösung für das Recht auf Opt-out finden
Die Netzbetreiber böten den Kunden Gratifikationen, wenn
ihnen diese erlaubten, den Boiler oder die Heizung im Bedarfsfall „für ein paar Stunden zurückzudrehen, was sich natürlich
rechnet“. Die Frage laute allerdings, ob sich dergleichen auch
in Österreich realisieren lasse. Überdies gelte es, eine Lösung
für das Opt-out-Recht der Kunden zu finden. Laut Rechtslage
können diese die Installation von Smart Metern verweigern.
Brehmer schlug vor, die Geräte zwar einzubauen, aber so zu
programmieren, dass nur einmal pro Monat ein Verbrauchswert übermittelt wird. Damit könne nach menschlichem
Ermessen wohl niemand Probleme haben.
Graf wandte ein, dass die Opt-out-Möglichkeit, so würden bisherige Erfahrungen zeigen, ohnehin kaum genutzt werde. Die
Netzbetreiber müssten den Kunden eben „Ängste nehmen“. Die
Erhöhung der Netztarife aufgrund der Smart-Meter-Einführung lehnte Graf ab: „Das ist eine Investition wie jede andere
auch.“ Überdies hätten die Netzbetreiber das neue Regulierungsregime als akzeptable Lösung bezeichnet.
Das wiederum wollte Brehmer so nicht stehen lassen: Die
Branche habe dem Regime nicht zugestimmt – erstmals in der
Geschichte der Regulierung.
November/Dezember 2014
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG
Oehler: „Für eine optimierte Beschaffung
braucht man den richtigen Partner“
Kunden- und marktorientierte Produkte sowie maßgeschneiderte Dienstleistungen und Services
aus einer Hand: Dafür steht die GasVersorgung Süddeutschland (GVS), die seit Beginn des Jahres
ihr Engagement in Österreich verstärkt. Wie Energieversorger und Industrieunternehmen ihre
Erdgasbeschaffung noch stärker optimieren können, erläutert Helmut Oehler, Sprecher der
GVS-Geschäftsführung, in einem Interview.
Der Energiemarkt wird zunehmend komplexer. Das wirkt
sich auch direkt auf die Erdgasbeschaffung aus. Was sind
die Grundvoraussetzungen für einen optimierten Bezug?
Um Erdgas erfolgreich zu beschaffen, braucht es maßgeschneiderte Lösungen. Unser hochmotiviertes Vertriebsteam hat ein gutes Auge für die Bedürfnisse der Kunden
und viel Erfahrung bei der Auswahl der Produkte. Das gewährleistet, dass in enger Kooperation für jeden Kunden die
optimale Bezugsstrategie entwickelt und die passgenaue
Lösung gefunden werden kann.
Was steht bei einer optimierten Bezugsstrategie im Fokus?
Kunden profitieren vor allem von Produkten, die ihnen maximale Flexibilität, Risikominimierung, individuelle Bepreisung
und aktive Portfoliogestaltung ermöglichen – nur so können
sie die Vorteile des liberalisierten Erdgasmarktes voll ausschöpfen.
Welche Produkte bieten sich an?
Unser
ser Portfolio ist umfassend. Gemeinsam mit
unseren Kunden erarbeiten wir maßgeschneiderte Lösungen. Mit dem Produkt „GVS Strukturierte Lieferung“ beispielsweise können die Vorteile des liberalisierten Erdgasmarktes durch
eine aktive und flexible Portfoliogestaltung voll
ausgeschöpft werden. Für Kunden, die das
Risiko bei der Beschaffung möglichst gering halten und trotzdem spontan auf
Schwankungen reagieren möchten, gibt
es „GVS Flexible Bänder“. Zum umfassenden Angebot gehören außerdem u.a.
Bandlieferungen,
Temperaturanbindung, Residuallieferung und Vollversorgungslieferungen. In allen Produktkategorien sind alle Vertragslaufzeiten und
Preismodelle möglich: Von Festpreisen
bis zu verschiedensten Gasmarktanbindungen (OTC oder Börsen) sowie
unterschiedliche Tranchenmodelle.
Wie bereiten sich Energieversorger
und Industrieunternehmen bestmöglich auf den Winter vor?
Helmut Oehler
Gerade die Wintermonate mit zum Teil starken Temperaturschwankungen benötigen besondere Planungen. Deswegen
haben wir uns mit der „GVS Temperaturbindung“ eine besonders innovative Lösung einfallen lassen. Unter Berücksichtigung der Wetterlage stellen wir immer exakt die benötigte Erdgasmenge für den Folgetag zur Verfügung. In
diesem Modell – auch in Kombination mit Speicherprodukten
– bekommt der Kunde tatsächlich nur die Menge, die er
temperaturbedingt braucht. Das bietet eine hohe Planungssicherheit und ermöglicht es, Erdgasmengen flexibel
und günstig zu beziehen, Restmengen komfortabel abzubauen und beim Preis immer den Durchblick zu behalten.
Preissicherheit gewinnt zunehmend an Bedeutung. Mit
welchen weiteren Produkten kann sie erreicht werden?
Auch hier haben wir in unserem breiten Portfolio ein strategisch bedeutendes Produkt: Bei der „GVS Zielpreis Beschaffung“ kommt eine Lieferung erst dann zustande, wenn
der vom Kunden vorgegebene Preis erzielt werden kann.
Sollte dann das vom Kunden festgelegte Limit erreicht
werden, wird das Terminprodukt automatisch beschafft. In diesem Fall bleibt der Preis dann für den
gesamten Lieferzeitraum konstant und die weitere
Entwicklung der Preise hat keinen Einfluss mehr. Bei
der Weitergabe des Preises herrscht damit absolute
Fairness und Transparenz. Wird der vorgegebene
Zielpreis unterschritten, gibt die GVS den erzielten Beschaffungspreis sogar 1:1 weiter.
Was rundet ein gutes Produktportfolio
Wa
ab?
Natürlich ist es wichtig, nach einem erNa
folgreichen Vertragsabschluss jederzeit den Überblick zu behalten – deswegen bieten wir die „GVS Gaswirtschaftlichen Dienstleistungen“ an.
Bei uns endet die Partnerschaft
nicht beim Vertragsabschluss. Wie
auch in der Entwicklung der Produkte,
gilt auch für unser Engagement im
Dienstleistungsbereich immer unser
Unternehmens-Motto „Ihre Energie.
Unsere Leidenschaft“.
Internet: www.gvs-erdgas.de
Wirtschaft
Foto: Energie Graz
Ein Tower mit
Power für Graz
MIT DEM NEUEN „POWER TOWER“ HAT DIE ENERGIE GRAZ IN DER STEIRISCHEN
LANDESHAUPTSTADT EINEN MEILENSTEIN IN NACHHALTIGER ENERGIEERZEUGUNG GESETZT.
GLEICHZEITIG BIETET DER TURM ANLEGERN DIE MÖGLICHKEIT EINES ÖKOLOGISCHEN
INVESTMENTS.
VON GERLINDE MASCHLER
D
er Grazer Power Tower – ein kombiniertes Gebäudeprojekt aus Stromerzeugung und Wärmespeicherung
– hat das Zeug, in der steirischen Landeshauptstadt zum Wahrzeichen für grüne
Energie zu werden: Schon lange bevor der
neue Stadtteil Reininghaus steht, der sich
aktuell erst in der Phase des Architekturwettbewerbs befindet, lenkt das soeben
zum Energieturm umgebaute Gebäude
bereits alle Blicke auf sich, wenn man sich
vom Westen her der Stadt nähert.
Außen eine Fotovoltaikanlage, innen demnächst ein Wärmespeicher, vereint der zum
Power Tower umgebaute ehemalige Lech-
42 · Oesterreichs Energıe.
taler Silo der Stahlwerke Marienhütte die
Kernelemente der Energieversorgung und
ist ein Symbol dafür, wie Energieerzeugung
und -verbrauch örtlich mehr und mehr
zusammenwachsen.
Die im Inneren des Turms gespeicherte
Abwärme aus dem Stahlwerk wird der Wärmeversorgung in Reininghaus zugutekommen. In den 340 an der Fassade angebrachten Fotovoltaikmodulen, die eine Gesamtfläche von 544 m² haben, werden jährlich
mehr als 63.000 kWh an elektrischer Energie
produziert. Mit dem gesamten System können rund 10.000 Wohnungen mit Nahwärme
und Warmwasser versorgt werden und bei
November/Dezember 2014
Wirtschaft
Bedarf auch mit Nahkälte. „Der Power Tower
ist ein energetisches Zentrum, das den neuen
Stadtteil mit Strom und Wärme versorgen
wird. Er ist städtebaulich und energietechnisch ein Vorzeigeprojekt“, erklärt Energie
Graz-Geschäftsführer Gert Heigl.
Boom bei Fotovoltaik
Fotovoltaik ist in aller Munde und auf tausenden Dächern und Fassaden – darin kann
auch Stefan Schleicher, Energieexperte des
Wirtschaftsforschungsinstitutes
(WIFO),
nur Vorteile entdecken: „Immer mehr Verbraucher stellen fest, wie kostengünstig
Fotovoltaik geworden ist, und auch etablierte Energieunternehmen integrieren
diese Entwicklung in ihre Geschäftsmodelle.“ Vor allem kleinere regionale Anbieter, die nahe dem Endkunden sind, nützen,
laut Schleicher, den Ausbau der zukunftsträchtigen Technologien. Die Energie Graz
ist somit ein typischer Vertreter einer
zunehmend ökologisch ausgerichteten Spezies an Stromanbietern, denn der Power
Tower ist längst nicht das erste „grüne“
Projekt der Grazer: „Wir haben bereits vor
einigen Jahren mit dem Bau von Fotovoltaikanlagen begonnen. Zu den bisher rund
mehr als 5000 Modulen haben wir heuer
das nächste Projekt in Angriff genommen:
Am Gebäude der Grazer Messe kommen
demnächst noch 800 Module dazu“, erklärt
Werner Ressi, Geschäftsführer der Energie
Graz. Knapp ein Prozent des Gesamtbedarfes der Stadt wird derzeit mit nachhaltig
erzeugter Sonnen­energie abgedeckt.
Starke Steigerung
Experte Schleicher ortet in der Fotovoltaik
noch reichlich Luft nach oben: „Ich erwarte
eine starke Steigerung, denn in vielen Neubauten werden bereits entsprechende Flächen integriert.“ Eine Annahme, die sich mit
den Schätzungen der österreichischen Fotovoltaikindustrie deckt: Sie geht davon aus,
dass bis 2020 zumindest acht Prozent des
österreichischen Strombedarfs mit Fotovoltaikstrom gedeckt werden können.
Von dieser Entwicklung kann mittlerweile
jedermann profitieren: Entweder, indem
man beispielsweise Module zur Eigenversorgung auf dem eigenen Dach installiert
und Überschüsse an einen Energieversorger verkauft. Die zweite Variante sind Beteiligungsmodelle an Energiegewinnungsanlagen, wie etwa dem Power Tower in Graz.
November/Dezember 2014
Bereits ab ein paar hundert Euro können
Bürger „Stromproduzenten“ werden, indem
sie Fotovoltaikmodule erwerben und dafür
Rendite bekommen.
Modell „Solar-Anleger“
Die Energie Graz bietet ihr Modell jedenfalls unter dem Begriff „Solar-Anleger“ an.
Rein rechtlich wird dabei ein Sale-andLease-back-Vertrag zwischen Stromkunden und der Energie Graz abgeschlossen:
Der Kunde kauft Module und verleast
diese an die Energie Graz. Ein Modul kostet 650 Euro, für Private ist der Erwerb mit
zehn Stück begrenzt.
Die „Verzinsung“ beträgt
3,3 Prozent, wird auf die
Stromrechnung
gutgeschrieben und der Kunde
akzeptiert
einen
leicht
erhöhten Preis für den ÖkoWerner Ressi, Energie Graz-Geschäftsführer
strom, den er von Solar Graz,
einem Tochterunternehmen
der Energie Graz, geliefert
bekommt. Das Angebot ist fast immer ausverkauft, sagt Ressi: „Indem die Kunden
Paneele kaufen, geben sie ein umfassendes
Bekenntnis zur grünen Energie ab.“
Ermutigt durch die rege Nachfrage haben
die Grazer seit Hurzem für gewerbliche
Kunden und Freiberufler, also Abnehmer
mit einem höheren Energieverbrauch, das
Produkt „Solar-AnlegerPRO“ im Angebot.
„Mit Solar-AnlegerPRO erweitern wir unser
erfolgreiches Beteiligungsmodell“, so Heigl.
Die möglichen Investitionen sind in Paketen von „micro“ bis „large“ bis zu einem
Maximalbetrag von 65.000 Euro zu haben.
Die Verzinsung ergibt sich aus einer Zusatzzahlung von 1,45 Prozent auf den Euribor
(Interbankensatz für Termingelder). n
Die Kunden geben ein
umfassendes Bekenntnis
zur grünen Energie ab.
