Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin

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Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Jiri Kandeler
E-Mail: [email protected]
WS 2014/2015
Matrikelnummer 08142022 der ASH Berlin
Freie wissenschaftliche Arbeit
zur Erlangung des Grades eines
Masters in Sozialmanagement
an der Alice Salomon Hochschule Berlin
Thema der Arbeit:
„Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin“
Erstleser: Prof. Dr. David Kramer
Zweitleser: Dr. Friedrich Haunert
Berlin, den 26.2.2015
1
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Inhaltsverzeichnis
Seite
1. Einleitung................................................................................................................ 3
2. Forschungsstand....................................................................................................5
3. Was ist Korruption?.................................................................................................6
3.1. Wie gefährlich ist Korruption?........................................................................10
3.2. Wachsende Gefahr durch Korruption?...........................................................13
3.3. Korruption als Rahmenbedingung der Sozialen Arbeit...................................14
3.4. Wer ist korrupt?..............................................................................................19
4. Korruptionsbekämpfung seit 1990.........................................................................21
4.1. Korruption und Korruptionsbekämpfung in Berlin...........................................22
5. Empirischer Teil.....................................................................................................24
5.1. Methode der Untersuchung............................................................................24
5.2. Berlin und seine Bezirke.................................................................................27
5.3. Themenblock 1: Korruption............................................................................28
5.4. Themenblock 2: Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung............................34
5.4.1. Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung.................................................35
5.4.2. Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung......................................................40
5.4.3. Ombudsperson......................................................................................44
5.4.4. Gefährdungsatlas..................................................................................52
5.4.5. Personalrotation....................................................................................53
5.4.6. Schulungen und Fortbildungen..............................................................55
5.4.7. Antikorruptionsbeauftragter...................................................................57
5.4.8. Verhaltenskodex....................................................................................59
5.4.9. Weitere Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung...............................60
5.5. Themenblock 3: Die BVV und Korruptionsbekämpfung..................................67
5.6. Themenblock 4: Meinungen und Einschätzungen der Befragten...................76
6. Fallbeispiel: Korruptionsbekämpfung in Reinickendorf..........................................80
7. Zusammenfassung und Diskussion......................................................................86
7.1. Zusammenfassung.........................................................................................86
7.2. Diskussion......................................................................................................87
8.
Literaturverzeichnis..............................................................................................94
9.
Erklärung über das selbständige verfassen der Arbeit.......................................100
2
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Anhang 1: Abbildungen.............................................................................................Seite
Abb. 1: Funktion der Nehmer bei Korruptionsdelikten.........................................................1
Abb. 2: Empfohlene Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung..........................................1
Abb. 3: Verbreitung von Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung in Behörden................2
Abb. 4: Branchenzugehörigkeit der Nehmer bei Korruptionsdelikten..................................3
Abb. 5: Anteil der intransparenten Parteispenden 2011 nach Parteien...............................3
Abb. 6 u. 7. Korruptionsindikatoren und Prüfansätze..........................................................4
Anhang 2: Tabelle Antikorruptions-Maßnahmen in den Berliner Bezirken
Anhang 3: Muster-Fragebogen Korruptionsbeauftragte
Anmerkung:
Durch neue Erkenntnisse sah ich mich genötigt, mehrere Nachträge und Korrekturen als
Fußnoten in diese Arbeit nachträglich einzufügen. Diese sind: Fußnote 81 auf Seite 31,
Fußnote 156 auf Seite 66, Fußnote 183 auf Seite 80, Fußnote 187 auf Seite 83, Fußnote
188 auf Seite 84 und Fußnote 191 auf Seite 85 (der Autor, 16.4.2015).
3
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
1. Einleitung
„Wir sind gut, wollen aber noch besser werden!“ Dies verkündete Berlins Justizsenator
Thomas Heilmann stolz in einer Pressemitteilung am 3.12.2014 zum Thema
Korruptionsbekämpfung in Berlin.1 Diese selbstbewusste Mitteilung bezog sich vermutlich
auf die Korruptionsbekämpfung in Berlin auf Landesebene. Ob Herr Heilmann mit seiner
Feststellung
richtig
liegt,
sei
dahingestellt.
Fest
steht
aber,
dass
er
die
Korruptionsbekämpfung in Berlin auf Bezirksebene von seinem Urteil ausgeklammert
haben muss. Sonst wäre er sehr wahrscheinlich zu einem anderen Urteil gekommen. Wie
gut die Korruptionsbekämpfung in den Berliner Bezirken funktioniert, soll im Rahmen
dieser Arbeit überprüft werden.
Korruption hat in Berlin eine lange Tradition, der sogenannte „Berliner Filz“ (West-)Berlins
war schon in den Siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts weit über Berlin hinaus
berüchtigt. Dagegen ist die Berliner Korruptionsbekämpfung in ihrer heutigen Form erst
vor
rund
zwanzig
Jahren
entstanden,
als
eine
Arbeitsgruppe
der
Berliner
Senatsverwaltung erstmals eine Richtlinie zur Korruptionsbekämpfung für Berlin
ausarbeitete.2 Diese Richtlinie zur Korruptionsbekämpfung galt zum Zeitpunkt ihrer
Einführung als besonders fortschrittlich, und man setzte große Hoffnung in ihre
Wirksamkeit.
Eine Bilanz für die letzten zwanzig Jahre möchte ich im Rahmen dieser Arbeit nicht
ziehen. Vielmehr möchte ich untersuchen, welche Maßnahmen und Instrumente der
Korruptionsbekämpfung auf Bezirksebene sich bewährt haben und welche nicht. Und ich
möchte in Erfahrung bringen, wie sich die bezirkliche Korruptionsbekämpfung in Berlin
seitdem weiterentwickelt hat.
Im Fokus dieser Arbeit steht die Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene, in den
zwölf Berliner Bezirken. Diesen Schwerpunkt setze ich aus zwei Gründen: Zum einen ist
die kommunale Ebene in der Korruptionsforschung ein vergleichsweise wenig erforschtes
Gebiet. Und zum anderen gibt es – paradoxerweise – nach Meinung vieler
Korruptionsforscher und Sachverständiger in der Korruptionsbekämpfung auf kommunaler
Ebene die größten Defizite, verglichen mit Bundes- und Landesebene. „In deutschen
Kommunen ist das Korruptionspotential besonders groß, weil hier das Schwergewicht der
Verwaltung und der größte Teil der öffentlichen Institutionen (einschließlich Bautätigkeit)
1 Senatsverwaltung für Justiz, Pressemitteilung Nr. 46/2014 vom 3.12.2014,
http://www.berlin.de/sen/justiz/presse/archiv/20141203.1045.400476.html, Zugriff am 2.2.2015
2 Senat von Berlin: Richtlinien für die Einrichtung einer Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung in der
Hauptverwaltung, Senatsbeschluss Nr. 1618/98 vom 18.8.1998,
http://www.berlin.de/imperia/md/content/senatsverwaltungen/justiz/richtlinien_korruptionspraeve
ntion.pdf?start&ts=1129811984&file=richtlinien_korruptionspraevention.pdf, Zugriff am 2.2.2015
4
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
liegt. Die Kleinteiligkeit und Übersichtlichkeit der Kommune, die Nähe von Verwaltung und
Wirtschaft bilden zudem einen geeigneten 'Nährboden' für dauerhafte Netzwerke
zwischen Politik, Wirtschaft und Medien, die auch korrupten Praktiken Vorschub leisten.
Andererseits sind hier die Kontrollen besonders schwach ausgeprägt.“3
Da ich meine Masterarbeit im Studiengang Sozialmanagement schreibe, möchte ich an
dieser Stelle den Bezug zur Sozialen Arbeit erklären. Die Kommunen sind wichtige
Auftraggeber und Partner für freie Träger und private Unternehmen der Sozialen Arbeit.
Im Sozialen Sektor gibt es ebenso wie im Baugewerbe bundesweit Aufträge, Vergaben
und Subventionen in Milliardenhöhe. Mit der Auslagerung vormals staatlicher Aufgaben
der Daseinsvorsorge, mit Privatisierungen und der Einführung von Wettbewerb und
Marktwirtschaft im Sozialen Sektor hat es zudem einen beispiellosen Wandel im Sozialen
Bereich gegeben, der zweifellos auch Auswirkungen auf die Entwicklung von Korruption
haben musste. Diverse Korruptionsskandale in den vergangenen Jahren haben gezeigt,
dass Korruption in der Sozialen Arbeit ein möglicherweise wachsendes Problem darstellt.
Insbesondere auf kommunaler Ebene gibt es eine Vielzahl von Schnittstellen zwischen
Ämtern und freien Trägern der sozialen Arbeit. Korruption und Korruptionsbekämpfung
zählen
damit
zu
Korruptionsforschung
den
Rahmenbedingungen
großen
Nachholbedarf.
sozialer
Mit
Arbeit.
meiner
Hier
hat
Arbeit
die
zur
Korruptionsbekämpfung in den Berliner Bezirken möchte ich einen Beitrag dazu leisten,
diese Forschungslücke zu schließen.
Diese Arbeit hat einen theoretischen und einen empirischen Teil. Im theoretischen Teil
möchte ich einen kurzen Überblick geben über die Themen Korruption und
Korruptionsbekämpfung in Deutschland. Dabei gehe ich auch auf den Bezug zur Sozialen
Arbeit ein. Im empirischen Teil möchte ich die Ergebnisse einer Umfrage unter
Korruptionsbeauftragten in den Berliner Bezirken vorstellen, die ich für diese Arbeit
gemacht habe.
Das Thema Korruptionsbekämpfung habe ich mir nicht zufällig ausgewählt. Im Rahmen
meiner Tätigkeit bei einem freien Träger der Jugendhilfe in Berlin bin ich wiederholt mit
dem Thema Korruption konfrontiert worden. Einen Fall habe ich dieser Arbeit als
Fallbeispiel hinzugefügt. In meinen persönlichen Erfahrungen mit Korruption ist auch mein
wissenschaftlicher Ansatz begründet: Wissenschaft dient nicht nur dem Schaffen von
Wissen. Die Wissenschaften – und die Gesellschaftswissenschaften im Besonderen haben immer auch die Funktion, Mittel und Wege zu finden, um die Lebensbedingungen
3
Arnim, Hans Herbert von (HG): Korruption. Begriff, Bekämpfungs- und Forschungslücken. FÖV
Discussion Paper 33, 2. Auflage, Speyer: Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche
Verwaltung, 2006, S. 41
5
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
der Menschen zu verbessern. In diesem Sinne betrachte ich es als meine Aufgabe, im
Rahmen dieser Arbeit nicht nur rein deskriptiv einen Sachverhalt zu schildern sondern
auch Realitäten kritisch zu hinterfragen, Stellung zu beziehen und Lösungsvorschläge zu
machen.
2. Forschungsstand
„Über politische Korruption wird viel geschrieben, aber nicht allzu oft von deutschen
Politikwissenschaftlern.
Zwar
hat
sich
die
genuin
politikwissenschaftliche
Korruptionsforschung in den letzten ca. 20 Jahren … wesentlich intensiviert, doch sie ist
immer
noch
ein
eher
randständiger
Forschungsbereich,
zumindest
in
der
Bundesrepublik.“4
Die Korruptionsforschung ist ein wachsender Forschungszweig. Aber sie ist eine junge
Disziplin mit immer noch großen Forschungslücken. Die meisten Arbeiten in Deutschland
zum Thema Korruption bis in die neunziger Jahre letzten Jahrhunderts entstanden im
Kontext der Entwicklungshilfe.
Erst in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts rückte auch die Korruption in
Deutschland in größerem Maße in den Fokus der Korruptionsforschung. - nachdem immer
häufiger Korruptionsfälle in deutschen Behörden aufgedeckt wurden.5 1995 wurde die
erste große empirische Studie zu Korruption in Deutschland gemacht. 6 Bis heute gibt es in
Deutschland nur eine überschaubare Zahl von Korruptionsforschern an deutschen
Hochschulen.
Vorangetrieben
wird
die
Korruptionsforschung
insbesondere
vom
Wissenschaftlichen Arbeitskreis von Transparency International Deutschland.7
Vergleichsweise unerforscht ist das Thema Korruption und Korruptionsbekämpfung auf
kommunaler Ebene. Empirische Untersuchungen dazu sind Mangelware.
Zum Thema Korruption in Berlin gibt es einige journalistische Publikationen, die sich mit
den verschiedenen Korruptionsskandalen der Berliner Politik befassen. Wissenschaftliche
Arbeiten zu Korruption oder Korruptionsbekämpfung in Berlin konnte ich im Rahmen
meiner Recherche nicht finden, auch nicht an den Berliner Universitäten. Die einzige
empirische Arbeit zum Thema Korruptionsbekämpfung in den Berliner Bezirken, die ich
finden konnte, ist ein achtseitiger Bericht von Transparency International aus dem Jahr
4 Wolf, Sebastian: Politikwissenschaftliche Korruptionsforschung. In: Graeff, Peter; Grieger,
Jürgen (HG): Was ist Korruption? Nomos Verlagsgesellschaft. Baden-Baden 2012. S. 113.
5 Vgl. Der Spiegel Nr. 27/1988: Wer etwas geschickt ist, fällt nicht auf.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13528026.html, Zugriff 22.2.2015
6 Vahlenkamp, Werner; Knauß, Ina: Korruption - hinnehmen oder handeln? BKA-Forschungsreihe
Band 33. Bundeskriminalamt Wiesbaden, Wiesbaden 1995.
7 s. http://www.transparency.de/Korruptionsforschung.1051.0.html, Zugriff 12.2.2015
6
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
2008, in welcher die Instrumente und Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung in den
Berliner Bezirken abgefragt werden.8
Die Themen Effizienz oder Wirksamkeit von Korruptionsbekämpfung und -prävention sind
– zumindest in Deutschland – scheinbar kaum erforscht. Inwiefern einzelne Maßnahmen
der Korruptionsbekämpfung und -prävention in Deutschland greifen und wirken, dazu
konnte ich bei meiner Recherche keine empirischen Studien finden.
3. Was ist Korruption?
"Stiehlt einer ein Geldstück, dann hängt man ihn. Wer öffentliche Gelder unterschlägt, wer
durch Monopole, Wucher und tausenderlei Machenschaften und Betrügereien noch so
viel zusammenstiehlt, wird unter die vornehmen Leute gerechnet" (Erasmus von
Rotterdam).9
Gemäß Transparency International ist „Korruption … der Missbrauch anvertrauter Macht
zum privaten Nutzen oder Vorteil.“10 Das hört sich zunächst einfach an, ist aber natürlich
viel komplexer als diese wenigen Worte es ausdrücken können. Tatsächlich ist Korruption
so vielseitig und der Begriff so schwer zu fassen, dass es keine genaue Definition des
Korruptionsbegriffes geben kann.11
Die
zunächst
wichtigste
Feststellung
ist
vermutlich,
dass
Korruption
nicht
notwendigerweise eine verbotene Handlung beschreibt. „Ein Kennzeichen dieses
Begriffes (der Korruption, Anm. d. Autors) ist, dass er nicht auf eine bestimmte
Gesetzeslage abhebt, also auch dann erfüllt sein kann, wenn die Handlung … 'ganz
legal', also gesetzlich nicht verboten ist.“12 Bis vor kurzem noch war beispielsweise die
Bestechung von Abgeordneten legal. Diese wurde erst 2014 verboten (mit einem Gesetz,
dass übrigens weiterhin Spenden an Abgeordnete erlaubt).13 Vor gar nicht allzu langer Zeit
war es ferner noch möglich, Bestechungsgelder für Bestechungen im Ausland in
Deutschland steuerlich geltend zu machen.
Das Strafrecht betrachtet nur eine Reihe von Handlungen als „Korruption“ (v.a. §331 StGB
8 Transparency International e.V.: Bericht von Transparency International Deutschland zur
Korruptionsprävention in den Berliner Bezirken. Berlin, 2008.
http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Themen/Verwaltung/Korruptionspraevention_Bln_Bezirk
e_2008-02-29.pdf, Zugriff 12.2.2015
9 Zit. nach Leyendecker, Hans: Korruption. Spiegel der politischen Kultur. In: Politik und
Zeitgeschichte, Nr. 03/2009. Berlin: Bundeszentrale für politische Bildung, 2009.
http://www.bpb.de/apuz/32240/korruption-spiegel-der-politischen-kultur-essay?p=all, Zugriff
12.2.2015.
10 http://www.transparency.de/was-ist-korruption.2176.0.html , Zugriff 12.2.2015
11 Vgl.Graeff,Peter;Grieger,Jürgen: Was ist Korruption? Nomos Verlag,Baden-Baden 2012. S. 4-11
12 Arnim, Hans Herbert von: Begriff und systemische Defizite in der Korruptionsbekämpfung: In:
Defizite in der Korruptionsbekämpfung. Duncker und Humblodt. Berlin 2009. S. 10
13 http://www.transparency.de/Bestechung-von-Abgeordneten.734.0.html , Zugriff 18.12.2014.
7
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Vorteilsannahme, §333 StGB Vorteilsgewährung, §332 StGB Bestechlichkeit, §334 StGB
Bestechung und § 108e StGB Abgeordnetenbestechung). Damit eng verbunden sind
weitere, „verwandte“ Delikte,
beispielsweise
§263
die nicht direkt unter den Korruptionsbegriff fallen wie
StGB
Betrug,
§266
StGB
Untreue
und
§298
StGB
Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen. Es ist also festzuhalten,
dass nicht „Korruption“ an sich verboten ist sondern lediglich bestimmte korrupte
Handlungen.
Dazu kommt, dass nicht das gleiche Recht für alle gilt: Das Recht unterscheidet unter
anderem zwischen Amtsträgern und Mandatsträgern. Einiges, was einem Amtsträger
streng verboten ist, ist dem Mandatsträger erlaubt.14 Ein anderes Problem bei der
Definition des Korruptionsbegriffes ist, dass sich durch neue Gesetze die Grenze
zwischen legal und illegal immer wieder verschiebt.
Zwischen „legaler“ und illegaler Korruption gibt es ferner eine große Grauzone von
Handlungen, die sich der Definition entziehen, weil sich die korrupte Handlung im
Geheimen vollzieht und nicht beweisbar ist. Als Beispiel sei hier die weit verbreitete Praxis
der „Vortragshonorare“ und „Beraterhonorare“ genannt. Unternehmen zahlen Politkern
mitunter unverhältnismäßig hohe Honorare für Vorträge zu offiziellen Anlässen oder
„Beraterhonorare“
für
undefinierte Beratungsleistungen.
Ob
inoffiziell doch
eine
Gegenleistung erfolgt, bleibt der Öffentlichkeit verborgen.
So zahlte beispielsweise der Medienunternehmer Leo Kirch an den ehemaligen
Bundeskanzler
Kohl
ein
Beraterhonorar
in
Höhe
von
600.000,00
DM,
die
Beratungsleistung erschöpfte sich dabei in mehreren Gesprächen unter vier Augen.15
Der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück bekam 2011 für eine Rede beim
"Atriumtalk" der Stadtwerke Bochum 25.000,00 € Honorar.16
Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder wechselte nach seiner Amtszeit zum russischen
Gaslieferanten Gazprom für ein Jahresgehalt von 250.000,00 €.17 Zuvor hatte er sich als
Kanzler für den Bau der Ostseepipeline für den Transport von russischem Erdgas nach
Deutschland stark gemacht. Den russischen Präsidenten Putin lobte er damals wiederholt
14 Vgl. Niehaus, Holger: Annäherung an einen Korruptionsbegriff des (deutschen) Strafrechts. In:
Graeff, Peter; Grieger, Jürgen (HG): Was ist Korruption? Nomos Verlagsgesellschaft, BadenBaden, 2012. S. 64-65
15 Frankfurter Allgemeine, 31.7.2003. http://www.faz.net/aktuell/politik/panorama-ardveroeffentlicht-kohls-beratervertrag-bei-kirch-1114474.html, Zugriff 12.2.2015
16 Spiegel Online, 26.6.2014. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/steinbrueck-ex-spdkanzlerkandidat-haelt-weiter-vortraege-gegen-honorar-a-977555.html, Zugriff am 18.12.2014.
17 Die Welt, 30.3.2006. http://www.welt.de/wirtschaft/article207771/Gazprom-Job-250-000-EuroJahresgehalt-fuer-Gerhard-Schroeder.html, Zugriff 12.2.2015
8
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
als „lupenreinen Demokraten“.18
Der frühere FDP-Entwicklungsminister Dirk Niebel soll mehr als 40 Parteifreunde in
seinem Ministerium mit Posten versorgt haben.19
Im
Volksempfinden
werden
diese
Beispiele
als
Korruption
wahrgenommen,
strenggenommen sind sie es nicht, da kein unmittelbarer Zusammenhang von Leistung
und Gegenleistung nachweisbar ist. Da gemäß Unschuldsvermutung jedermann
unschuldig ist, bis das Gegenteil bewiesen ist, darf man in diesen Fällen also von
Korruption sprechen? Man darf. Strafbarkeit kann – wie bereits festgestellt – keine
Voraussetzung für den Korruptionsbegriff sein. In diesen Fällen ist der mögliche oder
wahrscheinliche Gewissenskonflikt der bestimmende Faktor. Der Korruptionsforscher
Hans Herbert von Arnim spricht auch von „Legalkorruption“.20
Legal und Illegal sind aber nicht die einzigen Unterscheidungen beim Korruptionsbegriff.
Die Korruptionsforschung unterteilt in eine Vielzahl verschiedener Formen von Korruption,
von denen exemplarisch hier nur einige genannt seien.
Die oben angeführten Beispiele zählen zur politischen Korruption. Dazu zählen auch
Ämterpatronage und Nepotismus (Vetternwirtschaft). Durch politische Korruption wird der
demokratische Entscheidungsfindungsprozess ausgehebelt, das macht sie besonders
gefährlich. Politische Korruption ist weit verbreitet und wird selten bestraft, unter anderem
weil Mandatsträger im Gegensatz zu Amtsträgern vieles dürfen.
Das Bundeskriminalamt unterscheidet zwischen situativer und struktureller Korruption.
Nicht geplante, korrupte Handlungen werden als situative Korruption bezeichnet. Dabei
handelt es sich meist um Einzelfälle, die sich aus einer Situation heraus ergeben, wie
beispielsweise der spontane Bestechungsversuch eines Polizeibeamten bei einer
Fahrzeugkontrolle.21 Statistisch spielen diese Fälle eine untergeordnete Rolle.
Der Begriff strukturelle Korruption beschreibt eine über einen längeren Zeitraum
gewachsene, teilweise über Jahrzehnte aufrechterhaltene, korrupte Beziehung zwischen
zwei oder mehr, gelegentlich weit über 100, Personen. Dies wäre beispielsweise eine
längerfristige Beziehung zwischen einem Sachbearbeiter in der Bauverwaltung und einem
Bauunternehmer mit dem Zweck, dem Bauunternehmer gegen Schmiergeldzahlung
18 Frankfurter Allgemeine, 7.3.2012. http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/nach-der-wahl-inrussland-schroeder-putin-weiter-lupenreiner-demokrat-11675278.html, Zugriff 12.2.2015
19 Die Taz, 3.5.2013. http://www.taz.de/!115702/, Zugriff 15.2.2015
20 Arnim, Hans Herbert von: Korruption: Begriff und systemische Defizite in der
Korruptionsbekämpfung. In: Arnim, Hans Herbert von (HG): Defizite in der
Korruptionsbekämpfung und der Korruptionsforschung. Berlin: Duncker&Humblot, 2009. S. 11
21 Bannenberg, Britta; Schaupensteier, Wolfgang: Korruption in Deutschland. Portrait einer
Wachstumsbranche. Verlag C.H. Beck. München 2004. S. 31. Vgl. a. Bundeskriminalamt:
Korruption Bundeslagebild 2013, Bundeskriminalamt, Wiesbaden 2014, S. 5.
9
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
öffentliche Aufträge zu verschaffen. Dazu zählen aber auch größere, korrupte Netzwerke
von mehreren Unternehmen und mehreren Verwaltungsangestellten, in denen über
Kartellabsprachen die Preise für öffentliche Aufträge künstlich hoch getrieben werden und
andere Unternehmen von der Auftragsvergabe systematisch ausgeschlossen werden.
“Rund 86 % der Verfahren fallen in den Bereich der strukturellen Korruption mit
längerfristig angelegten korruptiven Beziehungen. Der Anteil der Verfahren aus dem
Bereich der situativen Korruption liegt mit einem Anteil von rund 14 % innerhalb der
Bandbreite der Vorjahre (zwischen 11 und 15 %)“.22
Für Mandatsträger gibt es keine klare Grenze, wo Korruption anfängt und wo sie aufhört.
Lobbyismus ist ein akzeptierter Bestandteil unseres politischen Systems. Aber
Lobbyismus bewegt sich oft im Grenzbereich zu Korruption – wo Handlungen noch legal
sind
aber
ethisch
von
zweifelhaftem
Charakter
wie
beispielsweise
lukrative
Nebentätigkeiten oder großzügige Geschenke. So erhielt beispielsweise bis 2004 der
Bürgermeister von Wolfsburg ganz legal vom dort ansässigen Unternehmen Volkswagen
ein monatliches Gehalt sowie einen Dienstwagen.23 Nebentätigkeiten sind Politikern bis
heute erlaubt. Zu genauen Angaben über Vergütung oder Arbeitgeber sind sie nicht
verpflichtet.
Für Amtsträger ist die Grenze klarer geregelt: Nebentätigkeiten müssen genehmigt
werden, teilweise sind sie verboten. Geschenke, Blumensträuße oder Einladungen zu
Essen zählen zum gesellschaftlich üblichen, freundlichen Miteinander. Solange die
Geschenke „angemessen“ sind, nimmt niemand daran Anstoß. Was angemessen ist,
darüber lässt sich natürlich trefflich streiten. Der Gesetzgeber behilft sich mit festgelegten
Bagatellgrenzen, die sich in allen Verwaltungsrichtlinien zur Annahme von Geschenken
wiederfinden. Im vergangenen Jahr wurde beispielsweise eine Berliner Lehrerin wegen
Korruption (Vorteilsannahme) zu 4.000,00 € Strafe verurteilt, weil sie von ihrer
Schulklasse ein Geschenk im Wert von 198,00 € angenommen hatte. Gemäß Richtlinien
über die Annahme von Geschenken wäre ein Geschenkwert von 15 € angemessen
gewesen.24 Wegen eines Geschenks im Wert von 198,00 € ist noch nie ein Abgeordneter
belangt worden.
Soviel zum Korruptionsbegriff. Im Rahmen dieser Arbeit geht es in erster Linie um die
strafrechtlich relevante, illegale Korruption in der Verwaltung und ihre Bekämpfung. Die
22 Bundeskriminalamt: Korruption Bundeslagebild 2013,Bundeskriminalamt,Wiesbaden 2014, S. 5.
23 Spiegel Online, 6.1.2005. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/gehaelteraffaeren-das-whois-who-der-doppelverdiener-a-335724.html, Zugriff 18.2.2015
24 Spiegel Online, 7.1.2015. http://www.spiegel.de/schulspiegel/berlin-lehrerin-unterkorruptionsverdacht-wegen-schuelergeschenk-a-1011666.html, Zugriff 15.2.2015
10
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Auseinandersetzung mit dem Korruptionsbegriff offenbart allerdings bereits an dieser
Stelle, dass eine derart beschränkte Korruptionsbekämpfung eigentlich unzureichend ist,
weil damit viele korrupte Handlungen – insbesondere die politische Korruption – von der
Korruptionsbekämpfung ausgespart werden.
„Korruption
funktioniert,
wenn
die
Beteiligten
wie
in
einem
Ameisenhaufen
zusammenwirken: Es gibt keine (schriftlichen) Befehle, Hierarchieebenen sind nicht
festgelegt – und dennoch funktioniert alles so, wie die Beteiligten es sich vorstellen.
Widerstände oder auch Eindringlinge – etwa aus den Reihen der Prüfungsämter – werden
gemeinsam bekämpft und nach Möglichkeit gebrochen bzw. vernichtet, damit das
Gesamtwerk nicht gefährdet wird.“25
3.1. Wie gefährlich ist Korruption?
Zunächst ist festzustellen, Korruption ist kein ausschließlich negativ besetzter Begriff.
Bestechungsgelder für Entscheidungsträger im Ausland konnten vor nicht allzu langer Zeit
als „nützliche Aufwendungen“ von der Steuer abgesetzt werden. Daraus lässt sich
ablesen, dass Korruption sogar ein Nutzen zugesprochen wurde. Korruption wird mitunter
auch damit gerechtfertigt, dass sie politische oder administrative Entscheidungen und
Prozesse beschleunigt und dadurch positive wirtschaftliche Entwicklungen in Fahrt bringt
– nach dem Motto, „Maschinen müssen geschmiert werden, damit sie laufen“. Diese
Rechtfertigung ist aber sachlich falsch. Korruption kostet Volkswirtschaften Milliarden, sie
bremst wirtschaftliches Wachstum. Das gilt nicht nur für sogenannte Entwicklungsländer,
wo korrupte Eliten vielerorts ihr Land bis zur völligen Verarmung ausbluten ließen bzw.
lassen, sondern es gilt auch für die sogenannten entwickelten, reichen Länder.
Ich habe auch schon das Argument gehört, dass Überregulierung und übermäßige
Kontrolle von Unternehmen negative Standortfaktoren seien. Darum soll es im
Wettbewerb um Unternehmensansiedlungen ökonomisch sinnvoll sei, ein gewisses Maß
an Korruption zuzulassen. Auch das ist nicht korrekt. Tatsächlich ist Rechtssicherheit für
Unternehmen ein wesentlich wichtigerer Standortfaktor. Von einem Kontrolldefizit
profitieren nur die korrupten Unternehmen, die ehrlichen werden geschädigt, die
Verwaltung und die Steuerzahler sowieso.
Es wird gelegentlich auch behauptet, die Kosten für Korruptionsbekämpfung wären in
keinem Verhältnis zum Ausmaß des Schadens durch Korruption. Diese Behauptung ist
ebenfalls nicht haltbar. In einer Studie von PricewaterhouseCoopers und der Martin25 Fiebig, Helmut; Junker, Heinrich: Korruption und Untreue im öffentlichen Dienst. Erkennen –
Bekämpfen – Vorbeugen. 2. Auflage, Berlin: Erich-Schmidt Verlag, 2004. S. 18
11
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Luther-Universität Halle-Wittenberg aus dem Jahr 2010 wird der direkte finanzielle
Schaden für die Verwaltung durch Korruption in Deutschland auf über zwei Milliarden
Euro jährlich geschätzt.26
Aber das ist noch nicht alles. Korruption ist ein Verbrechen, strukturelle Korruption gleicht
organisierter Kriminalität. Korruption untergräbt das gesellschaftliche Wertesystem, die
Rechtsstaatlichkeit und die demokratische Entscheidungsfindung im politischen System.
Wenn immer mehr Menschen im Lande nicht mehr wählen gehen oder sich obskuren
Bewegungen anschließen, dann liegt das unter anderem auch daran, dass diese
Menschen unser politisches System für korrupt halten.
Die Sicherheit und die Gesundheit von Menschen werden durch Korruption auf vielfältige
Weise bedroht: Wenn Gutachter oder Kontrolleure bei Sicherheitskontrollen wegsehen,
wenn Sicherheitsstandars nicht eingehalten werden, wenn am Bau gepfuscht wird, und
dennoch eine Bauabnahme erfolgt, oder wenn Führerscheine an fahruntüchtige
Fahranfänger verhökert werden oder TÜV-Plaketten für fahruntaugliche Fahrzeuge.
Korruption
kann
Korruptionsskandal
Menschenleben
am
Berliner
kosten.
Kürzlich
Herzzentrum
durch
ging
die
beispielsweise
Medien.
Dort
ein
wurden
Organspender-Wartelisten gegen Schmiergeldzahlungen manipuliert. Ob möglicherweise
Kranke auf diesen Wartelisten gestorben sind, weil sie aufgrund der Manipulation der
Wartelisten nicht rechtzeitig ein neues Organ erhalten haben, wird derzeit untersucht.27
Korruption bedroht aber nicht nur jeden Einzelnen, sie gefährdet auch die Souveränität
und die Sicherheit eines Landes insgesamt, auch in Deutschland: Unter anderem sind
diverse
Fälle
von
Bestechung
von
Bundestagsabgeordneten
durch
die
StaSi
28
dokumentiert. In Berlin stand beispielsweise der Polizist, der am 2.6.1969 den Studenten
Benno Ohnesorg erschossen hat, auf der Gehaltsliste der StaSi.29
Wenn ein Bundeskanzler nach seinem Ausscheiden aus dem Amt einen lukrativen Posten
bei einem russischen Gaskonzern antritt, kann man nur hoffen, dass der erklärte PutinFreund als Bundeskanzler ausschließlich deutsche Interessen vertreten hat.
Im Nachbarland Frankreich wird über die mögliche Einflussnahme fremder Mächte auf die
26 PricewaterhouseCoopers AG, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (HG): Kriminalität im
öffentlichen Sektor 2010. Auf der Spur von Korruption & Co. Halle-Wittenberg 2010. S. 21
27 Spiegel Online, 30.9.2014. http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/transplantationmanipulationen-am-deutschen-herzzentrum-berlin-a-994517.html, Zugriff 18.12.2014.
28 Die Welt, 8.10.2010. http://www.welt.de/politik/deutschland/article10155727/Bundestag-willeigene-Stasi-Vergangenheit-pruefen.html, Zugriff 18.12.2014. vgl. auch Darge, Ekkehard:
Korruption in der Bundesrepublik Deutschland. BIS-Verlag der Carl von Ossietzky Universität
Oldenburg, 2009, Oldenburg. S. 55
29 Süddeutsche Zeitung, 17.5.2010. http://www.sueddeutsche.de/politik/karl-heinz-kurras-stasiagent-toetete-ohnesorg-1.466964, Zugriff 18.12.2014.
12
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
nationale Politik diskutiert, weil die rechtspopulistische Partei Front National Kredite aus
Russland bekommt.30
Bei vielen internationalen Waffengeschäften ist Korruption im Spiel, auch bei
Waffengeschäften mit deutscher Beteiligung, wie beispielsweise bei Waffengeschäften
von Rheinmetall in Griechenland.31 Transparency International verweist darüber hinaus
auf einen direkten Zusammenhang von Korruption und Krieg. 32 Wenn man sich die Lage
in der Ukraine betrachtet, erscheint einem das nicht abwegig. Die Ukraine war 2014 im
Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International auf Platz 142 von 175
Staaten, sie zählt zu den korruptesten Staaten der Welt.33
Aktuell ist in Irak und Syrien außerdem ein Zusammenhang von Korruption und Terror zu
beobachten: Die Terrororganisation Islamischer Staat/ISIS finanziert ihren Terror unter
anderem mit Millioneneinnahmen durch den Export von Öl. Das ist nur durch Korruption
möglich.34
Übergänge zu anderen Bereichen von Kriminalität sind in der Mehrheit der
Korruptionsfälle in Deutschland zwar nicht gegeben35, aber natürlich gibt es das auch:
Waffen- und Drogengeschäfte, Menschenhandel, Prostitution – überall werden Beamte
und Politiker bestochen, damit die Geschäfte ungestört laufen.
Nicht nur Personen, auch Unternehmen und Organisationen können korrupt sein. Die
FIFA ist wohl die bekannteste korrupte Organisation. Wo die Fußball-Weltmeisterschaften
stattfinden, wird nicht in einem transparenten demokratischen Prozess entschieden. Den
Zuschlag erhält, wer die meisten Stimmen kaufen kann.36
Für manche Wissenschaftler ist Korruption systemisch bedingt, ein unvermeidbarer
Bestandteil des kapitalistischen Systems. Der Politikwissenschaftler Elmar Altvater nennt
Korruption auf globaler Ebene „Mega-Korruption“, ein Mittel formeller Politik, ein
systemisches Produkt, welches auch von Staaten gezielt eingesetzt wird zur
Durchsetzung hegemonialer Interessen.37
30 Spiegel Online, 27.11.2014. http://www.spiegel.de/politik/ausland/russland-front-national-sollmillionen-kredit-von-putin-bekommen-a-1005356.html, Zugriff 18.12.2014.
31 Süddeutsche Zeitung, 15.1.2015. http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ruestungs-deals-mitgriechenland-prozente-von-rheinmetall-1.2300181, Zugriff 15.2.2015
32 http://www.transparency.de/index.php?id=559&tx_ttnews[cat]=32 , Zugriff 18.12.2014.
33 http://www.transparency.org/cpi2014/results, Zugriff 18.2.2015
34 Die taz, 4.2.2014. http://www.taz.de/!132303/, Zugriff 18.12.2014.
35 Bannenberg, Britta; Schaupensteier, Wolfgang: Korruption in Deutschland. Portrait einer
Wachstumsbranche. Verlag C.H. Beck. München 2004. S. 31-32
36 Spiegel Online, 8.6.2014. http://www.spiegel.de/sport/fussball/wm-in-katar-fifa-sponsor-sonywill-untersuchung-von-korruption-a-974043.html, Zugriff 15.2.2015
37 Altvater, Elmar: Globalisierung und Korruption. In: Altvater, Elmar u.a.: Privatisierung und
Korruption: Zur Kriminologie von Globalisierung, Neoliberalismus und Finanzkrise. Anders
Verlag, Hamburg 2009. S. 6-7
13
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Im Extremfall kann Korruption wesentlich zum Zerfall von Gesellschaften und zum völligen
Zusammenbruch staatlicher Ordnung beitragen wie beispielsweise in Somalia oder
Afghanistan, zwei der korruptesten Staaten der Welt.38
Korruption zersetzt ein politisches System von Innen heraus wie ein Geschwür, bis es
zusammenbricht. Die Risiken durch Korruption sollten also keinesfalls unterschätzt
werden.
3.2. Wachsende Gefahr durch Korruption?
Die Dringlichkeit zur Umsetzung wirksamer Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung
steigt möglicherweise. Die Verwaltungsmodernisierung und die Verschlankung des
Staates haben die Bedrohung durch Korruption möglicherweise noch größer gemacht.
Dazu
erzeugt
die
globale
Wirtschaftskrise
seit
Jahren
einen
zunehmenden
wirtschaftlichen Druck auf Staaten, Unternehmen und Individuen. Erfahrungsgemäß
nimmt die Bereitschaft zu regelkonformen Verhalten ab, je weniger man sich Misserfolge
leisten kann.
„Im öffentlichen Sektor hat, wie wir wissen, in den letzten 10-20 Jahren ein erheblicher
Wandel stattgefunden. Die staatlichen Strukturen haben sich immer mehr ausdifferenziert
und öffentliche Leistungen werden in sehr unterschiedlichen Erledigungsformen erbracht.
