Zwischenruf - DIE LINKE. Charlottenburg
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Zwischenruf - DIE LINKE. Charlottenburg
Informationsblatt der Bezirksverordneten Ausgabe März 2004 Frauen wollen Europa gestalten Sie werden lange Wege gehen müssen … Die Gleichstellung der Geschlechter ist laut EU-Vertrag ein zentrales Ziel der Politik der Europäischen Union. In sämtlichen Politikfeldern soll sichergestellt werden, dass die Geschlechterfrage, ausgehend von einem gesellschaftlich definierten Geschlechterbegriff, als wesentliches Kriterium bei allen Entscheidungen berücksichtigt wird (gender mainstreaming). Slowenien, Malta und Estland haben nicht eine einzige Frau entsandt! Bedenklich im Hinblick auf die zukünftige Rolle von Frauen in der EU stimmen auch die Erfahrungen mit dem Verfassungskonvent, der ohnehin nur marginal mit Frauen besetzt war. Erst nach zähen Verhandlungen konnte die Zusage erreicht werden, dass der zukünftige Verfassungstext in geschlechtsneutraler Das EU-Parlament in Brüssel: Ein Lichtblick am Ende des Tunnels? Also alles bestens in der EU? Mitnichten. Die Realität sieht deutlich anders aus als die Theorie. Gerade erst hat der Gleichstellungsbericht der EU gezeigt, dass Frauen weiterhin vornehmlich in Niedriglohnsektoren, oft in Teilzeitarbeit beschäftigt sind und deutlich weniger als Männer verdienen. Hinzu kommt, dass Frauen zwar durchschnittlich bessere berufliche Qualifikationen mitbringen, ihr Anteil in Führungspositionen allerdings immer noch verschwindend gering ist. Der politische Sektor in Europa bildet keine Ausnahme. Frauen sind weiterhin stark unterrepräsentiert. Im Durchschnitt beträgt ihr Anteil in den Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten gerade mal ein Viertel. Am besten steht Schweden da, wo 45% der Abgeordneten Frauen sind. Danach geht es stetig abwärts; Griechenland bildet mit einem Frauenanteil von nicht einmal 9% das unrühmliche Schlusslicht. Deutschland nimmt Platz sieben ein. Im Europaparlament sieht es mit einem Frauenanteil von 31% nur geringfügig besser aus. Aber selbst dieser geringe Anteil droht zu sinken. Zur Zeit haben die Parlamente in den Erweiterungsländern inklusive der Türkei einen Anteil von durchschnittlich nicht einmal 15% Frauen. Was dies für die zukünftige Repräsentanz von Frauen im Europaparlament bedeuten könnte, lässt ein Blick auf die zur Zeit aus den Beitrittsländern entsandten parlamentarischen Beobachter erahnen: Von 162 Beobachtern sind gerade einmal 23 weiblich; Sprache abgefasst werden würde. Schaut man sich jedoch den veröffentlichten Entwurfstext an, stellt man fest, dass das Prinzip mitnichten durchgehalten worden ist. Zwar spricht der Text von Bürgerinnen und Bürgern - geht es jedoch um die höheren Posten, kommt nur noch die männliche Form vor: Weder ist von Kommissarinnen die Rede noch von einer Außenministerin, ganz zu schweigen von einer Präsidentin. Zufall? Wohl kaum. Also düstere Zeiten für die Gleichstellung von Frauen? Ich fürchte ja. Die zur Zeit konservativ regierten Beitrittsländer drohen den Rechtstrend in der EU weiter zu verstärken, was den Druck auf Frauen – die immer zu den ersten Opfern von Sozialabbau und neoliberaler Umgestaltung gehören – erhöht und progressive Gleichstellungspolitik noch schwieriger machen dürfte als bisher. Jedoch: Bei allem notwendigen Realismus, was die derzeitigen negativen Tendenzen betrifft – entmutigen lassen sollten wir Frauen uns nicht! Schließlich ist es nichts Neues, dass wir nichts geschenkt bekommen. Wir mussten immer für unsere Rechte kämpfen, und wir werden dies auch weiterhin tun. Die Gleichstellung von Frauen in Europa darf keine schöne Vision bleiben – sie muss endlich Realität werden, in allen Ländern, und in allen Bereichen! Feleknas Uca, Mitglied des Europäischen