s-allá-de-la-ética-del-trabajo%22-Santiago-Sierra.-Sculpture
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SANTIAGO SIERRA SKULPTUR, FOTOGRAFIE, FILM / SCULPTURE, PHOTOGRAPHY, FILM MEHR ALS EINE ETHIK DER ARBEIT: GEOMETRIE, WARE UND WERT IM Werk von Santiago Sierra Beyond an Ethics of Labor: Geometry, Commodity, and Value in the Oeuvre of Santiago Sierra Juan Albarrán Juan Albarrán Während der vergangenen zwei Jahrzehnte hat Santiago Sierra ein stimmiges und wiedererkennbares Werk geschaffen, das auf eine beachtliche Resonanz bei den Kritikern stößt. Nichtsdestotrotz nähert man sich seinem Werk zu oft über seine unangenehme, provokante Seite, und nur selten wird der politische und kulturelle Kontext, in dem jede einzelne Arbeit entstanden ist, berücksichtigt. Jeder, der sich mit der umfassenden Bibliografie zu diesem Künstler beschäftigt, wird sofort auf eine Reihe von „Problemen“ stoßen, die wiederholt auftauchen: unter anderem das in vielen seiner Projekte wahrnehmbare minimalistische Erbe; das mit den Arbeitsbedingungen seiner Darsteller verbundene ethische Dilemma; die politische „Ineffizienz“ seines Werkes; die Haltung des Künstlers gegenüber den Ereignissen, die er zu kritisieren scheint. In vorliegendem Text sollen einige dieser Punkte aus einer kritischen Perspektive untersucht werden, welche die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen mit ins Kalkül zieht, unter denen sein Werk seine Ausdruckskraft entfaltet, ihm erst Sinn zuwächst. Over the course of the past two decades, Santiago Sierra has created a coherent and recognizable body of work that has enjoyed a formidable response among critics. Yet his work is all too frequently approached from its unpleasant, provocative side, and only rarely is allowance made for the political and cultural context in which each of his works is produced. Anyone who concerns him or herself with Sierra’s extensive bibliography will immediately encounter a slew of recurring “problems,” among them the Minimalist legacy palpable in many of his projects, the moral dilemma associated with the working situation of his performers, the political “inefficiency” of his work, or the artist’s attitude towards the occurrences he seems to be criticizing. The present text will examine several of these points from a critical perspective that takes into consideration the underlying social circumstances under which the expressive force of his work develops, which lends it meaning in the first place. I. Die ersten dokumentierten Arbeiten Santiago Sierras sind zwischen 1990 und 1991 entstanden. Es handelt sich dabei um Kuben und dunkle, schmutzige Container, die er in Ateliers oder Ausstellungsräumen in Hamburg und Madrid präsentierte. Die Referenz zum Minimalismus ist dabei offensichtlich und zweifellos beabsichtigt. Trotzdem besitzt der Würfel in Santiago Sierras Werk, das schon so oft als Richtungswechsel, Abwandlung oder Aktualisierung des Minimalismus interpretiert worden ist, einen symbolischen Charakter, der ihn von der ausdruckslosen und nicht-repräsentativen Spezifik des minimalistischen Objektes fernrückt: Die kubische Form spielt hier sowohl auf ein „Außen“ an, das uns bekannt vorkommt – so bekannt wie die Arbeit oder der Konsum –, als auch auf ein „Innen“, in das wir nicht I. Santiago Sierra’s first documented works were produced between 1990 and 1991, cubes and dark, dirty containers that he presented in studios or exhibition spaces in Hamburg and Madrid. The reference to Minimalism is obvious and undoubtedly intentional. Yet in the artist’s oeuvre, the cube, which has so often been interpreted as a change in direction in, variation on, or updating of Minimalism, has symbolic character, which moves him away from the non-expressive and non-representative specifics of the Minimalist object: in Sierra’s case, the cuboid form alludes both to an “exterior” we seem to be familiar with—as familiar as we are with labor or consumption—as well as to an “interior” into which we cannot see—the pumping station of international 031 hineinsehen können – die Pumpstation der internationalen Kapitalströme. Seine ersten Würfel entstanden aus LKWPlanen, die er im Hamburger Hafen oder in Madrider Vororten fand und auf Holzgestellen befestigte. Sie hatten schäbige Oberflächen, waren übersät mit Arbeitsspuren und somit weit entfernt von der Reinheit und Festigkeit minimalistischer Objekte. Der würfelförmige Container repräsentiert in herausragender Weise die gegenwärtige Form der Handelsbeziehungen: die Hypermaterialisierung des Warenstroms in der Ära der Containerisierung des Kapitalismus. Sierras Container verlieren durch die Verlegung in den Ausstellungsraum ihre Funktion. In ihrer neuen Funktion als Kunstobjekte werden sie indes zu Symbolen jener Handelsströme, die letztendlich den entfremdeten Alltag des Betrachters formen. Der Würfel appelliert insofern nicht mehr an die Einfachheit und Perfektion einer klassischen Ordnung, sondern an das unstete Chaos der Kapitalströme, in dem es kaum noch Orientierungsmarken für eine kollektive Befreiung gibt. Der Schutzmantel des Handels, die Containerplane, die dem Transport der Güter diente, findet zurück in den Handelskreislauf und wird dabei selbst zum Handelsgut. Das Abfallprodukt, das die Handelsware abdeckte, indes selbst kaum Wert besitzt, wird zum Kunstobjekt – es gewinnt Eigenwert in einem Bereich, der so undurchsichtig wie die Plane selbst ist, in einem Wirtschaftszweig, in dem die Spekulation ihr Maximum erreicht: dem Kunstmarkt. Sierras Würfel zwingen uns, über den Warenhandel an sich und die Arbeitsspuren auf der Plane nachzudenken. Während der minimalistische Würfel nicht mehr bedeutet, als zu sehen ist – „what you see is what you see“, wie es Frank Stella formulierte –, verbergen die ersten Würfel von Sierra etwas, das wir niemals vollständig verstehen werden, etwas, das sich uns gerade heute, inmitten einer tiefen wirtschaftlichen Krise, vollständig entzieht: die fädenspinnenden Hände des spekulativen Wertehandels, welche die Kapitalakkumulation kontrollieren. Folglich dreht sich Sierras ganze künstlerische Arbeit um diese große Unbekannte, die er als harte und unnachgiebige Realität dort präsentiert, wo das Künstlerische sich anschickt, sozialen Sinn zu generieren. Rechteckige Prismen sind wie der Würfel wiederkehrende Formen in Sierras Schaffen. Allerdings haben sie einen anderen Sinn und eine andere Funktion als dieser. Ein Lastwagen – wieder ein Container –, der den Verkehr auf der Ringumfahrung Mexiko-Stadts lahmlegt, wird zu einer öffentlichen Skulptur, die sich der langen Tradition des Mahnmals entgegenstemmt. Der Verkehrsstau währt nur kurzzeitig, nur solange, wie es für seine Video- und Fotoaufzeichnung braucht. In diesem Fall ereignet sich der Stau, die Blockade, die Unterbrechung nicht in einem Ausstellungsraum, sondern auf dem realen Boden einer capital flows. He created his first cubes out of truck tarpaulins he found at the port of Hamburg or in the suburbs of Madrid and attached to wooden frames. They had shabby surfaces, were covered with traces of labor, and thus a far cry from the purity and cohesiveness of Minimalist objects. The cube-shaped container represents the current form of trade relations in an extraordinary way: the hypermaterialization of the flow of commodities in the era of capitalist containerization. Sierra’s containers lose their function by being shifted into the exhibition space. In their new function as art objects, however, they become symbols for those streams of commerce that ultimately constitute the viewer’s alienated everyday life. In this respect, the cube no longer appeals to the simplicity and perfection of a classic order but to the erratic chaos of capital flows in that there are hardly any points of reference for collective liberation. The protective cloak of commerce, the container tarpaulin, which served the transport of commodities, finds itself back in the commercial cycle and in the process itself becomes a commodity. The byproduct that covered the commodity—which, however, has hardly any value—becomes an art object: it gains intrinsic value in an area that is as non-transparent as the tarpaulin itself and in an economic sector in which speculation achieves its maximum: the art market. Santiago Sierra’s cubes force us to think about commodity trading as such and the traces of labor on the tarpaulin. While the Minimalist cube means nothing more than what is visible—“what you see is what you see,” as Frank Stella once put it—Sierra’s first cubes harbor something that we will never fully understand; something that in particular in this day and age, in a serious economic crisis, completely evades us: the hands that spin the threads of speculative value trading and which control the accumulation of capital. All of Sierra’s artistic work revolves around this great unknown, which he presents as hard and unyielding reality at those places where art sets out to generate social meaning. Like the cube, rectangular prisms are recurring forms in Sierra’s work. However, they have a different meaning and play a different role than the cube. A truck —again, a container—that immobilizes traffic on Mexico City’s circular bypass becomes a sculpture in public space that leans into the wind of the long tradition of the memorial. The traffic jam is only temporary, lasting only as long as the artist requires to record it on film. In this case, the congestion, the roadblock, the interruption does not take place in an exhibition space but on the real terra firma of a city. The sculptural aspect, 032 Großstadt. Der bildhauerische Aspekt, der selbstverständlich gegeben ist, betrifft daher nicht nur das weiße Prisma des quer zur Autobahn stehenden Lastwagens, sondern schließt auch die Masse an Autos mit ein, die sich hinter ihm ansammelt. Dem in der bürgerlichen Stadt platzierten Denkmal wohnt ein gewisser Ewigkeitsanspruch inne. Seine Aufgabe ist es, Machtansprüche und überlieferte hierarchische Strukturen im kollektiven Gedächtnis zu verankern. Als ob es sich um einen Kurzschluss oder einen banalen Unfall handele, legt demgegenüber Sierras Container als flüchtiges Denkmal der Auflehnung den Warenstrom und die Arbeitsenergie lahm, die den sogenannten Fortschritt in Mexiko-Stadt vorantreiben. Unser eigentliches Interesse gilt trotz aller Begleitumstände