Factbox
Solar-Anleger für Private
■■ Investition: 650 Euro pro Modul (maximal zehn Module pro Teilnehmer
möglich)
■■ Bonus in Höhe von 3,3 Prozent des eingesetzten Kapitals auf die Stromlieferung
■■ Laufzeit: 15 Jahre
■■ Kapitalgarantie, jederzeit kündbar
Solar-AnlegerPRO für Gewerbe und Freiberufler
■■ jährliche Anpassung der Verzinsung/1,45 Prozent über dem Marktniveau
(Zwölf-Monats-Euribor zu Jahresbeginn)
■■ Rabatt von rund zwölf Prozent auf das gültige Ökostromprodukt
■■ im ersten Vertragsjahr Begrüßungsbonus in Form von 60 Tagen Gratis­
energie
■■ Laufzeit: 15 Jahre; jederzeit kündbar bei Kapitalgarantie
Oesterreichs Energıe. · 43
Brennpunkt Europa
Staats- und Regierungschefs einigen
sich auf umfassenden Klima- und
Energierahmen bis 2030
NEBEN DEM CO 2-EINSPARUNGSZIEL UND MEHR ERNEUERBAREN WURDEN AUCH EIN
NEUES ENERGIEEFFIZIENZZIEL UND EIN GESTÄRKTES EMISSIONSHANDELSSYSTEM (ETS)
BESCHLOSSEN.
VON RALF PASTLEITNER
Am 23. Oktober 2014 verhandelten
die EU-Mitgliedstaaten beim Europäischen Rat in Brüssel über den Vorschlag der Europäischen Kommission
zum Klima- und Energierahmen 2030
und einigten sich auf folgenden Kompromiss:
■■ CO2-Einsparungen:
zumindest
40 Prozent (verbindliches Ziel)
■■ Anteil an erneuerbaren Energien:
27 Prozent (verbindliches Ziel auf
EU-Ebene)
■■ Energieeffizienz: 27 Prozent (indikatives Ziel)
Darüber hinaus behielten sich die
Staats- und Regierungschefs vor, den
Klima- und Energierahmen 2030 fortlaufend zu überprüfen und weiterhin
strategische Leitlinien vorzugeben,
insbesondere was einen Konsens zum
ETS, nicht unter das ETS fallende Sektoren, Interkonnektoren und die Energieeffizienz anbelangt.
In Bezug auf die Reduktion der Treibhausgasemissionen sprach sich der
Europäische Rat für ein bindendes
Ziel von mindestens 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 bis zum Jahr 2030
aus. Dieses Ziel soll auf kosteneffizienteste Weise erreicht werden und
Info
Dr. Ralf Pastleitner ist Leiter des Brüsseler
Büros von Oesterreichs Energie und berichtet in dieser Rubrik über die aktuellen
Themen aus der EU-Zentrale. Oesterreichs
Energie garantiert mit einem starken
Team und einer effizienten Branchenvertretung in Brüssel, dass die Stimme der
österreichischen E-Wirtschaft in der EU
gehört wird und Entscheidungen im Sinne
der Branche getroffen werden.
44 · Oesterreichs Energıe.
mit einer Reduktion von 43 Prozent
im ETS-Sektor und von 30 Prozent im
Nicht-ETS-Sektor einhergehen, jeweils
gegenüber dem Jahr 2005.
Gestärkter Emissionshandel
verabschiedet
Zum EU-Emissionshandelssystem ETS
legten die Staats- und Regierungschefs fest, dass der Emissionshandel
in Kombination mit der neu einzuführenden Marktstabilitätsreserve das
Hauptinstrument zur De-karbonisierung der europäischen In-dustrie sein
soll. Der jährliche Faktor, der die Obergrenze der maximal erlaubten Emissionen reduzieren soll, erhöht sich demnach von 1,74 Prozent auf 2,2 Prozent
ab dem Jahr 2021. Die freie Allokation
von Zertifikaten wird jedoch nicht auslaufen, und Mitgliedstaaten mit einem
BIP unter 60 Prozent des EU-Durchschnitts können weiterhin kostenlose
Zertifikate ausgeben.
Weiterhin einigte man sich auf ein
EU-Ziel von mindestens 27 Prozent
erneuerbarer Energien am Energieverbrauch in der EU im Jahr 2030.
Dieses Ziel soll auf EU-Ebene bindend sein, jedoch nicht auf national
verbindliche Ziele für die einzelnen
Mitgliedstaaten heruntergebrochen
werden. Schließlich fand der Europäische Rat auch im Bereich Energieeffizienz einen Kompromiss: ein
indikatives, also nicht bindendes EUZiel von 27 Prozent Verbesserung der
Energieeffizienz im Jahr 2030, wobei
dieses Ziel jedoch im Jahr 2020 mit
Blick auf die Erreichung von mindestens 30 Prozent mehr Energieeffizienz
überprüft werden soll.
Insgesamt soll die Überprüfung der
Erreichung der 2030-Ziele, die so
genannte „Governance“, transparent,
ohne unnötigen administrativen Aufwand und unter Bedachtnahme auf
das Recht der Mitgliedstaaten zur
Bestimmung ihres nationalen Energiemix erfolgen.
Zur zügigen Vollendung des Energiebinnenmarktes werden die Mitgliedstaaten mit der Unterstützung der
Kommission dringend notwendige
Maßnahmen in enger Koordination
mit ihren Nachbarn treffen, um das
bestehende Ziel einer Interkonnektivität von zehn Prozent (auch hier
mit Perspektive auf Erreichung eines
höheren Ziels von 15 Prozent für das
Jahr 2030) zu erreichen.
Neue Kommission
bestätigt
Das vom neuen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker aufgestellte
Kommissarskollegium
wurde
am
22. Oktober 2014 vom Europäischen
Parlament mit 423 Stimmen dafür,
209 Stimmen dagegen und 67 Enthaltungen (bei 699 abgegebenen Stimmen) bestätigt und konnte die Arbeit
planmäßig am 1. November 2014 aufnehmen. Nur Kommissarsanwärterin Alenka Bratušek (Energie Union,
SLO, liberal) wurde nach ihrer wenig
überzeugenden Anhörung im Europäischen Parlament von den zuständigen
Ausschüssen ENVI (Umwelt) und ITRE
(Energie, Forschung und Industrie)
abgelehnt. Die Nachnominierung und
Bestätigung der politischen Neueinsteigerin Violeta Bulc (SLO, Liberale)
resultierte in einer Personalrochade.
Der Slovake Maroš Šefčovič wechselte
vom Ressort Verkehr und Raumfahrt
zur Energie Union, Bulc übernahm
das Verkehrsressort.
November/Dezember 2014
D
ie dritte Viktor-Kaplan-Lecture von
Oesterreichs Energie und FH Technikum thematisierte Mitte Oktober
Zukunftsfragen der Speichertechnologie:
Speicher im Netzverbund. Diese werden
durch den steigenden Anteil von Strom aus
erneuerbaren Energien ein heißes Thema,
denn einerseits gibt es nicht ausreichend
Potenzial, den künftigen Speicherbedarf,
der durch den Ausbau der erneuerbaren
Energien entsteht, allein über Pumpspei-
für Netzbetreiber tabu. Aktuell haben sie
auch nicht das Recht, auf Batteriespeicher
im Besitz von Erzeugern oder Stromkunden
zuzugreifen, sie könnten die neuen Speicher darum auch nicht für die Netzstabilisierung nutzen, selbst wenn das technisch
möglich und sinnvoll wäre. Man müsste
daher das Regulierungsregime ändern.
Nachdenken über die Regulierung wäre
durchaus angebracht, steht doch auch
im aktuellen Regierungsprogramm, dass
Dr. Christof Zernatto, Sprecher
des Forums Versorgungssicherheit
Reformiert die Regulierer!
cher abzudecken, andererseits haben
sämtliche anderen Technologien einen oder
mehrere „Haken“.
Klar ist aber, dass man Speicher nicht
nur im Übertragungsnetz brauchen wird,
sondern auch „weit unten“ in den Verteilnetzen, nahe an den Verbrauchern und in
der Lage, im Zusammenspiel mit smarten
Netzen die Infrastruktur zu entlasten.
Über Technologien wird bereits diskutiert.
Batterien, Power to Gas, Power to Heat,
Druckluft, Schwungräder, ja sogar E-Autos,
wenn man ihre Akku-Kapazität bündeln
kann. Klar ist zudem, dass diese Speicher
kommen werden, sobald ihre Kosten einigermaßen erträglich sind. Private werden
sie installieren, aber auch Unternehmen,
eventuell werden sie sogar einen funktionierenden Business Case darstellen.
Die Frage ist nur, wie dieser Business-Case
aussehen kann. Die Netzbetreiber sind
gesetzlich verpflichtet, eine hohe Versorgungssicherheit und Versorgungsqualität
zu gewährleisten. Speicher werden vom
Gesetz her wie Erzeugungsanlagen bzw.
wie Verbraucher gesehen und sind deshalb
November/Dezember 2014
nicht nur eine Energiestrategie 2030 unter
Einbindung aller relevanter Stakeholder
erarbeitet werden soll, sondern auch eine
stärkere Konzentration der E-Control auf
ihre Kernkompetenz, die Regulierung des
Strommarktes, kommen sollte. Österreichs
Strommarktregulierung wuchert bis weit
in den liberalisierten Markt hinein und
verhindert inzwischen sinnvolle Maßnahmen zum Aufbau einer umweltfreundlichen und funktionierenden Versorgung auf
Basis erneuerbarer Energien.
Es ist an der Zeit, insbesondere im Zusammenhang mit den Stromnetzen, wieder das
Interesse an einer sicheren Versorgung,
an zukunftssichernden Investitionen und
einer vernünftigen Kapitalausstattung in
den Fokus zu stellen und nicht den Drang
nach Selbstverwirklichung der Regulatoren und nach populistischen und bürokratischen Aktionen. Ein Neubeginn wäre hier
dringend nötig, wenn die Bundesregierung
nach ÖIAG-Krise und Steuerreformstreitereien einmal ein wenig Zeit findet.
Darum: Reformiert die Regulierer – bevor
es zu spät ist.
Das Forum Versorgungssicherheit
ist ein gemeinnütziger Verein.
Es setzt sich für die langfristige
Sicherung und Erhaltung der hohen
Qualitätsstandards der österreichischen Energie- und Wasserversorgung ein. Es wird bereits von über
220 bedeutenden Persönlichkeiten
aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Sport getragen.
Oesterreichs Energıe. · 45
Wirtschaft
„Neues Marktde
IN GRÜN- UND WEISSBÜCHERN WILL SICH DEUTSCHLAND AUF DAS KÜNFTIGE STROMMARKTDESIGN FESTLEGEN.
VON STEFAN MAY
V
on einem „goldenen Oktober“ jubelt
die Agentur für erneuerbare Energien, von „reicher Solarernte“ und
einem steigenden Beitrag zur Netzsicherheit durch die Nachrüstung von Fotovoltaikanlagen. „Derzeit haben wir Überkapazitäten“, räumt auch der Staatssekretär im
deutschen Wirtschaftsministerium, Rainer
Baake, ein. „Aber es kann zu Engpässen
kommen“, fügt er gleich warnend hinzu.
Die deutsche Energiepolitik steht an einer
Wegmarke, so viel scheint klar. Doch wie
die Reise weitergeht, das ist umstritten.
„Entweder wir entwickeln den Strommarkt
glaubwürdig weiter, mit einem Verbot von
Preisbindung“, sagte Baake vor Journalisten in Berlin. Dann müsse man allerdings
den Stromkonsumenten sagen: Deckt euch
mit Verträgen ein, um hohe Strompreise zu
vermeiden.
46 · Oesterreichs Energıe.
„Wenn wir das nicht wollen, brauchen wir
Kapazitätsmärkte“, so Baake. „Wissenschaft und Stromproduzenten sind sich
in dieser Frage nicht einig.“ Deutschlands
Regierung versucht eisern, die anfängliche
Dynamik der Energiewende nicht erlahmen
zu lassen und das Großprojekt konsequent
weiterzuführen. Um dessen Bedeutung und
den Konsens darüber zu unterstreichen,
erinnerte der Staatssekretär daran, dass
sich keine Partei im Bundestag befinde, die
die Ziele der Energiewende ablehnen würde.
Man wolle sie nicht nur zu einer ökologischen, sondern auch zu einer ökonomischen
Erfolgsgeschichte machen.
Vier Ziele definiert
Mitte dieses Jahres kam die lang erwartete
Korrektur im Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG) zur Geltung. Vier Ziele habe man dabei
November/Dezember 2014
Wirtschaft
sign notwendig“
Foto: PR-Online
verfolgt, rechtfertigte der Spitzenbeamte im
Wirtschaftsministerium die Reform: Zum
einen ginge es um einen verlässlichen Ausbaupfad für die nächsten Jahre: Anwachsen
der Erneuerbaren auf einen Anteil von 40
bis 45 Prozent bis 2025, auf 55 bis 60 Prozent bis 2035 und auf mindestens 80 Prozent bis 2050. Darüber bestehe mittlerweile
Konsens sowohl im Bundestag wie in der
Länderkammer, dem Bundesrat.
Das zweite Ziel der EEG-Reform sei die Kostenreduktion: „Die Lernkurve in den letzten
vierzehn Jahren war sehr teuer“, sagte Rainer Baake. Deutschland habe sie für viele
andere mit bezahlt. Deshalb werde man
sich nun bei den erneuerbaren Energien
auf Wind und Fotovoltaik konzentrieren.