Parlaments S. 1 Zwischenruf Lieber Brot als Rosen Früher schenkte mir mein Vater jedes Jahr am 8. März eine rote Nelke – für eine westlich-kapitalistische Zivilisation doch eher ungewöhnlich. Ansonsten aber war in den 70er und 80er Jahren nicht allzu viel zu merken vom „Internationalen Frauentag“ in West-Berlin. Mit diesem Suchwort lassen sich über google heute ca. 5.920 Einträge im Internet finden. Können wir also davon ausgehen, dass der 8. März im ‚vereinten Deutschland‘ an Bedeutung gewonnen hat? Wohl eher nicht. Zwar gibt es von Kempten über Erkelenz bis nach CharlottenburgWilmersdorf Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag, doch werden diese kaum wahrgenommen – weder von den Medien noch durch die Frauen. Vielleicht, weil die eigentlichen Ziele verwässert (Ausstellung zu Damenmoden im 20. Jahrhundert) beziehungsweise verquast („Geschlechtergerechtigkeit ist unser Maßstab“) werden?! Vermutlich aber auch, weil dieser Tag in den Medien immer weniger stattfindet. Im 21. Jahrhundert scheinen Frauen in der allgemeinen öffentlichen Wahrnehmung gleichberechtigt zu sein. Sicherlich: Frauen dürfen wählen, dürfen arbeiten; Frauen sind Professorinnen, Frauen sind Politikerinnen. Nur Frauen verdienen für gleiche Arbeit immer noch deutlich weniger als Männer. Der Anteil von Frauen in höheren Positionen an Universitäten und in der Wirtschaft ist immer noch verschwindend gering, und auch in politischen Gremien sieht es kaum besser aus. Es gibt also weiterhin ausreichend Gründe, nicht nur am 8. März lautstark für die Rechte von Frauen einzutreten. Blumen sind nett – sie machen aber nicht satt. Natalie Rottka Informationsblatt der Bezirksverordneten PDS in Europa – Was macht eigentlich ... André Brie: Ist eine gemeinsame Europäische Außenpolitik möglich? Mit diesem Problem ist André Brie als Mitglied im „Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten, Menschenrechte, gemeinsame Sicherheit und Verteidigungs-politik“ ständig konfrontiert: „Anders werden die europäischen Staaten in dieser Welt nur noch schwer Gehör finden.“ Aber worin sollen die Gemeinsamkeiten bestehen, welche Ziele, welche Prinzipien, welche Inhalte sollen die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik bestimmen? „Erklärte Ziele und reale Politik klaffen in der Europäischen Union weit auseinander. Während der auf dem Gipfel in Thessaloniki diskutierte Entwurf einer EU-Verfassung ausdrücklich die Pflicht zur globalen Friedensförderung enthält, stellen die Staats- und Regierungschefs die Weichen für weltweite militärische Interventionen. Europas Verantwortung für Konfliktprävention und friedliche Streitbeilegung wird mit der neuen ‚Sicherheitsstrategie‘ weiter zugunsten von Militäreinsätzen zurück gedrängt. […]. Mit dem angestrebten Umbau der EU zu einer international agierenden Militärmacht wird der Verfassungsentwurf bereits vor seiner Annahme in wichtigen Teilen zur Makulatur gemacht.“ Als Afghanistan-Berichterstatter des Europäischen Parlaments beschreibt André Brie die Folgen dieser Politik als sicherheitspolitisch kontraproduktiv. „Sie wird weiter dazu beitragen, die militärische Schwelle in internationalen Konflikten und in der Politik zu senken.“ Zudem würden den europäischen Volkswirtschaften die in der Wirtschafts-, Sozial- und Bildungspolitik dringend erforderlichen Ressourcen entzogen. Die zukünftigen Aufgaben der PDS-Abgeordneten im Europa-Parlament sieht er realistisch: „internationalen Widerstand vernetzen, aufklären, informieren, Transparenz herstellen.