Leseförderkonzept - hks
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Leseförderkonzept - hks
Leseförderkonzept der Helen-Keller-Schule (Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung) Fritz - Rau - Straße 1 51674 Wiehl - Oberbantenberg Tel. 02262/700990 Fax. 02262/70099444 e-mail: [email protected] (Stand: Mai 2010) Leseförderkonzept der Helen-Keller-Schule Die Bedeutung des Lesens und Schreibens für Menschen mit geistiger Behinderung Nicht nur das Hören und Sprechen, sondern auch das Lesen und Schreiben ist als wesentlicher Bestandteil der Kommunikation zu betrachten. Menschen benutzen beim Lesen und Schreiben grafische Zeichen (Bilder, Buchstaben), um Gehörtes, Gesprochenes und Gedachtes mitzuteilen. Man verständigt sich über sie und tritt in Interaktion mit seiner Umwelt. Das Lesen und Schreiben ist eine Form der Kommunikation, die es dem Menschen erlaubt, Informationen, Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche auszutauschen. (vgl. Günthner 2000, S. 7). Demzufolge kommt der Leseförderung neben anderen Förderbereichen eine wesentliche Bedeutung zu. Die Schülerinnen und Schüler an der Schule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung lernen, Bilder, Bildzeichen und Schrift als Kommunikationsmittel und Informationsquelle zu entdecken. Das Lesen von Bildern, Schildern und Hinweistafeln am Fußgängerüberweg, im Supermarkt, auf dem Bahnhof oder in anderen öffentlichen Einrichtungen erleichtert ihnen das Zurechtfinden in der Umwelt. Es erweitert ihre Handlungskompetenz, fördert die Selbstständigkeit und trägt zur Integration in die Gesellschaft bei. Der Erwerb der Kulturtechniken Lesen und Schreiben gehört zum Prinzip der Normalisierung und ist ein fester Bestandteil des Bildungsangebots im Fach Deutsch an der Helen-Keller-Schule. Der erweiterte Lesebegriff „Lesen in der Schule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung ist im weiteren Sinne zu verstehen, nämlich als wahrnehmen, deuten und verstehen von konkreten, bildhaften, symbolhaften und abstrakten Zeichen und Signalen“ (Günthner 2000, S. 14). In Anlehnung an Hublow (1985) orientieren wir uns an der Helen-Keller-Schule an dem erweiterten Lesebegriff und möchten im Folgenden einige dieser Lesestufen und Lesearten beschreiben. 2 (Quelle: Günthner 2000, S. 16) Situationen lesen Das Lesen von Situationen beinhaltet die Fähigkeit, Personen oder Gegenstände in bestimmten Abläufen wahrzunehmen, sie wiederzuerkennen und in Beziehung zu setzen. Kinder lernen im Laufe ihrer Entwicklung, Situationen zu deuten, sie zu übertragen und entsprechend zu handeln. Sie entwickeln eine Ereignis- und Sinnerwartung für bestimmte Situationen im Alltag und erlangen dadurch Orientierung und Sicherheit. So wird ein Kleinkind, das von der Mutter in den Kinderstuhl gesetzt wird und den Duft des Essens wahrnimmt, erwarten, dass es gefüttert wird. Schüler, die am täglichen Morgenkreis teilnehmen, werden ihn als Signal des Unterrichtsbeginns erkennen und deuten. Bilderlesen Beim Lesen von Bildern werden Personen und Gegenstände auf Bildern erkannt, und sie werden mit der Erlebniswelt in Verbindung gesetzt. Dies ist der Fall, wenn Kinder sich oder andere Personen auf Geburtstagsfotos wiedererkennen oder Gegenstände und Handlungsabläufe beim Anschauen eines Bilderbuchs oder Bildergeschichten erkennen und deuten. Piktogramme lesen Das Lesen von Piktogrammen beinhaltet die Fähigkeit, schematisierte Teilabbildungen von Gegenständen zu erkennen und