Große Fotovoltaikanlagen würden bereits
jetzt einen Preis von weniger als neun Cent
erzielen und lägen damit gleichauf mit der
Steinkohle.
Das dritte Ziel ist die Heranführung an den
Markt: Aus neuen Anlagen müsse der Produzent Strom künftig selbst vermarkten, für
November/Dezember 2014
die Zeit ab 2017 sind Versteigerungen vorgesehen. Schließlich gehe es laut Staatssekretär Baake darum, die Kosten von 23 Mrd.
Euro gerecht zu verteilen. „Am wichtigsten
finden wir den Erhalt von Arbeitsplätzen,
wir wollen die Betriebe in Deutschland halten“, sagte Baake und verteidigte damit die
Entscheidung, energieintensive Betriebe
künftig weiterhin von der EEG-Abgabe auszunehmen.
Wege vorzeigen
Schließlich der Kernsatz: „Wir werden ein
neues Marktdesign brauchen.“ Soeben veröffentlicht die Regierung ein Grünbuch,
das den Weg zeigen soll, wie man weiterhin
genügend Kapazitäten sichert. Darin soll
auch die Frage geklärt werden, ob es Kapazitätsmechanismen geben wird oder nicht.
Nächstes Jahr soll ein Weißbuch folgen,
dessen Erkenntnisse schließlich Gesetz
werden sollen.
„Mit Sicherheit heißt das nicht, dass es
Zahlungen für Kraftwerke geben wird, die
Info
Rainer Baake, Staatssekretär
im deutschen Wirtschaftsministerium, verweist aktuell
darauf, dass es nur zwischen
Deutschland und Österreich keine Netzengpässe
gibt. Der Strompreis sei zu
jeder Stunde ident. Mit allen
anderen Staaten müsse
Deutschland über Kapazitäten und Netzkuppelstellen
reden. Außerdem kündigte er
an, dass es keine allgemeine
Umrüstung mit Smart Meter
und somit keinen allgemeinen
Roll-out in Deutschland geben
werde.
Oesterreichs Energıe. · 47
Wirtschaft
am Markt überflüssig sind, sondern nur für
die, die gebraucht werden“, sagte der hohe
Beamte im Wirtschaftsministerium. Sein
oberster Chef, Minister Sigmar Gabriel,
stellte wenige Tage später zudem klar, dass
es „derzeit zu viele Kraftwerke“ gebe. Damit
im Zusammenhang wird auch die Entscheidung stehen, ob künftig Kohlekraftwerke
in Deutschland vom Netz
genommen werden oder
als Reserve gehalten werden sollen.
„Wenn wir der Auffassung
sind, dass wir bestimmte
Kapazitäten
benötigen,
ist das in einem Markt
in Bewegung ein Höchstwert“, gab Baake zu bedenken und nannte maximal 30 GW für Deutschland. „Es wird doch nur derjenige in solche
Kapazitäten investieren, der davon ausgehen kann, dass er für die kurze Spanne eine
Knappheitsprämie bekommt.“ Dies alles
müsse nun, auch mit den Nachbarländern,
diskutiert werden.
Strom hat nicht nur eine
Preis- sondern auch eine
Qualitätskomponente.
Überkapazitäten abbauen
Momentane Überkapazitäten am Markt
müssten abgebaut werden. „Würde ich ein
Gaskraftwerk besitzen, würde ich es einmotten, weil ich es im nächsten Jahrzehnt
gut gebrauchen kann“, so Baake. Da das
Stromsystem der Zukunft wetterabhängig
sei, werde Flexibilität belohnt werden. „Ich
kann den Gaskraftwerkbetreibern
nur sagen: Schaut nach vorne.
Wir brauchen bei den Flexibilitäten einen Wettbewerb
der unterschiedlichen Optionen.“
Grundsätzlich werde die
Energiewende in Deutschland aber nicht als Renationalisierung betrieben,
versicherte der Staatssekretär, sondern in enger
Abstimmung mit der EU. Von einer grenzüberschreitenden Stromversorgung würden alle profitieren, darum müsse ein Binnenmarkt für Strom verwirklicht werden.
Mit dem Marktdesign einher gehe die Versorgungssicherheit. In Gesprächen mit
Österreich und den Benelux-Staaten würden gemeinsame Definitionen beraten.
Deutschland habe mit weniger als 15 Minuten Stromausfall im Jahr ein sehr hohes
Niveau, in anderen Ländern wären jährliche Ausfälle von 300 Minuten normal, so
Baake. „Strom hat nicht nur eine Preis-,
sondern auch eine Qualitätskomponente“,
unterstreicht er. Dies solle beibehalten werden. Nur zwischen Deutschland und Österreich gebe es keine Netzengpässe, zu jeder
Stunde sei der Strompreis ident. Mit allen
anderen Staaten müsse Deutschland über
Kapazitäten und Netzkuppelstellen reden.
Einer allgemeinen Umrüstung auf Smart
Meter erteilte der Staatssekretär eine
Absage: „Es wird keinen allgemeinen Rollout in Deutschland geben“, sagte er. Intelligente Zähler seien nur für Haushalte mit
besonders hohem Stromverbrauch sinnvoll,
also nur für die oberen zehn Prozent der
Konsumenten. Strom sei aber nicht die einzige „Baustelle“, sagte Baake. Hinzu kämen
Wärme und Verkehr. Besondere Sorge würden derzeit Energieeffizienz und Klimaziele
bereiten.
Die aktuelle Situation beim Bau von Stromtrassen bezeichnete Baake als „ärgerlich“:
Erstmals gebe es diesbezüglich ein transparentes System, in diesem Jahr sei
Einvernehmen durch einen von
Bundestag und Bundesländern
gemeinsam beschlossenen Bundesbedarfsplan erzielt worden.
„Und jetzt kommt ein Bundesland und stellt alles in Frage“,
sagte Baake im Hinblick auf
jüngste Widerstände seitens des
bayrischen Ministerpräsidenten.
n
Rainer Baake, Staatssekretär
im deutschen
Wirtschaftsministerium
Foto: Angora-Energiewende
48 · Oesterreichs Energıe.
November/Dezember 2014
sondern erfolgt revolutionär, nach bisher
unbekannten Gesetzmäßigkeiten, und wird
meist von Neueinsteigern vorangetrieben.
Diese „sehen so klein und machtlos aus,
bis man – wenn es zu spät ist – merkt, dass
sie umwerfend zerstörerisch sind“.1
Auch die Energiewirtschaft ist, wie jede
Branche, überraschenden Angriffen von
Branchenfremden ausgesetzt. So stieg vor
kurzem etwa Google durch die Übernahme
des Start-ups Nest Labs (Hersteller eines
smarten Heizungsreglers, der sich an die
Temperaturvorlieben der Besitzer anpasst)
ins Geschäft der vernetzten Heimtechnologie ein und greift damit etablierte Energieversorger an.
Unternehmen können sich auf Systembrüche vorbereiten und eines Tages selbst
diese Brüche vorantreiben, indem sie ihre
traditionelle Firmenkultur aufbrechen und
räumlich wie mental die Grenzen zwischen
ihren Abteilungen einreißen. Die Printmedien haben diesen ersten Schritt meist
Foto: Reiter
I
n unserer digitalen Wirtschaft gilt
mehr denn je das darwinistische
Prinzip: Nur die Stärksten überleben.
Wobei Stärke in einer dynamischen Netzökonomie nicht unbedingt mit Größe oder
finanzieller Potenz zu tun haben muss. Fit
für die Zukunft sind vielmehr Unternehmen, die ein bewegliches strategisches
Denken pflegen und ihre Strategien ebenso
effizient wie schnell umsetzen.
Lässt das Innovationstempo nach,
beschleunigt sich die Halbwertzeit von
Unternehmen. 87 Prozent der Unternehmen, die vor 50 Jahren noch zu den
„Fortune 500“, also den umsatzstärksten
Firmen der Welt, gehörten, spielen heute
nicht mehr in dieser Oberliga mit. Falsch
getroffene strategische Entscheidungen
des Managements sind meist für den
Abgang verantwortlich.
Definiert man Strategie als „Interface
zwischen Unternehmen und Umwelt“, dann
ergeben sich letztlich drei strategische
Mag. Andreas Reiter,
ZTB Zukunftsbüro
Die Revolution der Organisation
Herausforderungen für ein Unternehmen:
erstens die Treiber des Wandels zu identifizieren und sie in Geschäftsmodell und
Produktentwicklung zu integrieren; zweitens das eigene Wertschöpfungsnetzwerk
(Kunden, Partner etc.) zu optimieren und
drittens den Wandel in der eigenen Organisation kulturell zu verankern.
Gerade Letzteres ist in der Zeit der digitalen Umbrüche der Märkte entscheidend.
Es genügt dabei aber nicht, Vertreter der
Digital Natives in Führungspositionen zu
heben und sie etwa an digitalen Marketingstrategien basteln zu lassen.
Die Digitalisierung erfordert einen viel tiefer gehenden organisatorischen Umbruch,
der weit über einzelne Bereiche, wie etwa
Sales, Logistik oder Kommunikation,
hinausgeht und die Geschäftsprozesse
systemübergreifend revolutioniert. Die
größte Herausforderung für das Management ist es, in den Köpfen aller Mitarbeiter das Bewusstsein für eine radikal neue
Markt- und Ertragslogik auf digitalen
Märkten zu verankern. Dieser Wandel
ist nicht evolutionär, also vorhersehbar,
November/Dezember 2014
schon hinter sich. Sie fassen Print- und
Onlineredakteure zusammen, damit diese
plattformübergreifend Informationen aufbereiten und so auch von den Kompetenzen
des jeweils anderen lernen.
Die Spielregeln vernetzter Märkte ändern
sich rasant. Es bilden sich immer neue,
vorübergehende Allianzen zwischen
Unternehmen, Start-ups und Mikro-Entrepreneuren, die als Satelliten die Großen
umkreisen und sie mit innovativen Ideen
füttern. Jegliche Grenzen weichen dabei
auf, vor allem zwischen Unternehmen und
Kunden und zwischen der analogen und
der digitalen Welt. Derzeit drängen beispielsweise immer öfter digitale Pioniere
wie Amazon, YouTube oder der deutsche
Onlinemarktführer Zalando in den stationären Handel. Sie haben verstanden, dass
man eine Marke auf Dauer erfolgreich
nicht nur digital führen kann. Dafür brauchen sie auch eine physische Präsenz. Nur
wer diese hybride Logik erkennt und in der
eigenen Organisation umsetzt, wird sich in
einer vernetzten Ökonomie durchsetzen.
[email protected]
1
Jill Lepore: What the gospel of innovation gets wrong. In: The New Yorker,
23.06.2014
Oesterreichs Energıe. · 49
Technik
Erfolgreiche Tests
mit Gasturbine
Frischer Wind
für die urbane
Energie­
versorgung
Credit: FH Technikum/Wolf-Dieter Grabner
PW Power Systems gab den erfolgreichen
Abschluss der ersten Verifizierungstests
mit der aus Flugtriebwerken abgeleiteten
Energielösung, der FT4000 Gasturbine,
bekannt. Die Tests mit der FT4000 Gasturbine wurden in den Testinstallationen von
Pratt & Whitney durchgeführt.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Leistung,
die Emissionen und die strukturelle Integrität des Designs den Testerwartungen
und den Kundenanforderungen entsprechen.
Die erfolgreichen Tests validieren sowohl
die operationellen als auch die Leistungscharakteristika der FT4000 Gasturbine und
geben den Weg für die im Dezember 2015
geplante Markteinführung frei,
heißt es. Der Abschluss der Tests ist auch
die Basis für die Lieferung des ersten
120 MW FT4000 Swiftpac Stromaggregats
im November an die Exelon Corporation.
„Das neue, von PWPS angebotene Gasturbinen-Generator-Paket bietet der Industrie
eine hoch effiziente, umweltfreundliche
Option zur Befriedigung der Bedürfnisse
bei der Stromerzeugung“, sagte Peter
Christman, PWPS-Präsident.
50 · Oesterreichs Energıe.
Eine „Hummel“
als Kraftwerk
Die Elektromobilität macht einen bedeutenden nächsten Schritt. Im Rahmen
des Projektes „Central European
Green Corridors (CEGC)“ wird bis Ende
2015 in Österreich, der Slowakei und
Slowenien ein dichtes Schnellladenetz
Credit: Cristian Charisius
E-Mobilität setzt
weiteren Meilenstein
Credit: Renault
Die Stromversorgung
von Großstädten braucht
neue, nachhaltige
Lösungen. „Die globale
Energieversorgung wird
in Zukunft zum großen
Teil von Windkraft und
Solarenergie getragen.
Gleichzeitig schreitet der
Megatrend Urbanisierung
immer schneller voran. Die
FH Technikum Wien legt
daher einen Ausbildungsund Forschungsschwerpunkt auf die Zukunft
von nachhaltiger Energieversorgung im urbanen
Raum“, so Hubert Fechner,
Leiter des Instituts für
Erneuerbare Energie an
der FH Technikum Wien.