Ein beachtlicher Teil der Leistungen ist auf private Dritte ausgelagert oder ganz privatisiert
worden. Zudem haben sich verschiedene Muster von öffentlich-privaten Kooperationen
herausgebildet. Verwaltungen und öffentliche
Unternehmen wurden unter verstärkten
Leistungsdruck und Wettbewerb gesetzt. All das führte zu einer weithin wahrnehmbaren
Ökonomisierung
und
'Managerialisierung'
des
öffentlichen
Sektors,
die
verständlicherweise auch Werte und Verhaltensweisen der öffentlich Beschäftigten
beeinflusst hat. Daraus ergeben sich ohne Zweifel erhebliche Konsequenzen für die
Integrität der Akteure im öffentlichen Sektor sowie für deren Korruptionsanfälligkeit.“39
Neue Steuerungsmodelle, New Public Management, Public Private Partnerships,
Privatisierungen – die Zahl der Schnittstellen zwischen Wirtschaft und Verwaltung sowie
die Zahl öffentlicher Auftragsvergaben und anderer Transaktionen haben sich in den
vergangenen Jahren erhöht. Zwischen Wirtschaft und Politik ist zudem eine wachsende
Grauzone mit halbstaatlichen Organisationen und Unternehmen entstanden, die sich
zunehmend staatlicher Kontrolle entziehen. Die Möglichkeiten für Korruption nehmen zu,
38 http://www.transparency.de/Pressemitteilung-Transparency.2576.0.html , Zugriff 15.2.2105
39 Maravic, Patrik von; Reichard, Christoph (HG): Ethik, Integrität und Korruption - Neue
Herausforderungen im sich wandelnden öffentlichen Sektor? Universitätsverlag Potsdam,
Potsdam 2005. S. 1-2
14
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
die Kontrollmöglichkeiten nehmen ab.
„Weltweit ist die Schwäche der Regulierungs- und Kontrollbehörden die Archillesverse der
Privatisierung. Das gilt in vollem Umfang auch für die deutschen Kommunen. Die mit
Korruptionsprävention betrauten kommunalen Stellen beklagen, dass durch die
galoppierende 'Privatisierung' alle Fortschritte der Korruptionsbekämpfung rückgängig
gemacht werden.“40
Für Elmar Altvater sind Privatisierung und Korruption zwei Seiten derselben Medaille: Die
Aneignung öffentlichen Eigentums durch Einzelne. Er sieht darin auch eine Gefahr für die
Demokratie: „Mit der Privatisierung öffentlicher Güter schwindet ... die res publica, der
Raum der politischen Artikulation von Staatsbürgern in einer
Demokratie.
…
Demokratische Rechte, Teilhabemöglichkeiten von Bürgern werden so beseitigt bzw. auf
den Markt umgelenkt, wo sie sich in der … 'Dollarstimmzetteldemokratie' wiederfinden.“41
3.3. Korruption als Rahmenbedingung für freie Träger der Sozialen Arbeit
In der Fachliteratur zu Korruption werden praktisch überall die mit dem Baugewerbe
verbundenen
Verwaltungsabteilungen
als
der
korruptionsanfälligste
Bereich
der
Verwaltung aufgeführt.42 Dafür gibt es eine Reihe von Gründen: Straßen, öffentliche
Gebäude, Kanalisationen und mehr – Bau, Modernisierung und Instandhaltung der
öffentlichen Infrastruktur kosten viel Geld. Vergabestellen bei Bund, Ländern und
Kommunen vergeben jährlich Bauaufträge an private Unternehmen in Milliardenhöhe. Der
Wettbewerb ist hart. Einer der Hauptgründe für korruptes Verhalten ist das Erlangen
öffentlicher Aufträge.43
Aber auch wenn es in der Tat besonders viel Korruption im Baugewerbe geben sollte,
wäre es fahrlässig, den Fokus ausschließlich auf den Baubereich zu richten. Es gibt auch
andere Bereiche in der öffentlichen Verwaltung, wo Vergaben stattfinden. Ein nicht gerade
kleiner Bereich ist die Sozialwirtschaft. Der Anteil der Sozialausgaben ist der größte
Posten im gesamten Bundeshaushalt. Der Staat tätigt Ausgaben für Familienhilfe, Kinderund
Jugendhilfe,
Flüchtlingshilfe,
Behindertenhilfe,
Obdachlosenhilfe,
Integration,
40 Elshorst Hansjörg: ergänzende Gedankern aus der Sicht von Transparency Internatzional TI.
In: Maravic, Patrik von; Reichard, Christoph (HG): Ethik, Integrität und Korruption. Neue
Herausforderungen im sich wandelnden öffentlichen Sektor? Potsdam: Universitätsverlag
Potsdam, 2005. S.190
41 Altvater, Elmar: Globalisierung und Korruption. In: Altvater, Elmar u.a.: Privatisierung und
Korruption: Zur Kriminologie von Globalisierung, Neoliberalismus und Finanzkrise. Anders
Verlag, Hamburg 2009. S. 7
42 Vgl. Bannenberg, Britta; Schaupensteier, Wolfgang: Korruption in Deutschland. Portrait einer
Wachstumsbranche. Verlag C.H. Beck. München 2004. S. 50-52
43 Bundeskriminalamt: Korruption Bundeslagebild 2013,Bundeskriminalamt,Wiesbaden 2014.S.13
15
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Bildung, Wiedereingliederung von Arbeitslosen, Gesundheit, Pflege und vieles mehr. Die
meisten dieser sozialen Dienstleistungen werden nach Jahrzehnten von Auslagerungen
und Privatisierungen mittlerweile von freien Trägern (Vereine, gemeinnützige GmbH´s
o.ä.) oder von privaten Unternehmen angeboten.
Die Soziale Arbeit hat sich zu einem riesigen Markt entwickelt, auf dem genauso wie im
Baubereich Milliarden von der öffentlichen Hand an freie Träger und Unternehmen
vergeben werden. Die zunehmende Kommerzialisierung der Daseinsvorsorge und der
stetige wirtschaftliche Druck auf die Akteure der Sozialwirtschaft bleiben nicht ohne
Folgen. Im Gesundheitswesen, in der Pflege, in der Obdachlosenhilfe, in der stationären
Jugendhilfe und anderswo – überall hat es schon Korruptionsskandale gegeben. „Fälle
wie UNICEF, die Maserati-Affäre in Berlin oder Untreue-Vorwürfe gegen das Deutsche
Rote Kreuz in Aachen, Humana und die Deutsche Kinderhilfe bergen nun die Gefahr,
dass ein ganzer Sektor in Misskredit gerät...“44
Nichtsdestotrotz ist gerade der soziale Bereich der Bereich mit der geringsten
Kontrolldichte. Hier werden öffentliche Mittel in Milliardenhöhe vergeben und die
Verwendung dieser Mittel wird kaum kontrolliert.
Den Möglichkeiten für Korruption in der Sozialwirtschaft sind im Großen wie im Kleinen
kaum Grenzen gesetzt. Korruption wird außerdem geradezu heraufbeschworen durch
bestimmte Praktiken wie beispielsweise Sponsoring. Ich möchte das mit einem Beispiel
illustrieren: Ich habe von einem Lehrer gehört, eine namhafte Computerfirma hätte seiner
Schule den Computerraum ausgestattet, weil der Sohn des Chefs auf die Schule geht.
Damit war aus Sicht des Lehrers klar, dieser Schüler würde garantiert nicht sitzenbleiben,
auch wenn die Ausstattung des Computerraums überhaupt nicht an Bedingungen
geknüpft war. Ähnliches kenne ich aus dem Bereich der Kindertagesbetreuung. Der
Kitaplatzmangel erzeugt einen teilweise grotesken Wettbewerb zwischen Eltern um
Kitaplätze. Eltern, die in der Lage sind, den Förderverein einer Kita finanziell großzügig zu
unterstützen, sind da oft im Vorteil. Am Rande sei hier festgestellt, dass diese Beispiele
die These stützen, dass Privatisierungen und Public Private Partnerships Korruption
fördern.
Erstaunlicherweise gibt es zur Korruption in der Sozialwirtschaft kaum empirische
Erhebungen. Im Bundeslagebild Korruption des Bundeskriminalamts für 2013 werden
44 Transparency International e.V. (HG): Scheinwerfer Ausgabe 48 – Transparenz im Dritten
Sektor, Berlin 2010.
http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Rundbriefe/Scheinwerfer_48_III_2010_Dritter_Sektor.
pdf, Zugriff 7.2.2015, S. 4
16
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Straftaten der Korruption im Sozialwesen nicht gesondert ausgewiesen. 45 Die Zahl der
aufgedeckten Fälle ist wohl zu gering. Es ist anzunehmen, dass die fehlende Kontrolle
eine wesentliche Rolle dabei spielt.
Regulierungsbedarf wird bis dato am ehesten noch im Gesundheitswesen und in der
Pflege gesehen.46 Hier sind korrupte Machenschaften von Pharmakonzernen, Ärzten und
anderen Dienstleistern im Gesundheitswesen inzwischen einigermaßen gut dokumentiert.
Zu den Kosten, die Korruption in Gesundheitswesen und Pflege verursacht, schreibt
Transparency
International
2013
Folgendes:
„Amerikanische
und
britische
Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass drei bis zehn Prozent der Ausgaben im
Gesundheitssektor durch Betrug, Missbrauch und Korruption verschleudert werden. Es
besteht kein Grund zu der Annahme, dass dieser Anteil in Deutschland geringer ausfällt.
Das bedeutet: Wir müssen bei uns von korruptionsbedingten Fehlsteuerungen in einer
Größenordnung von sechs bis 20 Milliarden Euro jährlich ausgehen.“47
Bei den schwachen Kontrollen und bei den Summen, die öffentliche Stellen jährlich im
Sozialwesen ausgeben, ist denkbar, dass dort ähnlich viel Geld versickert, wie im
Gesundheitswesen.
Dass es ein Kontrolldefizit gibt, wird von vielen gemeinnützigen Akteuren selbst so
gesehen. Im Jahr 2010 hat sich deswegen die „Initiative transparente Zivilgesellschaft“
gegründet. Auf freiwilliger Basis veröffentlichen teilnehmende Organisationen und
Unternehmen ihre Satzungen, Tätigkeits- und Geschäftsberichte und mehr.48
Das Kontrolldefizit gibt es auch in Berlin. So bemängelte zum Beispiel der
Landesrechnungshof von Berlin in seinem Jahresbericht 2014, dass es bei der
Übertragung von Aufgaben der Vollzeitpflege im Rahmen der §§ 33 ff. SGB VIII an freie
Träger in den Berliner Bezirken überhaupt keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen
gegeben hat. Ferner gibt es in dem Bereich überhaupt keine Kostentransparenz. Die
Vollzeitpflegekosten werden von den verschiedenen Jugendämtern der Bezirke gänzlich
unterschiedlich berechnet. „Im Ergebnis werden die Träger der freien Jugendhilfe im Land
Berlin für ihre Leistungen
sehr unterschiedlich vergütet. Die Gründe für die
45 Bundeskriminalamt: Korruption Bundeslagebild 2013,Bundeskriminalamt,Wiesbaden 2014.S.11
46 Vgl. Transparency International e.V.: Transparenzmängel, Korruption und Betrug im deutschen
Gesundheitswesen - Kontrolle und Prävention als gesellschaftliche Aufgabe Grundsatzpapier
von Transparency Deutschland. Transparency International, Berlin, 2008.
http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Themen/Gesundheitspapier_Stand_2008_Auflage_5
_08-08-18.pdf, Zugriff 16.2.2015
47 Martiny, Anke; Stolterfoth, Barbara: Transparenzmängel, Betrug und Korruption im Bereich der
Pflege und Betreuung. Berlin, 2013.
http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Themen/Gesundheitswesen/Studie_Pflegegrundsaet
ze_Auflage3_web.pdf, Zugriff 7.2.2015, S. 5
48 http://www.transparency.de/Initiative-Transparente-Zivilg.1612.0.html , Zugriff 18.2.2015
17
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
unterschiedlichen Vergütungen sind weder nachvollziehbar noch vergleichbar.“49 Es gibt
außerdem weder einheitlichen Qualitäts- und Erfolgskontrollen für die Aufgabenerfüllung
durch die freien Träger, noch gibt es Vorgaben der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend
und Wissenschaft zur Personalausstattung. Diese Mangelsituation herrscht in Berlin seit
über zehn Jahren, obgleich der Rechnungshof sie bereits zweimal beanstandet hat.50
Im Jahresbericht des Berliner Rechnungshofes von 2013 wird bemängelt, dass freie
Träger der Jugendhilfe beinahe nach Belieben den vorgeschriebenen Personalschlüssel
bei der Kinderbetreuung unterschreiten können, weil es überhaupt keine Kontrollen gibt.
Die Personalstandsmeldungen der freien Träger an die Senatsverwaltung werden laut
Rechnungshof unkontrolliert abgerechnet. „Die Senatsverwaltung fordert keine Nachweise
- nicht einmal stichprobenweise- zu den Angaben der Träger über das beschäftigte
Personal.“51
Dadurch
entsteht
der
Senatsverwaltung
nach
Schätzung
des
Rechnungshofes ein jährlicher Schaden von sechs Millionen Euro. Die Senatsverwaltung
für Bildung, Jugend und Wissenschaft erklärt dazu lediglich: „Eine unterhalb des
gesetzlichen Standards liegende Personalausstattung sei ... nicht gleichbedeutend mit der
Nichterbringung von Leistungen (Kindertagesbetreuung).“52
Im Kontext dieser Arbeit ist bedeutend, dass speziell die Kommunen wichtige
Auftraggeber, Kontrollinstanzen und Partner für freie Träger der Sozialen Arbeit sind.
Zwischen freien Trägern auf kommunaler Ebene gibt es mittlerweile einen ähnlichen
Wettbewerb um öffentliche Aufträge wie zwischen Unternehmen im Bauwesen. Da der
Staat als Kostenträger zudem meist der einzige Auftraggeber für die freien Träger und
Unternehmen der Sozialwirtschaft ist, können diese kaum auf andere Auftraggeber
ausweichen. Und nicht zuletzt gilt hier noch mehr als anderswo, dass Geschädigte
(Kranke, Obdachlose, Flüchtlinge, Kinder, Jugendliche usw.) in der Regel nicht merken,
dass oder von wem sie geschädigt wurden. So eine Situation würde ich einen guten
Nährboden für Korruption nennen.
Damit ist die Korruption und ihre Bekämpfung auf kommunaler Ebene zweifelsfrei zu den
Rahmenbedingungen sozialer Arbeit zu zählen.
Es ist außerdem festzustellen, dass es auf dem Gebiet der Korruption in der
Sozialwirtschaft erheblichen Forschungsbedarf sowie Regulierungsbedarf gibt.
49 Rechnungshof von Berlin: Jahresbericht 2014. Berlin: Rechnungshof von Berlin, 2014. S. 93.
50 ebenda. S. 90-97
51 Rechnungshof von Berlin: Jahresbericht 2013. Berlin: Rechnungshof von Berlin, 2013. S. 103
52 ebenda S. 106
18
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
3.4. Wer ist korrupt?
Korruption in der Verwaltung ist überall dort möglich, wo Verwaltungsmitarbeiter und
Unternehmen oder Bürger in Kontakt miteinander kommen. Gegenstand korrupter
Handlungen ist alles, was eine Behörde zu vergeben hat: Fördergelder, Aufträge,
Genehmigungen, Zertifikate oder Information. Wie Information zur kostbaren Ware
werden kann, beschreibt zum Beispiel Mathew D. Rose in einem Text über die Planung
des Flughafen Schönefeld. Dort sickerten frühzeitig Informationen über den geplanten
Standort des Flughafens durch. Als Folge kauften Immobilienspekulanten genau dort
Grundstücke auf, die dann für den Flughafenbau teuer zurückgekauft werden mussten.53
Gefährdet sind also sämtliche Vergabe- und Planungsbereiche und dort insbesondere die
Entscheidungsträger. Korruption ist ein „Leitungsdelikt“. Das Bundeslagebild Korruption
des BKA zeigt deutlich, dass Korruptionsdelikte zum größten Teil auf Sachbearbeiter- und
Leitungsebene zu verorten sind (s. Anhang 1, Abb. 1). 54 Da dem
Amtsleiter die
Dienstaufsicht und Kontrolle seiner Sachbearbeiter obliegt, ist anzunehmen, dass der
Amtsleiter bei Korruptionsdelikten seiner Sachbearbeiter oft Bescheid weiß oder beteiligt
ist.
Dass Korruption ein „Leitungsdelikt“ ist, ist bei der Korruptionsbekämpfung natürlich von
besonderer Bedeutung. Es bedarf wirksamer Methoden, die Leitung eines Amtes zu
kontrollieren. Auf kommunaler Ebene gibt es an dieser Stelle ein erhebliches
Kontrolldefizit.
Amtsleitungen
sind
in
der
Regel
selbst
zuständig
für
die
Korruptionsbekämpfung und werden selbst gar nicht oder nur unzureichend kontrolliert.
Werden sie bei einem Verstoß ertappt, werden diese oft kaum sanktioniert: „Auch in der
Rechtspraxis hat sich gezeigt, dass nicht nur die Wahrscheinlichkeit einer Anzeige mit
steigendem hierarchischem Status des Täters sinkt, sondern auch die Wahrscheinlichkeit
einer Verurteilung. Selbst im Falle einer Verurteilung fällt das Strafmaß mit steigendem
sozialen Status vergleichsweise niedriger aus.“55
Viele Korruptionsdelikte erfordern die Beteiligung mehrerer Personen. Und so ist es nicht
selten, dass Korruptionsermittler von einem konkreten Fall ausgehend auf langjährig
bestehende korrupte Netzwerke und strukturelle Korruption stoßen. Das geschieht
besonders häufig auf kommunaler Ebene.
Hier, auf regional begrenztem Raum, treffen im Rathaus Menschen aufeinander, die sich
53 Rose, Mathew D.: Berlin – Hauptstadt von Filz und Korruption, Knaur Verlag, München 1997. S.
246-248
54 Bundeskriminalamt: Korruption Bundeslagebild 2013, Bundeskriminalamt,Wiesbaden 2014.S.11
55 Thiel, Stephanie: Korruption als Forschungsthema der Kriminologie. In: Graeff, Peter; Grieger,
Jürgen (HG): Was ist Korruption? Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 2012. S. 178
19
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
privat oder beruflich oft gut kennen, die vielleicht sogar gemeinsam zur Schule gegangen
sind, oder die in denselben Sportverein gehen. Man kennt sich, oder man hat
gemeinsame
Bekannte
oder
mindestens
denselben
sozialen
Hintergrund
und
„Stallgeruch“. Da ist der eine oder andere Freundschaftsdienst eine ganz normale Sache
und dient womöglich nebenbei sogar noch der regionalen Wirtschaftsförderung. Das
Unrechtsbewusstsein ist darum gering ausgeprägt. Über die Jahre entstehen auf diese
Weise ganze Netzwerke zwischen Verwaltung, Politik und Wirtschaft der Kommune mit
langfristigen korrupten Beziehungen. Diese korrupten Netzwerke sind ohne externe
Kontrollen oder interne Hinweisgeber kaum zu entlarven.
Die Korruptionsforschung hat verschiedene Täterprofile entwickelt. Der typische korrupte
Beamte ist demnach anzutreffen auf Sachbearbeiter- oder Leitungsebene, er ist bereits
seit mehreren Jahren in seiner Stellung tätig, meistens mehr als sechs Jahre. „Die
typischen Täter sind ganz überwiegend männlich ... (97,2 % in Verfahren der Struktur 2
und 3).56 … Die Täter sind fast ausschließlich deutsch, … . Weit überwiegend lag das Alter
der Täter über 40 Jahren, ein erheblicher Anteil war zur Zeit der Ermittlungen bereits über
60 Jahre alt. In den meisten Fällen waren die Täter nicht vorbestraft. Ganz überwiegend
hatten sie keine Schulden … . Oft waren die Täter verheiratet und lebten... 'in geordneten
Verhältnissen'. Ihre Ausbildung war überwiegend gut bis sehr gut. Sie verfügten meistens
über gute Fachkenntnisse und hatten bestimmte Einflussebenen als Unternehmer oder
Selbständige, in Unternehmen oder in Verwaltungspositionen erreicht. Es ist auffällig,
dass sie beruflich als sehr ehrgeizig beschrieben wurden und viel Zeit in ihren Beruf
investierten. Sie zeichnen sich also deutlich durch Fachkompetenz und Engagement aus
und werden von Kollegen und Bekannten als erfahren, 'korrekt' und eher penibel
beschrieben. Sie sind Personen, die in Vorgesetztenpositionen streng und 'pingelig'
Unkorrektheiten und Nachlässigkeiten anderer kritisieren ... und nach außen sehr
angepasst wirken. Man traut ihnen unkorrektes Handeln mehrheitlich nicht zu. Häufig
findet man eher 'Aufsteiger', die sehr ehrgeizig Priorität auf die berufliche Entwicklung
legen.“57 Natürlich gibt es auch davon abweichende Tätertypen, aber diese kommen bei
weitem nicht so häufig vor, wie der hier beschriebene.
Dieses typische Täterprofil wird überraschenderweise nur sehr eingeschränkt bei der
56 Nach Bannenberg: Struktur 1: Bagatell- und Gelegenheitskorruption, Struktur 2: Gewachsene
Beziehungen, Struktur 3: Netzwerke. Vgl. Bannenberg, Britta: Korruption in Deutschland und
ihre strafrechtliche Kontrolle. In: Petra Kelly Stiftung (HG): Auf dem Weg zur
„Bananenrepublik?“Korruption und Korruptionsbekämpfung in den Kommunen. Dokumentation
der Tagung am 22. Februar 2003 in Würzburg. München, 2003.
http://www.petrakellystiftung.de/fileadmin/user_upload/newsartikel/PDF_Dokus/Korruption_Dok
u.pdf, Zugriff 7.2.2015, S. 2-3
57 Ebenda S.7
20
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Korruptionsbekämpfung berücksichtigt. Unter anderem findet es Beachtung bei der
Maßnahme Jobrotation, welche auf korruptionsgefährdeten Stellen alle fünf Jahre
empfohlen wird.
Der typische Täter von Korruptionsdelikten weicht stark ab von den Täterprofilen anderer
krimineller Handlungen. Er ist kein „gewöhnlicher“ Krimineller. Für ihn gilt das Sprichwort
„Gelegenheit macht Diebe“. Er wird nur zum Täter, weil diverse Faktoren ihn zum Täter
werden lassen: Die Versuchung ist groß, korrupte Handlungen können schließlich sehr
lukrativ sein. Moralische Hemmungen sind vergleichsweise gering, da es bei Korruption
meistens kein direkt geschädigtes Opfer gibt (außer den Steuerzahler). Vorstellbar ist
ferner, dass sein soziales oder berufliches Umfeld (Freunde, Kollegen oder Chef)
korrupte Handlungen dulden oder sogar selbst korrupt sind, was moralische Skrupel
weiter vermindert. Man tut ja nur, was alle machen. Das Wichtigste aber ist: Die
Entdeckungswahrscheinlichkeit ist sehr gering.
Insbesondere die letzten beiden Faktoren sind bedeutend: Wenn die gesellschaftliche
Ächtung korrupter Handlungen stärker ausgeprägt wäre, wäre es für den Einzelnen
weitaus schwieriger, seine moralischen Skrupel beiseite zu schieben. Das gilt sowohl für
das engere soziale und berufliche Umfeld als auch allgemein.
Wenn alle bei Rot über die Ampel gehen, warum soll ich dann stehenbleiben? Kleine
Regelüberschreitungen begeht fast jeder einmal, ob es die rote Ampel ist, zu schnell
fahren oder falsch parken. Genau besehen sind wir also alle ein wenig korrupt – wenn wir
uns einen Vorteil verschaffen auf Kosten der Allgemeinheit. Es gibt nur Unterschiede in
der Qualität: Es ist nicht dasselbe, wenn jemand mal das Tempolimit um zehn km/h
überschreitet und ein anderer fährt mit hundert Sachen durch die Spielstraße. Denselben
Qualitätsunterschied gibt es auch bei Korruption: Wenn eine Lehrerin ein Geschenk über
dem Wert von 15,00 € annimmt ist das nicht dasselbe, wie wenn ein Politiker
Hunderttausende annimmt. Weil niemand ernsthaft bestreitet, dass keiner vor
gelegentlichem Regelübertritt gefeit ist, sind die meisten Menschen mit Kontrollen
einverstanden. Man ärgert sich zwar im Einzelfall über ein Knöllchen, akzeptiert aber
grundsätzlich die Notwendigkeit von Kontrollen. Von Politikern und Beamten dagegen wird
die Notwendigkeit von Korruptionskontrolle immer wieder in Frage gestellt.
Dass viele korrupte Handlungen nach wie vor legal sind, trägt natürlich zur moralischen
Verunsicherung bei. Es erleichtert die Rechtfertigung korrupter Handlungen und das
Beiseiteschieben moralischer Zweifel.
Wenn die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, groß wäre, würden die meisten
Korruptionsdelikte vermutlich unterlassen werden. Fehlende Kontrolle verführt zur
21
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
kriminellen Handlung genauso wie beim schwarz Fahren in der Bahn. Korruption ist nicht
nur ein „Leitungs-“ sondern auch ein „Kontrolldelikt“.
4. Korruptionsbekämpfung seit 1990
Die Entwicklung der Korruptionsbekämpfung in Deutschland vollzieht sich insgesamt sehr
langsam. Bis in die Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts war beispielsweise in
Berlin
die
Annahme
von
Geschenken
für
Amtsträger
üblich.
Erst
eine
Verwaltungsvorschrift von 1986 setzte diesem Grenzen, eine Richtlinie gibt es seit 1990.58
In einer Konferenz zum Thema Korruption von der Friedrich-Ebert-Stiftung im Jahr 1994
wurden für Deutschland von Korruptions-Experten Empfehlungen zu einer wirksamen
Korruptionsbekämpfung zusammengetragen und veröffentlicht (s. Anhang 1, Abb. 2). 59
Diese Konferenz war ein Meilenstein in der Entwicklung der Korruptionsbekämpfung in
Deutschland.
Darin
enthalten
sind
unter
anderem
Maßnahmen
der
Korruptionsbekämpfung, die zuvor bereits der Staatsanwalt und Korruptionsforscher
Schaupensteiner in seinen vielzitierten „10 Geboten der Korruptionsbekämpfung“
empfohlen hat.60 Etliche der wegweisenden Empfehlungen der Konferenz finden sich
heute wieder in diversen Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung für verschiedene
Bereiche der öffentlichen Verwaltung, wie beispielsweise des BMI (Bundesministerium
des Inneren).61
Bis heute sind jedoch längst nicht alle dieser Empfehlungen realisiert worden. (Einen
Überblick über die gängigsten Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung in deutsche
Behörden bietet Abb.3 in Anhang 1). Gelegentlich erfolgt eine weitere Umsetzung.
Beispielsweise fand sich das Verbot der Abgeordnetenbestechung bereits 1994 auf der
Liste der Empfehlungen der Konferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung. Im Jahr 2014, also
genau zwanzig Jahre später, hat die Bundesregierung endlich ein Gesetz verabschiedet,
dass die Bestechung von Abgeordneten unter Strafe stellt. Kritiker befürchten allerdings,
dass dieses Gesetz nur wenig Wirkung entfalten kann, da „so genannte Dankeschön58 Senatsverwaltung für Justiz: Rundschreiben über die Annahme von Belohnungen und
Geschenken durch Dienstkräfte des Landes Berlin vom 17. Dezember 1986 (DBl. I/1987 Nr. 1) .
http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/kg/ausbildung/jur-vorb/vorbdienst/dienstrecht_belohnungen.html, Zugriff 18.2.2015
59 Friedrich-Ebert-Stiftung (HG): Korruption in Deutschland. Ursachen, Erscheinungsformen,
Bekämpfungsstrategien. Dokumentation einer Tagung am 16. und 17. Februar 1995. FriedrichEbert-Stiftung, 2. Aufl., Berlin 1997. S. 14-15
60 Vgl. Bannenberg, Britta; Schaupensteier, Wolfgang: Korruption in Deutschland. Portrait einer
Wachstumsbranche. Verlag C.H. Beck. München 2004. S. 206-215
61 Bundesministerium des Inneren: Richtlinie der Bundesregierung zur Korruptionsprävention in
der Bundesverwaltung vom 17.6.1998.
http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Themen/Verwaltung/040702_Richtlinie1_BMI.pdf,
(Fassung von 2004), Zugriff 16.2.2015
22
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Spenden“ weiterhin erlaubt sind.62
Zurzeit wird ein Gesetz zur Einführung von Karenzzeiten für aus der Politik
ausscheidende Politiker vorbereitet, auch das eine jahrzehntealte Forderung.
4.1. Korruption und Korruptionsbekämpfung in Berlin
„Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes Berlin erfolgte 1244, bereits schon in der
Schreibung Berlin. Ein weiterer Beleg von 1288 zeigt den Ort 1288 als Berlyn.
Da der Ort in slawischem Siedlungsgebiet erwuchs, lässt sich auch der Ortsname aus
einer slawischen Sprache, genauer aus dem Altpolabischen, erklären. Zugrunde liegt die
Wurzel *brl-, die als 'Morast, Sumpf' verstanden werden kann, mit einem in Ortsnamen
typischen Suffix -(i)n. Dem Namen nach ist Berlin also der 'Ort im Sumpf'.“63
Blättert man sich in der Fachliteratur durch die Berliner Korruptionsskandale der
vergangenen Jahrzehnte, möchte man meinen, Nomen est Omen. Der Berliner Filz, in
Anlehnung an die Wortbedeutung Berlins auch gerne „Berliner Sumpf“ genannt, sucht
seinesgleichen.
Die kleinen und großen Korruptionsskandale und -affären der vergangenen Jahrzehnte
sind ohne Zahl. Von Prozessen wegen Korruption hört man dagegen weniger und von
Verurteilungen wegen Korruption noch weniger. Gerade erst wurde Herr Klaus-Rüdiger
Landowsky, einst einflussreicher Berliner CDU-Politiker und Schlüsselfigur in der Affäre
um die Berliner Bankgesellschaft64 in den neunziger Jahren, nach mehreren langjährigen
Prozessen freigesprochen. Der Vorwurf der Untreue ließ sich nicht nachweisen. Dem
Land Berlin ist im Zuge der Affäre ein Vermögensschaden von rund fünf Milliarden Euro
entstanden.65
In Folge der Korruptionsaffären der achtziger und neunziger Jahre entstand in Berlin auf
Landesebene
eine
Antikorruptions-Arbeitsgruppe
der
Senatsverwaltung,
für
die
Verwaltung gab es erstmals eine Antikorruptions-Richtlinie, die bundesweit als vorbildlich
galt. Allerdings gab es damals schon skeptische Stimmen, die die Erfolgschancen der
Korruptionsbekämpfung in Berlin von Beginn an bezweifelten: „Es wirkt wie Ironie … ,
dass
Berlin
1996
die
strengsten
Anti-Korruptionsgesetze
der
Bundesrepublik
62 Vgl. Lobbycontrol e.V.: Pressemitteilung zum Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung vom
21.2.2014. https://www.lobbycontrol.de/wp-content/uploads/Pressemitteilung-Verabschiedung108e.pdf, Zugriff 16.2.2015
63 http://www.onomastik.com/on_geschichte_berlin.php , Zugriff am 9.12.2014.
64 s. Schönball, Ralf: Berliner Verhältnisse. In: Netzwerk Recherche e.V., Transparency
International (HG): Korruption – Schatten der demokratischen Gesellschaft. Wiesbaden 2002.
http://bisher.netzwerkrecherche.de/files/nr-korruptionsbroschuere.pdf, Zugriff 7.2.2015, S. 63-68
65 Berliner Zeitung, 5.1.2015. http://www.berliner-zeitung.de/berlin/berliner-bankenskandallandowsky-sieht-sich—juristisch-rehabilitiert-,10809148,29485742.html, Zugriff 16.2.2015
23
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
verabschiedet hat. Dazu gehört eine siebzehn Mitarbeiter zählende 'AntikorruptionsArbeitsgruppe der Berliner Verwaltung', die aus Mitarbeitern der Staatsanwaltschaft, des
Landeskriminalamts, der Kartellbehörde, der Steuerfahndung, des Wirtschafts- und
Bausenats besteht. Da unter den Augen dieser Institutionen die Berliner Seilschaften in
den letzten zehn Jahren gut gediehen sind, bleibt die Frage, was ein solches
gemeinsames Gremium erreichen will?“66
Ob die Zweifler mit ihrer Skepsis nach über 15 Jahren Recht behalten haben, möchte ich
wenigstens für die bezirkliche Ebene mit meiner Untersuchung klären.67
66 Rose , Mathew D.: Berlin Hauptstadt von Filz und Korruption. München: Droemersche
Verlagsanstalt Th. Knaur Nachfahren. 1998. S. 268
67 Zur Ausstattung der Korruptionsbekämpfung Berlins auf Landesebene vgl. Transparency
International e.V.: Korruptionsbekämpfung in Deutschland: Institutionelle Ressourcen der
Bundesländer im Vergleich. Berlin, 2012.
http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Themen/Justiz/Korruptionsbekaempfung_in_Deutschl
and_Institutionelle_Ressourcen_2012_aktualisiert.pdf, Zugriff 7.2.2015, Seite 9-10.
24
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
5. Empirischer Teil
Nachdem ich mich im Vorangegangenen kurz und vorwiegend theoretisch mit Korruption
und Korruptionsbekämpfung auseinandergesetzt habe, möchte ich in diesem Teil die
Ergebnisse meiner eigenen Umfrage vorstellen.
In meiner Arbeit untersuche ich die Korruptionsbekämpfung in den Berliner Bezirken. Ein
Teil dieser Arbeit ist eine Bestandsaufnahme: Welche Instrumente und Maßnahmen zur
Korruptionsbekämpfung gibt es in den Berliner Bezirken? Entspricht das vorhandene
Instrumentarium den eigenen Ansprüchen (gemessen an den Berliner AntikorruptionsRichtlinien)?
Darüber hinaus gehe ich aber auch der Fragestellung nach, ob und wie die
implementierten Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung wirken. Sind die getroffenen
Maßnahmen ausreichend? Ist das vorhandene Instrumentarium geeignet, der Korruption
angemessen zu begegnen? Wo gibt es eventuell Defizite in der Korruptionsbekämpfung?
Zum Inhaltlichen ist noch Folgendes anzumerken: Die Korruptionsprävention ist ein
Aspekt der Korruptionsbekämpfung und auch Teil dieser Untersuchung. Aber wie gut die
Prävention funktioniert, das konnte ich im Rahmen meiner Untersuchung nur in
Einzelfällen ansatzweise klären. Dazu fehlten mir sowohl Daten als auch Indikatoren. Auf
der Grundlage der von mir erhobenen Informationen konnte ich am Ende immerhin ein
paar Schlüsse in Bezug auf die Wirksamkeit der Prävention ziehen.
Und nun noch eine zweite Einschränkung: Die Innenrevision als Instrument der
Korruptionsbekämpfung habe ich nur am Rande berücksichtigt. Aus meiner Untersuchung
geht dennoch hervor, dass die Innenrevisionen aller Berliner Bezirke in den vergangenen
fünf Jahren keinen einzigen Korruptionsfall aufdecken konnten. Insofern haben sie
vermutlich auch nur bedingt dazu beigetragen, präventiv das Entdeckungsrisiko für dolose
Handlungen zu erhöhen. Aber das wäre in einer weiteren Untersuchung zu prüfen.
5.1. Methode der Untersuchung
Für
meine
Untersuchung
habe
ich
folgende
Recherchemethoden
verwendet:
Literaturrecherche, Dokumentenrecherche, Internetrecherche, Presserecherche und
Expertenbefragung mittels Fragebogen.
Dabei hat sich die Literaturrecherche in Bezug auf empirische Daten als wenig ergiebig
erwiesen. Der Forschungsgegenstand, die Korruptionsbekämpfung in den Berliner
Bezirken, ist bisher offenbar wissenschaftlich nicht untersucht. Zumindest gibt es dazu
nach meinem Erkenntnisstand keine Veröffentlichungen. Recherchiert habe ich unter
anderem in den öffentlichen Bibliotheken Berlins, in den Bibliotheken der Berliner
25
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Universitäten und im Online-Verzeichnis der Präsenzbibliothek der Geschäftsstelle von
Transparency Deutschland.
Ergiebiger dagegen war die Dokumentenrecherche. Ich konnte für meine Untersuchung
auf eine Vielzahl von Originaldokumenten wie Tätigkeitsberichte, Bezirksamtsbeschlüsse,
Richtlinien, Drucksachen von Bezirksverordnetenversammlungen und Abgeordnetenhaus
und mehr zurückgreifen. Vieles davon ist im Internet veröffentlicht.
Im Rahmen meiner Internetrecherche habe ich unter anderem die Online-Archive der
Berliner Tageszeitungen ausgewertet sowie die Webseiten der Berliner Bezirksämter und
des Landes Berlin.
Die meisten Informationen konnte ich durch meine Expertenbefragung gewinnen. Mir war
bekannt, dass es gemäß der Antikorruptionsrichtlinie in jedem Berliner Bezirk einen
Korruptionsbeauftragten, einen Ansprechpartner Antikorruption oder eine Prüfgruppe
Korruptionsbekämpfung geben musste. Über Anfragen per E-Mail und Telefon in den
Berliner Bezirksämtern konnte ich darum für jeden Bezirk einen Ansprechpartner
ermitteln,
der
fachlich
Korruptionsbekämpfung
in
in
der
Lage
seinem
sein
Bezirk
musste,
zu
mir
meine
beantworten.
Von
Fragen
zur
diesen
12
Ansprechpartnern erklärten sich neun bereit, einen Fragebogen von mir auszufüllen.
Diese
Ansprechpartner
waren
nicht
alle
Korruptionsbeauftragte
sondern
in
unterschiedlichen Funktionen in der Korruptionsbekämpfung in ihren Bezirken tätig.
Diesen neun Sachverständigen habe ich einen von mir entworfenen Fragebogen
geschickt. Alle neun Sachverständigen erklärten sich ferner bereit, mir für Rückfragen für
ein Experteninterview zur Verfügung zu stehen.
In meinem Fragebogen habe ich mit gebundenen und freien Antwortformaten gearbeitet.
Der Regelfall war eine Mischform beider Antwortformate: Zu einer Frage mit
vorgegebenen Antwortmöglichkeiten (z.B. Ja/Nein) habe ich immer die Möglichkeit zu
weiteren, detaillierteren Ergänzungen und Erklärungen gegeben.
Bei meiner Fragebogenkonstruktion habe ich mich auf einfach zu beantwortende Fragen
beschränkt. Ich ging davon aus, dass sich im Laufe der Auswertung der Fragebögen aus
den gewonnenen Informationen neue Fragestellungen ergeben würden. Diese neuen
Fragestellungen sowie eventuelle Widersprüche oder Ungereimtheiten wollte ich dann im
Nachgang im Rahmen von Experteninterviews klären.
Tatsächlich konnte ich am Ende auf die Durchführung von Experteninterviews verzichten.
Die sich aus der Auswertung der Fragebögen ergebenden offenen Fragen waren nicht so
zahlreich. Es war mir deswegen möglich, diese überwiegend per E-Mail und Telefon zu
klären. Nur einige wenige Fragen konnte ich aufgrund von Zeitmangel am Ende leider
26
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
nicht mehr klären.
Ergänzend zur Befragung der Sachverständigen aus den Bezirken habe ich auch die
beiden Ombudspersonen im Land Berlin mit einem eigenen Fragebogen befragt.
Außerdem habe ich ein Interview geführt mit Herrn Johann Bäumel von Transparency
International,
der
die
Untersuchung
für
den
Transparency-Bericht
zur
Korruptionsprävention in den Berliner Bezirken von 2008 durchgeführt hatte.