“ So wie auch in der ablaufenden Wahlperiode. Da konnte die PDS unter anderem die Massenmorde an Gefangenen durch Verbündete der USA und unter Beteiligung US-amerikanischer Soldaten in Nordafghanistan öffentlich machen. Die PDS hat einen Namen im Europäischen Parlament. Und das soll so bleiben Uwe Stümke In den nächsten Ausgaben werden wir weitere PDSAbgeordnete im Europa-Parlament und ihre Arbeitsgebiete vorstellen. April: Tobias Pflüger/Soziale Bewegungen Mai: Helmut Markov/Osterweiterung und Wirtschaftsförderung Ausgabe März 2004 S. 2 Europa lärmt und alle hören zu Veranstaltungsrunden zur Lärmminderung auch in unserem Bezirk Fast zwei Drittel der Menschen in Europa fühlen sich durch Straßenverkehrslärm belästigt. So hat sich auch die Europäische Union inzwischen einem der dringendsten Umweltprobleme der industrialisierten Welt angenommen: Seit Beginn diesen Jahres gilt – auch nach deutschem Recht – eine Richtlinie, die vorschreibt, für Ballungsräume Aktionspläne zur Lärmminderung aufzustellen. Eigentlich kein neues Thema für deutsche Kommunen: allerdings wurden bürokratisch aufwendig erstellte Pläne kaum verwirklicht. Ursache dafür ist sicherlich auch die Tendenz, den Kommunen immer mehr Aufgaben zuzuweisen, ohne dass Geldmittel oder Einnahmequellen bereitstehen. Daran wird auch die neue Richtlinie nichts ändern: Die Kosten müssen nicht diejenigen tragen, die den krank machenden Lärm erzeugen. Trotzdem könnten die Menschen der Richtlinie vor Ort eine gewisse Sprengkraft verleihen, denn die Öffentlichkeit muss nicht nur detailliert über die Lärmsituation informiert werden, sondern kann Aktionspläne auch mit erarbeiten. In unserem Bezirk ist das jetzt möglich, denn Charlottenburg-Wilmersdorf nimmt an dem „Modellprojekt Teilräumliche Lärmminderungsplanung“ der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung teil. Ein Gutachterbüro hat den Straßenverkehrslärm im Bezirk in Karten erfasst. Auf einer Veranstaltung für den Bereich Klausenerplatz – Knobelsdorffstraße – Schloßstraße wurden Ende Januar folgende kleinteilige und kurzfristig finanzierbare Maßnahmen zusammengetragen: unter anderem ausgewiesene Radvorrangrouten, Mittelinseln in der SophieCharlotten-Straße etc. Unmittelbar danach haben die PDS-Verordneten im Bezirk eine für die gesamte Schloßstraße ausgewiesene Tempo-30-Zone beantragt. Auf dieser Veranstaltung schienen Vorschläge aus dem Publikum bezüglich der Stadt-autobahn oder des LKW-Verkehrs auf Spandauer Damm und Kaiserdamm jedoch vom Podium mit dem Verweis auf den „Stadtentwicklungsplan Verkehr Berlin“ nicht erwünscht. Dabei benennen die Karten der Gutachter gerade diese Straßen als die größten Lärmquellen im Bezirk. Wenige AnwohnerInnen sind mit dem umfangreichen Verkehrsplan von 2003 vertraut. Deshalb müssen seine Schnittstellen mit Maßnahmen im Rahmen des Modellprojekts zukünftig diskutiert werden dürfen – auch in dem Wissen, dass die Kosten nicht allein vom Bezirk tragbar sind. Für das Gebiet um den „Stutti“ sollen in einer nächsten öffentlichen Veranstaltung Vorschläge gesammelt werden. Der Termin wurde von Seiten der verantwortlichen Senatsverwaltung bereits mehrmals mit der Begründung verschoben, dass noch Absprachen mit dem Gutachterbüro über ein gemeinsames Auftreten notwendig seien. Die Ängstlichkeit der Fachleute vor Gesprächen mit den Menschen vor Ort ist völlig unbegründet: „Frühzeitig beteiligen“ im Sinne der EURichtlinie bedeutet gerade nicht, vorformulierte Ergebnisse lediglich vorzustellen, sondern diese gemeinsam zu erarbeiten. Zu bedenken gilt dabei auch: ein Gutachter muss bezahlt werden, die Ideen der AnwohnerInnen gibt’s kostenlos. Katrin Soltwedel Kartenmaterial und weitere Veranstaltungstermine unter: www.charlottenburg-wilmersdorf.de / umweltamt/verkehr/ Impressum Herausgeber: PDS-Bezirksverordnete in der BVV-Charlottenburg-Wilmersdorf V.i.S.d.P.: Benjamin Apeloig Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. E-Mail: [email protected] Layout: imaginistas.design Erscheinungsdatum: 05. 03. 