ihnen einen Bedeutungsgehalt zu geben. Im Alltag wird diese Fähigkeit häufig von unseren Kindern verlangt, sei es im Straßenverkehr, wo der 3 Fußgängerüberweg durch ein entsprechendes Schild ausgewiesen ist oder auch beim Aufsuchen der Herren- bzw. Damentoilette. Signalwörter lesen Bei den sogenannten Signalwörtern handelt es sich meistens um abstrakte grafische Symbole oder Schriftzeichen auf Schildern und Markenemblemen, die für uns eine bestimmte Bedeutung haben. Viele Kinder können, schon bevor sie das Lesen im engeren Sinn erlernt haben, im Supermarkt bestimmte Artikel wie „Coca-Cola“, „Mars“ oder „Nutella“ anhand der Emblemgestaltung erkennen und unterscheiden. Schriftzüge aus der Umwelt wie „Polizei“, „Feuerwehr“, „Post“ werden wahrgenommen, und die Kinder wissen, dass es sich um ein Polizeiauto oder um eine Feuerwache handelt. Das Lesen von Signalwörtern beinhaltet die Fähigkeit, diese differenziert wahrzunehmen und ihnen einen Bedeutungsgehalt zu geben. Ganzwörter lesen Als Ganzwörter bezeichnet man Buchstabenkomplexe, die als solche im Unterricht angeboten werden und als Schriftsymbole für bestimmte Worte oder Wortgruppen erfasst werden. Meistens haben sie einen thematischen Zusammenhang und werden in diesem eingeführt. Die Erarbeitung der Schülernamen oder der Wochentage findet meistens als Ganzwortlesen statt. Die Schüler nehmen die Wortgestaltung, z.B. „Montag“, als Komplex wahr und lernen, ihn optisch und akustisch von „Dienstag“, „Mittwoch“, etc. zu differenzieren. Schrift lesen Beim Erlesen von Schrift werden Buchstabenfolgen als Zeichen für Lautfolgen aneinandergereiht. Sie werden zu Wörtern und Sätzen zusammengefügt und vermitteln einen Inhalt und Sinn. Bei dieser Stufenfolge handelt es sich um ein idealtypisches Modell, in dem die meisten Kinder unseres Kulturkreises den Weg zum Schriftlesen erlernen. Dennoch sieht die Stufenfolge bei jedem Kind anders aus. An der Schule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung erwerben viele Kinder im Laufe ihrer Entwicklung Fertigkeiten und Fähigkeiten in den Bereichen Bilderlesen, Piktogramme lesen, Signalwörter lesen und Ganzwörter lesen. Einige unserer Schüler kommen auch zum Lesen der Buchstabenschrift im engeren Sinne, also zur Analyse, Synthese und der Sinnentnahme aus fremden Texten. Diese Kompetenzen werden während der Schulzeit ständig erweitert und gefördert und sind auch im Erwachsenenalter von großer Bedeutung. Oft vollzieht sich der Erwerb dieser Lesefähigkeiten in wechselnden Plateaus mit Steigungsund Gefällstrecken. Manche Kinder halten sich längere Zeit bei den Signalwörtern auf und gelangen über einen kurzen Zwischenschritt über die Ganzwörter zur Ana lyse und zur Synthese. Andere Kinder hingegen verbleiben beim Bilderlesen auf einem länger andauernden Plateau und erwerben zum Abschluss ihrer Schulzeit vielleicht noch einige Piktogramme dazu. Unterricht hat die Aufgabe, die erworbenen Lesekompetenzen auf den erreichten Niveaus zu halten, qualitativ weiter zu entwickeln und zu fördern. 