TAXI 17.p65 - TAXI Magazin

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TAXI 17.p65 - TAXI Magazin
Robert Walters 20th
Congress: Giving Up
The Ghost
MagnaCarta/Disctrade
ds. Ein aufregendes
Gebräu aus allen erdenklichen Musikstilen
liefert dieser Silberling.
Crossover im breitesten Sinn des Wortes,
von Jazz, traditionellem R&B und Funk über Dub
Reggae zu Rock und Elektroniksounds. Walters und
seine All Star-Freunde bieten lüpfig groovende, stets
äusserst tanzbare musikalische Unterhaltung.
Anne Clark:
Wordprocessing
Columbia/Sony
ds. Noch bestens in
Erinnerung ist Clarks
New Wave Hit „Sleeper
In Metropolis“, damals
schon ein Tanzflächenfüller. Hier nun gleich
drei verschiedene
Remixes davon: die Hardfloor 97 Version von Oliver
Bondzio und Ramon Zenker, der Sleepers Revenge
Mix von Sven Väth und Ralf Hildenbeutel und
S.I.M.3000 von Blank, Jones und Kaufhold. Aber
nicht nur ihre grössten Charthits fanden die Gnade
der Remixer, auch weniger offensichtliche Stücke wie
„Homecoming“, „Contact“ oder „The Healing“ wurden gekonnt bearbeitet. Das Album ist nicht unbedingt repräsentativ für Clarks eher akkustische Ausrichtung der letzten paar Jahre, findet aber sicher
LiebhaberInnen in der Dancefloor Szene.
Richie Kotzen:
Change
Frontiers/Disctrade
ds. Der US-Wundergitarrist, der schon als
Teen für Furore sorgte, ging nach seinem
befristeten Engagement bei Poison und
Mr.Big wieder seinen
eigenen Vorlieben für Fusion, Blues, Funk und Soul
nach. Hier nun die Hinwendung zum melodischen
Hardrock klassischer Bauweise, wofür er bei Frontiers Records sicher im richtigen Haus unter gekommen ist.
Hukedicht: United
Horror Of Rock’n’
Roll
Earforce/ Disctrade
ds. Immer schwerer
wiegen die metallischen Beigaben der
Huki-CDs, passend
zum deutlich fetteren
Sound, verglichen mit
früheren Alben. 12 Knaller wurden hier ins Silikat
gelasert, die vor genialen Riffs strotzen, getragen
von straightem Rockdrumming und soliden Basslines.
Die Vocals haben sich positiv weiterentwickelt, es
werden auch mal Experimente gewagt. Die Band
rockt und wird auch live sehr geschätzt. Zu hören
demnächst mit Peter Pan Speedrock, den genialen
Holländern, am 31. Januar 2004 im Taptab in Schaffhausen.
22
TAXI Nr. 17
Crystal Ball:
Hellvetia
Nuclear Blast/MV
ds. Nun gut, die alpine Einlage beim Intro
erinnert eher an Oberkrainer als an hiesige
Ländlerklänge, aber
danach legen die fünf
Innerschweizer richtig
los. Erstaunlich hart wird da zur Sache gegangen,
da hört man/frau das Produzentenhändchen von Accept-/U.D.O.-Stefan Kaufmann deutlich heraus.
Schade, dass nicht alle Songs diese Dynamik aufweisen und einige ins Unverbindliche abgleiten.
Michael Lee Firkins:
Decomposition
Provogue/Disctrade
ds. Covers von Hendrix
bis Mancini (Pink Panther) interpretiert der
begnadete Saitenmagier aus Omaha, Nebraska mit Verve und
viel Einfühlungskraft.
Unterstützt von einer kompetenten Band erweitert
er die Originale mit passenden Ideen, immer musikalisch, immer mit Respekt vor dem Song. Reinhören!
Paul Weixler: Freiwild
BOY/RecRec
ds. Für mich die Überraschung des Jahres:
Paul, zürcher Punkrocker der ersten Stunde (Züri brännt) hat es
geschafft! Mit der Unterstützung von Leuten aus dem RecRec-Umfeld und Heinz Roarer
(Happysad) als genialem Arrangeur und Produzenten hat er 12 seiner Dialektsongs auf CD verewigt.
Witzig und aber auch traurig sind die teils autobiografischen Geschichten, die er uns erzählt. Eine der
wenigen Veröffentlichungen dieses Jahres, die mir
echt eingefahren sind. Live: Montag, 10. November, Bogen 13, Viaduktstr. 13, 8005 Zürich,
21.00 Uhr: Paul Weixler, 21.30 Uhr: The Ex.
Bitch And Animal:
Sour Juice And
Rhyme
RecRec
ds. Unbeschwert musizieren die zwei USAmerikanerinnen, erschaffen mit Bass,
Stimmen, Percussions
und Schlagzeug einen
ureigenen Soundmix. Experimentiert wird mit
Americana, Punk, Rap und weiteren Versatzstücken
aus den letzten dreissig Jahren Pop- und Rockmusik. Die witzigen Lyrics erinnern an die Poetry von
beispielsweise Patti Smith. Ko-Produziert hat June
Millington, die in den 70ern die All Girl Rockband
Fanny anführte. Herausgekommen ist ein spannendes Album, das Türen zu neuen musikalischen Räumen aufstösst.