2004 Informationsblatt der Bezirksverordneten Ausgabe März 2004 wissen schafft stadt Termine Hochschulpolitische Konferenz der Berliner PDS im Vorfeld des Landesparteitags Vor drei Jahren noch undenkbar, heute fast Normalität: Die PDS lädt zu einer hochschulpolitischen Konferenz und rund 160 Akteure aus Hochschulen, Wirtschaft und Politik folgen der Einladung. Darunter natürlich mehrheitlich Studierende, viele PDS-Mitglieder aber auch Hochschulrektoren, Gewerkschafter, Mitglieder von Personalvertretungen, Frauenbeauftragte, Vertreter der Industrie- und Handelskammer. Beobachtet von Medienvertretern, die sich von der Konferenz anscheinend ausschließlich eine Antwort auf S. 3 Verwertbarkeit auf dem Arbeitsmarkt und Studienzeitverkürzung auszurichten, andererseits führen Hochschulverträge, neue Studienabschlüsse usw. zu einem Aufbrechen bisher bestehender Hochschulstrukturen, aus denen auch Chancen werden können. Die Hochschulverträge und die Hochschulautonomie haben den autoritären Einfluss ministerieller Kontrolle reduziert, die in den siebziger Jahren dazu beitrug, dem bekennenden Marxisten Ernest Mandel einen Lehrauftrag an der Freien Universität zu verweigern. Die Bürgersprechstunde der Bezirksverordneten montags: 18.00 – 19.00 Uhr Rathaus Wilmersdorf, Fehrbelliner Platz 4, Raum 3101; Telefon: 902914910 06.–31. 03. Frauenfrühling 2004 – Frauen Macht Europa kostenlose Ausstellungen, Kurse, Diskussionsveranstaltungen, Lesungen, Messen etc. Info: Tel.: 9029-12494 oder www.charlottenburg-wilmersdorf.de 13. 03. Kiezspaziergang „Frauen in Grunewald und Schmargendorf“ mit Monika Thiemen, Bezirksbürgermeisterin; Treffpunkt: Roseneck, 14 Uhr 20. 03. Internationaler Aktionstag gegen Krieg: Info: FriKo Berlin, Tel.: 782 33 82 Aus der BVV Frauenprojekte erhalten die Frage erhofften, wie die Berliner Landespartei am 4. April 2004 auf ihrem Landesparteitag die Studienkontenfrage entscheiden wird. Die Konferenz konnte und vor allem wollte darauf keine Antwor t geben. In verschiedenen Arbeitsgruppen diskutierten die Anwesenden nicht nur über die Studienfinanzierung sondern über die künftige Struktur der Berliner Hochschullandschaft, wie die Hochschulorganisation demokratisiert und Mitbestimmung erleichtert werden kann und wie sich die PDS zu neuen Studienabschlüssen wie dem Bachelor und Master verhalten solle. Deutlich wurde in der Debatte immer wieder, was Marx bereits wusste: „Jedes Ding geht mit seinem Gegenteil schwanger“. Einerseits unterliegen die Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen dem Trend, sich an Hochschulen nutzen diese neuen Instrumente bislang vor allem zur Stärkung der Universitätsleitungen. Hier muss demokratisierend eingeschritten werden, nicht im Sinne von zurück zu mehr Staat, sondern hin zu mehr Mitbestimmung der nichtprofessoralen Gruppen. Die Konferenz hat dieses Manko offensichtlich gemacht und die Handlungsfelder künftiger Hochschulpolitik im Parlament, im Senat und in den Hochschulen gekennzeichnet. Sie hat jedoch auch gezeigt, wie schwierig ein Dialog zwischen unterschiedlichen Akteuren sein kann: Politikerdeutsch kann manchmal genauso unverständlich sein wie Studierendendeutsch. Benjamin Hoff, wissenschaftspolitischer Sprecher der PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus Internationaler Aktionstag für Frieden und soziale Gerechtigkeit Die Friedensfrage und die soziale Frage gehören untrennbar zusammen! Kriege bringen der Bevölkerung nur Leid und Elend. Wer immer mehr für weltweite Interventionstruppen ausgibt, der hat am Ende kein Geld für Soziales, für Bildung, für Gesundheit. Wir demonstrieren für: eine Welt des friedlichen Ausgleichs und der internationalen Solidarität und gegen die weltweite militärische Aggression eine Welt der sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und ökologischen