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AKTUELL MESSEBERICHT Mido: Sonnig bis bewölkt „Die 43. Mido war super!”, fasste es ein Sprecher der Messe am Telefon zusammen. Die offiziellen Zahlen sprechen von rund 43.000 Besuchern in Rho Pero. Am Rand der Modemetropole Mailand hätten sich demnach drei Prozent mehr Geschäftsleute aus der ganzen Welt getroffen als im vergangenen Jahr, um das Neuste aus der augenoptischen Branche kennenzulernen. Ein Anstieg, der Mut machen könnte. Die einzelnen Aussteller erlebten die Situation indessen recht unterschiedlich. Mancher Bigplayer blieb dem Messerummel fern – so wie Essilor, Rodenstock oder Hoya. Kleinere, jüngere Fassungsanbieter waren sehr euphorisch, manche Große enttäuscht vom Verlauf der Messe. Die Veranstalter jedenfalls zogen ungewöhnliche Register, um das Volk auf das Messegelände zu bringen: Sogar ein Zug wurde gechartert, um 600 süditalienische Augenoptiker gen Norden zu transportieren. Logistisch bleibt das Großereignis allerdings eine Herausforderung. An- und Abfahrten mit Bussen und Autos führten allzu oft nur durch diverse Staus. 16 DOZ 04 | 2013 Am ersten Märzwochenende dieses Jahres schien die Sonne über dem futuristischen Messegelände. Bei angenehmen 15 Grad beste Voraussetzungen, gute Geschäfte abzuschließen. Die Veranstalter sprachen den Mido-Besuchern jedenfalls hohe Wertigkeit, sprich Kaufkraft zu. Mit anderen Worten: Nicht nur der kleine italienische Augenoptiker aus der Lombardei reiste an, sondern auch die Einkäufer der schwergewichtigen Großhändler und Ketten. 60 % der Besucher insgesamt kamen aus 40 verschiedenen schon dem internationalen Anspruch der Messe spiegelt. Sei es für die Blanks von Brillengläsern oder bei den Fassungen – die Asiaten als Produktionsschmiede der Welt spielen in der ersten Liga. Ihnen werden in Mailand zwei Hallen gewidmet („Mido Tech“ in der Halle 9 und Foreign Club, Halle 11). Die anderen vier Hallen teilen sich auf in den sogenannten Glasdestrikt (Halle 22), die zwei FashionHallen (13 und 15) sowie das Reich der Fassungsdesigner in Halle 24. Klar, dass so ein Pensum ohne Vorbereitung auch in drei Tagen kaum umfassend zu schaffen ist. Export als Motor für die italienische augenoptische Industrie Ländern. Um die Dimensionen klarzumachen: Verglichen mit der opti in München geht es um die doppelte Anzahl Besucher, aber auch um mehr als das Doppelte bei den Ausstellern – hier 1.200, in München weniger als 500. Allerdings ist bei den recht enthusiastischen Kommentaren der Veranstalter zu berücksichtigen, dass es schon mal mehr waren. 2008 kamen noch 46.000, um die besten Produkte von 1.246 Ausstellern in Mailand zu finden. Ein Gros dieser Aussteller kommt heute aus Asien, vor allem aus China, was allein Die Begeisterung, die aus den Kommentaren der Mido-Veranstalter spricht, erwächst sicher auch aus dem Kontrast dieses Lichtblicks zu den ansonsten düsteren Aussichten im Lande Berlusconis & Co. Politische Achterbahnfahrten und eine tiefe Rezession prägen das Gesamtbild. „2012 war nicht so brillant wie das Vorjahr, aber unser Export hat mit einem Plus von sieben Prozent einen historischen Höchststand erreicht“, freute sich der Präsident der Brillenhersteller ANFAO (Associazione Nazionale Fabbricanti Articoli Ottici), Cirillo Marcolin, vor der internationalen Fachpresse. In den vergangenen zehn Jahren haben die Italiener die Produktion auf 2,8 Mrd. Euro verdoppelt und den Export um mehr als die Hälfte auf 2,63 Mrd. Euro gesteigert. Allerdings stand dem Plus bei der Ausfuhr 2012 ein Minus von sieben Prozent auf dem inländischen Markt gegenüber. Die Rechnung bleibt mit 5,3 Prozent Plus in den schwarzen