dennoch dem Container, der als Prisma unleugbar auf den Minimalismus anspielt und doch ein Symbol des Handels ist, das sich hier aber in ein Hindernis verwandelt hat, welches das System sabotiert. Zugleich stellt er eine Form dar, mit der der Abfall, das, was im kapitalistischen Handel außen vor geblieben ist, als Kunstobjekt und damit als künstlerisches Gut zurückgewonnen, wieder eingegliedert und aufgewertet werden kann. Diese Wiedereingliederung lässt sich denn auch als eine Reakkumulation von Kapital verstehen, die lediglich mittels Handarbeit erfolgen kann, ganz gleich, ob sie von indischen Latrinenreinigern, von eigens vom Künstler beauftragten Performern oder zuweilen auch vom Künstler durchgeführt wird.1 II. Sierras Aufenthalt in Hamburg während der Jahre 1990 und 1991 war eine schwierige, aber äußerst lohnende Etappe seines Werdegangs. Nach dem Abschluss seines Studiums an der Fakultät der schönen Künste der Universität Complutense in Madrid, an der zu dieser Zeit eine ebenso enthusiastische wie anachronistische Stimmung herrschte, setzte Sierra seine Ausbildung als Gaststudent der Hochschule für Bildende Künste Hamburg fort. Dort nahm er unter anderem an den Seminaren von Franz Erhard Walther teil, dessen Werk ihn stark beeinflusste und zu dem er heute noch einen Kontakt pflegt, der über das rein Künstlerische hinausgeht. Erfahrungen, die er in dieser deutschen Stadt sammeln konnte, waren für die spätere Entwicklung seines Schaffens fundamental. Dies gilt ebenso für die von ihm absolvierten Übungen in den Werkstätten 1. Ich beziehe mich auf die menschlichen Exkremente, die von den Müllmännern aus 21 ANTHROPOMETRISCHE MODULE AUS MENSCHLICHEN FÄKALIEN, KONSTRUIERT VON DEN LEUTEN VON SULABH INTERNATIONAL, INDIEN (2007) eingesammelt wurden oder auf die Materialreste von OBJEKT VON 600 X 57 X 52 CM, GEBAUT, UM WAAGRECHT AN EINE WAND GEHALTEN ZU WERDEN (2001). 033 KUBISCHER CONTAINER / CUBIC CONTAINER. 1990. which is naturally given, therefore relates not only to the white prism of the jack-knifed truck but also includes the cars amassed behind it. A certain claim to eternity is inherent in the memorial placed in the civil city. Its task is to embed claims to power and traditional hierarchical structures in collective memory. In contrast, as if it was a matter of a short circuit or an ordinary accident, as a fleeting memorial to rebellion, Sierra’s container brings to a halt the flow of commodities and the energy of labor that advance the so-called progress in Mexico City. However, despite all of the attendant circumstances, our true interest is directed at the container, which as a prism undeniably alludes to Minimalism and yet is a symbol of commerce that in this case has transformed itself into an obstacle that sabotages the system. At the same time, it represents a form by means of which waste, which is ignored in capitalist commerce, can be reclaimed, reintegrated, and upgraded as an art object and thus as an artistic commodity. This reintegration can then also be viewed as a reaccumulation of capital that can only occur by means of manual labor, regardless of whether it is carried out by Indian toilet cleaners, by performers specifically commissioned by the artist, or from time to time by the artist himself.1 1. I make reference to the human excrement collected by garbage men in 21 anthropometric modules made from human feces by the people of Sulabh International India, (2007) or the material remains in Object measuring 600 x 57 x 52 cm constructed to be held horizontally to a wall (2001). KUBISCHER CONTAINER / CUBIC CONTAINER. 1990. seiner Professoren, die das Erbe minimalistischer und konzeptueller Kunst geschäftstüchtig zu nutzen wussten, wie für die Kontakte, in die er dort mit dem internationalen Kunstsystem geriet. Um die Bedeutung dessen richtig einschätzen zu können, muss man wissen, dass während seiner Ausbildungszeit in Madrid kaum eine Nachwirkung der in den 1970er Jahren in Spanien entwickelten konzeptuellen Herangehensweisen, der „nuevos comportamientos artísticos“, zu spüren wa, die wie weggefegt waren. Denn infolge des malerischen Fiebers der 1980er Jahre und des Gewichts, das der Kulturpolitik während Spaniens Übergang zur Demokratie eingeräumt worden war, fielen jene – aus den Zeiten des späten Franquismus stammenden – experimentellen und politisierten Praktiken des Aufbegehrens in Vergessenheit. Während dieser Amnesiejahre der 1980er Jahre herrschte in Spaniens Kultur denn auch eine einzige, unter dem Begriff „movida madrileña“ zusammengefasste Richtung vor: eine hedonistische, oberflächliche, entpolitisierte, antiintellektuelle und absolut „relationale“ Richtung, die angeblich gegenkultureller Herkunft war, sich aber rasch zu institutionalieren wusste. Partys oder Konzerte zu besuchen, nachts „auf die Piste zu gehen“, zu konsumieren, sich zu travestieren, private Fotosessions bei Freunden abzuhalten, Alkohol zu trinken oder einfach nur bis in die frühen Morgenstunden zusammenzusitzen und sich zu unterhalten, all das wurde zum privilegierten Gebahren der „movida“, die sich als Quintessenz einer demokratischen, jungen, postmodernen und lustbetonten Glanzkultur II. Sierra’s period of residence in Hamburg in 1990 and 1991 was a difficult but extremely rewarding stage of his career. After receiving his degree in fine arts from the Universidad Complutense in Madrid, where an atmosphere prevailed at the time that was both enthusiastic as well as anachronistic, Sierra continued his training as a visiting student at the Hochschule für bildende Künste Hamburg. He participated in seminars by Franz Erhard Walther, among others, whose work had a strong influence on him and with whom he continues to maintain contact above and beyond the purely artistic. The experience he gained in this German city was of fundamental importance to the later development of his creative work. This applies both for the exercises he completed in the workshops of his professors, who knew how to make efficient use of the legacy of Minimal and Conceptual Art, as well as for the contacts he established there with the international art system. In order to be able to accurately assess the significance thereof, one has to know that during Sierra’s period of training in Madrid, hardly a trace of the conceptual approaches developed in Spain in the 1970s, the “nuevos comportamientos artísticos,” could be felt; it was if they had been swept away. Because as the result of the painterly fever of the 1980s and the weight attributed to cultural policy during Spain’s transition to democracy, those experimental and politicized practices of revolt that stemmed from the late period of the Franco regime fell into oblivion. During these years of amnesia in the 1980s, a direction that can be subsumed under the term “la movida madrileña” prevailed in Spain’s culture: a hedonistic, superficial, depoliticized, antiintellectual, and absolute “relational” direction that was allegedly of counterculture origin but which rapidly knew to institutionalize itself. Going to parties or concerts, “painting the town red” at night, consuming, wearing extravagant clothes, organizing private photo sessions, drinking alcohol, or simply sitting together and talking with friends until the wee hours of the morning—all of this became the privileged behavior of the “la movida,” which saw itself as the quintessence of a democratic, young, postmodern, and pleasure-oriented culture of glamour.2 Accordingly, it definitely makes sense to look back at all of these forms of expression, against which Sierra consciously made a stand, under the aspect of the theory of “relational aesthetics” Nicolas Bourriaud 2. Cf. Magali Dumousseau, La Movida: Au nom du Père, des fils et du Todo Vale (Marseille, 2012). 034 begriff.2 Es macht entsprechend durchaus Sinn, auf all diese Ausdrucksformen, gegen die sich Sierra dann ganz bewusst zur Wehr setzte, unter dem Aspekt der von Nicolas Bourriauds in den späten 1990er Jahren entwickelten Theorie einer „relationalen Ästhetik“ zurückzublicken. Denn so lässt sich eine Art „relationale, hispanische Tradition“3 identifizieren, die – Trugbild einer demokratischen und liberalen Kulturpraxis – den Mangel einer angestammten Kunstszene kaschieren sollte und dabei sich den Postulaten des Spektakels unterwarf. Vor diesem Hintergrund ist die Interpretation von Sierras Werk zu verstehen, die Claire Bishop in ihrem einschlägigen Essay über antagonistische und relationale Kunst vornimmt. Bishop sieht in Sierras Werk ein Modell, welches das Potenzial besitzt, sich von der konsensuellen Oberflächlichkeit des Relationalen zu lösen. In ihrem Aufsatz schreibt die britische Theoretikerin den mit der relationalen „Ästhetik“ verbundenen Arbeiten eine dissensscheue, antiemanzipatorische und absolut undemokratische Dimension zu. Von demokratischer Kunst könne nur die Rede sein, wenn sie Dissens, Konflikt und Instabilität als integrale Bestandteile ihrer selbst behandelt. Aus solchem Blickwinkel betrachtet, erscheinen die sozialen Beziehungen, die die relationale Kunst befördert und auf die sie sich stützt, dann zwangsläufig als antidemokratisch. Denn sie sind die Produkte einer inszenatorischen Berechnung und bestärken daher den institutionellen Konsens, der von oben oktroyiert wurde, um eine wirkliche Neudefinierung der sozialen Verhältnisse zu hintertreiben.4 In Kontrast zu diesem aufgezwungenen Konsens ließe sich, so Bishop weiter, bei Sierra, wie etwa auch bei Thomas Hirschhorn, eine radikale Präsenz des Anderen entdecken – eine Herausforderung, die jenseits der sterilen Reinheit der Institutionen und der vermutlich lauteren Absichten der Künstler, die auf politischem Terrain arbeiten, angesiedelt ist. Tatsächlich erklärt Sierra allen Einrichtungen eine klare Kampfansage, die die – nach der Franco-Ära installierte – formelle und auf Absprache zwischen den politischen Eliten basierende Demokratie aufrechterhalten wollen. Denken wir nur an die Zumauerung des spanischen Pavillons auf der Biennale in Venedig im Jahr 2003 oder an die Ablehnung des Nationalpreises für Bildende Künste, den ihm die spanische Regierung 2010 verleihen wollte. Seit Anfang der 1990er Jahre begegnen wir in Sierras Werk dem Vorsatz, in Gegensatz zu seinem spanischen Umfeld und seinem ursprünglichen Ausbildungskontext zu treten. Er brach mit 2. Vgl. Magali Dumousseau, La Movida. Au nom du Père, des fils et du Todo Vale, Marseille 2012. 