Die Forschung der FH zu
diesen Themen findet
anwendungsorientiert
am freien Feld statt. Zum
einen wurde ein Testpark
für Kleinwindkraftanlagen in Lichtenegg-Pesendorf (NÖ) eingerichtet,
zum anderen startete
im September 2014 ein
gemeinsames Forschungsprojekt der FH Technikum
Wien, der Universität für
Bodenkultur Wien (BOKU)
und des Austrian Institute
of Technology (AIT) mit
dem Ziel, den Einsatz von
Kleinwindenergieanlagen (KWEA) in der Stadt
zu evaluieren und auf
dieser Basis ein Standort­
bewertungsschema für
die Errichtung von KWEA
im urbanen Raum zu
entwickeln.
mit Einbindung von München und Zagreb
errichtet.
Elf starke Partner, darunter Automobilhersteller (BMW, Nissan, Renault und
VW), Standortpartner OMV, Energieversorger ZSE (SK) sowie die slowenische
Regierung werden unter der Koordination
des Verbund-Konzerns das Netzwerk von
Schnellladestationen in Mitteleuropa
rasch verdichten und die alltagstaugliche Nutzung von E-Autos komfortabler
gestalten.
Die Partner errichten insgesamt
115 Schnellladepunkte in Multi-StandardTechnologie, die für fast alle Elektrofahrzeuge schnelles Laden ermöglicht. Die
regionalen Schnellladenetze in Österreich,
der Slowakei und Slowenien sowie die
zusätz­lichen Ladepunkte in Kroatien und
Deutschland werden nahtlos allen Elektrofahrzeugen grenzüberschreitendes Fahren
ermöglichen.
Das erste schwimmende Flüssiggaskraftwerk für Kreuzfahrtschiffe in einem
deutschen Hafen ist in Hamburg getauft
worden. Die knapp 77 m lange Barge, ein
Transportschiff ohne eigenen Antrieb,
erhielt den Namen „Hummel“.
Fünf Generatoren mit einer Leistung von
7,5 MW sollen in der nächsten Saison die
AIDA-Kreuzfahrtschiffe im Hamburger
Hafen mit Energie versorgen. Die Kreuzfahrtschiffe können dann ihre Dieselgeneratoren abschalten und Strom aus umweltfreundlichem Flüssiggas (LNG) beziehen.
LNG verursacht keine Schwefeloxide oder
Ruß­partikel, der Ausstoß von Stickoxiden
und CO2 wird deutlich verringert.
November/Dezember 2014
Standardisation Corner
Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit
Im Februar 2013 hat die Europäische
Kommission einen Vorschlag für eine
Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit veröffentlicht1, mit der
Absicht, die Sicherheit des Internetzs
und privater Netze sowie Informationssysteme zu erhöhen. Die Grundlage für die Richtlinie ist eine der sieben Säulen der Digitalen Agenda für
Europa2 mit dem Schwerpunkt „Vertrauen und Sicherheit“.
In erster Linie sollen die Mitgliedstaaten ihre Abwehrbereitschaft erhöhen und die Zusammenarbeit untereinander verbessern. Die Betreiber kritischer Infrastrukturen, u. a. werden
Energieversorger genannt, werden
verpflichtet, Maßnahmen zur Beherrschung bezüglichen Sicherheitsrisiken zu ergreifen und gravierende
Sicherheitsvorfälle der zuständigen
nationalen Behörde zu melden.
Gleichzeitig mit der Gewährleistung
eines sicheren und vertrauenswürdigen digitalen Umfelds sollen die
Grundrechte und Grundwerte der EU
weiterhin gewahrt bleiben.
Im März 2014 hat das europäische
Parlament in der ersten Lesung die
Anmerkungen der Ausschüsse ITRE3,
LIBE4 und AFET5 zusammengeführt
und mit deutlicher Mehrheit für die
Richtlinie abgestimmt. Diese Kommentare müssen von der Kommission
nun gesichtet und bearbeitet werden.
ten Dienstleistungsverkehr und ist für
den Binnenmarkt von entscheidender
Bedeutung. Digitale Informationssysteme (wie etwa das Internet) kennen
keine Ländergrenzen und spielen eine
wesentliche Rolle im grenzüberschreitenden Waren-, Dienstleistungs- und
Personenverkehr.
Die wesentlichen Inhalte der NIS-Richtlinie für Netzbetreiber sind:
Zusammenwachsen der Netze
■■ Jeder Mitgliedstaat muss eine
nationale NIS-Strategie erarbeiten
und eine dafür zuständige nationale Behörde benennen.
■■ Ein Mechanismus zwischen den
Mitgliedstaaten und der Kommission muss eingerichtet werden, um
vergleichbare Regelungen (Kooperationspläne) zu erarbeiten und
relevante Informationen (zum Beispiel IT-Sicherheitsvorfälle) auszutauschen.
■■ Betreiber kritischer Infrastrukturen (Finanzdienste, Verkehr, Energie und Gesundheitswesen) müssen
Risikomanagementmethoden einführen und IT-Sicherheitsvorfälle in
ihren Kerndiensten (bei beträchtlichen Auswirkungen) an die zuständigen Behörden melden.
■■ Die EU-Kommission erhält das
Recht, eine Liste mit möglichen
Standards zur IT-Sicherheit zu
erstellen.
■■ keine Berücksichtigung von Herstellern und Dienstleistern
Bereits 2010 war im Zusammenhang
mit der Digitalen Agenda gedacht, eine
entsprechende Richtlinie zu erstellen.
Durch das engere Zusammenwachsen der Versorgungs- und Informationsnetze erhält die NIS-Richtlinie
eine wachsende Bedeutung in unserer
Wirtschaft und Gesellschaft. Sie definiert Voraussetzung für den weltwei-
Der Ausschuss ITRE steht dem Richtlinienentwurf positiv gegenüber, sieht
jedoch noch Potenzial für Verbesserungen, um in den Mitgliedstaaten eine
erfolgreiche Umsetzung zu erreichen.
Dazu müssen grundsätzlich noch zwei
Dinge stärker berücksichtigt und unterstützt werden: Effizienz und Vertrauen.
November/Dezember 2014
Bezüglich Effizienz fordert ITRE folgende Punkte:
■■ freie Gestaltung des Steuerungsrahmens für die Cybersicherheit
auf nationaler Ebene
■■ Vermeidung von doppelten Strukturen und Institutionen und damit
Vermeidung von Kompetenzstreitigkeiten
■■ Bewährte bestehende nationale
Strukturen sollen erhalten bleiben.
■■ Der Informationsaustausch muss
auf effiziente Weise erfolgen.
■■ die Vorgaben des Entwurfes zur
Einrichten der nationalen CERTStruktur6 lockern
■■ Einschränkung des Geltungsbereiches auf Energie-, Verkehrs-,
Gesundheits- und Finanzsektors
ohne allgemeine „Internetwirtschaft“
■■ Für die öffentliche Verwaltung soll
der Bedarf für die Weiterentwicklung der E-Gouvernement-Dienste
im Verhältnis zu der bestehenden
Sorgfaltspflicht stehen
Ein wesentlicher Punkt, mit dem auch
die Umsetzung der Richtlinie steht
und fällt, ist ein vertrauenswürdiges
Umfeld. Durch aktive Mitwirkung
oder Meldung von Marktteilnehmern
darf diesen kein Nachteil erwachsen,
wie zum Beispiel höhere Haftung oder
das Aufbürden der Verantwortung für
Schäden.
Weiter Informationen erhalten Sie
bei Oesterreichs Energie, Technisches
Consulting, Dipl.-Ing. Armin Selhofer,
MSc; Tel.: +43 1/501 98-232.
1
COM(2013) 48
http://ec.europa.eu/digital-agenda/en/our-goals
Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie
4 Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres
5 Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten
6 Computer Emergency Response Team
2
3
Oesterreichs Energıe. · 51
Technik
Foto: Fraunhofer IWES Kassel
Forschungsprojekt
für die Regelenergie
DAS PROJEKT EINES KOMBIKRAFTWERKS SOLLTE DIE GRUNDLASTFÄHIGKEIT DER
ERNEUERBAREN ENERGIEN IN DEUTSCHLAND UNTER BEWEIS STELLEN.
E
in Konsortium aus Wissenschaft
und Wirtschaft untersuchte im
Forschungsprojekt
„Kombikraftwerk 2“, wie ein rein regeneratives Stromsystem funktionieren könnte und wie groß
der Bedarf an Systemdienstleistungen wie
Momentanreserve oder Regelleistungs-
52 · Oesterreichs Energıe.
VON STEFAN MAY
und Blindleistungsbereitstellung in einer
100-prozentig erneuerbaren Stromversorgung ist. Außerdem im Fokus: Wie Erneuerbare-Energien-Anlagen in einem Verbund als Kombikraftwerk diese Systemdienstleistungen erbringen und welchen
Beitrag Wind-, Solar- und Biogasanlagen
November/Dezember 2014
Technik
heute zur sicheren Stromversorgung leisten können.
Das Projekt – das ein Gesamtvolumen von
drei Mio. Euro und ein Fördervolumen von
1,8 Mio. Euro umfasst – sollte beweisen,
dass die Erneuerbaren auch grundlastfähig
sind.
Konsistentes Szenario
Zwischen 2030 und 2050 würden Verbrennungskraftwerke nur mehr ein paar hundert bis tausend Stunden zum Einsatz
kommen, prophezeite der stellvertretende
Institutsleiter des Fraunhofer IWES Kassel, Kurt Rohrig, anlässlich der Demonstration. „Netzstabilität ist dann gegeben, wenn
Erzeugung und Verbrauch aufeinander
abgestimmt funktionieren“, sagte er. „Die
Frequenz spiegelt ihre Balance im Gesamtsystem wider. Die Spannung im Netz ist
hingegen unterschiedlich.“
Für das Projekt wurde ein räumlich hoch
aufgelöstes Szenario zugrunde gelegt. Als
Energiemix für 600 TWh wurden 60 Prozent Wind, 20 Prozent Sonne und je zehn
Prozent Bioenergie und Geothermie angenommen. Das regenerative Kombikraftwerk hatte insgesamt eine Leistung von
80 MW und bestand aus zwei Windanlagen
in Brandenburg, einer Fotovoltaikanlage in
Süddeutschland sowie vier Biogasanlagen
in Hessen und Rheinland-Pfalz. Der Server,
auf dem alle Daten zusammenliefen, stand
in Kassel. Diese digitale Leitwarte steuerte
die Anlage im Drei-Sekunden-Rhythmus.
Leistungsprognosen immer
besser planbar
Damit wollten die Initiatoren auch zeigen,
dass die Leistungsprognosen für Wind- und
Solaranlagen immer besser, die fluktuierenden Energien immer planbarer werden.
Durch den Zusammenschluss verschiedener
Anlagen der erneuerbaren Energien sollten
die individuellen Stärken kombiniert und –
mittels räumlichen Ausgleichs – ein weiterer Vorteil genutzt werden.
„Mit dieser räumlichen Auflösung sind
wir in die zeitliche Auflösung gegangen“,
schildert Rohrig. Wetterabhängige Erzeuger, Verbrauch, Ausgleichssysteme und
Leistungsflussanimation gingen als Daten
ein. Anhand dieser Szenarien wurden die
netzgebundenen Stabilitätsberechnungen
erstellt: „Wie ist derzeit der Netzausbau
gewappnet, diesen Leistungen gerecht zu
November/Dezember 2014
werden?“ Auch der Blindleistungsbedarf
wurde im Projekt errechnet.
Hinzu kam eine Frequenzstabilitätsberechnung für den Fall eines Frequenzeinbruchs.
Aber: „Die 49,2 Hertz wurden nie unterschritten, die erneuerbaren Energien können rechtzeitig einspringen“, so der Fraunhofer-Wissenschaftler. Die Anlagen wurden
zum Kombikraftwerk zusammengeschaltet
und eine sekundengenaue, aktive und intelligente Regelleistung bereitgestellt.
„Man kann heute mit Fug und Recht
behaupten, dass das ein
guter Tag für die Energiewende ist“, sagte kurz vor
der Demonstration des
Kombikraftwerks 2 Jürgen Becker, Staatssekretär im deutschen UmweltKurt Rohrig, Stellvertretender Institutsleiter
ministerium. Das KombiFraunhofer IWES Kassel
kraftwerk stehe in einer
Reihe mit 80 neuen Projekten, die im Vorjahr mit mehr als 65 Mio.
Euro gefördert worden seien. „Deutschland
kann sich als Industrieland in diesem Sektor frühzeitig qualifizieren und einen Vorsprung sichern. Was morgen angewendet
werden soll, muss heute erprobt werden“,
sagte der Staatssekretär.
Die fluktuierenden
Energien werden
immer planbarer.
Live-Feldtest im
Fraunhofer-Institut
Am Demonstrationstag war es dann für den
live übertragenen Feldtest soweit:
„Wir schalten uns in die Regeldemonstration ein“, wird stolz verkündet. Auf den
Bildschirmen im Fraunhofer-Institut in
Berlin beginnen die ersten Kurven auf
Diagrammen zu zucken. Eine rote Linie
gibt den Sollwert vor. Der Windpark „Feldhain 1“ zeigt seine augenblickliche Leistung. Je nach Zustand der Netzfrequenz
soll das Kombikraftwerk nun positive oder
negative Regelleistung zur Verfügung stellen. Es dauert noch einige Minuten, bis das
Kombikraftwerk in den RegelleistungsBereitstellungsmodus versetzt ist. Vertreter der am Projekt beteiligten Unternehmen und Institute drücken gemeinsam den
roten Knopf und lösen so das Sollsignal
aus. Dann erscheint das Regelleistungsband, in dessen Grenzen das Kombikraftwerk nun Regelleistung erbringen soll.