4 Rahmenbedingungen der Leseförderung an der Helen-Keller-Schule Basierend auf dem erweitertem Lesebegriff und unter Berücksichtigung unserer heterogenen Schülerschaft mit individuellen Lernvoraussetzungen und Lernbedürfnissen haben wir uns an der Helen-Keller-Schule dazu entschlossen, ein Konzept zu erstellen, in dessen Rahmen die Leseförderung an unserer Schule realisiert wird. Dieses Konzept beinhaltet einerseits Verbindlichkeiten zur Vereinheitlichung und gewährleistet damit eine gewisse Struktur und Durchgängigkeit für unsere Schüler innerhalb ihres Schriftspracherwerbs. Es lässt aber auch genügend Spielraum für die individuellen Bedürfnisse und Zugänge, die viele unserer Kinder benötigen, um Lesen und Schreiben zu erlernen. „Es ist vielleicht die wichtigste Erkenntnis aus den Forschungen zum Schriftspracherwerb, dass Kinder besonders dann lernen, /.../ wenn sie lesen, weil sie etwas wissen wollen; wenn sie schreiben, weil sie etwas mitteilen wollen“ (Brinkmann/Brügelmann 2006). Gerade deshalb sollte die Einbettung der Leseförderung in persönlich bedeutsame Kontexte immer im Vordergrund stehen. Wecken der Lesemotivation Wir betrachten das Wecken der Lesemotivation als eine Grundvoraussetzung zur Leseförderung an unserer Schule und machen dazu folgende Angebote: o Das Vorlesen von Bilderbüchern, Märchen, Fabeln und Bildergeschichten ist fester Bestandteil des Unterrichts. o Die Klassenräume sind so ausgestattet, dass die Einrichtung einer Ruhe- bzw. Leseecke möglich ist. o Im Klassenschrank wird Kinder- und Jugendliteratur bereitgestellt, die für die Schüler frei zugänglich ist. o Es werden themengebundene Lesekisten eingerichtet. o Die schuleigene Schülerbibliothek wird besucht und Bücher können dort entliehen werden. o Es werden öffentliche Bibliotheken besucht. o Individuelle Texte mit altersangemessenem Inhalt aus Jugendzeitschriften, auch aus Fernsehzeitschriften oder der aktuellen Tagespresse, werden einbezogen. o Postkarten mit Urlaubs- oder Weihnachtsgrüßen werden geschrieben und vorgelesen. o Es werden Lesebotschaften, Tagebücher, persönliche Fotobücher und ähnliche individuell bedeutsame Lese- und Schreibanlässe in den Unterricht mit einbezogen. o Die Räume sind mit Abbildungen, Piktogrammen und Schrift versehen. o Die Stundenpläne werden mit Bild und Schrift erstellt. 5 Beachtung der individuellen Lernvoraussetzung Am Anfang jeder Leseförderung steht die Erhebung der individuellen Lernvoraussetzungen jedes Schülers. Im Rahmen unserer Förderpläne wird der jeweilige Ist-Stand im Bereich Sprache und Kommunikation und im Fach Deutsch erhoben. Darauf basierend ist die individuelle Leseförderung zu planen. Zusätzlich steht der Diagnosebogen zur Leseentwicklung von H. Brügelmann zur Verfügung (siehe Anhang). Phonologische Bewusstheit Der Begriff „phonologische Bewusstheit“ bezeichnet die Fähigkeit, bei der Aufnahme, der Verarbeitung, dem Abruf und der Speicherung von sprachlichen Informationen Wissen über die lautliche Struktur der Sprache heranzuziehen. Kinder müssen sich hierzu vom Bedeutungsinhalt der Sprache lösen und begreifen, dass Sätze aus Wörtern, Wörter aus Silben und Silben aus Lauten aufgebaut, dass manche Wörter länger und andere kürzer sind. Es geht darum zu erfassen, was der erste Laut eines Wortes ist, wie es endet, und dass manche Wörter sich reimen. Man unterscheidet zwei wesentliche Aspekte: Zur phonologischen Bewusstheit im weiteren Sinne gehören die Fähigkeiten, Wörter in Silben zu zerlegen und Silben zu einem Wort zusammenzufügen. Phonologische Bewusstheit im engeren Sinne dagegen bezeichnet die Fähigkeiten, Anlaute zu erkennen, aus Lauten ein Wort zu bilden oder ein Wort in seine Laute zu zerlegen (vgl. Wikipedia). Entsprechend wichtig ist es vor dem Beginn des Erstleseunterrichts zunächst festzustellen, wie weit die phonologische Bewusstheit bei dem jeweiligen Kind bereits ausgeprägt ist und welche Fördermaßnahmen geeignet sind. In der