Insgesamt hat sich die Vorgehensweise Fragebögen mit Nachfragen im Nachgang als
praktikabel erwiesen. Nur in einzelnen Fällen ergaben sich methodische Probleme. Bei
wenigen Ausnahmen erhielt ich über meine Fragen widersprüchliche oder verwirrende
Informationen. Zum Teil gab es begriffliche Irritationen, beispielsweise beim Begriff
„Zuwendungsregister“, der in den Bezirken offenbar unterschiedlich verwendet wurde
(Register für Zuwendungen an den Bezirk bzw. Register für Zuwendungen des Bezirks an
Auftragnehmer des Bezirks). Oder einzelne Fragen wurden unterschiedlich beantwortet,
obwohl dasselbe gemeint war. Zum Beispiel bei der Frage: „Hat ihr Bezirk eigene
Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung?“ Die Antwortmöglichkeiten waren Ja/Nein mit der
Möglichkeit, ergänzende Erklärungen abzugeben. In einem Fragebogen erhielt ich diese
Antwort: „Nein, bei uns gelten die landesweiten Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung.“
In einem anderen Fragebogen erhielt ich folgende Antwort: „Ja, wir haben die
landesweiten Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung übernommen.“ In diesen Fällen hat
sich die Möglichkeit, im Nachgang offene Fragen zu klären, bewährt. Ich konnte einige
Unklarheiten beseitigen.
Bei
meiner
Befragung
Kooperationsbereitschaft
musste
der
ich
mich
auf
Sachverständigen
das
Fachwissen
verlassen.
Ich
setze
und
in
die
meiner
Untersuchung voraus, dass die Befragten ihr Handwerk verstehen. Immerhin sind alle
Befragten
Mitarbeiter
der
bezirklichen
Verwaltungen
und
mit
Aufgaben
der
Korruptionsbekämpfung betraut. Dennoch aufgetretene, offensichtliche Widersprüche
konnte ich größtenteils im Nachgang klären.
Aber ich konnte nicht jede Antwort auf ihre Richtigkeit überprüfen. Viele im Rahmen
meiner Arbeit gewonnenen Erkenntnisse unterliegen darum dem Vorbehalt der
Nachprüfung. Trotzt größter Bemühungen kann ich aus o.g. Gründen nicht ausschließen,
dass in meiner Auswertung im Detail noch der eine oder andere Fehler enthalten sein
kann.
Außerdem
habe
ich
einige
Informationen
gar
nicht
erhalten.
Immerhin
drei
Sachverständige aus drei Berliner Bezirken (Reinickendorf, Steglitz-Zehlendorf und
Neukölln) haben es abgelehnt, an dieser Untersuchung teilzunehmen. Sie waren auch
27
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
nicht bereit, mir einen anderen Ansprechpartner aus ihrem Bezirk zu nennen. Im
Gegenteil, auf wiederholte Anfragen wurde überhaupt nicht mehr reagiert. Der
Korruptionsbeauftragte von Neukölln ließ mir ausrichten, er „habe keine Zeit“. Im Bezirk
Reinickendorf scheiterte die Kooperation wahrscheinlich an fehlender Vertrauensbasis (s.
Fallbeispiel Reinickendorf).
Von den teilnehmenden Sachverständigen wurden manche Fragen in den Fragebögen
nicht oder nur zum Teil beantwortet.
Für die Darstellung meiner Ergebnisse habe ich mich zu folgendem Vorgehen
entschieden: 1. Beschreibung und Begründung der Frage bzw. Fragen, 2. Auswertung der
Antworten und Darstellung der gewonnenen Informationen, 3. Diskussion der Antworten
Analyse der Informationen, Abgleich mit Informationen aus anderen Quellen.
Thematisch zusammengehörende Fragen habe ich in Themenblöcken gebündelt.
Teilweise habe ich ergänzend tabellarische Darstellungen hinzugefügt. Fragen nach der
persönlichen Meinung der Befragten habe ich (auf Wunsch) anonymisiert.
5.2. Berlin und seine Bezirke
Berlin hat etwas mehr als 3,4 Millionen Einwohner. 68 Die Stadt ist aufgeteilt in 12 Bezirke.
Die Einwohnerzahl der Berliner Bezirke reicht von 254.000 (Reinickendorf) bis hin zu
384.000 (Pankow).69 Jeder Bezirk hat eine Bezirksverordnetenversammlung, einen
Bezirksbürgermeister und vier Stadträte (bei fünf Ressorts, ein Schlüsselressort leitet der
Bezirksbürgermeister). Die Bezirkshaushalte (Doppelhaushalt 2014/2015) umfassen
Budgets von 468 Millionen € (Treptow-Köpenick) bis zu 845 Millionen € (Mitte). Die mit
Abstand größten Posten in allen bezirklichen Budgets sind die Mittel für Sozialamt und
Jugendamt. In allen Bezirken machen diese Posten zusammen etwa 70% des
Gesamtetats aus.70 In ganz Berlin einschließlich der Bezirke gibt es derzeit insgesamt 499
Vergabestellen, die beim Berliner Korruptionsregister als abfragepflichtig registriert sind
(Abfragepflichtig sind alle Vergaben ab einem Auftragswert von 15.000,00 €). 71 Senatsund Bezirksverwaltungen haben gemeinsam über 100.000 Vollzeitbeschäftigte, davon
sind rund 22.000 bei den Bezirken beschäftigt.72
68 Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, https://www.statistik-berlinbrandenburg.de/Statistiken/inhalt-statistiken.asp, Zugriff 17.2.2015
69 Berliner Zeitung, 13.2.2015
70 Senatsverwaltung für Finanzen,
http://www.berlin.de/sen/finanzen/haushalt/haushaltsplan/artikel.5697.php, Zugriff 17.2.2015
71 Auskunft vom Berliner Korruptionsregister auf meine Anfrage vom 15.12.2014, s.a.
http://www.stadtentwicklung.berlin.de/service/korruptionsregister/, Zugriff 17.2.2015
72 Berliner Zeitung, 18.7.2914. http://www.berliner-zeitung.de/berlin/verwaltung-in-berlin-bezirkeverlangen-stopp-des-personalabbaus,10809148,27886224.html, Zugriff 17.2.2015
28
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
5.3. Themenblock 1: Korruption
FrageNr.
Frage
Ja
in %
Nein
in %
k. A.
in %
1.1.
Glauben Sie, dass die Korruptionsanfälligkeit der
Verwaltung in Ihrem Bezirk seit 2000 zugenommen
hat?
22,2
66,71
11,1
1.2.
Hat es in den vergangenen fünf Jahren
Korruptionsfälle in der Verwaltung Ihres Bezirks
gegeben?
22,2
77,8
-
1.3.
Glauben Sie, dass in Ihrem Bezirk von Politik und
Verwaltung genug gegen Korruption unternommen
wird?
77,8
22,2
-
1
: 33.3 % waren der Ansicht, die Korruption in Ihrem Bezirk hätte eher abgenommen.
Beschreibung und Begründung der Fragen zu Korruption
In der Korruptionsforschung wird seit einigen Jahren diskutiert, ob Ökonomisierung,
Privatisierungen, New Public Management und die Verschlankung der Verwaltung zu
mehr Korruption führen. Eine ganze Reihe von Indizien sprechen jedenfalls dafür. 73
Beispielsweise wird durch Privatisierung die staatliche Kontrolle geschwächt.
Auch in den Verwaltungen der Berliner Bezirke hat sich in den vergangenen Jahren durch
Verwaltungsreformen
und
Modernisierungen
viel
verändert.
Dazu
kommt
die
Zusammenlegung vieler Bezirke zu größeren Verwaltungseinheiten im Jahr 2001
(Friedrichshain-Kreuzberg,
Charlottenburg-Wilmersdorf, Treptow-Köpenick,
Marzahn-
Hellersdorf, Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg, Mitte, Tiergarten und Wedding zu
Mitte, Prenzlauer Berg, Pankow und Weißensee zu Pankow). Ressorts wurden neu
geordnet und die Zahl der Stadträte auf vier im Bezirk begrenzt. Und nicht zuletzt wurde in
den Berliner Bezirksverwaltungen erheblich Personal abgebaut.
Es ist wahrscheinlich, dass die genannten Faktoren sich auch auf das Korruptionsrisiko in
den
Bezirksverwaltungen
auswirken.
Daher
wollte
ich
von
den
befragten
Sachverständigen erfahren, ob sie die Annahme eines erhöhten Korruptionsrisikos
bestätigen können.
Auswertung der Antworten zu Korruption
Die befragten Sachverständigen waren zu zwei Dritteln der Ansicht, dass die Korruption in
73 Vgl. Reichard, Christoph: Ökonomisierung von Staat und Verwaltung – Vorschub für Korruption?
In: von Arnim, Hans Herbert von (HG): Defizite in der Korruptionsbekämpfung und der
Korruptionsforschung. Berlin, Duncker&Humblot, 2009. S.95-104.
29
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
ihren Bezirken nicht zugenommen hat. Ein Drittel war sogar der Meinung, die Korruption
hätte eher abgenommen. Nur zwei der befragten Sachverständigen nahmen an, dass die
Korruption zugenommen hat.
Sieben von neun der befragten Sachverständigen gaben ferner an, dass es in der
Verwaltung
ihres
Bezirks
in
den
vergangenen
fünf
Jahren
überhaupt
keine
Korruptionsfälle gegeben hat.
Nur zwei Sachverständige gaben an, dass es in ihren Bezirken Korruptionsfälle gegeben
hat. In einem Bezirk gab es im Jahr 2010 einen Bagatellfall, bei dem es sich um die
Annahme eines 50-Euro-Gutscheines für Kosmetik handelte. Die in diesem Fall
Verdächtigte ist inzwischen freigesprochen und vollständig rehabilitiert worden.74
In dem anderen Bezirk gab es dafür gleich sieben voneinander unabhängige Fälle von
Korruption. Die Ermittlungen ergaben sich in vier Fällen aufgrund interner Hinweise und in
drei Fällen aufgrund externer Hinweise (durch Staatsanwaltschaft, Agentur für Arbeit und
einer Privatperson).
Drei Viertel der befragten Sachverständigen waren der Ansicht, dass in ihrem Bezirk
genug gegen Korruption unternommen wird.
Diskussion der Antworten zu Korruption
Zusammengefasst ergeben die Antworten der befragten Sachverständigen folgendes Bild:
Es scheint fast keine Korruption in den Verwaltungen der Berliner Bezirke zu geben und
gegen Korruption wird genug unternommen.
Die Jahresbilanzen der Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung des nicht an der Befragung
teilnehmenden Bezirks Reinickendorf sagen Ähnliches: Von 2008 bis heute hat es einen
einzigen Betrugsfall im Bezirksamt gegeben, und zwar im Jahr 2010.75
Die
Annahme,
dass
das
Korruptionsrisiko
zugenommen
hat,
wird
von
den
Sachverständigen nicht bestätigt. Dies steht auch im krassen Gegensatz zu der These,
dass gerade die kommunale Ebene besonders korruptionsanfällig ist: „Auf kommunaler
Ebene
ist
einerseits
das
Korruptionspotential
besonders
groß,
weil
hier
das
Schwergewicht der Verwaltung liegt. Zudem wird der größte Teil der öffentlichen
Investitionen
auf
kommunaler
Ebene
getätigt,
und
die
führen
regelmäßig
zu
millionenschweren Aufträgen an Unternehmen. Die räumliche Nähe begünstigt in den
74 RBB Online, 21.5.2014. http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2014/05/exhauptpersonalratsvorsitzende-hanke-freispruch-bestechlichkeit.html, Zugriff 15.2.2015
75 Bezirksamt Reinickendorf: BVV-Drucksache 0583/XVIII vom 17.09.2014,
http://www.berlin.de/ba-reinickendorf/politik-undverwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/___tmp/tmp/45081036858568262/8585682
62/00038004/04-Anlagen/05/6_Version_vom_17_09_2014.pdf, Zugriff am 8.1.2015
30
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Kommunen das Entstehen von Netzwerken, die ihrerseits einen günstigen Nährboden für
Korruption darstellen können.“76
Dieses Ergebnis wirft einige Fragen auf: Ist die Situation bezüglich Korruption und
Korruptionsbekämpfung in den Berliner Bezirken tatsächlich so rosig? Warum wird die
bezirkliche Korruptionsbekämpfung von der Mehrheit der Sachverständigen so positiv
eingeschätzt, obwohl es gar keine Ermittlungserfolge zu verzeichnen gibt?
Zur Beantwortung dieser Fragen möchte ich einige andere verfügbare Zahlen zum
Vergleich heranziehen:
Die Einwohnerzahl der Berliner Bezirke reicht von 254.000 (Reinickendorf) bis hin zu
384.000 (Pankow).77 Damit haben die Berliner Bezirke ähnlich viele Einwohner wie
beispielsweise die Städte Chemnitz (248.000 Einwohner), Wiesbaden (274.000
Einwohner), Mannheim (307.000 Einwohner) oder Wuppertal (366.000 Einwohner). 78 Alle
diese Städte und viele andere in vergleichbarer Größe hatten in den vergangenen Jahren
Korruptionsaffären und -skandale von teilweise spektakulären Ausmaßen zu bewältigen.79
Bei Verwaltungseinheiten dieser Größe ist es schier unvorstellbar, dass es dort keine
Korruption geben soll.
Auf Landesebene sieht es in Berlin anders aus als auf Bezirksebene: Im Berliner
Korruptionsregister waren am 15.12.2014 genau 174 Unternehmen und Einzelpersonen
registriert. Im Schnitt sind dort jährlich 150-250 Unternehmen und Einzelpersonen
registriert. Seit Einführung des Korruptionsregisters im Jahr 2006 gab es dort insgesamt
2.037 Einträge.80 81
Der Berliner Vertrauensanwalt Christoph Partsch, der offizielle Ansprechpartner Berlins für
anonyme Hinweisgeber, hat im Jahr 2014 insgesamt 15 mögliche Verdachtsfälle
gemeldet.82
Der
Tätigkeitsbericht
der
Zentralstelle
Korruptionsbekämpfung
bei
der
Generalstaatsanwaltschaft Berlin zählt auf Landesebene für das Jahr 2011 insgesamt 126
76 Arnim, Hans Herbert von: Korruption: Begriff und systemische Defizite in der
Korruptionsbekämpfung. In: Arnim, Hans Herbert von (HG): Defizite in der
Korruptionsbekämpfung und der Korruptionsforschung. Berlin: Duncker&Humblot, 2009. S. 17.
77 Berliner Zeitung, 13.2.2015
78 https://www.orte-in-deutschland.de/groesste-staedte-in-deutschland.html , Zugriff 5.2.2015
79 Vgl. Hippe, Wolfgang: Lokaltermin. Kassen, Konten & Karrieren. Korruption und Modernisierung
in der Kommunalpolitik. Klartext Verlag, Essen 2004. S. 9-32
80 Antwort der Zentralen Informationsstelle Korruptionsregister bei der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung und Umwelt auf meine Anfrage am 15.12.14
81 Korrektur: Im Korruptionsregister gab es am 15.12.14 insgesamt 2037 Einträge, davon 174
juristische Personen. (Nachtrag vom 16.4.2012). s.a. http://www.berlinerzeitung.de/wirtschaft/negativliste-fuer-berliner-unternehmen-immer-mehr-firmen-stehen-inberlins-korruptionsregister,10808230,30380044.html, Zugriff am 16.4.2015
31
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Verfahren mit Korruptionsbezug mit 228 Beschuldigten. 83 Im Jahr 2012 waren bei der
Generalstaatsanwaltschaft 120 Verfahren mit Korruptionsbezug mit 203 Beschuldigten
eingegangen. Und im Jahr 2013 waren es 126 Verfahren mit 228 Beschuldigten.84
Es ist mit Blick auf die Zahlen von der Landesebene also – wenig überraschend –
festzustellen, dass es durchaus Korruption in der Stadt Berlin gibt. Über das Ausmaß der
Korruption lässt sich nur spekulieren. Die Zahlen der Ermittlungsverfahren und der
nachgewiesenen Korruptionsfälle ist dazu nur bedingt aussagekräftig, weil diese Zahlen ja
nur die Spitze eines Eisberges unbekannter Größe darstellen, wie Korruptionsforscher
nicht müde werden zu betonen. Zu rechnen wäre gemäß der Erkenntnisse der
Korruptionsforschung mit mindestens dem zehnfachen an Korruptionsdelikten. Die
Korruptionsforscherin
Britta
Bannenberg
Korruptionsdelikte aufgedeckt wird.
schätzt
sogar,
dass
nur
1%
aller
85
Dass es trotzt fehlender Ermittlungserfolge Korruption auf bezirklicher Ebene geben
muss, legt nicht nur der Vergleich mit den Zahlen der Berliner Landesebene nahe. Auch
ein Blick auf die Korruptionsstatistik des Nachbarbundeslandes Brandenburg offenbart,
wie korruptionsanfällig die kommunale Ebene tatsächlich ist. In den Lagebildern
Korruptionskriminalität Brandenburg aus den Jahren 2011 und 2013 sind die Fallzahlen
von Korruptionsdelikten von 2009 bis 2013 nach Tätigkeitsbereichen der korrumpierten
Nehmer erfasst. Die mit großem Abstand höchsten Fallzahlen über alle Jahre hinweg sind
in den Kommunalbehörden zu verzeichnen.86
Das Bundesland Brandenburg ist kein Einzelfall, was Korruption auf kommunaler Ebene
betrifft:
In
den
Bundeslagebildern
Bundeskriminalamtes
schwankt
Korruption
der
Anteil
der
von
Jahre
2007
bundesweit
bis
2013
des
aufgedeckten
82 Berliner Morgenpost, 3.12.2014, http://www.morgenpost.de/berlin/article134975726/113Verfahren-wegen-Korruption-in-Berlin.html, Zugriff 20.2.2015
83 Generalstaatsanwaltschaft Berlin: Tätigkeitsbericht der Zentralstelle Korruptionsbekämpfung
für das Jahr 2011, Seite 1
84 Generalstaatsanwaltschaft Berlin: Tätigkeitsbericht der Zentralstelle Korruptionsbekämpfung im
Jahr 2013,
http://www.berlin.de/imperia/md/content/senatsverwaltungen/justiz/jahresbericht_korruptionsbek
aempfung_geschw__rzt.pdf?
start&ts=1417512855&file=jahresbericht_korruptionsbekaempfung_geschw__rzt.pdf, Zugriff
15.2.2015. S. 1
85 PricewaterhouseCoopers AG, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (HG): Kriminalität im
öffentlichen Sektor 2010. Auf der Spur von Korruption & Co. Halle-Wittenberg 2010. S. 21
86 Polizeipräsidium Fachdirektion Landeskriminalamt Brandenburg: Lagebild
Korruptionskriminalität Brandenburg 2011, Eberswalde 2011. Abb. 4.8, S.16,
https://www.internetwache.brandenburg.de/fm/141/Lagebild%20Korruptionskriminalit%C3%A4t
%202011%20.pdf, Zugriff am 5.2.2015. Und: Polizeipräsidium Fachdirektion Landeskriminalamt
Brandenburg: Lagebild Korruptionskriminalität Brandenburg 2013. Abb. 1, S.16.
https://www.internetwache.brandenburg.de/fm/86/Korruptionskriminalit%C3%A4t%20%20Lagebild%202013.pdf, Zugriff am 5.2.2015.
32
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Korruptionsdelikten auf kommunaler Ebene zwischen 10% und 27% von allen erfassten
Korruptionsdelikten (s. Anhang 1, Abb. 4).87
Wenn also in den Berliner Bezirken über fünf Jahre nicht ein einziger Korruptionsfall
aufgedeckt wird (ein Bezirk ausgenommen), kann das unmöglich bedeuten, dass es in
den Berliner Bezirken keine Korruption gibt. Blickt man vergleichend auf die bundesweiten
Zahlen, die Zahlen des benachbarten Bundeslandes Brandenburg und der Berliner
Landesebene, dann stellt sich die Frage, ob hier nicht ein Totalversagen der
Korruptionsbekämpfung in den Berliner Bezirken vorliegt – mit Ausnahme eines Bezirks.
Ob in
diesem
einen
Bezirk die Maßnahmen
der
Korruptionsbekämpfung
die
Ermittlungserfolge bewirkt haben, oder ob dieser statistische Ausreißer nur Zufall ist, ist
eine genauere Untersuchung wert. Ich werde im Folgenden darauf zurückkommen.
Eine
Überprüfung
der
Wirksamkeit
der
Instrumente
und
Maßnahmen
der
Korruptionsbekämpfung auf bezirklicher Ebene ist in allen Bezirken angebracht. Denn:
„Wo immer nachgebohrt wird, wo Hinweisen konsequent nachgegangen wird, wo
Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, dort stößt man stets auf eine ganze Kette von
Korruptionsdelikten,
einen
Sumpf
von
Gefälligkeiten,
Vergünstigungen,
Ermessensüberschreitungen, Pflichtwidrigkeiten, Rechtsbrüchen, die für mehr oder
weniger bedeutende Gegenleistungen erbracht worden sind.“88
Es bleibt die Frage, warum drei Viertel der befragten Sachverständigen aus den Bezirken
dennoch der Ansicht sind, dass von Politik und Verwaltung genug gegen Korruption
unternommen wird. Darüber kann ich nur Vermutungen anstellen:
Korruption und Korruptionsprävention sind politisch brisante Themen. Kritik ist
möglicherweise unerwünscht. Ferner wäre Kritik in diesem Kontext gleichzeitig auch Kritik
an der eigenen Arbeit.
Ebenfalls vorstellbar wäre, dass es einzelnen Sachverständigen trotzt ihrer Position und
ihres dienstlichen Auftrags an Fachwissen mangelt, und sie deswegen zu fragwürdigen
Einschätzungen kommen. Etliche der Befragten übten die Korruptionsbekämpfung
immerhin nur als Nebentätigkeit neben anderen Aufgaben aus.
Wir dürfen ferner nicht die Möglichkeit ausschließen, dass auch eine Amtsleitung korrupt
sein kann. Laut Bundeslagebild des BKA von 2013 waren in diesem Jahr in fast 40% aller
87 Bundeskriminalamt: Bundeslagebilder Korruption 2007-2013,
http://www.bka.de/nn_193360/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/Korruption/korrup
tion__node.html?__nnn=true, Zugriff 5.2.2014
88 Zachert, Hans-Ludwig: Korruption und Korruptionsbekämpfung – Zehn Thesen. In: FriedrichEbert-Stiftung: Korruption in Deutschland. Ursachen, Erscheinungsformen,
Bekämpfungsstrategien, Dokumentation einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung am 16. und
17. Februar 1995 in Berlin. Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin.1995. S. 87.
33
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Korruptionsdelikte
Amtsleitungen
oder
gar
verwickelt. 89
Bürgermeister
Es
ist
wahrscheinlich, dass es solche Fälle auch in den Berliner Bezirken gibt. Würde man die
bundesweite Statistik auf Berlin übertragen, müssten es sogar mehrere Bezirke sein. Eine
korrumpierte Amtsleitung würde dem Korruptionsbeauftragten des Bezirks die Arbeit
schwer machen. Oder sie würde gleich selbst einen Korruptionsbeauftragten einsetzen,
der seine Arbeit nicht zu gründlich macht.
Dass die politische Brisanz des Themas Korruptionsbekämpfung für die Befragten eine
Rolle bei der Befragung gespielt hat, geht aus den Fragebögen indirekt hervor. Viele
Fragen nach der eigenen Meinung blieben unbeantwortet oder Antworten wurden nur sehr
vage formuliert. Manche der Befragten wollten bestimmte Aussagen nur anonym machen.
Und gleich drei Korruptionsbeauftragte aus drei Bezirken haben von vorneherein die
Teilnahme an der Befragung abgelehnt, ausgerechnet aus den Bezirken, die schon 2008
bei der Untersuchung von Transparency International nicht besonders gut abgeschnitten
hatten.
Mit ihrer Fehleinschätzung der Situation sind die befragten Sachverständigen übrigens
nicht allein. Der Effekt, die eigene Lage zu rosig zu beurteilen, zeigt sich häufiger in
Befragungen. Er ist ein typisches Phänomen in der Sozialforschung.90
5.4. Themenblock 2: Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung
In ersten Abschnitt dieses Themenblocks befasse ich mich zunächst mit den Instrumenten
und
Maßnahmen
der
Korruptionsbekämpfung,
die
gemäß
den
Berliner
Antikorruptionsrichtlinien in ganz Berlin verbindlich umgesetzt werden müssen.
Im zweiten Abschnitt behandle ich Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung, die nicht Teil
der
Richtlinien
sind,
die
aber
allgemein
zu
den
gängigen
Mitteln
der
Korruptionsbekämpfung91 zählen und die in vielen Behörden Deutschlands Standard sind
(s. Anhang 1, Abb.3).92
89 Bundeskriminalamt: Bundeslagebild Korruption 2013, Bundeskriminalamt, Wiesbaden, 2014. S.
11
90 Vgl. PricewaterhouseCoopers AG, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (HG):
Kriminalität im öffentlichen Sektor 2010. Auf der Spur von Korruption & Co. Halle-Wittenberg
2010. S. 16-17
91 Vgl. 10-Punkte-Katalog des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Deutscher Städte- und
Gemeindebund (HG): Korruptionsprävention bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Manipulation
verhindern, Korruption bekämpfen. Berlin: Deutscher Städte- und Gemeindebund, 2003.
http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Themen/Verwaltung/Handreichung_Kommune/DStG
B_-_Dok.__No._31_-_Korruptionspraevention_bei_der_oeffentlichen_Auftragsvergabe.pdf,
Zugriff 19.2.2015. S. 16-17
92 PricewaterhouseCoopers AG, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (HG): Kriminalität im
öffentlichen Sektor 2010. Auf der Spur von Korruption & Co. Halle-Wittenberg 2010. S. 42
34
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
5.4.1. Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung
Beschreibung
und
Begründung
der
Fragen
zu
den
Richtlinien
zur
Korruptionsbekämpfung
Das Land Berlin hat am 16.12.2008 zuletzt seine Richtlinie zur Korruptionsbekämpfung
aktualisiert.93 „Diese Richtlinie gilt für alle Behörden und Einrichtungen des Landes sowie
für Landesbetriebe.“94 Damit gilt sie seit 1.9.2009 auch für die Bezirksverwaltungen.
Im Jahr 2012 hat der Senat von Berlin ferner die Richtlinie für die Arbeit der Prüfgruppen
zur Korruptionsbekämpfung in der Hauptverwaltung aus dem Jahr 1998 aktualisiert. 95
Diese Verwaltungsvorschrift bezieht sich auf die Prüfgruppen in der Hauptverwaltung.
Bezirke sind meines Wissens immer noch nicht verpflichtet, Prüfgruppen zu haben.96
Die Frage nach bezirkseigenen Richtlinien stellt sich trotzt landesweit geltender
Richtlinien, da die Bezirke ja eigene Korruptionsbekämpfungskonzepte haben können mit
möglicherweise weiterreichenden und schärferen Richtlinien. Ferner könnte es ja eigene
Richtlinien für die Arbeit von Prüfgruppen geben. Beispielsweise sieht ein Beschluss des
Bezirksamts Reinickendorf zur Korruptionsbekämpfung aus dem Jahr 2010 vor, dass die
Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung Reinickendorf einen jährlichen Bericht über ihre
Tätigkeit verfasst, und dass dieser im Internet veröffentlicht werden soll. 97 Im Gegensatz
dazu sieht die landesweite Richtlinie für die Arbeit der Prüfgruppen lediglich vor, dass es
Berichte der Prüfgruppe zu den einzelnen Prüfvorgängen geben soll, die aber nicht zur
Veröffentlichung vorgesehen sind.98
Auswertung der Antworten zu den Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung
Nur eine befragte Sachverständige gab an, dass ihr Bezirk eigene Richtlinien zur
93 Richtlinie zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung in der Landesverwaltung
(Antikorruptionsrichtlinie), siehe auch Bericht von Transparency International zur
Korruptionsprävention in den Berliner Bezirken 2008,
http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Themen/Verwaltung/Korruptionspraevention_Bln_Bez
irke_2008-02-29.pdf, Zugriff 6.2.2015
94 Ebenda, Seite 1, Abs. 1.2.
95 Senat von Berlin: Richtlinien für die Arbeit der Prüfgruppen in der Hauptverwaltung,
http://www.berlin.de/imperia/md/content/senatsverwaltungen/justiz/aktuell/richtlinien_zur_korrupt
ionsbekaempfung.pdf?start&ts=1420729485&file=richtlinien_zur_korruptionsbekaempfung.pdf,
Zugriff 6.2.2015
96 Ebenda, Seite 1, Abs. 1.1.
97 Bezirksamt Reinickendorf: BVV-Drucksacke 0583/XVIII vom 12.10.2010,
http://www.berlin.de/ba-reinickendorf/politik-undverwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/___tmp/tmp/45081036606557193/6065571
93/00038004/04-Anlagen/04/5_Version_vom_13_10_2010.pdf, Zugriff am 6.2.2015
98 Senat von Berlin: Richtlinien für die Arbeit der Prüfgruppen in der Hauptverwaltung,
35
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Korruptionsbekämpfung hat. Dieser Bezirk war der einzige, in dem es auch
Korruptionsfälle gegeben hat. In allen anderen Bezirken gibt es über die landesweiten
Antikorruptionsrichtlinien hinaus keine weitergehenden Richtlinien.
Diskussion der Antworten zu den Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung
Die Berliner Antikorruptions-Richtlinie gilt in allen Bezirken. Nur ein Bezirk verfügt darüber
hinaus noch über eine eigene Richtlinie. Das bedeutet, dass die in den Richtlinien
gemachten Vorgaben für die Korruptionsbekämpfung in allen Bezirken umgesetzt sein
sollten. Noch 2008 rügte Transparency International im bereits genannten Bericht, dass
die bis dahin empfohlene Umsetzung der Berliner Richtlinien von 1998 in etlichen
Bezirken noch längst nicht erfolgt war. „Berlins Bezirke sind nur unzureichend vor
Korruption geschützt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Antikorruptionswächter
von
Transparency
International.
Die
Nichtregierungsorganisation
hat
die
'Korruptionsprävention in den Berliner Bezirken' untersucht. Das Ergebnis: Von den zwölf
Bezirken weisen vier
(Charlottenburg-Wilmersdorf, Reinickendorf, Mitte,
Steglitz-
99
Zehlendorf) erhebliche Mängel auf“.
Wie im Vorangegangenen bereits festgestellt, werden auf Landesebene relativ regelmäßig
Korruptionsfälle aufgedeckt. Auf Bezirksebene geschieht das nicht. Ob das daran liegt,
dass es auf Bezirksebene mit der Umsetzung der Antikorruptions-Richtlinie nach wie vor
Probleme gibt, soll im Folgenden überprüft werden.
Dass es mit der Umsetzung von Richtlinien und Beschlüssen Schwierigkeiten geben
kann, zeigt folgendes Beispiel: Im Jahr 2008 hatte das Bezirksamt Reinickendorf sich
selbst verpflichtet, die jährlichen Berichte der Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung im
Internet zu veröffentlichen. Knapp sechs Jahre später gab es noch nicht einmal die
Berichte. Erst eine Anfrage durch mich bei einem BVV-Abgeordneten und eine sich
daraus ergebende BVV-Anfrage führte dazu, dass das Bezirksamt die Berichte der
vergangenen
Jahre
zusammengefasst
nachreichte
und
veröffentlichte.
Dieser
Sammelbericht über rund fünf Jahre Tätigkeit der Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung ist
allerdings für einen normalen Bürger im Internet kaum zu finden – er befindet sich auf der
Bezirksamtswebseite versteckt unter den BVV-Drucksachen unter der Bezeichnung BVVDrucksache 0583/XVIII vom 16.9.2014.100
http://www.berlin.de/imperia/md/content/senatsverwaltungen/justiz/aktuell/richtlinien_zur_korrupt
ionsbekaempfung.pdf?start&ts=1420729485&file=richtlinien_zur_korruptionsbekaempfung.pdf,
Zugriff 6.2.2015, Seite 3, Abs. 8
99 Berliner Tagesspiegel, 13.3.2008, http://www.tagesspiegel.de/berlin/korruption-transparencyruegt-fehlenden-schutz/1187332.html, Zugriff am 6.2.2015
100Bezirksamt Reinickendorf: BVV-Drucksacke 0583/XVIII vom 17.9.2014 http://www.berlin.de/ba-
36
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Das Auffallendste an diesem Sammelbericht ist, dass fast nichts drinsteht. Die Prüfgruppe
Korruptionsbekämpfung
Reinickendorf
war
seit
ihrer
Gründung
offensichtlich
weitestgehend inaktiv. Pro Jahr gab es jeweils nur einen einzigen Prüfvorgang (!) genauso
wie in den beiden vorangegangenen Jahren 2008 und 2009. 101 Fast alle dieser
Prüfvorgänge endeten mit einer Einstellung des Verfahrens. Geprüft wurde außerdem
immer nur dann, wenn externe Hinweise eine Prüfung unvermeidbar machten. Die
Berichte der Prüfgruppe geben nicht den geringsten Hinweis darauf, dass die Prüfgruppe
darüber hinaus irgendwelche anderen wichtigen Akzente bei der Korruptionsbekämpfung
im
Bezirk
gesetzt
hätte.
Insbesondere
steht
in
den
Berichten
nichts
über
nichtanlassbezogene Stichproben, obwohl diese in dem Bezirksamts-Beschluss sowie in
der Berliner Richtlinie für die Prüfgruppen ausdrücklich vorgesehen sind (BVV-Drucksacke
0583/XVIII
vom
12.10.2010,
Absatz
4
a:
„Die
Prüfgruppe
führt
sowohl
nichtanlassbezogene Routineprüfungen als auch anlassbezogene Prüfungen durch.“).102
Es ist daher festzustellen: Mit der Einführung einer Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung
hat der Bezirk Reinickendorf eine Antikorruptions-Maßnahme zwar formal umgesetzt, von
einer ernstzunehmenden, wirksamen Korruptionsbekämpfung durch die Prüfgruppe kann
aber keine Rede sein. Eine zentrale Aufgabe einer Prüfgruppe gemäß den Richtlinien,
nämlich nichtanlassbezogen Vergaben und andere Transaktionen zu prüfen, um
Verdächtiges und Auffälliges überhaupt erst zu finden, wird nicht erfüllt.
Das
Beispiel
von
Reinickendorf
zeigt,
dass
die
Umsetzung
der
Berliner
Antikorruptionsrichtlinie in den Berliner Bezirken der genauen Überprüfung bedarf. Die
einfache Abfrage formaler Kriterien, wie in dem Bericht von Transparency International
von 2008, genügt nicht.
Die Antikorruptionsrichtlinie kann als umgesetzt betrachtet werden, wenn die in ihr
aufgezählten Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung in den Bezirken angewendet
werden. In der Berliner Antikorruptionsrichtlinie von 2008 sind verschiedene Instrumente
und Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung gelistet. Das sind im Einzelnen
•
die Erstellung eines Korruptions-Gefährdungsatlas' mit Risikoanalyse (Abs. 4.1.4.3.),
reinickendorf/politik-undverwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/___tmp/tmp/45081036606557207/6065572
07/00038004/04-Anlagen/05/6_Version_vom_17_09_2014.pdf, , Zugriff am 6.2.2015
101Bezirksamt Reinickendorf: BV-Drucksache 0583/XVIII vom 13.10.2010, http://www.berlin.de/bareinickendorf/politik-undverwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/___tmp/tmp/45081036606557207/6065572
07/00038004/04-Anlagen/04/5_Version_vom_13_10_2010.pdf, Zugriff am 6.2.2015
102Ebenda, Seite 2
37
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
•
die Personalrotation auf besonders korruptionsanfälligen Stellen (Abs. 4.4.),
•
die Einführung eines Verhaltenskodex für die Mitarbeiter (Abs. 5.1. und Anlage 1)
•
die regelmäßige Belehrung von Mitarbeitern (Abs. 5.2.),
•
die vertragliche Verpflichtung von privaten Unternehmen, die für die Verwaltung
tätig sind, auf die gewissenhafte Ausführung ihrer Obliegenheiten bzw. die formale
strafrechtliche Gleichstellung dieser Personen mit Amtsträgern (Abs. 5.3.),
•
die Aus- und Fortbildung in Bezug auf Korruption (Abs. 5.4.),
•
die
Bestellung
von
Ansprechpartnern
in
der
Verwaltung
für
die
Korruptionsbekämpfung (Abs. 6.1.),
Ergänzt werden diese Maßnahmen durch Regelungen für Werbung und Sponsoring (Abs.
8 und Anlage 2).
Die „Berliner Richtlinie für die Einrichtung von Prüfgruppen Korruptionsbekämpfung in der
Hauptverwaltung“ von 1998, aktualisiert 2012, sieht weitere Maßnahmen vor, deren
Umsetzung nachzuprüfen wäre:
•
die Einrichtung von Prüfgruppen zur Korruptionsbekämpfung,
•
die Durchführung von Routineprüfungen und anlassbezogenen Prüfungen durch
die Prüfgruppe. Dabei sollen die Routineprüfung auch unterstützende und
beratende Funktion haben,
•
die Erarbeitung interner Kontrollsysteme (IKS).
In einem Rundschreiben der Antikorruptions-Arbeitsgruppe der Berliner Senatsverwaltung
vom 7.9.1998 werden weitere unverbindliche Empfehlungen aufgelistet, die in den
späteren Fassungen der Richtlinien nicht mehr vorkommen,103 wie beispielsweise
„Einschränkung
von
Nebentätigkeitsgenehmigungen
und
striktes
Verbot
von
Nebentätigkeiten von Bediensteten im Zusammenhang mit ihrem Aufgabenbereich
(Pflichtenkollision)“.104 Im Rahmen meiner Befragung werde ich auch untersuchen, ob von
diesen Empfehlungen in den Berliner Bezirken etwas umgesetzt wurde.
Auf
Landesebene
wurden
Korruptionsbekämpfung
noch
ergriffen:
2006
folgende
wurde
weitere
in
Berlin
Maßnahmen
ein
der
landesweites
Korruptionsregister eingeführt.105 Im Jahr 2010 wurde das Berliner AntikorruptionsKonzept
erweitert
um
die
Einführung
eines
Vertrauensanwalts
als
externen
103Senatsverwaltung für Justiz, Antikorruptions-Arbeitsgruppe der Berliner Verwaltung:
Rundschreiben zu den Richtlinien zur Korruptionsprävention vom 7.9.1998,
http://www.berlin.de/imperia/md/content/senatsverwaltungen/justiz/richtlinien_korruptionspraeve
ntion.pdf?start&ts=1129811984&file=richtlinien_korruptionspraevention.pdf, Zugriff am 6.2.2015
104Ebenda, Seite 2, Nr. 10
105http://www.stadtentwicklung.berlin.de/service/korruptionsregister/ , Zugriff 6.2.2015
38
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Ansprechpartner
für
Hinweisgeber.
Die
2010
beschlossene
Einführung
eines
landesweiten elektronischen Hinweisgebersystems wurde erst kürzlich – im Februar 2015
– umgesetzt.106 Ob es Ähnliches auf Bezirksebene gibt, möchte ich untersuchen.
Transparency International listet in dem Bericht von 2008 folgende Maßnahmen als
erforderlich für eine effiziente bezirkliche Korruptionsbekämpfung auf:
•
„In jedem Bezirk sollte es einen Arbeitskreis Antikorruption geben, dessen
Aufgaben die Beratung bei der Korruptionsprävention und dem Monitoring der
Prüfgruppe sein sollten.
•
Jeder Bezirk sollte über eine zentrale Prüfgruppe verfügen, in die die einzelnen
Innenrevisionen der Abteilungen zumindest lose eingebunden sind. Die zentrale
Prüfgruppe
sowie
die
einzelnen
Revisionen
sollten
dem
Antikorruptionsbeauftragten unterstellt sein, der seinerseits nur dem Bürgermeister
verantwortlich sein sollte.
•
Es sollte einen jährlichen Bericht des Bürgermeisters vor der BVV geben, um
gerade im Bereich der Korruptionsbekämpfung Prävention, Transparenz und
Verantwortung zu unterstreichen.