Zahlen, weil der Export dreimal so groß ist wie das inländische Verkaufsvolumen von 963 Millionen Euro: Sonne über Italiens Brillenbranche. Doch diese Sonne scheint nicht für alle. Davon berichten weitere Messdaten der südlichen Nachbarn. Strukturwandel und Konzentration kennzeichnen die italienische Branche. Die Anzahl der Beschäftigten der Brillenwiege, die ursprünglich im Cadore-Tal lag, ist in den vergangenen zehn Jahren trotz Produktionssteigerung um zehn Prozent auf 16.200 zurückgegangen, die Anzahl der Unternehmen um ein Drittel auf 880, der produzierenden Betriebe um ein Fünftel auf 169. Konzentration und Wachstum spiegeln vor allem den Erfolg des Branchengiganten Luxottica wider, der 2012 den Umsatz um 15 Prozent auf 7,1 Milliarden Euro steigerte. Dass er mittlerweile nicht nur in China, Süd- und Nordamerika produziert, sondern auch in 7.000 Läden in den Direkthandel eingestiegen ist, nehmen ihm die italienischen Augenoptiker allerdings mittlerweile übel. Sie wenden sich von dem Riesen ab und richten ihr Interesse auf mittlere oder kleinere Unternehmen. Ähnlich soll es auch Safilo gehen, berichten Insider. Dabei kämpfen die beiden nächstgroßen Italiener Safilo (Padua, Italien) und Marcolin (Longarone) um ihre Ränge, weil der Verlust von Lizenzen wie Armani oder das Abwandern von Replay und Ferrari bei Marcolin ihnen Umsatzverluste bescherte. Dass die zwei mehrheitlich von Investmentfonds regierten Firmen alle Register ziehen, um wieder in gutes Fahrwasser zu kommen, liegt auf der Hand. Im Vorjahr hatten Entlassungen bei Safilo innerbetrieblich Spuren hinterlassen. Am gut frequentierten Stand von Safilo auf der Mido war die Stimmung indes zuversichtlich. Der Umsatz stieg 2012 um plus 6,7 % auf 1,175 Millionen u Eric Lenoir, organisiert die Silmo 2013 in Paris: „Wir verstehen uns gar nicht so sehr als Konkurrenten. Die drei Messen opti, Silmo und Mido haben alle ihre Berechtigung. Das Konzept Messe an sich hatte 2005 und ‘06 einen Peak, die Geschäfte liefen gut. Seit 2008 sparen viele Unternehmen und setzen vermehrt auf den Außendienst oder nehmen nur noch auf kleineren Ständen an den Messen teil. Aber gerade für kleine und mittlere Unternehmen sind die Messen enorm wichtig. Sowohl Aussteller als auch Besucher sparen an ihrem Budget. Dem kommt die Silmo mit gesenkten Preisen entgegen. Dabei ist unser Programm weit gesteckt: von der Produktpräsentation bis zur Weiterbildung.“ DOZ 04 | 2013 17 AKTUELL MESSEBERICHT Taketoshi Mizukami, Geschäftsführer Charmant Europa (Karlsfeld): „Auf der Mido gab es verschiedene Highlights. Der Fokus lag in erster Linie auf der exquisiten Line Art Kollektion, die brillante Eyewear in ausgezeichnetem Design mit höchstem Tragekomfort präsentiert. Die Fassungen sind aus Excellence Titan und mit einer speziellen Precision Laser Welding Technik gefertigt. Für beide Innovationen erhielt Charmant kürzlich ein Patent.“ Euro (wechselkursbereinigt um plus 2,2 %), der operative Gewinn der Gruppe blieb aber mit 73,9 Millionen Euro im Minus. Dennoch kommentiert SafiloGeschäftsführer Roberto Vedovotto die Entwicklung optimistisch: „Angesichts der weltweit schwierigen Wirtschaftssituation, in der die europäischen Konsumenten Kaufzurückhaltung üben, haben wir uns gerade in der Phase der Lizenzverlustes von Armani gut geschlagen.