Dazu reduziert es erst seine Leistung, denn
zur Regelenergieleistung fahren die Anlagen des Kombikraftwerks gedrosselt, um
Info:
Das auf drei Jahre angelegte
Forschungsprojekt „Kombikraftwerk 2“ untersucht,
wie ein rein regeneratives
Stromsystem funktionieren
könnte und welchen Bedarf
es an Systemdienstleistungen
geben wird. Zugleich werden
Möglichkeiten erforscht, wie
Erneuerbare-Energie-Anlagen
diese zur Netzstabilität notwendigen Dienstleistungen
erbringen können und die
Lösungsansätze an realen
Anlagen untersucht.
Oesterreichs Energıe. · 53
Technik
bei Bedarf hochgeregelt oder noch weiter
reduziert zu werden.
Gemäß dem zum Einsatz kommenden Verfahren wird die mögliche Einspeisung zu
jeder Sekunde bestimmt. Damit falle die
ungenutzte Energie wesentlich geringer
aus als nach klassischem Fahrplan. Einspeisefahrplan und mögliche Einspeisung
würden sich annähern.
Nach dem Druck auf den roten Knopf wird
erst negative Regelleistung
zur
Frequenzminderung
abgefragt. Die Kurve im
Diagramm sackt ab, ein so
genannter Überschwinger,
der nach unten über das
Band hinaus schießt. Alle
drei Sekunden werden die
Daten aktualisiert, die
Kurve pendelt sich am
Kaspar Knorr, Kombikraftwerke-2-Projektleiter
unteren Rand des Bandes
ein. Da an diesem Tag zu
wenig Wind weht, sieht es
eher nach Ausschalten von Windparks aus,
deshalb kommt von dort wenig Leistung.
„Dann übernimmt in so einem Fall eben
ein anderer Windpark, der mehr Wind hat“,
sagt Kurt Rohrig.
Der negative Regellastabruf wird vom positiven Regellastabruf abgelöst, allerdings
wird dabei kein Unterschwinger verzeichnet. „Derzeit besteht eine Unterfrequenz
im Netz, deshalb speisen die Anlagen mehr
ein“, kommentiert der Fraunhofer-Experte.
Mit wenigen Sekunden
Anpassung reagieren
Erneuerbare schneller
als konventionelle
Kraftwerke.
Regelenergie muss sehr schnell abrufbar
sein. Die Primärregelleistung muss am
schnellsten zur Verfügung stehen, innerhalb von 30 sec hat die angebotene Reserve
abrufbar zu sein. Sekundärregelleistung
muss innerhalb von fünf Minuten bereitstehen. Die Minutenreserve schließlich hat
einen Zeithorizont von 15 Minuten.
Mit einer Anpassungszeit von wenigen Sekunden würden die erneuerbaren
Energien schneller als konventionelle
Kraftwerke reagieren, sagt der Projektleiter des Kombikraftwerks 2, Kaspar
Knorr. Die gesamte Kommunikation quer
durch Deutschland, zwischen den einzelnen Standorten und dem Server in Kassel, erfolgt in diesen Minuten über das
Internet. Womit ein großer Schwachpunkt
angesprochen ist: „Man wird angreifbar“,
räumt Rohrig ein. „Das werden wir in weiteren Forschungsprojekten bearbeiten,
weil es hier um große Datenmengen über
große Distanzen geht.“
An einem weiteren Punkt soll detailreich
weiter geforscht werden: Daran, dass die
Einspeisung im Moment nicht die rote
Linie im Diagramm erreicht, auf der sie
sich eigentlich bewegen sollte. „Wir bewegen uns bei wenig Wind auf dünnem Eis“,
sagt Rohrig. „Das führt zu Ungenauigkeiten,
eigentlich müsste dieser Windpark herausgenommen werden.“ Und Biogasanlagen
könnten nicht so schnell auf eine veränderte Situation reagieren.
Virtuelle Kraftwerke entwickeln Attraktivität
Ende Oktober des Vorjahres startete der Verbund-Konzern
seinen „Power Pool“, ein virtuelles Kraftwerk, in dem die
Erzeugungs- und Verbrauchskapazitäten von Industrie- sowie
Gewerbekunden gebündelt und auf dem Regelenergiemarkt
angeboten werden sollen. Geplant ist, in einer ersten Stufe
rund zehn MW Gesamtleistung anzubieten.
Verbund-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Anzengruber verlautete damals, „neben nachhaltiger Erzeugung, Netzausbau,
Speicher und Energieeffizienz ist das Prinzip ‚Demand Response‘ eine der Säulen in der Umsetzung der Energiewende“.
Auch lasse sich die „aktive Einbeziehung bereits vorhandener
Flexibilität im Vergleich zum Bau neuer Kraftwerke schnell
und günstig umsetzen.
Erlöse werden aufgeteilt
Ähnliche Wege wie der Verbund mit dem Power Pool gehen
auch andere österreichische Energieunternehmen, etwa die
Salzburg AG, berichtet Vorstand Leonhard Schitter. Die ersten
Partner für ihr „virtuelles Kraftwerk“ haben die Salzburger
schon gewonnen.
54 · Oesterreichs Energıe.
Das Anbieten der Kapazitäten von ebenfalls etwa zehn MW
auf dem Markt für Sekundär- sowie Tertiärregelenergie soll
ab etwa Mitte 2014 erfolgen. Anders als der Verbund, dessen
Power Pool die deutsche Entelios managt, hat die Salzburg
AG keinen Technologiepartner gesucht, sondern vertraut auf
eigenes Know-how.
Laufend Gespräche mit möglichen Kunden
Die am virtuellen Kraftwerk teilnehmenden Industrieunternehmen erhalten einen Teil der Erlöse aus dem Verkauf
der Regelenergie. Bei der Frage, in welchem Verhältnis die
Salzburg AG mit den Unternehmen teilen wird, hält sich das
Unternehmen noch bedeckt.
Grundsätzlich positiv steht dem Thema „virtuelle Kraftwerke“
auch die Energie AG Oberösterreich gegenüber. Wie aus dem
Unternehmen verlautet, finden bereits Gespräche mit potenziellen Kunden und Partnern statt, um die diesbezüglichen
Möglichkeiten auszuloten. Einen konkreten Zeitplan für die
Etablierung eines „virtuellen Kraftwerks“ gibt es aber noch
nicht. (kf)
November/Dezember 2014
Technik
Mit einer Datenflut aus ganz Deutschland wird das
Kombikraftwerk 2 gefüttert.
Foto: Fraunhofer IWES Kassel
Bei der Generalprobe ein paar Tage zuvor
habe es infolge durchschnittlicher Windverhältnisse kaum Lücken zwischen Regelleistungserbringung und RegelleistungsSollwert gegeben. Die Demonstration zeigt:
All die dahinter steckende Intelligenz muss
noch kalibriert werden. Die mehrminütige Demonstration neigt sich ihrem Ende
zu, und der stellvertretende Institutsleiter
resümiert: „Unter sehr schweren Bedingungen können die Aufgaben mit ein paar Anlagen schon ganz gut bewältigt werden. Keine
Frage, dass mit vielen Anlagen die Systembereitstellung klaglos gelingen kann.“
Die Projektergebnisse aus der Sicht des
Fraunhofer-Instituts: Es konnte eine sichere
und stabile Stromversorgung aus 100 Prozent erneuerbaren Energien demonstriert
werden. Ihre Quellen sind künftig einsetzbar, wenn sie technisch kombiniert werden.
Erneuerbare könnten heute schon Systemdienstleistungen erbringen und die Netzsicherheit gewährleisten. Durch die Verknüpfung im Kombikraftwerk erweitert sich der
Handlungsspielraum. Mitte des JahrhunNovember/Dezember 2014
EINKAUFSGENOSSENSCHAFT
EINKAUFSGENOSSENSCHAFT
ÖSTERREICHISCHER
ELEKTRIZITÄTSWERKE
EINKAUFSGENOSSENSCHAFT
ÖSTERREICHISCHER
ELEKTRIZITÄTSWERKE
REGISTRIERTE
GENOSSENSCHAFT
M.B.H.
ÖSTERREICHISCHER
ELEKTRIZITÄTSWERKE
REGISTRIERTE
GENOSSENSCHAFT
M.B.H.
REGISTRIERTE GENOSSENSCHAFT M.B.H.
EINKAUFSGENOSSENSCHAFT
gegründet 1904
EINKAUFSGENOSSENSCHAFT
ÖSTERREICHISCHER
ELEKTRIZITÄTSWERKE
gegründet 1904
gegründet 1904
ÖSTERREICHISCHER
ELEKTRIZITÄTSWERKE
REGISTRIERTE
GENOSSENSCHAFT
M.B.H.
REGISTRIERTE GENOSSENSCHAFT M.B.H.
gegründet 1904
gegründet 1904
Ihr
Ihr Partner
Partner der
der Energiewirtschaft
Energiewirtschaft mit
mit Produkten
Produkten
Ihr Partner
der Energiewirtschaft
mit Produkten
aus
dem
Bereich
der
Energieverteilung
aus dem Bereich der Energieverteilung
aus dem Bereich mit
der Produkten
Energieverteilung
Ihr Partner der Energiewirtschaft
Ihr Partner der Energiewirtschaft
mit
Produkten
Energiekabel
und
Leitungen
• Horstmann-Kurzschlussanzeiger
Horstmann-Kurzschlussanzeiger
und Leitungen
aus dem Bereich• Energiekabel
der
Energieverteilung
Horstmann-Kurzschlussanzeiger
Energiekabel
und
Leitungen
(Smartmeter)
– Tyco-Electronics
aus dem Bereich• Kabelgarnituren
der
Energieverteilung
• Strom-Zähler
Strom-Zähler (Smartmeter)
Kabelgarnituren – Raychem
Tyco-Electronics
Strom-Zähler (Smartmeter)
Kabelgarnituren – Tyco-Electronics
Horstmann-Kurzschlussanzeiger
Energiekabel und Leitungen
• Kabelschutzmaterial
• Guro-Mastklemmkästen
Guro-Mastklemmkästen
Kabelschutzmaterial
Guro-Mastklemmkästen
Kabelschutzmaterial
Horstmann-Kurzschlussanzeiger
Energiekabel und Leitungen
Verbindungstechnik
Hauff-Technik
–
Kabelgarnituren – Tyco-Electronics
• Hauff-TechnikStrom-Zähler
• Verbindungstechnik
– Kabel- und (Smartmeter)
Verbindungstechnik V isoliert
Hauff-Technik
–
Strom-Zähler
(Smartmeter)
Kabelgarnituren – Tyco-Electronics
Lemp-Werkzeuge
Kabelund
Rohrdurchführungen
• Lemp-Werkzeuge 1000
Guro-Mastklemmkästen
Kabelschutzmaterial
Rohrdurchführungen
1000 V isoliert
Kabel- und Rohrdurchführungen
Kabel- und Rohrdurchführungen
Guro-Mastklemmkästen Lemp-Werkzeuge 1000 V isoliert
Kabelschutzmaterial
Verbindungstechnik
Hauff-Technik –
Sowie weitere Energieverteilungs-Produkte und Zubehör
Sowie weitere
Energieverteilungs-Produkte und Zubehör
Verbindungstechnik
Hauff-Technik –
Lemp-Werkzeuge
1000 V isoliert
Kabel- und Rohrdurchführungen
Sowie weitere
Energieverteilungs-Produkte
und Zubehör
Lemp-Werkzeuge 1000 V isoliert
Kabel- und Rohrdurchführungen
1090 Wien, Hebragasseund
2
E-Mail: office@ ege.at
Sowie weitere Energieverteilungs-Produkte
1090 Wien, Hebragasse 2 ZubehörE-Mail: office@ ege.at
Sowie weitere Energieverteilungs-Produkte
und
109001/405
Wien, 15
Hebragasse
2 ZubehörInternet:
E-Mail: office@
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97, Fax: -32
www.ege.at
Tel.: 01/405 15 97, Fax: -32
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Tel.: 01/405 15 97, Fax: -32
Internet: www.ege.at
1090 Wien, Hebragasse 2
E-Mail: office@ ege.at
1090 Wien, Hebragasse 2
E-Mail: office@ ege.at
Tel.: 01/405 15 97, Fax: -32
Internet: www.ege.at
Tel.: 01/405 15 97, Fax: -32
Internet: www.ege.at
Oesterreichs Energıe. · 55
Technik
derts könnte dadurch der Einsatz konventioneller Energieträger überflüssig werden.
Allerdings wären die Erneuerbaren derzeit
noch durch die Rahmenbedingungen des
Regulierungsmarktes gehindert, ihre Fähigkeiten real anzubieten, wurde geklagt.
Als Energieumfeld des Kombikraftwerks 2
wurden engmaschige Szenarien erstellt: So etwa
wurde die Windausbeute
bei Offshore hoch angesetzt: 36 GW aus der Nordsee und vier GW aus der
Ostsee. Onshore wurden
Fünf-MW-Anlagen angenommen, offshore ZehnMW-Anlagen. Alle verfügbaren Windenergieflächen wurden von den
Projektanten für den Feldtest „zugebaut“.