•
Erforderlich ist die Einrichtung von zentralen Vergabestellen, um eine Trennung
von
Planungs-,
Ausschreibungs-,
Vergabe-,
Bauleitungs-
und
Abrechnungsfunktionen zu erreichen.
•
Es sollte in jedem Bezirk einen Gefährdungsatlas geben, um Gefährdungen und
Risiken besser abschätzen zu können.
•
Auf besonders korruptionsgefährdeten Stellen sollte spätestens nach fünf Jahren
ein Personalwechsel vorgenommen werden.
•
Es sollte in jedem Bezirk eine Sponsoring-Richtlinie geben, die Sponsoring in
Bereichen mit hoheitlichem Handeln ausschließt und Transparenz herstellt, wer zu
welchem Zweck welche Mittel zur Verfügung stellt und worin die Gegenleistung
besteht. Die Einrichtung eines Zuwendungsregisters ist wünschenswert.
•
Wichtig ist die Einführung eines Hinweisgebersystems oder eines Ombudsmannes
mit entsprechenden Hinweisen auf den Homepages der Bezirke.“107
Festzustellen ist, das Land Berlin ist mit seinen Richtlinien nah dran an den
Empfehlungen von Transparency International. Man könnte also sagen, hier ist auf der
106Abgeordnetenhaus Berlin: Drucksache 16/3361 vom 1.7.2010, http://www.parlamentberlin.de/ados/16/IIIPlen/vorgang/d16-3361.pdf, Zugriff am 6.2.2015 und Berliner Zeitung,
10.2.2015
107http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Themen/Verwaltung/Korruptionspraevention_Bln_Be
zirke_2008-02-29.pdf, S. 7, Zugriff 6.2.2015
39
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
formalen Ebene Einiges erreicht worden.
Interessant wäre natürlich die Antikorruptionsrichtlinie des einen Bezirks mit einer eigenen
Richtlinie. Diese „Organisations- und Handlungsrichtlinien der Zentralen Revision zur
Korruptionsbekämpfung“ aus dem Jahr 2000 lag mir leider nicht vor. Sie wird derzeit
überarbeitet. Daher kann ich dazu leider nichts sagen.
5.4.2. Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung
Beschreibung und Begründung der Fragen zur Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung
Prüfgruppen
zur
Korruptionsbekämpfung
sind
ein
zentrales
Element
der
Korruptionsbekämpfung in Berlin auf Landesebene. Ihre Aufgabe ist es, anlassbezogene
und nichtanlassbezogene Prüfungen durchzuführen. Ferner sollte eine Prüfgruppe die
verschiedenen
Abstimmung
Antikorruptionsmaßnahmen
verschiedener
einer
Verwaltung
Verwaltungseinheiten
steuern
untereinander
bzw.
(z.B.
die
der
Innenrevisionen) organisieren und interne Kontrollsysteme erarbeiten.
Neben den Prüfgruppen gibt es gemäß den Richtlinien keine anderen Organe, die in
ähnlichem Umfang Aufgaben der Korruptionsbekämpfung wahrnehmen. Die Tätigkeit der
Prüfgruppen – als zentrale Organe der Korruptionsbekämpfung – ist damit von
entscheidender Bedeutung für die Wirksamkeit der Korruptionsbekämpfung.
Auswertung der Antworten zur Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung
Vier der neun befragten Bezirke verfügen über eine Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung.
Der nicht an der Befragung teilnehmende Bezirk Reinickendorf hat ebenfalls eine
Prüfgruppe.108 Der Bezirk Neukölln verfügt gemäß BVV-Drucksache 1418/XVIII vom
28.4.2010 über eine Prüfgruppe und einen Arbeitskreis Antikorruption.109 Von SteglitzZehlendorf habe ich nur gehört (leider unbestätigt), dass es dort keine Prüfgruppe
Korruptionsbekämpfung geben soll.
Drei der befragten Bezirke haben lediglich eine Arbeitsgruppe Antikorruption, die selbst
keine Prüfungen durchführt.
Ein Bezirk hat an Stelle einer Prüfgruppe eine „ständige Organisationseinheit Zentrale
Revision zur Korruptionsbekämpfung (ZRK)“. In diesem Bezirk gab es die einzigen
108s. Bezirksamt Reinickendorf: BVV-Drucksache 0583/XVIII vom 13.10.2010.
http://www.berlin.de/ba-reinickendorf/politik-undverwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/___tmp/tmp/45081036606557207/6065572
07/00038004/04-Anlagen/04/5_Version_vom_13_10_2010.pdf, Zugriff am 6.2.2015
109Bezirksamt Neukölln: BVV-Drucksache 1418/XVIII vom 28.4.2010. http://www.berlin.de/baneukoelln/bvv-online/___tmp/tmp/45081036999503043/999503043/00026325/25Anlagen/02/18-1418.pdf, Zugriff am 6.2.2015
40
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Korruptionsfälle.
Es ist festzustellen, dass die Prüfgruppen der Bezirke ihre Aufgaben völlig unterschiedlich
wahrnehmen:
•
Zwei Bezirke gaben an, die Prüfgruppe tage nur anlassbezogen. In einem dieser
Bezirke hat sich die Prüfgruppe im vergangenen Jahr darum keinmal getroffen.
Drei weitere Bezirke gaben an, die Prüfgruppe tage weniger als fünfmal im Jahr.
Nur zwei Bezirke gaben an, die Prüfgruppe würde sich häufig („laufend“) oder gar
täglich treffen. Allerdings besteht in einem Fall die Prüfgruppe lediglich aus zwei
Mitarbeitern der zentralen Innenrevision, die ohnehin ständig zusammenarbeiten.
Im anderen Fall besteht die Prüfgruppe aus drei Mitgliedern in einer ständigen
Einheit.
•
Die Mitgliederzahl der Prüfgruppen variiert zwischen zehn und zwei.
•
Nur vier Bezirke gaben an, die Prüfgruppe würde auch nichtanlassbezogene
Prüfungen durchführen. Davon gaben allerdings zwei Bezirke an, Prüfungen
würden nur einmal (!) im Jahr durchgeführt. Ein einziger Bezirk gab an, immerhin
88 nichtanlassbezogene Prüfverfahren in einem Jahr durchgeführt zu haben.
•
In nur zwei Bezirken werden auch Freihand-Vergaben in Stichproben geprüft.
Davon in einem aber nur einmal im Jahr.
•
Nur in drei Bezirken gibt es einen jährlichen Bericht über die Tätigkeit der
Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung bzw. des Arbeitskreises Antikorruption. Nur
ein Bezirk veröffentlicht diesen Bericht, ein Bezirk publiziert ihn immerhin in
seinem Intranet und gibt ihn der BVV zur Kenntnisnahme, im dritten Bezirk wird
der Bericht dem Bezirksamt zur Kenntnis gegeben. Ein Bezirk hat die Berichte
abgeschafft „wegen Mangel an berichtenswerten Erkenntnissen“.
•
Kein einziger Bezirk hat für Prüfverfahren der Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung
ein standardisiertes Prüfverfahren bei Korruptionsverdachtsfällen (abgesehen von
der Berliner Richtlinie für die Arbeit der Prüfgruppen in der Hauptverwaltung, in
denen das Vorgehen bei Prüfverfahren nur sehr vage geregelt ist).
•
Ebenfalls in keinem
Bezirk werden die verschiedenen Abteilungen der
Innenrevision durch die Prüfgruppe zentral koordiniert.
Im nicht an der Befragung teilnehmenden Bezirk Reinickendorf tagt die Prüfgruppe
ebenfalls nur anlassbezogen. Stichprobenprüfungen werden nicht durchgeführt. Ein
standardisiertes Prüfverfahren gibt es nicht, dafür aber seit 2014 einen jährlichen Bericht.
41
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Diskussion der Antworten zur Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung
Schon 1998 wurde den Bezirksverwaltungen die Einführung von Prüfgruppen zur
Korruptionsbekämpfung empfohlen. Die Tätigkeit dieser Prüfgruppen wurde in der
Richtlinie für die Prüfgruppen hinreichend beschrieben.
Heute ist festzustellen, dass es mindestens drei Bezirke gibt, die immer noch keine
Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung haben.
Vier von neun der befragten Bezirke sowie Reinickendorf und Neukölln verfügen immerhin
formal über eine Prüfgruppe. Die Tätigkeit dieser Prüfgruppen gestaltet sich von Bezirk zu
Bezirk völlig uneinheitlich. In fast allen Bezirken entspricht die Arbeit der Prüfgruppen
nicht den Richtlinien, es finden beispielsweise in den meisten Bezirken überhaupt keine
nichtanlassbezogenen Prüfungen statt. In keinem Bezirk werden die Aktivitäten der
Innenrevision koordiniert. Von der Erarbeitung interner Kontrollsysteme ist man damit also
in allen Bezirken weit entfernt.
Für
Prüfverfahren in Korruptionsverdachtsfällen gibt
es in keinem
Bezirk ein
standardisiertes Prüfverfahren, weder eigene, festgelegte Standards noch nationale oder
international definierte Standards wie beispielsweise vom Deutschen Institut für interne
Revision DIIR. Ein ordentlicher Prüfungsablauf ist damit nicht gewährleistet. Ob und wie
geprüft wird, und wie bei entdeckten Unregelmäßigkeiten verfahren wird, ist völlig
unzureichend geregelt.
Über die Tätigkeit der Prüfgruppen wird weitgehend Stillschweigen bewahrt, ein
Berichtswesen und jährliche Berichte über die Tätigkeit der Prüfgruppen gibt es nur in drei
der befragten Bezirke.
Bezirksverordnete nehmen in keinem Bezirk an Sitzungen der Prüfgruppe teil.
In fünf der neun an der Befragung teilnehmenden Bezirke tagt die Prüfgruppe weniger als
fünfmal im Jahr. Wie oft ein Gremium tagt, sagt zwar nur bedingt etwas über seine
Wirkung aus, doch kann man davon ausgehen, dass Prüfgruppen, die sich kein- bis
dreimal im Jahr treffen wohl kaum eine besondere Dynamik entfalten können bei der
Korruptionsbekämpfung.
Das formale Vorhandensein von Prüfgruppen zur Korruptionsbekämpfung ist keine
Garantie dafür, dass Korruptionsbekämpfung auch stattfindet. Tatsächlich ist die Tätigkeit
der Prüfgruppen der meisten Bezirke völlig unzureichend und größtenteils wirkungslos.
Sie
entspricht nicht dem Stellenwert, den die Prüfgruppen theoretisch für die
Korruptionsbekämpfung haben. Sie entspricht vielerorts nicht der Berliner Richtlinie für
Prüfgruppen.
„Gezieltes Korruptions-Controlling verlangt eine höhere Kontroll-Dichte in der Verwaltung,
42
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
die auf Abwehr und Entdeckung von dolosen Handlungen angelegt ist. Wesentlich hierfür
sind die Steigerung der Prüfungsdichte, eine technisch qualifizierte Prüfungskompetenz
und die Unabhängigkeit der Prüfinstanzen. Die Kontrollen haben sich entlang einer
Indikatoren-Liste für doloses Verhalten zu orientieren.“110 Dass es auf bezirklicher Ebene
keine Ermittlungserfolge bei der Korruptionsbekämpfung gibt, ist kein Wunder. Wer nicht
suchet, der nicht findet.
Abgesehen von der Leistung der Prüfgruppen Korruptionsbekämpfung in den Bezirken
wäre
noch
ein
anderer Aspekt
zu
diskutieren:
Sofern
eine
Prüfgruppe
nur
anlassbezogene Prüfungen vornimmt, wenn es demnach einen Anfangsverdacht gibt,
dann übernimmt sie damit eine Aufgabe, die eigentlich der Staatsanwaltschaft zufallen
sollte.
Nur
darf
die
Staatsanwaltschaft
ohne
hinreichende
Belege
für
einen
Anfangsverdacht nicht ermitteln. Die Prüfgruppe muss also erst einen solchen Beleg
finden und dann die Staatsanwaltschaft einschalten. Eine wie auch immer geartete
Vorprüfung durch eine Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung ist aber riskant. Immerhin geht
bei einer Prüfung durch eine Prüfgruppe Zeit verloren, und verdächtigte Personen werden
durch die Prüfung eventuell gewarnt und können Beweise vernichten. Und wenn die
Amtsleitung oder Mitglieder der Prüfgruppe selbst Teil korrupter Netzwerke sein sollten, ist
eine Prüfung durch eine solche Prüfgruppe eher das Ende von Ermittlungen als der
Anfang.
Um Prüfungen so durchzuführen, dass Verdächtige dadurch nicht vorzeitig gewarnt
werden,
bedarf
es
strengster
Vertraulichkeit,
viel
Fingerspitzengefühls
und
kriminologischer Fachkenntnis. Ich bezweifle, dass Prüfgruppen, die nur einmal im Jahr
ein Prüfverfahren durchführen, über die notwendige Erfahrung verfügen. Außerdem ist die
Vertraulichkeit durch die Menge der zwangsläufig eingeweihten Mitglieder der Prüfgruppe
bereits nicht mehr gegeben.
Ombudspersonen und Hinweisgeber sollten die ihnen gegebene Hinweise deswegen
keinesfalls erst an die Prüfgruppe im Bezirk weiterleiten sondern direkt an die
Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft muss dann selbst entscheiden, ob es einen
hinreichenden begründeten Anfangsverdacht gibt, der Ermittlungen rechtfertigt. Sollte die
Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen eines fehlenden Anfangsverdachts ablehnen,
kann gegebenenfalls immer noch die Prüfgruppe eingeschaltet werden.
Es spricht allerdings vieles dafür, anlassbezogene Prüfungen gar nicht mehr durch
110 Wolfgang J. Schaupensteiner: Korruption in Deutschland. In: Friedrich-Ebert-Stiftung:
Korruption in Deutschland. Ursachen, Erscheinungsformen, Bekämpfungsstrategien,
Dokumentation. Eine Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung am 16. und 17. Februar 1995 in
Berlin. Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin.1995. S. 100.
43
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
bezirkliche Prüfgruppen durchführen zu lassen sondern besser von einer externen,
spezialisierten Behörde.
In dem Bezirk mit den sieben Korruptionsfällen wurden alle Ermittlungsverfahren aufgrund
von Hinweisen (interne wie externe) eingeleitet. Nichtanlassbezogene Prüfungen und
andere Kontrollmaßnahmen wirken hier vielleicht präventiv, aber zur Aufdeckung von
Korruptionsfällen haben sie nicht beigetragen. Eine Überprüfung des internen
Kontrollsystems wäre darum sinnvoll. Das Geben von Hinweisen sollte weiter erleichtert
werden.
Die Aufgabe der bezirklichen Prüfgruppen sollte es eher sein, nichtanlassbezogene
Prüfungen, Stichproben und andere Kontrollmaßnahmen durchzuführen und die
Antikorruptions-Aktivitäten in der Verwaltung zu steuern.
5.4.3. Ombudsperson
Beschreibung und Begründung der Fragen zur Ombudsperson
Ombudspersonen oder Vertrauensanwälte werden allgemein als wirksames Instrument
zur Korruptionsbekämpfung betrachtet.111
Eine Ombudsperson ist ein verwaltungsexterner Ansprechpartner für Hinweisgeber, in der
Regel ein Rechtsanwalt. Er garantiert den Hinweisgebern Anonymität und anwaltliche
Schweigepflicht. Über die Ombudsperson sind Rückfragen an den Hinweisgeber möglich,
ohne dass dieser seine Anonymität aufgeben muss. Ernstzunehmende Hinweise gibt die
Ombudsperson zur Prüfung weiter an die Verwaltung, gegebenenfalls auch direkt an die
Staatsanwaltschaft.
Anonyme und nichtanonyme Hinweise Dritter sind wichtige Quellen für die Verfolgung von
Korruptionsdelikten. Das Lagebild Korruption 2013 des Landeskriminalamts NRW
beispielsweise gibt an, dass 31% aller Ermittlungsverfahren wegen Korruption durch
Hinweise Dritter ins Rollen gebracht wurden, dazu kommen fast sechs Prozent
Ermittlungsverfahren aufgrund anonymer Hinweise.112 Ansprechpartner für Hinweisgeber
sind also von großer Bedeutung für die Korruptionsbekämpfung. Die Gestaltung von
Angeboten für Hinweisgeber ist daher von besonderer Wichtigkeit.
Das Land Berlin hat die Funktion der Ombudsperson – hier Vertrauensanwalt genannt –
zu
einem
zentralen
Element
der
Korruptionsbekämpfung
gemacht.
Im
111 Vgl. Bannenberg, Britta; Schaupensteiner, Wolfgang: Korruption in Deutschland. Portrait einer
Wachstumsbranche. Verlag C.H.Beck, München 2004. S. 214
112 Landeskriminalamt NRW: Lagebild Korruption NRW 2013, Düsseldorf 2014,
http://www.mik.nrw.de/fileadmin/user_upload/Redakteure/Verfassungsschutz/Dokumente/2013_
LagebildKorruption.pdf, Zugriff 7.2.2015, S. 4-5
44
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Antikorruptionskonzept des Landes Berlin gilt der Vertrauensanwalt als die „vierte Säule
der Korruptionsbekämpfung“.113
Auch der Bezirk Spandau setzt in der Korruptionsbekämpfung seit Jahren auf eine
Ombudsperson. Hier gilt sie als die „dritte Säule der Korruptionsbekämpfung“.114
Auswertung der Antworten zur Ombudsperson
Nur zwei Bezirke gaben an, eine Ombudsperson zu haben. Die nicht an der Befragung
teilnehmenden Bezirke Reinickendorf und Steglitz-Zehlendorf habe eine Ombudsperson,
dieselbe übrigens, wie die anderen Bezirke.115
Der Bezirk Mitte hat keine eigene Ombudsperson, verweist aber auf seiner Webseite
immerhin auf den Vertrauensanwalt des Landes Berlin als Ansprechpartner für
Hinweisgeber.116 Der Vertrauensanwalt des Landes Berlin steht Hinweisgebern offiziell
sonst eigentlich nur für Hinweise in Bezug auf die Hauptverwaltungen des Landes Berlin
zur Verfügung.117
In der Summe gibt es in Berlin also genau zwei externe Ansprechpartner für anonyme
Hinweisgeber.
Der nicht an der Befragung teilnehmende Bezirk Neukölln lehnt die Einführung einer
Ombudsperson ab: „Die Einsetzung eines Ombudsmannes ist eine Möglichkeit,
Korruption präventiv anzugehen. Eine andere ist es, mit bezirkseigenen, fachlich
versierten Mitarbeitern diese Leistung zur Verfügung zustellen. Dies ist durch den
Anti-Korruptionsbeauftragten als Volljuristen der Fall.“118
Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat sich 2008 gegen das Einführen einer
Ombudsperson
entschieden
in
Erwartung
der
Einführung
eines
elektronischen
Hinweisgebersystems auf Landesebene.119
Das heißt, nur vier bzw. fünf von zwölf Berliner Bezirken nutzen aktiv die Funktion der
Ombudsperson zur Korruptionsbekämpfung. Für potentielle Hinweisgeber gibt es in den
113 http://www.berlin.de/sen/justiz/aktuell/korruption.html, Zugriff 7.2.2015
114http://www.berlin.de/ba-spandau/verwaltung/antikorruption.html , Zugriff 7.2.2015
115 Berliner Woche, 28.7.2014. http://www.berliner-woche.de/nachrichten/bezirk-tempelhofschoeneberg/artikel/47261-anwaeltin-stefanie-lejeune-ueberprueft-verwaltungen-hinsichtlichkorruption/, Zugriff 6.2.2015
116http://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/service-undorganisationseinheiten/rechtsamt/, Zugriff 6.2.2015
117http://www.berlin.de/sen/kultur/service/vertrauensanwalt/artikel.38477.php , Zugriff 6.2.2014
118Bezirksamt Neukölln: BVV-Drucksache 1418/XVIII, 28.04.2010, http://www.berlin.de/baneukoelln/bvv-online/___tmp/tmp/45081036668103449/668103449/00026325/25Anlagen/02/18-1418.pdf, Zugriff 6.2.2015
119Bezirksamt Friedrichshain: BVV-Drucksache 0702/III vom 24.9.2008, http://www.berlin.de/bafriedrichshain-kreuzberg/politik-undverwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp, Zugriff 6.2.2015
45
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
übrigen
Bezirken
nur
verwaltungsinterne Ansprechpartner
oder
den
Gang
zu
Staatsanwaltschaft oder Polizei, von garantierter Anonymität kann dabei keine Rede sein.
Diskussion der Antworten zur Ombudsperson
Angesichts des allgemein angenommenen, hohen Wertes einer Ombudsperson für die
Korruptionsbekämpfung ist das Ergebnis erstaunlich. Während es in ganz Deutschland
kaum mehr eine Stadt zwischen 250.000 und 400.000 Einwohnern zu geben scheint, die
nicht über eine Ombudsperson verfügt, sind es in Berlin gleich sieben bzw. acht Bezirke.
Man meint offenbar, auf einen externen Ansprechpartner für Hinweisgeber verzichten zu
können und setzt dafür auf interne Ansprechpartner ohne Gewährleistung von Anonymität.
Diese Entscheidung ist wohl keine reine Kosten-Nutzen-Abwägung. Zum einen halten
sich die Kosten für eine Ombudsperson in einem überschaubaren Rahmen. Zu den
Kosten hat sich die ehemalige Justizsenatorin Frau Gisela von der Aue 2010 geäußert.
Danach beliefen sich die Kosten für die Vertrauensanwältin des Bezirks Spandau auf
2.000 – 4.000 Euro im Jahr.120 Zum anderen sind die monetären und ideellen Kosten der
durch
Korruption
verursachten
Schäden
ungleich
höher
als
die
Kosten
der
Korruptionsbekämpfung.
Es bleibt die Frage nach dem Nutzen. Ob Ombudspersonen einen zusätzlichen Nutzen
bringen, oder ob interne Ansprechpartner für Hinweisgeber die Aufgabe genauso gut
erfüllen können, ist natürlich eine berechtigte Frage. Die Unabhängigkeit eines externen
Ansprechpartners und die garantierte Anonymität für Hinweisgeber sprechen allerdings für
eine bessere Aufgabenerfüllung.
Tatsächlich wird Anonymität von vielen Hinweisgebern geschätzt. Im Land Brandenburg
gibt es schon länger die Möglichkeit für Hinweisgeber, ihre Hinweise anonym über das
Internet zu vermitteln.121 Gemäß Landeskriminalamt Brandenburg haben im Jahr 2013 in
Brandenburg 13 Hinweisgeber über das Internet anonyme Hinweise gegeben, die zur
Einleitung von Ermittlungsverfahren geführt haben.122 Es ist fraglich, ob die anonymen
Hinweisgeber ihre Hinweise auch ohne Anonymität gemacht hätten.
Es ist darum nicht davon auszugehen, dass das System bezirklicher, interner
120Abgeordnetenhaus Berlin: Abgeordnetenhaus-Drucksache 16/3768 vom 3.1.2011,
http://www.parlament-berlin.de/ados/16/IIIPlen/vorgang/d16-3768.pdf, Zugriff 6.2.2015, Seite 3
121https://www.internetwache.brandenburg.de/interaktiv/index.php?app=vorgang_public&i_form
%5Bp_vorgang_waehlen%5D%5Bsachverhalt%5D%5Bek_art
%5D=korruption&e2=vorgang_waehlen&i_form%5Bprev_page
%5D=none&start=1&x=43aedb1b3155319b352d9c0859a8ff89, Zugriff 6.2.2015
122Fachdirektion Landeskriminalamt Brandenburg: Lagebild Korruption 2013, Eberswalde 2014,
https://www.internetwache.brandenburg.de/fm/86/Korruptionskriminalit%C3%A4t%20%20Lagebild%202013.pdf, Zugriff 6.2.2015, Seite 9, Abs. 2.4.
46
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Ansprechpartner für Hinweisgeber besser funktioniert. Dass es in den Berliner Bezirken in
den vergangenen fünf Jahren keine aufgedeckten Korruptionsfälle gegeben hat, spricht
auch nicht gerade dafür. Eine Ausnahme ist auch hier der Bezirk mit den sieben
Korruptionsfällen: Hier gab es immerhin vier interne Hinweise an die Zentrale Revision zur
Korruptionsbekämpfung
–
vielleicht,
weil
die
Korruptionsbekämpfung
hier
eine
eigenständige, ausgelagerte Abteilung ist mit festen Mitarbeitern.
In Zahlen lässt sich für die Ombudspersonen in Berlin Folgendes notieren: In meiner
Befragung gab der Vertrauensanwalt Herr Christoph Partsch an, er habe 2013 ganze 37
Hinweise auf Korruption erhalten, davon habe er zwei zur weiteren Prüfung an die
zuständige Verwaltungsabteilung oder an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. 2012
waren es 50 Hinweise, davon wurden sechs weitergeleitet. 2011 waren es 19 Hinweise,
von denen einer weitergeleitet wurde. Der RBB berichtet am 3.12.2014, dass im Jahr
2014 ganze 15 Hinweise strafrechtlich relevant gewesen sind.123 Die Berliner Zeitung
berichtete am 14.6.2014 in Bezug auf den Vertrauensanwalt des Landes Berlin: „Berliner
Vertrauensanwalt bekommt kaum Hinweise auf Korruption“, leider ohne Angabe
genauerer Zahlen.124
Was aus den weitergeleiteten Fällen geworden ist, dazu gibt es meines Wissens keine
öffentlichen Informationen. Erfahrungsgemäß wird von der Staatsanwaltschaft die
Mehrzahl der Korruptionsverfahren eingestellt.125 Insofern ist davon auszugehen, dass
auch die vom Vertrauensanwalt weitergeleiteten Hinweise nicht alle zu einer Verurteilung
führten sondern zum Teil auch zu Verfahrenseinstellungen. In der Summe kann es auf
Landesebene also nach vier Jahren Tätigkeit ungefähr eine knappe Handvoll erfolgreicher
Korruptionsermittlungsverfahren mit Verurteilungen aufgrund von Hinweisen über den
Vertrauensanwalt des Landes Berlin gegeben haben.
Die Ombudsfrau der Bezirke Spandau, Steglitz-Zehlendorf, Reinickendorf und TempelhofSchöneberg, Frau Dr. Lejeune, konnte mir leider keine Zahlen nennen aufgrund ihrer mit
den Bezirksverwaltungen vereinbarten Schweigepflicht.
Für Reinickendorf gibt es immerhin diese Information: Der Bericht der Prüfgruppe
Korruptionsbekämpfung Reinickendorf gibt für 2012 einen von der Ombudsfrau
gemeldeten Fall an, 2013 waren es zwei Fälle. Alle drei Fälle wurden intern geprüft, zwei
Verfahren wurden eingestellt, eines wurde wegen mangelnder Zuständigkeit an eine
123http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2014/12/Berliner-Vertrauensanwalt-KorruptionPartsch.html, Zugriff 6.2.2015
124Berliner Zeitung 14.6.14
125Vgl. Tätigkeitsberichte der Generalstaatsanwaltschaft Berlin 2011 und 2013
47
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
andere Behörde weitergeleitet.126
Diese
Bilanz
ist,
Vertrauensanwalts
gemessen
für
die
an
dem
hohen
Stellenwert
Korruptionsbekämpfung
der
(„vierte
Ombudsfrau/des
Säule
der
Korruptionsbekämpfung“), ziemlich dürftig.
Einen gravierenden Nachteil beim Einsatz externer Ombudspersonen für Hinweisgeber
sehe ich außerdem hierin: Die Ombudspersonen haben die Funktion, eingehende
Hinweise bezüglich ihrer strafrechtlichen Relevanz zu filtern. Nur potentiell strafrechtlich
relevante Hinweise werden an die zuständige Verwaltungsabteilung zur Prüfung
weitergeleitet. Diese Prüfung erfolgt intern, Inhalt und Ausgang der Prüfung sind
vertraulich.
Das bedeutet, Hinweise bezüglich „legaler“ Korruption oder nicht beweisbarer Korruption
werden möglicherweise durch die Ombudspersonen unterdrückt, da sie ja strafrechtlich
nicht relevant sind. Hinweisgeber werden eventuell entmutigt, wenn ihnen erklärt wird, in
ihrem Fall bestehen ohnehin keine Aussichten auf Erfolg.
Man stelle sich vor, der Whistleblower Herr Edward Snowden hätte sich seinerzeit mit
seinen Enthüllungen an eine Ombudsperson gewandt. Niemand hätte jemals irgendetwas
von den Machenschaften der US-Geheimdienste erfahren. Genau so kann es auch
Hinweise an die Berliner Ombudspersonen geben, die nach interner Prüfung ohne
Konsequenzen ad acta gelegt werden, ohne dass jemals jemand etwas davon erfährt.
Transparenz und Öffentlichkeit sind ein wirksames Mittel gegen Korruption. Außerdem hat
die Öffentlichkeit einen Anspruch auf Information, und zwar auch dann, wenn korrupte
Vorgänge strafrechtlich nicht relevant sind. Wenn beispielsweise Ex-Bundeskanzler
Schröder während seiner Amtszeit einen Gaspipeline-Bau einfädelt und anschließend
eine lukrative Beratertätigkeit bei einem beteiligten Gaslieferanten übernimmt, dann hat
die Öffentlichkeit das Recht, dies zu erfahren. Auch wenn dieser Vorgang völlig legal sein
mag, der Bürger muss sich sein eigenes Bild von dem Vorgang machen und selbst
darüber entscheiden können, ob er das korrupt findet oder nicht.
Außerdem ist fraglich, ob an den Hinweisen tatsächlich nichts dran ist, wenn die
Prüfverfahren eingestellt werden. Kaum einer macht sich grundlos die Mühe, Hinweise zu
geben. „Aus der Praxis der Korruptionsbekämpfung ist bekannt, dass sich anonym
übermittelte Hinweise auf Korruptionsdelikte zu einem hohen Prozentsatz in der Folge
entweder als begründet erweisen oder aber zumindest einen wahren Kern haben, der
126Bezirksamt Reinickendorf: BVV-Drucksacke 0583/XVIII vom 17.9.2014 http://www.berlin.de/bareinickendorf/politik-undverwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/___tmp/tmp/45081036606557207/6065572
07/00038004/04-Anlagen/05/6_Version_vom_17_09_2014.pdf, , Zugriff am 6.2.2015
48
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
andere Konsequenzen auslösen kann, z. B. dienst- oder arbeitsrechtlicher Art.“127 Dass
dennoch die meisten Prüfverfahren von Prüfgruppen zur Korruptionsbekämpfung
eingestellt werden, kann einen stutzig machen.
Eine Ursache für viele Verfahrenseinstellungen ist wohl das Problem der Beweisbarkeit.
Eine deutschlandweite Studie der PricewaterhouseCoopers AG in Kooperation mit der
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg von 2010 stellt dasselbe fest: „Insbesondere
bei den beiden Korruptionsformen (Vorteilsannahme und Bestechung, Anm. d. Autors)
und den wettbewerbswidrigen Absprachen übersteigt bei allen Behörden die Anzahl der
Verdachtsfälle erheblich die Zahl der eindeutigen Fälle. Dies lässt darauf schließen, dass
alle Behörden gerade bei diesen Delikten ein überdurchschnittliches Dunkelfeld
aufweisen. Vor allem Beweisprobleme dürften die Aufklärung derartiger Straftaten
erheblich erschweren.“128
Dass die Beweisführung immer schwierig ist, solange niemand ein Geständnis ablegt und
keine Unterlagen zu einer korrupten Handlung existieren, liegt auf der Hand. Dass das
bundesweit ein Problem ist, wird durch die genannte Studie einmal mehr belegt. Der
einzige Weg, dieses Dilemma zu lösen, wäre eine Umkehrung der Beweispflicht
beziehungsweise die „Vorverlegung rechtlicher Barrieren gegen Korruption“129: Es muss
durch lückenlose Dokumentation von Verwaltungsprozessen in den Akten eindeutig
nachvollziehbar sein, wie eine Verwaltungsentscheidung zustande gekommen ist. Ist ein
Verwaltungsprozess nicht ausreichend dokumentiert, oder geht aus den Akten hervor, das
der reguläre Dienstweg nicht eingehalten worden ist, muss der Verantwortliche zur
Rechenschaft gezogen werden – genauso wie jemand bei Vorteilsannahme zur
Rechenschaft gezogen wird ohne dass ein Nachweis der Vorteilsgewährung dafür
erforderlich ist.
Die beiden von mir befragten Ombudspersonen gaben übereinstimmend an, dass die
Zahl ihrer verwaltungsinternen Hinweisgeber nach ihrer Schätzung bei 30% läge. Das
sind zwar nur Schätzungen, und die Stichprobe ist nicht besonders groß, aber da beide
Ombudspersonen unabhängig voneinander auf denselben Wert kommen, ist dieser Wert
vielleicht doch ein wichtiger Hinweis:
Externe Hinweisgeber haben keinen Zugriff auf Verwaltungsunterlagen, sie sind in der
127 Bekemann, Uwe: Kommunale Korruptionsbekämpfung. Kohlhammer/Deutscher
Gemeindeverlag, Stuttgart 2007. S. 16
128 PricewaterhouseCoopers AG, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (HG): Kriminalität im
öffentlichen Sektor 2010. Auf der Spur von Korruption & Co. Halle-Wittenberg 2010. S. 15
129 Arnim, Hans Herbert von: Korruption: Begriff und systemische Defizite in der
Korruptionsbekämpfung. In: Arnim, Hans Herbert von (HG): Defizite in der
Korruptionsbekämpfung und der Korruptionsforschung. Berlin: Duncker&Humblot, 2009. S. 15
49
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Regel nicht in Verwaltungsinterna eingeweiht. Sie können über korrupte Vorgänge daher
überwiegend nur Vermutungen anstellen ohne Beweise zu haben. Dass mehr als zwei
Drittel aller Hinweise von außerhalb der Verwaltung kommen, erklärt möglicherweise,
dass nur relativ wenige der Hinweise von den Ombudspersonen zur weiteren Prüfung
weitergeleitet werden. Diese Hinweise sind vielleicht einfach nicht konkret genug.
Hinweise von verwaltungsinternen Hinweisgebern sind für die Korruptionsbekämpfung
wahrscheinlich ergiebiger, da interne Hinweisgeber an administrativen Prozessen
unmittelbar
beteiligt
Ermittlungsverfahren
sind
und
wichtige
Zugriff
zu
Prozessunterlagen
Beweismittel
sein
können.
haben,
Zudem
die
in
verfügen
Verwaltungsmitarbeiter über das erforderliche Fachwissen, um beurteilen zu können, ob
es bei Verwaltungsvorgängen mit rechten Dingen zugeht oder nicht. Sie können darum
auch fundiertere Hinweise geben. „Ein Musterbeispiel ist der Korruptionsfall Siemens:
Ohne Reinhard Siekaczek, der fast 40 Ordner an belastendem Material an die Behörden
übergeben hat, wäre es nicht möglich gewesen, die dort über Jahre praktizierte Korruption
so zügig und umfassend aufzuklären, wie es geschehen ist. Interne Hinweisgeber sind im
Kampf gegen Korruption elementar wichtig.“130 Wenn nur ein knappes Drittel aller
Hinweise an die Ombudspersonen von internen Hinweisgebern kommt, dann gibt es für
Verwaltungsangehörige
offenbar
eine
größere
Hemmschwelle
als
für
externe
Hinweisgeber.
Der Haupt-Hinderungsgrund dürfte die Gewährleistung der Anonymität sein. Gerade in
kleineren Verwaltungseinheiten, so auch auf kommunaler Ebene, ist es mitunter
schwierig, Hinweise anonym zu geben. Je kleiner der Kreis beteiligter Personen ist, desto
einfacher ist es, einen anonymen Hinweisgeber zu enttarnen. Viele potentielle
Hinweisgeber
verzichten
darum
vielleicht
vorsichtshalber
darauf,
sich
an
die
Ombudsperson zu wenden.
Um die Funktion der Ombudsperson zu optimieren, bedarf es nicht nur einer
Verbesserung des Schutzes von Hinweisgebern. Es bedarf eines anderen Umgangs mit
Hinweisgebern insgesamt. Um potentielle Hinweisgeber zu motivieren, bedarf es einer
Null-Toleranz-Organisationskultur. Hinweisgeber gelten immer noch als Nestbeschmutzer.
Mitarbeiter der Verwaltung sollten regelmäßig ermutigt werden, gegebenenfalls Hinweise
zu
geben.
Gemäß
(Antikorruptionsrichtlinie
der
Antikorruptions-Richtlinie
Abs.7
und
Anlage1,
sind
Abs.6).
sie
Das
dazu
verpflichtet
Aufdecken
von
Korruptionsdelikten sollte belohnt werden. Die Berliner BVG belohnt schließlich auch
130 Beck, Lotte; Nagel, Volker: Korruption aus ökonomischer Perspektive. In: Peter Graeff, Jürgen
Gieger (HG): Was ist Korruption? Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden, 2012. S. 37
50
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Hinweise, die zur Aufdeckung von Vandalismusdelikten in Bussen und Bahnen führen.
Zusammengenommen spricht alles für einen erheblichen Optimierungsbedarf in Bezug
auf die Funktion der Ombudsperson. Es wäre dringend zu untersuchen, ob das
Korruptionsbekämpfungs-Organ Ombudsperson in seiner aktuellen Form nicht zum Teil
dysfunktional ist, und wie man dies gegebenenfalls ändern könnte. Eine Abschaffung
dieses Amtes ist mit den Ergebnissen dieser Arbeit allerdings nicht zu rechtfertigen. Im
Gegenteil, das Geben von Hinweisen muss weiter erleichtert werden. Man müsste
untersuchen, ob und warum Ombudspersonen in anderen Städten und Ländern wie
beispielsweise in den USA erfolgreicher tätig sind.
Bis dahin könnten die beiden Berliner Ombudspersonen auch Ansprechpartner für
diejenigen Bezirke werden, die bisher keine eigene Ombudsperson haben. Das ist bei
allen Defiziten vermutlich immer noch besser, als überhaupt keinen externen
Ansprechpartner zu haben.
Das System interner Ansprechpartner dagegen halte ich (bis auf eine Ausnahme) für in
allen Bezirken gescheitert.
Auch wenn der Auftraggeber der Ombudspersonen die öffentliche Hand ist, sollten
Ombudspersonen ihr Amt mehr im Interesse des Bürgers als im Sinne der Verwaltung
ausüben können. So ähnlich war es auch einmal gedacht: „Der Ombudsmann soll auf
Landesebene
vom
Landesparlament
berufen
werden
und
als Anlaufstelle
für
Hinweisgeber, Bürger und Selbststeller dienen. Er ist schweigepflichtig und kann bei
staatlichen Dienststellen Akteneinsicht verlangen. Zusammen mit dem Hinweisgeber kann
er selbständig entscheiden, ob er die Strafverfolgungsbehörden einschaltet.“131 Vielleicht
müsste es ja der Ombudsperson außerdem freigestellt sein, Hinweise an die Medien oder
an Transparency International weiterzugeben, vorausgesetzt, die Anonymität des
Hinweisgebers ließe sich dabei gewährleisten.
Ein weiterer Verbesserungsvorschlag wäre, dass Ombudspersonen in den Bezirksämtern
mehr
präsent
sind.
Ombudspersonen
Zurzeit
selber
müssen
finden.
