„Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral“ Text von Heinrich Böll
Transcription
„Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral“ Text von Heinrich Böll
„Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral“ Text von Heinrich Böll (1963) (Lesebuch zur Nachhaltigkeit: Morgen wird heute gestern sein: Buchseite 34-37) • Historie - Hintergrund Heinrich Böll hat diese Anekdote für eine Sendung des Norddeutschen Rundfunks am 1. Mai 1963, dem „Tag der Arbeit“, geschrieben. Diese Zeit wird als „Wirtschaftswunder“ mit Vollbeschäftigung und Hochkonjunktur erlebt – ein Kontrast zu den vorhergegangenen Nachkriegsjahren mit viel Arbeitslosigkeit, Inflation und massiver Armut. • Inhaltliche Aspekte Diese Kurzgeschichte erzählt über eine mögliche Veränderung von Wertevorstellungen eines übereifrigen Touristen, der in seinem Urlaub auf einen zufriedenen Fischer stößt und nach einer Unterhaltung einen für ihn völlig neuen gedanklichen Zugang zur Arbeitsmoral erhält. • Zur Textsorte Narrativer Text mit klassischer Struktur: Einleitung (episch), Hauptteil (Dialog), Schluss (episch) Alle Visionen des Touristen werden im Konjunktiv erzählt. Das offene Ende besteht darin, dass der Tourist zwar verstanden hat, dass der Fischer bereits sein Ziel erreicht hat, aber nicht zu erkennen ist, ob er seine neue Erkenntnis auch in seinem Alltag umsetzen wird. Also überantwortet es Böll dem Leser und der Leserin, seine/ihre eigene Einstellung ebenfalls zu überdenken: Arbeitet der Mensch, um zu leben, oder lebt der Mensch, um zu arbeiten? Auch werden die Fragen aufgeworfen, ob ein Zuviel von allem Menschen wirklich glücklicher und zufriedener leben lässt und ob ein derartig beschriebenes Erfolgsstreben nach noch mehr Gütern und Besitz, wie dies durch den Touristen bestens vermittelt wird, für unser Ökosystem noch vertretbar wäre, wenn jeder Mensch diese Einstellung als sein Ziel verfolgen würde. Der Text wurde bereits 1963 verfasst und hat nichts an Aktualität verloren. Auch heute leben wir in einer Welt voller Kontraste, in der wir erneut ein wirtschaftliches wie auch ökologisches Wunder brauchen würden. SchülerInnen erleben und vergleichen durch die beiden Figuren z. B. die Kontraste: Armut und Reichtum, Zufriedenheit und Gier, Neid und Anerkennung, Arbeiterklasse und Tourist in höherem Bildungsstand, Ruhe und Nervosität, Entspannung und Gehetze. Mit dieser Erzählung wurde der Gesellschaft von damals ein Spiegel vorgehalten; heute können die SchülerInnen mit dem Jetzt vergleichen und erkennen, welcher Wandel des Zeitgeistes stattgefunden hat und welcher nicht. Altersgruppe Dauer Materialien Verwendete Methoden Eignung für … 15+ 5-6 Unterrichtseinheiten Lesebuch Nachhaltigkeit, PC, Internetzugang für alle SchülerInnen, Flipchart, Plakatstifte, Handy mit Kamera, Drucker, große Kartons, Scheren Gruppenarbeit, Rollenspiel, Beobachtung, Fotosprache, Pappfiguren, Instruktion, Diskussion Deutsch, Religion, Wirtschaftskunde, Sozialkunde, Philosophie Ursula Grill 1 Ablauf Phase 1 Dauer Beschreibung Rollenspiel von 3 SchülerInnen, Beobachtung durch die Klasse und bewusstes Zu- und Hinhören in Einzelarbeit 30–40 Minuten Alle SchülerInnen erhalten eine Kopie des Textes mit einer Randspalte, die für Bemerkungen vorgesehen ist. Jede(r) soll den Text für sich durchlesen. Danach schlüpfen drei Jugendliche in die Rollen des Fischers, des Touristen und des Erzählers. Die übrige Klasse beobachtet und vermerkt bereits am Rand des Textes erste Eindrücke, Ideen und Gedanken, die ihnen so durch den Kopf schießen. Instruktion der Lehrperson: Welche Werte vertritt der Fischer und welche der Tourist? Wofür stehen bestimmte Beschreibungen und Formulierungen im Text? Was wird durch den Konjunktiv ausgedrückt? Danach werden alle Beobachtungen auf einem Flipchart gesammelt und an der Klassenpinnwand für weitere UE archiviert. HAUSÜBUNG: Verfasse einen Steckbrief, entweder für den Fischer oder für den Touristen. Beschreibe darin genau sein äußeres Erscheinungsbild sowie Auffälligkeiten seines Verhaltens. Grammatik Konjunktiv, Indikativ, Textsorte Beschreibung Phase 2 Dauer Texte verstehen und Erkenntnisse diskutieren , Sprachkompetenz, kognitive Vernetzung 50 Minuten Beschreibung Es werden drei bis vier Gruppen eingeteilt, und jede Gruppe erhält den Auftrag, den Sinn des Spruchs „Nie ist zu wenig, was genügt.“ zu diskutieren und mit dem Text von Heinrich Böll in Zusammenhang zu bringen. Dabei sollen reale Erlebnissen aus den privaten Umfeldern der Lernenden als Beispiel in die Diskussion der Kleingruppe einfließen. Auch soll eine ca. 1 m große Pappfigur pro Gruppe ausgeschnitten werden, die den Touristen darstellt. In diese Figur werden alle „Zuviels“ hineingezeichnet. Zentrale Frage dieser Aufgabenstellung ist: Was ist bei mir persönlich im Überfluss vorhanden? Wo und was sind meine persönlichen „Zuviels“? Ein Sprecher/Eine Sprecherin soll dann das Ergebnis über diese Erkenntnisse anhand der Pappfigur vortragen. Phase 3 Dauer Beschreibung Fotosafari – Zeitungsartikel verfassen und gestalten, Kommunikationstraining , Kreativität und Schreibkompetenz in Teamarbeit 150 Minuten Sprache auch durch Bilder ausdrücken. Die Aufgabe an die SchülerInnen besteht darin, dass sie mit ihren Handykameras „Mangel und Überfluss“ festhalten. In Partnerarbeit erhalten sie die Aufgabe, je 2-3 Beispiele am Schulgelände zu entdecken. Ursula Grill 2 Drei Lernpaare erhalten den Auftrag, je ein Interview mit Schulpersonal zu führen und dabei nachzufragen, was diese als Überfluss oder Mangel in der Schule empfinden. Aus den Bildern und der Auswertung der drei Interviews soll ein Zeitungsartikel für die Schülerzeitung gestaltet werden. Dafür wird die Klasse wieder in drei bis vier Gruppen eingeteilt, in denen folgende Aufgaben zu lösen sind: • Layout • Textformulierung • Bildbearbeitung Die fertigen Texte werden nach der Korrektur an die Redaktion der Schülerzeitung gesendet. Bildquellen:Internet http://jphschuletuttlingen.de/k4cms/de/schule/ schulleben/schuelerzeitung.html www.decor-tech.ch www.fotocommunity.de Anregung: Die Lehrperson sollte darauf achten, dass sich in jeder Gruppe „Experten“ für Layout, Textschreibung und Bildbearbeitung befinden. Dazu kann man zu Beginn dieser Einheit fragen, wer sich welcher Gruppe zuordnet. Gibt es keine Schülerzeitung, kann man ersatzweise auch eine Wandzeitung für die AULA gestalten. Ursula Grill 3