3. Juan Albarrán, „Esplendor y ruina de un paradigma: lo relacional, ParísMadrid; Madrid-León”, De Arte n° 10 (2011), S. 265–282. 4. Vgl. Claire Bishop, „Antagonism and Relational Aesthetics“, October no 110, (2004), S. 51–79. 035 KUBISCHER CONTAINER / CUBIC CONTAINER. 1990. developed in the late 1990s. Because it allows identifying a kind of “relational, Hispanic tradition”3 that—as the delusion of a democratic and liberal cultural practice—was meant to conceal the lack of a traditional art scene and in doing so subjected itself to the postulates of the spectacle. The interpretation of Sierra’s oeuvre, which Claire Bishop undertakes in her pertinent essay on antagonistic and relational art, is to be understood against this background. Bishop sees a model in Sierra’s work that possesses the potential of disengaging itself from the consensual superficiality of the relational. In her essay, the British theorist attributes a dissent-shy, anti-emancipatory, and absolutely undemocratic dimension to the works associated with relational “aesthetics.” Reference can only be made to democratic art when dissent, conflict, and instability are treated as integral components of themselves. Viewed from this perspective, the social relationships that relational art promotes and upon which it is based then inevitably seem to be anti-democratic. For they are the products of a staged calculation and therefore reinforce the institutional consensus that was imposed from above in order to thwart a real redefinition of social relations.4 In contrast to this 3. Juan Albarrán, “Esplendor y ruina de un paradigma. Lo relacional: París-Madrid, Madrid-León,” De Arte 10 (2011), pp. 265–282. 4. Cf. Claire Bishop, “Antagonism and Relational Aesthetics,” October 110 (Fall 2004), pp. 51–79. dem unpolitischen und relationalen „Idealismus“ und begann, Arbeiten materialistischen Charakters zu realisieren. In der Folge entfaltete sich sein Werk – von der Undurchsichtigkeit seiner ersten Würfel bis hin zu seiner aktuellen No, Global Tour – als eine kunstsysteminterne Sequenz dissenzerzeugender Ereignisse und negierte dadurch zugleich fortlaufend jene Konsenskultur, die nach Francos Tod als vermeintlich einzig mögliches Mittel der Demokratisierung dem Land aufgezwungen worden war. Entsprechend seinem Internationalismus, der mit seinem notorischen Hang zur Anarchie einhergeht, und seiner Lebenseinstellung, die ihn 1995 nach Mexiko-Stadt übersiedeln ließ, ersetzte Sierra also den (pseudo)demokratischen nationalen Horizont durch ein globales Operationsfeld, in dem die Arbeit und ihre Sichtbarmachung einen zentralen Platz einnehmen. III. Sierras erste Arbeiten erreichten nur ein begrenztes Publikum. Einige wurden in gewerblichen Räumlichkeiten, zum Beispiel in der Galerie von Ángel Romero in Madrid, ausgeführt, verhallten aber ohne großes Medienecho. In den 1990er Jahren realisierte er dann allerdings einen Großteil seiner Projekte in alternativen, unabhängigen Kunsträumen in Madrid und Mexiko-Stadt oder direkt auf der Straße, was indes wiederum die Dokumentationsmöglichkeiten beschränkte. So boten im Madrid der frühen 1990er Jahre zum Beispiel die alternativen Räume Espacio P und El Ojo Atómico Ausstellungen mit schwierig zu vermarktenden Arbeiten einer nicht institutionalisierter Kunst, die sich weit entfernt vom kritischen Mainstream positionierte. Dort kam Sierra einerseits mit Künstlern in Kontakt, die der spanischen Generation der Konzeptkunst mehr oder weniger nahe standen, etwa Valcárcel Medina, Dario Corbeira, oder Pedro Garhel. Andererseits arbeitete er zu jener Zeit aber auch regelmäßig mit Manuel Ludeña und Almut Linde zusammen. Das Publikum dieser um experimentelle und performative Kunst bemühten Ausstellungsräume war überschaubar, und entsprechend gering war auch Sierras Bekanntheitsgrad. Da sich die institutionalisierte Kunst in Spanien als wenig offen für Randerscheinungen zeigte – und immer noch zeigt –, verfiel die Arbeit in diesen freien Räumen letztendlich einer inzestuösen Dynamik. In Mexiko-Stadt stellte sich die Situation hingegen etwas anders dar. Hier boten Räume wie Temístocles 44, Zona, Curare, ExTeresa oder La Panadería der eifrig kritischen und unabhängigen Kunstaktivität Unterschlupf und lockten zudem ein relativ breites Publikum an.5 5. Vania Macías, „Alternative Spaces in the 1990s”, in: Olivier Debroise (Hg. ed.), The Age of Discrepancies. Art and Visual Culture in Mexico, 1968–1997, México, UNAM, 2006, S. 372–377. forced consensus, Bishop continues, the radical present of the Other can be detected in Sierra’s work, which is also the case for Thomas Hirschhorn—a challenge that is situated beyond the sterile purity of institutions and the presumably sincere intentions of the artists, which operate on political terrain. As a matter of fact, Sierra clearly challenges all of the institutions that want to uphold the formal democracy installed after the Franco era and based on agreements between the political elite. We only have to call to mind Sierra’s walling in the entrance to the Spanish Pavilion at the 2003 Venice Biennale or his rejection of the National Prize for Visual Arts that the Spanish government wanted to award him in 2010. What we encounter in Sierra’s work since the early 1990s is his intent to stand up to his Spanish environment and the original context of his education. He broke with the apolitical and relational “idealism” and began to produce works of a materialistic character. His oeuvre consequently developed—from the non-transparency of his first cubes to his current No, Global Tour— as an intra-art-system sequence of dissent-generating events, and as a result at the same time continuously negated a culture of consensus that was forced on Spain following Franco’s death, purportedly as the only possible means of democratization. Thus, in line with his internationalism, which is associated with his notorious propensity for anarchy, and his attitude towards life, which prompted him to relocate to Mexico City in 1995, Sierra replaced the (pseudo)democratic national horizon with a global field of operation in which labor and making it visible occupy a central place. III. Santiago Sierra’s first works reached only a limited public. Several of them were carried out in commercial spaces, for example in the gallery in Madrid run by Ángel Romero, but met with little media response. However, in the 1990s he produced most of his projects in alternative, independent art spaces in Madrid and Mexico City or directly on the street, which in turn restricted the possibility of their being documented. In the early 1990s, for instance, the alternative Espacio P and El Ojo Atómico in Madrid mounted exhibitions that included works of non-institutionalized art that were a far cry from the critical mainstream and difficult to put on the market. On the one hand, Sierra made contact there with artists who were more or less close to the Spanish generation of Conceptual Art, such as Valcárcel Medina, Dario Corbeira, or Pedro Garhel. On the other hand, he 036 Einer der anerkannten und auch erkennbaren Einflüsse, die von aktionistischen mexikanischen Kreisen auf Sierra ausgeübt wurden, war der des Performers Omar González. Zur Eröffnung der Ausstellung der mexikanischen Vereinigung SEMEFO6, die 1997 im nichtkommerziellen El Ojo Atómico in Madrid stattfand und von Sierra kuratiert wurde, lud dieser González zu der gemeinsamen Aktion Alineamiento 7 ein. Den „Sisyphus-Impuls“ aus González’ Werk hat Sierra sodann in mehreren seiner eigenen Arbeiten aufgegriffen. Er bildet eine gewichtige Linie, die wir bei entsprechend konturschärfender Beleuchtung für die Relektüre seines Werkes heranziehen können. Sierra äußerte sich folgendermaßen über die Arbeit des Mexikaners: „Im Oktober 1995 während des 4. Performance Festivals in Mexiko baute Omar González (geb. 1975 in Mexiko-Stadt) eine Ziegelsteinmauer mit vollkommener und nervtötender Ruhe. Er nahm sich alle Zeit der Welt beim Anrühren des Mörtels und zog seine Mauer Ziegelstein um Ziegelstein in die Höhe, so als würde ihn niemand dabei beobachten. Als er an einem bestimmten Punkt angelangt war, brach seine Konstruktion in sich zusammen, weil er kein Fundament gesetzt hatte. Nach jedem Einsturz begann er in aller Ruhe wieder von Neuem.“7 González zeigt den Arbeitsprozess und – entgegen der Maxime von Dan Flavin, dem Künstler, der „sich die Hände nicht schmutzig machte“ – gleichzeitig sich selbst als einfachen Arbeiter, der hartnäckig an seiner unmöglichen Aufgabe festhält. Die handwerkliche Arbeit erscheint hier als absurde und verächtliche Realität. In politischer Hinsicht ist dies keine neue Strategie, auch wenn sie bei der Übertragung auf den Kunstbereich eine Reihe interessanter Nuancen erhält, die die inhärenten Widersprüche im Schaffen des Künstlers auf eine für den Betrachter unbehagliche Art und Weise hervortreten lassen. Die Darstellung der Demütigung, der sich der Arbeiter während seiner Arbeitszeit unter dem Joch des Kapitals aussetzt, war bereits Marx in seinen Frühschriften, zum Beispiel in Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie (1843), ein Anliegen. Die Sichtbarmachung der demütigenden Arbeit oder des Demütigenden an der Arbeit hat bei Marx und auch in späterer marxistischer Tradition die Stärkung des Klassenbewusstseins und damit des Motors 6. Vgl. zu SEMEFO (Servicio Médico Forense): Mariana David (Hg.), SEMEFO 1990–1999. From the Morgue to the Museum, México DF, El Palacio Negro, UNAM, 2012. 7. Santiago Sierra, „Apuntes en torno a Omar González”, El Ojo Atómico n° 3, 1997 (Übers. aus dem Spanischen). 