“ Vedovotto führte dies auf die Stärke von Marken wie Carrera, Boss, Hugo Boss und den verschiedenen Eigenmarken des Hauses Safilo zurück. Besonderes Gewicht käme dabei dem Zukauf der Marke Polaroid zu, die allerdings im deutschen Markt keine so große Rolle spielt. Auf der Suche nach dem Besonderen Der Hauptschwerpunkt der Messe liegt traditionell bei den Fassungen. Da der Abstand zur opti in München mit der Verschiebung der Mido vom Mai in den März recht kurz geworden ist, sind immer weniger deutsche Augenoptiker auf der Messe, für Großhändler ist sie allerdings ein Muss. So auch ein kleinerer Distributor aus Osnabrück. Er arbeitete am Montag beispielsweise vier feste Termine bei Zulieferern ab und fuhr nach einem eintägigen Kurzbesuch bester Dinge wieder gen Heimat. Er kommt jedes Jahr, andere 18 DOZ 04 | 2013 Daniele Bazzochi, Manager des italienische Kontaktlinsen-Unternehmens Safilens: Nach drei Jahren Produktentwicklung präsentierte das Unternehmen „Open 30“ (Staranzano), eine Monats-Linse aus Silikonhydrogel-Material, welche mit der patentierten „Fusion Technology“ hergestellt wurde. Durch den Einsatz von Biomaterialien verspricht sie besonders großen Tragekomfort. Bessere Reinigung verspricht eine mobile Kontaktlinsenbox, die durch Magnetbetrieb effizienter sein soll. nur sporadisch, um sich nach neuen Trends umzuschauen. Und was gibt es Neues? Erlaubt ist, was den jeweiligen Zielgruppen gefällt. Kaum anpassbare Plüschbrillen mögen amüsant sein, aber verkäuflich? Die DOZ-Redaktion stellt einige Highlights der Messe vor (siehe Seite 20). Neben dem starken Acetattrend (siehe dazu auch die Entwicklung auf dem deutschen Markt auf Seite 34 in diesem Heft), waren einige schöne TitanLösungen zu finden, neben Klassikern wie Silhouette oder Eschenbach auch Newcomer wie Blackfin. Farbe ist ein großes Thema – von zurückhaltenden oder auch durchscheinenden Nuancen bis Neon. Viele Fassungen zeigen sich mehrfarbig, innen anders koloriert als außen oder sogar in Schichten gelayert. Es gibt wunderbare Brillen für TechnikVerliebte und natürlich auch in Mailand viel Holz. Fassungen, die als modisches Statement gewertet werden können, und jede Menge Sonnenbrillen. Für den Blick auf das Mögliche im Fassungsbereich ist die Mido eine Reise wert. Kommen wir kurz auf die anfangs erwähnten logistischen Herausforderungen rund um die italienische Messe zurück. Wenn der versprochene letzte ShuttleBus erst nach einer Stunde Warten für die Besucher am Abfahrtsort auftaucht, um dann eine Gruppe enttäuscht zurückzulassen, ist das verbesserungswürdig. Amélie Morel Martin, Öffentlichkeitsarbeit Morel Lunettes (Morbier, Vertrieb in Deutschland über Emmerich/Herdecke): „Wir sind sehr zufrieden, hier auf der Mido unsere Stammkunden aus aller Welt zu treffen.“ Ebenso sollten die Messeveranstalter ihren Einfluss geltend machen, damit die Abfertigung der Fluggäste in Malpensa reibungsloser abläuft. Wenn nur drei Reihen für die Sicherheitskontrolle von Messegästen aus aller Welt geöffnet sind, hinterlässt das keinen guten Eindruck. Die nächste Mido öffnet ihre Tore vom 1. bis zum 3. März kommenden Jahres. Es gibt aber auch jetzt im April noch die Möglichkeit, wieder in die schöne Lombardei zu reisen: „Out of Mido“ ist eine Hotelschau vom 11. bis zum 14. April. 15 designorientierte Firmen zeigen ihre Kollektionen – allerdings an der Via Toronta in Mailand. n Christine Höckmann Gute Resonanz am Stand von Carl Zeiss mit seinem neuen Markenauftritt für das Unternehmen. Zum ersten Mal mit dabei: Medizintechnik. Stimmen zur Mido Thomas Beier, Geschäftsführer der Maschinenhersteller Weco / Buchmann und Schöne / Briot: „Die Mido ist für unsere Visionix-Weco-Briot-Unternehmensgruppe eine der wichtigsten Verkaufsmessen weltweit. Im laufenden Jahr haben wir das zurückhaltende Investitionsklima des Marktes verspürt. Umso mehr sind wir stolz darauf, dass wir das bereits sehr gute Vorjahresergebnis abermals bedeutend übertreffen konnten. In der erfolgreichen Produktpalette von Weco erkennen wir eine weitere Polarisierung, einerseits zu den günstigen Ausführungen, andererseits zu den High-End-Geräten, die unseren Kunden alle wie auch immer gearteten Wünsche der Glasbearbeitung erfüllen.