Helen-Keller-Schule stehen sowohl Materialien zur Diagnostik als auch zur Förderung zur Verfügung. Hier bieten sich z.B. die Sprachfördermaterialien „Pepino“ (mit Diagnosebogen zur phonologischen Bewusstheit und Übungsvorschlägen), „Lesekompetenz erwerben und fördern“, „Üben im Leseunterricht der Grundschule“, „Der Rundgang durch Hörhausen“ oder „Leichter Lesen lernen mit der Hexe Susi“ an (siehe Anhang). Verwenden von einheitlichen Bildern und Symbolen zur Kennzeichnung bestimmter Räume Die Helen-Keller-Schule hat ihre Räume mit Bildern, Piktogrammen und Schrift aus dem Boardmaker-Programm gekennzeichnet, die es den Schülern ermöglichen sollen, sich innerhalb des Gebäudes zu orientieren oder bestimmte Räume wie Lehrküche, Werkraum, Turnhalle, Büro aufzufinden. Ebenfalls wurde ein Ordner mit einer Bildersammlung zusammengestellt, der Abbildungen und Piktogramme zu verschiedenen Bereichen enthält, die für unsere Schüler von Bedeutung sind: Schulbus, Regenpause, Einkaufen, Kochen, etc. (s. Anhang). 6 Verwenden von einheitlichen Bildern und Symbolen für die Stundenplankarten Ausgehend von den unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und Abstraktionsstufen können für die Stundenpläne Fotos, individuell auf die Klasse abgestimmt, Abbildungen und Piktogramme benutzt werden. Schrift sollte aus didaktischen Gründen immer dabei sein. Die Lehrer entscheiden nach den individuellen Lernvoraussetzungen ihrer Schüler, welche Medien sie benutzen. Zur Vereinheitlichung sollten die Abbildungen und Piktogramme aus dem BoardmakerProgramm oder dem Metacom-Symbolsystem entnommen werden. Kopiervorlagen und CDs sind im Büro erhältlich (s. Anhang). Verwenden einer einheitlichen Schriftart Die Druckschrift Hamburg (Nord) wird als einheitliche Schriftart angewandt. Bei der Einführung von Buchstaben, bei der Erstellung von Arbeitsblättern oder bei Beschriftungen soll darauf geachtet werden, dass diese in der Druckschrift Hamburg sind. Außerdem sollen Groß- und Kleinbuchstaben verwendet werden. Dies gilt besonders für den Erstleseunterricht. Im Büro ist eine CD mit den Schulschriften erhältlich. Die Druckschrift Hamburg ist unter der Abkürzung DRHH zu finden. Es können Arbeitsblätter mit und ohne Linien erstellt werden. Die Druckschrift Hamburg wird in vielen Leselehrgängen verwendet, z.B. auch in „Lesenlernen mit Hand und Fuß“ und „Momel lernt lesen“. Druckschrift (Nord) unterscheidet sich zur bayerischen Druckschrift (Süd) DRBY neu nur noch in den Zahlen. DRHH (4,7,9) ; DRBY neu (4,7,9). Sehr lesesichere Schüler können später auch mit anderen Schriften arbeiten, da diese häufig in der Alltagswelt vorkommen. Schüler, die als Quereinsteiger z.B. von Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen zu uns kommen und dort die Vereinfachte Ausgangsschrift kennen gelernt haben, können diese fort führen. Die Vereinfachte Ausgangsschrift ist bei den Schulschriften unter der Abkürzung VA PE zu finden. Die Buchstaben der Druckschrift Nord: Aa, Bb, Cc, Dd, Ee, Ff, Gg, Hh, Ii, Jj, Kk, Ll, Mm, Nn, Oo, Pp, Qq, Rr, Ss, Tt, Uu, Vv, Ww, Xx, Yy, Zz Die Zahlen der Druckschrift Nord: 1,2,3,4,5,6,7,8,9,10 7 Verwenden einer Anlauttabelle Zur Einführung der Buchstaben wird die Anlauttabelle von „Zebra“ aus dem Klett-Verlag verwendet. Da aber bisher in vielen Klassen überwiegend die Anlauttabelle von „Löwenzahn und Pusteblume“ im Gebrauch ist, kann diese auch weiterhin verwendet werden. Zu beachten wäre dabei, dass die Buchstaben „M“ und „t“ nicht dem