Satirnine: Void Of
Value
White Jazz/Disctrade
ds. Frischer frecher
Frauenrock der in
Bauch und Beine fährt.
Die vier Schwedinnen
verstehen sich als
Punkband und haben
bei ungezählten Liveauftritten gezeigt, was sie darunter verstehen. Auch
auf CD kommt der wilde Power voll durch. Geile Riffs
und gekonnter Chorgesang machen das Zuhören und
Mitwippen zum Genuss.
Living Colour:
Collideoscope
Mayan/MV
ds. Sie sind zurück!
Gross war die Freude,
wieder mal eine Scheibe der Crossover-Vorreiter aus der Black
Rock Coalition in den
Händen zu halten.
Ende der 80er feierte LC als eine der raren „All
Afroamerican Rockgroup“ ihre grössten Erfolge. Sie
dienten etlichen RATMs und Korns und Konsorten
als Inspiration, verschwanden aber mangels Nachfrage zu früh in der Versenkung. Nun sind sie wieder da, und die neuen Songs blieben nicht unbeeinflusst von den musikalischen Entwicklungen der
letzten Jahre, was ihnen gut ansteht, zumal der einzigartige LC-Sound beibehalten werden konnte. Als
gelungene Überraschung „Back In Black“ (zwinker
zwinker) von... AC/DC. Voll auf die Zehn!
Soziedead Alkoholika: Tiempos Oscuros
Locomotive/MV
ds. Gut gefallen hat
mir an dieser CD die
Attitüde dieser Spanier, die sich nicht scheuen, explizite Politlyrics
zu schreiben. Gekonnt
verpassen sie diesen ein hartes, ziemlich düsteres
Riffgewand. Punkiger Metal mit spanischen Texten:
Interessante Entdeckung!
VA. Where Blues
Meets Rock
Provogue/Disctrade
ds. Der Leitspruch des
Provogue Labels umschreibt treffend das
Repertoire dieser holländischen Firma. Ein
Querschnitt aus diesem Programm wird
hier vorgestellt. Tatsächlich treffen namhafte
RockerInnen auf nicht minder bekannte BlueserInnen, zu viele, um sie hier aufzuzählen. Nur so viel
sei verraten: Es geht ab...
Celtas Cortos: C’est
la vie
East/West AOL
mn. Das kastillische
Oktett begeistert mit
crossovernden Folk.
Ihr achtes Album besticht durch die gelungene Mischung aus
Rock, funkigen Bläsern, Flöten, keltischen Violinen
und einer Prise Flamenco. Rhythmisch ist Party angesagt, die Texte jedoch entpuppen sich als engagiert und sozialkritisch.
Soundtrack: Lost In
Translation
EMN
mn. Die Regisseurin
Sofia Coppola thematisiert die Beziehung
eines Mannes und einer Frau in Tokio. Die
Musik prägt die Filmhandlung. Kevin Shields von My bloody Valentine besorgte die Songauswahl. Von Jesus & Mary Chain und Air bis hin zu
eigenem Material.
Finnischer Tango:
Div. InterpretInnen
Trikont
mn. Tango gehört zum
finnischen Lebensgefühl. Ein virtuoser
Streifzug durch das
Schicksal der täglichen
Verlierer. Die finnische Sprache verschmolzen mit
den tieftraurigen und stolzen Klänge des Tango, ist
wie das Sahnehäubchen auf der kräftigen heissen
Schokolade. Mit Suchtpotential.
Easy Star All Stars:
Dub side of the
moon
Easy Star Records
mn. Cool! Pink Floyd in
der Reggae-Version.
Nichts für Konservative. Dub-Versionen,
schwere Bässe, experimentelles und immer
das leicht freche Reggae-Element geben, dem ehemals bekifft-psychodelischen Werk einen eigenständig-witzigen Touch. Mir gefällts.
Cibelle: Cibelle
ZIR/recrec
mn. Charmant-lockere
Pop Musik der brasilianischen Sängerin und
Komponistin Cibelle.
Mit ihrem portugiesisch-englischen Gesang hat sie auf Anhieb den richtigen Ton
getroffen. Down Beat meets Bossa Nova.
Greta Gertler: The
Baby that brought
bad weather
GMG/recrec
mn. Die australische
Tastenfrau hat den
urigen 70er Sound für
sich entdeckt. Ihre
dunkle, melancholische Stimme passt
perfekt zu den seelenvollen Wurlitzergetränkten
Retroklängen.