037 2 INDUSTRIECONTAINER MIT JEWEILS 1.200 X 200 X 200 CM / 2 INDUSTRIAL CONTAINERS MEASURING 1200 X 200 X 200 CM EACH. 1991. also regularly worked with Manuel Ludeña and Almut Linde at the time. The number of visitors who sought out these exhibition spaces committed to experimental and performative art was limited, as was the degree of familiarity with Sierra’s work. Because institutional art in Spain proved to be scarcely receptive to marginal phenomena—and still is—the work that was shown in these independent spaces ultimately lapsed into an incestuous dynamic. In contrast, the situation in Mexico City turned out to be different. Spaces such as Temístocles 44, Zona, Curare, ExTeresa, or La Panadería afforded shelter to fervently critical and independent artistic activity, and furthermore attracted a relatively wide public.5 One of the artists from actionist Mexican circles to exercise an acknowledged and recognizable influence on Santiago Sierra was the performer Omar González. At the opening of the exhibition by the Mexican association SEMEFO6 that was presented in 1997 at the noncommercial El Ojo Atómico in Madrid and was curated by Sierra, he invited González to participate in the performance Alineamiento 7. After that, Sierra took up the “Sisyphus impulse” from González’s work in several of his own pieces. It constitutes a strong tendency that, with the appropriate perusal, we can call on for rereading his oeuvre. Sierra had the following to say about the Mexican’s work: “In October 1995, during the 4th Performance Festival in Mexico, Omar González (*1975 in Mexico City) built a brick wall with complete and 5. Vania Macías, “Alternative Spaces in the 1990s,” in The Age of Discrepancies: Art and Visual Culture in Mexico, 1968–1997, exh. cat. Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM), ed. Olivier Debroise (Mexico City, 2006), pp. 372–377. 6. On SEMEFO (Servicio Médico Forense), cf. Mariana David, ed., SEMEFO 1990–1999: From the Morgue to the Museum (Mexico City, 2012). ZERSTÖRTES WORT (Detail) / DESTROYED WORD (detail). 2012. künftiger sozialer Veränderungen zum Ziel. Im Kontext der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung schlägt sie dann in die kultische Heroisierung der Arbeit selbst als des Mittels der Überwindung der Klassengesellschaft um. In Sierras Werk kommt ihr jedoch eine andere Bedeutung zu. Diese liegt nunmehr nicht nur darin, die Verwerfungen der Klassengesellschaft ins Bewusstsein zu rücken, sondern, weitaus genereller, die Reflexion über die an sich perverse Natur der Arbeit und deren Beziehung zur Wertschöpfung anzustoßen. Oft sind die Performances von Sierra, bei denen Menschen entfremdete Arbeiten zu verrichten haben, mit den selben ethischen Argumenten kritisiert worden, die auch die westlichen Gesellschaften der letzten 200 Jahre verurteilten. Sierra tritt mit seiner Kunst weder für eine gerechtere Verteilung des Reichtums noch für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein. Vielmehr führt er einen Angriff gegen die Arbeit selbst und ihr innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft auch von kritischer Seite gepflegtes positives Image. Seine Arbeiter arbeiten, um zu arbeiten. Hinter ihrer Tätigkeit verbirgt sich kein weiter reichender Sinn; Sie zeugt von derselben Absurdität wie die des Sisyphus. So weisen Sierras Aktionen die Vorstellung, die Menschenwürde entstamme der Arbeit, insofern diese Reichtum schüfe und dadurch zur Verbesserung der gesellschaftlichen Verhältnisse beitrüge, als einen Trugschluss zurück, der dem von Grund auf pervertierten System entspringt. IV. Mit seiner radikalen Kritik der Arbeit schließt das Werk Sierras an einige Aspekte der Werttheorie an, die sich seit Ende der 1980er Jahre um die deutschen Zeitschriften Krisis und Exit! mit Autoren wie Anselm Jappe, Roswitha Scholz und dem kürzlich verstorbenen Robert Kurz gebildet hat. Trotz der internen Differenzen und der Auflösung der Zeitschrift Krisis im Jahr 2001, die schließlich zur Gründung der Zeitschrift Exit! führte, trieb diese Gruppe eine Aktualisierung gewisser Aspekte des marxistischen Gedankenguts voran, ohne dabei einer „Arbeiterrhetorik“ zu verfallen. Der Schwerpunkt ihrer Analyse liegt nicht mehr auf den politisch-sozialen Bedingungen des Klassenkampfs, sondern auf der Kritik von Ware, Wert und Geld. Der Kapitalismus, wie er im Gefolge einer aufmerksamen Lektüre des „esoterischen“ Marx sich erschließt, trägt nach Meinung dieser nerve-racking composure. He took all the time in the world to mix the mortar and erected his wall brick by brick as if no one was watching him. When he reached a certain point, the construction collapsed, because he had not laid a foundation. Each time it did, he calmly started all over again.”7 González demonstrates the working process and —unlike Dan Flavin, the artist whose maxim was “not getting his hands dirty”—presents himself at the same time as a simple laborer who tenaciously does his job. Here, manual labor manifests as an absurd and disdainful reality. From a political point of view this is not a new strategy, even though it gains a number of interesting nuances in its transferal to the area of art that allow the contradictions inherent in the artist’s creative work to emerge in a way that arouses discomfort in the viewer. The depiction of humiliation to which the laborer subjects himself during his hours of work under the yoke of capital was a matter of concern for Karl Marx as early as in his Critique of Hegel’s Philosophy of Right (1843). For Marx, and in the later Marxist tradition, the goal of making humiliating labor or the humiliating aspect of labor visible was to strengthen class consciousness and thus the motor of future social transformations. In the context of the social democratic labor movement, it then changes into the cultic heroization of labor itself as a means of overcoming class society. In Santiago Sierra’s oeuvre, however, it is equipped with a different meaning. He is not only concerned with raising awareness for the faults of class society, but, in more general terms, with initiating reflection on what is itself the perverse nature of labor and its relation to the creation of value. Sierra’s performances in which people perform alienated chores are often criticized with the same moral arguments used to condemn Western societies over the last two hundred years. With his art, Sierra advocates neither a more just distribution of wealth nor an improvement of working conditions. Rather, he conducts an attack on labor itself and its 7. Santiago Sierra, “Apuntes en torno a Omar González,” El Ojo Atómico 3 (1997) (translated from the Spanish). 038 Wertkritiker in seiner eigenen DNS das Gen seines finalen Zusammenbruchs. Kapitalakkumulation sei – erstens – einzig über die Aus-beutung der menschlichen Arbeitskraft möglich. Die wachsende Mechanisierung der Produktion, insbesondere seit der technologischen Revolution in den 1970er Jahren, hätte nun aber – zweitens – dazu geführt, dass sich mit jeder technologischen Optimierung des Produktionsprozesses das Ausbeutungspotenzial der Arbeitskraft reduziert. Dieser kapitalismusimmanente Widerspruch böte denn auch die Erklärung für die zunehmende Finanzialisierung der Wirtschaft seit den 1980er Jahren und das Zerplatzen der Börsenblasen bis hin zu unserer aktuellen Weltwirtschaftskrise. Das aber hieße, dass die Finanzialisierung der Wirtschaft kein umkehrbarer Prozess sei, nichts, wogegen ein „sozialer“ Kapitalismus mit einiger Aussicht auf Erfolg würde ankämpfen können, sondern die einzige Option des kapitalistischen Modells knapp vor seinem Untergang, dessen Ursache das diesem Modell eingeschriebene Gesetz der Wertentwicklung sei. Sich weiterhin am gleichsam überhistorischen Nimbus der Arbeit als eines Modus individueller und kollektiver Selbstverwirklichung festzuklammern, sei daher kontraproduktiv, da allein eine Veränderung des Wertesystems die selbstzerstörerische Dynamik des Kapitalismus und die ihm inhärenten Entfremdungsprozesse wenn schon nicht überwinden, so doch bremsen könne. In entsprechend apokalyptischem Tonfall behauptet daher Kurz, dass die menschliche Arbeit inzwischen ihr Wertschöpfungspotenzial und damit zugleich jegliche Würde eingebüßt habe: Als Beschäftigungstherapie, moderner Pyramidenbau, Arbeitsplatzfetischismus und – schlimmer noch – rein zerstörerisches Produzieren dient sie zu nichts anderem als der Aufrechterhaltung des Systems zu, gesellschaftsgeschichtlich betrachtet, immer ruinöseren Kosten.8 8. Vgl. Robert Kurz, „Los intelectuales después de la lucha de clases. De la nueva conceptualidad a un nuevo pensamiento crítico“ (teilweise abgedruckt in: ders., Der Letzte macht das Licht aus. Zur Krise von Demokratie und Marktwirtchaft, Berlin 1993), sowie Anselm Jappe, Robert Kurz, Claus Peter Ortlieb, El absurdo mercado de los hombres sin cualidades. Ensayos sobre el fetichismo de la mercancía, Logroño 2009, S. 53. Vgl. auch Gruppe Krisis, „Manifest gegen die Arbeit“, Krisis, 1999, in: http://www.exit-online.org/ textanz1.php?tabelle=schwerpunkte&index=8&posnr=1&backtext1=text1. php; English version: http://www.exitonline.org/textanz1.php?tabelle=transna tionales&index=2&posnr=7&backtext1=text1.php]. 039 positive image cultivated within capitalist society, even by its critics. His laborers work in order to work. There is no far-reaching meaning hidden behind their activity. It is testimony to the same absurdity as that performed by Sisyphus. Thus, Sierra’s performances reject the idea that human dignity derives from labor, provided it creates wealth and therefore contributes to the improvement of social relations, as a fallacy that originates in a system that is fundamentally perverted. IV. With his radical critique of labor, Santiago Sierra’s work aligns itself with several aspects of the theory of value put forth since the late 1980s in the German magazines Krisis and Exit! by authors such as Anselm Jappe, Roswitha Scholz, or the late Robert Kurz. Despite the internal differences and the closure of the magazine Krisis in 2004, which ultimately led to the founding of Exit!, this group promoted the updating of certain aspects of Marxist ideas, without, however, degenerating to become “worker rhetoric” in the process. The focus of their analysis is no longer on the sociopolitical conditions of the class struggle, but on the critique of commodity, value, and capital. In the opinion of these critics, capitalism, as it develops in the wake of having attentively read the “esoteric” Marx, carries the gene of ultimate collapse in its own DNA. The accumulation of capital is—first of all—only possible by means of the exploitation of human labor. However, with each technological optimization of the production process, the growing mechanization of production, in particular since the technological revolution in the 1970s, has—secondly—led to the reduction of the exploitation potential of labor. This contradiction, inherent in capitalism, would then provide an explanation for the increasing financialization of the economy since the 1980s, the bursting of the stock market bubbles, and our current economic crisis. Yet this would mean that the financialization of the economy is not an irreversible process, nothing against which “social” capitalism would be able to fight with its own chance of success, but the only option of the capitalist model just before its collapse and caused by the law of value development PERSON, EINEN SATZ SAGEND / PERSON SAYING A PHRASE. 