Schriftbild Druckschrift Hamburg Nord entsprechen und deshalb entsprechend angeglichen werden sollten. Die Buchstaben werden in Gemischtantiqua als Groß- und Kleinbuchstaben eingeführt. Weitere Materialien zur Buchstabeneinführung sowie Kopiervorlagen und Arbeitsblätter zu den beiden Anlauttabellen sind in der Materialkiste im Kopierraums erhältlich. Verwenden von einheitlichen Lautgebärden Bei der Einführung der Buchstaben werden einheitliche Gebärden zu den Lauten benutzt. Die Helen-Keller-Schule hat sich auf die Lautgebärden von „Lesen lernen mit Hand und Fuß“ von Ulrike Marx/Gabriele Steffen, erschienen im Persen-Verlag 1994, geeinigt. Jede Klasse ist im Besitz dieser Gebärden (s. Anhang). Einsatz von Gebärden beim Leselernprozess In Anlehnung an das Gebärdenkonzept unserer Schule werden Gebärden in möglichst vielen Unterrichtssituationen verwendet. Hierbei handelt es sich nicht um die oben erwähnten Lautgebärden, sondern um lautsprachunterstützende Gebärden (LUG), die der Deutschen Gebärdensprache entnommen sind. Gebärdet werden nur inhaltlich wesentliche Elemente eines Satzes. Wir sprechen daher auch von Schlüsselgebärden. Gebärden werden eingesetzt: zur Wortschatzerweiterung (neue Begriffe werden mit den entsprechenden Gebärde n gelernt, um durch die Verbindung von Wort und Gebärde die Erinnerungsfähigkeit zu unterstützen), zum Erkennen und Einprägen von Piktogrammen, zur Ermöglichung des Vorlesens für unterstützt kommunizierende Schüler (sie lese n beispielsweise den Stundenplan vor, indem sie die jeweiligen Gebärden der einzelne n Fächer ausführen), zum Unterscheiden ähnlich klingender Wörter. Wir verwenden die Gebärden der Gebärdensammlung „Zeig’s mir...mit Gebärden“. Diese Gebärdensammlung, die auf der deutschen Gebärdensprache basiert, ist eine einheitliche Grundlage für unsere Schule. CDs mit den entsprechenden Gebärdenvideos sind im Büro erhältlich. Gebärdenfotos stehen als Kopiervorlage im Karteikasten im Kopierraum zur Verfügung. 8 Keine Verwendung verbindlicher Leselehrgänge Da die individuellen Lernvoraussetzungen und Lernbedürfnisse unserer Schüler im Vordergrund stehen und da es sich zudem bei unseren Klassen um sehr heterogene Lerngruppen handelt, hat die Helen-Keller-Schule sich darauf geeinigt, keinen verbindlichen Leselehrgang zu empfehlen. Das Arbeiten mit nur einem Leselehrgang birgt immer die Gefahr, dass man den Schülern ein vorgegebenes Schema überstülpt und ihnen damit letztendlich den Zugang zur Schriftsprache erschwert. Viele unserer Schüler benötigen ganz individuelle Materialien, um Schreiben und Lesen zu erlernen. Die meisten Arbeitsmaterialien müssen selbst angefertigt werden. Sie werden auf die Bedürfnisse und Interessen der Schüler abgestimmt und entsprechend eingesetzt. Ältere Schüler benötigen aktuelle oder altersangemessene Texte, um einen Leseanlass zu erhalten. Durch die kindgerechte Aufmachung der Leselehrgänge werden sie kaum noch zum Lesen motiviert. Die Lehrer der Klassen entscheiden nach den jeweiligen Bedürfnissen ihrer Schüler, wie und mit welchen Materialien sie den Zugang zur Schriftsprache ermöglichen. Zur Anregung stehen verschiedene Lesefördermaterialien im Kopierraum zur Verfügung. So bieten beispielsweise die Buchstabenhefte von „Einsterns Schwester“ oder „Zebra“ zahlreiche Vorschläge zur Buchstabenerarbeitung. Die Hefte des Programms „Lernmobile Deutsch“ unterstützen je nach Schwerpunkt bei der Hinführung zur Schrift oder dem genauen Hören und Sprechen und die „Lies