Man
Hinweisgeber
könnte
noch
den
Hinweisgebern
Weg
auch
zu
ein
den
Stück
entgegengehen, indem sich Ombudspersonen bei den Mitarbeitern der Bezirksämter
persönlich bekannt machen, über ihre Funktion aufklären und eine Vertrauensbasis
herstellen. In besonders korruptionsgefährdeten Bereichen könnte man Mitarbeiter
verpflichten, regelmäßig vertrauliche Gespräche mit einer Ombudsperson zu führen.
131 Schaupensteiner, Wolfgang: Korruption in Deutschland – Lagebild, Maßnahmen und
Gefahren. In: Schilling, Akatashi; Dolata, Uwe (HG): Korruption im Wirtschaftssystem
Deutschland – Jeder Mensch hat seinen Preis. 2. Auflage, Mankau Verlag, Murnau am
Staffelsee, 2004. S. 86
51
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
5.4.4. Gefährdungsatlas
Beschreibung und Begründung der Fragen zum Gefährdungsatlas
Gemäß der Berliner Antikorruptionsrichtlinie sind die Bezirksverwaltungen angehalten,
einen Korruptions-Gefährdungsatlas zu erstellen. In einem Gefährdungsatlas werden die
verschiedenen Verwaltungsabteilungen kategorisiert nach ihrem Gefährdungsgrad für
Korruption. Unstrittig besteht beispielsweise ein größeres Korruptionsrisiko in Ämtern, die
Aufträge und öffentliche Mittel an private Unternehmen vergeben als in Behörden, die
keine Mittel zu vergeben haben.
Der Gefährdungsatlas bildet die Grundlage für die Korruptionsprävention. Die als
besonders korruptionsanfällig identifizierten Abteilungen und Arbeitsplätze müssen einer
genauen Risikoanalyse unterzogen werden. Gegebenenfalls können hier besondere
Maßnahmen, wie zum Beispiel Personalrotation oder Vier-Augen-Prinzip ergriffen werden
(vgl. Antikorruptionsrichtlinie, Abs. 4.3.e,f).
Der Gefährdungsatlas sollte „regelmäßig“ aktualisiert werden.
Auswertung der Antworten zum Gefährdungsatlas
Alle Bezirke haben einen Gefährdungsatlas. Aber nur einige haben ihn veröffentlicht.
Nur fünf von neun der befragten Sachverständigen machten Angaben, inwiefern ein im
Gefährdungsatlas festgestelltes erhöhtes Korruptionsrisiko in der Korruptionsbekämpfung
berücksichtigt wird. Davon gaben vier an, dass es an Arbeitsplätzen mit erhöhtem
Korruptionsrisiko mehr Stichprobenkontrollen durch die Innenrevision gäbe. Ein
Sachverständiger gab an, Vorgesetzte würden besonders geschult werden und einer
schrieb, die Mitarbeiter würden besonders sensibilisiert werden.
Diskussion der Antworten zum Gefährdungsatlas
Positiv festzustellen ist, dass alle Bezirke einen Gefährdungsatlas erstellt haben. Somit ist
die Antikorruptionsrichtlinie in diesem Punkt formal erfüllt.
Teilweise ist die Erstellung des Gefährdungsatlas schon etliche Jahre her. Der
Gefährdungsatlas des Bezirksamts Lichtenberg beispielsweise, welcher auf der Webseite
des
Bezirksamts
veröffentlicht
wurde,
ist
aus
Gefährdungsatlas von Reinickendorf ist von 2008.
133
dem
Jahr
2008.132
Auch
der
Ob eine „regelmäßige“ Aktualisierung
132http://www.berlin.de/imperia/md/content/balichtenberghohenschoenhausen/behoerde/gefaehrdu
ngsatlas2008.pdf?start&ts=1421139317&file=gefaehrdungsatlas2008.pdf, Zugriff 7.2.2015
133 Bezirksamt Reinickendorf: Gefährdungsatlas 2008, http://www.berlin.de/bareinickendorf/politik-undverwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/___tmp/tmp/45081036826921036/8269210
36/00080384/84-Anlagen/02/HA_16102014_Anlage2_Gefaehrdungsatlas.pdf, Zugriff 7.2.2015
52
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
stattfindet, wäre darum zu prüfen.
Die Gefährdungsatlanten der Bezirke sind nicht einheitlich. So kategorisiert beispielsweise
der Bezirk Lichtenberg das Korruptionsrisiko in vier Klassen A,B,C und D, während der
Bezirk Reinickendorf in drei Klassen 1, 2, und 3 einteilt.
Die Kriterien
für
die Einteilung sind teilweise fragwürdig.
So
gelten
in der
Korruptionsforschung sämtliche Verwaltungsabteilungen, die Aufträge jeglicher Art
vergeben, als hoch gefährdet. „Die 'Erlangung von Aufträgen' ist ... seit Jahren mit
Abstand das bevorzugte Ziel korruptiven Handelns.“134 Dennoch ist beispielsweise im
Gefährdungsatlas des Bezirks Reinickendorf „die Vergabe von Aufträgen an freie Berufe,
für die feste Honorar- und Gebührenordnungen bestehen“, in der Kategorie 2 mit mittlerer
Gefährdungsbeurteilung eingeordnet.135
Zu den in der Berliner Antikorruptions-Richtlinie exemplarisch genannten möglichen
Sicherungsmaßnahmen
–
Vier-Augen-Prinzip,
getrennte
Aufgabenwahrnehmung,
Mitzeichnung, Berichtspflicht, vollständige Dokumentation, Rotation, verstärkte Dienstund Fachaufsicht136 – hat keiner der befragten Sachverständigen Angaben gemacht.
Die von den befragten Sachverständigen gemachten Angaben lassen vermuten, dass es
in den Bezirken überhaupt keine durchdachten Konzepte und keine Systematik gibt, wie
mit erhöhtem Korruptionsrisiko umzugehen ist. Vermehrte Stichprobenkontrollen durch die
Innenrevision (wenn es sie denn gibt, was zu überprüfen wäre), Schulung und
Sensibilisierung sind unzureichende Maßnahmen. Kontrollen durch die Innenrevision
können zwar zur Aufdeckung von Korruption beitragen, aber als einziges Mittel der
Korruptionskontrolle sind Stichproben durch die Innenrevision zu wenig.
Es
hat
den Anschein,
als
hätten
Gefährdungsatlas
und
Risikoanalyse
keine
nennenswerten Konsequenzen für die Korruptionsbekämpfung in den Bezirken gehabt.
5.4.5. Personalrotation
Beschreibung und Begründung der Fragen zur Personalrotation
Die Berliner Antikorruptionsrichtlinie sieht vor: „In gesteigert korruptionsgefährdeten
134Henzler, Peter: Korruption – Lage und Bekämpfungsaspekte aus Sicht des
Bundeskriminalamtes. In: Friedrich Ebert Stiftung: Strafverfolgung der Korruption 2012,
Korruptionsbekämpfung und Unternehmensstrafrecht, Die Internationalisierung der
Strafverfolgung, Dokumentation einer Tagung von Transparency International Deutschland e.V.
und der Friedrich-Ebert-Stiftung am 4. und 5. Dezember 2012 in Berlin. Berlin, 2013. S.93
135 Bezirksamt Reinickendorf: Gefährdungsatlas 2008, http://www.berlin.de/bareinickendorf/politik-undverwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/___tmp/tmp/45081036826921036/8269210
36/00080384/84-Anlagen/02/HA_16102014_Anlage2_Gefaehrdungsatlas.pdf, Zugriff 7.2.2015,
S. 2
136 vgl. Antikorruptionsrichtlinie, Abs. 4.3.e
53
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Arbeitsbereichen soll ein Arbeitsplatzwechsel in bestimmten Zeitabständen vorgesehen
werden. Dies gilt auch für Arbeitsplätze, bei denen Aufsichts- oder Kontrollfunktionen für
gesteigert korruptionsgefährdete Arbeitsplätze wahrgenommen werden. … Von einer
Rotation darf nur in besonders begründeten Ausnahmen …. abgesehen werden. Die
Gründe
und
erforderliche
Zusatzmaßnahmen
…
sind
zu
dokumentieren.“
(Antikorruptionsrichtlinie, Abs. 4.4.).
Die Personalrotation gilt als sinnvoll, weil nach Erkenntnissen der Korruptionsforschung
die Mehrzahl korrupter Mitarbeiter mehr als fünf Jahre auf ihrem Arbeitsplatz tätig ist.
Durch einen Personalwechsel bei den Zuständigkeiten würde vermieden werden, dass
jemand länger als fünf Jahre auf einem Arbeitsplatz verbleibt. Er wäre dann nicht mehr in
der Lage, langjährige korrupte Beziehungen oder korrupte Netzwerke aufzubauen.
Auswertung der Antworten zur Personalrotation
In keinem der neun Bezirke, die an der Befragung teilgenommen haben, gibt es die
Personalrotation als Mittel der Korruptionsbekämpfung.
Vier der befragten Sachverständigen hielten die Maßnahme der Personalrotation wegen
Personalmangels und des Fehlens qualifizierter Mitarbeiter für nicht umsetzbar.
Diskussion der Antworten zur Personalrotation
In
keinem
der
Berliner
Bezirke
gibt
es
die
Personalrotation.
Die
Berliner
Antikorruptionsrichtlinie wird in diesem Punkt in keinem Bezirk erfüllt, ausgerechnet bei
einer Antikorruptionsmaßnahme, die mutmaßlich besonders wirksam ist.
Die Begründung, dass die Personalrotation wegen fehlenden Personals nicht umsetzbar
ist, ist zwar allgemein nachvollziehbar, aber sie legitimiert nicht dazu, die verbindliche
Antikorruptionsrichtlinie vollständig zu ignorieren. In vielen Einzelfällen ist es sicher
durchaus möglich, Personalwechsel vorzunehmen. Ferner wäre es theoretisch möglich,
durch Umstrukturierungen und Qualifizierungsmaßnahmen Voraussetzungen zu schaffen,
dass Personalrotationen umzusetzen wären. Da es auch aus anderen Gründen immer
wieder personelle Wechsel gibt – beispielsweise wegen Krankheit, Schwangerschaft,
Ruhestand oder Umzug – sollte die Verwaltung flexibel genug sein, alle fünf Jahre einen
personellen Wechsel mehr zu verkraften.
Zudem werden Mitarbeiter durch einen Wechsel auf eine andere Position zusätzlich
qualifiziert. Sie lernen auf jedem neuen Posten dazu. Und es entsteht ein Wissenstransfer
von einer Abteilung zu einer anderen. Personalrotationen haben also auch einen Nutzen.
Wenn Personalrotation im Einzelfall tatsächlich nicht möglich sein sollte, dann bedarf es
54
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
gemäß
Antikorruptionsrichtlinie
einer
plausiblen
fachlichen
Begründung
und
zweckmäßiger Ersatzmaßnahmen zur besonderen Kontrolle. Beides muss dokumentiert
werden. Es macht nicht den Eindruck, dass dies in den Berliner Bezirken so gehandhabt
wird. Wenn das auf Landesebene funktioniert (was zu prüfen wäre), sollten die Bezirke
auch dazu in der Lage sein.
Es ist notwendig, die Berliner Antikorruptionsrichtlinie auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen
und gegebenenfalls unrealistische Maßnahmen durch geeignetere zu ersetzen. Oder
besser: Man befähigt die Bezirksverwaltungen zur Umsetzung durch zusätzliches
Personal und Qualifizierungsmaßnahmen.
Die Umsetzung muss zudem kontrolliert werden, Mängel in der Umsetzung müssen
Konsequenzen haben. Die Richtlinie gibt es seit 1998, die Bezirke haben genug Zeit
gehabt, sie umzusetzen. Wenn die Umsetzung ohne Druckmittel nicht funktioniert,
müssen Druckmittel eingeführt werden, um die Umsetzung zu gewährleisten.
Dazu ist die Maßnahme Personalrotation weiter wissenschaftlich zu untersuchen.
Bestätigt sich die Effizienz dieser Maßnahme, sollte sie zwingend umgesetzt werden.
5.4.6. Schulungen und Fortbildungen
Beschreibung und Begründung der Fragen zu Schulungen und Fortbildungen
„Beschäftigte in gesteigert korruptionsgefährdeten Bereichen und Führungskräfte sollen
an
Fortbildungsveranstaltungen
zur
Korruptionsbekämpfung
teilnehmen.“
(Antikorruptionsrichtlinie, Abs.5.4.).
Um Korruption erkennen und wirksam begegnen zu können bedarf es besonderer
Fachkenntnisse. Man braucht zum einen Klarheit darüber, was erlaubt ist und was nicht –
darf man beispielsweise ein Geschenk oder eine Einladung zum Essen annehmen oder
nicht. Zum anderen braucht man detailliertes, teilweise kriminologisches Wissen über
Korruption, um sie aufspüren zu können. Mitarbeiter müssen darum regelmäßig über ihre
Rechte und über Verbote belehrt werden. Führungskräfte und Mitarbeiter mit Aufsichtsund Kontrollpflichten müssen angemessen qualifiziert werden, um Korruption aufspüren
zu können.
Belehrungen,
Schulungen
und
Fortbildungen
sind
daher
unverzichtbar
für
die
Korruptionsbekämpfung und -prävention.
Auswertung der Antworten zu Schulungen und Fortbildungen
In keinem der an der Befragung teilnehmenden Bezirke gibt es selbstorganisierte
Fortbildungen
oder
Schulungen.
Ein
befragter
Sachverständiger
verwies
auf
55
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Schulungsangebote der Generalstaatsanwaltschaft. Zwei gaben an, die Ombudsperson
würde für ihren Bezirk Schulungen anbieten bzw. diese seien in Planung, und wieder zwei
verwiesen auf das Fortbildungsangebot der Verwaltungsakademie Berlin.
Im Jahresbericht der Generalstaatsanwaltschaft von 2011 ist als Fortbildungsangebot
genau ein Vortrag im Bezirksamt Mitte zum Thema Sponsoring aufgeführt. 137 Im Jahr 2013
hat der Generalstaatsanwalt einen Vortrag im Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf über die
Vermeidung von Korruption bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gehalten.138
Das Fortbildungsprogramm der Verwaltungsakademie für 2015 bietet genau ein
Schulungsangebot
zum
Thema
Korruption,
allerdings
nur
bei
Bedarf
(„Korruptionsvorbeugung als besondere Führungsaufgabe“, Kursnr. IVM/15-O-1141,
„Termin wird nach Bedarf eingerichtet“).139
Innensenator Henkel verweist in der Beantwortung einer schriftlichen Anfrage im
Abgeordnetenhaus
im
April
2014
ferner
auf
das
Fortbildungsangebot
der
Bundesfinanzakademie. Die Dienstkräfte werden „regelmäßig“ auf diese Veranstaltungen
aufmerksam gemacht. „Eine grundsätzliche Verpflichtung zur Teilnahme an solchen
Fortbildungsveranstaltungen besteht nicht.“140 Im September 2014 verweist er bei der
Beantwortung
einer
anderen Anfrage
auf
Fortbildungen,
die
vom
Leiter
der
Antikorruptions-Arbeitsgruppe der Berliner Senatsverwaltungen angeboten werden.141
Die
Bundesfinanzakademie
bietet
in
ihrem
Jahresprogramm
2015
genau
ein
Fortbildungsangebot zum Thema Korruption – für Teilnehmer aus ganz Deutschland.142
Drei befragte Sachverständige gaben an, ihre letzte Schulung sei 2011 gewesen, einer
hatte seine letzte Schulung 2009. Die Übrigen machten keine Angaben dazu.
Diskussion der Antworten zu Schulungen und Fortbildungen
Eine angemessene Schulung von Mitarbeitern und Führungskräften in den Berliner
Bezirksverwaltungen zum Thema Korruptionsbekämpfung findet nicht statt. Das
vorhandene Fortbildungsangebot ist völlig unzureichend für einen Verwaltungsapparat mit
137 Tätigkeitsbericht der Zentralstelle “Korruptionsbekämpfung“ bei der
Generalstaatsanwaltschaft für das Jahr 2011.
138 Tätigkeitsbericht der Zentralstelle “Korruptionsbekämpfung“ bei der Generalstaatsanwaltschaft
für das Jahr 2013,
http://www.berlin.de/imperia/md/content/senatsverwaltungen/justiz/strafverfolgung/generalstaats
anwaltschaft/aktuelles/mitteilungen_veranstaltungen/jahresbericht_korruptionsbekaempfung.pdf
?start&ts=1415018763&file=jahresbericht_korruptionsbekaempfung.pdf, Zugriff 8.2.2015
139 http://www.berlin.de/vak/, zugriff 8.2.2015
140 http://dirk-behrendt.net/wp-content/uploads/2014/10/ka_korruption.pdf, Seite 3, Zugriff 8.2.2015
141 http://dirk-behrendt.net/wp-content/uploads/2014/10/S17-14518.pdf, Zugriff 8.2.2015
142http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Ministerium/Geschaeftsber
eich/Bundesfinanzakademie/jahresprogramm-2015.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Seite 234,
Zugriff 8.2.2015
56
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
über 100.000 Mitarbeitern.
Die Teilnahme an Fortbildungsangeboten ist zudem offenbar freiwillig. Anreize für oder
Verpflichtung zu Fortbildungen gibt es nicht. Es ist nicht dokumentiert, wie viele
Mitarbeiter
aus
den
Verwaltungen
Fortbildungsveranstaltungen
zum Thema
der
Berliner
Korruptionsbekämpfung
Bezirke
jährlich
besuchen. Aber
angesichts des vorhandenen, bescheidenen, freiwilligen Angebots ist zu befürchten, dass
es sehr, sehr wenige sind.
Das Fortbildungsangebot der öffentlichen Hand scheint sich im Übrigen stark auf
Belehrungen über Regelungen zur Annahme von Geschenken oder Sponsoring zu
beschränken. Schulungen zum systematischen Erkennen und Bekämpfen von Korruption,
scheint es kaum zu geben.
In diesem Punkt wird die Berliner Antikorruptionsrichtlinie von den Bezirksverwaltungen
und vom Land Berlin nicht erfüllt.
5.4.7. Antikorruptionsbeauftragter
Beschreibung und Begründung der Fragen zum Antikorruptionsbeauftragten
„Für die Dienststellen sind Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für die
Korruptionsbekämpfung
zu
bestellen.“
(Antikorruptionsrichtlinie,
Abs.
6.1.).
Auf
Bezirksebene sind die Ansprechpartner in der Regel die Antikorruptionsbeauftragten. Sie
sind Ansprechpartner für interne und externe Hinweisgeber, sie beraten und
sensibilisieren die Beschäftigten, sie unternehmen erste Schritte der Ermittlung bei
Verdachtsfällen und informieren gegebenenfalls die Strafverfolgungsbehörden.
Auswertung der Antworten zu den Antikorruptionsbeauftragten
Alle
neun
an
der
Antikorruptionsbeauftragten
Befragung
oder
teilnehmenden
einen
anders
Bezirke
benannten
haben
einen
Ansprechpartner.
Charlottenburg-Wilmersdorf hat zwei „zentrale Ansprechpartner Antikorruption“.
Auch die nicht an der Befragung teilnehmenden Bezirke Reinickendorf und Neukölln
verfügen
über
einen
Antikorruptionsbeauftragte
Antikorruptionsbeauftragten.
der
Bezirksamtsdirektor,
In
Reinickendorf
gleichzeitig
auch
ist
der
Leiter
der
Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung.
In Steglitz-Zehlendorf gibt es keinen Antikorruptionsbeauftragten mehr, die Funktion
übernimmt seit 2013 der Leiter des Rechtsamts.143
143 Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf: BVV-Drucksache 0759/IV vom 11.11.2013,
http://www.berlin.de/ba-steglitz-zehlendorf/politik-undverwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/___tmp/tmp/4508103639672640/39672640/
57
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Die
Antikorruptionsbeauftragten/Ansprechpartner
Antikorruption
aller
Bezirke
sind
hauptamtlich in anderen Funktionen im Bezirksamt tätig (z.B. im Rechtsamt, in der
Innenrevision
oder
als
Datenschutzbeauftragter)
und
üben
die
Tätigkeit
als
Ansprechpartner nebenbei aus.
Diskussion der Antworten zu den Antikorruptionsbeauftragten
In allen Bezirken gibt es Ansprechpartner Antikorruption/Antikorruptionsbeauftragte. Damit
sind die Berliner Antikorruptionsrichtlinien formal erfüllt. Jedoch scheint das Amt des
Antikorruptionsbeauftragten nicht die erforderliche Gewichtung zu haben. Vielmehr macht
es den Eindruck, als hätte das Amt einen Ähnlichen Stellenwert, wie das Amt des
Sicherheits- oder Brandschutzbeauftragten – zusätzliche Tätigkeiten mit sehr geringer
Mehrbelastung, die von Mitarbeitern in der Regel freiwillig und ehrenamtlich übernommen
werden.
Alle Antikorruptionsbeauftragten üben ihre Tätigkeit nebenbei aus (ausgenommen ein
Bezirk). Für die Korruptionsbekämpfung haben sie daher nur begrenzt Zeit zur Verfügung,
sie hat keine Priorität. Dass dies keine gute Lösung ist, ist allgemein bekannt: „Das
einfache Erklären einer vorhandenen Dienststelle, z. B. des Rechnungsprüfungsamtes zur
Antikorruptionsstelle ist unzureichend. Die Korruptionsbekämpfung wird dann nur eine
zusätzliche Aufgabe bleiben. Es fehlt für die Beschäftigten die persönliche und auf die
Korruptionsbekämpfung konkretisierte Verantwortung. Ebenso wird es an der Motivation
wie auch an der zeitlichen Gelegenheit mangeln, die Arbeit zur Korruptionsbekämpfung zu
professionalisieren.“144 (Dies gilt übrigens auch für die Prüfgruppen.)
Als Ansprechpartner für Hinweisgeber scheinen sie keine große Rolle zu spielen.
Möglicherweise ist in einigen Bezirksverwaltungen bereits eingetreten, was die
Korruptionsforscherin Britta Bannenberg beschreibt: „Als negativ hat sich in lange
andauernden Korruptionsgeschehen immer wieder gezeigt, dass vorhandene Hinweise
und Verdachtsmomente, die von Mitarbeitern geäußert worden waren, nicht ernst
genommen wurden und diese Mitarbeiter, die versuchten, Kontrollen auszulösen, häufig
noch negativen Reaktionen ausgesetzt waren. Dies schwächt nicht nur auf Dauer die
Motivation der ehrlichen Mitarbeiter in der Verwaltung, sondern ermöglicht den Tätern,
ihre Selbstbereicherung über Jahre zu verschleiern und das Recht zu missachten. Die
Täter sind gerade die leistungsstarken Amtsträger, die Vertrauen genießen und Macht
00062197/97-Anlagen/02/2_Version_vom_21_11_2013.pdf, Zugriff 7.2.2015
144 Bekemann, Uwe: Kommunale Korruptionsbekämpfung. Kohlhammer/Deutscher
Gemeindeverlag, Stuttgart 2007. S. 105
58
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
haben, Vorgänge abzuschotten.“145
Insgesamt erscheint die Funktion der Korruptionsbeauftragten nicht ausreichend
durchdacht. Aufgaben und Kompetenzen sind unzureichend geregelt. Es ist zu überlegen,
ob die Aufgabe der Korruptionsbeauftragten in den Berliner Bezirken nicht gänzlich neu
definiert werden sollte, nämlich so, wie sie vielfach in anderen Kommunen definiert ist:
„Korruptionsbeauftragte sollten bestellte Rechnungsprüfer sein und mit Rechten und
Pflichten eines Rechnungsprüfers ausgestattet sein.“146
5.4.8. Verhaltenskodex
Beschreibung und Begründung der Fragen zum Verhaltenskodex
Der Berliner Antikorruptionsrichtlinie ist ein Verhaltenskodex für alle Mitarbeiter der
Landesverwaltung
angehängt
(Anlage1
der
Antikorruptionsrichtlinie).
Dieser
ist
verbindlicher Bestandteil der Richtlinie (Antikorruptionsrichtlinie Abs. 5.1.).
Leitbilder, Compliance-Richtlinien und Ehren- und Verhaltenskodizes dienen Mitarbeitern
in
ihrer Amtsausübung
zur
Orientierung.
Der
Kodex
gibt Auskunft
über
die
Grundeinstellung der Organisation, er soll die Identifikation der Mitarbeiter mit den Zielen
der Organisation fördern und zu korrektem Verhalten anhalten.
Compliance wird in der Korruptionsforschung ein hoher Stellenwert eingeräumt.
Mitarbeiter, die die Werte und Zielvorstellungen einer Organisation teilen, sind loyal und
von sich aus bemüht, die gemeinsamen Verhaltensregeln einzuhalten. Korruption wird
dadurch präventiv bekämpft.
Auswertung der Antworten zum Verhaltenskodex
Nur zwei Sachverständige gaben an, ihr Bezirk habe einen eigenen Verhaltenskodex
oder ein eigenes Leitbild.
Diskussion der Antworten zum Verhaltenskodex
Der Verhaltenskodex der Berliner Landesverwaltung ist als Bestandteil der Berliner
Korruptionsrichtlinie
Bezirksverwaltungen
auch
sind
für
die
aber
Berliner
so
Bezirke
große
und
verbindlich.
in
sich
Die
Berliner
geschlossene
Organisationseinheiten, dass ein eigener Verhaltenskodex oder ein eigenes Leitbild
145 Bannenberg, Britta: Korruption in Deutschland und ihre strafrechtliche Kontrolle. In: Netzwerk
Recherche e.V. (HG): nr-Werkstatt: Dunkelfeld Korruption Herausforderungen für den
Recherche Journalismus. Wiesbaden, 2006, http://bisher.netzwerkrecherche.de/files/nrwerkstatt-03-dunkelfeld-korruption.pdf, Zugriff 7.2.2015, S.38
146 Bekemann, Uwe: Kommunale Korruptionsbekämpfung. Kohlhammer/Deutscher
Gemeindeverlag, Stuttgart 2007. S. 104-105
59
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
angemessen wäre. Eigene Regeln für Mitarbeiter bezüglich Korruption unterstreichen die
Null-Toleranz-Haltung der Organisation. Eine Beteiligung der Mitarbeiter beim Verfassen
des Kodex würde die Akzeptanz fördern. Eine Diskussion über Regeln und Ziele der
Organisation
zwecks
Verfassen
des
Kodex
würde
vielleicht
einen
Selbstreinigungsprozess einleiten.
Dass nur zwei Bezirke über eigene Verhaltenskodizes verfügen, sagt möglicherweise
etwas über den Stellenwert aus, den die Korruptionsbekämpfung in den Bezirken hat:
Eigene Impulse, eigene Akzente kommen nur vereinzelt aus den Bezirken. Ansonsten
wird von der Landesebene übernommen was übernommen werden muss, aber nicht
mehr.
5.4.9. Weitere Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung
Beschreibung
und
Begründung
der
Fragen
zu
weiteren
Maßnahmen
zur
Korruptionsbekämpfung
Neben den in der Antikorruptionsrichtlinie aufgeführten Maßnahmen gibt es noch eine
ganze Reihe möglicher weiterer Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung. In meiner
Befragung habe ich – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – nach folgenden Maßnahmen
der Korruptionsbekämpfung gefragt:
•
Richtlinie für die Annahme von Geschenken: Die Annahme von Geschenken
durch Amts- oder Mandatsträger bedarf einer einheitlichen und strengen
Regelung.
Auch
kleine
Geschenke
sind
als
Bestechungsversuch
bzw.
Vorteilsannahme zu bewerten.
•
Sponsoring-Richtlinie und Sponsoring-Bericht: Das Sponsoring von Aktivitäten
und Maßnahmen der Verwaltung durch private Unternehmen nimmt immer mehr
zu. Sponsoring ist ein potentielles Einfallstor für Korruption. Wenn Unternehmen
sponsoren, um an lukrative Aufträge heranzukommen, ist die Grenze des
Erlaubten überschritten. Darum sind beim Sponsoring klare Regeln und
Transparenz besonders wichtig. Eine Sponsoring-Richtlinie und ein jährlicher, zu
veröffentlichender Sponsoring-Bericht sind daher unverzichtbar. Die Berliner
Antikorruptionsrichtlinie hat in der Anlage einen Muster-Sponsoringvertrag.147
•
Zuwendungs-Register: Die Vergabe von öffentlichen Zuwendungen/Fördermitteln
an freie Träger, private Unternehmen und natürliche Personen ist ein ebenso
korruptionsanfälliger
Bereich
wie
die
Vergabe
öffentlicher
Aufträge.
Als
147 Anlage 2 der Antikorruptionsrichtlinie von 2008
60
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Zuwendungen werden Ausgaben für Leistungen an Stellen außerhalb der
Verwaltung Berlins (z.B. freie Träger) zur Erfüllung bestimmter Zwecke bezeichnet,
an deren Erfüllung das Land Berlin ein erhebliches Interesse hat. Ein öffentliches
Zuwendungs-Register oder ein jährlicher Zuwendungs-Bericht schafft Transparenz
in der Sache. Das wirkt korruptionsvorbeugend. Wenn für jedermann nachprüfbar
ist, welcher freie Träger wann und wofür Zuwendungen erhalten hat, fallen
ungewöhnliche
Förderungen
schnell
auf.
Das
Land
Berlin
hat
eine
Zuwendungsdatenbank, in der auch Zuwendungen durch die Bezirke erfasst
sind.148
•
Korruptions-Register:
Unternehmen,
die
in
der
Vergangenheit
unter
Korruptionsverdacht geraten waren, werden zentral in einem Korruptions-Register
erfasst. Wer dort registriert ist, ist von der Vergabe öffentlicher Aufträge
ausgeschlossen. Das Land Berlin hat ein Korruptionsregister seit 2006.
•
Zentrale Vergabestelle: Eine Methode, das Vier-Augen-Prinzip und die Trennung
von Planung und Vergabe öffentlicher Aufträge zu realisieren, ist eine zentrale
Vergabestelle. Vergaben werden hier geprüft und abgezeichnet.
•
Elektronisches Hinweisgebersystem: Ein elektronisches Hinweisgebersystem
für
anonyme
Hinweisgeber
soll
es
Hinweisgebern
erleichtern,
korrupte
Sachverhalte anzuzeigen. Ihre Anonymität soll dabei noch besser geschützt sein.
Ferner ist über das Hinweisgebersystem ein Dialog mit dem Hinweisgeber
möglich, wenn Rückfragen erforderlich sein sollten. Seit Februar 2015 hat endlich
auch Berlin ein elektronisches Hinweisgebersystem.
•
Erfassung von Nebeneinkünften: Mitarbeiter, die Nebeneinkünfte aus anderen
Beschäftigungen oder Geschäften haben, können bei Verwaltungsentscheidungen
befangen sein, wenn die Nebentätigkeit in irgendeiner Form betroffen ist.
Nebeneinkünfte sollten daher nicht nur dem nächsten Vorgesetzten mitgeteilt
werden sondern auch zentral erfasst werden, um zusätzliche Transparenz zu
haben.
•
Beratung durch externe Experten: Wenn in einer Verwaltung bestimmtes
Fachwissen nicht ausreichend zur Verfügung steht, kann es sinnvoll sein, externe
Experten zur Beratung oder für Fortbildungen hinzuzuziehen. Wenn es in der
Verwaltung
keinen
Korruptionsbekämpfung
wirklich
gibt,
qualifizierten
ist
eine
Sachverständigen
externe
Beratung
für
die
wenigstens
übergangsweise zweckmäßig.
148 http://www.berlin.de/sen/finanzen/service/zuwendungsdatenbank/, Zugriff 8.2.2015
61
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
•
Qualitätsmanagement
systematischen
bei
der
Korruptionsbekämpfung:
Qualitätsmanagement
Ausführungsprozesse
kontinuierlicher
in
Organisationen
Verbesserungsprozess
können
stetig
ist
Mit
Hilfe
von
Planungs-
verbessert
und
werden.
insbesondere
Ein
in
der
Korruptionsbekämpfung sinnvoll. Korruption entzieht sich - wie alle Formen von
Verbrechen - der Kontrolle immer aufs Neue. Die Kontrollmethoden müssen daher
ständig überprüft und optimiert werden.
•
Überbezirkliche Kooperation bei der Korruptionsbekämpfung: Ein stetiger
fachlicher Austausch dient der Weiterentwicklung der Korruptionsbekämpfung und
kann zu einer Angleichung der Standards in den Bezirken führen.
•
Vertragsstrafen bei Korruption: Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge an private
Unternehmen sollte eine Klausel in die Verträge, die zusätzliche Vertragsstrafen im
Falle des Nachweises von Korruption vorsieht.
•
Eigenes Konzept zur Korruptionsbekämpfung: „Die Prävention sollte einem
Antikorruptionskonzept folgen, das die Grundlage für alle Maßnahmen bildet und
so ein strukturiertes, in sich abgestimmtes und flächendeckendes Vorgehen
sichert.“149
Für
eine
wirksame
Korruptionsbekämpfung
bedarf
es
eines
Gesamtkonzeptes, welches für alle Problembereiche durchdachte Lösungen bereit
hält. Einzelne Maßnahmen und punktuelle Lösungen bieten keinen wirksamen
Schutz vor Korruption. Mit dem „Vier-Säulen-Modell“ hat das Land Berlin sein
aktuelles
Konzept
seit
2011
(mit
der
Einführung
der
vierten
Säule
Vertrauensanwalt). Der Bezirk Spandau hat sein „Drei-Säulen-Modell“ seit über
zehn Jahren. Und auch wenn es an Ermittlungserfolgen in Spandau ebenso
mangelt, wie in den anderen Bezirken – die präventiven Maßnahmen scheinen
sich gelohnt zu haben: „Investitionen im Kampf gegen Korruption machten sich
bezahlt. So das Fazit nach fünf Jahren Offensive gegen Unregelmäßigkeiten in
Spandaus
Verwaltung. Auf
Einspareffekte
von
bis
zu
50
Prozent
bei
Auftragsvergaben verwies Rechtsamtsleiter Jürgen Knebel in einer Bilanz im
Verwaltungsausschuss.“150 Ob die Bilanz heute, nach zehn Jahren, noch genauso
gut ist, wäre allerdings zu prüfen.
149 Bekemann, Uwe: Kommunale Korruptionsbekämpfung. Kohlhammer/Deutscher
Gemeindeverlag, Stuttgart 2007. S. 7
150 Die Welt, 24.5.2005. http://www.welt.de/print-welt/article672157/Offensive-gegen-Korruptionbei-Beamten-zahlt-sich-aus.html, Zugriff 16.2.2015
62
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Auswertung der Antworten zu weiteren Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung
•
Richtlinien für die Annahme von Geschenken: Sieben der neun an der
Befragung teilnehmenden Bezirke haben eine Richtline für die Annahme von
Geschenken. Drei dieser Bezirke gaben an, die Ausführungsvorschriften über die
Annahme von Belohnungen und Geschenken des Landes Berlin übernommen zu
haben.
•
Sponsoring-Richtlinie und Sponsoring-Bericht: Acht von neun Bezirken haben
eine Sponsoring-Richtlinie. Einer dieser Bezirke hat die Sponsoring-Richtlinie der
Senatsverwaltung für Inneres des Landes Berlin übernommen, ein weiterer
übernahm die Sponsoring-Richtlinie der Senatsverwaltung für Justiz des Landes
Berlin. Ein Bezirk gab an, es gäbe aktuell keine Sponsoring-Richtlinie, die
Einführung sei aber für 2014 geplant.
Sechs von neun Bezirken haben einen Sponsoring-Bericht. In manchen Bezirken
werden die Sponsoring-Berichte veröffentlicht, in anderen Bezirken werden sie der
BVV vorgelegt und in einigen Bezirken werden sie gar nicht veröffentlicht. In zwei
Bezirken heißt es „Zuwendungs-Bericht“, da darin nicht nur Sponsoring-Gelder
erfasst
werden
sondern
auch
Gelder
aus
anderen
Zuwendungen
wie
151
Schenkungen, Werbeeinnahmen, Mäzenatentum und Spenden.
•
Zuwendungs-Register: Fünf von neun Bezirken haben ein Zuwendungs-Register.
Allerdings wäre zu prüfen, ob es möglicherweise zu begrifflichen Verwechselungen
gekommen ist, da in zwei Bezirken der „Zuwendungs-Bericht“ über die
Zuwendungen
an
den
Bezirk
berichtet.
Teilweise
werden
die
Berichte
veröffentlicht.
•
Korruptions-Register: Kein Bezirk hat ein eigenes Korruptions-Register. Für alle
bezirklichen Vergabestellen ist bei Vergaben ab einem Auftragswert von 15.000,00
€ die Abfrage des Berliner Korruptions-Registers obligatorisch.152
•
Zentrale
Vergabestelle:
Fünf
von
neun
Bezirken
haben
eine
zentrale
Vergabestelle. Ein weiterer Bezirk hat eine „übergeordnete Vergabestelle für die
Abteilung Bauwesen“.
•
Elektronisches Hinweisgebersystem: Nur ein Bezirk hat ein elektronisches
151 Arbeitsanweisung des Bezirksamtes Marzahn - Hellersdorf von Berlin zur Förderung von
Tätigkeiten der Bezirksverwaltung durch Zuwendungen Privater - AZP - Bezirksamtsbeschluss
Nr.930/III vom 09.02.2010, https://www.berlin.de/imperia/md/content/bamarzahnhellersdorf/babeschlsse/2010/vzb930.pdf?start&ts=1265967207&file=vzb930.pdf, Zugriff 8.2.2015. s.a.
Berliner Antikorruptionsrichtlinie Abs. 8.1.-8.3
152 http://www.stadtentwicklung.berlin.de/service/korruptionsregister/, Zugriff 8.2.2015
63
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Hinweisgebersystem.153
•
Erfassung von Nebeneinkünften: In nur zwei Bezirken werden Nebeneinkünfte
von Mitarbeitern zentral erfasst. In einem Bezirk werden sie beim Personalservice
erfasst, in dem anderen werden sie von der Personalstelle erfasst und dem
Sachbearbeiter Antikoruption zur Kenntnisnahme mitgeteilt.
•
Beratung durch externe Experten: Nur drei Bezirke lassen sich extern beraten.
Als externe Berater wurden die Generalstaatsanwaltschaft, die Ombudsperson
und die Innenrevision der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung angegeben.
•
Qualitätsmanagement:
Ein
Qualitätsmanagement
bei
der
Korruptionsbekämpfung gibt es in keinem Bezirk.
•
Überbezirkliche Kooperation bei der Korruptionsbekämpfung: Nur vier
Bezirke gaben an, dass es Formen überbezirklicher Kooperation bei der
Korruptionsbekämpfung gebe. Diese sind: Unregelmäßige Revisorentreffen der
Berliner Behörden, Information durch Antikorruptions-Arbeitsgruppe der Berliner
Verwaltung,
jährliche Treffen
der Antikorruptionsbeauftragten
der
Berliner
Behörden bei der Zentralstelle Korruptionsbekämpfung.
•
Vertragsstrafen bei Korruption: Nur zwei Bezirke gaben an, dass es bei der
Vergabe öffentlicher Aufträge eine Vertragsstrafe bei Korruption gibt. Eine befragte
Sachverständige gab an, dass zumindest im Baubereich die im Land Berlin
anzuwendenden Vertragsmuster (Abau III 12.B) eine Korruptionsklausel enthalten,
nach der der Auftragnehmer zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5% der
Abrechnungssumme verpflichtet wird.
•
Eigenes Konzept zur Korruptionsbekämpfung: Nur vier Bezirke haben ein
eigenes Konzept zur Korruptionsbekämpfung.