Die Windgeschwindigkeit wurde in Leistung umgerechnet, als „Referenzwetter“ für
die Versuche jenes des Jahres 2007 herangezogen.
Zur Simulation des Übertragungsnetzes
wurde auf dem bestehenden Netz von 220
und 380 kV aufgesetzt. Als Ausgleichssystem rechneten die Kombikraftwerksplaner
Elektrolyseure, Pumpspeicher, Batterien,
Biomasse und Methankraftwerke ein. Beim
Ausgleich mit dem Ausland wurde ein Kompromiss geschlossen und angenommen,
dass man dort eine vergleichbare Situation
und Ausstattung wie in Deutschland vorfindet.
Kleine dezentrale
Anlagen müssen zentral
überwacht werden.
Herausforderung
„Spannungshaltung“
Für die primäre Regelleistung und ihre
Bedarfsberechnung wurde die heutige
Regelleistung fortgeschrieben, für die
Sekundärregelleistung und den MinutenRegelleistungsbedarf wurden eigene Verfahren entwickelt. Für das RegelleistungsErbringungsszenario ließ man einen großen Teil aus Speichern bereitstellen. Eine
Herausforderung stellte die Spannungshaltung dar: Zu jedem Zeitpunkt war ein
plus/minus zehnprozentiges Spannungsband in allen Netzknoten einzuhalten.
Das Spannungsniveau in der Höchstspannung wird wesentlich durch Blindleistung
beeinflusst. Sie musste für die Be- und
Entladung der Felder bereitgestellt werden. Dies kann aber nicht über weite Stre56 · Oesterreichs Energıe.
cken geschehen. Deshalb müssten diese
Aufgabe künftig viele verteilte Anlagen
übernehmen. Durch passende Blindleistungseinspeisung könne das Spannungsband von plus/minus zehn Prozent an
allen Netzpunkten zu jedem Zeitpunkt
bereitgestellt werden, versicherten die am
Kombikraftwerk Beteiligten.
Schließlich widmeten sich die Techniker
einem Engpassmanagement, wobei sie „n
minus 0“ als Normalzustand annahmen, bei
dem nichts ausfallen dürfe. Bei „n minus
1“ ließ man zu Berechnungszwecken jedes
einzelne Netz ausfallen und berechnete so
die entstehenden Engpässe. Wichtig dabei
war, dass ein Engpass, meist liegen sie in
Deutschland in Nord-Süd-Richtung, nicht
weitere verstärken dürfe.
Aus diesem riesigen Datenmaterial und
dem darauf aufbauenden Projekt Kombikraftwerk 2 leiteten die beteiligten Partner
eine Reihe von Handlungsempfehlungen
ab: Zum einen würden Speichertechnologien benötigt, insbesondere Power to Gas.
Für ein hundertprozentiges Szenario bei
den Erneuerbaren führe daran kein Weg
vorbei, hieß es.
Auch Reservekraftwerke seien nötig. Kleine,
dezentrale Anlagen müssten zentral überwacht werden können. Wichtig seien genaue
Prognosen. Die erneuerbaren Energien sollten an möglichst hohe Spannungsebenen
angeschlossen werden. Der Regellastbedarf
solle nicht für den nächsten Monat, sondern für den nächsten Tag eingeführt werden. Zuletzt wurde auch nach mehr Transparenz gerufen, insbesondere dem Zugang
zu Marktdaten.
Blieben noch die Empfehlungen für weitere
Forschungsarbeiten: etwa zur Verbesserung
der Prognosen, Untersuchungen zur Beurteilung künftiger Netzstabilität in Deutschland sowie zum Kurzschlussstrom. Eventuell, so meinten die Projektbearbeiter, solle
ein „Kombikraftwerk 3“ auf Wärme und
Verkehr oder auch auf ganz Europa ausgeweitet werden.
Zusammenfassend sagte Rohrig: „Wir sind
auf dem Weg in eine neue Ära der Energieversorgung, die sehr flexibel sein wird.
Da sind neue Technologien gefragt. Die
Tür zum Kombikraftwerk war zwar schon
geöffnet, aber wir haben sie ein Stück weiter aufgestoßen.“ n
November/Dezember 2014
Blitzlichter
Tomas Müller tritt in
den Ruhestand
V. l. n. r.: Dr. Barbara Schmidt, Dipl.-W.Ing. Dr. Tomas
Müller, Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber
Foto: Oesterreichs Energie
Am 31. Oktober feierte der stellvertretende
Generalsekretär von Oesterreichs Energie,
Tomas Müller, seinen 65. Geburtstag, mit
1. November 2015 trat der ausgewiesene
Experte für Energiethemen seinen wohlverdienten Ruhestand an.
Doch zurück an den Start: Nach seinem
Studium an der Universität Karlsruhe
startete der Wirtschaftsingenieur seine
Berufslaufbahn mit Tätigkeiten beim Institut für Kernenergie und Energiesysteme
in Stuttgart, bei der IIASA und der OPEC
sowie als Konsulent.
Die Arbeit von Osterreichs Energie hat er
21 Jahre lang maßgeblich geprägt. 1994
trat der aus Bad Neuheim stammende
Mathematiker, Informatiker und Wirtschaftswissenschaftler als Leiter des
Bereichs Energiewirtschaft und Außenbeziehungen in die Interessenvertretung ein.
Er leitete den Koordinierungsausschuss
und die Ausschüsse „Bauwesen“ sowie
„Elektrizitätsanwendung“.
Ihm verdankt man auch den Aufbau der
energiewirtschaftlichen Statistik. Seit 1997
betreut er auch Forschung & Innovation,
hat die Forschungstätigkeit von Oesterreichs Energie maßgeblich mitgeprägt und
die Forschungspreise ins Leben gerufen.
Seit der Verbandsreform war er Leiter des
Bereichs Erzeugung und seit 2007 auch
Generalsekretär-Stellvertreter. Zudem
hat Müller Oesterreichs Energie auch in
wesentlichen Gremien bei Eurelectric
vertreten und sich dadurch auch in der
europäischen Energiepolitik einen Namen
gemacht.
Mit Tomas Müller verlässt nun eine zentrale Ansprechperson für die heimische
Fachwelt die Bühne der Energiewirtschaft.
November/Dezember 2014
Anlässlich von Osterreichs Energie Kongress ehrten Präsident Wolfgang Anzengruber und Generalsekretärin Barbara
Schmidt Tomas Müller nochmals für sein
langjähriges, erfolgreiches Wirken.
Oesterreichs Energie wünscht seinem stellvertretenden Generalsekretär alles Gute
für die Zukunft!
KELAG-Fernwärme für
Burgenlandgemeinden
In den burgenländischen Gemeinden Bad
Sauerbrunn und Neudörfl hat die KELAG
Wärme GmbH eine Fernwärmeversorgung
auf Basis industrieller Abwärme errichtet und in Betrieb genommen. Die KELAG
Wärme GmbH investierte rund 7,2 Mio.
Euro in das Fernwärmenetz, um Abwärme
der FunderMax GmbH zu den Kunden in
Bad Sauerbrunn und Neudörfl zu bringen. Günther Stückler, Geschäftsführer
der KELAG Wärme: „Derzeit liefern wir
rund dreizehn Mio. kWh Wärme an unsere
Kunden, im Endausbau wollen wir pro Jahr
rund 24 Mio. kWh Wärme für Raumwärme
und Warmwasser liefern. Das entspricht
dem Bedarf von rund 4000 Wohnungen.“
Seit Oktober 2013 befindet sich das System
im Betrieb. Die KELAG Wärme hat rund
Bürgermeister Gerhard Hutter (Bad Sauerbrunn),
Bürgermeister Dieter Posch (Neudörfl), FunderMax-GF
René Haberl, Kelag-Vorstandssprecher Dipl.-Ing. Dr.
Hermann Egger, Kelag Wärme GmbH-GF Günther
Stückler, SP-Klubobmann Christian Illedits (v. l. n. r.).
Foto: Kelag
zwölf km Fernwärmeleitungen gebaut. „Am
Beispiel Neudörfl und Bad Sauerbrunn
manifestiert sich die Strategie unseres
Tochterunternehmens KELAG Wärme
GmbH sehr deutlich“, erläutert Hermann
Egger, Sprecher des Kelag-Vorstandes. „Wo
immer es möglich ist, nutzen wir industrielle Abwärme für die Raumheizung und
das Warmwasser. Energiewirtschaftlich
effizienter und umweltfreundlicher kann
die Wärmeversorgung nicht sein.“
Auszeichnung
für den
VerbundKonzern
Mitte Oktober wurde der
Verbund-Konzern im
Rahmen der CDP Climate
Leaderships Awards in
München für seine Erfolge
bei der Reduktion von
Treibhausgasemissionen
und für seinen aktiven
Umgang mit den wirtschaftlichen Risiken des
Klimawandels ausgezeichnet. Das Unternehmen
wurde auch erstmals in
den CDP Climate Performance Leadership Index
aufgenommen und überholte mit 99/100 Punkten
im Bereich der transparenten Berichterstattung
zu Emissionsdaten und
Klimaschutzleistungen
als bestes Unternehmen
seiner Branche in der
D-A-CH-Region namhafte
deutsche und Schweizer
Energieunternehmen.
„Als eines der klimafreundlichsten Stromunternehmen Europas
sind wir Vorreiter bei
der Decarbonisierung
der Stromerzeugung. Wir
investiert nicht mehr in
CO2-emittierende Technologien. In diesem Sinne
bestätigt uns diese ausgezeichnete Beurteilung
und die Aufnahme in den
CDP Climate Performance
Leadership Index“, freute
sich Verbund-Vorstandsvorsitzender Wolfgang
Anzengruber.
EDF-Chef
­abgelöst
Der Chef des französischen Stromriesen EDF,
Henri Proglio, wird abgelöst. Frankreichs Präsident, François Hollande,
gab das Ausscheiden
des Managers bekannt,
nachdem unter anderem
an den hohen Bezügen
Proglios immer wieder
Kritik laut geworden
war. In seine Amtszeit fiel
zudem der umstrittene
Verkauf der EDF-Anteile
am Stromkonzern EnBW
an die baden-württembergische Landesregierung.
Oesterreichs Energıe. · 57
Blitzlichter
„Haus der
Ingenieure“
erstrahlt im
neuen Glanz
Foto: OVE
Ende September präsentierte der Österreichische
Verband für Elektrotechnik (OVE) und der Österreichischer Ingenieur- und
Architekten-Verein (ÖIAV)
das im neuen Glanz
erstrahlende „Haus der
Ingenieure“ in Wien. In
einem Festakt feierten
zahlreiche Gäste den
Abschluss der vier Jahre
dauernden Renovierung
des 1870 bis 1872 im Neorenaissance-Stil erbauten
Gebäudes. Das Ingenieurhaus, gemeinsam mit dem
Haus des Österreichischen
Gewerbevereins errichtet,
ist ein hervorragendes
Beispiel der typischen
Ringstraßenarchitektur
und spielte im städtebaulichen Konzept eine
bedeutende Rolle.
Der OVE baute seine Büroräumlichkeiten im vierten
Obergeschoß um und
erweiterte diese mit einem
galerieartigen Dachausbau. Dadurch entstanden
neue, zeitgemäße Büros
und ein neuer Kommunikationsbereich. OVEPräsident Franz Hofbauer
hob die jahrzehntelange
gemeinsame Geschichte
und Verbundenheit der
beiden Verbände hervor, die schließlich 2006
zu einer weitgehenden
Kooperation von ÖIAV
und OVE führte und die
seither mit Peter Reichel
auch einen gemeinsamen
Generalsekretär haben.
Windpark mit
Bürgerbeteiligung
V. l. n. r.: Energie Steiermark-Vorstand Dipl.-Ing. Olaf
Kieser, Bürgermeister Franz Farmer (Kloster), Energie
Steiermark-Vorstandssprecher Dipl.-Ing. Christan
Foto: Energie Steiermark
Purrer
Die Energie Steiermark hat am Donnerstag
einen Windpark mit einer Leistung von insgesamt sechs MW eröffnet und setzt dabei
auf das Modell der Bürgerbeteiligung.
Drei Hochleistungswindräder sollen rund
13 Mio. kWh Strom pro Jahr produzieren
und damit etwa 3500 Haushalte versorgen,
hieß es bei der Eröffnung auf der Freiländeralm im Bezirk Deutschlandsberg.
In einer Bauzeit von rund einem Jahr
wurden die 145 m hohen Windräder im
Gemeindegebiet von Kloster mit einer
Investitionssumme von etwa 9,5 Mio. Euro
errichtet. Sie sind der Einstieg der Energie
Steiermark in die Windkraft. Außerdem
bietet der Energieversorger erstmals auch
die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung. Mit
einer Einlage von 500 bis 3000 Euro können sich Privatpersonen bei einer garantierten Rendite von 3,3 Prozent beteiligen.