mal –Hefte“ aus dem Jandorf Verlag sind besonders geeignet zur Übung des sinnerfassenden Lesens. Weiterhin hat sich die Verwendung von Lesetexten nach der Silbenmethode mit Silbentrenner® (Mildenberger Verlag) bewährt. Die Markierung der Silben eines Textes in zwei Farben erleichtert für viele Kinder das Lesenlernen. Speziell die farbige Markierung der Sprechsilben bietet eine entscheidende Hilfe beim Erlesen der Wörter. Entsprechende Texte lassen sich auch leicht selbst erstellen. Leseförderung der älteren Schüle r in Ober- und Berufspraxisstufe Nicht alle Schüler können zum Schriftspracherwerb geführt werden und erreichen die Stufe des sinnentnehmenden Lesens, wie er in dem zuvor skizzierten Modell nach Hublow beschrieben wurde (siehe S. 3). Viele unserer Schüler bewegen sich während ihrer Schulzeit im Bereich des Bilderlesens und Ganzwortlesens. o Schüler, die auf einer Lesestufe verbleiben, werden auf diesem Plateau qualitativ weiter gefördert. So ist es beispielsweise für einen Schüler der Ober- oder Berufspraxisstufe, der zwar einige Buchstaben kennt, diese aber nicht zu Wörtern verbinden kann, sinnvoller, seine Fähigkeiten auf der Stufe des Lesens von Piktogrammen zu erweitern, als sich in den verbleibenden Schuljahren mit der Erarbeitung neuer Buchstaben zu beschäftigen. o Ältere Schüler erhalten auch altersadäquate Angebote und Leseanlässe, z.B. Jugendzeitschriften. o Inzwischen bieten einige Verlage altersangemessene Texte und Materialien an, die sich sehr gut für den Einsatz in den entsprechenden Klassen eignen (z. B. Bergedorfer Unterrichtshilfen aus dem Persen Verlag, siehe Anhang) 9 o Einbezug moderner Medien – gerade das Schreiben von E-Mails und SMS und das Lesen aktueller Berichte im Internet sind für diese Schülergruppe sehr motivierend und machen es für viele erst lohnenswert, besser Lesen und Schreiben zu lernen. o Es werden individuelle Arbeitsmaterialien erstellt. o Die Leseförderung soll lebenspraktisch ausgerichtet sein. Sie soll den Schülern ermöglichen, sich auf die außerschulische Zeit vorzubereiten. Das Lesen bzw. Deuten von Handlungsanweisungen auf Kochrezepten oder Gebrauchsanweisungen erscheint sinnvoll. In Anlehnung an die identitätsorientierte Textproduktion nach Thamm (1995) stehen die Schreibbedürfnisse unserer Schüler im Vordergrund, die mittels „textproduktiver Medien und Handlungen“ umgesetzt werden können. „Sie eröffnen den jugendlichen Schülern einen kreativen Raum auf einem breit angelegten Abstraktionsniveau. Kognitive Rechtschreibanforderungen bleiben sekundär und verstellen so nicht die identitätsbezogenen Zielsetzungen“ (vgl. ebd. S. 168). Unter textproduktiven Handlungen versteht Thamm „Schreiben, Drucken, Zeichnen, Malen, Ausschneiden, Aufkleben, Diktieren, Fotografieren, Filmen sowie deren Kombination“ (vgl. ebd. S. 166). Leseförderung besonders interessierter und lesestarker Schüler Entsprechend ihren individuellen Fähigkeiten werden die Bedürfnisse besonders interessierter und lesestarker Schüler berücksichtigt. Sie erhalten eine kontinuierliche Leseförderung in Anlehnung an Grundschulangeboten oder auch Angeboten der Sekundarstufe I. Leseförderung für unterstützt kommunizierende Schüler An der Helen-Keller-Schule werden unterstützt kommunizierende Schüler ebenfalls im Bereich des Lesens und Schreibens gefördert. Wir gehen davon aus, dass ein Wecken der Lesefreude und eine Förderung der Lese- und Schreibkompetenz (Literacy) gerade auch für diese Schüler von größter Bedeutung