Diskussion der Antworten zu weiteren Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung
Der Überblick über die Maßnahmen und Instrumente der Korruptionsbekämpfung, die
über die Erfüllung der Antikorruptionsrichtlinie hinausgehen, offenbart zwei Dinge: Erstens
ist die Korruptionsbekämpfung in den Berliner Bezirken äußerst uneinheitlich. Und
zweitens gibt es keinen Bezirk, der alle Möglichkeiten der Korruptionsbekämpfung
konsequent nutzt.
Die Mehrheit der Bezirke beschränkt sich auf die Umsetzung von Maßnahmen, die zuvor
auf Landesebene eingeführt wurden. Auch wenn einige Bezirke sichtbar engagierter bei
153 http://www.berlin.de/ba-charlottenburgwilmersdorf/aktuelles/pressemitteilungen/2008/pressemitteilung.196995.php, Zugriff 8.2.2015
64
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
der Korruptionsbekämpfung sind als andere, - ein ambitionierter, innovativer Vorreiter in
der Korruptionsbekämpfung ist nicht unter den Bezirken. Der Bezirk Spandau, der im Jahr
2005 immerhin einen Preis für sein Antikorruptionskonzept gewonnen hatte (7.
Internationalen Speyerer Qualitätswettbewerb 2005)154 hat seinen Vorsprung von damals
eingebüßt.
Zu den Maßnahmen im Einzelnen sind folgende Anmerkungen zu machen:
•
Eine Richtlinie für die Annahme von Geschenken sollte jeder Bezirk haben.
Über die korrumpierende Wirkung auch kleiner Geschenke wurde in Berlin bereits
in den Achtziger Jahren gestritten, eine landesweite Richtlinie gibt es seit 1990
(Ausführungsvorschriften der Senatsverwaltung für Inneres über die Annahme von
Belohnungen und Geschenken vom 9. März 1990).
•
Sponsoring-Richtlinien und Sponsoring-Berichte sind unbedingt erforderlich,
um Transparenz zu schaffen. Andere Zuwendungen wie Spenden oder
Werbeeinnahmen sollten ebenfalls veröffentlicht werden.
•
Zuwendungs-Register: Ein bezirkliches Zuwendungs-Register ist ein wichtiges
Instrument, um Transparenz zu gewährleisten. Ein landesweites ZuwendungsRegister wie die Berliner Zuwendungs-Datenbank ist eine geeignete Alternative.
Allerdings ist dafür Sorge zu tragen, dass dieses Register benutzerfreundlich und
vollständig ist. Dies ist zurzeit nicht der Fall, teilweise werden die Fördersummen
nicht angegeben, teilweise sind Projekte in der Stichwortsuche nicht zu finden.
Natürliche
Personen
werden
nicht
namentlich
aufgeführt.
Vollständige
Transparenz ist nicht gegeben.
•
Korruptions-Register: Ein Korruptions-Register auf Landesebene ist wohl
ausreichend. Möglicherweise ist die Mindestsumme für Abfragen mit 15.000,00 €
zu hoch. Es sollte überprüft werden, ob die Abfrage von einzelnen Behörden durch
Stückelung
von
Aufträgen
vermieden
wird.
Eine
Studie
von
PricewaterhouseCoopers und der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg
stellte in einer bundesweiten Untersuchung fest, dass Behörden nicht immer von
der
Möglichkeit
Gebrauch
machen,
ein
vorhandenes
Korruptionsregister
abzufragen. Laut dieser Studie nutzten 40% der befragten Behörden die
Möglichkeit selten oder nie. Nur ein Drittel der befragten Behörden machte bei
Auftragsvergaben regelmäßig Abfragen des Korruptionsregisters. Die Meldung
korrupter Unternehmen an das Korruptionsregister erfolgte nur in jedem vierten
154 http://www.berlin.de/ba-spandau/verwaltung/abt/pwo/akm.html, Zugriff 18.2.2015
65
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Fall.155 Auch wenn die Abfrage des Korruptionsregisters in Berlin bei Aufträgen ab
15.000,00 € verpflichtend ist, sollte man nachprüfen, ob die Abfrage des
Korruptionsregisters genauso wie Meldungen an das Register auch tatsächlich
überall vorschriftsmäßig erfolgt.
•
Zentrale Vergabestelle: Eine zentrale Vergabestelle, die jede Vergabe prüft und
abzeichnet, ist unverzichtbar und sollte Pflicht sein.
•
Elektronisches Hinweisgebersystem: Ein elektronisches Hinweisgebersystem
auf Landesebene ist vermutlich ausreichend. Seine Einführung im Februar 2015
ist
ein
Meilenstein.156
Insbesondere,
da
es
nur
wenige
Hinweise
an
Ombudspersonen gibt, ist ein elektronisches Hinweisgebersystem eine sinnvolle
Ergänzung. Die Verortung des Hinweisgebersystems bei der Polizei war
wahrscheinlich eine gute Entscheidung.
Das elektronische Hinweisgebersystem des einzigen Bezirks mit solch einem
System ist mindestens seit 2014 nicht funktionstüchtig.157 Die Webseite
www.baurev.de lässt sich nicht aufrufen. Auf der Webseite des Bezirksamts ist der
Hinweis und der Link auf das elektronische Hinweisgebersystem nicht leicht zu
finden.158
•
Nebeneinkünfte müssen zentral erfasst werden. Es genügt nicht, wenn nur der
unmittelbare Vorgesetzte Kenntnis von Nebeneinkünften hat.
•
Beratung durch externe Experten: Eine Beratung durch externe Experten
scheint in einigen Bezirken dringend geboten.
•
Qualitätsmanagement: Ein Qualitätsmanagement in der Korruptionsbekämpfung
ist obligatorisch. Für viele freie Träger ist ein Qualitätsmanagement die
Voraussetzung für den Erhalt öffentlicher Aufträge. Beispielsweise müssen
Kindertagesstätten regelmäßig interne und externe Evaluationen durchführen. Es
ist nicht nachvollziehbar, warum Bezirksverwaltungen kein Qualitätsmanagement
haben sollten, schon gar nicht bei der Korruptionsbekämpfung.
•
Überbezirkliche Kooperation: Die überbezirkliche Kooperation und Vernetzung
sollte konsequent ausgebaut werden, da dies zusätzliche Transparenz schafft.
155 PricewaterhouseCoopers AG, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (HG): Kriminalität im
öffentlichen Sektor 2010. Auf der Spur von Korruption & Co. Halle-Wittenberg 2010. S. 52 und
S. 33
156 Berliner Zeitung 10.2.2015. , s. a.: https://www.lka-berlin-hinweisgebersystem.de/%28S
%28zzktekofrpim2k3qsmxsaix0%29%29/, Zugriff 11.2.2015
157 Nachtrag: Das elektronische Hinweisgebersystem wurde schon 2011 aufgegeben. Mitteilung
des Bezirksamts Charlottenburg per E-Mail vom 6.3.15 an mich. (Nachtrag vom 16.4.2015)
158 http://www.berlin.de/ba-charlottenburgwilmersdorf/aktuelles/pressemitteilungen/2008/pressemitteilung.196995.php, Zugriff 8.2.2015
66
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Korruptionsbekämpfung sollte keine bezirksinterne Angelegenheit sein.
•
Vertragsstrafen
bei
Korruption:
Es
ist
dafür
Sorge
zu
tragen,
dass
Korruptionsklauseln in alle Verträge und Vereinbarungen aufgenommen werden.
Dies unterstreicht auch die Null-Toleranz-Haltung der Bezirksverwaltung.
•
Eigenes Konzept zur Korruptionsbekämpfung: Dass nur vier der neun
befragten Bezirke ein eigenes Konzept zur Korruptionsbekämpfung haben,
überrascht.
Die
Korruptionsbekämpfung
hat
offenbar
keine
Priorität
auf
Bezirksebene. Dort, wo es Konzepte gibt, muss geprüft werden, ob sie noch den
Anforderungen entsprechen oder ob sie einer Überarbeitung bedürfen. Weder das
Berliner „Vier-Säulen-Modell“ noch das Spandauer „Drei-Säulen-Modell“ konnten
im Rahmen dieser Untersuchung überzeugen. Überhaupt keine Ermittlungserfolge
in
fünf
Jahren
oder
mehr
sprechen
für
erhebliche
Defizite
in
der
Korruptionsbekämpfung.
5. 5. Themenblock 3: Die BVV und Korruptionsbekämpfung
Beschreibung
und
Begründung
der
Fragen
zur
Rolle
der
Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in der bezirklichen Korruptionsbekämpfung
Die vom Volk gewählten Abgeordneten und Parlamente haben unter anderem auch die
Aufgabe, die Administration zu kontrollieren. Dies geschieht zum Teil dadurch, dass die
Spitzen der Verwaltung – auf kommunaler Ebene die Bürgermeister und Stadträte – mit
gewählten Mandatsträgern besetzt sind.
Zu einem anderen Teil ist es auch Aufgabe der Parlamente und der Abgeordneten, die
Verwaltung zu kontrollieren. Dafür sind Abgeordneten unter anderem besondere
Akteneinsichtsrechte gegeben, sie können in den Kommunalparlamenten Anfragen an die
Kommunalverwaltungen
Kommunalparlamenten
stellen,
die
Kommunalverwaltungen
rechenschaftspflichtig,
in
diversen
sind
Ausschüssen
den
der
Kommunalparlamente wird Einfluss auf die Kommunalverwaltung ausgeübt.
Wenn es Defizite in der Korruptionsbekämpfung gibt, dann sind die gewählten
Volksvertreter mit verantwortlich. Im Folgenden möchte ich der Frage nachgehen, was in
den Bezirksverordnetenversammlungen zur Korruptionsbekämpfung beigetragen wird.
Auswertung der Antworten zur Rolle der Bezirksverordnetenversammlung in der
bezirklichen Korruptionsbekämpfung
In keinem Bezirk gibt es eine Antikorruptions-Arbeitsgruppe der Bezirksverordneten.
67
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Nur in einem einzigen Bezirk gibt es eine Art Ehrenkodex für Bezirksverordnete. Danach
sollen Bezirksverordnete ihre berufliche Tätigkeit und Nebeneinkünfte angeben. Diese
Angaben werden im Internet auf der BVV-Webseite veröffentlicht. Diese Angaben sind
freiwillig.159
In
keinem
Bezirk
nehmen
Bezirksverordnete
an
Sitzungen
der
Prüfgruppe
Korruptionsbekämpfung teil.
In keinem Bezirk müssen Parteispenden veröffentlicht werden. Nach dem Parteiengesetz
müssen nur Parteispenden über eine Höhe von 10.000,00 € im Rechenschaftsbericht der
Partei auf Bundesebene veröffentlicht werden. Die Rechenschaftsberichte der Parteien
erscheinen etwa eineinhalb Jahre nach Ende des betreffenden Jahres im Internet auf der
Homepage
des
Bundestages.
Eine
unmittelbare
Veröffentlichung
ist
nur
bei
Parteispenden über 50.000,00 € Pflicht.
Diskussion der Antworten zur Rolle der Bezirksverordnetenversammlung in der
bezirklichen Korruptionsbekämpfung
Weder gibt es eine Arbeitsgruppe zum Thema Korruptionsbekämpfung, noch gibt es für
die Bezirksverordneten selbst einen Ehrenkodex (ausgenommen ein Bezirk).
Ein Ehrenkodex für Mandatsträger mit verbindlichen Regeln in Bezug auf Korruption wäre
wünschenswert. Für Mandatsträger gelten nicht dieselben Regeln bezüglich Korruption
wie für Amtsträger. Mandatsträgern ist Vieles erlaubt, was einem Amtsträger den Vorwurf
der
Korruption
einbringen
würde.
Ein
Ehrenkodex
könnte
disziplinierend
auf
Mandatsträger wirken.
Ergänzend
zu
meiner
Befragung
habe
ich
auf
den
Webseiten
der
Bezirksverordentenversammlungen der Bezirke recherchiert, wie häufig sich die
Bezirksverordnetenversammlungen seit 2008 auf ihren monatlichen Sitzungen mit dem
Thema Korruption bzw. Korruptionsbekämpfung beschäftigt haben. Hierzu habe ich die
Suchfunktion „Textrecherche“ auf den Webseiten der Bezirksverordnetenversammlungen
verwendet.160 (Die im Folgenden aufgeführten Zahlen unterliegen dem Vorbehalt, dass die
Online-Archive der Bezirksverordnetenversammlung vollständig sind und die Suchfunktion
„Textrecherche“ auf den Webseiten technisch fehlerfrei funktioniert.)
159Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick: Beschluss Nr. 908/42/10, BVV-Drucksache
VI/1484 i.g.F.. http://www.berlin.de/ba-treptow-koepenick/politik-undverwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/___tmp/tmp/45081036392634518/3926345
18/00071468/68-Anlagen/03/B1484SB.pdf, Zugriff 22.2.2015
160 s. z.B. Webseite des Bezirksamts Reinickendorf, BVV Reinickendorf, Textrecherche:
http://www.berlin.de/ba-reinickendorf/politik-undverwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/yw010.asp, Zugriff 7.2.2015
68
Friedrichshain-Kreuzberg
Lichtenberg
Marzahn-Hellersdorf
Mitte
Neukölln
Pankow
Reinickendorf
Spandau
Steglitz-Zehlendorf
Tempelhof-Schöneberg
Treptow-Köpenick
6
2
7
2
2
0
1
4
7
1
5
4
1
0
„Korruption“
Thema/Tagesordnungspunkt in BVVAusschüssen
2
2
3
2
1
0
1
3
3
2
7
5
6
„Korruption“ Thema in BVVDrucksachen
2
1
8
3
1
1
1
1
5
1
6
1
2
2008
2012
2010
2010
2012
2014
2010
2011
2010
2011
Textrecherche
auf BVV-Homepage der Bezirke
Suchbegriff „Korruption“
von 1.1.2008 - 31.12.2014
„Korruption“ zuletzt
Thema/Tagesordnungspunkt in einer
BVV-Sitzung
2014
Charlottenburg-Wilmersdorf
„Korruption“
Thema/Tagesordnungspunkt in BVVSitzungen
2009
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
In sieben von 12 Bezirken haben sich die Bezirksverordnetenversammlungen von 2008
bis 2015 maximal fünfmal mit dem Thema Korruption befasst, also weniger als einmal im
Jahr. Zehn von 12 Bezirken haben sich innerhalb von sieben Jahren weniger als zehnmal
mit dem Thema Korruption beschäftigt.
Darin eingeschlossen sind alle großen und kleinen Anfragen zum Thema Korruption im
weitesten
Sinne.
In
Auseinandersetzung
vielen
mit
Fällen
dem
kann
Thema
dabei
Korruption
von
einer
keine
tieferen,
Rede
sein.
fachlichen
Ebenfalls
eingeschlossen sind Dopplungen. In einigen Fällen wurde eine Anfrage auf einer Sitzung
gestellt und auf der nächsten beantwortet.
In den BVV-Ausschüssen sieht es ähnlich aus. In neun von 12 Bezirken wurde maximal
fünfmal über Korruption in BVV-Ausschüssen gesprochen. Nur ein Bezirk erreicht einen
Wert von Zehn.
BVV-Drucksachen mit dem Thema Korruption zum Inhalt gibt es entsprechend wenige:
Nur ein einziger Bezirk hat hier mehr als zehn Drucksachen zu Korruption auf seiner
BVV-Webseite veröffentlicht. Neun Bezirke kommen auf maximal fünf Drucksachen.
Ebenso wie bei den BVV-Sitzungen habe ich bei den BVV-Ausschusssitzungen und bei
69
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
den BVV-Drucksachen keine inhaltliche Bewertung vorgenommen. Bei einer inhaltlichen
Bewertung könnte man auch hier Dopplungen sowie Einiges, das mit einer ernsthaften
Auseinandersetzung mit dem Thema Korruption nichts zu tun hat, herausfiltern.
Eine
relative,
kurzfristige
Häufung
kleiner
und
großer
Anfragen
in
den
Bezirksverordnetenversammlungen aller Bezirke gab es 2008-2009 nach der Publikation
des Berichts von Transparency International über die Korruptionsbekämpfung in den
Bezirken. Die Aufregung war nur temporär. Man muss leider feststellen, dass der Bericht
faktisch nichts bewirkt hat.
In sechs Bezirken hat man sich zuletzt 2010 oder davor in der BVV mit Korruption
beschäftigt. Nur zwei Bezirke hatten 2014 das Thema auf der Tagesordnung der BVV.
Einer davon, der Bezirk Reinickendorf, hatte dies auch nur, weil ich einen
Bezirksverordneten
nach
den
fehlenden
Jahresberichten
der
Prüfgruppe
Korruptionsbekämpfung gefragt hatte.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Korruption und ihre Bekämpfung in den
Bezirksverordnetenversammlungen der zwölf Berliner Bezirke höchst selten zum Thema
gemacht wird. Die Parlamente in den Bezirken erfüllen ihren Kontrollauftrag nicht,
zumindest, was die Korruptionsbekämpfung betrifft. Es ist zu befürchten, dass in den
Bezirksverordnetenversammlungen häufiger über Schlaglöcher als über Korruption und
Korruptionsbekämpfung diskutiert wird.
Wenn die Bezirksverordneten ihre Bezirksämter nicht kontrollieren, ist es nicht weiter
verwunderlich, wenn in puncto Korruptionsbekämpfung auf Bezirksebene nicht viel
passiert.
Es stellt sich natürlich die Frage, warum engagieren sich die Bezirksverordneten so
zurückhaltend, wenn es um Korruption und ihre Bekämpfung geht. Diese Frage kann ich
hier zwar nicht beantworten, aber auf ein paar strukturelle Probleme als Mit-Ursachen
möchte ich hinweisen:
Die Parteiführungen der großen Parteien in den Bezirken bilden in der Regel auch die
Führung der Bezirksämter. Da Bürgermeister- und Stadtratsposten in den Bezirken nach
Proporz vergeben werden, regieren immer die stärksten Parteien. Einzelne Ressorts sind
dadurch von der einen oder anderen Partei quasi abonniert – egal, wie das Wahlergebnis
ausfällt.
Beispielsweise regieren in Reinickendorf seit Ende des II.Weltkrieges CDU und SPD
gemeinsam im Bezirksamt. Seit 1948 hat es überhaupt nur zweimal, in zwei
Wahlperioden, Stadträte im Bezirksamt Reinickendorf gegeben, die nicht von der CDU
oder der SPD gestellt wurden (1948 ein Finanzstadtrat von der FDP und 1992 eine
70
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Sozialstadträtin von den Republikanern). Die Ressorts sind fest aufgeteilt. Das Ressort
Jugend zum Beispiel ist im Bezirk Reinickendorf seit 1981, also seit über 30 Jahren in der
Hand der SPD. Seit 1948 war das Ressort Jugend nur in zwei Wahlperioden nicht SPDregiert (1975 und 1979). Das Ressort Finanzen dagegen ist seit 1971 CDU-regiert. Von
1948
bis
heute
hat
es
immerhin
18
mal
Wahlen
im
Bezirk
gegeben
(II.-
XIX.Wahlperiode).161 Manche Stadträte leiten ein Ressort quasi autokratisch über viele
Jahre. Den Rekord hält hier die ehemalige SPD-Jugendstadträtin Hertha Beese, die von
1948 bis 1965 über fünf Wahlperioden (II.-VI. Wahlperiode) ihr Amt innehatte.
Man zweifelt am Sinn von Wahlen wenn man jetzt schon mit fast 100%iger Sicherheit
vorhersagen kann, dass nach den nächsten
Wahlen der nächste Reinickendorfer
Jugendstadtrat von der SPD sein wird und der nächste Finanzstadtrat von der CDU. Auf
bezirklicher Ebene sind die beiden großen Parteien größtenteils nur im Wahlkampf
Rivalen – in einem für die Wähler inszenierten Schaukampf. Im Bezirksamt regieren sie
seit Jahrzehnten gemeinsam wie eine Einheitspartei. Der Demokratie kann das nicht gut
tun.
In den anderen Bezirken mag die Ressortverteilung nicht so extrem gleichförmig sein wie
in Reinickendorf. Aber ich fürchte, die Tendenz zu dieser politischen Monotonie gibt es in
allen Bezirken. Die Proporzregelung für die Berliner Bezirke wurde 2009 von den Parteien
CDU, SPD und der LINKEN im Berliner Abgeordnetenhaus verlängert. Ein Antrag der
GRÜNEN auf eine Änderung und die Einführung eines „Politischen Bezirksamts“ wurde
abgelehnt.162 Den Parteien ging es dabei offensichtlich um den Machterhalt in „ihren“
Bezirken. Der Korruptionsforscher Hans Herbert von Arnim nennt übrigens Fälle, in denen
Politiker wohlwollend in eigener Sache entscheiden, „Autokorruption“.163
Die Ressorts sind zur festen Ressource für die Parteien geworden. Ämterpatronage ist
Normalität. Eine wirksame Korruptionsbekämpfung würde die Ressourcen der großen
Parteien gefährden. „Dadurch, dass die Parteien alle möglichen Kontrollinstanzen mit
ihren Parteigängern zu durchsetzen und dadurch bis zu einem gewissen Grad gleich zu
schalten suchen, droht die Kontrollwirkung dieser Institutionen gerade in Bezug auf
parteilich bedingte Korruptionsfälle geschwächt und der Gedanke der Gewaltenteilung
unterlaufen zu werden.“164
161 Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf: BVV Chronik.
162 Der Tagesspiegel, 9.6.2009. http://www.tagesspiegel.de/berlin/landespolitik/keine-koalitionenin-den-rathaeusern-regiert-weiter-der-proporz/1532576.html, Zugriff 17.2.2015
163 Arnim, Hans Herbert von: Begriff und systemische Defizite in der Korruptionsbekämpfung: In:
Defizite in der Korruptionsbekämpfung. Duncker und Humblodt. Berlin 2009. S. 11-12
164 Arnim, Hans Herbert von: Korruption: Begriff und systemische Defizite in der
Korruptionsbekämpfung. In: Arnim, Hans Herbert von (HG): Defizite in der
Korruptionsbekämpfung und der Korruptionsforschung. Berlin: Duncker&Humblot, 2009. S. 13.
71
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Im Zuge meiner Recherche für diese Arbeit bin ich auf eine Bürgerfrage vom 28.9.2011
auf der Webseite www.abgeordnetenwatch.de gestoßen. Die Frage an den jetzigen
Innensenator Frank Henkel lautete im Wortlaut: „Sehr geehrter Herr Henkel, in Ihrer Vita
führen Sie an, dass Sie von 1996 bis zum Jahr 2001 im Leistungsstab der
Bürgermeisterin Wanjura in Reinickendorf gearbeitet haben. Zu Ihrer dortigen Tätigkeit
habe ich folgende Fragen: War die Stelle, die Sie in Reinickendorf hatten,
ausgeschrieben? Haben Sie sich auf diese Stelle beworben? Gab es für diese Stelle ein
Anforderungsprofil und einen Geschäftsverteilungsplan? Gab es für die Stellenbesetzung
ein Bewerberverfahren?“165 Die Frage suggeriert, dass hier eine Stellenbesetzung
stattgefunden hat ohne ordentliches Verfahren. Diese Frage wurde meines Wissens nie
beantwortet. Ob hier ein Fall von Ämterpatronage vorliegt, wird man wohl nie erfahren.
Neben Ämtern und Stellen gibt es noch weitere öffentliche Ressourcen, die für parteiliche
oder auch private Zwecke verwendet werden können.
Der Reinickendorfer CDU-Bundestagsabgeordnete Frank Steffel ist sowohl erfolgreicher
Unternehmer (Steffel-Gruppe)166 als auch Mitglied im Beirat der Spielbank Berlin. Die wie
auch immer geartete Tätigkeit für die Spielbank bzw. die Mitgliedschaft im Beirat wird
vergütet (jährlich Stufe 3 anzeigepflichtiger Nebeneinkünfte, d.h. über 7.000,00 €) 167 „Ein
Großteil der Einnahmen (der Spielbank, Anm. d. Autors) geht an das Land Berlin. …
Darüber hinaus verfügt der Beirat der Spielbank, dem ... Bundestagsabgeordneter Frank
Steffel und Bankmanager Karl Kauermann angehören, über einen eigenen Fonds, mit
dem sie Jahr für Jahr ehrenamtliche Arbeit in Berlin fördern.“ 168 Gefördert wurden
insbesondere Vereine und Projekte im Wahlkreis Frank Steffels, wie der TSV Wittenau,
der Förderverein Freiwillige Feuerwehr Tegelort e.V., die Freiwillige Feuerwehr
Heiligensee, die Freiwillige Feuerwehr Frohnau e.V., der VFB Hermsdorf, der Nordberliner
Tauchverein, die Humboldt-Bibliothek in Tegel, der ländliche Reitverein Tegel, den DLRG
Reinickendorf, der Weiße Ring Reinickendorf, der Sportclub Tegeler Forst e.V., der VFL
Tegel, die Malteser Reinickendorf, die Johanniter Reinickendorf, das Centre Bagatelle
Frohnau, die Schützengilde Tegel Süd, das Heimatmuseum Reinickendorf, das AlliiiertenMuseum am Kurt-Schuhmacher-Damm, der BFC Alemannia, der Club de Peche e.V. und
andere – nicht zuletzt auch Steffels eigener Verein, die Füchse Berlin.169 Nach eigener
165 http://www.abgeordnetenwatch.de/frank_henkel-417-45131—f307442.html, Zugriff 20.2.2015
166http://steffel-gruppe.com/steffel_unternehmensgruppe_unternehmen.php , Zugriff 19.2.2015
167 http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete18/biografien/S/steffel_frank/258984, Zugriff
19.2.2015
168http://www.spielbank-berlin.de/informationen/unternehmen, Zugriff 19.2.2015 und
http://www.frank-steffel.de/1_2_Archiv.html, Zugriff 22.2.2015
169Ebenda
72
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Angabe hat er bisher insgesamt 56.600,00 € an Spenden an Vereine und Organisationen
in Reinickendorf „vermittelt“.170 Damit machte er den gemeinnützigen Fonds der Spielbank
zu seiner Wahlkampfschatulle. Seinen Mitbewerbern um ein Bundestagsmandat im
Wahlkreis Reinickendorf gegenüber war er bei der Wahl klar im Vorteil – die anderen
hatten keine 50.000,00 € zu verteilen. Aber Herr Steffel verschenkt nicht nur gerne Geld,
was ihm gar nicht gehört, an potentielle Wähler in seinem Wahlkreis sondern auch immer
wieder Freikarten für Spiele der Reinickendorfer Füchse.171 Herr Steffel ist selbst
Präsident der Füchse Berlin Reinickendorf. Er hat ferner Beteiligungen an der Füchse
Berlin Handball GmbH (wo er Beiratsvorsitzender ist) und der Füchse Sportpark GmbH. 172
Sponsoringpartner der Füchse Berlin Reinickendorf ist die Steffel-Gruppe.173 Frank Steffel
fördert mit dem Geld aus dem Spielbank-Fonds also gleichzeitig den Sport und sich selbst
– ganz legal natürlich.
Auf seiner Bundestagsabgeordneten-Webseite macht er Werbung für die Füchse Berlin.
Umgekehrt profitiert er vom sportlichen Glanz und vom Image der Füchse. 174 Eine klare
Trennung zwischen politischem Mandat und privatem Geschäft ist nicht gegeben. Wenn
er sich im Sportausschuss des Deutschen Bundestages für die Förderung des
Handballsports einsetzt, dann ist das in seinem eigenen geschäftlichen Interesse.
Exkurs: Warum es überhaupt diesen Spielbank-Fonds gibt, und warum die Einnahmen
nicht direkt in die Landeskasse fließen, wie die übrigen Mittel, weiß kein Mensch. Zu
diesem Fonds gibt es im Internet verblüffenderweise keine Informationen. Mathew D.
Rose nennt diesen Spielbank-Fonds „eines der bestgehüteten Staatsgeheimnisse des
Landes Berlin“.175 Wer wie viel Geld aus diesem Fonds bekommt, steht nach Rose
komplett außerhalb öffentlicher Kontrolle. Ähnlich ist es mit der Deutschen Klassenlotterie
Berlin.
In
anderen
Bundesländern
fließen
100%
der
Lottoeinnahmen
in
die
Landeshaushalte. In Berlin dagegen wird ein erheblicher Teil der Lottoeinnahmen dem
Landeshaushalt vorenthalten, er geht an die Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin.
Diese Stiftung kann nach eigenem Ermessen gemeinnützige Organisationen und Projekte
fördern. Über Förderungen entscheidet der Stiftungsrat. Im Stiftungsrat sitzen prominente
Mitglieder des Abgeordnetenhauses. „Dadurch bestimmen die regierenden politischen
Parteien allein über die Vergabe der Lottogelder.... Letztlich werden so Jahr für Jahr über
170http://www.frank-steffel.de/index.php?ka=1&ska=23, Zugriff 22.2.2015
171http://www.frank-steffel.de/index.php?ka=1&ska=2&idn=20, Zugriff 22.2.2015
172http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete18/biografien/S/steffel_frank/258984 , Zugriff
19.2.2015
173 http://www.fuechse-berlin-reinickendorf.de/wordpress/partner/, Zugriff 19.2.2015
174 http://www.frank-steffel.de/index.php?ka=1&ska=1&idn=290, Zugriff 22.2.2015
175 Rose, Mathew D.: Berlin – Hauptstadt von Filz und Korruption. Knaur Verlag München 1998.
S. 59
73
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
hundert Millionen (DM, Anm. d. Autors) nach Gutdünken – ohne Kontrolle durch
Abgeordnetenhaus und Landesrechnungshof und natürlich auch ohne die Möglichkeit
eines verwaltungsrechtlichen Widerspruchs – vergeben.“176 Zu den Hauptprofiteuren
zählen – die Parteienstiftungen.177 Erinnern wir uns: Korruption ist der Missbrauch
anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil. Hier sind es die Parteien, die die
(von sich selbst an sich selbst) anvertraute Macht ganz legal zu ihrem Nutzen
missbrauchen. Man könnte es institutionalisierte Korruption nennen. - Ende des
Exkurses.
Ein anderes strukturelles Problem ist das Thema Parteispenden. Die Parteien sind zu
ihrer Finanzierung unter anderem auf Parteispenden angewiesen. Insbesondere
Wahlkämpfe verursachen regelmäßig wiederkehrende, hohe Kosten. Darum werden
immer wieder Parteispenden angenommen, die in stiller Erwartung einer Gegenleistung
gespendet
werden.
Die
Gegenleistung
erfolgt
dann
über
die
Amtsausübung,
beispielsweise in Form eines öffentlichen Auftrages oder einer Genehmigung, bezahlt wird
sie vom Steuerzahler.
Da Parteien ihre Spenden erst ab einer Höhe von 10.000,00 € veröffentlichen müssen, die
Spendenbeträge
auf
Bezirksebene
aber
meistens
darunter
liegen,
erfährt
der
Steuerzahler und Wähler im Bezirk nie etwas über mögliche Zusammenhänge von
Parteispenden und Verwaltungsentscheidungen. Helfen könnte hier nur Transparenz:
Parteispenden und Nebeneinkünfte von Mandatsträgern müssen offengelegt werden.
Die Intransparenz bei den Parteispenden unter 10.000 Euro wird von der Organisation
Lobbycontrol schon lange kritisiert: „Vollständige Intransparenz herrscht bei allen
Spenden unter 10.000 Euro. Diese Spenden tauchen nur gesammelt unter den
Gesamtspendeneinnahmen der Parteien auf – ihre Herkunft bleibt damit verborgen. Aus
unserer Sicht ist dieser Schwellenwert viel zu hoch. Die aktuellen Rechenschaftsberichte
zeigen, dass 2011 nur 25,6% der Spenden an die Bundestagsparteien über 10.000 Euro
lagen und damit samt ihrer genauen Höhe und Herkunft nachvollziehbar sind … . Selbst
bei den Spenden von juristischen Personen wie Unternehmen oder Verbänden liegen
63% unter der Veröffentlichungsschwelle.“178 Demnach kommen 74 % aller Parteispenden
von anonym bleibenden Spendern (s. Anhang 1 ,Abb. 5, S.3).
„Auch Einnahmen der Parteien aus Sponsoring-Geschäften bleiben im Dunkeln. Sie
werden als Teil der 'Einnahmen aus Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften und
176 Ebenda, S. 45
177 Ebenda, S. 43-62
178 https://www.lobbycontrol.de/2013/03/rechenschaftsberichte-belegen-intransparenteparteienfinanzierung/, Zugriff 7.2.2015
74
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
sonstiger mit Einnahmen verbundenen Tätigkeiten' ausgewiesen. Wie hoch darin der
Anteil an Sponsoring ist, bleibt unbekannt. Das Sponsoring bietet Unternehmen und
Verbänden also ein Schlupfloch, um die gesetzlichen Offenlegungspflichten zu umgehen.
Unternehmen können Sponsoring-Ausgaben im Gegensatz zu Parteispenden zudem
steuerlich geltend machen. Im Jahr 2011 nahmen die Parteien rund 37 Millionen Euro in
der Kategorie, zu der auch das Sponsoring zählt, ein. Spitzenreiter sind die SPD mit 13,7
Millionen Euro und die CDU mit 12,6 Millionen Euro.“179
Noch weniger Interesse an Korruptionsbekämpfung als die Parteien als Ganzes haben die
Parteifunktionäre und die Parteispitzen. In über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen von
Seilschaften und Netzwerken ist eine Parteikarriere ohne einflussreiche Gönner kaum
denkbar. Wer an die Spitze möchte, muss dieses Spiel mitspielen. Dafür winken zur
Belohnung Macht und Geld. Für Berufspolitiker ist die Ämterpatronage ein perfektes
Versorgungssystem. Und wer durch Ämterpatronage überhaupt erst an seinen Posten
gelangt ist, wird kaum an dem Ast sägen, auf dem er sitzt. Für manch einen Politiker
jedenfalls Grund genug, Korruptionsbekämpfung mit aller Macht zu bekämpfen.
Fazit: Der Staat ist für Parteien und Politiker zum Selbstbedienungsladen geworden.
Transparenz und Korruptionsbekämpfung würden den Zugriff der Parteien und Politiker
auf die öffentlichen Ressourcen einschränken. Politische Korruption und Korruption in der
Verwaltung können nicht separat bekämpft werden.
„Wegen der Ausstrahlungswirkung politischer Korruption muss, wer Korruption wirklich
ernsthaft bekämpfen will, zu allererst gegen Korruption in der Politik vorgehen. Wie bereits
das Sprichwort sagt, wird die Treppe von oben gekehrt.“180
179 Ebenda
180 Arnim, Hans Herbert von: Korruption: Begriff und systemische Defizite in der
Korruptionsbekämpfung. In: Arnim, Hans Herbert von (HG): Defizite in der
Korruptionsbekämpfung und der Korruptionsforschung. Berlin: Duncker&Humblot, 2009. S. 17
75
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
5.6. Themenblock 4: Meinungen und Einschätzungen
Tabelle Meinungen und Einschätzungen
Frag
Frage
e-
Ja
Nein
Keine
in %
in %
Angab
Nr.
1.
1.3.
e in %
Glauben Sie, zur Korruptionsbekämpfung wird in
77,8
22,2
-
1001
-
-
Ihrem Bezirk genug unternommen?
2.
4.5.
Hat sich das Amt der Ombudsperson/des
Vertrauensanwalts als sinnvolle Einrichtung
erwiesen?
3.
4.6.
Sollten Whistleblower besser geschützt werden?
77,8
-
22,2
4.
4.8.
Würden Sie eine Kronzeugenregelung
55,6
22,2
22,2
77,8
11,1
11,1
66,7
44,4
-
88,9
-
11,1
55,6
-
44,4
befürworten?
5.
4.9.
Glauben Sie, die Unabhängigkeit und
Unbefangenheit von Prüfern ist in Ihrem Bezirk
gewährleistet?
6.
7.
8.
4.10
Halten Sie ein elektronisches
.
Hinweisgebersystem für sinnvoll?
4.11
Halten Sie die Verwaltung in Ihrem Bezirk für
.
ausreichend transparent?
4.12
Würden Sie etwas an der
Korruptionsbekämpfung in Ihrem Bezirk
verändern?2
1
: Diese Frage haben nur zwei Sachverständige beantwortet, da nur in zwei der an der Befragung
teilnehmenden Bezirke Ombudspersonen eingesetzt werden.
2
: Fragetext abgewandelt. Die Frage lautete eigentlich: „Wenn Sie die Korruptionsbekämpfung in
Ihrem Bezirk nach Ihren Vorstellungen neu organisieren könnten, was würden Sie tun?“ Wurden in
der Antwort Änderungsvorschläge gemacht, habe ich dies in dieser Tabelle als Ja gewertet.
76
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Beschreibung und Begründung der Fragen zu den Meinungen und Einschätzungen
der befragten Sachverständigen
In meiner Befragung habe ich die Sachverständigen auch zu ihren Einschätzungen und
persönlichen Meinungen befragt. Auch wenn ich nur neun Sachverständige befragen
konnte, sind die Ergebnisse interessant.
Ich habe die Antworten in Prozent-Angaben zusammengefasst, um die Anonymität der
Befragten zu gewährleisten.
Auswertung der Antworten zu den Meinungen und Einschätzungen der befragten
Sachverständigen
Eine deutliche Mehrheit der befragten Sachverständigen ist für einen besseren Schutz
von
Whistleblowern,
für
eine
Kronzeugenregelung
und
für
ein
elektronisches
Hinweisgebersystem.
Die beiden Sachverständigen aus den Bezirken mit Ombudspersonen halten die
Einführung einer Ombudsperson für sinnvoll. Die persönlichen Erfahrungen mit
Ombudspersonen sind offenbar positiv.
Eine deutliche Mehrheit der befragten Sachverständigen hält die Prüfer in ihrem Bezirk für
unabhängig und ihre Unbefangenheit für gewährleistet.
Die überwiegende Mehrheit der befragten Sachverständigen hält zudem die Verwaltung in
ihren Bezirken für ausreichend transparent.
Diskussion der Antworten zu den Meinungen und Einschätzungen der befragten
Sachverständigen
Was Whistleblowerschutz, Kronzeugenregelung, elektronisches Hinweisgebersystem und
Ombudspersonen betrifft, decken sich die Meinungen der Mehrheit der befragten
Sachverständigen mit den Forderungen von Transparency International.
Bei den Punkten Unabhängigkeit der Prüfer, Transparenz und Ombudspersonen deckt
sich die Meinung der Sachverständigen nicht mit meinen Erkenntnissen und Erfahrungen:
Die Funktion der Ombudspersonen habe ich oben bereits kritisch hinterfragt, ich verzichte
hier auf eine Wiederholung.
Die Unabhängigkeit der Prüfer halte ich nicht für gegeben. Die Prüfer kommen selbst aus
den zu prüfenden Verwaltungseinheiten. Die Prüfgruppen sind eingebunden in die
hierarchischen Strukturen der Bezirksverwaltungen. Die Verwaltungseinheiten sind von
überschaubarer Größe, teilweise kennen sich Prüfer und Geprüfte persönlich. In meinem
Fallbeispiel aus Reinickendorf ist ein Geprüfter Parteigenosse und Vorgesetzter des
77
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Prüfers. Das wirkt sich ohne Zweifel nachteilig auf die Unabhängigkeit der Prüfer aus. In
den
Richtlinien
für
die
Prüfgruppen
Korruptionsbekämpfung
ist
ferner
keine
Sonderregelung vorgesehen für den Fall, dass die Unabhängigkeit bei einer Prüfung nicht
gewährleistet ist.