Flooristik 3: Finest
Lounge Music
Edel Records
mn. Es gibt Zusammenstellungen die
werden zu Dauer-Hits,
weil sie gut sind. Die
Flooristik-Samplers
sind solche musikalischen Leckereien. Relaxter Sound, aber garantiert nicht zum Einschlafen. Die dritte Ausgabe besticht durch dezente Rhythmik, die als Lufthauch beginnt, sich zu einer sanften
Brise entwickelt, zu beschwingten Klängen rüberschwenkt, die zu mehr als nur zum Fingerschnippen
animieren, um sich dann zwischen Romantik und
Groove einzupendeln und wie einen Gute-NachtGruss ausklingen. Gut finde ich, dass nicht ums
verrode irgendwas ineinander gemixt wird, sondern
die Songs liebevoll aneinander platziert sind. Mein
Hassstück ist dennoch die Nummer 5 von Megablast.
Das ist mir zu abrupt, zu wirr. Wohlverstanden, im
Gesamtzusammenhang angehört.
Dido: Life for rent
BMG
mn. Wer die Superinnovation von Dido erwartet hat, wird enttäuscht. Dido singt lokker und kriegt immer
kurz vor dem Melancholie-down die Kurve.
Keine Schnörkel. Eine
klare Frauenstimme die von alltäglichen Dingen singt,
wie Liebe, Kummer, Freude, Hoffnung und dazu gefühlvolle Refrains. Simpel? Möglich, aber sehr sympathisch.
Gigi: Illuminated
Audio
Palm
mn. Diese Doppel-CD
des Produzenten Bill
Laswell und der äthiopischen Sängerin Ejigayehu „GiGi“ Shibabaw, deren Stimme locker mehrere Oktaven überbrückt, lässt sich grob
gesagt dem Afropop, gemischt mit funkigen und
jazzigen Elementen (z.B. Saxophonist Pharoah
Sanders) zuordnen. Auf Illuminated Audio, der zweiten CD wurden die Aufnahmen der Sängerin (z.B.
bei Tabla Science Beat TAXI Nr. 16) groovig instrumental abgemischt.
Stripsearch:
Stripsearch
Magna Carta/Disctrade
ds. Free Rock? Abgehoben, innovativ... solche Begriffe treffen auf
die Klangwelten dieser Neugründung zu,
deren bekanntestes
Mitglied, Drummer Josh Freese schon mit A Perfect Circle grosse Soundabenteuer erlebt hat. In der Tradition von Acts wie
King Crimson werden hier Hörgewohnheiten durchbrochen. Das Ergebnis dürfte für Mainstream-Ohren eher schwer geniessbar sein, für alle andern eine
spannende musikalische Entdeckungsreise.
Eva Cassidy: American Tune
Hotrecords
mn. Posthum zum Star
zu werden, ist auch
eine Möglichkeit. Eva
Cassidy erlebt ihren
Erfolg nicht mehr. Irgendwie eigenartig,
die frische Stimme dieser bluesig-poppigen Folksängerin zu hören. Auf der
aktuellen CD stehen Covers wie das pompös instrumentierte „Drowning in the sea of love“, neben dem
glasklaren „Yesterday“.
Crammed Global
Soundclash 1980-89
Part 1: World Fusion
Part 2: Electrowave
CRAM
mn. Diese beiden Doppel-CDs des belgischen
Crammed Labels zeigen einen spannenden
Querschnitt der hauseigenen Bands. Bekannt waren mir bisher Tuxedomoon. Beim Anhören stellte
ich fest, dass echte Perlen drauf sind, die kennenzulernen sich lohnt. Auf Part 1 finden sich mehr die
tribalen Sachen, während auf Part 2 eher die elektronischen Klänge vorherrschen. Wobei die Trennung
fliessend ist. Zwei Doppel-CDs die ich nach lustvollem Anhören wärmstens empfehlen kann.
Elektro House mixed
by Luciano
DJ Beat Records
mn. Der Genfer Minimal-House Shooting
Star Luciano mixte
diese Compilation mit
Hits internationaler
Acts wie Ricardo Villalobos und Phil Weeks.
Wer Electro House mag, ist mit dieser Mix-CD bestens bedient.
Michelle Shocked:
Texas
Campfire
Tapes
EFA Medien
mn. Anchorage bleibt
Michelle Shockeds grösster Hit. Mir ist die
Sängerin auch sympathisch wegen ihres
kompromisslosen Engagements. In der Häuserszene, für Benachteiligte
und ihr fast aussichtsloser Kampf mit der Musikindustrie. Shocked ist eine der wenigen (z.B. Ani Di
Franco) die sich nicht vom grossen Geld locken liess,
sondern singen wollte wann und wo und was ihr
passt. Leicht hat sie es nicht gehabt. Dieses Doppelalbum basiert auf Mitschnitten eines Livekonzertes,
die 1986 ohne ihr Einverständnis als Campfire Session veröffentlich wurden. Inzwischen hat sich Shocked die Rechte an den Originalbändern zurück erkämpft und diese neu abgemischt. Auf der einen CD
sind die bearbeiteten Original-Aufnahmen drauf, auf
der anderen sind Songs zu hören, die sie damals
am Lagerfeuer, begleitet von ihrer Gitarre, sang. Das
Booklet enthält Notizen, Gekritzel, Texte und Zeichnungen die zwischen 1982 und 1987 entstanden.
Als Michelle Shocked Sympathisantin finde ich diese
beiden CDs cool.
TAXI Nr. 17
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