Robert Grüneis ist
neuer Energievorstand
Der Aufsichtsrat der Wiener Stadtwerke
Holding AG hat Mag. Robert Grüneis mit
1. Dezember 2014 zum neuen Energievorstand bestellt. Grüneis war seit 2008
V. l. n. r.: Mag. Robert Grüneis, Dr. Gabriele Domschitz,
Dipl.-Ing. Marc Hall, Dr. Martin Krajcsir
Foto: Wiener Stadtwerke
58 · Oesterreichs Energıe.
Geschäftsführer der Wien Energie GmbH
und für die Bereiche Kommunikation und
Marketing, Vertrieb, Public Affairs und
Telekommunikation verantwortlich. Der
studierte Jurist gilt als profunder Kenner
der österreichischen Energiewirtschaft.
Grüneis war seit 1995, dem Beginn seiner
Laufbahn im Wiener Stadtwerke-Konzern,
bei mehreren strategischen Großprojekten
maßgeblich beteiligt. So auch 2001 bei der
Gründung der Energieallianz Austria und
der Wien Energie GmbH.
Darüber hinaus ist Grüneis Vorstandsmitglied des Europäischen Dachverbandes
kommunaler Unternehmen CEDEC sowie
Mitglied im kaufmännischen Ausschuss
des Verbandes kommunaler Unternehmen
(VKU) in Deutschland. Bei Oesterreichs
Energie fungiert Grüneis als Sprecher
für die Bereiche Handel und Vertrieb. Die
Geschäftseinteilung für die Zuständigkeiten der anderen Vorstandsmitglieder
der Wiener Stadtwerke Holding AG bleibt
unverändert bestehen.
EU-Klimabeschluss –
vernünftig und machbar
Als starke Vorlage für die kommenden
internationalen Klimakonferenzen und
glaubwürdiges Signal der Handlungsfähigkeit Europas auch in schwierigen
Zeiten sieht Österreichs E-Wirtschaft das
Ergebnis des EU-Gipfels in der Frage der
Fortsetzung der Klima- und Energiepolitik. „Die Staats- und Regierungschefs
haben hier eine vernünftige und machbare
Zieltrias gefunden, die Solidarität innerhalb der EU beweist und zudem jederzeit
nachgebessert werden kann, wenn sich
die Wirtschaftslage entspannt“, erklärte
Barbara Schmidt, Generalsekretärin von
Oesterreichs Energie.
Oesterreichs Energie befürwortet die Festlegung, dass man sich vorrangig auf eine
Verringerung der Treibhausgasemissionen
konzentriert. Schmidt: „Wenn man sich
einig ist, dass die Bekämpfung des Treib­
hausgaseffekts absolute Priorität genießen
muss, dann muss man auch hier Schwerpunkte setzen.“
Für die Umsetzung der Maßnahmen ist aus
Sicht von Oesterreichs Energie allerdings
eine gesamteuropäische Steuerung erforderlich.
November/Dezember 2014
Blitzlichter
Enamo Ökostrom
hilft helfen
Persönliche Beratung in allen Energiefragen erhalten Kunden der Energie Burgenland in Mattersburg in einem neuen,
modernen Kundencenter in zentraler Lage.
„Das neue Kundencenter wird allen Kundenansprüchen gerecht“, erklären Energie
Burgenland-Vorstandssprecher Michael
Gerbavsits und Vorstandsdirektor Alois
Ecker. Burgenlandweit können sich Kunden
in acht Centern zu allen energierelevanten
Themen rasch informieren und kompetent
beraten lassen. Beim Erfüllen der Kundenbedürfnisse habe der Energiedienstleister die Nase vorn, sagten Gerbavsits und
Ecker. „Neben günstigen Energiepreisen
und 100 Prozent Ökostrom aus Österreich
sowie umweltfreundlichem Erdgas bekommen die Kunden individuelle Beratung in
sämtlichen Energiefragen und ein breites
Angebot an Serviceleistungen, etwa über
das Energieeffizienzprogramm ‚Bonuswelt‘.“ Pro Jahr nutzen rund 20.000 Burgenländer die Services der acht Kundencenter, etwa bei der Einlösung der gesammelten Bonuspunkte, die beim Kauf von
neuen energieeffizienten Geräten in bares
Geld getauscht werden können, und vieles
mehr.
Die langjährige Zusammenarbeit der
Enamo Ökostrom mit der Diözese Linz und
der Caritas fand mit der Übergabe eines
E-Mobils eine wirkungsvolle Fortsetzung.
Mit dieser Spende leistet Enamo Ökostrom
einen wertvollen Beitrag. „Das Fahrzeug
wird in unserer Einrichtung St. Elisabeth
am Froschberg zum Einsatz kommen“, sagt
Caritas-Direktor Franz Kehrer. In St. Elisabeth werden Jugendliche mit Beeinträchtigung dabei unterstützt, ein selbstbestimmtes und sinnerfülltes Leben zu führen.
Neben der Anschaffung von Elektroautos
und Dienstfahrrädern setzt die Caritas
in vielen Arbeitsbereichen Klimaschutzmaßnahmen um. Seit Jänner 2014 fließt
100 Prozent zertifizierter Ökostrom in alle
Caritas-Einrichtungen.
„Enamo Ökostrom freut sich über die
langjährige Partnerschaft, die nicht nur
am Papier zu finden ist, sondern mit der
Übergabe des Elektroautos und zusätzlich 3000 LED-Lampen auch ein Zeichen
der Wertschätzung gegenüber diesen
wichtigen Einrichtungen im Land Oberösterreich setzt“, sagten die EnamoGeschäftsführer Hans Zeinhofer und
Robert Mayr.
Die Redaktion von Oesterreichs Energıe.
wünscht allen Leserinnen und Lesern ein
frohes Weihnachtsfest
und ein erfolgreiches Jahr 2015!
November/Dezember 2014
VKW Vlotte
bietet Direktbezahllösung
an
Foto: VKW
Energie Burgenland mit
neuem Kundencenter
Die Vorarlberger Kraftwerke AG (VKW) stattet
als erstes Unternehmen in
Österreich seine Ladestationen mit der neuen
Direktbezahllösung „intercharge direct“ aus. Damit
können Elektrofahrzeugfahrer ohne bestehenden
Vertrag ab sofort mit
jedem Smartphone Ladevorgänge direkt an der
Ladestationen der VKW
starten und bezahlen. Entwickelt wurde die Lösung
von der Berliner Hubject
GmbH.
„Die Kundenanfragen
nach Direktbezahlmöglichkeiten häufen sich.
Für uns als Ladesäulenbetreiber im Vierländereck
Österreich, Deutschland,
Schweiz und Liechtenstein ist es wichtig, auf
diesen Kundenwunsch
schnell zu reagieren.
Wir freuen uns, mit
intercharge direct eine
einfache und innovative
Lösung gefunden zu
haben, die auch durchreisenden Elektroautofahrern am Bodensee zur
Verfügung steht. Durch
die Zahlungsabwicklung per PayPal können
E-Autofahrer bequem
per Euro zahlen, auch
wenn dies nicht ihre
Landeswährung ist“, so
Christian Eugster, Leiter
des E-Mobilitätsprojekts
„Vlotte“ in Vorarlberg. Als
erster Ladestationsbetreiber in Österreich nutzt die
VKW ab sofort dieses neue
Angebot.
Oesterreichs Energıe. · 59
Blitzlichter
Energieallianz
hat neuen
Geschäfts­
führer
Seit 1. Oktober 2014
ist Markus
Felder als
Geschäftsführer der
EAA-Energieallianz
GmbH und
Mag. Markus
Prokurist
Felder
Foto: Richard Tanzer der Energie
Burgenland Vertrieb GmbH & Co
KG tätig. Er folgt damit
Walter Göllesz nach, der in
den Ruhestand tritt.
Der ausgebildete Wirtschaftspsychologe ist seit
2001 im Unternehmen
beschäftigt, zuletzt als Vertriebsleiter und Prokurist
in der Energie Burgenland
Vertrieb GmbH & Co KG.
Neben der Steuerung der
Vertriebstätigkeit zählen
energiewirtschaftliche
Planung, Energiebetriebswirtschaft, Produktmanagement und Datenmanagement zu seinem
Aufgabenbereich. Bei der
EAA zeichnet er nun für
die Bereiche Controlling,
Transmission Management sowie die EAABilanzgruppe verantwortlich. Die Bestellung zum
Geschäftsführer bezeichnet er als große Herausforderung und Chance, seine
langjährige Erfahrung in
Vertrieb und Kundenservice einzubringen.
Smart-Metering-Projekt
am Start
Seit Jahresbeginn beschäftigt sich die Salzburg AG
intensiv mit den Vorbereitungen zur flächendeckenden Einführung
von intelligenten Stromzählern. Für die komplexe Umstellung auf die
smarten Stromzähler hat
man sich dafür den ITDienstleister Atos an Bord
geholt. Dieser Anbieter
verfügte nach der Evaluierung über das breiteste
praktische und konzeptionelle Know-how.
60 · Oesterreichs Energıe.
Strom statt Benzin am
Klinikum Graz
Auf E-Fahrrädern und E-Mopeds sind die
Mitarbeiter des Klinikums Graz schon
seit einigen Jahren unterwegs. Für längere Wege oder Transportfahrten standen
ihnen allerdings immer nur Benzinautos
zur Verfügung. Mit Hilfe des Kooperationspartners Energie Steiermark wurden nun
jedoch sechs E-Fahrzeuge für das LKHUniversitätsklinikum Graz angeschafft, die
für innerbetriebliche Fahrten genutzt werden. „Der Einsatz dieser E-Autos ist Teil
unseres Mobilitätskonzeptes, mit dem wir
nicht nur versuchen, unsere Mitarbeiter
zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmit-
alten Anlagen (Flaurling 1 und 2) zusammen erzeugen. Beide Altanlagen werden
seit 1972 von der TIWAG betrieben.
„Mit diesem neuen Ökostrom-Wasserkraftwerk leisten wir einen kleinen Beitrag zu
einem großen Ziel: dem nachhaltigen Ausbau der heimischen Wasserkraft“, betonte
Wallnöfer.
Das Projekt sieht vor, den Kanzingbach zu
fassen und eine maximale Wassermenge
von 800 l/sec auszuleiten. Die Druckrohrleitung verläuft auf einer Länge von
ca. 2230 m. Der Neubau trägt den aktuellen
strengen gewässerökologischen Standards
zur Gänze Rechnung.
135 Jahre Siemens
in Österreich
Gesundheitslandesrat Mag. Christopher Drexler,
Betriebsdirektor Mag. Gebhard Falzberger, KAGes
Vorstand Ernst Fartek, Energie SteiermarkVorstandssprecher Dipl.-Ing. Christian Purrer und
Pflegedirektorin Christa Tax bei der Autoübergabe
Foto: Energie Steiermark
(v. l. n. r.)
tel zu bewegen, sondern auch unseren Teil
zur Verbesserung der Luft beitragen wollen“, sagt Betriebsdirektor Mag. Gebhard
Falzberger. Christian Purrer, Vorstandssprecher der Energie Steiermark: „Es freut
uns besonders, dass sich das LKH Graz für
die Energie Steiermark als Kooperationspartner in Sachen ‚Grüner Mobilität‘ entschieden hat. Wir stellen insgesamt fünf
Zoe und einen E-Gator zur Verfügung. “
TIWAG-Firstfeier für
Kraftwerk Kanzingbach
Anfang Oktober fand in Anwesenheit
der TIWAG-Vorstandsmitglieder Bruno
Wallnöfer, Erich Entstrasser und Johann
Herdina die Firstfeier für das Kleinwasserkraftwerk am Kanzingbach im Flaurlinger
Tal statt.
Das neue Kraftwerk, in dessen Bau die
TIWAG rund 12,5 Mio. Euro investiert,
wird mit rund 16,4 GWh pro Jahr mehr als
dreimal so viel Ökostrom als die beiden
Am 23. Oktober 1879 wurde das „Wiener
technisches Büro von Siemens & Halske,
Berlin“ gegründet. Seitdem spiegelt die
Geschichte von Siemens in Österreich
135 Jahre technische und gesellschaftliche Entwicklung wider. Das Unternehmen
hat die auf Elektrizität aufbauende zweite
Welle des Industriezeitalters ebenso
geprägt wie das Informations- und Kommunikationszeitalter.
„Vor 135 Jahren hat im ersten SiemensBüro in der Wiener Magdalenenstraße und
kurz darauf in der ersten Werkstätte in der
Apostelgasse eine Erfolgsgeschichte ihren
Werkshof Apostelgasse
Foto: Siemens
Lauf genommen. Von der Beleuchtung und
Elektrifizierung Österreichs bis zu den
ersten seriengefertigten Elektrobussen
Europas und der neuesten Generation der
ÖBB-Railjets steht Siemens an der Spitze
der technischen und gesellschaftlichen
Entwicklung unseres Landes. Von wesentlicher Bedeutung für unseren Erfolg ist
die tiefe lokale Verwurzelung von Siemens
in Österreich“, erklärte Wolfgang Hesoun,
Generaldirektor von Siemens Österreich.
November/Dezember 2014
Termine
Oesterreichs Akademie Termine
25. bis 26. November 2014
2. bis 4. Dezember 2014
Leadership by
communication – Energie
erfolgreich vermitteln
Schutztechnik
Seminar, Wien
Erfolgreiche Kommunikation wird als eine der wichtigsten
Fähigkeiten (wenn nicht sogar als die wichtigste) guter Leader­
ship erkannt und ist inzwischen unbestrittene Grundlage
erfolgreicher Führungspersönlichkeiten. In der Energiebranche
ist die adäquate Kommunikation als großer Hebel um komplexe und schwierige Themen besonders gefragt.