Auch eine ausreichende Transparenz der Verwaltung halte ich nicht für gegeben. Im
gegebenen rechtlichen Rahmen sind Aktenführungs- und Dokumentationspflichten
unzureichend geregelt. Ferner ist es rechtlich möglich, dass eine verantwortliche Behörde
ihre Fehler verheimlichen kann, indem sie die Akteneinsicht verweigert. Sogar einzelne,
verantwortliche Amtsträger können sich offensichtlich selbst vor Nachforschungen
schützen, indem sie die Akteneinsicht verweigern.181 Nicht jeder Bürger hat das Geld oder
die Zeit, sein Akteneinsichtsrecht einzuklagen.
Rund die Hälfte der befragten Sachverständigen sowie die beiden Ombudspersonen
haben Vorschläge gemacht, was an der Korruptionsbekämpfung in ihren Bezirken
verbessert werden könnte. Diese Vorschläge sind im Einzelnen:
•
Mehr Personal für die Korruptionsbekämpfung und die Innenrevision,
•
externe Prüfungen,
•
bessere
Software
für
das
Rechnungswesen
mit
Ausweisungs-
und
Analysemöglichkeiten,
•
die Innenrevision einer unabhängigen Stelle unterstellen,
•
Einrichten einer Prüfgruppe,
•
Ausweitung der Arbeit der Prüfgruppen,
•
Zentrale Vergabestelle für alle, verbindliche Vergabeanweisungen für alle,
•
klarere Regelung der Aufgaben und Kompetenzen der Korruptionsbeauftragten,
•
Einführung eines elektronischen Hinweisgebersystems.
•
Hinweise wegen Korruption belohnen
•
Korruptionsbekämpfung bekannter machen
•
Korruptionsbekämpfung unabhängiger machen
•
Korruptionsbekämpfung einheitlicher machen
Diese Vorschläge decken sich in vielen Punkten mit den Ergebnissen meiner Arbeit:
Mehrere Vorschläge zielen auf eine bessere Ausstattung der Korruptionsbekämpfung mit
Personal
und
Technik
(mehr
Personal,
bessere
Software,
elektronisches
Hinweisgebersystem).
Mehrere Vorschläge zielen auf eine Externalisierung der Korruptionsbekämpfung
181 s.Fallbeispiel S. 80ff
78
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
(Korruptionsbekämpfung unabhängiger machen, Innenrevision unabhängiger Stelle
unterstellen, externe Prüfungen, zentrale Vergabestelle).
Mehrere Vorschläge zielen auf eine Vereinheitlichung und klarere Regelung der
Korruptionsbekämpfung (Aufgaben und Kompetenzen der Korruptionsbeauftragten,
verbindliche Vergabeanweisungen für alle, Korruptionsbekämpfung einheitlicher machen).
Auch wenn die befragten Sachverständigen die Korruptionsbekämpfung in ihren Bezirken
insgesamt für ausreichend halten, werden manche in meiner Arbeit aufgezeigten Mängel
der
Korruptionsbekämpfung
von
einzelnen
Sachverständigen
offenbar
auch
wahrgenommen.
Acht der neun befragten Sachverständigen halten die Verwaltung in ihrem Bezirk für
ausreichend transparent. Dieser Meinung kann man sein, für einige Bezirke mag sie
zutreffen. Es ist zudem wenig überraschend, dass Angehörige der Verwaltung dieser
Ansicht sind. Ich persönlich habe in Bezug auf Transparenz leider nicht nur gute
Erfahrungen gemacht.
Im Bezirk Reinickendorf musste ich mein Recht auf Akteneinsicht gemäß dem
Informationsfreiheitsgesetz gleich zweimal einklagen. Im ersten Verfahren war die
Ablehnung meines Antrags auf Akteneinsicht juristisch vom Rechtsamt des Bezirks so
hanebüchen
begründet,
dass
der
Berliner
Landesbeauftragte
für
das
Informationsfreiheitsgesetz sich genötigt sah, das Bezirksamt Reinickendorf dafür in
seinem Jahresbericht zum Informationsfreiheitsgesetz 2012 öffentlich zu rügen. 182 Die
Jahresberichte des Landesbeauftragten für das Informationsfreiheitsgesetz berichten
immer
wieder
von
Fällen,
in
denen
Bezirksämter Akteneinsichten
nach
dem
Informationsfreiheitsgesetz mit haltlosen Begründungen verweigern. Im Jahresbericht von
2013 wird von einem Fall aus dem Bezirk Neukölln berichtet, welcher den
Landesbeauftragten zu folgendem Schluss veranlasste: „Eine derart breite Unkenntnis
des Berliner Informationsfreiheitsrechts (im Rechtsamt des Bezirks !, Anm. d. Autors) lässt
keinen anderen Schluss zu als den auf einen massiven Fortbildungsbedarf.“183 Das ist
sehr diplomatisch formuliert. Tatsächlich sind natürlich noch andere Schlüsse möglich: Ein
Bezirksamt schöpft unter Umständen jedes Rechtsmittel aus, um einem Bürger die
Akteneinsicht zu erschweren, wenn Transparenz in der Sache nicht im Sinne des
Bezirksamts ist.
182 Berliner Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit: Jahresbericht 2012.
http://www.datenschutz-berlin.de/content/veroeffentlichungen/jahresberichte, Zugriff 14.2.2015,
S. 199-200
183 Berliner Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit: Jahresbericht 2013.
http://www.datenschutz-berlin.de/content/veroeffentlichungen/jahresberichte, Zugriff 14.2.2015,
S. 204
79
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
In meinem zweiten Akteneinsichtsverfahren im Bezirk Reinickendorf wurde mir die
Akteneinsicht sogar vom Bezirksbürgermeister persönlich verweigert. – Inhalt der
betreffenden Akte sind Verwaltungsvorgänge, für die der Bezirksbürgermeister als
damaliger
Baustadtrat
selbst
direkt
verantwortlich
war.184
Begründung
für
die
Verweigerung der Akteneinsicht: Schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.185
Dass meine Fragen teilweise nicht, teilweise nur sehr zurückhaltend und teilweise nur
anonym beantwortet wurden, deutet für mich darauf hin, dass die befragten
Sachverständigen teilweise selbst nicht vollständig unabhängig sind – was sie als Organe
der Korruptionsbekämpfung ja eigentlich sein sollten.
6. Fallbeispiel Korruptionsbekämpfung in Reinickendorf
Wie Korruptionsbekämpfung mitunter auf bezirklicher Ebene gehandhabt wird, das
möchte ich anhand folgendem Fallbeispiels aus eigener Erfahrung illustrieren. In diesem
Fallbeispiel geht es nicht um die Frage, ob hier jemand korrupt war. Es geht darum, wie
Verwaltungsvorgänge geprüft werden und wie mit Verfahrensfehlern umgegangen wird.
Ich bin beruflich als Geschäftsführer bei der Remmi-Demmi gemeinnützigen GmbH, ein
freier Träger der Jugendhilfe aus der Kindertagesbetreuung, tätig. Die Remmi-Demmi
gGmbH (damals noch Remmi-Demmi e.V.), betrieb von 2006 bis 2013 eine kleine
Kindertagesstätte in Berlin-Heiligensee, die Kita Remmi-Demmi im Kinderwald.
Das Kinderwald-Gelände, auf dem sich die Kita befand, ist eine landeseigene
Liegenschaft, die vom Bezirksamt Reinickendorf verwaltet wird. Das Gelände ist ein ca.
16.000 m² großes Waldgrundstück mitten im Tegeler Forst. Auf dem Gelände befinden
sich mehrere Bungalows und Wirtschaftsgebäude, die Kita war in einem der Bungalows
untergebracht. Zweck der Liegenschaft ist die Kinder- und Jugendarbeit. Seit Jahrzehnten
wurden dort Schulklassen, Kinder- und Jugendgruppen im Rahmen von Jugendfahrten,
Klassenreisen und Ähnlichem untergebracht.
Das Bezirksamt Reinickendorf hatte das Kinderwald-Gelände an den KiRa e.V. zur
Bewirtschaftung vermietet. Im Jahr 2005 hat der KiRa e.V. der Kita Remmi-Demmi einen
Bungalow vermietet. 2007 ging der KiRa e.V. in die Insolvenz. Das Kinderwald-Gelände
ging samt Kita zurück an das Bezirksamt Reinickendorf.
Das Bezirksamt suchte daraufhin nach einem neuen Betreiber. Der Remmi-Demmi e.V.
meldete Interesse an. Im Jahr 2008 ging das Kinderwald-Gelände jedoch einschließlich
Kita-Bungalow an den Gruppenhaus und Jugendzeltplatz e.V. (GJB e.V.), ein Verein, der
184 Korrektur: Die betreffenden Verwaltungsvorgänge fielen in die Amtszeit des nachfolgenden
Baustadtrats. (Nachtrag am 16.4.2015)
185 Vgl. Fallbeispiel Reinickendorf S. 80ff
80
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
sich 2008 für die Übernahme der Liegenschaft eigens gegründet hatte.
Der GJB e.V. übernahm in Folge noch drei weitere Liegenschaften im Bezirk
Reinickendorf zur Bewirtschaftung: Das
Jugendgästehaus Haus Holon, den Zeltplatz
Saatwinkel und das Jugendgästehaus Alte Fasanerie Lübars. (Die Vergaben von Haus
Holon und Zeltplatz Saatwinkel erfolgten über das Bezirksamt Mitte als Eigentümer dieser
Liegenschaften.)
Zwar hatte der GJB e.V. dem Jugendamt zugesagt, man werde die Kita erhalten. In
Heiligensee/Tegel gab es einen großen Mangel an Kitaplätzen. Aber schon nach wenigen
Wochen der Übernahme des Kinderwald wurde der Kita Remmi-Demmi mitgeteilt, dass
der GJB e.V. eigentlich kein Interesse an einer Verlängerung des Mietverhältnisses hat.
Nach mehrjährigen, andauernden Streitigkeiten um Miethöhe und mehr folgten
Kündigung, Räumungsklage und 2013 schließlich die Räumung der Kita.
Aufgrund der ständigen Streitigkeiten mit dem GJB e.V. begann ich, mich für die
Hintergründe der Vergabe des Kinderwald an den GJB e.V. zu interessieren. Wie bereits
erwähnt, der Remmi-Demmi e.V. hatte auch Interesse an der Übernahme des Kinderwald
angemeldet, dies wurde aber vom Bezirksamt Reinickendorf ignoriert.
Ich beantragte Akteneinsicht
nach dem
Informationsfreiheitsgesetz und musste
feststellen, dass es zur Vergabe des Kinderwald gar keine aussagefähigen Unterlagen
gab. Die Vergabe war überhaupt nicht dokumentiert. Ein späterer Antrag von mir auf
Akteneinsicht in die E-Mail-Korrespondenz des Jugendstadtrates mit Vertretern des GJB
e.V. wurde abgelehnt mit der Begründung, sämtliche E-Mails des Jugendstadtrates
wurden gelöscht, als dieser in den Ruhestand gegangen ist.
Ein noch später von der Remmi-Demmi gGmbH in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten
der Kanzlei Leinemann und Partner stellte fest, dass die Vergabe nicht rechtmäßig
gewesen sein kann, da insbesondere das Prinzip des Wettbewerbs nicht gegeben war. Zu
dem Zeitpunkt war aber die Verjährungsfrist für das Einlegen eines Widerspruchs gegen
die Vergabe bei der Vergabekammer längst verjährt.
Daraufhin
beantragte
ich
bei
der
Senatsverwaltung
für
Stadtentwicklung,
der
Eigentümerin des Kinderwald, die Prüfung der Vergabe. Zusätzlich beantragte ich die
Prüfung der Vergabe des Jugendgästehauses Alte Fasanerie Lübars, weil ich auch hier
Unregelmäßigkeiten vermutete.
Die Alte Fasanerie Lübars wurde vor der Vergabe in einem völlig intransparenten
Verfahren aus dem Bestand des Jugendamtes herausgelöst und dem Facilitiy
Management des Bezirks übertragen. Dort hat dann der zuständige Baustadtrat die
Vergabe an den GJB e.V. veranlasst. Inzwischen behauptet das Bezirksamt, es habe sich
81
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
gar nicht um eine Vergabe sondern um eine rein gewerbliche Vermietung gehandelt.
Warum der GJB e.V., ein freier Träger der Jugendhilfe, eine Liegenschaft des Bezirks
gewerblich anmieten soll, die zuvor den Nutzungszweck Kinder- und Jugendhilfe hatte,
erklärt das Bezirksamt nicht. Und wieso der GJB e.V. die Liegenschaft zur Nutzung erhält,
wird fachlich auch nicht begründet. Aus fachlicher Sicht wäre eine andere Nutzungsart für
den Einzugsbereich der Alten Fasanerie, das Märkische Viertel, viel sinnvoller gewesen –
beispielsweise eine Kindertagesstätte. Im Märkischen Viertel herrscht großer Mangel an
Kitaplätzen. Von der gegenwärtigen Nutzung – als Gästehaus für Gruppen von BerlinBesuchern – hat das Märkische Viertel überhaupt nichts. Eine Erörterung der Vergabe im
Jugendhilfeausschuss hat meines Wissens nicht stattgefunden.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat meinen Antrag auf Prüfung der Vergaben
abgewiesen, weil man aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung mit dem Bezirk
Reinickendorf nicht zuständig war. Aber die Senatsverwaltung hatte meinen Antrag auf
Prüfung immerhin weitergeleitet an das Bezirksamt Reinickendorf.
Dort hat dann auch tatsächlich die Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung des Bezirksamts
Reinickendorf die beiden Vergaben geprüft. Nach Abschluss der Prüfung teilte mir der
Leiter der Prüfgruppe mit, die Prüfung hätte ergeben, dass die beiden Vergaben nicht zu
beanstanden gewesen seien.
Da dies dem Rechtsgutachten der Kanzlei Leinemann und Partner widersprach,
beantragte ich nach dem Informationsfreiheitsgesetz Akteneinsicht in den Prüfbericht der
Vergabeprüfungen. Die Akteneinsicht wurde mir zunächst verweigert, ich musste sie erst
einklagen.186
Die Akteneinsicht in den Prüfbericht ergab, dass die Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung
die beiden Vergaben - aus meiner Sicht - überhaupt nicht ordentlich geprüft hatte: Ein
Rechtsgutachten fehlte gänzlich. Eine Dienststelle hat dem prüfenden Sachbearbeiter
sogar die Akteneinsicht verweigert, so dass er die Unterlagen zur Vergabe der Alten
Fasanerie
Lübars
überhaupt
nicht
prüfen
konnte.
Von
seinen
umfassenden
dienstrechtlichen Möglichkeiten gemäß der Richtlinien für die Tätigkeit der Prüfgruppen
machte der prüfende Sachbearbeiter anscheinend keinen Gebrauch. Die von mir
bemängelten, gravierenden Verfahrensfehler (kein transparentes Verfahren, keine
Dokumentation des Verfahrens, kein Wettbewerb, keine Klärung der vergaberechtlichen
Bestimmungen im Vorfeld der Vergabe – im Übrigen klare Korruptionsindikatoren) 187
186 s.a. Berliner Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit: Jahresbericht 2012.
http://www.datenschutz-berlin.de/content/veroeffentlichungen/jahresberichte, Zugriff 14.2.2015,
S. 199-200
187 vgl. Anhang 1, Abb. 6 u. 7 Korruptionsindikatoren.
82
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
wurden bestätigt. In einer Stellungnahme druckst der mit der Prüfung betraute
Sachbearbeiter um den heißen Brei herum: Das „Vergaberecht sei nicht zwingend
anwendbar gewesen“. Eine klare Aussage ist das nicht. Ferner empfiehlt er, in Zukunft bei
Vergaben anders zu verfahren mit „Bieterverfahren“, um rechtlich auf der sicheren Seite
zu sein. Von disziplinarischen Maßnahmen gegen die Verantwortlichen für die
gravierenden Verfahrensfehler steht im Prüfbericht kein Wort. Insgesamt machte der
Prüfbericht auf mich den Eindruck, als sei die Prüfung vorzeitig einfach abgebrochen
worden.
Mit diesem Ergebnis unzufrieden beantragte ich bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin
die Prüfung der Vergaben sowie die Untersuchung des Prüfverfahrens. Dies wurde
abgelehnt mit der Begründung, es gebe keinen begründeten Anfangsverdacht für eine
Straftat. Für die Art und Weise der Durchführung des Prüfverfahrens gibt es keine
Vorgaben. Schlampig zu prüfen, ist nicht verboten.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung lehnte eine Untersuchung des Prüfverfahrens
ab – wegen fehlender Zuständigkeit.
Daraufhin reichte ich eine Petition beim Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses ein,
dass
dieser
die
Petitionsausschuss
Vergaben
holte
und
sich
das
zunächst
Prüfverfahren
eine
untersuchen
Stellungnahme
vom
möge.
Der
Bezirksamt
Reinickendorf ein und teilte mir dann mit, der Petitionsausschuss sieht keinen Bedarf zu
weiteren Prüfungen, das Petitionsverfahren sei eingestellt worden. An der Art und Weise
der Durchführung des Prüfverfahrens hat der Petitionsausschuss keinen Anstoß
genommen.
Nachdem ich beim Petitionsausschuss um die Beantwortung etlicher ungeklärter Fragen
zu dem Verfahren gebeten hatte, sah man sich offenbar genötigt, das Petitionsverfahren
wieder aufzunehmen. Inzwischen hat der Petitionsausschuss das Bezirksamt um eine
weitere Stellungnahme gebeten, diese steht wohl bis heute aus, jedenfalls habe ich
seitdem nichts mehr vom Petitionsausschuss gehört.188 Ich hatte eigentlich erwartet, ein
Mitglied des Petitionsausschusses würde wenigstens einmal nach Reinickendorf fahren,
und sich vor Ort die Akten ansehen, insbesondere die Akte der Alten Fasanerie Lübars.
Immerhin haben Abgeordnete eigens dafür besondere Akteneinsichtsrechte. Dies ist aber
nicht geschehen. Auch hat man sich wohl nicht die Mühe gemacht zu hinterfragen, wie
Prüfverfahren der Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung ordentlich abzulaufen haben.
In
der
Zwischenzeit
habe
ich
längst
selbst
Akteneinsicht
gemäß
188 Nachtrag: Inzwischen wurde das Petitionsverfahren endgültig eingestellt. (Nachtrag am
16.4.2915)
83
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Informationsfreiheitsgesetz in die Akte der Alten Fasanerie Lübars beantragt. Natürlich
wurde mir die Akteneinsicht verweigert – diesmal vom Bezirksbürgermeister persönlich.
Dieser ist als ehemaliger Baustadtrat selbst für den Inhalt der betreffenden Akte
verantwortlich.189 Der Grund für die Verweigerung der Akteneinsicht: Der Schutz von
Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Zurzeit versuche ich, mein Recht auf Akteneinsicht
einzuklagen.
Nun noch ein paar Worte zu den Hintergründen: Der erste Vorsitzende des GJB e.V. ist
SPD-Mitglied mit offensichtlich guten Kontakten zum damaligen Jugendstadtrat. Dass
diese Tatsache mit der Vergabe etwas zu tun hatte, wird natürlich von allen Beteiligten
bestritten.
Auch mit dem nachfolgenden Jugendstadtrat kooperiert der GJB e.V. bis heute
harmonisch. Dieser Jugendstadtrat konnte auf Einladung des GJB e.V. sogar seine
Wahlkampfauftaktveranstaltung im Kinderwald ausrichten. Dies ist, wie ich finde, ein gutes
Beispiel dafür, wie landeseigene Ressourcen zu Ressourcen von Parteien werden.
Gravierende Verstöße des GJB e.V. gegen Mietvertragsvereinbarungen wurden vom
Jugendstadtrat großzügig verziehen. Als der GJB e.V. die Liegenschaft Kinderwald
vertragswidrig wiederholt gewerblich zweckentfremdete und dort unter anderem über zwei
Wochen gewerblich Mitarbeiter eines Wachschutz-Unternehmens beherbergte, hat der
Jugendstadtrat dies nachträglich genehmigt.
Die Remmi-Demmi gGmbH dagegen hat seitdem beim Bezirksamt einen schweren Stand.
Als die Remmi-Demmi gGmbH im Jahr 2013 eine neue Kita eröffnete, versicherte das
Jugendamt zunächst schriftlich, man würde einen Antrag auf Fördergelder aus dem
Kitaausbauprogramm der Senatsverwaltung unterstützen. Zwischenzeitlich hat man sich
dann wohl umentschieden. Da das Jugendamt Reinickendorf den Förderantrag der
Remmi-Demmi gGmbH am Ende doch nicht unterstützt hat, hat die Remmi-Demmi
gGmbH ihre neue Kita in Berlin-Waidmannslust ohne Fördermittel finanzieren müssen.
Die Mietverträge des Bezirksamts Reinickendorf mit dem GJB e.V. hat übrigens nicht der
Jugendstadtrat unterzeichnet sondern der Baustadtrat. Liegenschaftsangelegenheiten
sind wohl gemäß bezirksamtlicher Arbeitsteilung Sache des Baustadtrats.
Der ehemalige Baustadtrat ist heute Bezirksbürgermeister von Reinickendorf. Die
Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung ist ihm direkt unterstellt. Der mit der Prüfung der
Vergaben betraute Sachbearbeiter (und Mitglied der Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung)
ist ein Parteigenosse des Bezirksbürgermeisters und für die CDU im Landkreis Oberhavel
aktiv. Er war außerdem ein leitender Mitarbeiter der Abteilung Bauen beim Bezirksamt,
189 Korrektur: Verantwortlich war der nachfolgende Baustadtrat. (Nachtrag am 16.4.2015)
84
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
und kannte wahrscheinlich den Bezirksbürgermeister noch aus seiner Zeit als
Baustadtrat.
Interessanterweise hat im Jahr 2014 die Staatsanwaltschaft von Berlin gegen den
besagten Sachbearbeiter aus der Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung in einer anderen
Sache wegen „missbräuchlichem Umgang mit dienstlichen Unterlagen“ ermittelt.190 Im
aktuellen Organigramm des Bezirksamt und auf der Bezirksamts-Webseite ist er nicht
mehr zu finden. Gemäß Organigramm des Bezirksamts Reinickendorf aus dem Jahr 2010
war er damals noch der Leiter der Submissionsstelle im Bauamt. 191 Möglicherweise war er
in dieser Funktion ja sogar an der Vergabe der Alten Fasanerie beteiligt – die er dann
später selbst geprüft hat.
Dass ein Mitglied der Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung mit der Prüfung eines Vorgangs
betraut wird, für den sein Vorgesetzter verantwortlich war, und dass der Prüfbericht am
Ende genau diesem Vorgesetzten zur Kenntnisnahme vorgelegt wird, ist rechtlich ohne
weiteres möglich, wie man mir bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlins erklärte. Gemäß
Richtlinie ist die Prüfgruppe ja formal völlig unabhängig.
Genauso ist es offenbar rechtlich möglich, dass ein Verantwortlicher für einen Vorgang
persönlich die Akteneinsicht in die Unterlagen zu diesem Vorgang verweigern kann, so
wie der Bezirksbürgermeister mir persönlich die Akteneinsicht in den von ihm
unterzeichneten Mietvertrag mit dem GJB e.V. verweigert.192
Dieses
Fallbeispiel
zeigt
ganz
klar
erhebliche
Mängel
in
der
Regelung
der
Korruptionsbekämpfung in den Berliner Bezirken auf: Wenn die Bezirke sich selbst prüfen,
dann macht man gegebenenfalls den Bock zum Gärtner.
Der Fall, dass Mitglieder einer Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung Prozesse prüfen, an
denen sie selbst beteiligt waren, und dass Mitglieder der Prüfgruppe theoretisch selbst
korrupt sein könnten, ist in der Richtlinie für die Prüfgruppen nicht vorgesehen.
Es gibt niemanden, der die Kontrolleure kontrolliert. Und es gibt erschreckenderweise
auch niemanden, der das möchte, noch nicht einmal der Petitionsausschuss.
Der Bürger, der einen aus seiner Sicht fragwürdigen Vorgang geprüft haben möchte,
muss darauf gefasst sein, dass er einen möglicherweise Jahre dauernden, kafkaesken
Marsch durch die Institutionen vor sich hat, der ihn eine Stange Geld kostet und am Ende
vielleicht gar nichts gebracht hat.
190 http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1256509, Zugriff 9.2.2015
191http://www.berlin.de/imperia/md/content/bareinickendorf/organigramm/organigramm_wirtschaft_
und_bauen_20.12.10.pdf?
start&ts=1396879164&file=organigramm_wirtschaft_und_bauen_20.12.10.pdf, Zugriff 14.2.2015
192 Korrektur: Den Mietvertrag hat der nachfolgende Baustadtrat unterzeichnet. (Nachtrag am
16.4.2015)
85
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
7. Zusammenfassung und Diskussion
7.1. Zusammenfassung
Die Ergebnisse meiner Arbeit möchte ich wie folgt zusammenfassen:
•
Die Korruptionsbekämpfung in allen Berliner Bezirken hat in den vergangenen fünf
Jahren keine Korruptionsfälle aufdecken können (ausgenommen ein Bezirk).
•
Die einzigen Ermittlungserfolge bei der Korruptionsbekämpfung auf bezirklicher
Ebene überhaupt waren das Ergebnis von externen und internen Hinweisen.
•
Sehr schwer zu bewerten ist die Leistung der Korruptionsprävention. Für die
Messung der Effizienz fehlen die Daten. Dass Korruptionsprävention einen
messbaren Effekt haben kann, zeigt das Beispiel aus dem Bezirk Spandau, in
dem sich nach Einführung von korruptionspräventiven Maßnahmen deutliche
finanzielle Einsparungen ergaben.193
•
Auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse lässt sich dennoch feststellen, dass
in den Berliner Bezirken präventiv zu wenig gegen Korruption unternommen wird.
Es
gibt
nicht
einmal
ein
angemessenes
Fortbildungsangebot
für
Korruptionsbekämpfung. Ferner gibt es keine nichtanlassbezogenen Prüfungen in
den meisten Bezirken.
•
Obwohl die Defizite in der bezirklichen Korruptionsbekämpfung schon seit 1998,
spätestens aber seit dem Bericht von Transparency International von 2008
bekannt sind, sind seitdem keine Fortschritte gemacht worden.
•
Sogar selbst gesetzte Standards bei der Korruptionsbekämpfung werden bis heute
nicht erfüllt. Die Berliner Antikorruptionsrichtlinie wird in wesentlichen Teilen von
den meisten Bezirken nicht eingehalten.
•
Zentrale Elemente der Korruptionsbekämpfung in den Bezirken, wie Prüfgruppen,
Korruptionsbeauftragte und Ombudspersonen, erfüllen nicht ihren Zweck, einzelne
Maßnahmen sind möglicherweise dysfunktional.
•
Dass die Situation so ist, wie beschrieben, ist kein Versehen. Eine wirksame
Korruptionsbekämpfung ist von einflussreichen Entscheidungsträgern in einigen
Bezirken und auf Landesebene offensichtlich politisch nicht gewollt.
•
Nutznießer von fehlender Transparenz und mangelhafter Kontrolle sind die
regierenden Parteien in den Bezirken, welche administrative Ressourcen vielfach
für parteiliche Zwecke nutzen (z.B. Klientelpolitik, Ämterpatronage).
193 Die Welt, 24.5.2005. http://www.welt.de/print-welt/article672157/Offensive-gegen-Korruptionbei-Beamten-zahlt-sich-aus.html, Zugriff 16.2.2015
86
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
7.2. Diskussion
Viele in dieser Arbeit gewonnenen Daten und Informationen unterliegen dem Vorbehalt
der Nachprüfung. Ich war in meiner Arbeit angewiesen auf das Fachwissen der befragten
Sachverständigen sowie auf Quellen im Internet, bei denen ich die Zuverlässigkeit nicht in
jedem Fall gewährleisten kann. Beispielsweise kann ich nicht beurteilen, wie vollständig
die BVV-Online-Archive sind, und wie zuverlässig die Textrecherche der BVVSuchmaschinen ist.
Fehler im Detail kann ich daher trotzt größter Bemühungen nicht ausschließen. Am
Gesamtbild dieser Arbeit und an ihrer Kernaussage können einzelne Fehler meines
Erachtens kaum etwas ändern. Daher glaube ich, auf der Grundlage meiner
Untersuchung folgende Schlüsse ziehen zu können:
•
Die Korruptionsbekämpfung in den Berliner Bezirken ist bis auf wenige
Ausnahmen nicht wirksam. Wenn in fünf Jahren nicht ein einziger Korruptionsfall in
allen Berliner Bezirken aufgedeckt wird (ausgenommen ein Bezirk), dann genügt
es nicht, zu sagen, die Korruptionsbekämpfung hat einzelne Schwächen in der
Umsetzung. Die Korruptionsbekämpfung in den Berliner Bezirken gehört als
Ganzes auf den Prüfstand.
•
Die Ergebnisse dieser Untersuchung decken sich mit Erkenntnissen der
Korruptionsforschung,
beispielsweise
auch
mit
der
Studie
PricewaterhouseCoopers und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
„Insgesamt
scheinen
Landesbehörden
am
in
puncto
besten
Korruptionsprävention
gerüstet
zu
sein,
Bundes-
während
bei
und
den
Kommunalverwaltungen insgesamt noch ein deutlicher Nachholbedarf besteht.“194
Nach dieser Studie sind Ermittlungserfolge in Korruptionsfällen überwiegend vom
Zufall abhängig. In mehr als zwei Dritteln aller Fälle waren externe oder interne
Hinweisgeber die Auslöser für Ermittlungen (Hinweisgebersysteme spielten dabei
nur eine geringe Rolle). Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung wirken also auch
anderswo nur sehr begrenzt.195
•
Die Korruptionsbekämpfung auf Landesebene war zwar nicht Gegenstand dieser
Untersuchung, auch scheint sie hier einen Hauch besser zu funktionieren.
Nichtsdestotrotz erscheint mir eine umfassende Qualitätskontrolle dringend
angebracht.
In
den
Jahren
2011-2013
lag
die
Zahl
der
194 Vgl. PricewaterhouseCoopers AG, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (HG):
Kriminalität im öffentlichen Sektor 2010. Auf der Spur von Korruption & Co. Halle-Wittenberg
2010. S. 43
195 Vgl. ebenda S. 36-39
87
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Korruptionsermittlungsverfahren immer bei ungefähr 120.196 In den Jahren vor
2010, unter dem früheren Generalstaatsanwalt Fätkinhauer, waren es laut
Tagesspiegel noch jährlich zwischen 300 und 400. 197 (Möglicherweise wurde vor
2010 anders gezählt, die Zahlen sind daher vielleicht nicht direkt vergleichbar). Die
Tätigkeitsberichte der Generalstaatsanwaltschaft sind nicht detailliert genug.
•
Da dieser Zustand der mangelhaften Korruptionsbekämpfung seit Jahrzehnten
herrscht, steht für mich fest: Die Selbstreinigungskräfte in den bezirklichen
Verwaltungen sowie in den Parteien haben versagt. Von ihnen ist auch zukünftig
nicht zu erwarten, dass sie diesen Zustand selbständig ändern werden. Die
Zivilgesellschaft ist gefragt. Jeder einzelne Bürger ist dazu aufgerufen, von seinem
Akteneinsichtsrecht nach dem Informationsfreiheitsgesetz Gebrauch zu machen
und
Verwaltungsentscheidungen
Nichtregierungsorganisationen
und
zu
Medien
überprüfen.
müssen
dauerhaft
Bürger,
massiven
öffentlichen Druck erzeugen, um eine Verbesserung der Situation zu bewirken.
Wähler sollten Parteien meiden, die sich nicht aktiv für Korruptionsbekämpfung
und Transparenz einsetzen.
Für die Verbesserung der Korruptionsbekämpfung in den Berliner Bezirken halte ich
folgende Maßnahmen für unbedingt erforderlich. Einige dieser Maßnahmen waren nur am
Rande Gegenstand dieser Untersuchung. Zum Teil sind sie auch nur auf Landes- oder
Bundesebene umsetzbar. Nichtsdestotrotz möchte ich sie hier nicht unerwähnt lassen:
•
Das Informationsfreiheitsgesetz muss bürgerfreundlicher werden. Insbesondere
darf es nicht sein, dass Behördenvertreter Akteneinsicht verweigern können in
Fällen, die sie selbst betreffen. Als Maßnahme schlage ich vor, dem
Landesbeauftragten für das Informationsfreiheitsgesetz gegenüber den Bezirksund Senatsverwaltungen das Weisungsrecht zu erteilen, wie es in einigen anderen
Ländern auch üblich ist.
•
Staatsanwälte und Richter müssen von der Politik unabhängig sein. „Als ein
Problem bei der Bekämpfung großer politischer Korruptionsfälle stellt sich die
Abhängigkeit der strafverfolgenden Staatsanwaltschaften von den Regierungen
bzw. von politischen Parteien dar, deren Mitglieder Regierungsämter innehaben.
Strafverfolgung
ist
Ländersache.
Über
den
politischen
Beamten
des
Generalstaatsanwaltes verfügen die Landesjustizministerien letztlich hoch bis zum
196 Vgl. Generalstaatsanwaltschaft Berlin: Tätigkeitsberichte der Zentralstelle
Korruptionsbekämpfung der Jahre 2011 und 2013.
197 Der Tagesspiegel, 5.2.2009. http://www.tagesspiegel.de/berlin/bestechung-jaehrlich-bis-zu-400korruptionsverfahren-in-berlin/1437444.html, Zugriff 16.2.2015
88
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Justizminister und dem Ministerpräsidenten eines Bundeslandes über eine
Weisungsbefugnis
über
alle
Staatsanwaltschaften
in
dem
jeweiligen
Bundesland. .... Wie oben angegeben sind die Staatsanwälte den Weisungen bis
zur 'politischen Etage' unterstellt. Wie kann dann gegen möglicherweise involvierte
Politiker ermittelt werden, wenn selbige bzw. Parteifreunde etc. Ermittlungen bebzw. verhindern können? .… Über die interne Berichtspflicht an die Ministerien
müssen
die
Staatsanwälte
Ermittlungsergebnisse
an
ihre
Vorgesetzten
weitergeben. Das können jedoch gerade die sein, deren Parteikollegen oder auch
deren Gegner in der Opposition in Fälle verwickelt sind. Aus solchen Berichten
resultieren dann ggf. wieder weitere 'Empfehlungen' und Weisungen. …. Der
Mailänder Staatsanwalt Gherado Colombo (1995) bestätigt diese Aussagen und
zeigt auch auf, dass eine noch selbstständigere italienische Richterschaft, die z. B.
im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft in Deutschland über die Einstellung von
Ermittlungsverfahren
zu
entscheiden
hat,
und
eine
kritischer
werdende
Öffentlichkeit Schlüsselelemente für eine erfolgreiche Korruptionsbekämpfung
darstellen.“198
•
Verwaltung muss transparent sein. Berlin braucht ein Transparenzgesetz wie
Hamburg. „Transparenz ist der Todfeind der Korruption. Der ungehinderte Zugang
zu
Verwaltungsinformationen
Verwaltungsentscheidungen
etwa
und
im
die
Offenlegung
Vergabeverfahren
von
werden
einen
entscheidenden Beitrag zur Korruptionsprävention darstellen.“199
•
Verwaltungsentscheidungen müssen nachvollziehbar und plausibel sein. Dazu
bedarf
es
der
Dokumentation
und
schriftlich
festgehaltener
fachlicher
Begründungen, die für jedermann einsehbar und nachvollziehbar sind. Korruption
ist unter anderem deswegen meistens nicht nachweisbar, weil die Akten
unvollständig oder nicht existent sind. Als Maßnahme schlage ich vor, quasi die
Beweispflicht umzukehren: Wo nicht über eine ordentliche Dokumentation in den
Akten bewiesen werden kann, dass eine Verwaltungsentscheidung sauber
zustande gekommen ist, ist von Korruption auszugehen. Schlampige Aktenführung
und
fehlende
fachliche
Begründungen
sind
unter
Strafe
zu
stellen.
Vorteilsannahme ist schließlich auch schon strafbar, ohne dass Vorteilsgewährung
198 Darge, Ekkehard: Korruption in der Bundesrepublik Deutschland. BIS-Verlag der Carl von
Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg 2009. S. 142-144
199 Schaupensteiner, Wolfgang: Korruption in Deutschland – Lagebild, Maßnahmen und
Gefahren. In: Schilling, Akatashi; Dolata, Uwe (HG): Korruption im Wirtschaftssystem
Deutschland – Jeder Mensch hat seinen Preis. 2. Auflage, Mankau Verlag, Murnau am
Staffelsee, 2004. S. 132
89
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
nachgewiesen werden muss.
•
Alle Parteispenden müssen veröffentlicht werden.
•
Alle Nebeneinkünfte von Amts- und Mandatsträgern müssen veröffentlicht werden.
Die skandinavischen Länder haben nicht zuletzt deswegen weltweit die geringsten
Probleme mit Korruption, weil sie vergleichsweise gläserne Verwaltungen und
gläserne Abgeordnete haben. Diesen Wege gehen auch andere Länder:
„Hongkong ist in seiner erfolgreichen Kampagne der Korruptionskontrolle so weit
gegangen,
eine
Beweispflichtumkehr
öffentlichen
Dienstes
hat
seine
einzuführen.
Ein
Angehöriger
des
Vermögensverhältnisse
offenzulegen
und
nachzuweisen, dass sein Vermögen aus legalen Quellen stammt.“
•
200
Hinweise interner oder externer Hinweisgeber sind die mit Abstand häufigsten
Auslöser
von
Ermittlungen.
Die
einzigen
Ermittlungserfolge
bei
der
Korruptionsbekämpfung auf bezirklicher Ebene überhaupt waren das Ergebnis von
externen und internen Hinweisen in einem Bezirk. Andere Kontrollmechanismen
scheinen nicht zu greifen. Neben dem darum erforderlichen Ausbau dieser
anderen Kontrollmechanismen sollte alles dafür unternommen werden, das Geben
von Hinweisen zu erleichtern und zu fördern.
•
Es wäre außerdem zu prüfen, ob es in den anderen Bezirken auch Hinweise
gegeben hat, denen man nur nicht konsequent genug gefolgt ist. Es spricht viel
dafür, dass die Prüfgruppen in den Bezirken ihrer Aufgabe nicht nachkommen oder
ihr nicht gewachsen sind. Die Arbeit der Prüfgruppen muss extern überwacht
werden oder gleich ausgelagert werden.
•
Der Schutz von Whistleblowern muss ausgebaut werden. Korruption ist ein
Verbrechen, Hinweisgeber sind darum keine Nestbeschmutzer. Die aktive Hilfe
von Hinweisgebern bei der Korruptions-Verbrechensbekämpfung sollte belohnt
werden. Für sachdienliche Hinweise sollten Belohnungen ausgesetzt werden. Ein
elektronisches
Hinweisgebersystem
ist
unverzichtbar.
Die
Position
der
Ombudspersonen muss gegenüber der Verwaltung gestärkt werden, die völlige
Eigenständigkeit und Unabhängigkeit ist erforderlich.
•
Eine Kronzeugenregelung muss eingeführt werden. Grundvoraussetzung für
Korruption ist Vertrauen zwischen Korrupten. Beide schweigen, weil sie sich sonst
auch
selbst
belasten
würden.