ist. „Besonders für unterstützt kommunizierende Schüler sind Angebote zum Schriftspracherwerb grundlegend wichtig. Denn erworbene Schriftsprachkompetenz eröffnen ihnen eine weitere Möglichkeit der Verständigung/.../ (sie) haben somit mehr Einfluss auf ihren Wortschatz und werden autonomer“ (Hallbauer 2010). Neben der logopädischen Förderung wird im Unterricht mit Hilfsmitteln aus dem Bereich der Unterstützten Kommunikation gearbeitet. Die Hilfsmittel werden im alltäglichen Gebrauch, im Morgenkreis, beim Frühstück etc. zur Kommunikation eingesetzt, aber auch in regelmäßigen Einzelfördersituationen und in entsprec henden klassenübergreifenden Förderangeboten. Die Helen-Keller-Schule arbeitet zur Zeit mit folgenden Hilfsmitteln aus den Bereich der Unterstützten Kommunikation: o o o o o Gebärden aus dem Bereich der Gehörlosenpädagogik, Piktogramme (Boardmaker u. Metacom), Elektronische Sprachausgabegeräte wie Big Mac, Chat Box, Go Talk, Smalltalker individuelle Bildtafeln, individuelle Kommunikationsbücher, Tagebücher, die gemeinsam mit dem Schüler in der Schule und zu Hause gestaltet werden, um individuelles Lesen, Schreiben und „Erzählen“ persönlicher Erlebnisse auch für nichtsprechende Schüler zu ermöglichen, o Lernprogramme am Computer. 10 Darüber hinaus ist es für uns wichtig, auch den unterstützt kommunizierenden Schülern einen erfolgreichen Schriftspracherwerb grundsätzlich zuzutrauen und ihnen dementsprechend ausreichend, individuelle Lernwege berücksichtigende, Angebote zu machen. Organisation der Leseförderung o Die Leseförderung basiert auf der Erhebung der individuellen Lernvoraussetzungen in diesem Bereich (Ist-Stände der Förderpläne). o Sie findet in einem ganzheitlichen und handlungs- sowie aktivitätsorientierten Unterricht statt. o Sie wird fächerübergreifend in den Unterricht integriert. Schrift, Bilder und Piktogramme sind den Kindern im Tagesablauf immer präsent: In Form von Bildkarten bei der Besprechung des täglichen Stundenplans oder als Schrift bei den Wochentagen. Die Klassenräume und Schränke sind mit Piktogrammen, Bildkarten und Schrift ausgestattet und bieten dadurch eine zusätzliche Struktur und Orientierung. Im Klassenzimmer befinden sich vielerlei Gelegenheiten zum Lesen und Schreiben. Bilderbücher, Arbeitsblätter, Jugendzeitschriften, Schreibmöglichkeiten (Stifte, PC, Buchstabenstempel etc.) sind immer zugänglich. o Die Leseförderung findet in einem regelmäßigen (mehrfach pro Woche) fachorientierten Unterricht statt, bei der homogene Lerngruppen gebildet werden. Häufig werden klassenübergreifende Gruppen gebildet, die sich ein- bis zweimal in der Woche treffen. o Leseförderung ist thematisch eingebunden und findet bei der Wortschatzerarbeitung und -erweiterung zu bestimmten Vorhaben wie „Einkauf“, „Frühstück“, „Mein Körper“, „Meine Familie“, „Post“ statt. o Die Leseförderung findet auch innerhalb der Freiarbeit und in der Wochenplanarbeit statt. o Es werden vielfältige Materialien unter Berücksichtigung der individuellen Lernbedürfnisse in den senso- motorischen Bereichen unserer Schüler erstellt. Buchstaben werden ertastet, in Sand nachgespurt, geknetet, großflächig ausgemalt, nachgefahren. Es werden akustische Üb ungen zur Anlauterkennung mit Hilfe des Kassettenrekorders oder am PC durchgeführt. Dominospiele oder Memoryspiele werden zum Ganzwortlesen angeboten oder zum Wort-Bild-Erkennen eingesetzt. Arbeitsblätter werden zur Wort- und Silbensynthese oder zu graphomotorischen Übungen erstellt und eingesetzt. o Die Leseförderung unserer Schüler geht in zweierlei Richtungen. Einerseits wird die fachorientierte Förderung mit dem Ziel der Synthesefähigkeit und dem sinnentnehmenden Lesen angebahnt, andererseits ist auch der Erhalt bereits erworbener Lesearten bzw. Lesestufen zur Verankerung der Fähigkeiten im Gedächtnis von großer Bedeutung. o Neue Mitglieder des Kollegiums werden über das Leseförderkonzept informiert. o Die Eltern werden über das Leseförderkonzept informiert. 