Menschenrechte und gegen die Abhängigkeit von Profitlogik und Konkurrenz in Berlin, am 20. März 2004 Auf die geplanten Kürzungen bei Frauenprojekten reagierten die PDS-Bezirksverordneten sofort und erklärten über einen Antrag, in Zusammenarbeit mit der Vorsitzenden, dieses Thema zu einem Schwerpunkt im Frauenausschuss. Dort wurde der Antrag der PDS, die Kürzungen zurückzunehmen, mehrheitlich angenommen. Im Februar folgte der Rat der Bürgermeister diesem Anliegen. Derartige Kürzungen in Höhe von 1 Mio € würden die soziokulturelle Infrastruktur von Frauenprojekten in Berlin und in unserem Bezirk zerstören. Engagement von und für Frauen bedeutet: interkulturelle Arbeit, Schutz für von Gewalt betroffene Frauen, Selbsthilfegruppen, Hilfe bei der Arbeitsuche, Kunstprojekte und noch vieles mehr. Alle leisten einen wichtigen Beitrag zum sozialen und kulturellen Leben in Berlin. In einem so wichtigen Bereich zu sparen, wo mit wenigen Mitteln viel geleistet wird, wäre ein falsches Signal. Benjamin Apeloig, Bezirksverordneter Bürgerhaushalt wird verhandelt Das für den 25. Februar angekündigte Thema „partizipativer Haushalt“ wurde vom Haushaltsausschuss in die März-Sitzung verlegt; abgesprochen mit dem Finanzstadtrat von Mitte, Jens-Peter Heuer (PDS), der dort über Erfahrungen mit dem Bürgerhaushalt in seinem Bezirk berichten wird. Einen „partizipativen Haushalt“ aufzustellen entspräche den Forderungen nach mehr Transparenz und Mitwirkungsmöglichkeiten im kommunalen Umfeld: Die komplizierte Haushaltssituation lässt sich nur durch gemeinsames Engagement der Betroffenen lösen. Jürgen Hornig, Bezirksverordneter Informationsblatt der Bezirksverordneten Ausgabe März 2004 S. 4 Schröder und Fischer nicht besser als Bush und Blair Fragen an Tobias Pflüger zum Irak-Krieg – ein Jahr danach. Und zu den zwei Seiten der sozialen Medaille gierung. Der Krieg gegen den Irak war unrechtmäßig, die Besatzung des Irak ist es auch. Mich ärgert besonders, dass die deutsche Regierung alle UN-Resolutionen, die eine Zementierung und Legalisierung der Besatzung bestätigen, unterstützt hat: U. a. dass die Hoheit über den Irak an eine irakische Regierung gegeben werden soll, „so bald, wie dies machbar ist." Wann dies sein soll, steht allerdings in den Sternen. Nun sieht es sogar danach aus, dass auch deutsche Soldaten involviert sein werden: In den Stäben der derzeit diskutierten NATO-Korps für den Irak, dem Allied Rapid Reaction Corps (ARRC) aus Mönchengladbach und des deutsch-niederländischen Korps aus Münster sitzen sehr viele deutsche Soldaten. Schröder setzt damit seine bisherige Linie fort: Gegen den Irak-Krieg reden und alles dafür tun, damit er funktioniert. Tobias Pflüger, parteiloser Friedensforscher, kandidiert auf Listenplatz 4 der PDS-Liste für die Wahlen zum Europaparlament Irakkrieg, Genfer Konvention, Guantanamo... Ist die USA-Regierung überhaupt willens mit der Weltgemeinschaft auf Basis des Völkerrechts zu kooperieren? Die derzeitige US-Regierung gebärdet sich offen als einzige Weltmacht – und das ist nachlesbar in der National Security Strategy (NSS) – sie nehmen sich heraus, auf ihren Verdacht hin, Krieg gegen andere Staaten zu führen. Das sogenannte Präventivkriegskonzept ist das schlimmste Element der Bush-Politik. Eine US-Regierung unter John Kerry würde dies nur leicht abschwächen, es würde wieder mehr „abgesprochen“ werden, wann gegen wen Krieg geführt werden wird. Einseitige Kriegsenderklärung durch die USA; ständige Meldungen über Attentate, tote Zivilisten und Soldaten. Ist ein Ende des Krieges absehbar? Der Krieg im Irak wird leider noch sehr lange dauern. Die Bombenphase wurde durch die Besatzungsphase abgelöst – diese scheint noch tödlicher zu sein, für die Besatzer aber auch für die Zivilbevölkerung (vgl. occupationwatch.org). Eine