2002. Warum also den Arbeiter würdigen? Steckt irgendein Sinn in der weiteren Heroisierung seiner Tätigkeit? Einige Kritiker haben Sierra eine zynische und heuchlerische Haltung unterstellt, da er dieselben sozialen und wirtschaftlichen Praktiken pflege, die er angreift: Er beute die Arbeiter aus, um die Entfremdung zu thematisieren, zum Beispiel bei der Arbeit 8 LEUTE, DIE DAFÜR BEZAHLT WERDEN, DASS SIE IM INNEREN VON KARTONSCHACHTELN VERHARREN (1999). Er erniedrige sozial ausgeschlossene Gruppen ohne Zugang zu Bildung, um Ungleichheiten zu belegen, so bei EINE AUF 4 LEUTE TÄTOWIERTE, 160 CM LANGE LINIE (2000). Er bezahle lächerliche Löhne an Emigranten und Bettler, obwohl er wisse, dass ihm die Dokumentation seiner Aktion auf dem Kunstmarkt womöglich enormen Gewinn einbringt, etwa bei 11 LEUTE, DIE DAFÜR BEZAHLT WERDEN, DASS SIE EINEN SATZ LERNEN (2001). Indes beabsichtigt Sierra ja keinesfalls, die Position eines politischen Aktivisten einzunehmen: Er lehnt die Rolle des Künstler-Sozialarbeiters ab, weil der ästhetische Wert solcherart zustande gekommener Werke sich proportional zum in ihnen zum Ausdruck gelangten Kompromissgrad verhält. Gleichzeitig gibt es in seinen Performances mit den inscribed in this model. It would therefore be counterproductive to hang on to the transhistorical nimbus of labor, as it were, as a mode of individual and collective self-realization, because if a transformation of the system of values cannot surmount the self-destructive dynamics of capitalism and its inherent processes of alienation, it could slow them down. It is with a correspondingly apocalyptic tone of voice that Kurz therefore claims that “human labor has meanwhile forfeited its potential to create value and thus at the same time any dignity: as occupational therapy, modern pyramid construction, workplace fetishism, and—even worse—purely destructive producing it serves nothing more than to maintain, in sociohistorical terms, the system of generating ever more ruinous costs.”8 So why acknowledge the laborer? Is there any sense in continuing to heroize his activity? Some critics have alleged that Santiago Sierra has a cynical and hypocritical attitude, as he promotes the same social and economic practices that he attacks: he exploits laborers in order to address alienation, as, for example, in the work 8 people paid to remain inside cardboard boxes (1999). He humiliates groups of people excluded from society who have no access to education in order to demonstrate inequalities, such as in 160 cm line tattooed on 4 people from 2000. He paid ridiculous wages to immigrants and beggars although he knew that the documentation of his performance would possibly yield enormous profits on the art market, such as in 11 people paid to learn a phrase (2001). However, Sierra in no way intends to take up the stance of a political activist: he rejects the role of the artist cum social worker, because the aesthetic value of works that came about in such a way behaves proportional to the degree of compromise in which it has found expression. At the same time, there is also nothing reprehensibly illegal in his performances with “hired”9 performers: the wages he pays lie within the prescribed framework of the respective country. The actions that are carried out appear in the title of each work and are never more degrading than many 8. Cf. Robert Kurz, “Los intelectuales después de la lucha de clases: De la nueva conceptualidad a un nuevo pensamiento crítico” (reprinted in part in id., Der Letzte macht das Licht aus: Zur Krise von Demokratie und Marktwirtchaft [Berlin, 1993]), as well as Anselm Jappe, Robert Kurz, and Claus Peter Ortlieb, El absurdo mercado de los hombres sin cualidades: Ensayos sobre el fetichismo de la mercancía (Logroño, 2009), p. 53. Cf. also Gruppe Krisis, “Manifesto against Labour,” Krisis (January 1, 2000), online at http://www.exitonline.org/textanz1.php?tabelle=trans nationales&index=2&posnr=7&backtext1=text1.php. 9. Claire Bishop, “Delegated Performance: Outsourcing Authenticity,” October 140 (Spring 2012), pp. 91–112. 040 „angeworbenen“9 Darstellern aber auch nichts verwerflich Illegales: Die Löhne, die er ihnen bezahlt, liegen im gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen des jeweiligen Landes. Die ausgeführten Tätigkeiten erscheinen im Titel jeder Arbeit und sind nie erniedrigender als viele berufsmäßig ausgeführte Tätigkeiten, die die Arrivierten tagtäglich von Dritten verlangen – Müll einsammeln, Toiletten und Straßen reinigen. Was ist es dann, was uns an Sierras Werk (ver)stört? Natürlich hat Martin Herbert recht, wenn er schreibt: „Was an Sierras Arbeiten stört, ist nicht so sehr die Erkenntnis, was Leute für Geld tun, auch nicht der Anblick ihrer Tätigkeiten, sondern der Kontrast zwischen der rohen, unbestreitbaren Kraft seiner Werke und ihres ungewissen Wertes in der weiten Welt: zwischen der sehr realen Währung menschlichen Lebens, das Sierra verschwendet, und der beängstigend spekulativen Natur des Gegenwertes.“10 Neben dieser Kollision zwischen der rohen Präsenz der Arbeitskraft und der Unangemessenheit ihres wirtschaftlichen Wertes wirkt jedoch insbesondere störend, dass in Sierras Werk kein moralischer Impetus auszumachen ist; ist es doch gerade dieser, der nach Meinung vieler Autoren und eines Großteils des Publikums eine künstlerische Arbeit zu einem „guten, schönen und ehrlichen“ Werk macht. Cuauhtémoc Medina notiert: „Die regelmäßigen Diffamierungen, die seine Arbeit provoziert, rühren von einer Auffassung her, die, politisch sentimental und zugleich ästhetisch verkrampft, Kunst nur als Ausdruck der menschlichen Würde gelten lässt. Derartige Kritik versagt, sobald es gilt, die politischen Unzulänglichkeiten einer die Linke unterstützenden Ästhetik „von unten“ oder auch einer hochkulturellen, der inwendigen Anmaßung des überkommenen Messianismus entspringenden Ästhetik zu benennen.“11 Wenn also Sierra seine Unfähigkeit, die entfremdeten Kapitaldynamiken umzukehren, akzeptiert, sehen diejenigen rot, die auf die Möglichkeiten der Kunst vertrauen, politisch-soziale Veränderung zu bewirken. Seine Tätigkeit in der Kunstwelt erfährt somit eine Verurteilung, wie sie kein Unternehmer, dessen letztendliches Ziel – wie könnte es anders sein – die höchst mögliche Rentabilität der Arbeitskraft seiner Mitarbeiter ist, zu befürchten hätte. Sierra täuscht nie über die Verantwortung hinweg, die er bei der Realisierung seiner Projekte übernimmt. Selbstredend konzipiert er seine Performances, er lässt aber auch keinen Zweifel aufkommen über die Bedingungen, 9. Claire Bishop, „Delegated Performance: Outsourcing Authenticity“, October 140, 2012. 10. Martin Herbert, „Material Witness“, Artforum, September 2004, S. 57. 11. Vgl. Cuauhtémoc Medina, „Recent Political Forms: Radical Pursuits in Mexico – Santiago Sierra, Francis Alÿs, Minerva Cuevas“, Trans n° 8, 2000, S. 147–148 (Übers. aus dem Englischen). 041 professional activities that people who have “made it” expect from third parties on a day-to-day basis—collecting garbage, cleaning toilets and streets, etc. What is it then about Sierra’s oeuvre that unsettles us? Martin Herbert is naturally right when he writes: “What disturbs about Sierra’s productions is not so much the realization of what people will do for money, nor the sight of them doing it, but the contrast between his work’s raw, undeniable factuality and its uncertain value in the wider world: between the very real currency of human life that Sierra is spending and the frighteningly speculative nature of the returns.”10 Besides this collision between the raw factuality of labor and the inadequacy of its economic value, however, what is particularly disturbing is that it is not possible to detect a moral impetus in Santiago Sierra’s oeuvre; after all, it is precisely this that, according to the opinion of numerous authors and the major portion of his audience, makes his art “good, nice, and honest” work. Cuauhtémoc Medina notes: “The regular denunciations his work provokes are related to a conception of art as an expression of ‘human dignity’ that proves both politically sentimental and aesthetically coercive. […] Such criticism fails to acknowledge the political shortcomings of the aesthetic of engagement on the left and/ or the pretentiousness inherent in the former messianism of high culture […].”11 Thus, when Sierra accepts his inability to reverse the dynamics of capital, those who trust in the possibility of art to effect sociopolitical change see red. His activity in the art world therefore experiences a condemnation that no businessman whose ultimate goal is—how could it be any different— to attain the highest possible profitability of the labor of his employees would have to fear. Santiago Sierra does not belie the responsibility he assumes for the production of his projects. It speaks for itself that he develops a concept for his performances, but he also does not raise doubts about the conditions under which his artistic works are implemented. For one thing, this means that the exploitation of the laborers is not examined from a humanitarian, charitable perspective—as was the case, for example, in documentary photography for long periods in the 20th century. For another, this also does not mean that solidary forms of collaboration are established 10. Martin Herbert, “Material Witness: Martin Herbert on Santiago Sierra,” Artforum 54 (September 2004), pp. 210–211, esp. p. 211. 