“ Ulrich Krauss, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb, Carl Zeiss Vision: „Die 43. Mido war für Carl Zeiss ein Erfolg. Zum ersten Mal haben wir unseren neuen Zeiss-Markenauftritt auf dieser Messe gezeigt. Und zum ersten Mal ist auch die Medizintechnik integraler Bestandteil unseres Messeauftritts gewesen. Die Besucher haben darauf sehr positiv reagiert. Der moderne, gemeinsame Auftritt hat nicht zuletzt auch dazu geführt, dass wir deutlich mehr Besucher als letztes Jahr begrüßen konnten.“ Moritz Krueger, CEO & Creative Director Mykita: „Diese Mido 2013 verlief für Mykita tiptop! Wir konnten unseren Umsatz um mehr als 50 % zum Vorjahr steigern. Das Wachstum wurde in erster Linie durch höhere Durchschnittsbestellungen unserer Kunden erzielt, außerdem sind wir auf starkem Expansionskurs im Mittleren Osten, Osteuropa und Südamerika.“ Robbin Rauscher, Brand Management von Silhouette Deutschland (Ludwigsburg): „Die Mido ist – wie Silmo und opti – für Silhouette ein wichtiges Schaufenster zum Markt in Europa und bietet die Möglichkeit, sowohl Produkte als auch neue Konzepte einem interessierten Fachpublikum vorzustellen. 2013 war für uns die Mido die Plattform für den erfolgreichen Launch der neuen ,TMA – The Icon’ und ganz besonders der Startschuss für die neue Markenkampagne mit Patrick Dempsey.“ Von oben nach unten: Großes Thema auf der Mido: Sport. Hier am Stand von Julbo (Longchaumois/Frankreich). Fotografieren für Journalisten verboten! – Geheimnisse um die schönen Fassungen Moncler im Iglu. Richtig viel Interesse für Orgreen (Kopenhagen/Dänemark). DOZ 04 | 2013 19 AKTUELL MESSEBERICHT Fassungsstatements von der Mido: Klassik trifft 1 2 3 1 n Farbe ist ein großes Thema für Fassungen: gesehen bei Lafont (Paris), hier in Acetat. Kunststoff-Fassungen lagen 2012 erstmals vor den Metallfassungen in der Beliebtheit bei den deutschen Kunden. 2 n Rye & Lye (Imagine, Calalzo. Italien): Moderne trifft Vintage-Form, im Detail mit Leder umwunden. 3 n Traumhaft schöne Fassungen mit höchstem Qualitätsanspruch: Sabah, gesehen bei L.G.R. (Rom) 4 n Theo (Antwerpen, Belgien): gut tragbar, rund oder wie im Foto mit geschwungenen Formen, auch Ford-ShelbyBlau ist im Angebot beim Mod. Cinquante+Sept (oben) und Cinquante+Huit (unten) aus purem Titan. 5 n Die John-Lennon-Kollektion von Adlens (Mondottica, Nottigham, UK) hat ihr eigenes Geheimnis: Entwickelt von Professor Silver an der Universität in Oxford lassen sich die Brillengläser ganz einfach durch das Drehen der Schrauben seitlich von den Scharnieren für die jeweilige Sehstärke des Trägers einstellen. 4 5 20 DOZ 04 | 2013 Modern 6 6 n Transparent-Look: Die Brille als Statement, aber anpassungsfähig für fast jede Garderobe und Gelegenheit (Carrera, Safilo). 7 n Ungewöhnlich dekoriert: Anne et Valentin (Toulouse), tragbare Cateyes. 8 n Besonders: das „Schwertfisch-Scharnier“, das dem Träger das einfache Verstellen der Fassung in drei Bügellängen erlaubt. Titan-Fassungen von Blackfin (Pramaor, Taibon, Italien) vereinigen Charakter und Innovation. 9 n Einer der Bestseller bei Charmant (Karlsfeld): Die TitanKollektion Fine-Art, hier für den Herrn, aber auch für Damen erhältlich. 10 n Mykita mit dem if-Award ausgezeichneten Material Mylon: Sportlich, futuristisch, aber auch alltagstauglich. Modell Pantara führt den Look der Mylon-Kollektion fort und übersetzt die vormals entworfene Gestaltungslinie in die neue Korrekturkollektion. 9 7 8 10 DOZ 04 | 2013 21