Voraussetzung für das Ende des Krieges ist ein sofortiges Ende der Besatzung durch die alliierten Truppen und die Übergabe an eine gewählte irakische Re- Pulverfass Naher Osten: Palästina-Konflikt, vermeintliche Schurkenstaaten... Sind die USA und die EU noch ernstzunehmende Vermittler? Nein, sowohl die USA als auch die EU sind nicht Vermittler, sondern agieren fast nur nach ihren eigenen geopolitischen Interessen. Am offensichtlichsten wurde das bei den gescheiterten WTO-Verhandlungen im mexikanischen Cancun. Dort haben EU, USA und Japan mit ihrem Einfluss in den WTO-Gremien gemeinsam ihre Handelsvorstellungen gegen die sogenannten Entwicklungsländer versucht brutal durchzusetzen. In Bezug auf den Konflikt Israel/Palästina sind sowohl die derzeitige US-Regierung als auch innerhalb der EU insbesondere die rotgrüne deutsche Regierung – und dort vor allem Joschka Fischer – diejenigen, die die israelische Regierung unter Ariel Scharon immer wieder bei ihrer brutalen Besatzungspolitik stützen. Auf Initiative der UN-Vollversammlung war jetzt die Anhörung zur israelischen Trennungsmauer in palästinensischem Gebiet beim internationalen Gerichtshof in Den Haag. Die deutsche Regierung behauptete, dass allein die Anhörung über die Trennungsmauer die Umsetzung der Road Map gefährde. Nur alle wissen, das Gegenteil ist der Fall: Mit der Trennungsmauer wird es keine Road Map mehr geben. Damit stützt die deutsche Regierung den Mauerbau in Palästina. Und sie arbeitete gegen das Recht der UN-Vollversammlung, den internationalen Gerichtshof anzurufen, um eine (unverbind-liche!) juristische Stellungnahme zu erbitten. Selbst dieses Recht wird nun der UNVollversammlung von den reichen und einflussreichen Staaten abgesprochen, allen voran von den USA und Deutschland. Setzen sich Schröder und Fischer mit ihren Vorstellungen von europäischer Sicherheit und Terrorismusbekämpfung entscheidend von Bush und Blair ab? Nein. Es gibt Unterschiede, diese sind aber inzwischen rein quantitativer Natur. Die Bundeswehr wird weiter zur Interventionsarmee umstrukturiert. Die Verteidigungspolitischen Richtlinien schaffen dazu die strategischen Voraussetzungen. Wenn ich die verabschiedete Europäische Sicherheitsstrategie (ESS) lese, dann ist diese offensichtlich an der NSS angelehnt, unterscheidet sich nur im Duktus. Aber: „Bei den neuen Bedrohungen wird die erste Verteidigungslinie oftmals im Ausland liegen.“ Das ist nichts anderes als wenig verklausuliert das aus der National Security Strategy der USA bekannte "Präventivkriegskonzept", nur diesmal für die EU. Hat die Friedensbewegung gemeinsam mit den welt- und europaweiten sozialen Bündnissen eine Chance gegen Militarisierung und ihre sozialen Folgen? Ja, natürlich. Das Wissen um die Kriegslügen des Irakkrieges sind inzwischen Allgemeingut. Warum der Krieg geführt wurde, wissen auch alle: Es ging um Neuordnung der Region und um Zugang zu Öl. Der Hauptansatz von Friedens-, Antikriegsund globalisierungskritischer Bewegung weltweit muss es sein, zuerst gegen das Agieren der eigenen Regierung und dann gegen das Agieren aller westlichen Regierungen politisch vorzugehen. Die inhaltliche Hauptaufgabe hierzulande muss es meiner Ansicht nach sein, den Zusammenhang deutlich zu machen: Das Sozialabbauprogramm Agenda 2010 habe, so sagte Schröder 2003, direkt etwas zu tun mit dem, was er „Emanzipation Europas" nennt, sprich der Herausbildung einer Militärmacht Europäische Union: Sozialabbau und Militarisierung, neoliberale und neoimperiale Politik sind also zwei Seiten einer Medaille. Die Aktionstage am 20. März, 2./3. April und am 9. Mai sollten dies deutlich machen. Wir müssen eine grundlegend andere Politik einfordern, eine, die sich nicht gemein macht mit dieser falschen, die auf Kosten der Menschen im Süden geht.