Mit
einer
Kronzeugenregelung
ist
diese
Vertrauensbasis erheblich gestört, da derjenige ungeschoren davonkommt, der
200 Cremer, Georg: Korruption begrenzen. Praxisfeld Entwicklungspolitik. Lambertus Verlag,
Freiburg im Breisgau 2000. S. 160
90
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
zuerst auspackt. Das erhöht das Risiko für Korruption. Ferner sollte es
Strafmilderung bei Selbstanzeige geben. „Erneut tritt das Prinzip von Kosten und
Nutzen in Kraft. Wählt man einzig eine hohe Strafe, die als Abschreckung dienen
soll, ist es besser in einer bestehenden korrupten Beziehung verharren und dafür
zu sorgen, dass man nicht entdeckt wird, als durch eine Selbstanzeige mit
Sicherheit diese Strafe hinnehmen zu müssen. Eine hohe Strafe für korruptes
Verhalten kann also eine stabilisierende Wirkung auf korrupte Netzwerke haben,
wenn diese nicht mit einer ausreichenden Strafmilderung bei Selbstanzeige
gekoppelt ist.“201
•
Bezirksverordnetenversammlungen sollten einen Ehrenkodex haben. Politiker
sollten sich durch Unterzeichnen des Kodexes verpflichten, bei Verletzung des
Kodex von öffentlichen Ämtern zurückzutreten. Der Ehrenkodex sollte auch legale
korrupte Handlungen sanktionieren.202
•
Amts- und Mandatsträger sollten in Bezug auf Korruptionsdelikte rechtlich
gleichgestellt sein.
•
Bezirksverordnete sollten ihren Auftrag, die Verwaltung zu kontrollieren, aktiver
verfolgen.
Es
sollte
ständige,
offene
Arbeitsgruppen
zum
Thema
Korruptionsbekämpfung geben. Ferner sollten Bezirksverordnete sich zum Thema
fortbilden.
•
Die
Korruptionsbekämpfung
braucht
ein
Qualitätsmanagement,
um
eine
kontinuierliche Verbesserung und Anpassung an sich ändernde Bedingungen zu
gewährleisten.
•
Die Berliner Antikorruptionsrichtlinie muss überarbeitet werden. Am Rande sei hier
erwähnt, dass die Berliner Antikorruptionsrichtlinie und die Richtlinie für
Prüfgruppen zur Korruptionsbekämpfung seit 1998 wiederholt aktualisiert worden
sind mit nur geringfügigen Änderungen.203 Die Richtlinien sind nicht mehr auf dem
neuesten Stand. Wenn die Zahl der aufgedeckten Korruptionsfälle auf niedrigem
201 Beck, Lotte; Nagel, Volker: Korruption aus ökonomischer Perspektive. In: Graeff, Peter;
Grieger, Jürgen (HG): Was ist Korruption? Nomos Verlagsgesellschaft. Baden-Baden 2012. S.
38
202 Vgl. Transparency International e.V. (HG): Handreichung für ein kommunales Integritätssystem.
Das 4-Säulen-Modell. Berlin: Transparency International e.V. 2006.
http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Themen/Verwaltung/Handreichung_Kommune/4Saeulen-Modell__August_2006__1_.pdf, Zugriff, 19.2.2015. S. 5
203 Bundesministerium des Inneren: Fünfter Bericht zur Umsetzung des „Präventions- und
Bekämpfungskonzeptes Korruption“ der IMK. Berlin 2010. S. 15.
http://www.antikorruption.brandenburg.de/media_fast/4055/5.%20Umsetzungsbericht
%20%28Stand%202010%29.pdf, Zugriff 11.2.2015, s.a. 3. und 4. Bericht.
91
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
Niveau (rund 120 Fälle im Durchschnitt bei 100.000 Mitarbeitern der Verwaltung)
stagniert oder sogar abnimmt, ist zu befürchten, dass dies eher ein Warnsignal als
eine gute Nachricht ist.
•
Prüfverfahren der Prüfgruppen Korruptionsbekämpfung müssen einheitliche
Qualitätsstandards haben.
•
Die bezirkliche Korruptionsbekämpfung darf nicht den Bezirken allein überlassen
werden. Eine externe Behörde sollte die anlassbezogenen Prüfungen durchführen.
Vielleicht wäre der Landesrechnungshof dafür geeignet.
•
Die Maßnahme der Personalrotation auf korruptionsanfälligen Posten sollte
umgesetzt werden.
•
Die
Dienst-
und
Fachaufsicht
der
Amtsleitungen
muss
konsequent
wahrgenommen werden. „Das Nichteinschreiten gegen strafbares Verhalten oder
eine Bagatellisierung der Vorfälle durch ungewöhnliche Milde kann als Indiz dafür
gewertet werden, dass die Behördenleitung die Gesetzesverletzungen in
Wirklichkeit
billigt.“204
Die
Vernachlässigung
der
Dienstaufsicht
muss
disziplinarische Konsequenzen haben.
•
Amtsleitungen müssen ein Vorbild sein und mit gutem Beispiel vorangehen.
„Straftaten werden … nicht nur aufgrund eines hohen Entdeckungsrisikos
unterlassen, sondern vor allem, weil bestimmte Handlungen aus moralischen
Gründen überhaupt nicht in Frage kommen. … Die meisten Menschen begehen
Delikte einfach deshalb nicht, weil sie sie nicht anständig finden.“ 205 Das
Wertesystem muss darum klar definiert sein und von Vorgesetzten vorgelebt
werden.
•
In sogenannten „Wahlprüfsteinen“ für die Brandenburger Landtagswahl forderte
Transparency International 2009 die Einführung eines Antikorruptionsgesetzes für
die kommunale Ebene. „Zur Schaffung eines einheitlichen Standards von
Antikorruptionsmaßnahmen in Kommunen fordert Transparency Deutschland die
Verabschiedung eines Antikorruptionsgesetzes für die kommunale Ebene bzw. die
Ergänzung der Kommunalverfassung. Die bestehende Antikorruptionsrichtlinie hält
Transparency für nicht ausreichend. Die besondere Nähe der Entscheidungsträger
auf kommunaler Ebene birgt die Gefahr von Filz und Strukturen von 'Geben und
Nehmen'. Daher werden hier auch die meisten Korruptionsfälle festgestellt und
204 PricewaterhouseCoopers AG, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (HG): Kriminalität im
öffentlichen Sektor 2010. Auf der Spur von Korruption & Co. Halle-Wittenberg 2010. S. 31
205 Ebenda
92
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
verfolgt.“206 Die Ergebnisse dieser Untersuchung bestätigen die von Transparency
International bemängelten Defizite. Ein kommunales Antikorruptionsgesetz ist ein
Schritt in die richtige Richtung.
•
Im Rahmen meiner Untersuchung habe ich mich auch mit Parteienfilz
auseinandergesetzt. Ich möchte nicht unterschlagen, dass es in allen Parteien
Parteimitglieder und -politiker gibt, die Korruption verurteilen. Diese Aufrechten in
den Parteien können sich ja mal zusammensetzen und darüber nachdenken, wie
sie ihre Parteien entfilzen können.
In meiner Untersuchung konnte ich keine signifikanten Unterschiede zwischen Ostberliner
und Westberliner Bezirken ausmachen. Defizite in der Korruptionsbekämpfung gibt es in
allen Bezirken. Auffällig ist allerdings, dass ausgerechnet drei Westberliner Bezirke,
Reinickendorf, Neukölln und Steglitz-Zehlendorf die Teilnahme an meiner Untersuchung
verweigert haben. Diese Bezirke haben schon 2008 in der Untersuchung von
Transparency International nicht gut abgeschnitten. Hier will man anscheinend von
Korruptionsbekämpfung nichts wissen. Man fragt sich, cui bono?
Für die Soziale Arbeit ergibt sich aus dieser Arbeit Folgendes: Die freien Träger der
sozialen Arbeit, die gemeinnützigen und gewerblichen Dienstleister des Sozialwesens
unterliegen in ihrer Arbeit praktisch keiner Korruptionskontrolle. Die potentiellen
Kontrollorgane, die öffentlichen Auftraggeber auf kommunaler und Landesebene
unterliegen ebenfalls kaum einer Korruptionskontrolle, obwohl es sich beim Sozialwesen
um einen milliardenschweren Markt handelt. Es ist darum zu befürchten, dass das
Korruptionspotential im Sozialwesen ebenso hoch ist, wie im Gesundheitswesen, in der
Pflege oder dem Bauwesen. Hier ist also in höchstem Maße Forschungs- und
Regelungsbedarf gegeben.
Abschließend möchte ich noch einmal die eingangs zitierte Behauptung von Justizsenator
Heilmann, „Wir sind gut, wollen aber noch besser werden“, aufgreifen. Die Behauptung
„Wir sind gut“ entspricht nicht den Tatsachen.
206 http://www.transparency.de/2009-09-23-Brandenburg-Landtag.1497.0.html, Zugriff 17.2.2015
93
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
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Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
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e.V.
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Korruptionsbekämpfung
in
Deutschland:
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Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
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Vahlenkamp, Werner; Knauß, Ina: Korruption - hinnehmen oder handeln? BKAForschungsreihe Band 33. Wiesbaden: Bundeskriminalamt, 1995.
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Wolf, Sebastian: Politikwissenschaftliche Korruptionsforschung. In: Graeff, Peter; Grieger,
Jürgen (HG): Was ist Korruption? Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft, 2012.
•
Zachert, Hans-Ludwig: Korruption und Korruptionsbekämpfung – Zehn Thesen. In:
Friedrich-Ebert-Stiftung (HG): Korruption in Deutschland. Ursachen, Erscheinungsformen,
Bekämpfungsstrategien, Dokumentation einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung am 16.
und 17. Februar 1995 in Berlin. Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung, 1995.
Zeitschriften, Fachzeitschriften:
•
Berliner Morgenpost
•
Berliner Woche
•
Berliner Zeitung
•
Frankfurter Allgemeine Zeutung
•
Märkische-Oder Zeitung MOZ
•
Scheinwerfer
(Transparency International e.V. (HG): Scheinwerfer Ausgabe 48 – Transparenz im Dritten
Sektor, Berlin: Transparency International e.V., 2010.
http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Rundbriefe/Scheinwerfer_48_III_2010_Dritter_S
ektor.pdf, Zugriff 7.2.2015.)
(Transparency International e.V. (HG): Scheinwerfer Ausgabe 49 – Kommunen und
Vergabe, Berlin: Transparency International e.V., 2010.
http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Rundbriefe/Scheinwerfer_49_IV_2010_Kommun
en_Vergabe.pdf, Zugriff, 19.2.2015.
•
Sueddeutsche Zeitung
•
Der Spiegel/Spiegel Online
•
Der Tagesspiegel
•
Die taz
•
Die Welt
99
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin
9. Erklärung über das selbständige Verfassen der Arbeit
Hiermit versichere ich gemäß § 17 Absatz 7 der ‚Prüfungsordnung für den postgradualen
und weiterbildenden Fernstudiengang Sozialmanagement der Alice Salomon Hochschule
Berlin’, dass ich diese Masterarbeit selbständig verfasst und keine anderen als die
angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt und alle wörtlich oder sinngemäß
übernommenen Textstellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Masterarbeit hat
keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegen.
Berlin, den ___________________
______________________
(Unterschrift)
100
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin – Anhang 1
Abbildung 1: Funktion der Nehmer bei Korruptionsdelikten
Quelle:Bundeskriminalamt:Korruption Bundeslagebild 2013,BKA,Wiesbaden 2014. S.11
Abbildung 2: Empfohlene Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung.
Quelle:Friedrich-Ebert-Stiftung (HG): Korruption in Deutschland. Ursachen, Erscheinungsformen,
Bekämpfungsstrategien, Dokumentation. Eine Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung am 16. und 17.
Februar 1995 in Berlin. Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung,1995. S. 14-15
Anhang 1 - S.
1
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin – Anhang 1
Abbildung 3: Verbreitung von Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung in Behörden
Quelle: PricewaterhouseCoopers AG, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (HG): Kriminalität
im öffentlichen Sektor 2010. Auf der Spur von Korruption & Co. Halle-Wittenberg 2010. S.42
Anhang 1 - S.
2
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin – Anhang 1
Abbildung 4: Branchenzugehörigkeit der Nehmer bei Korruptionsdelikten
Quelle: Bundeskriminalamt: Korruption Bundeslagebild 2013, Bundeskriminalamt,Wiesbaden 2014.
S.11
Abbildung 5: Anteil der intransparenten Parteispenden 2011 nach Parteien
Quelle: Lobbycontrol. https://www.lobbycontrol.de/2013/03/rechenschaftsberichte-belegenintransparente-parteienfinanzierung/
Anhang 1 - S.
3
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin – Anhang 1
Anhang 1 - S.
4
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin – Anhang 1
Abb. 6 u. 7: Korruptionsindikatoren und Prüfansätze
Quelle: Bekemann, Uwe: Kommunale Korruptionsbekämpfung. Stuttgart: Kohlhammer Verlag,
2007. S.96-99
Anhang 1 - S.
5
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin – Anhang 2
Tempelhof-Schöneberg
Treptow-Köpenick
-
-
-
-
-
-
-
x
2.
2.7.
Korruptions-Gefährdungsatlas
x
x
x
x
x
x
x
x
x
3.
2.12.
Antikorruptionsbeauftragter/Ansprechpartner
x
x
x
x
x
x
x
x
x
4.
2.16.
Schulungen/Fortbildungen zu Korruption
x
x
-
x1
x1
-
x1
x1
x1
5.
2.17.
Personalrotation auf korruptionsanfälligen Stellen
-
-
-
-
-
-
-
-
-
6.
2.8.
Compliance-Richtlinien, Ehrenkodex, Leitbild für Verwaltung
-
-
x
-
-
x
-
-
-
7.
2.13.
Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung
-1
-1
x
x
-
x
x
-2
x2
8.
2.2.
Richtlinie zur Annahme von Geschenken
-
x
x2
x2
x2
x
x
x
-
9.
2.3.
Sponsoring-Richtlinie
x
x
x3
x
-
x
x2
x
x
10.
2.4.
Zuwendungs-Register
x
x
-
x
x
-
?
-
x
11.
2.5.
Sponsoring-Bericht
x
x
-
x
-
x
-
x
x
Steglitz-Zehlendorf
Mitte
-
Spandau
Marzahn-Hellersdorf
Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung
Zeichen: x = Ja, - = Nein.
Reinickendorf
Lichtenberg
2.1.
Antikorruptions-Maßnahme
Pankow
Friedrichshain-Kreuzberg
1.
FrageNr.
Neukölln
Charlottenburg-Wilmersdorf
Tabelle Antikorruptions-Maßnahmen in den Berliner Bezirken
Anhang 2 – S. 1
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin – Anhang 2
12.
2.6.
Korruptions-Register
-
-
x4
-
-
-
-
-
-
13.
2.9.
Ombudsperson/Vertrauensanwalt
-
-
-
-
-3
-
x
x
-
14.
2.10.
Eigenes Konzept zur Korruptionsbekämpfung
-
-
x
x
-
-
x
-
x
15.
2.11.
Zentrale Vergabestelle
x
-
x
-
x
-
x
-3
x
16.
2.15.
Elektronisches Hinweisgebersystem
x2
-
-
-
-
-
-
-
-
17.
2.18.
Erfassung von Nebeneinkünften
-
x2
-
-
-
-
?
x4
-
18.
2.19.
Beratung durch externe Experten
-
-
-
-
x4
-
x3
-
x3
19.
2.20.
Qualitätsmanagement in der Korruptionsbekämpfung
-
-
-
-
-
-
-
-
-
20.
4.3.
Überbezirkliche Kooperation bei Korruptionsbekämpfung
-
-
x5
x3
-
x2
-
-
x4
21.
4.4.
Vertragsstrafen bei Korruption
-
-
-
-
-
-
x
-
x5
22.
4.2.
Antikorruptions-Arbeitsgruppe der BVV
-
-
-
-
-
-
-
-
-
23.
4.1.
Ehrenkodex für BVV_Mitglieder
-
-
-
-
-
-3
?
-
x6
24.
3.9.
Bezirksverordnete in der Prüfgruppe
-
-
-
-
-
-
-
-
-
25.
4.7.
Veröffentlichung von Parteispenden
-
-
-
-
-
-
-
-
-7
26.
2.14.
Jahresberichte der Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung
-
x3
x6
-
-5
x4
-
-
-8
27.
3.4.
Nichtanlassbezogene Kontrollen/Stichproben durch Prüfgruppe
-
-
x7
x4
-
x5
-
-
x
28.
3.4.
Stichproben-Prüfungen von Freihand-Vergaben
-
-
x
x
-
?
-
-
?
29.
3.5.
Zentrale Koordination der Abteilungen der Innenrevision
-
-
-
-
-
-
-
-
-
Anhang 2 – S. 2
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin – Anhang 2
30.
3.8.
Standardisierte Prüfverfahren bei Korruptionsverdachtsfällen
-
-
x8
-
-
-
-
-
-
31.
3.3.
Sitzungen der Prüfgruppe/AG Korruptionsbekämpfung im Jahr
4
2
Tä
gl
lau
fen
d
-
06
?4
12
-
32.
3.1.
Mitglieder in der Prüfgruppe/AG Korruptionsbekämpfung
7
6
3
2
-
9
ca.
10
78
39
Charlottenburg-Wilmersdorf:
1
: Es gibt einen Arbeitskreis Antikorruption.
2
: www.baurev.de, zurzeit defekt.
Friedrichshain-Kreuzberg:
1
: Es gibt eine Arbeitsgruppe Korruptionsprävention. Prüfungen erfolgen ausschließlich durch die Innenrevision.
2
: Nebeneinkünfte werden beim Personalservice erfasst.
3
: Die jährlichen Berichte der Innenrevision und die Sitzungsprotokolle der AG Korruptionsprävention werden dem Bezirksamt zur Kenntnis gegeben.
Lichtenberg:
1
: Es gelten die Richtlinien der Hauptverwaltung des Landes Berlin.
2
: Es gelten die Ausführungsvorschriften über die Annahme von Belohnungen und Geschenken des Landes Berlin.
3
: Es gilt die Sponsoring-Richtlinie der Senatsverwaltung für Inneres des Landes Berlin.
4
: Bei bezirklichen Vergaben ist die Abfrage des Korruptionsregisters des Landes Berlin verpflichtend.
5
: Gelegentliche Revisorentreffen und Treffen bei der Zentralstelle Korruptionsbekämpfung der Generalstaatsanwaltschaft Berlin.
6
: Veröffentlichung im Jahresbericht des Bezirksamts.
7
: Ca. 88 nichtanlassbezogene Stichproben jährlich.
8
: Richtlinien der Hauptverwaltung.
Marzahn-Hellersdorf
1
: Die Verwaltungsakademie Berlin führt entsprechende Schulungen durch.
Anhang 2 – S. 3
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin – Anhang 2
2
: Es gelten die Ausführungsvorschriften über die Annahme von Belohnungen und Geschenken des Landes Berlin.
3
: Gelegentliche Revisorentreffen, unregelmäßig.
4
: Einmal, danach laufend aktualisierend.
Mitte:
1
: Unregelmäßige Schulungen durch Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft.
2
: Es gelten die Ausführungsvorschriften über die Annahme von Belohnungen und Geschenken des Landes Berlin.
3
: Das Bezirksamt Mitte verweist auf seiner Webseite auf den Vertrauensanwalt des Landes Berlin.
4
: Externe Beratung erfolgt durch die Generalstaatsanwaltschaft.
5
: Wegen Mangel an berichtenswerten Erkenntnissen gibt es keine Berichte mehr.
Pankow:
1
: Vergaben werden durch mehrere Personen geprüft.
2
: Teilnahme am Jahrestreffen der Zentralstelle Korruptionsbekämpfung.
3
: Mit Beschluss 30/2001/IV der BVV wurde ein Verhaltenskodex für Mitarbeiter des Bezirksamts beschlossen. Dieser soll auch für Bezirksverordnete gelten
(http://www.berlin.de/ba-pankow/bvv-online/vo020.asp?VOLFDNR=918#allrisAN).
4
: Veröffentlichung im Intranet des Bezirksamts.
5
: Einmal im Jahr.
6
: Prüfgruppe tagt nur anlassbezogen, im vergangenen Jahr kein mal.
Spandau:
1
: Schulungen werden u.a. durch die Ombudsperson durchgeführt.
2
: Es gilt die Sponsoring-Richtlinie der Senatsverwaltung für Justiz des Landes Berlin.
3
: Externe Beratung gibt es durch die Ombudsperson.
4
: Prüfgruppe tagt nur anlassbezogen.
Tempelhof-Schöneberg:
1
: Schulungen durch die Ombudsperson sind in Vorbereitung.
2
: Es gibt eine Arbeitsgruppe Antikorruption. Diese führt keine Prüfungen durch.
Anhang 2 – S. 4
Jiri Kandeler – Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin – Anhang 2
3
: Nur für die Abt. Bauwesen gibt es eine übergeordnete Vergabestelle.
4
: Jede Nebentätigkeit muss der Personalstelle gemeldet werden, sie werden auch dem Sachbearbeiter Antikorruption zur Kenntnisnahme mitgeteilt.
Treptow-Köpenick:
1
: Die Verwaltungsakademie Berlin führt entsprechende Schulungen durch.
2
: Die Aufgaben der Korruptionsprävention und -bekämpfung werden von der ständigen Organisationseinheit Zentrale Revision zur Korruptionsbekämpfung (ZRK)
wahrgenommen.
3
: Beratung erfolgt durch die Zentralstelle Korruptionsbekämpfung bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin und durch die Innenrevision der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung.
4
: Unregelmäßige Revisorentreffen der Berliner Behörden, Information durch Antikorruptions-Arbeitsgruppe der Berliner Verwaltung, jährliche Treffen der
Antikorruptionsbeauftragten der Berliner Behörden bei der Zentralstelle Korruptionsbekämpfung.
5
: Die im Land Berlin anzuwendenden Vertragsmuster (Abau III 12.B) enthalten eine Korruptionsklausel, nach der der Auftragnehmer zur Zahlung einer
Vertragsstrafe in Höhe von 5% der Abrechnungssumme verpflichtet wird.
6
: BVV-Beschluss Nr. 908/42/10 „Transparenz der Bezirksverordneten“. Freiwillige Veröffentlichung von Nebentätigkeiten im Internet. http://www.berlin.de/ba-treptow-
koepenick/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/___tmp/tmp/45081036392634518/392634518/00071468/68-Anlagen/03/B1484SB.pdf,
Zugriff 22.2.15
7
: Auch Parteien auf Bezirksebene müssen nach dem Parteiengesetz dem Bundestagspräsidenten Bericht erstatten. Erhalten sie im Bezirk Spenden in einer Höhe
über Schwellenwert, sind diese zu melden und werden in einer Drucksache des Bundestagspräsidenten veröffentlicht.
8
: Es gibt keine Jahresberichte aber Einzelberichte zu den einzelnen Prüfaufträgen.
9
: 2,5 Stellen.
Anhang 2 – S. 5
Fragebogen Korruptionsbekämpfung
Jiri Kandeler
E-Mail: [email protected]
Fragebogen
zum Forschungsprojekt „Korruptionsbekämpfung auf kommunaler Ebene in Berlin“, Masterarbeit
an der Paritätischen Akademie Berlin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und der AliceSalomon-Hochschule bei Prof. Dr. David Kramer (Email: [email protected]).
Erläuterungen zum Fragebogen:
Sehr geehrte Dame / Sehr geehrter Herr,
vielen Dank, dass Sie sich bereit erklärt haben, diesen Fragebogen auszufüllen. Der Sinn dieses
Fragebogens ist, eine aktuelle Bestandsaufnahme der Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung in
den Berliner Bezirken zu machen. Diese Bestandsaufnahme soll Rückschlüsse ermöglichen über
die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung sowie ggf. über Möglichkeiten der
Optimierung. Die Mitarbeit an dieser Arbeit kann Ihnen also vielleicht auch helfen, die
Korruptionsbekämpfung in Ihrem Bezirk effizienter zu machen. Auf Wunsch können Sie ein
Exemplar dieser Arbeit erhalten.
Vertrauliche oder personenbezogene Informationen werden nicht erfragt. Alle Fragen beziehen
sich auf Daten und Informationen, die nicht der Geheimhaltung unterliegen sollten. Sollten Sie
dennoch einzelne Fragen aus Geheimhaltungsgründen nicht beantworten wollen, machen Sie bitte
bei der Frage einen entsprechenden Hinweis.
Die Fragen beziehen sich auf den Ist-Zustand, bitte berücksichtigen Sie in Ihren Antworten nur den
aktuellen Stand. Beispiel: Ihr Bezirk hat zwar eigentlich einen Korruptionsbeauftragten, die Stelle
ist zurzeit aber nicht besetzt. Dann geben Sie bitte an, dass Sie zurzeit keinen
Korruptionsbeauftragten haben. Im Textfeld Kommentar/Erklärung können Sie weitere Erklärungen
abgeben.
Sie können zu jeder Frage/Antwort eine zusätzliche Erklärung oder einen Kommentar abgeben,
wenn Sie dies für erforderlich halten. Sollte der dafür vorgesehene Raum auf der Seite nicht
ausreichen, benutzen Sie bitte die Rückseite oder ein Extrablatt.
Bitte senden Sie den ausgefüllten Fragebogen im beiliegenden Umschlag an: Jiri Kandeler,
Mehringer Str. 44, 13465 Berlin.
Wenn Sie mir Unterlagen zur Verfügung stellen möchten, von denen Sie meinen, sie könnten für
meine Arbeit relevant sein, wie beispielsweise Jahresberichte, Gefährdungsatlanten oder
Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung, können Sie diese – falls als Datei vorhanden – auch per
E-Mail senden an: [email protected].
Für Ihre Kooperation bin ich Ihnen sehr dankbar.
Jiri Kandeler
1
Fragebogen Korruptionsbekämpfung
1. Fragen zu Korruption
Frage 1.1.:
Privatisierungen, Public Private Partnerships und die Abgabe von ehemals staatlichen Aufgaben
an freie Träger und gewerbliche Anbieter führen zu einer Vermehrungen von Schnittstellen und
Transaktionen zwischen Verwaltung und Wirtschaft sowie Sozialwirtschaft. Damit einher steigt
theoretisch
die
Korruptionsanfälligkeit
der
Verwaltung.
Glauben
Sie,
dass
die
Korruptionsanfälligkeit der Verwaltung in Ihrem Bezirk seit 2000 zugenommen hat?
Ja, hat zugenommen
Nein, ist unverändert
Nein, hat eher abgenommen
Kommentar / Erklärung:
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
Frage 1.2.:
Hat es in den vergangenen 5 Jahren Korruptionsfälle in der Verwaltung Ihres Bezirks gegeben?
Ja.
Falls ja, wie viele: ____
Falls ja, in welchem Bereich der Verwaltung (Bau, Soziales,...): ____________________
Nein.
Kommentar / Erklärung:
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
Frage 1.3.:
Glauben Sie, dass in Ihrem Bezirk von Politik und Verwaltung genug gegen Korruption
unternommen wird?
Ja, die vorhandenen Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung sind ausreichend.
Nein, zur Korruptionsbekämpfung wird zu wenig unternommen.
Kommentar / Erklärung:
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
2
Fragebogen Korruptionsbekämpfung
2. Fragen zu Instrumenten und Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung:
Frage 2.1.:
Hat Ihr Bezirk eigene Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung?
Ja.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
Frage 2.2.:
Hat Ihr Bezirk eigene Richtlinien für die Annahme von Geschenken?
Ja.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
Frage 2.3.:
Hat Ihr Bezirk eine eigene Sponsoring-Richtlinie?
Ja.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
3
Fragebogen Korruptionsbekämpfung
Frage 2.4.:
Hat Ihr Bezirk ein Zuwendungs-Register?
Ja.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
Frage 2.5.:
Gibt es in Ihrem Bezirk einen Sponsoring-Bericht?
Ja.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
Frage 2.6.:
Hat Ihr Bezirk ein eigenes Korruptions-Register?
Ja.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
4
Fragebogen Korruptionsbekämpfung
Frage 2.7.:
Gibt es für Ihren Bezirk einen Korruptions-Gefährdungsatlas?
Ja.
Falls ja, inwiefern wird festgestellte Korruptionsgefährdung berücksichtigt (z.B. durch
Personalrotation, vermehrte Stichproben-Prüfverfahren o. Ä.)?
Bitte erläutern.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
Frage 2.8.:
Gibt es für die Verwaltung in Ihrem Bezirk Compliance-Richtlinien, einen Ehrenkodex oder ein
Leitbild?
Ja.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
Frage 2.9.:
Gibt es in Ihrem Bezirk einen Ombudsmann/einen Vertrauensanwalt?
Ja.
Nein.
Falls nein, gibt es eine andere Annahmestelle für anonyme Hinweise? Ja / Nein
Kommentar / Erklärung:
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
5
Fragebogen Korruptionsbekämpfung
Frage 2.10.:
Hat Ihr Bezirk ein eigenes Konzept zur Korruptionsbekämpfung und -prävention?
Ja.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
Frage 2.11.:
Gibt es in Ihrem Bezirk eine zentrale Vergabestelle?
Ja.
Nein.
Falls nein, wird das „Vier-Augen-Prinzip“ bei Vergaben in anderer Form umgesetzt?
Bitte erläutern.
Kommentar / Erklärung:
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
______________________________________________________________________________
Frage 2.12.:
Gibt es in Ihrem Bezirk einen Antikorruptionsbeauftragten?
Ja.
Falls ja, wer hat diese Position inne (z.B. Leiter des Rechtsamts, Bezirksamtsdirektor)?
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Nein.
Kommentar / Erklärung:
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Fragebogen Korruptionsbekämpfung
Frage 2.13.:
Gibt es in Ihrem Bezirk eine Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung?
Ja.
Nein.
Falls nein, gibt es ein anderes Gremium/eine Arbeitsgruppe o.ä. mit der Aufgabe
Korruptionsbekämpfung? Ja / Nein , ggf. Name des Gremiums
Kommentar / Erklärung:
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Frage 2.14.:
Werden die Jahresberichte des Antikorruptionsbeauftragten/der Prüfgruppe
Korruptionsbekämpfung bzw. des mit der Korruptionsbekämpfung befassten Gremiums
veröffentlicht?
Ja.
Falls ja, wo werden die Jahresberichte veröffentlicht?
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Nein.
Falls nein, wer bekommt die Jahresberichte zur Einsicht?
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Kommentar / Erklärung:
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Frage 2.15.:
Gibt es in Ihrem Bezirk ein elektronisches Hinweisgebersystem für anonyme Hinweise?
Ja.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
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Fragebogen Korruptionsbekämpfung
Frage 2.16:
Gibt es für Mitarbeiter der Verwaltung in Ihrem Bezirk Schulungen zu den Themen Korruption und
Korruptionsbekämpfung?
Ja.
Falls ja, wer wird geschult?
_____________________________________________________________________
Falls ja, wer führt diese Schulungen durch?
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Falls ja, wie oft finden Schulungen statt?
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Falls ja, wann haben Sie selbst zuletzt an einer Schulung zum Thema Korruption
teilgenommen?
_____________________________________
Nein.
Kommentar / Erklärung:
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Frage 2.17.:
Gibt es in Ihrem Bezirk das Prinzip der Personalrotation bei besonders korruptionsanfälligen
Stellen?
Ja.
Falls ja, gibt es auch regelmäßige Personalwechsel in den Innenrevisionen und in der
Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung?
________________
Nein.
Kommentar / Erklärung:
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8
Fragebogen Korruptionsbekämpfung
Frage 2.18.:
Werden Nebeneinkünfte von Mitarbeitern der Verwaltung der Innenrevision gemeldet oder in
anderer Weise zentral erfasst?
Ja.
Falls ja, bitte erläutern.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
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Frage 2.19.:
Wird die Verwaltung in Ihrem Bezirk von externen Experten zum Thema Korruptionsbekämpfung
beraten?
Ja.
Falls ja, von wem:
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Nein.
Kommentar / Erklärung:
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Frage 2.20.:
Gibt es in der Verwaltung in Ihrem Bezirk ein Qualitätsmanagement bzw. eine Strategie zur
kontinuierlichen Verbesserung der Qualität in Bezug auf die Korruptionsbekämpfung?
Ja.
Falls ja, bitte erläutern.
Nein.
Falls nein, gibt es eine andere Form interner oder externer Evaluation oder
fachlicher/wissenschaftlicher Begleitung der Korruptionsbekämpfung in Ihrem Bezirk?
Bitte erläutern.
Kommentar / Erklärung:
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Fragebogen Korruptionsbekämpfung
3. Fragen zur Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung (bzw. dem Gremium, das mit der
Korruptionsbekämpfung befasst ist1):
Frage 3.1.:
Wie viele Mitglieder hat die Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung?
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Kommentar / Erklärung:
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Frage 3.2.:
Aus welchen Abteilungen der Verwaltung Ihres Bezirks kommen die Mitglieder der Prüfgruppe
Korruptionsbekämpfung?
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Kommentar / Erklärung:
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Frage 3.3.:
Tagt die Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung regelmäßig oder nur anlassbezogen?
Regelmäßig.
Falls regelmäßig, wie häufig im Jahr?
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Nur anlassbezogen.
Falls nur anlassbezogen, wie oft durchschnittlich im Jahr?
_______________
Kommentar / Erklärung:
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1 Im Folgenden auch „Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung“ genannt.
10
Fragebogen Korruptionsbekämpfung
Frage 3.4.:
Führt die Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung nichtanlassbezogene Stichproben-Prüfverfahren zur
Kontrolle von Vergaben und anderen Transaktionen durch?
Ja.
Falls ja, wer bestimmt, was und wann geprüft wird?
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Falls ja, wie oft im Jahr?
______________________
Falls ja, werden auch Freihand-Vergaben geprüft? Ja / nein
Nein.
Kommentar / Erklärung:
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Frage 3.5.:
Werden die Aktivitäten der Innenrevisionen in den verschiedenen Verwaltungsabteilungen von der
Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung koordiniert oder kontrolliert?
Ja.
Falls ja, bitte erläutern.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
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Frage 3.6.:
Nimmt ein Mitglied der Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung regelmäßig an der Arbeitsgruppe
Antikorruption des Landes Berlin teil?
Ja.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
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Fragebogen Korruptionsbekämpfung
Frage 3.7.:
In der Verwaltung eines Bezirks arbeiten Menschen mitunter viele Jahre zusammen, kennen sich
gut und sind vielleicht auch befreundet. Es ist daher möglich, dass Mitglieder der Prüfgruppe
Korruptionsbekämpfung auch in Prüfvorgänge einbezogen werden, die enge Mitarbeiter oder
Vertraute von ihnen betreffen, vielleicht sogar sie selbst. Gibt es verbindliche Regeln für den Fall,
dass ein Mitglied der Prüfgruppe Korruptionsbekämpfung in einem Prüfverfahren möglicherweise
befangen sein könnte?
Ja.
Falls ja, bitte erläutern.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
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Frage 3.8.:
Gibt es ein standardisiertes Prüfverfahren bei Korruptionsverdachtsfällen?
Ja.
Falls ja, nach welchen Standards werden Prüfverfahren durchgeführt (eigene festgelegte
Standards oder nationale/internationale Standards für Prüfverfahren der Innenrevision, z.B.
vom DIIR - Deutsches Institut für Interne Revision)? Bitte erläutern.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
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Frage 3.9.:
Nehmen Vertreter der Bezirksverordnetenversammlung an den Sitzungen der Prüfgruppe
Korruptionsbekämpfung teil?
Ja.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
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12
Fragebogen Korruptionsbekämpfung
Frage 3.10.:
Wie und wie häufig wird die Bezirksverordnetenversammlung über die Tätigkeit der Prüfgruppe
Korruptionsbekämpfung informiert?
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4. Sonstige Fragen:
Frage 4.1.:
Gibt es einen Ehrenkodex für die Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung?
Ja.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
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Frage 4.2.:
Gibt es eine Antikorruptions-Arbeitsgruppe der Bezirksverordnetenversammlung?
Ja.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
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Frage 4.3.:
Gibt es Formen überbezirklicher Kooperation auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung?
Ja.
Falls ja, bitte erläutern.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
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13
Fragebogen Korruptionsbekämpfung
Frage 4.4.:
Gibt es Vertragsstrafen für Auftragnehmer bei Vergabeverträgen, wenn bei einer Vergabe
Korruption festgestellt wurde?
Ja.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
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Frage 4.5.:
Wenn es in Ihrem Bezirk eine Ombudsperson oder einen Vertrauensanwalt/eine
Vertrauensanwältin gibt, hat sich dieses Amt Ihrer Ansicht nach als sinnvolle Einrichtung erwiesen?
Ja.
Nein.
Bitte begründen:
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Frage 4.6.:
Sollten Ihrer Ansicht nach Whistleblower gesetzlich besser geschützt werden?
Ja.
Nein.
Bitte begründen:
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Fragebogen Korruptionsbekämpfung
Frage 4.7.:
Müssen Parteien in der Bezirksverordnetenversammlung Parteispenden veröffentlichen?
Ja.
Nein.
Kommentar / Erklärung:
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Frage 4.8.:
An Korruptionsfällen beteiligte Personen können diese Korruptionsfälle in der Regel nur anzeigen,
wenn sie sich dabei gleichzeitig selbst belasten. Würden Sie eine Kronzeugenregelung zur
Aufdeckung von Korruptionsfällen befürworten?
Ja.
Nein.
Bitte begründen:
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Frage 4.9.:
Prüfer von möglicherweise korrupten Vorgängen sollten vollständig unbefangen und unabhängig
von den Geprüften sein sowie außerhalb hierarchischer Beziehungen stehen, um ein objektives
Prüfverfahren zu gewährleisten. Gegenwärtig unterliegt die Korruptionsbekämpfung in den
Bezirksverwaltungen ebendiesen Bezirksverwaltungen selbst. Glauben Sie, in Ihrem Bezirk wird
dennoch das Prinzip der Unabhängigkeit und Unbefangenheit von Prüfern gewährleistet?
Ja.
Falls ja, was wird unternommen, um die Unabhängigkeit von Prüfern zu schützen?
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Nein.
Falls nein, finden Sie, dass man zur Korruptionsbekämpfung in Ihrem Bezirk externe Prüfer
hinzuziehen sollte (z.B. aus der Senatsverwaltung, aus anderen Bezirken oder von
Wirtschaftsprüfungsunternehmen)?
Bitte erläutern.
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Kommentar / Erklärung:
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Fragebogen Korruptionsbekämpfung
Frage 4.10.:
Halten Sie die Einführung eines elektronischen Hinweisgebersystems für sinnvoll?
Ja.
Nein.
Bitte begründen:
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Frage 4.11.:
Transparenz wird allgemein als wirksames Instrument der Korruptionsprävention gesehen. Wenn
Verwaltungsentscheidungen gut dokumentiert sowie plausibel begründet sein müssen und für
Bürger einsehbar sind, dann reduzieren sich die Möglichkeiten für korrupte Vorgänge. Halten Sie
die Verwaltung in Ihrem Bezirk für ausreichend transparent?
Ja.
Nein.
Falls nein, was wird in der Verwaltung Ihres Bezirks unternommen, um Verwaltung
transparenter zu machen? Bitte erläutern.
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Falls nein, was müsste Ihrer Ansicht nach getan werden, um die Verwaltung transparenter
zu gestalten? Bitte erläutern.
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Kommentar / Erklärung:
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Frage 4.12.:
Wenn Sie die Korruptionsbekämpfung in Ihrem Bezirk nach Ihren eigenen Vorstellungen neu
organisieren könnten, was würden Sie tun?
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Fragebogen Korruptionsbekämpfung
Frage 4.13. (letzte Frage):
Haben Sie in diesem Fragebogen vielleicht eine Frage vermisst? Oder gibt es noch etwas
Wichtiges zum Thema zu sagen, dass Sie mitteilen möchten?
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Vielen Dank für Ihre Mitarbeit.
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