11. Cf. Cuauhtémoc Medina, “Recent Political Forms: Radical Pursuits in Mexico – Santiago Sierra, Francis Alÿs, Minerva Cuevas,” Trans 8 (2000), pp. 146–163, esp. pp. 147–148. schlussfolgern12, dass, wenn es eine charakteristische Eigenschaft unseres Lebens in der westlichen Welt gibt, bei der sich die Übertragung auf eine symbolische Ebene – in der die Kunst, inklusive Sierras Kunst, immer noch ihren Platz findet – lohnt, dies der Warenfetischismus ist. Denn er stellt sich uns sehr viel „gegenwärtiger“ und aktueller dar als die ewigen Ungleichheiten, die eben nur als Nebeneffekte jener Grundprinzipien des Kapitalismus zu betrachten sind, auf die sich das Werk von Santiago Sierra stützt: Arbeit, Ware und Wert. still has a place—then it is commodity fetishism. For it displays itself to us as much more “present” and current than the eternal inequalities, which are to be treated as mere side-effects of those basic principles of capitalism on which Santiago Sierra’s oeuvre is based: labor, commodity, and value. Franz Erhard Walther und Santiago Sierra demonstrieren NO. 46 aus Walthers 1. Werksatz („Sehkanal“, 1968) / FRANZ ERHARD WALTHER AND SANTIAGO SIERRA DEMONSTRATING NO. 46 FROM WALTHER’S FIRST WORKSET (“SEHKANAL”, 1968). 2011. unter denen seine künstlerischen Arbeiten umgesetzt werden. Das heißt zum einen, dass die Ausbeutung der Arbeiter nicht – wie es zum Beispiel in der dokumentarischen Fotografie durch weite Strecken des 20. Jahrhunderts hindurch der Fall war – aus humanistisch-karitativer Perspektive in den Blick genommen wird. Zum anderen bedeutet dies auch nicht, dass sich während der Aktionen solidarische Formen von Zusammenarbeit etablieren, oder Arbeitsprozesse, die eine würdevolle Selbstrepräsentation der Beteiligten ermöglichten – eine ansonsten weit verbreitete Strategie in gewissen Aktivistenkreisen, etwa bei den Neofaktografen, als auch wenngleich auf höherem Niveau – in jenen Zirkeln, die sich der relationalen Ästhetik verschrieben haben. Sierra tritt in Verhandlung mit den Arbeitern, er stimmt mit ihnen die Arbeitsprozesse und die Darstellungsbedingungen ab. Dabei geht er ohne (pseudo) messianische Augenwischerei vor. Er selbst weiß um seine Position und macht niemandem gegenüber einen Hehl aus seiner Machtstellung, seiner Verwicklung in „das Geschäft“. Ins hochverwaltete Kunstsystem des globalen Kapitalismus verstrickt, problematisiert, kritisiert und belastet der Künstler sein eigenes Vorgehen, indem er selbst als Unternehmer agiert und sich dabei – trotz seiner im Grunde ablehnenden Haltung – der die Entfremdung und Verunsicherung auf die Spitze treibenden Organisationsformen wie Outsourcing oder Subunternehmertum bedient. Und bei all dem ist ihm klar, dass er keine Chance hat, etwas zur Veränderung der Verhältnisse beizutragen. So dürfen wir auch mit Jappe during his performances, nor are working processes that would enable the dignified self-representation of the participants—an otherwise widespread strategy in certain circles of activists, for example among the New Factographers as well as—albeit on a higher level—in those circles that have devoted themselves to relational aesthetics. Sierra enters negotiations with the laborers; they agree on working processes and the conditions of their performance. This does not involve (pseudo)messianic window dressing on the artist’s part. He is aware of his position and makes no secret of his authority, his enmeshment in “the business.” Embroiled in the highly regulated art system of global capitalism, the artist problematizes, criticizes, and points his finger at his own approach by playing the part of the businessman, and in doing so avails himself—despite his fundamentally disapproving attitude—of organizational forms that carry alienation and uncertainty to extremes, such as outsourcing or subcontracting. And he is fully aware of the fact that there is no chance of his contributing anything to changing the circumstances. Thus, along with Jappe12 we may conclude that if there is a characteristic feature of our life in the Western world that is worth transferring to a symbolic level—in which art, including Sierra’s art, 12. Anselm Jappe, “Est-ce qu’il y a un art après la fin de l’art?” in Stéphanie Moisdo and Hans-Ulrich Obrist, eds., Biennale de Lyon 2007: L’Histoire d’une décennie qui n’est pas encore nommée (Lyon, 2007). 042 Juan Albarrán wurde in Kunstgeschichte an der Universität Salamanca promoviert; er unterrichtete an der Fakultät der Schönen Künste in Cuenca (Universität Castilla-La Mancha) und lehrt zurzeit am Duke Center für Hispanic Studies (Duke University, Madrid). Er ist Herausgeber des Buches Arte y transición (Madrid 2012). 12. Anselm Jappe, „Est-ce qu’il y a un art après la fin de l’art?“, in: Stéphanie Moisdo, Hans-Ulrich Obrist (Hg.), Biennale de Lyon 2007. L’Histoire d’une décennie qui n’est pas encore nommée, Lyon 2007. 043 Juan Albarrán received his Ph.D. in art history from the University of Salamanca. He taught in the Department of Fine Art in Cuenca (University of Castilla-La Mancha) and currently teaches at the Duke Center for Hispanic Studies (Duke University, Madrid). He is the editor of the book Arte y transición (Madrid, 2012). MÁS ALLÁ DE LA ÉTICA DEL TRABAJO: GEOMETRÍA, MERCANCÍA Y VALOR EN LA OBRA DE SANTIAGO SIERRA Juan Albarrán Durante las últimas dos décadas, Santiago Sierra ha desarrollado un trabajo coherente y reconocible que ha contado con un considerable impacto crítico. En demasiados casos, no obstante, las lecturas y aproximaciones a su obra han estado condicionadas por su dimensión incómoda y provocadora, y rara vez han atendido a los contextos políticos y culturales en que cada trabajo era producido. Cualquiera que revise la extensa bibliografía existente sobre el artista detectará de inmediato una serie de «problemas» que aparecen de manera recurrente: la herencia minimalista perceptible en muchos de sus proyectos, los dilemas éticos relacionados con las condiciones laborales de sus performers, la «ineficacia» política de su obra o la posición del artista ante los hechos que parece criticar, entre otros. El objetivo de este texto es revisar algunos de estos lugares comunes con el fin de profundizar en el trabajo de Sierra desde una perspectiva crítica que tenga en consideración las coyunturas en las que la obra se enuncia y desde las que ésta adquiere sentido. I. Los primeros trabajos documentados de Santiago Sierra, producidos entre 1990 y 1991, son cubos y contenedores de color oscuro y apariencia sucia, situados en talleres o espacios expositivos de Hamburgo y Madrid. La referencia al minimalismo es tan obvia como consciente. Sin embargo, en la obra de Santiago Sierra, tantas veces interpretada como una desviación, derivación o actualización de las estrategias minimal, el cubo tiene un carácter simbólico que lo aleja de la especificidad inexpresiva y no representacional del objeto minimal: la forma cúbica alude aquí a un «afuera» que nos es familiar —tan familiar como el trabajo o el consumo— y a un «adentro» que no alcanzamos a comprender —el motor de los flujos internacionales de capital—. Sus primeros cubos fueron concebidos como UNTERWERFUNG (zunächst FEUERWORT) / SUBMISSION (formerly Word of Fire). 2006–2007. 44 45 contenedores vacíos —lona de camiones, encontrada en el puerto de Hamburgo o adquirida en los suburbios de Madrid, y montada sobre bastidores de madera—, superficies pobres, repletas de rastros laborales, muy alejadas, por tanto, de la pulcritud y solidez de los objetos minimal. El cubo-contenedor representa la forma por excelencia del intercambio comercial: hipermaterialización del flujo de mercancías en la era de la conteinarización del capitalismo. Los contenedores de Sierra pierden su función al ser trasladados a la sala de exposiciones, pero, transformados en obra de arte, devienen símbolos de los flujos económicos que, en último término, moldean la alienante cotidianeidad del espectador. El cubo ya no apela a la sencillez y perfección de un orden clásico, sino al caos desregulado de los flujos capitalistas, ajenos a cualquier relato de liberación colectiva. La piel del intercambio —la lona del contenedor—, que, a lo largo de su vida útil, ha protegido la mercancía, se reincorpora al intercambio, se convierte en mercancía. El material de desecho —aquello que cubre la mercancía, pero que, en principio, carece de valor de cambio— deviene obra de arte y alcanzará un nuevo valor en un ámbito tan opaco como la lona misma, un espacio comercial en que la especulación alcanza un grado máximo: el mercado artístico. Los cubos de Sierra nos obligan a preguntarnos por los intercambios de productos y los procesos laborales que han marcado su superficie. Si ante el cubo minimal no hay mucho más que ver —el «what you see is what you see» de Stella—, los primeros cubos de Sierra esconden lo que nunca podremos llegar a aprehender por completo, lo que hoy, todavía, inmersos en una profunda crisis económica, se nos oculta: las manos que mueven los hilos del intercambio especulativo de valores y controlan la acumulación de capital. En adelante, todo su trabajo artístico girará en torno a esta incógnita, planteada como una realidad cruda y rotunda en el terreno en que lo artístico trata de alcanzar un sentido social. Como el cubo, también los prismas rectangulares han sido una forma recurrente en la trayectoria de Sierra. Sin embargo, su sentido y función varía considerablemente. El camión —el contenedor, de nuevo— que cortocircuita el tráfico en el anillo periférico de México DF (1998) se convierte en una escultura pública que niega la larga tradición del monumento conmemorativo. La obstrucción del artista es efímera, momentánea, no permanecerá salvo por la documentación videográfica y fotográfica. En ese caso, la obstrucción —el bloqueo, la interrupción— no opera en el espacio expositivo, sino en el territorio real de una gran ciudad. El hecho escultórico, claro está, incluye no sólo al camión, prisma blanco que atraviesa la autopista, también a la masa de coches que se amontonan tras él. Si el monumento público, nace en la ciudad burguesa con un afán de permanencia, como una imposición del poder que gestiona la visibilidad de las relaciones sociales y la memoria colectiva, el contenedor de Sierra, monumento a la revuelta temporal, cortocircuita, como si de un accidente se tratase, el flujo de mercancías y fuerza de trabajo que impulsa el desarrollo de México DF. Pero, en lo que nos ocupa, el prisma-container, con sus ineludibles ecos minimal, no sólo es el símbolo del intercambio o el obstáculo idóneo para el sabotaje del sistema, también es la forma a través de la cual los