11 Lite ratur Brinkmann, E./Brügelmann, H.: Offenheit mit Sicherheit. Vom Lernen, Schrift zu entdecken, Schrift zu gebrauchen, Schrift zu verstehen, und was der Unterricht dazu tun kann (Beilage zur Ideenkiste 1. Schriftsprache) Hamburg 2006 Crämer / Füssenich / Schumann (Hrsg.), Lesekompetenz erwerben und fördern, Braunschweig 1998, Westermann Forster, M./Martschinke, S.: Leichter lesen und schreiben lernen mit der Hexe Susi. Übungen und Spiele zur Förderung der phonologischen Bewusstheit. Donauwörth 2001, 5. Auflage, Auer Verlag Günthner, Werner: Lesen und Schreiben an der Schule für Geistigbehinderte, Grundlagen und Übungsvorschläge zum erweiterten Lese- und Schreibbegriff Dortmund 1999, 2. verb. Aufl. 2000, verlag modernes lernen Hallbauer, Angela: Schreiben ist Schreiben, oder? In: Unterstützte Kommunikation, Heft 1/2010, Grundlagen Hublow, Christoph: Lebensbezogenes Lesenlernen bei geistig behinderten Schülern In: Geistige Behinderung, Heft 2/1985, Praxisteil Martschinke, S./Kirschhock, E. M./Frank, A.: Der Rundgang durch Hörhausen. Erhebungsverfahren zur phonologischen Bewusstheit Donauwörth 2001, 4. Auflage, Auer Verlag Thamm, Jürgen: Texte verfassen mit geistig- und lernbehinderten Jugendlichen Bad Heilbrunn 1995, Klinkhardt v. Wedel-Wolff, Annegret Üben im Leseunterricht der Grundschule, Braunschweig 1997, Westermann Wikipedia: Phonologische Bewusstheit Online im Internet: http://de.wikipedia.org/wiki/Phonologische_Bewusstheit (Stand: 09.05.2010) 12 Material zur Leseförderung Bauer, Roland: Einsterns Schwester, Buchstabenhefte Berlin 2008, Cornelsen Verlag Brettschneider, Stephanie/Feiten, Maria und andere: Zebra Buchstabenheft mit Anlauttabelle Stuttgart 2007, Klett-Verlag Debbrecht, Jan/Wachendorf, Peter: Lies mal! Vom Wort zum Text – Anfangslesen, Heft 1-6 Brühl 2009, jandorfverlag Debbrecht, Jan/Wachendorf, Peter: Schreiben zu Bildern, Heft 1-2 Brühl 2009, jandorfverlag Crämer, Claudia/Graf, Annette u.a.: Lern-Mobile Deutsch, Arbeitshefte 1 Hinnrichs, Jens/Berkenhoff, Angela: Löwenzahn und Pusteblume, Anlauttabelle Hannover 1998, Schroedel-Verlag Kuhn, Klaus und andere: Lesetexte mit dem farbigen Silbentrenner Offenburg, Mildenberger Verlag Marx, Ulrike/Steffen, Gabriele: Lautgebärden-Klappkarten zum Lesenlernen mit Hand und Fuß Horneburg 1994, Verlag Sigrid Persen Metze, Wilfried: Pepino, Sprachfördermaterialien für Kindergarten, Vorschule und Grundschule, Bildkarten, Übungsvorschläge und Diagnosebogen Berlin, Cornelsen Verlag Boardmaker-Programm The Picture Communication Symbols Books Langenau 1996, REHACOM Verlag METACOM Symbolsystem zur Unterstützten Kommunikation Annette Kitzinger 2000-2009 www.metacom-symbole.de Zeig’s mir mit Gebärden Gebärdensammlung für den Praxiseinsatz Videos 2010-03-16 Schülerfirma Franz Marc Schule, Lohbachweg 18, 40625 Düsseldorf mausk- [email protected] 13 Schulschriften TrueType-Schriften für Windows-Textverarbeitung Computergestütztes Lernen, co.Tec, Rosenheim Cleeberg 1996, Will-Software 14