In diesem zweitägigen Workshop trainieren die Teilnehmer
anhand ihrer selbstgewählten Themen aus der Energiewirtschaft, wie Kommunikation funktioniert, welcher Werkzeuge
es bedarf und wie die Empfänger vorab analysiert und richtig
angesprochen werden können. Durchgehende Fallstudien aus
der nationalen oder internationalen Energielandschaft untermauern die gelehrte Theorie und Methode und festigen durch
Gruppen- und individuelle Arbeiten auch Themen wie Visualisierung von Zahlen und Konzepten.
1. bis 2. Dezember 2014
Brussels Energy live
Institutionen und Entscheidungsfindung
in der EU
Seminar, Brüssel
Europa wächst zusammen, und auch im Energiebereich werden
heute die wesentlichen Weichen in Brüssel gestellt. Nutzen
Sie die Möglichkeit, Oesterreichs Energie und die Institutionen in Brüssel live zu erleben, und lernen Sie die Abläufe und
Entscheidungsprozesse besser kennen. So sind Sie künftig
noch besser in der Lage, Ihre Themen im europäischen Rahmen richtig zu positionieren! Mit seinem Brüsseler Büro ist
­Oesterreichs Energie im Zentrum der europäischen Energie­
politik etabliert und bietet exklusiv für seine Mitgliedsunternehmen Einblick in die Lobbyarbeit vor Ort.
Information und Anmeldung:
Seminar, Fuschl am See
Die Veranstaltung wendet sich an Betriebstechniker allgemein sowie an all jene Dienstnehmer eines Unternehmens,
die im Kern- oder Randbereich ihres Arbeitsgebietes mit
Schutzfragen konfrontiert sind. Bei diesem Seminar werden
theoretische Grundlagen der Schutztechnik vermittelt sowie
durch Gruppenarbeiten und Übungen vertieft. Darüber hinaus
ist g
­ enügend Zeit für Diskussion und Erfahrungsaustausch
vorgesehen.
27. bis 30. Jänner 2015
Basisseminar – Arbeit­
nehmerInnenschutz im EVU
Seminar, Fuschl am See
Dieses Seminar wendet sich an alle Verantwortlichen und
Beteiligten, die in Elektrizitätsunternehmen mit Aufgaben des
Arbeitnehmerschutzes befasst sind (z. B. §9-Beauftragte, Teamleiter, Meister, Lehrlingsbeauftragte, Sicherheitsvertrauenspersonen, Betriebsräte ...). Mit diesem Seminar erwerben sie die
Ausbildung zur Sicherheitsvertrauensperson gem. der SVP-VO.
Diese Veranstaltung ist sowohl für Neueinsteiger als auch für
Personen, die bereits im Bereich des ArbeitnehmerInnenschutzes tätig sind, geeignet.
24. bis 25. Februar 2015
Österreichs E-Wirtschaft
kompakt
Seminar, Wien
Lernen Sie bei diesem Seminar wirtschaftliche und technische
Zusammenhänge der E-Wirtschaft kennen und erfahren Sie
mehr über die Hintergründe und die aktuellen Entwicklungen
in den Bereichen Erzeugung, Netze, Handel & Vertrieb und
Recht. Darüber hinaus erhalten Sie Einblicke in die energiewirtschaftlichen Mechanismen der EU und die wichtigsten
technischen Regelwerke von Österreichs Energie. Eine Exkursion zur Austrian Power Grid Control rundet das Angebot ab.
26. bis 27. Februar 2015
HR-Personal­entwicklungs­
management
Workshop, Fuschl am See
1040 Wien, Brahmsplatz 3
Tel.: +43 1/501 98-304, Fax: +43 1/501 98-902
E-Mail: [email protected]
Internet: www.akademie.oesterreichsenergie.at
November/Dezember 2014
Dieser Workshop ist der Treffpunkt der Personalisten aus der
österreichischen E-Wirtschaft zu Beginn jedes Jahres. Die Veranstaltung steht ganz im Zeichen des Erfahrungsaustausches
mit Impulsreferaten aus dem Bereich der Personalentwicklung
der Unternehmen! Dazu behandelt ein externer Experte spannende und aktuelle Themen aus der Personalwirtschaft.
Oesterreichs Energıe. · 61
Termine
Oesterreichs Akademie Termine
10. März 2015
TAEV – Technische Anschluss­
bedingungen für den Anschluss
an öffentliche Versorgungsnetze
Seminar, Wien
Informieren Sie sich aus erster Hand über die aktuellen und
wichtigsten Aspekte zu den technischen Festlegungen der
Netzbetreiber über die Ausführungen des Hausanschlusses
und die technischen Bedingungen des Anschlusses an das
öffentliche Netz. Erhalten Sie darüber hinaus einen kompakten
Überblick über die geltenden Errichtungsbestimmungen für
elektrische Niederspannungsanlagen.
ArbeitnehmerInnenschutzes im Büro- und Verwaltungsbereich
befasst sind.
Im Rahmen des Seminars können Sie sich über die aktuelle
Gesetzeslage informieren und durch den Erfahrungsaustausch
über die Unternehmensgrenzen hinweg neue Impulse für Ihre
Tätigkeit mitnehmen.
21. bis 22. April 2015
Power Quality
Fachtagung, Graz
Die Rahmenbedingungen für die Versorgung mit elektrischem
17. bis 19. März 2015
Strom sind einem stetigen Veränderungsprozess unterwor-
Grundlagenseminar
Netzrückwirkungen
fen. Einerseits steigen die Anforderungen an das Netz wie
Seminar, Salzburg
normativen Bereich. Die Veranstaltung stellt die einschlägige
Bei diesem Grundlagenseminar erhalten Sie eine Übersicht
über die Arten von Netzrückwir-kungen sowie eine Einführung
in die elektrotechnischen Grundlagen der Entstehung von
Oberschwingungen und deren Auswirkungen. Auch das Thema
Messtechnik bildet einen praktischen Schwerpunkt des Seminars. Am 3. Tag (Workshop Messtechnik) werden einer-seits
Grundlagen behandelt, andererseits besteht für die Teilnehmer
auch die Möglichkeit, selbstständig Messaufgaben zu wählen.
Entwicklung dar und die Zukunft in diesem Bereich zur Dis-
14. bis 15. April 2015
Die Veranstaltung wendet sich an Betriebstechniker allge-
Fortbildungsseminar – Arbeit­
nehmerInnenschutz im EVU mit
mein sowie an alle jene Dienstnehmer eines Unternehmens,
Schwerpunkt für Büro und Verwaltung
beispielsweise durch die dezentrale Einspeisung, andererseits ergeben sich Änderungen im regulatorischen sowie im
kussion.
5. bis 7. Mai 2015
Schutztechnik
Seminar, Fuschl am See
die im Kern- oder Randbereich ihres Arbeitsgebietes mit
Schutzfragen konfrontiert sind. Bei diesem Seminar werden
theoretische Grundlagen der Schutztechnik vermittelt sowie
Seminar, Salzburg
durch ­Gruppenarbeiten und Übungen vertieft. Darüber hinaus
Dieses Seminar wendet sich an alle Verantwortlichen und
Beteiligten, die in Elektrizitätsunternehmen mit Aufgaben des
ist genügend Zeit für Diskussion und Erfahrungsaustausch
vorgesehen.
IMPRESSUM
Herausgeber und Medieninhaber: Österreichs E-Wirtschaft, Brahmsplatz 3, A-1040 Wien, Telefon: +43 1/501 98-0, Telefax: +43 1/505 12 18, E-Mail: [email protected], Internet:
www.oesterreichsenergie.at | Redaktion: Ernst Brandstetter, Chefredakteur; Monika Bachhofer, Chefin vom Dienst; Melanie Krenn, BA, Redakteurin | Verleger: Österreichischer Wirtschaftsverlag
GmbH, Grünbergstraße 15, A-1120 Wien, Telefon: +43 1/546 64-0, Telefax: +43 1/546 64-528 | Anzeigen: Franz-Michael Seidl (Verkaufsleitung), DW 240, [email protected]; Christina Fürst
(Objektleiter), DW 286, [email protected]; Renate Weber (Service), DW 482, E-Mail: [email protected] | Anzeigentarif: Nr. 20, gültig ab 1. Jänner 2014 | DVR: 0368491 | Abonnement: Aboservice Österr. Wirtschaftsverlag, Telefon: +43 1/361 70 70-570, Telefax: +43 1/361 70 70-9570, E-Mail: [email protected] | Preise: Abonnement
Inland: € 135,–, Ausland: € 171,–; Mitglieder Inland: € 83,–, Mitglieder Ausland: € 119,–; alle Preise inklusive Mehrwertsteuer und Versandkosten. Abonnements, die nicht einen Monat vor Ablauf des
­Bezugsjahres storniert werden, laufen weiter. | Grafik: Johannes Pufler | Druck: Herstellung: Samson Druck GmbH, A-5581 St. Margarethen 171, www.samsondruck.at | Copyright: Die Zeitschrift und
alle in ihr enthaltenen Beiträge und ­Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Eine ­Verwendung ohne Einwilligung der Redaktion ist nicht g­ estattet. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen,
­Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. | Texte: Im Sinne einer flüssigen Lesbarkeit wird bei geschlechtsspezifischen Hinweisen in
den Texten auf die Hinzufügung der jeweiligen weiblichen Formulierungen verzichtet. Alle personalen Begriffe sind jedoch geschlechtsneutral gemeint, also weiblich und männlich zu lesen. | Fremdbeiträge: Voraussetzung für die Einreichung eines Fachbeitragmanu­s­kriptes an die Redaktion der Zeitschrift ist, dass die Arbeit weder in d­ erselben noch in einer anderen Sprache publiziert bzw.
an anderer Stelle zur Publikation eingereicht wurde. Mit der ­Annahme und Veröffentlichung des Manuskriptes gehen alle Rechte an den Herausgeber über. Kommentare und Fachbeiträge geben die
Meinungen der ­jeweiligen Autoren wieder und müssen sich nicht mit der ­Ansicht der Redaktion decken. Entgeltliche Einschaltungen sind als solche gekennzeichnet und liegen in der redaktionellen
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­ esterreichs
Energie. | Offenlegung der Eigentumsverhältnisse nach dem Mediengesetz: O
­ esterreichs Energie, Brahmsplatz 3, A-1040 Wien | Verlags-, Erscheinungs- und H
­ erstellungsort: Wien | P.b.b. Verlagspostamt: A-2340 Mödling
Coverfoto: Fotolia.com
62 · Oesterreichs Energıe.
November/Dezember 2014
Energie
22. Handelsblatt Jahrestagung
Energiewirtschaft 2015
20. bis 22. Januar 2015, Hotel InterContinental Berlin
Foto: Dominik Butzmann/SPD
Geopolitische Entwicklungen, Energieunion,
neue Geschäftsfelder – wohin steuert die europäische Energiewirtschaft?
Prof. Dr. Peter Birkner
Mitglied des Vorstandes,
Mainova AG
Jean-François Cirelli
Vice-Chairman und
Präsident, GDF SUEZ
Lisa Davis
Mitglied des Vorstandes,
Siemens AG
Sigmar Gabriel
Bundesminister für
Wirtschaft und Energie,
BMWi
Dr. Stefan Hartung
Geschäftsführer,
Robert Bosch GmbH
Dr. Willem Huisman
Präsident und Vorsitzender
des Vorstandes,
Dow Deutschland Inc.
Mateo Jaramillo
Director, Powertrain Business
Development, Tesla
Stephan Kamphues
CEO,
Open Grid Europe GmbH
Prof. Klaus Josef Lutz
Vorsitzender des Vorstandes,
BayWa AG
Peter Mather
BP Group Regional Vice
President Europe,
Head of Country UK, BP
Mario Mehren
Mitglied des Vorstandes,
Wintershall Holding GmbH
Lord John Mogg
Chair of the Board of
Regulators, ACER
Bernard Salha
Senior Executive Vice
President, EDF Group
Dr. Frank Schmidt
Leiter Konzerngeschäftsfeld Energie,
Deutsche Telekom AG
Dr. Rolf Martin Schmitz
stv. Vorsitzender des
Vorstandes, RWE AG
Dr. Norbert Schwieters
Partner, Global EU&M
Leader, PricewaterhouseCoopers AG WPG
Dr. Johannes Teyssen
Vorsitzender des
Vorstandes, E.ON SE
Ralph C. Trapp
Geschäftsführer des
Bereichs Energiewirtschaft,
Accenture
Haupt-Sponsor:
Weitere Informationen zum Branchentreff unter:
Info-Telefon:
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Ralf Ernst, 0211.9686–3348
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Der Energiemarkt von heute ist global, schnelllebig und steht
vor großen und immer komplexeren Herausforderungen:
Einerseits müssen wir erneuerbare Energien ausbauen, um
den Klimawandel zu verlangsamen; andererseits aber
gleichzeitig die Versorgungssicherheit gewährleisten.
Diese Anforderungen in Einklang zu bringen, erfordert ein
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