desechos —aquello que ha quedado fuera del intercambio capitalista— son recuperados, reincorporados y revalorizados como objeto de arte y, por tanto, mercancía artística1. Dicha reincorporación, como re-acumulación de capital, sólo puede materializarse a través de un trabajo manual concreto, el de los scavengears de la India, el de los performers contratados por el artista o, en algunos casos, el del mismo Sierra. II. La estancia en Hamburgo (1990-1991) fue un periodo difícil pero extremadamente provechoso en la trayectoria de Sierra. Tras terminar sus estudios en la Facultad de Bellas Artes de la Universidad Complutense de Madrid, donde reinaba un ambiente tan entusiasta como trasno1. Me refiero a los excrementos humanos recogidos por los scavengers de 21 anthropometric modules made from human faeces by the people of Sulabh International, India / 21 anthropometrische module aus menschlichen fäkalien, konstruiert von den leuten von Sulabh International of India, 2005; o a los restos de materiales de construcción de la Object measuring 600 x 57 x 52 cm constructed to be held horizontally to a wall / Gebilde mit 600 x 57 x 52 cm, gebaut, um waagrecht an eine wand gehalten zu werden, 2001. chado, Sierra amplió su formación en Hamburgo como estudiante invitado a la Hochschule für Bildende Künste, en la que asistió a los talleres de Franz Erhard Walther —entre otros profesores—, cuya obra le influyó profundamente y con quien todavía mantiene una relación que trasciende lo meramente artístico. Las experiencias adquiridas en la ciudad alemana fueron fundamentales para la evolución posterior de su actividad, tanto por los ejercicios realizados en los talleres de sus profesores, hábiles usufructuadores de las herencias del minimal y el arte conceptual, como por los conocimientos recibidos acerca del sistema del arte internacional. Hay que tener en cuenta que, durante su periodo de formación en Madrid, el poso de las experiencias conceptuales desarrolladas en España durante los años setenta —los llamados «nuevos comportamientos artísticos»— era casi inexistente. La fiebre pictórica de los ochenta y el peso de las políticas culturales implantadas tras la transición a la democracia en España arrojó al olvido las prácticas experimentales y politizadas del último franquismo. En los amnésicos años ochenta, la cultura dominante en España —con un origen supuestamente contracultural pero rápidamente institucionalizada— era aquella englobada bajo la etiqueta «movida madrileña» , una cultura hedonista, superficial, despolitizada, anti-intelectualista y absolutamente «relacional». Asistir a fiestas o conciertos, salir por la noche, ir de compras, travestirse, someterse a una sesión fotográfica en casa de un amigo, beber alcohol o, simplemente, hablar y relacionarse hasta altas horas de la madrugada se convierten en manifestaciones privilegiadas de la «movida» como emanación de la esplendorosa cultura democrática, joven, postmoderna y horizontal2. Así pues, no resulta en absoluto descabellado proyectar retrospectivamente sobre este conjunto de manifestaciones —contra las que Sierra va a reaccionar de manera consciente— el corpus teórico que Nicolas Bourriaud maduró durante los años noventa. Es decir, podemos localizar una especie de «tradición relacional hispánica»3, simulacro de una práctica cultural democrática y liberadora, que encubría las carencias de una escena artística conservadora y rendida a las exigencias del espectáculo. De este modo, teniendo en cuenta el marco contextual en el que Sierra crece como artista, la crítica que Claire Bishop dedicó a Bourriaud en su conocido artículo adquiere un sentido renovado. 2. Magali Dumousseau, La Movida. Au nom du Père, des fils et du Todo Vale, Marseille, Editions Le mot et le Reste, 2012. 3. Cf. Juan Albarrán, «Esplendor y ruina de un paradigma: lo relacional, París-Madrid; Madrid-León», De Arte nº 10, 2011. 46 CONTAINER / CONTAINERS, HAMBURG. 1990. Bishop ha abordado el trabajo de Sierra como un modelo capaz de romper con la superficialidad consensual de lo relacional. En su ensayo, la teórica británica achacaba a las producciones asociadas a esta «estética» una dimensión no disensual, falsamente emancipadora y en absoluto democrática. Al preguntarse por el tipo de relaciones intersubjetivas que proveen los trabajos relacionales, la autora, apoyándose en las teorías de Rosalind Deutsche, Ernesto Laclau y Chantal Mouffe, defiende que todo trabajo que pretenda generar esfera pública debe saber integrar el disenso, el conflicto y la inestabilidad, sin los cuales no puede hablarse de relaciones democráticas. Desde esta óptica, las relaciones administradas sobre las que se funda lo relacional se revelarían antidemocráticas, meras puestas en escena destinadas a reforzar el consenso institucional establecido sin plantear una verdadera redefinición del vínculo social4. Frente a esos consensos impuestos, Bishop ha querido ver en Sierra —también en Thomas Hirschhorn— una presencia radical del Otro, un desafío ante la aséptica pulcritud de las instituciones y las presuntas buenas intenciones de los artistas que trabajan en el territorio de lo político. Efectivamente, en Sierra hay un claro desafío a las instituciones que sustentan la democracia formal —basada en el consenso entre las élites políticas— establecida en España tras la dictadura —recordemos su intervención en el Pabellón Español de la Bienal de Venecia de 2003 o su rechazo al Premio Nacional de Artes Plásticas concedido por el Gobierno de España en 2010—. Desde principios de los años noventa, en Sierra encontramos la 4. Claire Bishop, «Antagonism and Relational Aesthetics», October nº 110, 2004, pp. 65-70. 47 necesidad de realizar una práctica de carácter materialista que rompiese con el «idealismo» apolítico y relacional que había marcado su contexto de formación —algo ni mucho menos privativo del ámbito español—; y, al mismo tiempo, desde la opacidad de sus primeros cubos hasta su reciente No, Global Tour, su trabajo se desarrolla como una concatenación de disensos desplegados en el sistema del arte, negación de la cultura del consenso impuesta en la transición española como único medio para alcanzar la democratización del país. Pese a ello, el internacionalismo de Sierra, acorde con sus conocidas inclinaciones libertarias, y sus propios avatares vitales, que le llevaron a México DF en 1995, convierten esos falsos horizontes democráticos en un campo global de operaciones en el que el trabajo y su visibilidad ocuparán un lugar central. III. Los primeros trabajos de Sierra gozaron de una visibilidad limitada. Algunos de ellos fueron realizados en espacios comerciales, como la galería madrileña Ángel Romero, sin apenas retorno mediático. Pero gran parte de sus proyectos de los años noventa se realizaron o bien en la calle, contando con escasos medios de documentación y registro, o en espacios alternativos e independientes de Madrid y México DF. En el Madrid de los primeros años noventa, las salas alternativas Espacio P y El Ojo Atómico aglutinaban la actividad artística no institucional, difícilmente comercializable y ajena al main stream crítico. Allí, Sierra entró en contacto con artistas más o menos próximos a la generación conceptual española —Valcárcel Medina, Darío Corbeira, Pedro Garhel— al tiempo que colabora asiduamente con Manuel Ludeña y Almut Linde. El público —y la consiguiente visibilidad— de estos espacios, volcados en las prácticas experimentales y performativas, era muy reducido y, dado que la institución-arte en España era —y es— poco permeable a lo que pasa en sus márgenes, el trabajo realizado en esos ámbitos de libertad terminaba cayendo en una dinámica endogámica. Esta situación era ligeramente diferente en México DF, donde espacios como Temístocles 44, Zona, Curare, ExTeresa o La Panadería daban cobijo a una febril actividad crítica e independiente que atraía a un público relativamente amplio5. Una de las influencias reconocidas y reconocibles que Sierra recibió en los circuitos accionistas mexicanos fue la del performer Omar González. De hecho, coincidiendo con la inauguración, en enero de 1997, de la exposición del colectivo mexicano SEMEFO 6 —comisariada por Sierra— en el espacio no comercial El Ojo Atómico de Madrid, éste invitó a González a realizar una acción (Alineamiento 7). El impulso «sísifico» de la obra de González puede rastrearse en varios trabajos de Sierra y, de hecho, convenientemente reforzado y matizado, constituye una de las líneas-fuerza que puede ayudarnos a releer su obra. Sierra se refiere en estos términos al trabajo del mexicano: En octubre de 1995, durante el Cuarto Festival de Performance de México, Omar González (México DF, 1975) construía un muro de ladrillo con absoluta y enervante parsimonia. Se tomaba todo el tiempo del mundo en la elaboración de la argamasa y, como si nadie le estuviese observando, fue levantado su pared ladrillo a ladrillo. Llegando a un cierto punto, su construcción se vino abajo por falta de cimentación. Tras cada nueva caída reiniciaba con calma el proceso7. González visibiliza el trabajo y, al mismo tiempo, revirtiendo la máxima de Dan Flavin —el artista como alguien «que no se mancha las manos»—, se muestra a sí mismo como un simple trabajador, empecinado en llevar a cabo una labor imposible. El trabajo manual aparece aquí como una realidad absurda y despreciable. En términos políticos, la estrategia no es nueva, si bien adquiere una serie de interesantes matices al ser trasladada al ámbito artístico, confrontando las contradicciones inherentes al 5. Vania Macías, «Alternative Spaces in the 1990s», in Olivier Debroise (ed.), The Age of Discrepancies. Art and Visual Culture in Mexico, 1968-1997, Mexico, UNAM, 2006, pp. 372-377. 6. Sobre SEMEFO (Servicio Médico Forense), Mariana David (ed.), SEMEFO 1990-1999. From the Morgue to the Museum, México DF, El Palacio Negro, UNAM, 2012. 7. Santiago Sierra, «Apuntes en torno a Omar González», El Ojo Atómico nº 3, 1997. PRISMA / PRISM. 1990. que, a propósito del trabajo, han estado vigentes en las sociedades occidentales durante los últimos 200 años. El objetivo de Sierra no es llamar la atención sobre la necesidad de un reparto más justo de la riqueza ni sobre la pertinencia de la mejora en las condiciones de trabajo. Su objetivo es impugnar el trabajo mismo tal y como ha sido concebido en el marco de las sociedades capitalistas. Sus trabajadores trabajan para trabajar. No hay más finalidad. Su trabajo es tan absurdo como el de Sísifo. De ese modo, las acciones de Sierra refutan los imaginarios que dignifican al trabajador en virtud de su capacidad de generar riqueza y mejorar la sociedad como falacias que justifican un sistema perverso en origen. PRISMA / PRISM. 1990. hacer del artista y la incómoda centralidad de los objetos por él producidos. Visibilizar la humillación a la que el obrero se somete durante su jornada de trabajo bajo el yugo del capital aparecía como una necesidad ya en los escritos tempranos de Marx —por ejemplo en su Introducción a la crítica de la filosofía del derecho de Hegel / Zur kritik der Hegelschen rechtsphilosophie (1843)—. Ahora bien, la visibilización del trabajo humillante —de lo humillante del trabajo—, que en Marx —y en cierta tradición marxista— persigue el fortalecimiento de la conciencia de clase, motor de la futura transformación social, y que, en el seno del movimiento obrero, conlleva la ulterior heroización de la figura del trabajador en busca de un nuevo sujeto capaz de transformar la historia, tiene un sentido diferente en la obra de Sierra, un sentido que no sólo trata de reflexionar sobre las desviaciones del sistema, sino sobre la naturaleza perversa del trabajo y su relación con la creación de valor. En consecuencia, las performances de Sierra en que los performers son subcontratados para realizar trabajos alienantes no pueden ser «juzgadas» desde los mismos presupuestos éticos 48 IV. Desde esta perspectiva, la obra de Sierra conecta con algunos aspectos de la teoría del valor que ha ido construyéndose desde finales de los años ochenta en el entorno de las revistas alemanas Krisis y Exit! de la mano de autores como Anselm Jappe, Roswitha Scholz o el recientemente fallecido Robert Kurz. Pese a sus diferencias internas y a la escisión acaecida en 2001 en el seno de Krisis —que dio lugar a Exit!—, este grupo ha llevado a cabo una actualización de ciertos aspectos del pensamiento de Marx obviando cualquier retórica «obrerista». El acento de sus análisis ya no estaría puesto en la lucha de clases sino en la crítica de la mercancía, el valor y el dinero. Para los críticos del valor, el capitalismo, tal y como se desprendería de una lectura atenta del Marx «esotérico», lleva inscrito en su ADN su propio colapso final. La acumulación de capital sólo puede darse gracias a la explotación de la fuerza de trabajo humana. La creciente mecanización de la producción, especialmente a partir de la revolución tecnológica de los años setenta, habría provocado que con cada mejora técnica 49 se necesite menos fuerza de trabajo. Esta contradicción insalvable explicaría la progresiva financiarización de la economía desde los años ochenta y el estallido de las burbujas bursátiles que han ido sucediéndose hasta la actual crisis económica mundial. Así pues, la financiarización de la economía no sería un proceso reversible contra el que el un capitalismo «social» pudiese luchar, sino la única salida del modelo capitalista antes de un colapso cuyo origen no es otro que su mismo sistema de valoración. Continuar defendiendo el trabajo como actividad ahistórica y dignificadora resultaría contraproducente dado que sólo un cambio en su modelo de valorización podría revertir la dinámica autodestructiva del capitalismo y los procesos de alienación inherentes al trabajo. Con un tono un tanto apocalíptico, Kurz afirma que «el trabajo ha perdido toda dignidad; como terapia ocupacional, moderna construcción de pirámides, fetichismo del puesto de trabajo y producción destructiva, no sirve ya sino para asegurar, a un coste cada vez más ruinoso, la continuidad del sistema»8. Así pues, ¿para qué dignificar al trabajador?, ¿tiene algún sentido seguir heroizando su actividad? Algunos sectores de la crítica han visto en Sierra una actitud cínica e hipócrita al alimentar las mismas dinámicas sociales y económicas con las que parece estar en desacuerdo: explotar a los trabajadores para tematizar la alienación (8 people paid to remain inside cardboard boxes / 8 leute, die dafür bezahlt werden, dass sie im inneren von kartonschachteln bleiben, 1999), denigrar a grupos sociales excluidos y sin acceso a la educación con el fin de evidenciar desigualdades (160 cm line tattooed on 4 people / 160 cm lange linie, die auf 4 leute tätowiert ist, 2000), pagar sueldos ridículos a emigrantes y mendigos sabiendo los enormes beneficios que puede generar la documentación de la acción en el mercado del arte (11 people paid to learn a phrase / 11 leute, die dafür bezahlt werden, dass sie einen satz lernen, 2000), etc. Sin embargo, Sierra no pretende adoptar la posición de un activista político: rechaza el papel de artista-trabajador social cuya obra obtendría un valor estético proporcional al grado de compromiso explicitado. Y, al mismo tiempo, 8. Robert Kurz, «Los intelectuales después de la lucha de clases. De la nueva conceptualidad a un nuevo pensamiento crítico» [fragmento includo en: Der Letzte macht das Licht aus. Zur Krise von Demokratie und Marktwirtchaft, 1993], en Anselm Jappe, Robert Kurz y Claus Peter Ortlieb, El absurdo mercado de los hombres sin cualidades. Ensayos sobre el fetichismo de la mercancía, Logroño, Pepitas de Calabaza, 2009, p. 53. Cf. Grupo Krisis, Manifest gegen die Arbeit, Zeitschrift Krisis, 1999, in: http://www.exit-online. org/textanz1.php?tabelle=schwerpunkte&index=8&posnr=1&backtext1=te xt1.php; English version: http://www.exit-online.org/textanz1.php?tabelle= transnationales&index=2&posnr=7&backtext1=text1.php]. en sus performances «subcontratadas»9, no hay nada ilegal: los sueldos que cobran los performers son los establecidos por la legislación de cada país y los trabajos que deben realizar, explicitados en el título mismo de la pieza, no son nunca más degradantes de lo que puedan serlo muchas actividades profesionales que el occidental medio requiere de terceros en su día a día —recoger la basura, desatascar un inodoro, limpiar las calles—. ¿Qué es, por tanto, lo que nos incomoda de la obra de Sierra? Acierta Martin Herbert cuando afirma: «What disturbs about Sierra´s productions is not so much the realization of what people will do for money, not the sight of them doing it, but the contrast between his work´s raw, undeniable faculty and its uncertain value in the wider World: between the very real currency of human life that Sierra is spending and the frighteningly speculative nature of the returns»10. A esa colisión entre la cruda presencia de la fuerza de trabajo y la inadecuación de su valor económico hay que sumar las connotaciones morales que, para muchos autores y gran parte del público, deben acompañar al trabajo artístico en tanto obra «buena, bella y cierta». Como apunta Cuauhtémoc Medina: «The regular denunciations his work provokes are related to a conception of art as an expresión of human dignity that proves both politically sentimental and aesthetically coercive. (…) Such criticism fails to acknowledge the political shortcomings of the aesthetics of engagement on the left and / or the pretentiousness inherent in the former messianism of high culture»11. Es decir, cuando Sierra acepta su incapacidad para revertir las dinámicas alienantes del capital, una luz roja salta entre quienes confían en las posibilidades transformadoras de lo artístico. Su actitud en el mundo del arte recibe las condenas que jamás serían dirigidas a la actividad cotidiana de cualquier empresario cuyo objetivo último, como no puede ser de otra manera, es obtener la mayor rentabilidad posible del trabajo de sus empleados. En cualquier caso, Sierra no oculta su responsabilidad en los proyectos que acomete. Asume su papel en el diseño de la performance y deja claro cuáles son las condiciones bajo las cuales se va a realizar el trabajo (artístico). La visibilización de la explotación laboral no se llevará a cabo desde la óptica humanista y caritativa que marcó el rumbo de la fotografía documental durante buena 9. Claire Bishop, «Delegated Performance: Outsourcing Authenticity», October 140, 2012. 10. Martin Herbert, «Material Witness», Artforum, September 2004, p. 57. 11. Cuauhtémoc Medina, «Recent Political Forms: Radical Pursuits in Mexico. Santiago Sierra, Francis Alÿs, Minerva Cuevas», Trans nº 8, 2000, pp. 147-148. parte del siglo XX. Tampoco se establecen relaciones horizontales de colaboración o procesos de trabajo que conduzcan a una autorepresentación dignificadora de los desfavorecidos —estrategia ampliamente difundida tanto en ciertos círculos activistas, como en las prácticas neofactográficas, como, a otro nivel, en las estéticas relacionales—. Sierra negocia con los trabajadores, consensúa el tipo de trabajo y las pautas de su representación lejos de todo mesianismo, siendo consciente y dejando al descubierto su posición de poder, su implicación en «el negocio». En un sistema del arte fuertemente administrado, en la época del capitalismo globalizado, el artista problematiza —compromete y critica— su posición al convertirse en un empresario dispuesto a participar de las dinámicas alienantes que conoce y rechaza —externalización, subcontratación, precarización—, pero que, sabe, no puede modificar. Así, podríamos decir, con Jappe12, que si un rasgo característico de la vida contemporánea del occidental medio demanda ser traducido al plano simbólico —donde todavía podemos situar al arte, incluso el arte de Sierra— este no es otro que el fetichismo de la mercancía, mucho más «presente» y actual que las eternas desigualdades que deben ser contempladas como efectos secundarios del esos principios constitutivos del capitalismo —trabajo, mercancía y valor— que vertebran la obra de Santiago Sierra. JUAN ALBARRÁN es doctor en Historia del arte por la Universidad de Salamanca, ha sido profesor en la Facultad de Bellas Artes de Cuenca (Universidad de Castilla-La Mancha) y actualmente imparte docencia en el Duke Center for Hispanic Studies (Duke University, Madrid). Es editor del libro Arte y transición (Madrid, Brumaria, 2012). 12. Anselm Jappe, «Est-ce qu’il y a un art après la fin de l’art?», in Stéphanie Moisdo and Hans Ulrich Obrist (eds.), Biennale de Lyon 2007. L’Histoire d’une décennie qui n’est pas encore nommée, Lyon, 2007. 50